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Elenora

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1 - Entführt

 


Elenoras Oberschenkel drohten zu reißen. Hechelnd joggte sie Leon hinterher, der so leichtfüßig wirkte, als lägen nicht fünf Kilometer hinter ihnen.

Im Lauf drehte er sich zu ihr um. »Du schaffst das. Wir sind doch gleich da.«

Gerne hätte sie ihm etwas Gemeines an den Kopf geworfen, aber Elli musste sich entscheiden: Reden oder Laufen! Beides ging beim besten Willen nicht, denn ihre Lunge brannte wie Feuer. Die letzten Meter bis zur Haustür würde sie auf der Zunge kriechen. Ellis Füße schmerzten, als hätte sie gar keine Schuhe an. Das Herz trommelte so heftig gegen ihren Brustkorb, dass sie jeden Moment mit einem Infarkt rechnete. Allerdings wollte sie auch nicht aufgeben. Schon gar nicht, wenn Leon sie dabei beobachtete. Also biss sie die Zähne zusammen, blendete den toten Punkt aus, in dem sie seit geraumer Zeit feststeckte und zog an den vier Birken vorbei, die zwischen ihr und Leons Wohnung ihr Dasein fristeten. Mit allerletzter Kraft erreichte sie die Haustür und blieb stehen, stützte ihre Hände auf die Knie und rang um Atem.

»Arme hoch«, riet er beim Aufschließen der Tür.

Nicht eine Bewegung brachte Elli mehr zustande, und sah sich bereits die Stufen hinaufkrabbeln – vielleicht sollte sie einfach hierbleiben und bis morgen früh warten. Leon aber ließ keine Pause zu. Er packte ihren Ärmel und zog sie ins Treppenhaus. »Wenn du jetzt schlappmachst, habe ich die Wette gewonnen«, rief er ihr ins Gedächtnis.

Diese bescheuerte Wette, dachte Elli. Was war sie auch so übermütig gewesen, mit ihm eine ganze Woche lang mithalten zu wollen? Sie sammelte die letzten Reserven, bewegte sich schwerfällig wie der Blob an ihm vorbei und hoffte so sehr, dass Leon wenigstens den Fahrstuhl holen würde. Doch daran dachte er gar nicht. Schelmisch grinsend tippelte er die Stufen hinauf und verschwand in Sekunden aus Ellis Blickfeld. Sie selbst schaffte gerade das erste Stockwerk und ertappte sich dabei, wie ihr Finger ganz selbstständig den Fahrstuhlknopf drückte.

»Bis zur Wohnungstür – sonst habe ich gewonnen«, rief er von oben herunter.

»Verdammt, Leon«, murmelte sie und schleppte sich die Treppe hinauf. Mit jeder einzelnen Stufe verfluchte sie ihre schnelle Zunge einmal mehr. Jeden Tag einen Kilometer weiter und das sieben Tage lang, hatte sie geprahlt. Natürlich hat er diese Wette angenommen, denn im Falle des Versagens stand ein Umzug bevor. Genau genommen Ellis Einzug bei Leon. Dagegen hatte sie sich in den letzten neun Monaten mit Händen und Füßen gesträubt. Und dann hatte sich ihr Verstand für einen winzigen Augenblick abgemeldet, in dem sie vollkommen unbedacht eingeschlagen hatte.

Als Elli endlich oben ankam, fühlte sie sich, als hätte sie soeben den Mount Everest bestiegen. Leon erwartete sie mit überkreuzten Beinen und verschränkten Armen am Türrahmen lehnend, und grinste frech.

»Willst du aufgeben? Morgen sind es dann sechs Kilometer«, proklamierte er.

»Niemals!«, erwiderte Elli vollkommen außer Atem und schob sich an ihm vorbei.

Er schloss die Tür, ging zum Vorratsschrank und holte zwei Wasserflaschen heraus. Eine davon hielt er Elli hin. Wie ein verdurstender Wüstentourist griff sie danach und kippte das erfrischende Nass in sich hinein.

»Trink langsamer, sonst bekommst du Seitenstechen«, riet er.

