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Prolog Teil 3

Mein Name ist Mike Braenden und ich wohne in Amesbury, einer Kleinstadt in England. Sie liegt in unmittelbarer Nähe des Sagenumwobenen Stonehenge. Viele Menschen kennen mich seit dem Tage, an welchem ich von unserer Queen, zum Sir Mike Braenden geehrt wurde. Diese Auszeichnung erhielt ich für besondere Verdienste an der Menschheit. Aber diese Geschichte ist ja allen geläufig, die mich kennen. Wir schreiben nun das Jahr 2013 und seit dem die Geonis mit den Menschen eine Kooperation eingegangen sind, ist ein großer Aufschwung in das Weltgeschehen gekommen. Viele freuen sich über die neuen Errungenschaften, die wir durch sie erlangt haben. Die Zusammenarbeit auf dem Mond ist schon weit vorangeschritten und die bestehende Basisstation wurde erheblich erweitert. Dazu ist ein weiterer Komplex, gleich in einem Nebenkrater am Entstehen. Der wird dann für die Menschen die dort Arbeiten benötigt und verfügt über ihre Lebenserhaltenden Bereiche. Große Raumtransporter der Geonis, befördern täglich vorgefertigte Bauteile von der Erde zum Mond. Transporte in einem solchen Ausmaß sind noch bis vor wenigen Jahren völlige Utopie gewesen und gehören nun zum Alltag der Menschheit.

 

Ich, Mike Braenden, habe mit meiner Forschung andere Wege eingeschlagen. Der Kontrakt mit den Geonis beinhaltet auch die Erschaffung einer gemeinsamen Gattung. Mit Genen von den Außerirdischen und im Zusammenspiel derer der Menschen, wird eine neue, verbesserte Art geschaffen. Es war eigentlich absehbar, dass dieses Projekt bei einigen Gruppierungen der Weltbevölkerung auf Widerstand stößt. Ab und zu stehen solche Widersacher vor unserem Gebäude und Protestieren den lieben langen Tag. Mit selbst gebastelten Transparenten und Schrifttafeln sprechen sie Parolen und gehen auf der Straße auf und ab. Der Sicherheitsdienst und das bereitstehende Militär tun aber das Beste, dass es nicht ausufert. Mich persönlich stört das sehr, aber wie es halt so ist, man kann es nicht immer allen recht machen. Dieses Forschungsinstitut haben wir vor zwei Jahren neu gegründet und wird vom Britischen Staat verwaltet. Das Labor, in dem wir nun unsere Arbeiten verrichten, wurde in einem Industrievorort bei London aufgebaut. Deshalb ist mein Arbeitsweg nun auch um einiges länger geworden. Meine Arbeitskollegen und ich, haben in den letzten zwei Jahren mit dieser ausgereiften Gentechnik, an der Erschaffung der neuen Spezies gearbeitet.

 

Nun sind wir soweit fortgeschritten, dass man die ersten Tests mit Menschen durchführen kann. Freiwillige Teilnehmer zu finden war keine einfache Aufgabe. Dennoch, es haben sich in Großbritannien einige dutzend Paare dafür zur Verfügung gestellt. In den meisten Fällen solche, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen hätten. Aber mit unserem Genverfahren, ist die Aussicht ein Kind zu bekommen, um ein vielfaches gestiegen. Gemeinsam mit diesen künftigen Eltern, werden wir die künstlich erschaffene Lebensform entstehen lassen. Erstaunlich ist noch, dass meine Frau sich auch zur Verfügung stellen will. Sie würde gerne ihren Beitrag zu dem Vorhaben leisten und wünschte sich ohnehin schon lange ein weiteres Kind. In meiner persönlichen Familienplanung waren ursprünglich zwei Kinder vorgesehen gewesen, allerdings ließ ich mich nun von Sue dazu begeistern. Denn wissenschaftlich gesehen, kann ich ja nicht nah genug an dem Projekt sein. Wenn da jetzt eine Gefährdung bestünde; würde ich ein solches Unterfangen weder meiner Frau, noch sonst jemandem auferlegen. Aber, man kann ja erst während einer Schwangerschaft sehen wie sich ein solches Kind im Mutterleib entwickelt.

 

Oratos, der immer noch bei uns im Dachgeschoss wohnt, hat eine für ihn passende Aufgabe ergattert. Diese Arbeit übt er mit sehr großem Engagement aus. Er ist in einem Rekrutierungsteam für Arbeitskräfte, die auf dem Mond gebraucht werden tätig. Diese Funktion beinhaltet auch die richtigen Fachleute für das jeweilige Projekt zu finden. John, unser lieber Nachbar, wohnt noch nebenan und spielt oft und gerne mit Oratos sein geliebtes Schach. Mittlerweile ist er aber durch sein Alter bedingt, auf ein wenig Unterstützung im Haushalt angewiesen. Eine nette Haushälterin hilft ihm ab und zu bei den anstehenden Haushaltarbeiten. Diese tatkräftige Hilfskraft hat er als Dank für seine besonderen Dienste am Staat, vom Ministerium unentgeltlich zur Verfügung gestellt bekommen. Nur an seinen geliebten Garten, da lässt er nach wie vor noch keiner ran. Unser Sohn Marc, der übrigens schon beachtlich in die Höhe geschossen ist, geht nun in die achte Klasse und ist ein stattlicher Bursche geworden. Ornella, unsere kleine Tochter ist zu einem bezaubernden Mädchen herangewachsen und kann ab dem nächstes Jahr auch schon den Kindergarten besuchen. Meine Frau Sue, die ich über alles liebe, arbeitet nun wieder zwei Tage in der Woche. Was sich aber wieder ändern könnte, wenn sie nun doch noch ein Kind bekommen sollte. Rein vom finanziellen her gesehen, wäre es eigentlich gar nicht nötig, dass sie Arbeitet. Aber es gefällt ihr halt, zwischendurch auch mal andere Kinder zu unterrichten. Dadurch bleibt sie auf einem aktuellen Wissensstand und wenn sie dann später doch wieder vermehrt Stunden geben möchte, wäre das einfacher für den Einstieg ins Lehrerfach. 

