Es gibt keine Geister mehr.
Während meines Urlaubs, den ich mir dieses Jahr gegönnt habe, fiel es mir zum ersten Mal auf. Zuerst wollte ich es nicht wahr haben, doch dann musste ich es einsehen:
Es gibt keine Geister mehr.
Ich befand mich In einem völlig überfüllten Modehaus für junge Menschen. Das Modehaus war angefüllt mit modischen Trends. Mode, wie man sie zur Zeit in jeder großen Stadt finden kann. Es war alles vereinheitlicht. Es könnte in Berlin, Paris, Stockholm oder Madrid gewesen sein. Überall die gleiche Mode. Das Modehaus war nicht nur angefüllt mit Mode-Trends, sondern auch mit überwiegend jugendlichen Mädchen. Teenager die in Begleitung ihrer wohlhabenden, reichen Eltern, zu plärrender, lauter Musik alle das gleiche modische Zeugs kauften. Sie rissen es wahllos von den Kleiderständern, schmissen es in vom Modehaus bereitgestellten Taschen und brachten es Zentnerweise zur Kasse. Dort wurden, die Modestücke bezahlt und ausgehändigt. Diese Prozedur dauerte keine 15 Minuten. Die modebewussten Teenager, hatten innerhalb von Minuten, alle die gleiche Mode gekauft und bezahlten dafür ein Preis, der das Brutto Inlandvermögen von ganz Europa in den Schatten stellen würde. Sie hatten Spaß daran es zu kaufen. Die Eltern, meisten Mütter die für sich auch noch das eine oder andere Stückchen ergatterten, um damit dann im Partnerlook mit Ihren Töchtern gehen konnten um dann als Schwester gehalten zu werden, hatten Spaß am Bezahlen. Die Kassiererinnen hatten Spaß am einnehmen….. und ich, ich hatte Spaß am Beobachten.
Ich hatte auch Zeit zum Beobachten. Ich war mit meiner Cousine da. Sie wollte nur mal eben schnell sehen, ob nicht ein besonderes, schönes Modestück da wäre und schmiss sich ins Gewühl. Während ich nun auf sie wartete, beobachtete ich das bunte Treiben.
Ich ließ mir die dröhnende Musik, in mein Gehirn hämmern, beobachtete und machte mir meine Gedanken. Ich dachte an das alte Gemäuer, eine Kathedrale mit angrenzendem Schlossgarten, die wir gerade besucht haben. Wir ruhig es dort doch wäre, wenn nicht die ganzen Touristen sekündlich raus und rein gehen und dabei telefonieren , fotografieren, lachen, schreien, tanzen, zetern, meckern ….und vieles mehr machen würden. Dann dachte ich darüber nach, das die Geister sich dort bestimmt nicht mehr wohlfühlen würden…..und wenn die sich da schon nicht mehr wohlfühlen, dann würden sie sicherlich auch nicht hier ins Modehaus kommen. Ich schaute mich um. Tatsächlich, egal wo ich hinblickte, es gab einfach keine Geister.
Zuerst dachte ich nur, das Sie sich versteckt haben. Also für ich in den ersten Stock: Bademoden…. Keine Geister, Zweite Stock : Baby und Umstandsmode… Keine Geister… Dritte Stock : Dessous ….hier dachte ich, das ich wenigstens ein paar lüsterne alte Tattergreisenhafte Geister finden würde… Nichts alles Leer…. Keine Geister…. Der Keller.. Natürlich dort gehen Geister ja immer hin …. Also ab in den Keller …BASEMENT heisst das ja nun Neudeutsch….Basement : Herrenabteilung .. NICHT DIE SPUR von einem Geist.. nicht einmal ein Schleier… nicht mal eine alte Schleiereule von Geist hat sich hier versteckt. Abgesehen von der Dame an der Kasse, die zwar Geisterhaft schien, aber Mensch aus Fleisch und Blut war, war hier kein Geist zu sehen. Das Neonlicht des Modehauses hat sie nur so blass erscheinen lassen…aber sie lebte noch .
Ich kam zu der Erkenntnis, das es keine Geister mehr gibt.
Jedenfalls nicht hier, nicht jetzt und nicht heute. Ich selbst würde mich als Geist in so einer Welt wie sie heute ist, wohl auch gar nicht mehr so richtig wohlfühlen. Würde ich diese Welt überhaupt noch verstehen? Brauchen Geister nicht auch Ruhe? Ich meine jetzt die Geister, die die Seelen der verstorbenen Personen sind, die man einst mal geliebt oder zumindestens gekannt hat. Die Seeräuber, die Piraten von damals, die Großeltern, die Verwandten, Klassenkameraden…. und viele mehr. Die müssen doch irgendwo alle hingekommen sein?
