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Völlig übermüdet kamen sie nach einer ca. zehnstündigen Autofahrt am Parkplatz zur Fähre von Stahlbrode nach Glewitz an, die sie über das Wasser auf die Insel tragen sollte. Es war 14:00 Uhr und unerträglich heiß im Wagen. Seit 3:30 Uhr heute Morgen waren sie aus Oberstedten, einem kleinen Ort am Taunus gelegen, unterwegs. Anne nörgelte, Gameboy-spielend, auf dem Rücksitz herum „Wann sind wir denn endlich da?“. Die traumhaft schöne Bodde-Landschaft interessierte sie nicht.
Karl ignorierte sie, was leider in der letzten Zeit sehr oft vorkam. Er „konnte nicht gut“ mit pubertierenden Jugendlichen. Anne war im Februar 13 geworden – ein sehr schwieriges Alter! Und Margret antwortete etwas entnervt, wie automatisch „Wir müssen über das Wasser und dann noch ca. eine halbe Stunde Fahrt, dann sind wir da“. Sie wusste das so genau, da sie und Karl im Frühjahr schon mal einen Kurzurlaub dort gemacht hatten und gleich für den Sommer eine Ferienwohnung gebucht hatten.

„Da“ war der kleine Ort Waase auf Ummanz, einer kleinen Insel zur Hauptinsel Rügen gehörend und den meisten Menschen kein Begriff. Nur Vogelkundler kannten sich hier recht gut aus. Jedes Jahr im Frühjahr und Herbst überquerten die Wildgänse, Reiher und Kraniche, auf ihrem Weg nach Norden bzw. Süden die Insel und ließen sich dort nieder um neue Kräfte zu sammeln.

„Na das kann ja heiter werden“ dachte Margret „ein desinteressiertes Kind und ein völlig erschöpfter Mann“, „wieso bin ich eigentlich nicht – wie ich es eigentlich vorhatte – alleine in den Urlaub gefahren?“
„Wenn dieses Kind noch einmal fragt - „wann sind wir endlich da?“ - geb’ ich ihr die Karte in die Hand und sie läuft!“ dachte der enervierte Karl.
„Boah wie ätzend ist das denn, 3 Wochen Urlaub auf einer langweiligen Insel!“ „Warum haben sie mich nicht mit dem Jugendclub wegfahren lassen“ „Aber nein – „das ist vielleicht das letzte Mal“, wo wir zusammen Urlaub machen“ „Das ist mir sooo egal – aber mich versteht eh keiner“ dachte die ausgeschlafene, jedoch völlig genervte und gelangweilte Anne.

Die Fähre kam, Karl startete das Auto und die Schlange setzte sich in Bewegung. Margret stieg, gleich nachdem sie den Fährpreis gezahlt hatten aus und streckte sich „Oh Mann, tut das gut“ „Urlaub wir kommen!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht als sie den Meeresduft in der Nase hatte und das leichte Auf und Ab der Fähre unter ihren Füßen spürte. „Kommt auch heraus ihr beiden. Es ist toll hier, bewegt Euch mal ein bisschen, dann kommt ihr auch in Schwung!“
„Nee, nee, lass mal“ brummte Karl und zündete sich lieber im Auto eine Zigarette an. „boah Papa, kannst Du nicht draußen rauchen?“ beschwerte sich Anne und kurbelte das Fenster herunter. „Geh zu deiner Mutter, wenn’s Dich stört!“. Diese kümmerte sich nicht mehr um ihre beiden Lieben, sondern erkundete mit ihrem Fotoapparat das Deck der Fähre und knipste immer wieder den Horizont aus allen möglichen Einstellungen. Der frische Seewind tat bei der Hitze gut. Sie fühlte sich wieder etwas besser, zwar immer noch müde aber nicht mehr ganz so erschöpft.

Die Fähre legte nach ca. viertelstündiger Fahrt in Glewitz an und die Reise konnte weitergehen.
Karl und Margret hatten diesen Weg gewählt, da der Rügendamm sowie die Hauptstraße von Stralsund in Richtung Ostküste in der Urlaubszeit immer sehr stauanfällig waren.
Über Glewitz kamen sie von der andren Seite, überquerten die Hauptstraße – auf der die andren Autos im Stau standen – und waren so tatsächlich nach einer halben Stunde in Waase.

Der kleine Leuchtturm der Fisch-Gastätte und Pension „Holzerland“ begrüßte sie in der Mittagssonne. Die Vorfreude bei Karl und Margret stieg. „Ach das sieht ja doch ganz nett aus hier“ dachte Anne. „Vielleicht gibt’s ja ein paar in meinem Alter hier?!“

Die Familie hielt auf dem kleinen Parkplatz vor der Gaststätte an, wurden sehr gastfreundlich von Katrin, der Tochter des Unternehmens begrüßt, die ihnen auch den Schlüssel für Ihre Ferienwohnung aushändigte „die Mutter ist schon drüben. Klingeln sie einfach. Und wenn sie möchten, können sie am Frühstück morgens hier in der Gaststätte teilnehmen.“ Bemerkte sie noch geschäftstüchtig.

