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Kronos und Genoveva

Kapitel 1

Der Piraten-Kapitän Kronos saß in seiner geräumigen Schiffskabine und fluchte. Sein Papagei Jacko begleitete sein Fluchen mit lautem Gestammel von Wortfetzen. Kronos schleuderte einen Schuh auf den Papagei. Der Papagei flog zur Seite und setzte sich auf den großen Tisch. Er stieß dabei eine der brennenden Kerzen um. Die Kerze entzündete eine Schiffskarte, die auf dem Tisch ausgebreitet lag. Kronos haute mit seinem anderen Schuh auf die züngelnden Flammen. „Na wunderbar. Genau hier, wo der Schatz versteckt sein soll, ist nun Asche. Fein gemacht, Jacko.“

Jacko, der Papagei sagte: „Danke.“ Dann steckte er den Schnabel unter seinen Flügel und zupfte an seinen Federn. Eine der Federn segelte zu Boden.

Kronos: „Das sollte ich auch machen: Dir sämtliche Federn ausreißen. Kannst du mir jetzt verraten, wo ich den Schatz finden soll? Meine Mannschaft verlässt sich auf mich, dass ich sie versorge mit Schätzen und Beute. Schon seit Tagen stecken wir in dieser Flaute fest. Die Stimmung ist kritisch. Ich werde jemanden zur Belustigung und Aufheiterung auspeitschen lassen. Das lenkt sie ab von dem Gedanken an eine Meuterei.“

Der Papagei sagte: „Alle Mann von Bord!“ Der Kapitän stand auf und öffnete eine der Schatztruhen, die in seiner Kabine standen. Er ließ die Goldmünzen durch seine Hände gleiten. Er badete mit seinen Händen in den Goldmünzen, tauchte seine Arme tief hinein in die Schatztruhe. „Gold gibt mir Kraft. Ich schaue auf dieses Gold und weiß, dass ich etwas erreicht habe.“

Der Papagei rief: „Diebe!“ Kronos: „Ja, du hast recht. Die Zeit ist ein Dieb und ich bin ein Dieb, der anderen Dieben etwas stiehlt. Wir bestehlen einander, wir Menschen rauben, raffen – und ich bin der allergrößte Meister auf diesem Gebiet. Muss ich mir Sorgen machen um mein Seelenheil?“

Kronos blickte den Papagei an. Der Papagei zupfte dem Kapitän in den Haaren herum. Kronos: „Schimpf doch mit mir, sage mir, dass mein Leben unehrenhaft ist und ich eine Kehrtwendung machen sollte. Aber warum soll man beenden, worin man gut ist, womit man Erfolg hat? - Weil man einsam ist? Mein Gold wärmt mich nicht, es ist kein guter Freund.“

Kapitän Kronos schmiss einige der Goldmünzen auf den Boden seiner Kabine. Sie kullerten über den Teppich. Zwei der Goldmünzen blieben in einem Spalt des Holzbodens stecken. Kronos bückte sich, griff nach den Goldmünzen und eine der Goldmünzen rutschte tiefer in den Spalt und verschwand unter dem Holzboden. Kronos starrte auf den Fleck, wo die Goldmünze verschwunden war. „Sie ist fort. Ist sie unerreichbar? Was ist, wenn ich mich aufmache und sie mir zurückhole? Die Schönste, die Wertvollste von allen. Ach, Genoveva. Wie sehr ich dich vermisse.“

Kapitän Kronos stand auf und trat vor ein Gemälde, das neben einem der großen Fenster hing. Auf dem Gemälde war eine schöne Frau abgebildet, die lächelte. Der Papagei flog zu ihm und landete auf dem Bilderrahmen. Das Gemälde fiel herunter. Kronos: „Jederzeit kann mir alles genommen werden. Mein Gold könnte mir genommen werden. Doch das lässt mich kalt im Vergleich zu dem Verlust, der mir bevorsteht. Hast du gehört Jacko: Genoveva wird bald heiraten. Wäre ich in London ... Wäre ich ein ehrlicher angesehener Bürger ... Selbst das würde nicht reichen. Sie heiratet einen Lord! Lord Munster. Wie soll ich da mithalten?“

Der Papagei war über den Holzboden gegangen und hatte mit seinem Schnabel die Goldmünze hervorgeholt, die im Spalt des Holzbodens verschwunden war. Kronos blickte den Papagei an. „Wiederholen, zurückholen, das, was man glaubt, verloren zu haben. Schau dich um: Schatztruhen vollgefüllt. - Alles könnte ich ihr bieten. Reichtum, Vornehmheit, sogar höfliches Personal, wenn ich meine Mannschaft dazu bewegen könnte, einer Lady gegenüber höflich zu sein.“

Der Kapitän lächelte. „Genoveva würde denen schon Manieren beibringen. Die ist aus Piraten-Holz geschnitzt. Keine von der üblichen Sorte: Ihr Adel ist nicht nur äußerlich, er steckt in ihr drin ganz und gar. Sie ist durchdrungen von natürlichem Adel. Und unvergleichlicher Schönheit.“

Der Kapitän hob das heruntergefallene Gemälde vom Boden auf und hielt es vor sich hin. „Ach, Genoveva.“ Sein Mund näherte sich dem gemalten Frauenmund auf dem Gemälde.

Die Tür der Kapitänskabine ging auf und der Schiffskoch Salcho trat herein. Der Kapitän fuhr herum und hängte dann das Gemälde wieder an seinen Haken neben dem Fenster. „Salcho, könntest du anklopfen, so wie es sich für einen höflichen Piraten geziemt? Vor meiner Kabinen-Tür hängen eine Glocke und ein Türklopfer. Du hast die Auswahl,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Phil Humor
Bildmaterialien: Phil Humor
Tag der Veröffentlichung: 24.06.2013
ISBN: 978-3-7309-3388-6

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