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Prolog

Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit. Jahrhunderte? Jahrtausende? Er hatte keine Ahnung. Es gab keine Möglichkeit, die Zeit zu messen. Und das ihm! Er, der die Zeit schon einmal beherrscht hatte, war nun von ihr abgeschnitten. Auch fehlte ihm jede Möglichkeit, sich zu orientieren. In allen Richtungen sah es hier gleich aus. Er konnte gehen, wohin er wollte und nirgendwo stieß er auf eine Grenze. Kein Laut drang zu ihm vor. Er konnte noch nicht einmal auf seinen Herzschlag horchen, denn er besaß kein Herz.

 

Ziellos durchstreifte er diesen Raum, während sein Hass wuchs. Nicht auf den, der ihn hier eingesperrt hatte, sondern auf die, die ihn verraten hatten! Dieses schwache Ungeziefer! Irgendwann werden sie einen Fehler machen. Irgendwann würden sie ihn rufen und er würde bereit sein. Dann müssten sie um Gnade winseln und er würde seine Rache bekommen. Bis dahin hieß es: Warten.

Kapitel 1

Dirk Hinrichs saß in seinem Büro und trank seinen Morgenkaffee. Er war bei einer großen Firma als Außendienstler angestellt und bereitete sich auf den heutigen Arbeitstag vor. Gerade packte er seine Werkzeugtasche, als das Telefon klingelte.

»Wer zum Teufel ruft denn jetzt um diese Uhrzeit hier an ... Nein, der Schuster Frank. Der hat doch garantiert wieder einen Sonderauftrag für mich. Hinrichs?«

»Schuster hier, grüß` dich.«

»Frank, was willst du?«

»Mensch, das klingt aber einladend. Wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden?«

»Nein, aber wenn du hier anrufst, dann heißt das für mich jede Menge Arbeit und Ärger. Also?«

»Ja, ja, ist schon gut. Kommst du bitte zu mir und montierst bei einem Kunden ein Terminal und baust dort den Rechner mit unserer Software auf? Kabel sind bereits gelegt, du brauchst die Sachen nur anzuschließen. Material und alles andere liegt hier bei mir.«

»Oh Mann, warum gerade ich? Was ist denn mit Walter? Hat der keine Zeit?«

»Walter hat schon zwei Montageaufträge und wird außerdem noch von der Kundenbetreuung in Beschlag genommen. Und der Täler hat keine Ahnung von dem System. Also, pack` dein Zeug zusammen und komm her.«

»Kann das nicht bis Montag warten? Ich muss noch meinen Arbeitsbericht schreiben und hab` hier einem Kunden versprochen, seinen Rechner auf 2000 zu checken.«

»Nein, kann es nicht. Der Vertrieb hat dem Knust versprochen, dass das System diese Woche installiert wird. Leider hab` ich das heut erst erfahren.«

»Wieder mal klasse gelaufen, was? Okay, bin unterwegs. Rufst du den Kunden an?«

»Mach` ich. Danke dir.«

»Dank` mir erst, wenn der Auftrag erledigt ist. Bis gleich.«

»Mach’s gut.«

 

Nach einigen kräftigen Flüchen und ungefähr anderthalb Stunden Fahrzeit war Hinrichs dann endlich beim Kunden angekommen. Dieser empfing ihn – entgegen sonstiger Gewohnheiten – mit einer Tasse Kaffee. Durch diese freundliche Geste mit dem Tag versöhnt, machte er sich an die Arbeit.

Als das Terminal dann an der Wand befestigt war, schraubte er die Sicherung wieder ein, um die Stromverbindung zu testen. Leider gab das Ding keinen Mucks von sich! Er maß die Spannung an der Leitung – die war da. Also lag der Fehler im Inneren des Gerätes. Er öffnete es und da geschah ein kleines Unglück: Während er einen lockeren Draht festlötete, schnitt er sich an einer scharfen Kante den Finger auf. Ein Blutstropfen quoll daraus hervor und fiel ins Innere. Die Wunde war nicht tief und Hinrichs bemerkte sie erst, als er die Sicherung wieder einschaltete.

