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Titel

 

 

 

 

Robert Schmuker

 

 

Die Rückkehr

 

Seltsame Begegnung

 

 

Teil 1

Kapitel 1 – 13

 

 

 

SF – Roman

 

Kapitel 1

Ich heiße Mike Braenden und wohne in Amesbury, einer Kleinstadt in England. Dieser malerische Ort liegt in unmittelbarer Nähe des sagenumwobenen Stonehenge. Reichliche Geschichten wurden über diesen seltsamen Ort schon verbreitet. Aber in nächster Zeit, was ich mich nie im Leben zu glauben traute, berichtigte sich alles was ich bis jetzt über Stonehenge erfahren durfte. Geboren wurde ich in Manchester und bin vor fünzehn Jahren hierher gezogen, weil ich nach meiner Professur hier die erwünschte Stelle in einem Genforschungsinstitut bekommen habe. Mit meiner Frau Sue und meinem Sohn Marc bewohne ich ein behagliches Einfamilienhaus am Stadtrand von Amesbury. Meine Frau habe ich vor achtzehn Jahren an der Uni in Manchester kennengelernt, sie kam ursprünglich aus Deutschland und unsere Wege haben sich glücklicherweise dort gekreuzt.

 

Sie absolvierte einen Englisch-Sprachkurs für Fortgeschrittene und wie das Leben manchmal so spielt, haben wir uns kennen gelernt. Schnell haben wir uns auch ineinander verliebt und zwei Jahre später habe ich um ihre Hand angehalten, was sie auch mit einem Ja besiegelte. Sue ist eine wunderbare Frau, hübsch und klug zugleich und dazu noch eine wundervolle Mutter. Marc geht in die vierte Klasse und ist ein aufgewecktes freundliches Kind. Es ist Samstagabend. Mein Sohn und ich sind gerade auf dem Weg zu einem Schulfreund, der eine Pyjamaparty veranstaltet. Die Straße liegt im Dunst des typisch englischen Nebels. Gegen halb acht am Abend ist in kurzer Entfernung in einer Seitenstraße ein seltsames Objekt aufgetaucht. Im düsteren Licht und umhüllt von Nebel zieht es meine Aufmerksamkeit auf sich. Es ist prächtig, groß und hat eine atemberaubende Form. Geräuschlos steht es in der Luft, was mir gleich bizarr vorkommt.

 

Ist das eine Halluzination oder nicht?

 

Doch als sich das Gebilde immer am gleichen Ort wie in Zeitlupe auf und ab bewegt, bin ich mir sicher: dies kann keine Täuschung sein. Zum ersten Mal im Leben wage ich zu äußern, das muss ein sogenanntes UFO sein. Unvermittelt kreuzt dann nur einige Meter vor uns eine zierliche Gestalt in einem außergewöhnlichen Anzug auf. Mein Sohn und ich erbleichen vor Schreck, eigenartigerweise können wir uns nicht mehr bewegen. Wie erstarrt, als wären wir Salzsäulen, stehen wir da. Vor uns diese absonderliche, fremd wirkende Kreatur. Sie hat gewissermaßen etwas von unserer menschlichen Gestalt, über der Nase trägt sie eine Art transparente Maske. Es erscheint mir, als würde die Zeit stillstehen. Unerklärlicherweise empfinde ich aber, dass es mir etwas mitteilen möchte. Obwohl diese Gestalt kein Wort mit mir spricht, kommen seine Gedanken aus unbekannten Gründen in meinen Kopf. Ich fühle, was es denkt und ich nehme mal an, es kann auch meine Gedanken und Ängste empfinden. Blitzschnell schießen Bilder und Ereignisse über mich herein, sie entfalteten sich wie ein Feuerwerk in meinem Kopf.

 

Vor langer, sehr langer Zeit waren diese Wesen ein Bestandteil unseres Planeten. Nach unserer Zeitrechnung lebten sie vor allen anderen uns bekannten Lebewesen hier. Sie sind eine sehr hoch entwickelte Gesellschaft, die es verstand, ohne Kriege friedliebend den Planeten Erde zu bevölkern. Aus all den Bildern und den Ereignissen, die ich erhalte, erkenne ich, dass es damals ganz anders auf unserem Planeten aussah. Die Erde war damals karg, lieblos und unfruchtbar, die Atmosphäre die sie umspannte, war nicht so wie wir sie heute kennen. Die Lebewesen, die heute unsere Erde bewohnen, hätten dieses Kohlendioxidgemisch gar nicht atmen können. Dies hätte sofort zum Tode geführt, aber für jene Wesen waren diese Bedingungen vollkommen. Der Außerirdische trägt auf dem Rücken einen kleinen Behälter, scheinbar um die Atemluft die er wohl braucht, aufzubereiten. Seine Gesichtsform wirkt etwas schmächtig und blass, trotzdem hat sie aber einen freundlichen Ausdruck. Die Körpergröße ist spärlicher als die eines ausgewachsenen Menschen.

 

Diese Reichhaltigkeit von Bildern und Informationen, die es mir übermittelt, will nicht abbrechen. Trotz des beängstigenden Gefühls möchte ich noch mehr über diese Wesen erfahren. Ich frage mich, warum das alles mir widerfährt, wieso gerade ich? Da sind doch intelligentere Menschen auf unserem Planeten, mit denen die Tuchfühlung aufnehmen könnten. Vielleicht ist es unbeabsichtigt, aber ich wünsche mir, dass mein Sohn der noch immer regungslos neben mir steht und ich unbeschadet davonkommen. Es war vor hunderten von Millionen Jahren, damals haben sie hier gelebt und verbrachten viele Jahrhunderte auf diesem Planeten. Sie haben sich sehr gut an die doch zum Teil karge Umwelt akklimatisiert. Das Festland bestand aus Wüsten, Vulkankratern und riesigen Gesteinsebenen. Die Gewässer waren sehr mannigfaltig, die meisten aber schwefel- oder salzhaltig. Nur wenige bargen das wertvolle Süßwasser und es existierten erst Einzeller und Mikroben.

 

Dafür hatte es auf der Erdoberfläche riesige Vorkommen an wertvollen Metallen und Erzen. Wegen dieser begehrten Rohstoffe waren sie anfänglich auch hierher gekommen. Sie sind äußerst intelligent und technisch überragend hoch entwickelt. Im Universum können sie sich sehr rasch fortbewegen, da sie im Besitze eines unglaublich effizienten Antriebsaggregats sind. Diese Technik hat es ihnen auch ermöglicht, an die entferntesten Orte zu reisen. Das Wesen verdeutlicht mir, warum sie damals die Erde wieder verlassen mussten. Den furchtbaren Untergang der Erde sahen sie schon viele Jahre voraus. Ihre Gelehrten haben einen großen Meteoriten, der den Planeten drastisch zerstören wird, schon lange erspäht. Es blieb ihnen also keine andere Ausflucht, als von der Erde wieder wegzugehen. Ein Umzug in einem solchen Ausmaß war auch für ihre hochentwickelte Zivilisation eine beachtliche Herausforderung. Die Spezialisten waren gefordert und es verging einige Zeit, bis sich eine umsetzbare Möglichkeit darlegte.