 

Kapitel 1

„Hallo Schatz, ich bin zuhause!“, sage ich als ich unseren Flur betrete. Sue erwidert aus der Küche: „Oh, du bist schon hier! Sehr gut Darling, wir können bald essen!“ „In Ordnung Schatz, ich gehe zu den Kindern und sage es ihnen.“ „Super, mach das bitte“, erwidert sie kurzum. „Hallo mein Spatz“, sage ich als ich in das Zimmer von Ornella komme. „Hey, Daddy“, erwidert die Kleine. „Ah, ich sehe du bist mit deinen Puppen beschäftigt!“ Die Kleine schaut mich mit ihren herzigen Kulleraugen an und meint begeistert: „Daddy, guck mal! Lilli hat ein neues Kleidchen bekommen und Mom hat das sogar selbst genäht.“ „Oh, das hat sie aber toll gemacht!“, erwidere ich erstaunt. Mit ihren Puppen zu spielen, das ist momentan Ornellas Hauptbeschäftigung. An manchen Tagen sogar stundenlang, wie es halt Mädchen in ihrem Alter so gerne tun.

 

In unserer Tochter erkenne ich immer mehr, dass sie ganz nach meiner Sue kommt. Ein strahlendes Wesen, was uns da geschenkt wurde. „Spatz, wir können bald essen! Kommst du dann auch, ich gehe es noch kurz deinem Bruder sagen.“ „Klar Daddy, Lilli und ich gehen zu Mom in die Küche.“ Sie nimmt ihre Puppe auf den Arm und huscht flink an mir vorbei. Nachdem ich im oberen Stock an Marcs Tür klopfe, höre ich aus seinem Zimmer knapp: „Ja, bitte herein!“ „Hallo, Sportsmann!“, sage ich ihm wie gewohnt. „Wie geht‘s, machst du Hausaufgaben?“ „Ah, hallo Dad. Nein, die sind schon erledigt! Ich bin da an einem Spiel dran!“ „Ach so, was für eines“, frage ich ganz Ohr. „Ein sehr kniffliges halt“, antwortet er knapp. Schaut mich an und richtet seinen Blick gleich wieder auf seinen Computerbildschirm. „Kann ich dir dabei zu Rate stehen?“ Nun schaut er erneut und grienst mich an und meint: „Dad! Diese Computerspiele sind doch nichts für dich!“ Ich bin überrascht und zugleich ein wenig gekränkt. „Warum denn nicht, was nicht ist kann doch noch werden!“, erwidere ich gewandt. „Dad, dieses Strategiespiel ist sehr kompliziert“, betont er aufgeregt. Na gut, er hat ja eigentlich Recht dass diese fiktiven Spiele nicht so mein Ding sind.

 

„Wir können dann gleich essen“, sage ich, um mich aus dem Gespräch zu entziehen. „Ich komme auch sofort!“, erwidert Marc gedrängt und ist schon wieder in seinem Universum. „Dann geh ich mal in die Küche“, erwähne ich noch abschließend. Dort eingetroffen muss ich mein Schatz gleich loben: „Oh, das riecht aber herrlich!“ Sie steht noch am Herd und werkelt mit den Pfannen. Ich stelle mich prompt hinter sie und lege meine Arme um ihren schlanken Oberkörper. „Mike, jetzt nicht, ich habe doch zu tun!“ Ich nehme die Arme sofort wieder zurück und streiche ihre seidenen Haare vom Nacken. Dann Küsse ihn sanft ab und sage: „Schatz, ich liebe dich und deine Kochkünste!“

 

Sie dreht sich flink um und erwidert meine Liebkosung mit einem Kuss auf meinen Mund. „Ich liebe dich auch und jetzt setzt dich bitte schon mal an den Tisch!“ Gemeinsam nehmen wir das feine Nachtessen ein und unterhalten uns rege mit den Kindern. Nachdem hat Sue die Küche aufgeräumt und ich bringe die Kleine ins Bett. Als das alles erledigt ist machen wir es uns im Wohnzimmer gemütlich. „Schatz, ist eigentlich Oratos zu Hause?“, frage ich Sue wissbegierig. „Ich vermute mal nicht, seit heute früh habe ich ihn weder gehört noch gesehen“, erwidert Sue und meint dann ferner noch: „Er ist doch sicher mit den Geonis Kumpels unterwegs!“ „Kann durchaus sein, ich wollte ihn nur fragen, ob er übermorgen mit mir auf den Mond kommt.“ Ich erkläre ihr, dass dort eine Sitzung mit Kleoras und dem Ratsoberhaupt ansteht. „Ach so, um was geht es denn da?“, hinterfragt sie neugierig. „Um die Erlaubnis der Testreihe, du weißt doch, diese Megoniskinder“, erwidere ich ihr ungern. Sue schaut mich überrascht an und kontert wie aus der Pistole geschossen: „Mike, du hast aber nicht vergessen, dass ich mich auch gerne zur Verfügung stelle möchte!“ Oha, sie hat es scheinbar nicht vergessen und ich antworte prompt: „Logisch, Schatz! Es braucht ja uns beide für das, aber bist du dir ganz sicher dabei?“

 

