Der Nachbar
Als ich das Waisenhaus verließ drehte ich mich nicht um. An diesem Ort hatte ich die schlimmsten 16 Jahre meines Lebens verbracht. Ich zog mit meiner besten Freundin Nika in eine WG. Sie hatte lange blonde Haare und leuchtend blaue Augen. Sie war unbeschreiblich hübsch und bei uns auf der alten Schule unglaublich beliebt. Ich dagegen war unscheinbar braune lange locken und große grüne Augen die das leuchten verlernt hatten. Mama Odie hatte mich vor 16 Jahren vor ihrem Haus gefunden. Ich stieg in die Bahn und fuhr in Richtung Stadtmitte. Als ich das Haus erreichte wo ich in Zukunft leben sollte hüpfte mein Herz. Nika stand schon wartend vor dem Haus. „Hey Maus“, sagte sie und nahm mich in ihre Arme. „Und wie ist die Wohnung?“, fragte ich. Ich kannte Nika, sie hätte nicht eine Minute auf mich warten können. „Unglaublich! 3 Zimmer! Einfach WoW! Und der Nachbar… HoT!“, schwärmte sie schon los. „Ok ich guck mir mal die Wohnung an“, sagte ich und machte die Haustür auf. Ich drückte den Knopf des Aufzuges. Als sich die Tür öffnete stand ein umwerfender Junge vor mir. „Na hübsches Mädchen. Wie es scheint sind wir heute gleichzeitig hierher gezogen“, sagte er. „Schön“, murmelte ich und lief an ihm vorbei in den Aufzug. Wie ein begossener Pudel stand er da. Als sich die Aufzugstüren geschlossen hatten fing ich an zu kichern. Er war wohl nicht gewohnt nicht beachtet zu werden. Kichernd schloss ich die Wohnungstür auf. Die Zimmer waren schon eingerichtet nicht besonders aber gemütlich. Als ich mir alle Zimmer angeschaut hatte, hörte ich wie jemand Klavier spielte. Ich ging in mein Zimmer. Hier war es lauter. Irgendwoher kannte ich das Klavierstück, als hätte man mir es als Kind immer vorgespielt. Das war unmöglich, kurz nach meiner Geburt war ich direkt ausgesetzt worden und Mama Odie konnte kein Instrument spielen. Zu dieser Melodie Viel mir ein Lied ein und fing an zu singen. Ich merkte noch nicht einmal das Nika in der Tür stand und mir zuhörte. Als ich zuende gesungen hatte, klatschte Nika. „Du hast so eine schöne Stimme. Aber welche Sprache war das?“, sagte Nika. Ich zuckte nur die Achseln. Was war das? Was hat mich da geritten? Als ich auf meine Uhr schaute. Scheiße ich musste zur Arbeit. Ich hatte einen Job als Aushilfe in einem Café.
Am nächsten Tag stand ich recht früh auf. Heute war der erste Schultag an meiner neuen Schule. Nika war ein Jahr älter also waren wir nicht in einer Klasse. Es wäre schön jemanden schon zu kennen. Nika saß schon in der Küche und hielt eine Tasse Kaffee in der Hand. „Ich hab dir auch schon einen gemacht“, nuschelte sie. „Danke“, grummelte ich. Wenn ich morgens meine Tasse Kaffee nicht bekam war ich unausstehlich. Als die Tasse mit meinem Kaffee leer war, schleppte ich mich unter die Dusche und zog mich an. New York war ja schön und gut aber für meinen Geschmack zu hecktisch. Nika und ich stiegen grade in den Bus als dieser Junge vom Aufzug in den Bus sprang. „Ach hallo, die neuen Nachbarn. Ich bin Mika“, sagte er und hielt mir die Hand hin. Boa war der nervig. Ich beachtete die ausgestreckte Hand nicht und drehte mich weg. Verdattert schaute er mich an. „Mach dir nichts draus. Sie ist nicht sehr kontaktfreudig“, flüsterte meine beste Freundin ihm zu. Er nickte und schaute mich nicht mehr an. Es war ja nicht so, dass er schlecht aussah, nein er sah richtig gut aus, doch er hatte eine Anziehungskraft auf mich, die mir unheimlich war. Außerdem hatte Nika schon ein Auge auf ihn geworfen, das sah ich ihr sofort an. Mika ging auch auf unsere Schule. Und als wir ans Sekretariat kamen, kam heraus, dass er auch noch in meine Klasse ging. Die Mädchen liebten ihn anscheinend, denn als wir unseren Klassenraum betraten fingen sie an zu kichern. Auch die Jungen schauten mir sabbernd hinterher. Schwanzgesteuerte Kleihirne. „Das sind eure neuen Mitschüler“, sagte die Lehrerin. „Ich bin Mika Derulo“, sagte Mika. „Ich bin Jelana“, murmelte ich und setze mich. Na zum Glück saß ich nicht neben Mika, sonst hätte ich mich nicht auf den Unterricht konzentrieren können. Alle Mädchen sahen ihn an, nur ich ignorierte ihn stur. Endlich klingelte es zur Pause. Ich packte schnell meine Sachen zusammen und stapfte aus dem Klassenraum. Als ich die Cafeteria betrat würde es