 

Der Mars, den sie schon dazumal mehrmals bereist hatten, eignete sich für so eine Umsiedlung. Die Oberfläche sah ähnlich aus wie auf der Erde, nur die Temperaturen waren auch für sie feindlich. Was aber den Mars interessant machte, war die gleiche Atmosphäre, wie damals auf der Erde. Es wurden Pläne erarbeitet, um ihr Volk dort anzusiedeln. Unverzüglich wurde mit der Herstellung von Raumtransportern, Maschinen und allem anderen, was es auf dem Mars zum Leben erforderte, begonnen. Unmengen an Material wurden im Weltraum verschoben, für unsere Vorstellungskraft kaum zu glauben. Wir Menschen, die mit Mühe und Not gerade einige Mal bis zum Mond gekommen sind.

 

Die Bevölkerung konnte aber leider nicht vollständig umgesiedelt werden. Es waren schon zu viele Einwohner, um diese auf dem Mars unterzubringen. Alsbald wurden Vorkehrungen getroffen, dass es vorläufig keinen Nachwuchs mehr geben durfte. Nur so konnten sie die Bevölkerung schmälern. Da die Temperaturen auf dem Mars im Durchschnitt bei minus sechzig Grad liegen, ist ein Leben auf der Oberfläche beinahe unmöglich. Dazu kommen die starken, ungefilterten ultravioletten Strahlen, die für Lebewesen aller Art besonders fatal sind. Dadurch waren sie genötigt, sich unter der Marsoberfläche einzurichten, dies hat die Umsetzung auch beeinträchtigt. Begünstigt wurde sie aber durch zahlreiche erloschene Vulkane mit einem grossen unterirdischen Kanalsystem. Dieses wurde dann umfunktioniert, sodass ihre Infrastruktur darin aufgebaut werden konnte. Plötzlich verspüre ich ein starkes Ziehen an meinem linken Arm. Dann höre ich, wie mein Sohn sagt: „Hey Dad, was ist los? Wir müssen gehen!“ Ich sehe mich um und bin überrascht, warum wir überhaupt hier stehen geblieben sind. Ich schaue auf die Uhr und merke, dass wir eigentlich längst bei der Party sein sollten. Unverzüglich eilen wir weiter zum Haus des Schulkameraden meines Sohnes. Als wir ankommen, übergebe ich Marc den Eltern, welche die Party für die Kinder austragen.

 

„Also dann bis morgen früh. Ich werde Marc um zehn Uhr bei ihnen wieder abholen.“ „Sehr gut, alles klar“, antworten die Eltern freudig. Ich mache mich gleich wieder auf den Heimweg. Warum waren wir plötzlich so spät bei Marc’s Schulfreund? Was ist auf dem Weg dorthin nur passiert? Irgendwie kommt mir das seltsam vor. Irgendetwas auf dem Weg dorthin hat sich zugetragen, aber was nur? Ich habe keinen blassen Schimmer mehr. Zuhause bei meiner Frau angekommen, fragt sie auch sofort. „Hast du noch einen Nachbarn getroffen, dass es so lange gedauert hat?“ „Nein meine liebste, Marc und ich haben uns einfach etwas Zeit genommen.“ Beunruhigt gehe ich später zu Bett. Kaum eingeschlafen, überfällt mich ein seltsamer Traum. Ich bin wieder auf dieser Straße und mein Gegenüber ist dieses fremdartige Wesen. Wieder scheint es per Gedankenübertragung mit mir zu kommunizieren. Es versichert mir, dass es in friedlicher Absicht auf unsere Erde gekommen sei. Ich frage dieses Wesen, warum sie denn gerade mit mir Kontakt aufnehmen. Darauf gibt es mir zu verstehen, dass sie nur meinetwegen hier sind. Laut aufschreiend werde ich schweißgebadet aus dem Schlaf gezerrt. Sue erwacht auch gleich und macht sich sofort Sorgen um mich. „Mike mein Schatz, was ist los? Du bist ja tropfnass! Wirst du etwa krank?“ „Nein Sue, ich habe nur schlecht geträumt!“

 

Wobei ich mir da nicht so sicher bin, ob es wirklich nur ein Traum war.

 

Nach einer kurzen Wachphase schlafe ich wieder ein. Ein schriller Ton reißt mich erneut aus meinem erforderlichen Schlaf. Aber zum Glück höre ich die wohltuende Stimme von Sue: „Mike, mach doch endlich den Wecker aus!“ Ich schalte den Wecker ab und drehe mich beruhigt zur Seite. „Mike, heute ist doch Sonntag“, stammelt Sue vor sich hin. „Du könntest doch das Frühstück vorbereiten?“ „Natürlich mein Schatz, das mach ich doch gerne für dich.“ Eigentlich bin ich ja erleichtert, dass ich aufstehen kann, denn dieser Alptraum hat mich sehr belastet. Beim zubereiten des Frühstücks geht mir das Erlebte dieser Nacht nochmals durch den Kopf. Merkwürdige Sache! Ach ja, das Frühstück sollte ich doch zubereiten, denn um zehn Uhr muss ich Marc wieder abholen. „Schatz“, rufe ich in den oberen Stock, wo sich unser Schlafzimmer befindet. „Du kannst kommen und dich an den Tisch setzen, das Frühstück ist bereit!“ Sue setzt sich im Frotteemantel an den Tisch. „Mike, was war mit dir blos los in der Nacht, hast du etwa Probleme mit deiner Arbeit?“ „Nein, überhaupt nicht, Sue, ich kann mir selbst keinen Reim daraus machen.“ Wir haben noch über dies und jenes gesprochen und dazu gemütlich das Frühstück zu uns genommen. Genau um zehn Uhr stehe ich vor der Tür des Schulkameraden von Marc. Ich drücke an der Klingel, kurz danach wird die Türe von seinem Vater geöffnet. „Und, haben Sie die Nacht gut überstanden?“, frage ich.

 

„Na ja, es geht so“, erwidert der Vater. „Es war schon eine kleine Herausforderung. Aber die Kinder waren alle nett zueinander und darum ist es recht gut verlaufen.“ Im selben Moment kommt Marc mir entgegen, „Hallo Dad, das war super cool, wenn ich Geburtstag habe möchte ich das auch mit meinen Freunden machen!“ „Mein lieber Junge, das solltest du aber besser mit deiner Mom besprechen und nicht mit mir. Aber jetzt müssen wir schleunigst nach Hause gehen. Marc, kommst du bitte!“ „Ja gleich, Dad.“ Wir bedanken und verabschieden uns noch bei den Eltern und den anderen Kindern. Auf dem Heimweg schwärmt mir Marc unentwegt von seinem Partyerlebnis vor. Heute strahlt die Sonne untypisch warm für diese Jahreszeit vom Himmel. Zu Hause angekommen hastet Marc gleich zu seiner Mutter; „Mom, Mom, du glaubst nicht, wie cool die Party war! Wir haben den ganzen Abend lustige Spiele gemacht.“ „Oh schön, Marc, aber zum Schlafen seid ihr nebenbei dann schon noch gekommen?“ „Na ja, ich bin schon noch etwas müde, aber Mom, ich möchte unbedingt an meinem Geburtstag auch so eine Party machen.“ „Das geht jetzt noch sieben Monate und bis dann werden wir ja sehen. Jetzt wäre es besser, wenn du auf dein Zimmer gehst und dich noch etwas erholst, bis das Mittagessen bereit ist!“ Der Sonntag verging dann im Handumdrehen und ohne besondere Geschehnisse.