Sie setzte kurz ab und sah ihn vorwurfsvoll an, dann leerte sie die Flasche. Just in dem Moment setzte das ein, wovor er sie gewarnt hatte. Aber Elli ließ sich nichts anmerken, legte die leere PET-Flasche in die Pfandkiste und huschte mit angehaltenem Atem ins Badezimmer. Erst, als die Tür hinter ihr im Schloss einrastete, atmete sie gegen den Schmerz tief in den Bauch ein und langsam wieder aus. Eigentlich tat ihr alles so sehr weh, dass dieser Schmerz ihren ganzen Körper in eine Betäubungswolke hüllte. Aber das Seitenstechen spielte in einer ganz anderen Liga. Es fraß sich regelrecht durch die Wolke und verpasste Elli einen weiteren Hieb der Mahnung daran, dass sie künftig erst überlegen, dann reden sollte.


Nach einer ausgiebigen Dusche fühlte sie sich etwas besser. Müde und vollkommen erschöpft, aber auch zufrieden. Einerseits hatte sie Leon mit ihrem Kampfgeist allem Anschein nach überrascht, andererseits war sie dermaßen über ihre Grenzen hinausgeschossen, dass sich in Elli ein gewisser Stolz auf ihre Leistung breitmachte. Sie warf einen prüfenden Blick in den Kühlschrank, als Leon sich von hinten an sie anschmiegte. »Das hast du gut gemacht«, raunte er in ihr Ohr.

»Ich weiß«, antwortete Elli selbstbewusst.

»Du würdest mich zum glücklichsten Mann der Welt machen, wenn du hier einziehen würdest«, flüsterte er.

Elli löste sich aus seinem Griff, schloss die Kühlschranktür und drehte sich zu Leon um. Sie legte ihre Arme auf seine Schultern und sah ihm in die Augen. »Du weißt, dass das nicht geht.«

»Und du weißt, dass das nicht stimmt«, setzte er dagegen.

»Knoppers würde hier alles markieren und dafür ist mir deine Wohnung zu schade«, schob sie vor. Eigentlich lag ihre Weigerung viel tiefer. Ihre eigene Wohnung erschien Elli wie ein Rettungsboot, falls das mit Leon schief gehen sollte. Noch immer konnte sie nicht glauben, dass sie ihr Glück nicht träumte. Manchmal dachte sie darüber nach, ob sie vielleicht verunglückt war und die ganze Zeit über im Koma lag. Vielleicht fand das alles auf diese Weise nur in ihrem Kopf statt, während Maschinen sie am Leben hielten. Und wenn nicht – wenn das also wirklich die Realität war, rechnete sie jeden Tag mit einem harten Aufprall. In diesem Fall wollte sie nicht ohne Dach über dem Kopf dastehen, wenn dieser schöne Traum endete.

»Du weißt, dass mich das nicht interessiert. Solange ich neben dir aufwache, ist mir alles andere egal.«

»Das tust du doch. Entweder bei dir oder bei mir. Nenne mir einen Morgen, seit wir zusammen sind, an dem das anders war«, rief sie ihm ins Gedächtnis.

Er nickte, aber in seinem Gesicht konnte Elli genau erkennen, dass ihm das nicht genügte. Deshalb legte sie nach: »Sei nicht sauer auf mich. Vielleicht brauche ich nur noch ein bisschen Zeit. Weißt du, für mich ist das alles ganz neu. Ich habe schon immer alleine gelebt.«

Ihre Worte entlockten ihm ein Schmunzeln. »Wie könnte ich auf dich sauer sein?«

Elli legte rasch einen Kuss auf seine Lippen, um das Thema zu beenden. Sie wollte sich nicht in Diskussionen verstricken lassen, denn am Ende würde sie vielleicht Zusagen machen, hinter denen sie nicht hundertprozentig stand.

 
Am Nachmittag stöberte Elli auf den Seiten von Reisebüros, während Peanut ihre Knöchel umschmeichelte. Sie neigte sich zur Seite und hob den kuschelweichen Kater auf den Schoß. Schnurrend genoss das Tier die Schmuseeinheiten, während sie in Gedanken bereits mit Leon am Strand lag. Er hatte ihr zwar gesagt, dass er für sie beide eine Reise gebucht hatte, aber nicht verraten, wohin es gehen sollte. Der einzige Tipp, den er ihr gegeben hatte, war, dass sie bald am Strand liegen, Cocktails schlürfen und die Sonne genießen würden.

»Ah, du recherchierst«, ertönte Leons Stimme hinter ihr.