Vielleicht ist das ja nur meine Auffassung. Vielleicht, wenn eines Tages mal Gevatter Tot anklopft, erlöscht das Licht und alles ist weg. Doch nach meiner Auffassung und auch nach der Auffassung der Physik, muss Energie die das Gehirn produziert hat, irgendwie in GEISTesmaterie umgewandelt werden. Diese Umwandlung wird in vielen Büchern als Seele oder Geist beschrieben. Diese wiederum wandeln je nach Welten oder Religions-Überzeugung durch die Zeiten, Raum und Distanzen. Sie schwirren als Geister, Irrlichter oder Seelen umher und bleiben dort wo es Ihnen gefällt.
Ich sah mich noch ein wenig um im Modehaus. Nein es gab hier nicht einen einzigen Geist mehr. Auch der GUTE GEIST des Hauses, den man ja aus alten Büchern und alten Geschichten noch kennt, gab es hier nicht. Ich ging auf die Strasse, auch hier kein Geist mehr zu sehen, zu spüren, zu erhaschen. Nichts.. überall diese Leere, angefüllt mit dröhnenden, krachenden, lauten Geräuschen von Autos, Bussen, Mobiltelefonen, Radiosendern, schreienden Geschäftsleuten, Bankern, schreienden Kindern, …dazu kommen noch die hastigen, eiligen, schnellen Bewegungen der gestressten beruflichen Bevölkerung, Schülern, Studenten und vieles mehr. ..
Als ich noch Kind war – und das ist noch gar nicht so lange her – konnte ich mich mit Geistern – oder Geisterähnlichen Wesen unterhalten. Sie waren immer da, wenn ich sie rief. Ich spielte mit Ihnen. Ich hatte sogar als Kind mit GOTT gespielt, gebetet und gesprochen. Den hatte ich dann immer in meiner Hand. Ich habe ihn, wenn wir fertig gesprochen und gespielt haben immer hinter den Ofen gestellt, damit er mir nicht weggenommen wird und er es immer schön warm hat. Damals gab es aber auch noch nicht so viel elektronische Gerätschaften, so viel Lärm, soviel High-Tech wie heute….
Ich glaube, die Geister in der heutigen Zeit haben es schwer. Ich bete immer noch zu und mit GOTT. Aber ich verstecke IHN nicht mehr hinter dem Ofen. Ich habe IHN schon lange hinter dem Ofen hervor geholt. Damit ER sich auch die Welt angucken kann. Muss ER ja auch. ER kann zwar nicht immer an allen Orten der Welt sein um nach den rechten zu gucken, aber ER bemüht sich. Früher hatte er wahrscheinlich noch viel mehr Geister die ihm halfen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum es in der Welt so viel Schlimmes passiert. Jetzt muss ER es alles alleine machen.
Ich beschloss von nun an, jeden Tag eine Stunde am Tag das Radio auszumachen, mir ein ruhiges Plätzchen in meiner Wohnung zu suchen und ein wenig Ruhe in meinen Alltag einkehren zu lassen. Vielleicht verirrt sich ja doch der eine oder andere Geist zu mir. Hier kann er dann zu mindestens eine Stunde am Tag ein wenig abspannen. Und vielleicht schöpft er dann Kraft um wieder zu helfen. Vielleicht sollte sich jeder einmal am Tag ein wenig Zeit und Ruhe nehmen….
Ich ging wieder zurück und wartete auf meine Cousine. Sie kam dann auch bald. Wir gingen beide raus. Die Sonne schien, der Himmel war blau….und ich war trotz des Großstadtlärms total beGEISTert von meinem vorhaben.
Vielleicht gibt es ja dann, doch bald wieder mehr Geister…
Vielleicht hilft es ja?
Vielleicht ?
© 21.072012 Pedro Prüser
Texte: Der gesamte Text obliegt im (c) bei mir, Pedro Prüser
Bildmaterialien: Die rechte am gesamten Bildmaterial obliegt im (c) bei mir, Pedro Prüser abgesehen von dem Coverbild das ich bei Bookrix geliehen habe...
Tag der Veröffentlichung: 22.07.2012
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