 

 

Kapitel 2

Am Montag früh fahre ich mit meinem Wagen zu meiner Arbeitsstelle. Es ist noch dunkel als ich unser Haus verlasse. Der Arbeitsweg ist glücklicherweise nicht allzu weit. Ich arbeite in einem Labor für Genforschung. Mit meinen Arbeitskollegen forschen wir gemeinsam an einem streng geheimen Projekt. Diese Entwicklung könnte die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen um einiges verbessern. „Guten Morgen, Herr Professor!“ „Hallo, George“ entgegne ich dem Portier, der zugleich die Sicherheitsschleuse öffnet, sodass ich passieren kann. Nach einer Personenkontrolle kann ich vorgehen zum Lift, der in das Untergeschoss des Gebäudes führt. Aus Sicherheitsgründen befindet sich mein Arbeitsplatz unter Boden. Es dürfen keine Informationen oder Proben aus dem Labor entweichen. Meine Kollegen sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht da. Sie beginnen mit der Arbeit etwas später, weil sie einen längeren Arbeitsweg haben als ich. Sofort mache ich mich an meinen Forschungsauftrag.

 

Dieses Projekt wird in der Zukunft einiges verändern. Meine Kollegen und ich erforschen die umstrittene Genmanipulation. Wir haben erreicht, die Gene von Lebewesen so zu verändern, dass keine vererbbaren Krankheiten mehr entstehen sollten. Auch die Alterung der Zellen und deren Zerfall konnten durchwegs reduziert werden. Das haben die Versuche an Tieren, die wir in den letzten zehn Jahren unternommen haben, eindeutig gezeigt. Tiere, die wir behandelten, hatten eine viel längere Lebenserwartung und wurden nicht mehr krank. Diese Entdeckung konnte bis jetzt aber noch nicht an Menschen erprobt werden, da es gesetzlich und ethisch nicht akzeptabel ist. Doch können wir durch kleine Genveräderungen vererbbare Krankheiten jetzt schon behandeln und damit der Menschheit helfen.

 

Unverhofft höre ich, wie irgend jemand meinen Namen nennt. Die Stimme ist mir aber gar nicht bekannt. „Hallo, wer spricht da?“, rufe ich in das hinten liegende Labor, welches noch komplett im dunkeln steht. Aber niemand gibt Antwort. Seltsam, ich könnte schwören, ich hätte meinen Namen gehört. „Nun, dann halt nicht!“, sage ich und arbeite an meinem Auftrag weiter. Unerwartet klopft mir jemand von hinten auf meine Schulter. Ich zucke zusammen und dreh mich hastig auf meinem Bürostuhl um. Es ist Karl, mein Arbeitskollege. „Du bist widerlich, mich so zu erschrecken“ werfe ich ihm in einem scharfen Ton entgegen. „Mike, du bist aber auch empfindlich“ antwortet er und geht murrend an seinen Arbeitsplatz. „Hey, Karl!“ brülle ich noch hinterher, „hast du vorher meinen Namen gerufen?“ „Nein, wieso, sollte ich?“ „Unwichtig, Karl, dann habe ich mir das bloß eingeredet!“ Es ist sowieso alles etwas geheimnisvoll in letzter Zeit, denke ich mir. Nach einer guten halben Stunde sind dann alle Kollegen eingetroffen und arbeiten an ihren Projekten. Manchmal ist es sehr strapazierend, den ganzen Tag vom Tageslicht abgesondert zu arbeiten.

 

Hin und wieder mache ich eine kurze Pause auf der Dachterrasse, um dort ein paar Sonnenstrahlen und frische Luft abzubekommen. Um zehn Uhr morgens haben wir dann jeweils eine Teamsitzung, bei der wir die anstehenden Arbeiten koordinieren können. Bevor diese stattfindet, mache ich meistens eine Verschnaufpause auf der Terrasse oben. Nicht wie gestern ist es heute, obwohl es bald Sommer ist, doch noch etwas kühl. Immer wieder genieße ich den schönen Ausblick auf die Wiesen und Bäume in der Umgebung. Mein Blick schweift über die Wipfel, hinweg in die Ferne. Gut! Das unsere Firma nicht in einem Industriegebiet steht, denke ich. Als ich mich umdrehe, steht unmittelbar vor mir dieses befremdliche Wesen aus meinem Traum. Es mustert meine verunsicherten Augen und sagt: „Wir sind hier, um von dir eine wichtige Information zu bekommen!“ Diese Stimme habe ich heute doch schon einmal gehört, denke ich gleich. Ich stehe nun da und kann es einfach nicht fassen. Ich kneife mir sogar in die Wange, um zu prüfen, ob das auch alles real passiert.

 

„Nur keine Panik, Mike! Ich muss ganz dringend mit dir reden!“, sagt das Wesen. „Was wollen sie von mir?“, frage ich mit stockender Stimme, als wäre mir ein Kloß im Hals stecken geblieben. „Es geht um die Forschung, die du hier im Labor verrichtest.“ „Das ist alles streng geheim, ich kann ihnen dazu leider nichts anvertrauen!“ Kaum habe ich das gesagt, werde ich von ihm mit einer Häufung von Informationen überflutet. Ich empfinde gleich, dass ich das schon einmal erlebt habe. Sofort kann ich mich auch an die erste Begegnung und den seltsamen Alptraum wieder erinnern. „Ja so, jetzt verstehe ich das, aber was kann denn so wichtig an meiner Forschung sein?“ „Unsere Existenz hängt von dieser Forschung ab!“, erwidert das Wesen. Ich bin überrascht ob dieser Aussage und frage gleich zurück: „Wie sind Sie überhaupt auf diese Terrasse gekommen und wie heißen Sie?“ „Man nennt mich Oratos und hier zu sein, ist kein Problem für mich. Ich kann mich auf eine andere Weise fortbewegen, als ihr Menschen das tut.“

 

Im selben Augenblick wird die Türe der Dachterrasse mit einem Ruck aufgerissen und Karl steht unvermittelt da. Er brüllt mir durchdringend entgegen: „Hey, kommst du endlich, wir warten alle auf dich! Hast du die Sitzung vergessen?“ Ich drehe meinen Kopf erschrocken zu Karl und dann gleich wieder zurück, aber dieses Wesen ist nicht mehr da. „Karl, hast du vorhin hier etwas Ungewöhnliches gesehen?“ Karl schaut mich konsterniert an und erwidert ruppig. „Was soll diese blöde Frage, nur dich natürlich! Du träumst hier oben an der Sonne herum und wir warten wie die letzten Deppen im Sitzungszimmer auf dich!“ „Jetzt tut nicht so pingelig, ich komm ja gleich!“ Bevor ich die Terrasse verlasse, schau ich mich nochmals um. Ist dieser Außerirdische wirklich nicht mehr da? Es ist nichts zu sehen von dem Typ, der hat sich wie von Zauberhand in Luft aufgelöst. Das ist doch zum verrückt werden. Der kommt vom Mars zu uns und das wegen dieser Forschung! Ich gebe ja zu, unsere Entdeckung ist für die Menschheit hoffnungsvoll. Aber, dass diese für diese außergewöhnlichen Wesen von Nutzen sein können, kann ich wirklich nicht glauben. Dazu kommt, wie der sich im Nu unsichtbar machen kann. Quasi weggebeamt, wie bei diesen kitschigen Science-Fiction Filmen.