„Nicht schon wieder Mike! Wir haben das doch hin und her besprochen. Ich wünsche mir wirklich noch ein weiteres Kind!“, und schaut mir bestimmend in die Augen. „Du darfts aber nicht vergessen mein Schatz, dass eines Tages dieses Kind uns verlassen wird und auf den vorgesehenen Planet auswandert! Es wird dann nie mehr zu uns zurückkehren können!“ „Klar Mike, das ist mir doch bewusst, aber stell dir nur vor: Unser Kind wird dort eine Familie gründen und da unseren Namen vertreten. Allein schon dieser Gedanke, ist doch unglaublich, findest du nicht?“ „Ja Sue, so gesehen schon. Es dann aber gehen zu lassen, wird sicher nicht einfach werden. Ich erkläre ihr, dass wir uns ja schreiben oder Videomails senden können. Diese werden aber drei Jahre Zeitversetzt dort ankommen oder dann wieder bei uns    eintreffen. „Na gut Mike, das müssen wir halt aktzeptieren!“ „Okay Schatz, dann soll ich das Ratsoberhaupt um Erlaubnis fragen?“ „Ja, bitte, wann kann es denn losgehen?“

 

„Nun, wenn die Geonis uns die Freigabe erteilen sicher in den nächsten zwei Wochen. Die anderen Ehepaare warten auch schon ungeduldig auf den Beginn“, sage ich ihr. Dieser Eingriff wird dann im Kreisspital, in Winchester durchgeführt. Dort sind sie für die Einpflanzung von befruchteten Eizellen eingerichtet, erkläre ich noch ferner. „Dieses Kind wird dann anders sein als Marc und Ornella!“ Jetzt schaut sie mich verunsichert an und entgegnet: „Was, wie anders denn?“ „Nun, vom äußerlichen her gesehen gar nicht, aber geistig wird es unglaubliche Eigenschaften haben. Schätzungsweise wird es mit fünf Jahren mehr Wissen besitzen, als wir zwei es je zusammen haben werden. Es wird wie die Geonis unsere Gedanken lesen können.

 

Wie alle Megoniskinder, wird es auch in eine speziell dafür eingerichtete Schule gehen und diese wird dann von den Geonis geführt. Du siehst, es wird sicher nicht einfach werden! Möchtest du das wirklich so haben?“ Jetzt schaut sie mich ernst an und erwidert: „Mike, zum aller letzten Mal! Ja, ja, ja! Mit meinem ganzem Herzen!“ „Okay Schatz, dann bin ich auch einverstanden. Ah, höre ich da etwa Schritte auf unserem Dachboden?“ Versuche ich die angespannte Lage etwas abzumildern. Sue konzentriert sich auch darauf und meint: „Tatsächlich, soeben habe ich auch etwas gehört. Das muss wohl Oratos sein.“ „Sehr gut, dann gehe ich mal zu ihm hoch und werde ihn wegen der Reise zum Mond fragen.“ „Na gut, dann bis später Mike, ich möchte gerne noch mein Buch fertig lesen.“

 

Als ich an seine Tür klopfe ertönt es: „Komm nur herein, Mike!“ „Ah, guten Abend Oratos! Du hast mich in dem Fall erwartet?“ „Genau genommen nicht! Aber wegen dieser Reise zum Mond! Das geht in Ordnung für mich, wollte ohnehin auch dorthin.“ „Soso, mein guter! Jetzt habe ich dich soeben in flagranti ertappt, hast schon wieder in meinen Gedanken herumgestöbert!“ Oratos lässt meine Äußerung kalt und setzt sein gewohntes grinsen auf und sagt lapidar: „Gewöhn dich mal lieber gleich dran. Das Kind wo ihr euch noch wünscht, kann das dann bereits im Mutterleib!“ Jetzt bin ich bin außer mir und entgegne genervt: „Du darfst nicht ohne meine Erlaubnis in unseren Gedanken abhängen!“ „Sorry Mike, aber es interessiert mich halt was ihr so treibt. Zudem ist das wegdenken gar nicht so einfach mein lieber!“

 

„Verdammt nochmal! Wenn es schon nicht anders geht, behalte gefälligst unsere Gedanken für dich!“ „Logisch Mike, was denkst du von mir! Ehrenwort, das geht nur uns drei etwas an“, entgegnet er grinsend und zwinkert mir zu. „Wir sehen uns dann sicher morgen früh, Oratos!“ „Geht klar Mike, ich hätte da aber noch eine kleine Bitte an dich. Es kommen nachher noch zwei Kumpels vorbei, wir möchten uns eine neue Folge anschauen! Du hast doch sicher nichts dagegen?“ „Nein überhaupt nicht, mach aber den Fernseher nicht zu laut!“ „Klar, wir sind leise und danke noch Mike!“ „Bitte, gerne.“ Als ich mich wieder neben Sue hinsetze, fragt sie mich: „Und, konntest du alles regeln?“ „Ja, alles im Lot mein Schatz. Es kommen nachher aber noch zwei Freunde von ihm vorbei. Sie möchten zusammen TV schauen.“ „Das ist doch toll Mike! Er ist dann nicht immer so alleine da oben.“ „Ja, das habe ich auch gedacht.“ Sue liest noch im Buch weiter und ich bin dann neben ihr auf dem Sofa eingeschlummert. 