»Du willst mir ja nichts verraten«, antwortete Elli und drehte sich auf dem Stuhl zu ihm um. »Findest du nicht, dass ich wissen sollte, wohin du mich entführst?«

Er grinste. »Entführt werden willst du also?«

»Was? Nein! So meinte ich das doch gar nicht.«

»Du hast gar keine Wahl.« Er kam mit einem breiten Grinsen auf sie zu. »Zieh dich an, wir machen einen kleinen Ausflug.«

»Und wohin?«, wollte sie wissen, um passende Garderobe zu wählen.

Leon nahm ihre Hand und zog sie zu sich hinauf. Elli konnte in seinem Blick sehen, dass er etwas verheimlichte. Eine Überraschung? Eigentlich mochte sie ja gar keine Überraschungen und fühlte ihm deshalb auf den Zahn: »Ich meine ja nur, weil es wirklich blöd wäre, in Jogginghose fein essen, oder in Stilettos wandern zu gehen.«

»Seit wann geben Entführer ihren Zielort preis?«

»Das soll hier also eine Entführung werden?«, fragte sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen und schmiegte sich an seinen Körper. »Vielleicht will ich aber nicht entführt werden.«

Er stutzte und sah sie mit einer hochgezogenen Braue an. »Sei dir mal da nicht so sicher.« Leons Blick wanderte zu seiner Armbanduhr. »Verdammt! Wir müssen uns ranhalten. Obwohl ich dich am liebsten an Ort und Stelle vernaschen würde. Aber dann kommen wir zu spät.« Er ließ sie einfach stehen und widmete sich seinem Handy.

»Hallo?« Dass sie aus ihm nichts weiter herausquetschen konnte, war klar. Das bedeutete, dass sie ihren Wissensdurst nur stillen konnte, wenn sie sich brav fügte und sich von Leon kidnappen ließ. Trotzdem wusste sie noch immer nicht, was sie anziehen sollte. »Stilettos oder Sneaker?«, rief sie laut, denn Leon hatte das Arbeitszimmer bereits verlassen.

»Wetterfest«, dröhnte es aus dem Schlafzimmer.

Wetterfeste Kleidung im Juli konnte nur bedeuten, dass Leon etwas Ausgefallenes mit ihr unternehmen wollte. Etwas wie Segeln oder Bungeeseilspringen – bei Letzterem wurde Elli ganz anders. »Ich muss aber nicht um mein Leben fürchten, oder?«

»Hast du was gesagt?«, tönte es nun aus dem Badezimmer.

Er hatte sie ganz genau verstanden, das wusste Elli – das konnte sie an seinem trällernden Tonfall erkennen. Da sie zwischen den beiden Wohnungen pendelte, hatte sie einige ihrer Kleidungsstücke bei Leon untergebracht. Doch der Blick in den Schrank war ziemlich ernüchternd. Das Einzige, das man als einigermaßen wetterfest bezeichnen konnte, waren ihre Jeans – und von denen lag eine ganze Sammlung im Schrank. Schwarz in allen Nuancen. Zumindest hatte sie schon ein Beinkleid – das zog sie an und schlüpfte in einen von Leons hellgrauen Sweatern. Sollte es regnen, wären die Klamotten im Nu durchgeweicht. Aufmerksam durchstöberte Elli den Schrank nach ihrer Windjacke, bis ihr einfiel, dass sie die Jacke schon vor ein paar Tagen in ihrer Wohnung gelassen hatte, weil das Wetter recht stabil war. Und die Schuhe? Weiße Sneaker – sollte sie durch Matsch laufen müssen, wären sie im Nu versaut.

»Wir müssen bei mir vorbeifahren«, antwortete Elenora. »Ich brauche meine Windjacke und die Trekkingschuhe.«

»Nicht so schlimm. Im Schrank hängt noch eine Regenjacke von Karin. Die kannst du nehmen. Welche Schuhe hast du denn hier?« Seiner Stimme nach zu urteilen, musste er sehr nah sein, also drehte sich Elli um und entdeckte ihn am Türrahmen lehnend und sie von oben bis unten musternd. »Mein Pulli steht dir«, proklamierte er mit einem Lächeln.