 

Meine Gedanken kreisen hin und her und ich komme auf keinen grünen Zweig. Im Vergleich zu denen sind doch die menschlichen Errungenschaften antiquiert. Dennoch muss da ein Interesse sein, sonst wäre der doch nie bei mir aufgekreuzt. Was ich bis jetzt erlebt habe, glaubt mir, ohne stichhaltige Beweise, niemand. Ich muss das im Moment noch geheim halten. Zügig gehe ich zum Sitzungszimmer im zweiten Stock, wo meine ungeduldigen Arbeitskollegen auf mich warten. Als ich den Raum betrete, sehe ich einige aufgebrachte Gesichter. Nach kurzem Murren und Getuschel beginnt dann die Sitzung. Sie verläuft wie üblich. Viele Fragen und erfahrungsgemäß keine Lösungen zu den anliegenden Problemen. An mir scheint sowieso alles abzuprallen. Ich sitze wie versteinert da und kann mich kaum noch konzentrieren. Diese Begegnung beschäftigt mich so intensiv, dass ich keine klaren Gedanken mehr vollziehen kann. Immer dasselbe kreist unaufhörlich in meinem Gedächtnis umher.

 

Kommt der erneut zu mir? Wo treffe ich ihn wieder an? Und was erwartet der von mir? Soll ich vielleicht doch jemandem von der Begegnung berichten? Aber wer soll mir schon glauben, man würde mich sicher als verrückt erklären.

 

Der Tag zog sich so dahin, aber sehr produktiv bin ich nicht gewesen. Ich habe dies und jenes im Internet versucht, zu durchstöbern. Aber ich habe keine nützlichen Hinweise auf meine Begegnung gemacht. Nach dem Feierabend mache mich auf den Heimweg zu meiner Familie. Während des Autofahrens überkommen mich stetig diese Bilder und Informationen von diesem Außerirdischen. Es ist unvorstellbar, dass die auf dem Mars Leben sollen? Nicht lange ist es doch her, als eine unbemannte NASA Marsmission dort landete. Ein Roboterfahrzeug, ausgestattet mit Kameras und einem kleinen Labor, hat doch den Mars erforscht. Dass sie damals keine Spuren von diesen Wesen dort entdeckt haben, verwundert mich sehr. Oder hält die NASA das unter Verschluss. Könnte ja sein, das wäre sicher nicht das erste Mal. Ich muss mich jetzt auf das Autofahren konzentrieren, sonst fahre ich noch von der Straße ab. Als ich vor unserem Haus vorfahre, sehe ich, wie mein Sohn Marc mit dem Nachbarssohn auf der Straße mit dem Ball spielt.

 

Das ist glücklicherweise noch möglich, da es hier nur wenig Anliegerverkehr hat. Als ich das Auto in der Garage untergebracht habe, rennt Marc auf mich zu. „Hallo, Dad, spielst du mit Tom und mir Fußball? Bitte, bitte, Dad!“ Diesem hoffnungsvollen Blick von Marc kann ich nicht widerstehen. Vielleicht gar nicht schlecht, eine kleine Abwechslung würde mir jetzt gut tun. „Hallo Jungs, von mir aus gerne, aber höchstens fünfzehn Minuten, danach können wir sicher zu Abend essen und wir wollen deine Mom nicht warten lassen.“ „Jeh, danke, Dad,“ jubiliert Marc vor Freude. Sogleich fangen wir mit dem Spielen an. Die Jungs springen flink dem Ball hinterher. Ich muss, wie jedes Mal, im auf den Asphalt gekritzelten Tor stehen. Nach dem ausgelassenen Match verabschieden wir Tom. Ein wenig außer Atem betreten wir den Flur und ein wohlriechender Duft nach feinem Essen steigt uns gleich in die Nase.

 

„Hallo, ihr Lieben, wir können gleich essen!“ Ertönt es verlockend aus der Küche. Nachdem wir unsere Schuhe ausgezogen und die Hände im Bad gewaschen haben, begrüße ich Sue mit einem innigen Kuss. „Hallo, Schatz, ich habe dich vermisst!“ Sue schaut mich mit ihren leuchtenden Augen an. „Danke, Darling, ich dich auch.“ „Bitte setzt euch an den Tisch.“ Während wir das feine Nachtessen geniessen, sprechen wir über dies und jenes. Auch Marc erzählt uns, was er in der Schule heute erlebt hat. Meinem Schatz sage ich noch nichts von dieser seltsamen Begegnung: ich möchte sie nicht unnötig beunruhigen. Nach dem Nachtessen spielen wir noch Monopoly, eines von Marc’s Lieblingsspielen. Zur fortgeschrittenen Stunde, als Marc schon im Bett lag, genehmigen Sue und ich uns noch gemütlich ein Glas Rotwein. Zu vorgerückter Stunde gehen wir dann ins Schlafzimmer, wo wir uns fürs Bett bereit machen. „Sue, meine Liebste! Wollen wir schlafen?“ „Ja, Schatz, ich bin auch müde.“ Nach einem leidenschaftlichen Kuss drehe ich mich zur Seite hin. Ich liege noch kurz wach und denke über diese seltsame Begegnung von heute früh nach. Aber die Müdigkeit besiegt meine Gedanken und ich schlafe ein.

 

Inmitten der Nacht werde ich überraschend aus meinem Tiefschlaf gezerrt. Ich spüre sofort, etwas stimmt hier nicht. Ich setze mich im Bett auf und schaue mich besorgt im düsteren Zimmer um. Gleich darauf zucke ich zusammen. Ich glaube, ich sehe nicht richtig, steht doch dieser unbekannte Typ einfach so vor unserem Bett. Mein Herz bleibt fast stehen vor Schreck, trotzdem schlägt es so energisch, dass es in meinem Kopf unglaublich hämmert. „Hey, was soll dass, was in aller Welt machst du hier?“, flüstere ich dem Eindringling entgegen. „Du kannst ganz normal reden, deine Sue kann uns nicht hören.“ „Ach so!“ Sofort begutachte ich meinen Schatz, aber sie schläft, als wenn nichts geschehen wäre. „Wie machst du das, hast du sie etwa betäubt?“ „Es geschieht ihr nichts, wie das geht, kann ich dir nicht so schnell erklären, Mike.“ „Okay, aber wehe es passiert ihr was und sag endlich, was du von mir willst? Mir geht das alles ziemlich auf die Nerven,“ sage ich ihm aufgebracht ins Gesicht! Aber meine Worte scheinen ihn nicht zu beunruhigen und prallen buchstäblich an ihm ab.