 

Kapitel 2

Am nächsten Tag um sieben Uhr morgens, bin ich bereits unterwegs zum Labor nach London. Während der Hinfahrt höre ich wie üblich die Nachrichten im Autoradio, als ein Beitrag von BBC meine Aufmerksamkeit verlangt. „Heute um vier Uhr früh, kam es auf dem Mond zu einem schrecklichen Unfall. Aus bestätigter Meldung vom Amt für Luftfahrt, ist ein Transporter mit einem Mannschaftsraumschiff zusammen geprallt. Dabei sind tragischer Weise alle fünfzig Insassen ums Leben gekommen“, teilt der Nachrichtensprecher ergriffen mit. „Der Premierminister, Sir Alec Attenberow, ist unverzüglich an den Unfallort gereist. Er spricht hiermit allen Angehörigen der Opfer sein tiefstes Beileid aus.“ Bestürzt dieser Nachricht lenke ich mein Wagen an den Straßenrand. Mit eingeschaltetem Warnblinker komme ich auf dem Standstreifen abrupt zum stehen. Entrüstet und unbeherrscht schlage ich meine Faust auf das Lenkrad. Verdammt, schreie ich lauthals heraus und spüre zugleich, dass meine Augen wässerig werden. Meine Gedanken sind auch bei den vielen Angehörigen der Opfer und kreisen wild umher. Nach einigen Minuten, nachdem ich wieder etwas gefasster bin, nehme ich die Fahrt wieder auf. Als Vorsitzender des britischen Geonis Projekt, wird dieser Vorfall sicher noch einiges von mir und meinem Team abverlangen und ich überlege weiter:

 

Die Sicherheitsstandards und Abläufe sind bei dem Mondprojekt dermaßen gut, dass ein solches Unglück gar nicht passieren dürfte. Seit dem Baubeginn sind bis jetzt nur kleine Zwischenfälle vorgekommen. Zudem haben die Transporter sehr gute Überwachungssysteme, da sind Zusammenstöße eigentlich unmöglich. Etwas stimmt hierbei überhaupt nicht! Ich bin jetzt schon auf die Expertise gespannt.

 

„Guten morgen Mike“, sagt meine Assistentin, als ich in das Büro trete. „Leider kein guter Tag! Hast du die Nachrichten noch nicht gehört, Annabell?“ „Nein! Warum denn Mike, ist etwas vorgefallen?“ „Ja, meine liebe: Auf dem Mond hat es ein schreckliches Unglück gegeben. Heute früh sind dort fünfzig Menschen ums Leben gekommen.“ Annabell hält sich die Hände vor das Gesicht, wird bleich und schweigt betroffen. „Kannst du mir nachher bitte einen Tee in mein Büro bringen?“ „Klar Mike, ich habe bereits schon Wasser aufgesetzt.“ Nachdem ich meine Jacke an der Garderobe deponiert habe, rief ich gleich den zuständigen Transportchef in London an. „Hallo, Mister Gallister! Mike Braenden am Apparat. Können Sie mir schon etwas zum Unglücksvorgang auf dem Mond sagen?“ „Guten Tag, Sir Braenden! Wir wissen leider noch nichts konkretes zum Unglückshergang. Aber vor einiger Zeit wurden wir mit einer E-Mail davor hingewiesen. Wir haben es aber als unbedenklich abgetan, da wir seit Projektbeginn zu Hauf solche Meldungen erhalten.

 

„Verdammt noch mal, Gallister! Das höre ich zum ersten Mal! Warum wurde der Ausschuss darüber nicht informiert?“ „Nun halt, Sir Braenden. Wie gesagt kam es öfters vor und noch nie ist etwas vorgefallen. Wir wollten den Ausschuss nicht unnötig damit behelligen.“ Ich stehe kurz vor der Explosion. „Unnötig, Gallister! Heute früh haben fünfzig Personen wegen dieser vernachlässigung das Leben verloren! Das wird für Sie und alle dafür Verantwortlichen noch konsequenzen haben!“ Aufgebracht beendige ich das Gespräch und knalle den Hörer auf die Station. Nicht zu fassen, jetzt werden sie davor gewarnt  und sie verschlampen es einfach, sage ich aufgebracht zu mir selbst. Nachdem ich mich etwas beruhigt habe, stelle ich noch die Unterlagen für das kommende Treffen mit den Geonis zusammen. In Anbetracht des tragischen Unglücks und den eingegangen Drohungen, habe ich am Nachmittag noch eine Sondersitzung mit dem Ausschussteam einberufen. Bis auf den Premierminister, der sich noch auf dem Mond aufhält, sind alle an diese Sitzung gekommen.

 

„Vielen Dank für ihr kurzfristiges erscheinen“, sage ich zu den anwesenden Personen. „Zuerst aber möchte ich alle bitten sich zu erheben! So, dass wir für die Opfer und Angehörigen eine Gedenkminute einlegen können.“

 

Alle erheben sich und stehen mit gesenktem Kopf um den Tisch herum. Betroffen von dem schrecklichen Ereignis, wischen sich die einen oder anderen Tränen von den Wangen.

 

„Danke für die Anteilnahme, ihr könnt euch jetzt setzten. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Heute Vormittag machte ich ein Anruf bei Mister Gallister unserem Transportbeauftragten des Mondprojektes. Zu meiner Bestürzung berichtete er mir von einer E-Mail, in dem Warnungen über ein bevorstehendes Unglück auf dem Mond gemacht wurden. Hat jemand von euch Kenntnis davon gehabt?“ Meine Frage verneinen alle Teilnehmer mit einem Kopfschütteln. „Niemand…! Das habe ich auch vorausgesetzt. Nun, wir können das geschehene leider nicht rückgängig machen. Jetzt müssen wir aber umgehend die Sicherheit für unsere Projekte auf dem Mond erhöhen. Wir brauchen unbedingt mehr Unterstützung vom Militär!“ „Ich bin der gleichen Meinung, Sir Braenden!“, entgegnet Sergeant Willson prompt. „Sir, ich werde noch heute, eine Spezialeinheit von einhundert Mann, an den Transportflughafen in London entsenden. Dort wird als erstes die Personenkontrolle massiv erhöht. Solange wir aber noch nicht genau wissen woher diese Anfeindungen kommen, wird es schwierig etwas anderes zu unternehmen.“ „Sehr gut, Sergeant Willson! Hat sonst noch jemand unter ihnen Vorschläge zur Verbesserung der Lage?“