Elli richtete ihren Zeigefinger auf die Schuhe und verzog das Gesicht. »Sag mir bitte nur, ob die Treter was abbekommen, wenn ich die anlasse.«

»Lass sie an. Zur Not trage ich dich über gefährliche Stellen«, erklärte er, zog sie mit den Augen aus und hielt inne. »Aber jetzt müssen wir wirklich los.«

Kapitel 2 - Überraschung

 


Elli schlüpfte in Karins rote Jacke, verstaute Schüssel und Handy in den geräumigen Taschen und atmete tief durch. Auf dem Weg zum Auto wurde ihr warm, denn die Sonne strahlte am wolkenlosen Himmel. Sie fragte sich, warum sie wie ein Eskimo bei diesen Temperaturen herumlaufen sollte. Also zog sie die Jacke wieder aus und legte sie über den Arm. »Wir fliegen nicht nach Sibirien, oder?«

Darauf antwortete Leon mit einem Lachen und stieg ein. Sie verstaute die Jacke im Kofferraum und gesellte sich zu Leon in den Wagen. Er neigte sich zu ihr herüber und raunte in ihr Ohr: »Ich muss dir leider die Augen verbinden.«

Die Berührung ihrer Wange durch seine entfachte ein Kribbeln in Ellis Bauch.

»Okay«, hauchte sie und hoffte auf einen Kuss.

Stattdessen hob er ein schwarzes Seidentuch zu ihren Augen und verknotete es sanft am Hinterkopf. Ellis Fantasie ging mit ihr durch. Sie stellte sich vor, dass seine Hände über ihre Brüste hinunter zum Schoß glitten – sie überall berührten, elektrisierten und an den Rand des Wahnsinns drängten. Sie spürte, wie ihr Herzschlag beschleunigte und der Rhythmus ihrer Atmung aus dem Takt geriet.

»Geht es dir gut?«, fragte Leon.

Schlagartig glitt sie aus ihrer Fantasiewelt und landete hart in der Realität. Nein, er würde sie wohl nicht mitten auf dem Parkplatz bei helllichtem Tag im Auto verführen.

»Ja, alles okay.«

Das Auto setzte sich in Bewegung. Sie öffnete das Fenster ein wenig und versuchte, anhand der Geräusche zu ergründen, in welche Richtung sie unterwegs waren. Vögel zwitscherten und der Wind rauschte in den Baumkronen, entlockte ihnen ein kollektives Wispern, das sich im Brummen des Motors verlor.

»Entspann dich, wir sind gleich da.« Trotz seines liebevollen Tonfalls fühlte sie sich unbehaglich.

Elli hasste es, keine Kontrolle über die Geschehnisse zu haben. »Na, du bist lustig. Wie soll ich mich denn entspannen?«, erwiderte Elenora. »Du machst ein Staatsgeheimnis daraus, wo es hingeht. Lass mich doch bitte das Tuch abnehmen, ja?«

Leon aber ließ sich nicht erweichen. »Auf keinen Fall. Dann wäre die Überraschung dahin.«

In der Hoffnung, dass der seidige Stoff ein wenig verrutschen würde, rümpfte Elli die Nase.

»Vertraue mir doch einfach«, forderte Leon, was Elli noch nervöser machte. Er wusste, dass das nicht gerade ihre Stärke war.

Mit einem Mal fiel ihr auf, dass die Geräusche der Stadt verblasst waren. Wie es schien, befanden sie sich auf einer Landstraße. Vielleicht entführte er sie in den Wald zum botanischen Stelldichein. Dieser Gedanke gefiel Elli. Das würde auch die wetterfeste Kleidung erklären – im Herbst. Aber es war nicht Herbst, es war ja noch nicht einmal richtiger Sommer. Juli – ein frischer Juli, aber nicht kalt. Ein mitunter regendurchzogener Monat, aber nicht heute. Heute gab es keine Spur von Regen oder Wind – heute war ein perfekter Tag für den Strand. Die wetterfeste Kleidung könnte aber auch eine Ablenkung sein, damit sie nicht sofort erriet, wohin er sie entführte. Der herbe Duft von Nadelbäumen vermischte sich mit dem von feuchter Erde.

»Ich weiß, was du vorhast«, verkündete sie.

»Da bin ich aber gespannt.«

Elenora hörte eine Spur Sarkasmus in seinem Tonfall mitschwingen.

»Du willst in den Wald und mich da ...« Wie sollte sie es nur verpacken, damit er sie nicht damit aufzog, sollte sie sich irren.