 

Mit gelassener Stimme antwortet er: „Wir müssen uns unbedingt unterhalten, Mike, das geht aber nicht bei dir zu Hause.“ Jetzt stellt der noch Vorderungen, was soll das alles. „Mike, nur so zu deiner Information, ich kann deine Gedanken lesen!“

 

Muss ich jetzt jedes Wort auf die Waagschale legen, frage ich mich.

 

„Das nicht, Mike, ich verstehe ja dein Misstrauen.“ Sagt er in einem beruhigenden Ton. „Dein Name ist Oratos, hast du gesagt.“ „Ja, so nennt man mich, aber nun zu meiner Frage, Mike. Kannst du morgen Abend, wenn es eindunkelt, zu den grossen Steinen kommen?“ „Was? Wohin? Von welchen Steinen redest du?“ Ich bin nun gänzlich verwirrt. „Diese, die nicht weit weg von hier stehen und von euch Menschen für uns aufgebaut wurden.“ „Ach so, du meinst Stonehenge!“ Oratos nickt. „Genau, so nennt ihr den Platz.“ Ich bin erstaunt. „Die wurden wirklich wegen euch da hingestellt, nicht zu fassen. Ich habe schon immer vermutet, dass die nicht da sind, um irgend welche Jahreszeiten vorher zu sagen.“ Oratos nickt nochmals und ergänzt: „Du hast recht Mike, die sind damals von uns und den Menschen dort angelegt worden. Sie dienten dazumal als gemeinsamen Treffpunkt und Landeplatz für unsere Raumschiffe!“

 

Ich würde am liebsten laut jubeln, der hiermit erlangten Erkenntnis. Verrückt, wenn das die Archäologen wüssten, die wären ja völlig überrascht. „Falls ich morgen Abend nun dahin komme, was erwartet mich denn da?“ „Mike, du brauchst keine Angst zu haben. Ich möchte mit dir nur ein anstehendes Problem von uns und dann eines, das eurer Welt bevorsteht, besprechen. Danach kannst du entscheiden, wie und ob es weitergehen soll.“ „Hm“, ich überlege kurz und antworte ihm: „Also gut, ich komme morgen dorthin. Wie finde ich dich denn da?“ „Zerbreche dir nicht den Kopf darüber. Ich werde es merken, wenn du dort bist.“ Kaum hat Oratos das gesagt, ist er weg und es ist wieder still im Zimmer. Lediglich das tiefe Atmen meiner Sue ist noch zu hören.

 

Höflichkeit scheint der wohl nicht zu kennen, kommt der in unser Schlafzimmer und geht dann wieder, ohne sich zu verabschieden. Das gibt es doch nicht, was soll ich nur machen? Morgen dort hinfahren? Und wie erkläre ich das Sue, wenn ich später als üblich nach Hause komme? Wenn das für die und uns tatsächlich so wichtig ist, muss ich wohl da hin. Zumal ein Raumschiff so von der Nähe zu sehen, ein wirklich außergewöhnliches Erlebnis wäre.

 

Lange wälze ich mich noch im Bett hin und her, bis ich dann doch nochmals einschlafe. Beim Frühstück macht Sue keine Bemerkung wegen der letzten Nacht. Wohltuend zu wissen, dass sie nichts mitbekommen hat. Jetzt muss ich ihr nur noch sagen, dass es heute Abend etwas später wird. „Übrigens, Sue, habe ich schon erwähnt, dass ich heute Abend mit Karl ein Bier trinken gehe?“ Verwundert schaut Sue mich an. „Nein, Mike, das hast du mir noch nicht gesagt.“ Oh, das gibt sicher noch Fragen, aber Sue erwidert freudig: „Das ist doch großartig, es wird auch Zeit, dass du mal mit deinem Arbeitskollegen was unternimmst.“

 

Meine Sue ist halt schon die Beste. Gut! Sie hat nicht bemerkt, dass ich ihr was vormache. Ich werde es dann zu einem späteren Zeitpunkt beichten. Erst, wenn ich genau weiß, was die von mir wollen.

 

Am folgenden Abend mache ich mich auf den Weg nach Stonehenge, dem sogenannten Landeplatz der Außerirdischen. Es ist mir schon ein wenig mulmig, an diesen geheimnisvollen Ort zu gehen. Aber glücklicherweise ist es nicht so dunkel. Ich stelle den Wagen beim Besucherparkplatz ab, der etwas abseits von dem Monument steht. Sofort schaue ich hinüber. Bei dem düsteren Licht kann ich nichts Auffälliges erkennen. Wachsam gehe ich auf die hochgerichteten Sarsen zu. Das halbhohe Gras ist unerwartet feucht. Ich merke, dass ich wohl das falsche Schuhwerk ausgewählt habe. Meine flachen Slippers halten der Feuchtigkeit nicht stand. Langsam bekomme ich nasse Füsse und das gleich im doppelten Sinn. Das ist ein unheimlicher Ort und es schaudert mich schon ein wenig. Gut, es ist niemand da. Es kommt manchmal vor, dass sich hier auch am Abend noch Leute herumtummeln.

 

Nur noch wenige Meter, bis ich da bin, es ist nichts zu hören aber auch gar nichts zu sehen. Bravo, jetzt stehe ich hier und er ist nicht da.

 

Doch kaum habe ich das zu Ende gedacht, ertönt eine Stimme hinter einer Sarse hervor. „Guten Abend, Mike!“ Ich zucke ungewollt zusammen, vor mir sehe ich die Umrisse einer Gestallt. „Nur die Ruhe, Mike! Du musst keine Angst haben. Ich bin es, Oratos! Es ist schön, dass du hergekommen bist.“ „Hallo, Oratos, Mann, hast du mich jetzt aber erschreckt!“ „Mike, du hast alles richtig gemacht. Wir müssen uns nun ausführlich unterhalten.“ „Was ist mit deinem Raumschiff, wo steht dieses Ding denn überhaupt?“

 

„Nur keine Eile, Mike, du wirst es schon noch zu sehen bekommen! Am besten beginne ich damit, woher wir ursprünglich gekommen sind. Wie du bereits erfahren hast, haben wir vor langer Zeit auf der Erde gelebt. Aber durch die Meteoriteneinschläge mussten wir sie wieder verlassen. Ursprünglich kamen wir nicht von hier. Unser Heimatplanet ist sehr weit weg, in einem anderen Teil dieser Galaxie. Wir sind wegen der vielen Bodenschätze auf die Erde gestoßen. Einige andere Planeten in eurem Sonnensystem haben wir auch besucht, aber keiner war zum Leben so gut für uns geeignet, wie die Erde es damals war. Anfänglich sind nur einige von uns hierhin gekommen. Diese haben die Erze und Edelmetalle gefördert und weiterverarbeitet. Am Anfang ging es nur darum, Bodenschätze von der Erde zu holen. Zu jener Zeit existierten auch noch keine nennenswerten Lebewesen auf diesem Planet. Doch die Metallvorkommen waren derart groß, dass wir uns über die Jahre immer besser eingerichtet haben. Und so kam es, dass immer mehr von uns hier leben wollten. Viele von uns kamen hierher und so wurde die Bevölkerung immer größer. Obwohl der Planet damals nichts Besonderes zu bieten hatte, gefiel es uns hier. Die Metalle wurden zu Raumfahrzeugen und Maschinen verarbeitet, Fabriken und kleinere Siedlungen wurden gebaut. Die Jahre vergingen und viele wollten nicht mehr in unsere Heimat zurückkehren.