 

„Sir, ich könnte versuchen die betreffenden E-Mails zurück zu verfolgen. Vielleicht haben die Absender nicht gut aufgepasst und wir können sie ausfindig machen“, meint Gerry Taylor, unser IT Spezialist im Team. „Sehr gut Mister Taylor, dem muss man unbedingt nachgehen.“ Die Beratung dauert noch lange an, einige Vorschläge daraus werden auch umgehend in die Tat umgesetzt. Etwas später, gegen den Abend hin, fahre ich trübe gestimmt nach Hause. Jetzt mache ich mir auch Sorgen um die Sicherheit meiner Familie. Gleich nachdem ich Sue und die Kinder begrüßt habe, gehe ich zu Oratos in das Dachzimmer hoch. „Komm nur herein Mike“, ertönt es aus dem inneren, bevor ich überhaupt anklopfen konnte. „Hallo Oratos, du hast mich wie ich merke erwartet?“ „Ja, hallo Mike! Das war ein tragischer Tag auf dem Mond.“ „Ja, wirklich schrecklich dieses Unglück!“ Oratos Blick trübt sich dessen Tragik. „Unglück, Mike! Ich zweifele doch sehr!“, erwidert er mit drastischen Unterton. „Ich weiss was du damit meinst Oratos, ich bin auch der Meinung. Da muss sicher Absicht dahinter stehen.“

 

„Es ist so Mike, wir Geonis haben da bereits einen Verdacht!“ „Ach so! Gegen wen denn, hast du genaueres dazu?“ „Ja Mike, halt dich lieber fest. Es können keine Menschen daran beteiligt gewesen sein.“ „Was sagst du da, Oratos!“ „Nicht wir Menschen! Wer kommt dann sonst in Frage!“ „Leider sind die Geonis dafür verantwortlich, so wie sich das darstellt.“ Oratos erklärt mir, dass kurz vor dem Zusammenstoß ein Gedanke des Piloten empfangen wurde. Der meldete an die Zentrale auf dem Mond eine ungewöhnliche Abweichung am Steuersystem. Leider hat er nicht mehr auf manuelle Steuerung umschalten können. So sind dann die zwei Raumfahrzeuge  ungebremst ineinander geprallt. Eine solche Manipulation kann kein Mensch herbeigeführt haben. Denn die Kenntnis über unsere komplexen Steuersysteme habt ihr Menschen noch gar nicht.

 

Ich bin überrascht und erwidere: „Wenn das jetzt auch für dich bizarr klingt, ich bin fast ein wenig erleichtert.“ „Ich weiß was du damit meinst, mein Freund! Aber genau das macht uns große Sorgen. Wir können uns nicht erklären, wer von meinen Landsleuten zu so etwas fähig ist. Es hat Anfangs der Verhandlungen mit euch Menschen einige Gegner auf dem Mars gegeben. Diese Partei ist aber von dem grossen Rat über die Vorteile der Zusammenarbeit mit den Menschen überzeugt worden.“ „Okay Oratos, wenn jetzt Erdenbewohner so etwas getan hätten, wäre das noch nachvollziehbar gewesen. Aber da nun ihr verantwortlich seid, wird großer Unmut aufkommen“, gebe ich ihm zu verstehen. „Mike, so oder so, es wird nie mehr so sein wie es war. Grosses Mistrauen und ein tiefer Graben, wird sich zwischen den Menschen und den Geonis wieder auftun. Das muss unbedingt verhindert werden und deshalb als ein tragisches Unglück dargestellt werden! Zudem müssen wir die Verantwortlichen finden und zur Rechenschaft ziehen!“

 

„Mir gefällt das überhaupt nicht Oratos! Du weißt was das bedeutet, sollte das jemals an die Öffentlichkeit geraten!“ Wir machen uns dann alle mitschuldig. Der Große Rat, mein Team, du und ich werden unglaubwürdig!  „Mike, du kennst uns doch, wir möchten ja nur das Beste für die Menschheit! Aber wenn das public wird, dann werden die vergangenen Unruhen gegen uns wieder aufkommen. Es sind nun fast zwei Jahre vergangen, um die Menschen von unseren Vorhaben zu überzeugen. Aber eine einzige schlechte Nachricht genügt, um alles wieder zu fall zu bringen!“ „Oratos, wir haben doch bereits Maßnahmen für mehr Sicherheit getroffen. Die Personenkontrollen sind am Transportflughafen bereits verschärft worden. Zudem werden die E-Mails zurückverfolgt und noch einiges mehr wurde in die Wege geleitet! 