»Was willst du denn im Wald?«, fragte er und räumte ihr nicht die Möglichkeit ein, zu antworten, sondern fuhr sogleich fort: »Sag nichts. Ich weiß, was du willst.« Er legte eine Pause ein, in der sich Elenora wünschte, diesen Gedanken nie ausgesprochen zu haben. Sie hatte sich geirrt, das war sonnenklar.

»Du willst, dass ich dich zwischen zwei Bäumen fessle, sodass du dich nicht wehren kannst, wenn ich dir die Kleider vom Leib reiße. Vielleicht berühre ich deine Nippel zart mit meinen Fingern und fahre sanft deinen Bauch entlang, bis ...«, er hielt inne. »War das nicht das, was du wolltest? Mit mir allein im Wald? Weit und breit kein Mensch, der uns beobachten könnte – oder vielleicht doch? Aber macht es das nicht umso interessanter?«

»Und? Ist das unser Ziel?«, fragte sie voller Vorfreude und wurde ihrer Hoffnung beraubt, als er antwortete: »Heute nicht.«

Eine Weile schwieg Elli und drängte die Aufregung zurück. Doch lange hielt sie es nicht aus, denn mit seiner kleinen Einlage hatte Leon Lust in ihr entfacht, die sich mehr und mehr Raum verschaffte. Elli spürte, wie ein zartes Vibrieren ihren Unterleib erfasste. Wenn sie noch lange warten müsste, würde sie von der Begierde überrollt werden und sich über Leon hermachen. An Ort und Stelle! »Sind wir bald da?«, erkundigte sie sich.

»Willst du denn, dass wir bald da sind?«

»Leon, das ist gemein. Ich ... du ... ich meine, was du vorhin gesagt hast ... vielleicht sollten wir einen kleinen Zwischenstopp einlegen. Du weißt schon ...«

Ihre Worte schienen ihn zu belustigen, denn er lachte laut. »Also wirklich.«

Sie war sich nicht sicher, ob er sie auslachte. »Was ist denn so lustig daran?«

»Bist du etwa erregt?«

War er etwa blind? Elli rutschte auf dem Sitz hin und her, war vollkommen in eine Hormonwolke gehüllt und er fragte, ob sie erregt war? »Und wenn ich es wäre?« Würde er dann Abhilfe schaffen?

»Du bist so niedlich, wenn du dich aufregst«, sagte Leon, dabei war ihr gar nicht bewusst, dass sie sich aufgeregt hatte – bis auf die Tatsache, dass ihre Stimme eine oder zwei Oktaven höher gestiegen war.

»Leon bitte, du weißt, dass ich keine Überraschungen mag«, setzte sie nach, in der Hoffnung, er würde einlenken und sie endlich aufklären.

Wenige Augenblicke darauf spürte sie, dass der Wagen tatsächlich langsamer wurde und zum Stehen kam. Ja, sie hätte sich die Augenbinde einfach hinunterreißen können, tat es aber nicht. Dann hätte sie ihm die Überraschung verdorben, sie zu überraschen.

Leon stieg aus. Die Beifahrertür wurde geöffnet und seine Stimme ertönte: »Wir sind da.«

Sie ertastete seine Hand und ließ sich aus dem Auto helfen. Unter ihren Füßen knirschte Kies. Wo zum Geier waren sie nur? Ein plötzliches Rauschen erschreckte Elenora, sie fuhr zusammen.

»Okay. Ich will dich nicht länger auf die Folter spannen.«

Leon löste den Knoten ihrer Augenbinde. Das helle Licht blendete Elli, sie blinzelte und versuchte, etwas zu erkennen. Erneut setzte das laute und aggressive Rauschen ein, aber nur langsam zeichneten sich die Umrisse ab.

»Wo sind wir hier?«

»Zieh die bitte an«, sagte er und reichte ihr die Jacke.

Sie hätte ihm jetzt Löcher in den Bauch fragen können, tat sie aber nicht und schlüpfte wortlos hinein.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Cecilia Cennett
Bildmaterialien: pixabay.com
Cover: Dana Müller
Lektorat: Wortschatz-B-A
Korrektorat: R.Schwartz, M. Schoppenhorst, A. Müller
Satz: Dana Müller
Tag der Veröffentlichung: 05.02.2023
ISBN: 978-3-7554-3164-0

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Nicci, ohne die Elenoras Geschichte nie zu Ende erzählt worden wäre. Cecilia Bennett

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