 

Als dann die drohende Zerstörung der Erde durch diese Meteoriteneinschläge bevorstand, waren wir gezwungen, den Planeten wieder zu verlassen. Einige von uns kehrten zu unserem Heimatplaneten zurück, das kennst du aber bereits. Auf dem Mond, der damals etwas näher bei der Erde stand, bauten wir in einem Krater eine Übergangstation. Von dort aus reisten wir dann weiter auf den Mars. Kaum hatten wir den Planet Erde geräumt, ging es mit dem großen Bombardement der Meteoriten los. Auch auf dem Mond gingen einige nieder. Dort war aber die Zerstörung viel geringer und zum Glück wurde unsere Station nicht getroffen. Es folgten viele Jahre der Zerstörung auf der Erde. Die Oberfläche wurde völlig verändert. Dazu kam, dass die meisten der Vulkane ausgebrochen waren. Vom Mond aus sah man einen glühenden Planeten, der sich komplett verändert hatte. Die Atmosphäre wurde zerstört und die Gewässer waren verdunstet. Unsere Infrastruktur, die wir hinterlassen haben, ist völlig verglüht, nichts blieb mehr übrig von unseren Siedlungen. Die Jahre vergingen und es brauchte viel Zeit, bis sich die Erde wieder stabilisiert hatte.

 

Kapitel 3

Viele der Meteoriten und Kometen brachten gefrorenes Wasser auf die Erde. Durch die vielen Vulkanausbrüche und die Kontinentalverschiebungen ist Wasser an die Oberfläche getreten. Dadurch kühlte die Erde langsam wieder ab und es konnte Leben entstehen, welches auch durch die Meteoriten in Mikrobenform auf die Erde kam. Für uns aber wurde die Erde unbewohnbar, da wir eine ganz andere Atmosphäre brauchen, als diejenige, die da entstanden ist. Viele tausende von Jahren besuchten wir die Erde dann nicht mehr. Das neue Leben gedieh sehr langsam und im Kleinen. Allmählich fing es an allen Ecken und Enden zu sprießen an. Auf dem Land entstanden Moose und Gräser, die dem Planeten eine andere Farbe gaben. Danach kamen die Farne, Pflanzen und Bäume aller Art, große Meere und Gewässer sind hervorgequollen, aus welchen dann schon bald die ersten Lebewesen gekrochen kamen, die nach und nach auch das Land bevölkerten. Dieser Prozess dauerte aber viele hunderttausend Jahre.

 

Immer wieder sind kleinere Meteoriten auf der Erde niedergegangen, die dann auch alles wieder veränderten. Es sind verschiedenste Lebewesen entstanden und dann auch wieder hingerafft worden. Viel später ist dann ein menschenähnliches Wesen entstanden. Zu diesem Zeitpunkt kamen wir auch wieder vermehrt zur Erde zurück, um das genauer zu beobachten. Wir haben uns Gedanken gemacht, ob wir nun doch in die Evolution der Erde eingreifen sollten oder nicht. Wir haben uns aber entschieden, den Dingen freien Lauf zu lassen und nicht nachzuhelfen. Nach vielen zigtausenden von Jahren gab es aber immer noch keinen Fortschritt bei den menschenähnlichen Primaten. Damals starteten wir einen Versuch, uns mit diesen zu vereinigen, damit wir unseren Fortbestand auf der Erde weiterführen könnten. Da unsere Lungen anders arbeiten und wir keinen Sauerstoff atmen können, hatten wir die Hoffnung, es auf diesem Wege zu erreichen.

 

So entstand der moderne Mensch, eine Mischung von Primaten und uns. Das Projekt ist aber leider aus unserer Sicht gescheitert. Dieser Eingriff in die Evolution war problematisch, was sich später auch als Fehler bestätigte. Es vergingen aber trotzdem noch einige Jahrtausende, bis sich eine deutliche Veränderung bei den neuen Menschen abzeichnete. Wir besuchten sie immer öfters und machten auch Versuche mit ihnen. Diese haben uns aber als Götter betrachtet und verehrt, sie bauten sogar riesige Tempel und Pyramiden für uns. Die Zivilisationen wurden aber immer intelligenter und hinterfragender. Somit haben wir uns fortan nur noch unbemerkt auf die Erde begeben. Wir wollten die Menschen nicht noch mehr auf uns fixieren, so sind wir dann allmählich in Vergessenheit geraten. Dies alles liegt nun auch schon einige tausende Jahre zurück.“

 

„Das ist ja alles sehr spannend und aufschlussreich, Oratos. Aber jetzt würde ich gerne erfahren, was genau ihr von mir erwartet.“ „Mike, es ist so: Wir haben ein für uns unlösbares Problem. Unsere Gesundheit, oder besser gesagt, unsere Genstruktur ist schlecht. Da wir schon sehr lange existieren, und auf dem Mars keine Zuwanderer von unserem Heimatplaneten mehr haben, sind unsere Gene degeneriert. Wenn wir das nicht auffrischen können, sind wir zum Aussterben verurteilt!“ „Ach so, und ihr denkt, ich kann euch da helfen!“

 

„Ja, deine Entdeckung und deine Erfahrung werden uns bestimmt zu neuen Erkenntnissen verhelfen.“ „Gut, das kann schon sein, aber wie soll das denn vonstattengehen? Ich bin hier auf der Erde und ihr seid auf dem Mars, auf dem ich aber nicht überleben kann! Dann kommt noch dazu, dass ich eure Genstruktur und Lebensweise gar nicht kenne.“ Oratos Stirn legt sich in Falten. Man sieht, dass er nach einer Antwort sucht. „Ich habe doch schon erwähnt, dass auf dem Mond eine Station von uns steht. Diese ist noch voll intakt und darin hat es auch ein gut ausgerüstetes Labor von uns. Mit unserem Forscher zusammen sollte doch eine Chance bestehen, das Problem lösen zu können. Wir werden dich mit unserer Raumfähre dort hinbringen. Früher haben wir viele Menschen mitgenommen und dort untersucht. Diese Tests dienten aber nur dazu, dass sie sich besser entwickeln konnten. An Bord der Raumfähre und auf dem Mond hat es ein spezielles Abteil, das mit deiner Atemluft versorgt wird.