 

„Das ist doch gut Mike, es lenkt jetzt ab und gibt der Bevölkerung ein sicheres Gefühl. Aktion schützt vor Reaktion!“ "Wie stellt ihr euch das den vor, wie wir mit dem dann umgehen sollen?" Mich scheint das nicht zu überzeugen und ich erwidere ihm noch: „Das muss ich zuerst mit meinem Team besprechen. Am besten machen wir eine Abstimmung darüber, denn eine so wichtige Entscheidung kann ich nicht allein treffen!“ „Klar Mike, das verstehe ich. Aber es macht es dann trotzdem nicht einfacher.“ „Das stimmt Oratos, aber ich kann nicht über die Köpfe meines Teams entscheiden. Zudem muss ich darüber schlafen und mir nochmals Gedanken dazu machen.“ „Gut, dann erklär deinem Team aber auch, was auf dem Spiel steht“, sagt Oratos ein wenig genervt. Nachdem wir das nun geklärt haben, gehe ich zu Sue ins Wohnzimmer und setzte mich neben ihr auf das Sofa. Dann informiere ich auch sie über die schwerwiegenden Details. „Was, da stehen die Geonis dahinter!“, erwidert sie entsetzt. „Konkrete Beweise fehlen noch, aber Oratos hat es mir so erklärt. Das alles ist aber streng vertraulich, bitte mit keinem darüber reden!“ „Logisch Mike, was denkst du denn von mir. Das würde in einer Katastrophe enden!“ „Genau mein Schatz, darum müssen wir die Füsse still halten.“

 

Zum Leidwesen aller, ist in dieser Nacht ein erneuter Anschlag auf dem Mond verübt worden. Ein Materialtransporter ist in die gerade neu erstellte Fabrikhalle gelenkt worden. Diesmal sind zum Glück nur drei Opfer zu beklagen, dafür ist der Sachschaden immens. Sofort werden alle Aktivitäten auf dem Mond eingestellt und die noch anwesenden Arbeiter auf die Erde gebracht. Der erste Zwischenfall, den die Geonis vertuschen wollten, ist nun hinfällig. Alles deutet jetzt auf zwei dreiste Terrorakte hin. Die Verantwortlichen für dieses Desaster sind noch nicht ermittelt aber die Medien stürzen sich jetzt wie hungrige Löwen darauf. Es wird nur noch schlechtes über die Projekte und die Ausserirdischen verbreitet. In vielen Städten auf der Welt, gehen aufgebrachte Bürger auf die Straßen und lehnen sich gegen die Geonis auf. Das Treffen, welches ich mit dem Großen Rat geplant habe, ist aus Sicherheitsgründen verschoben worden. Alle guten Ansätze sind jetzt auf einmal zunichte gemacht worden und unser Labor wird wieder von unzähligen Demonstranten rund um die Uhr belagert. Ein sicheres Arbeiten ist dort momentan nicht mehr möglich. Der Schutzschild um unser und John's Haus, hat Oratos wieder aktiviert. Mein Sohn Marc darf sicherheitshalber nicht mehr zur Schule gehen. Aber diesmal wollen wir nicht mehr nach Bora-Bora ausweichen. Im Gegenteil wir bieten der Bedrohung die Stirn entgegen.

 

Alle am Projekt beteiligten Geonis sind einem Verhör unterzogen worden. Dabei hat man die verantwortlichen des Attentats entlarvt. Trotz einem gründlichen Verhör wollen die Täter keine Stellung zu dem nehmen. Es bleibt nach wie vor ungeklärt, was sie zu dieser schrecklichen Tat bewegt hat. Sie sind allesamt arretiert und der Weltbevölkerung bekannt gegeben worden. All diese maßnahmen haben aber keine bessere Stimmung unter den beiden Zivilisationen hervorgebracht. Skepsis herrscht unter den Parteien und das Mondbasisprojekt geht nur noch zögernd voran. Die Studie über die Erschaffung einer neuen Spezies, konnte ich aber fortsetzen. Meine Sue und die anderen teilnehmenden Personen, haben nun ihre befruchteten Eizellen eingepflanzt bekommen.

 

Einige Wochen sind vergangen und allmählich kommt wieder Frieden in die Verbindung zwischen den Menschen und den Geonis auf. Meiner Sue und den anderen werdenden Mütter, geht es vorwiegend gut. Keine der besagten Personen hat ungewohnte Beschwerden die Anlass zur Sorge geben könnte. In zwei Monaten sollten die ersten zwanzig Megoniskinder das Licht der Welt erblicken, es werden dann zehn Mädchen und zehn Jungs geboren. Meine Sue und ich haben uns für das letztere entschieden. Allen Beteiligten ist bewusst, dass sie sich dem Gesetzt der Natur entgegengestellt haben. Aber ohne den künstlichen Eingriff, würde diese modifizierte Menschengattung gar nicht entstehen können.

 

„Mike, komm bitte schnell her, das musst du dir mal anschauen.“ Besorgt eile ich zu Sue hin. „Was gibt es Schatz?“ „Bitte, reiche mir mal deine Hand.“ Ich setze mich auf das Sofa neben ihr hin und halte die Hand hin. Sie nimmt flugs und legt sie auf ihren Bauch. Überrascht sage ich: „Oha“!, kann mir aber keinen Reim daraus machen. „Also Schatz, denke jetzt bitte das Baby soll sich regen.“ „Wow!“, aufgeschreckt ziehe ich meine Hand zurück. „Es hat meine Hand angestupst! Das ist ja unheimlich Schatz, aber das kann natürlich auch ein Zufall gewesen sein.“ „Mike, sicher nicht! Ich mache das jetzt schon eine gute halbe Stunde lang und jedes Mal wenn ich das denke, stößt er gegen meine Hand.“ Ich nicke und äußere: „Oratos hat es uns ja Prophezeit, dass das Kind bereits im Mutterleib unsere Gedanken lesen kann!“ Sue schaut mich jetzt verunsichert an uns meint betroffen: „Oh Schatz, dann müssen wir aber bedacht handeln oder auch was wir denken und tun. Da kann ja unter uns zwei gar keine Privatsphäre mehr stattfinden!“, sagt Sue entsetzt darüber.