Hätte er sich nicht zuerst den Finger gesäubert, sondern wäre sofort zum Terminal gegangen, hätte er etwas Sonderbares gesehen. Nach der Stromeinschaltung blinkten im Display dreimal die Buchstaben "CHR" auf. So aber blieb dieser Hinweis unbemerkt. Als er mit einem Pflaster um den Finger wieder vor dem Terminal stand, leuchtete dort nur "BEREIT" auf.

Nichtsahnend begab er sich dann zum Computer und spielte dort die Software auf. Nach einer quälend langen Stunde und zwei Systemabstürzen war der Job beendet. Hinrichs war froh, endlich wieder in sein Büro zurück zu kommen. Die Feineinstellungen würde der Systemspezialist übernehmen.

Der Nachtwächter der Firma Knust drehte wie immer gegen 23.00 Uhr seine Runde. Das neue Terminal an der Wand bemerkte er kaum. Das Einzige, was ihn interes-sierte, war der Schlüssel für seine Wächterkontrolluhr um die Ecke.

Als er den Schlüssel in der Uhr herumdrehte, war ihm, als hätte er ein Geräusch gehört. Um sicher zu gehen, ging er zurück, aber da war nichts. Verwundert schüttelte er den Kopf. Er war doch sonst nicht so schreckhaft! Schnell schritt er weiter, denn er wollte wieder in seinem Büro sein, bevor seine Tasse Kaffee kalt wurde. Er schloss die Tür zum nächsten Bereich auf, schaltete die Beleuchtung ein und schloss hinter sich wieder zu. Kaum war das geschehen, da begann das Display im Terminal in einem kalten Blau zu leuchten. Wie von Geisterhand erschienen die Buchstaben "CHRON" in der Anzeige. Sie begannen zu blinken, schneller und schneller, bis das Blinken fürs Auge nicht mehr zu erkennen war. Dann erlosch die Anzeige und ein hohles, unheimliches Gelächter tönte durch den Gang.

 

 

*

 

Endlich! Seine Zeit war gekommen! In der Dunkelheit war plötzlich ein kleiner Lichtpunkt aufgetaucht. Er wusste nicht, wer oder was ihm diesen Weg geöffnet hatte und es interessierte ihn auch nicht. Mit der Kraft seiner Gedanken bewegte er sich in Sekundenschnelle auf den Punkt zu. Tatsächlich! Eine Brücke führte aus seiner Welt heraus. Auf der anderen Seite schien sich eine Art Fenster zu befinden. Am anderen Ende der Brücke angekommen, blickte er hinaus.

Sofort erkannte er diese andere Welt. Das waren sie, diese Wesen, denen er die Verbannung zu verdanken hatte! Äußerlich hatten sie sich kaum verändert. Immer noch diese schwachen Körper, die dem Verfall preisgegeben waren! Es würde ein Leichtes sein, Rache zu nehmen.

Ihre Technik aber hatte erstaunliche Fortschritte gemacht. Der Kasten, in dem er sich befand, war ihm vollkommen unbekannt. Alles war voller kleiner Drähte, durch die eine ihm unbekannte Form der Energie floss. Er musste sehr lange Zeit in seinem Gefängnis verbracht haben. Sein Gier nach Rache drohte ihn zu übermannen, aber er zügelte sich. Erst musste er wissen, was er alles anstellen konnte.

Kapitel 2

Der Systemspezialist Brandt kam drei Tage später beim Kunden vorbei, um das System zu programmieren. Diese Verspätung war nicht weiter verwunderlich, da er einen vollgestopften Terminplan hatte und außerdem war der Firma nur die Installation der Zeiterfassung terminlich zugesichert worden; wann die Funktionsfähigkeit hergestellt werden würde, stand nirgendwo.

Als er die vom Kunden ausgefüllten Unterlagen betreffend der gewünschten Programmierung sah, seufzte er innerlich. Wieder mal verkehrt ausgefüllt! In Gedanken verdoppelte er die Zeit,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 09.09.2015
ISBN: 978-3-7396-1282-9

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