 

Es hat auch sonst alles dort, was du zum Leben benötigst.“ Ich überlege kurz und antworte dann; „Das klingt doch sehr abenteuerlich. Da kommen ganz schöne Strapazen und Risiken auf mich zu!“ „Nun, deine Hilfe soll nicht bloß für uns von Nutzen sein. Es ist so, wir sind keineswegs nur wegen unseres Problems hierher gekommen. Ihr Menschen und euer Planet stehen in naher Zukunft vor einer großen Bedrohung. In einigen Jahren, genau gesagt am 13. April 2029, wird der Meteorit Apophis, so wie er von euch genannt wird, die Erde passieren. Was ihr aber jetzt noch nicht wissen könnt, er zieht nicht an der Erde vorbei, sondern wird direkt einschlagen. Durch eine unglückliche Kollision im äußeren Asteroidengürtel im letzten Jahr ist er auf den Kurs zu der Erde umgelenkt worden. Es ist kein allzu grosser Meteorit, aber er wird eine massive Zerstörung verursachen. Ein grosser Teil der Menschen und Tiere werden wohl sterben.

 

Damit dies aber nicht geschieht, wären wir bereit, etwas dagegen zu unternehmen.Wir haben für ein derartiges Problem eine Abwehrtechnik entwickelt. Wir lenken einen kleineren Meteoriten, der jetzt in der Nähe ist, wieder in den Apophis. Somit wird dieser dann die Richtung erneut ändern und durch diese Korrektur nicht in Erdnähe geraten.“ „Was, ein Meteorit soll die Erde zerstören? Das wäre ja grauenvoll! Und ihr könnt dieses Unglück wirklich abwenden? Dann werde ich natürlich alles Mögliche daran setzen, euch und somit auch uns zu helfen. Wann beabsichtigt ihr denn, das durchzuführen und wie erkläre ich das meiner Frau und der Firma? Ohne konkrete Beweise glauben die mir das nie!“ „Mike, es dürfen keine anderen Menschen über dieses Vorhaben informiert werden, denn das würde alles nur sehr kompliziert machen. Unser Volk hat damals entschieden, dass die Menschheit nie mehr etwas über uns erfahren darf und das soll auch so bleiben. Es würden nur unnötige Probleme und Konflikte entstehen.

 

Die Menschen sind noch nicht reif genug für einen Interessenaustausch mit uns. Vielleicht könnte das in einigen hundert Jahren eher möglich werden. Zu deinem Schutz werden wir nach der Mission deine Erinnerungen an uns beseitigen!“ „Muss das denn sein? Mich würde es aber mit Stolz erfüllen, zu wissen, dass ich euch und den Menschen in einer so entscheidenden Situation behilflich war. Schade, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es wahrscheinlich besser ist, wenn ich nichts mehr davon weiß.“ „Jetzt kann ich dir, wenn du noch Zeit hast, unseren Transporter offenbaren.“ „Oh ja, sehr gerne, auf den bin ich schon ganz neugierig. Ich habe es ja nur noch wage in Erinnerung.“ „Man kann den Transporter noch nicht erkennen, da er gerade getarnt ist. Die Oberfläche der Raumfähre kann die Umgebung so reproduzieren, dass sie unsichtbar wirkt.“ „So wie ein Chamäleon oder Tintenfisch?“ frage ich aufgeregt nach. „Na ja Mike, etwa so ähnlich funktioniert es.“

 

„Wo steht denn nun dieses Machwerk, ist es dort drüben oder etwa da vorne?“ „Nur Geduld, gleich da vorne auf der offenen Wiese!“ Es ist wirklich nichts auszumachen. Wir gehen nun an die Stelle, wo es steht. „Vorsicht, Mike, nicht dass du dir den Kopf anstößt, es sind nur noch wenige Schritte!“ In diesem Augenblick sehe ich, wie ein Lichtspalt sich in der Luft vor mir auftut. „Du musst nicht erschrecken, das ist nur der Eingang zum Transporter.“ Der Spalt wird immer größer und eine metallisch glänzende Treppe scheint wie aus dem Nichts herunter zu fahren. „Das sieht sicher merkwürdig aus für dich, wenn du den Rest dazu nicht sehen kannst.“ In diesem Moment erscheint vor meinen Augen das ganze Raumschiff. „Ich habe die Tarnung jetzt ausgeschaltet, damit du es kurz betrachten kannst.“ Ich bin überwältigt, eine so schöne Form eines Gefährts habe ich noch nie gesehen. Es sieht ganz anders aus, als man sich so ein UFO vorstellt. Es hat eine geschwungene und doch eckige Beschaffenheit, die auf der Seite etwa sechs Meter hoch ragt und sich gegen oben etwas verjüngt. Im Durchmesser misst die Raumfähre sicher etwa zehn Meter. Die Außenflächen sind metallisch hochglänzend und Fenster kann ich keine erkennen. „Ich werde jetzt die Tarnung wieder aktivieren, nicht, dass uns noch jemand bemerkt. Komm, wir gehen jetzt zur Treppe, die in das Innere hoch führt!“ Die Raumfähre schwebt etwa einen Meter über dem Boden.

 

Unvorstellbar, dass ich das erleben darf!

 

Nervös und mit weichen Knien gehe ich die Treppe hinauf. Ich kann weder Geräusche von Motoren oder sonstigen Aggregaten hören, nur ein leises Zischen, das ich vom Innenraum her wahrneme. Ich erklimme die letzte Stufe der Treppe und gehe hinein. Es riecht völlig neutral im Raum und ich sehe nur die Umgebung von außen, als ob alles aus Glas wäre. Es ist etwas befremdlich, sich so zu orientieren. „Komm zu mir herüber, Mike, es ist doch sicher etwas ungewohnt für dich.“ „Oh ja, ich habe das Gefühl, ich schwebe in der Luft, dabei stehe ich in dieser Raumfähre!“ „Ja, aber daran gewöhnt man sich schnell. Die Umgebung wird auf die Wände, Decke und den Boden der Fähre projeziert.“ „So kann man sich die Fenster sparen“, sage ich amüsiert. „Fenster würden bei so hoher Geschwindigkeit, mit der wir reisen, sowieso nicht standhalten“, meint Oratos kurz und treffend. In der Mitte des Raumes sind acht Sitze in einem Kreis angeordnet, die mich gleich an moderne Zahnarztstühle erinnern. Am Außenrand steht separat noch eine Reihe Sessel. „Dort kannst du dir einen aussuchen“, sagt Oratos, der ja meine Gedanken lesen kann. „Bitte setze dich da hin, es wird dann mit einer Wand von meinem Raum abgetrennt. Dort bekommst du auch die nötige Atemluft, wenn ich die Einstiegsluke zur Raumfähre schließe.“

 