 

„Ja Liebling, wir haben A gesagt und müssen nun auch das B akzeptieren!“ „Übrigens: Morgen gehe ich mit Oratos auf den Mond zu einer Besprechnung mit den Geonis und gleich danach wird die neue Fabrikationshalle mit vielen Staatsoberhäuptern eingeweiht. Es wird auch im Fernsehen Live übertragen. Du kannst mich vielleicht sogar sehen!“ „Oh, wann wird das denn ausgestrahlt?“ „Am Nachmittag Schatz, um vierzehn Uhr nach unserer Zeit.“ „Dann werde ich mir das ansehen, ich bin gespannt wie es dort oben so aussieht.“ „Sehr gut Schatz, man kann sagen es ist die modernste Produktionsstädte die es bis jetzt je gegeben hat. Es wird auch noch eine Dokumentation über den Rest der Mondstation geben. Das musst du dir wirklich ansehen, es wird sehr informativ sein.“ „Gut, das werde ich! Aber morgen um zehn Uhr treffe ich mich noch mit den anderen werdenden Müttern, die Megoniskinder bekommen. Wir sind eine kleines aber heiteres Grüppchen.“ „Oh, schön und was besprecht ihr dann so?“ „Nichts bewegendes, halt Frauendinge und Muttererfahrungen austauschen. Zudem hat es auch welche dabei die das erste Kind bekommen und die sind für jeden Rat den man ihnen gibt dankbar.“ „Sehr gut, dann ist ja dein Tag morgen auch aufregend.“

 

Am nächsten frühen Morgen begibt sich Oratos mit mir und dem Ausschuss Team zum Mond. Einige von ihnen befinden sich das erste Mal in einem Raumschiff und sitzen deshalb etwas angespannt auf ihren Sesseln. Gemeinsam bewundern sie die phantastische Aussicht auf die Erde, während dem wir uns von ihr entfernen. Für mich sind solche Flüge zur Routine geworden und nicht mehr so außergewöhnlich wie einst. Die Sitzung mit den Geonis ist auf dem Mond erfolgreich über die Bühne gegangen. Auch die fulminante Eröffnung der Montagehalle ist ohne Zwischenfälle von statten gegangen. Die ganze Weltbevölkerung ist von den Errungenschaften auf dem Mond hell begeistert. Alle negativen Spannung zwischen uns und den Geonis sind nun wie weggeblasen und wir schauen alle gespannt in eine verheissungsvolle Zukunft. Viele können es kaum erwarten, bis der erste Raumgleiter von der Mondbasis Richtung Mars zum Probeflug startet. Als wir dann am späteren Nachmittag mit der Luna uns dem Erdorbit nähern, erhalte ich eine Meldung von Sue auf meinem Handy und darin steht:

 

Hallo Schatz, bei uns ist was schlimmes vorgefallen. John hatte am Nachmittag einen Schlaganfall erlitten und musste sofort ins Spital von Winchester gebracht werden. Ich bin jetzt vor Ort, bitte komme doch auch gleich dorthin.

 

 

Kapitel 3

„Oratos, bitte lande doch gleich beim Bahnhof in Winchester, das Team kann dann dort von Bord gehen!“ „Ist John schlimm dran, Mike?“ „Ach ja, du bekommst ja alles mit was ich denke.“ „Dies ist jetzt ein Notfall Mike, da kann ich nicht anders.“ „Kein Problem Oratos, es geht John scheinbar nicht gut. Wenn das Team ausgestiegen ist, fliegen wir gleich weiter zum Spital.“ „Mike, jetzt mache ich mir auch sorgen um John!“ Oratos parkt die Luna auf der Wiese direkt vor dem Spital und wir eilen sofort dem Eingang entgegen. Dort wartet Sue ungeduldig mit den Kindern auf uns. „Hallo ihr Lieben!“, begrüße ich sie und umarme alle auf einen Schlag. „Wie geht es John?“ „Ja wie geht es ihm“, wiederholt Oratos auch besorgt. „Es sieht gar nicht gut aus!“ „Wie ist es denn zu dem gekommen, Schatz?“ „Es war so: Am frühen Morgen meldete er sich bei mir und klagte über eine Magenverstimmung. Unverzüglich bin ich dann bei ihm vorbeigegangen und machte einen Tee für ihn. Nach einer guten Stunde ging es ihm aber schon wieder etwas besser.

 

Als ich nach dem Mittagessen nochmals nachschauen ging, lag er auf dem Sofa und sprach ganz wirr. Dann habe ich sofort einen Notarzt gerufen. Als er kam ging alles sehr schnell und sie verlegten John in diesen Spital.“ Sue bricht in Tränen aus und kann sich kaum noch äußern. John ist uns allen richtig ans Herz gewachsen und mittlerweile ein festes Mitglied unserer Familie geworden. Sue macht sich nun Vorwürfe und meint: „Hätte ich doch gleich den Arzt gerufen,“  sagt sie und bricht in Tränen aus. „Schatz, mach dir keinen Kopf deswegen“, sage ich ihr und nehme sie in meinen Arm um sie zu trösten. „John ist nun mal nicht mehr der jüngste und er klagte doch oft über dies und jenes. So etwas hast du doch nicht voraussehen können. Auf welcher Abteilung befindet er sich denn jetzt?“ Sue hat sich ein wenig beruhigt und erwidert: „Auf der Intensivstation, aber wir können im Moment noch nicht zu ihm gehen. Das sagte uns der behandelnde Arzt vor etwa einer Stunde.“

 