Das wollten die drei nicht – da Ausschlafen für alle angesagt war. Aber das musste man ja nicht jetzt diskutieren. Sie bedankten sich höflich und selbst Karl bekam sein „Urlaubsgesicht“ – ja er freute sich offensichtlich, was Margret entspannt zu Kenntnis nahm. Anne sah etwas interessierter aus, was auch zur guten Stimmung beitrug.

Innerhalb einer Stunde hatten sie das Auto hinter dem Wohnhaus der Gastfamilie geparkt, ihre Koffer in den 1. Stock geschleppt und jeder hatte seinen Schrank einge-räumt.

In dem Ort Waase gab es einen kleinen Einkaufsmarkt, in dem sie noch eine Kleinigkeit für das Abendessen einkaufen wollten. Dabei wollten sie auch ihrer Tochter die Überraschung zeigen, die sie geplant hatten. Mal sehen, wie ihr das gefiel.

„Oh nee, nach der langen Autofahrt auch noch Laufen. Muss das jetzt sein?“ „Ich könnte doch auch hier bleiben und fernsehn’ oder Gameboy-spielen!“
„Nix da, du kommst mit!“ „du musst wissen wo du morgen früh die Brötchen holen gehst!“ ärgerte sie Karl „Er kann’s nicht lassen“ „immer muss er sie aufziehen“ „und dann wundert er sich, dass sie sich ständig in die Haare bekommen“ „hoffentlich geht das jetzt nicht jeden Tag so weiter!“ dachte Margret.

„Wieso ich, ich hab auch Urlaub, du kannst auch aufstehen und Brötchen holen.“ Ereiferte sich Anne auch sofort. „Nur weil ich ein Mädchen bin, heißt das nicht, dass ich mit Mama die Hausarbeit alleine machen muss!“ Sie war schon sehr emanzipiert für ihr Alter. „meine Tochter!“ grinste Margret in sich hinein. „oh mein Gott, warum kann ich nicht mal einen Witz machen, ohne, dass sie sich so aufregt“ „immer missversteht sie mich!“ dachte Karl genervt.

Der Weg zog sich so ca. eine Viertelstunde dahin, die drei sprachen nun kaum miteinander, jeder hing seinen Gedanken nach. Dort angekommen, sagte Margret „lasst uns noch ein kleines Stück laufen, um Anne den ganzen Ort zu zeigen, damit sie sich hier auskennt. „Oh Mama, ich bin doch kein kleines Kind mehr, ich finde den Weg nach Hause schon.“ „Und Schluss jetzt“ hieb Karl gedanklich mit der Faust auf den Tisch!“ „Ja das machen wir jetzt und basta“ sagte er laut. Anne zottelte widerwillig hinter ihren Eltern her „oh warum musste ich nur mit in den Urlaub fahren?“ wiederholte sie ihre Gedankengänge von der Fahrt.

Auf einmal, sie waren wiederum ca. 10 Minuten gelaufen, überstrahlte ein Leuchten Annes Gesicht „Haffies, Mama lauter Haffies“ strahlte sie ihre Eltern an „kann man die auch reiten“, „darf ich da reiten gehen?“ sprudelte es vor Glück aus ihr heraus. Die Insel Ummanz war bekannt für eine Haflingerzucht mit eigenem Reitbetrieb, was aber Anne nicht gewusst hatte.

„Wieso nur du?“ fragte Margret, selbst passionierte Reiterin grinsend und auch Karl lächelte seine beiden Frauen glücklich an „na Prinzesschen, Überraschung gelungen?“ „Ja aber Papa kann doch gar nicht reiten“ meinte Anne etwas ratlos „na das macht nichts“ meinte Karl verschmitzt, „in der Zeit in der ihr beiden reiten seid, kann ich in Ruhe ein Buch lesen, schlafen oder fernsehen. Vielleicht leih’ ich mir ja auch mal deinen Gameboy aus!“ grinste er Anne an.

...
„Komm heraus Du Faultier“ scherzte Margret „ja einen kleinen Moment Liebes“ brummte Karl gutmütig. „Ja Papa, Du kannst Deine Zigarette auch hier draußen rauchen“ lachte Anne.

Sie standen bald alle zusammen auf der Fähre von Glewitz nach Stahlbrode. Margret liefen Tränen übers Gesicht. „was ist los Schatz“ fragt Karl erschrocken „nichts außer Abschiedsschmerz; es war so ein wunderschöner Urlaub“ meinte Margret schluchzend – „hoffentlich kommen wir bald wieder!“ „Au ja, darf ich dann auch wieder mitfahren?“ fragte Anne begeistert – „es war saustark!“.









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Texte: Alle Rechte liegen bei der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 05.10.2010

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Widmung:
Für meinen Lieben, ohne die mein Leben nur halb so schön wäre...

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