„Lege nun deine Arme auf die Lehnen, es werden dann automatisch Gurte um deinen Körper gespannt. Nicht, dass du im Raum schwebst, wenn wir die Erde verlassen.“ „Eine Frage, Oratos: Bist du mit diesem Raumschiff vom Mars hierhergekommen?“ „Nein, das wäre unmöglich, so weit mit dem Transporter zu reisen! Die Energie, die dazu gebraucht würde, wäre nicht ausreichend vorhanden. Das ist nur eine Landefähre, unser großes Mutterschiff wartet etwa hunderttausend Kilometer von hier aus im Weltall.“ „Ach so, dass heißt, wir gehen jetzt dorthin?“ „Es wäre möglich und auch nicht schlecht, wenn wir jetzt gleich einen Probeflug mit dir absolvieren könnten.“ „Es kommt darauf an, wie lange das dauert und ehrlich gesagt, fliegen ist nicht gerade meine Lieblingsart zu reisen!“ „Nur keine Angst, Mike, der Start könnte leicht anstrengend sein, da wir sehr stark beschleunigen müssen, um von der Erde wegzukommen. Sonst aber geht es.“ „Ach ja, wie schnell fliegen wir denn so?“ „Schnell, sehr schnell!“; antwortet Oratos. „Wir fliegen bis zur Station im All, dort angekommen werden wir dann am Mutterschiff andocken. Du kannst heute dort aber nicht umsteigen, weil das für dich etwas länger dauern würde.

 

Du müsstest durch eine Schleuse gehen, die dann an Bord des Mutterschiffes führt. Dafür braucht es aber mehr Zeit und diese haben wir jetzt nicht. Also, Mike, bist du bereit, können wir starten?“ „Es bleibt mir wohl keine andere Wahl als ja zu sagen.“ „Nur keine Angst, es wird alles gut gehen!“ Oratos setzt sich nun in der Mitte des Raumes auf einen der acht Sitze. Wie aus Geisterhand kommt eine Art Glasplatte aus der Decke heruntergefahren, die wohl das Steuerpult ist. „Jetzt muss ich zuerst die Route prüfen, nicht dass wir mit einem anderen Flugobjekt zusammenstoßen!“ „Hierzu habe ich gleich noch eine Frage: Wieso können unsere Überwachungsradare das Raumschiff nicht sehen?“ „Nun, die Oberfläche an unseren Raumfähren sind so beschaffen, dass man uns nicht lokalisieren kann. Der Antrieb ist ein Protonenbeschleuniger, der komplett geräusch- und lichtlos arbeitet. Man kann uns weder hören noch sehen!“ „Unglaublich, diese Technologie! Ich hätte mir das nicht einmal im Traum vorstellen können!“ „Also Mike, jetzt geht es los, gleich werden wir starten!“ Eine leichte Vibration stellt sich ein und ich spüre, dass etwas vorgeht. Dann aber drückt es mich gewaltig stark in den Sessel, der zugleich die Position vom sitzen ins liegen verändert hat. Die Übertragung der Bilder von der Umgebung hat sich ausgeschaltet. Es sind nur noch glänzende metallische Wände zu sehen.

 

Eigentlich schade, ich hätte gerne gesehen, wie wir uns von der Erde entfernen.

 

„Mike, du musst dich nur gedulden, gleich kann man das Panorama wieder sehen. Während der Startphase ist das ausgeschaltet, da es sonst viel zu verwirrend für die Augen wäre!“ Kaum hat Oratos das gesagt, verwandeln sich die Innenwände in eine traumhafte Umsicht. Man bekommt das Gefühl, dass man im All schwebt, denn die Sicht reicht rund herum. Jetzt verstehe ich unsere Astronauten: dieser Anblick macht süchtig. Unsere Erde sieht von hier draußen im All einfach fantastisch aus.

 

„Mike, das Mutterschiff ist schon bald erreicht. Wir werden dort dann am Heck andocken, unser Transporter ist zugleich eines von sieben Antriebsmodulen des Mutterschiffes. Der hintere Teil ist der ganze Antriebsteil und wie du gleich erkennen wirst, dreht er sich nicht um seine Achse. Das erleichtert das Andocken am Mutterschiff. Beim vorderen Teil dreht sich die Außenhülle um den Innenteil. Dadurch wird eine künstliche Schwerkraft erzeugt, was das Arbeiten und Leben an Bord erleichtert. Wenn wir angedockt haben, wirst du auf dem Sitz angeschnallt bleiben, denn im Transporter herrscht ja Schwerelosigkeit. Ich selbst gehe kurz von Bord, komme aber gleich wieder zurück.“ Kaum hat Oratos das gesagt, ist er schon weg.

 

Sehr praktisch, wenn man sich so umher teleportieren kann. Nun sitze ich hier, angeschnallt an einen futuristischen Stuhl, in einer Raumfähre von Außerirdischen. Ich kann es einfach nicht begreifen. Schlimm ist aber, dass ich keinem Menschen etwas darüber berichten kann. Das ist, wie wenn man große Weihnachtsgeschenke bekommt, aber man darf sie nie auspacken. Es ist schon bemerkenswert, wie schnell ich mich an diese Situation gewöhnt habe. Als Wissenschaftler ist mir natürlich ein erweitertes Denken, was Lebewesen anbelangt, geläufig. Vor einer Woche hätte ich jeden für verrückt erklärt, der mir so etwas erzählt hätte.

 

Ich bin auch sehr gespannt, wie es im Mutterschiff aussieht. Und schon kommt Oratos zurück. „Entschuldige, Mike, ich hoffe, ich habe dich nicht zu lange warten lassen!“ „Keine Ursache, ich bin hier gut aufgehoben und ich gewöhne mich langsam an die Situation. Ich habe da noch eine Frage: Wie funktioniert denn eigentlich diese Teleportation?“ „Das ist so, im Umkreis von fünfhundert Metern vom Transporter oder Mutterschiff entfernt, können wir uns entmaterialisieren und dann an dem Ort, an den wir hin wollen, wieder materialisieren. So können wir uns ohne große Anstrengung von einem Ort zum anderen bewegen. Dazu hat jeder von uns einen persönlichen Gürtel am Anzug. In diesem ist die ganze Steuerung und Technik untergebracht. Wegen der Energieversorgung funktioniert es aber nur in diesem genannten Umkreis. Hast du noch weitere Fragen, Mike?

 

Ansonsten werde ich uns wieder auf die Erde bringen.“ „Ich bin überwältigt von der neuen Erkenntnis, ja nur noch eine. Wie stellt ihr euch die weitere Zusammenarbeit mit mir vor?“ „Unser Genforscher ist auf der Mondstation und arbeitet da an der gleichen Entwicklung wie du auf der Erde. Er kommt aber leider nicht voran, irgendetwas will nicht so, wie es sein sollte und darum wirst du dort dringend benötigt. Wir stellen uns vor, dass wir dich auf den Mond mitnehmen. Die Reise dorthin dauert nicht sehr lange. Sobald wir im Mutterschiff sind, kann es dann losgehen. Es wird aber schon einige Tage beanspruchen, bis du dann wieder auf die Erde zurückkehren kannst. Wie du

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 13.11.2020
ISBN: 978-3-7487-6444-1

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