„Kann ich mit dem Arzt sprechen, was meinst du Sue?“ „Ich denke schon, wir müssen auf die Station gehen und dort nach ihm verlangen.“ „Wollt ihr auch mit oder soll ich besser alleine hin?“ „Wir kommen alle mit“, entscheidet mein Schatz prompt. Nach einer halben Stunde bangem warten, erscheint endlich der Arzt im Besucherraum und fragt: „Seid ihr alles angehörige von Mister Bolton?“ „Guten Abend Herr Doktor. Nein, das sind wir nicht“, erwidere ich ihm. „Aber wir sind gute Nachbarn und John ist seit langem sozusagen ein Familienmitglied von uns. Er ist verwitwet und hat nach unserer Kenntnis, keine Nachkommen oder Verwandte mehr.“ „Gut wenn das so ist, dann kann ich sie ja über seinen Zustand informieren. Die Aussichten stehen schlecht für ihn. Der Schlaganfall hat ihm sehr zugesetzt. Dazu kommt noch, dass sein Herz auch sehr geschwächt ist. In diesem hohen Alter muss man bei so einem Vorfall mit dem äußersten rechnen!“

 

Sue beginnt sofort wieder an zu weinen. Sie hat mit John in den letzten zwei Jahren eine schöne Zeit verbracht. Er behandelte sie immer so wie sie seine eigene Tochter wäre. „Was meinen Sie, darf ich zu ihm gehen?“, frage ich mal vorsichtig nach. „Eine Person, ja das müsste gehen. Aber höchstens zehn Minuten!“ „Danke, Herr Doktor.“ Wir entscheiden gemeinsam, dass ich das übernehme. Behutsam öffne ich die Tür zum Intensivzimmer und trete sachte an das Krankenbett von John heran. Sein Oberkörper und die Arme sind mit etlichen Kabel und Schläuchen belegt. Über seiner Nase trägt er eine Sauerstoffmaske. Langsam hebt sich sein Brustkorb auf und ab und seine Gesichtsfarbe ist ganz ermattet. Es scheint, dass er in den letzten Stunden um etliche Jahre gealtert ist. Überraschend öffnet er seine Augen und schaut mich an und sagt: „Bist du es Mike?“, gibt er schwach von sich. „Ja John, ich bin jetzt für dich da. Bitte streng dich nicht an und schone dich.“ „Mike, ich muss dir dringend etwas sagen, das kann nicht warten. Setzt dich bitte auf den Stuhl da und komm etwas näher heran.“ „Klar, das mach ich John! Aber bitte beruhige dich.“ John macht einige beschwerliche Atemzüge und fährt dann fort. „Mike, ich habe ja keine Nachkommen und keine Verwandten mehr, das weißt du ja. Deshalb bekommt mein Hab und Gut deine Familie. Ich wollte es euch schon längst einmal sagen, aber es kam nie dazu und jetzt ist es fünf vor zwölf! Du weißt ja was ich damit meine.“

 

„John, du wirst wieder gesund, das hat doch noch Zeit.“ „Nein Mike! Das Ende meines Weges ist gekommen und ich werde sicher demnächst meine Frau wieder sehen.“ John atmet wieder schwer durch, nur diese wenigen Worte haben ihm noch mehr zugesetzt. Nach einer Weile äussert er noch: „Hör zu, Mike! Eigentlich wollte ich das Oratos mein Haus bekommt. Aber mein Anwalt erklärte mir, dass ein Geonis nicht Erben kann, da er nicht von der Erde abstammt. Mike, du kannst ihn doch im Haus wohnen lassen, du hast ja schon eines.“ „Das geht doch in Ordnung John, Oratos kann in deinem Haus bleiben so lange er will.“ „Deine Sue, du Mike, aber auch die Kinder und Oratos, ihr alle seid mir sehr ans Herz gewachsen. Ich werde meiner Frau, wenn ich sie dann im Himmel antreffe von euch erzählen!“ Ich wische mir die Tränen aus den Augen und denke:

 

John ist so ein liebenswerter Mensch, er muss einfach gesund werden.

 

Dann nehme ich John's linke Hand und halte sie sanft. Er schaut mich nochmals an und kneift kurz seine Augen zu. Ich kann es nicht deuten, aber ich spüre es heißt sicher lebe wohl. Nun wendet John seinen Blick von mir ab und schaut erwartungsvoll die Decke des Zimmers an. Ein kleiner Seufzer ist von ihm noch zu vernehmen und dann unterbricht ein lauter Pfeifton die Stille im Zimmer. Sofort eilt eine Krankenschwester herbei und überprüft das Gerät, an dem John angeschlossen ist.

 

An Johns Beerdigung sind viele Menschen gekommen, auch solche mit Rang und Namen. Sogar unsere Queen entsandte ihr Beileid an die trauernden. Der Pfarrer hat Johns Lebenslauf würdevoll und spannend vorgetragen. Alle anwesenden Personen waren ausserst beeindruckt, was dieser Mann in seinem Leben alles erlebt und auch gutes vollbracht hat. Nach der Abdankung in der Kapelle sind noch alle Gäste zu einem kleinen Imbiss geladen gewesen. „John fehlt mir jetzt schon Mike“, klagt Oratos traurig. „Ja, er hinterlässt eine schmerzliche Lücke bei uns.“ Auch ich muss mit meinen Gefühlen ringen. Wir sind alle immer noch betroffen, dass es im Leben manchmal so schnell gehen kann. Aber jetzt ist er sicher bei seiner geliebten Frau und die beiden sind glückselig im Himmel droben, denke ich für mich. „Hallo Mike, das war ein beeindruckender Lebenslauf von John, hast du den verfasst“, fragt Alec Attenberow wissbegierig. „Oh, nein Alec. Der hat John selber verfasst und seinem

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Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 30.09.2021
ISBN: 978-3-7487-9600-8

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