still. Was war denn hier los? Als ich mich umsah, merkte ich wie mir jemand den Arm um die Schulter legte, als ich einen Seitenblick riskierte sah ich, dass es Mika war. Was hatte er vor? Alle Blicke waren auf uns geheftet. Plötzlich fingen alle an zu flüstern. „Schau mal das sind doch die Neuen“, sagte jemand, „Ich habe noch nie ein Pärchen gesehen, das so gut aussieht“. Ich ignorierte das Geflüster und legte sachte Mika’s Arm weg. Ich redete mit niemand und bezahlte mein Essen. Es brachte nichts sich gegen Gerüchte zu wehren. Als ich Nika sah kam sie direkt auf mich zu. „Jelana, du bist Gesprächsthema Nummer 1. Wie hast du das angestellt?“, fragte sie und musterte mich. Ich zuckte mit den Achseln. Ich konnte ihr schlecht sagen, dass das Gerücht bestand, das ich mit ihrem Schwarm was hatte. Als die Schulglocken zur Erlösung klingelten, seufzte ich erleichtert auf. Mika wartete auf mich. Komisch alle dachten ich wäre mit diesem Typen zusammen, doch hatte erst ein Wort mit ihm gewechselt. Ohne ein Wort ging ich an Mika vorbei. Doch dieser griff nach meinem Arm. „Was…?“, murmelte ich erstaunt. Ein paar Minuten später standen wir immer noch so da… „Was soll das? Kannst du mich bitte los lassen?“, sagte ich und schaute in seine braunen Augen. „Ich habe 2000 Jahre nach dir gesucht“, sagte er und zog mich in seine Arme. „Dann haste aber sehr viel Geduld“, sagte ich und versuchte mich aus seiner Umarmung zu befreien. Vergebens. „Artemis“, flüsterte Mika und ließ mich los. „Tut mir leid ich weiß auch was mich geritten hat“, sagte er rauschte aus dem Klassenfenster. Nika stand im Eingang und wartete auf mich. „Wieso brauchst du solange?“, motzte sie und musterte mich. „Wurde aufgehalten“, murmelte ich und dachte über das Geschehene nach. Ich würde direkt nachschauen war „Artemis“ war oder wer. Als wir an die Bushaltestelle kamen stand dort auch Mika. Ich ignorierte ihn und wandte mich wieder meinem Gedankengang hin. Aus den Augenwinkeln merkte ich wie er mich nervös anschaute, als ob ich gleich raus brüllen würde was vorhin im Klassenzimmer passiert war. Als ich jedoch nix sagte, seufzte er erleichtert. Ich grinste innerlich.
Der Musikclub
Am Nächsten Tag wachte ich wieder recht früh aufgestanden. Ich machte mir eine Tasse Kaffee und setze mich vor meinen Laptop. In Goggle.de gab ich als Suchwort „Artemis“ ein. Eine Griechische Göttin? Wieso hatte er das gesagt? Auch egal. Als ich auf die Uhr schaute erschrak ich. Es war schon recht spät und ich zog mir schnell eine Jeans an und einen Pulli an. Dann schüttelte ich meine Haare kurz und stellte meine Tasse in die Küche. Ich würde sie später wegräumen. Nika lag noch im Bett, denn sie hatte eine Stunde später Schule als ich. Beneidenswert, dachte ich und ging aus der Tür. Mika kam grade aus seiner Haustür als ich die Tür schloss. „Morgen Jelana, lass doch zusammen zur Schule gehen“, sagte er grinsend. Ich nickte. „Warum nicht“, murmelte ich und wickelte meinen Schal um meinen Hals. Wir redeten den ganzen Weg nicht. Als wir ankamen, ging schon das Geflüster los. Ich rollte mit den Augen. Genau das, hasste ich an der High School. Plötzlich kam ein Junge auf mich zu. „Hey du bist doch die Neue oder...? Ist das dein Freund“, sagte er und deutete auf Mika. „Meinste den da?“, fragte ich und sah zu Mika. Als er nickte, konnte ich mir kein Lächeln verkneifen. „Schätzchen, lieber wäre ich tot“, sagte ich ohne jegliche Gefühle. Innerlich lachte ich mich schlapp. Der mein Freund? Der hatte Nerven. „Hey Jelana“, hörte ich und drehte mich um. Mika stand mitten in einer Schar Mädchen. „Okay Ladies, auch der liebe Mika muss zum Unterricht“, sagte ich und klatschte in die Hände. „Du hast nichts zu sagen“, fauchte ein blondes Mädchen und sah mich finster an. Was hatte die denn? War die auch Mika verfallen, doch sie warf ihn nur einen kalten blick zu und ging dann in das Gebäude. Wohl eher nicht. „Mayline“, knurrte Mika, „Dann ist er wohl auch hier“. Ich blickte ihn verwundert an. Er kannte sie? „Komm der Unterricht fängt an“, sagte ein andere Junge zu mir, ich sah ihn an und nickte. Zusammen mit anderen Schülern betrat ich meine klasse. Wir hatten eine Freistunde und ich sah mich ein wenig in der Schule um. Nach kurzer Zeit fand ich einen Raum mit einem riesigen Flügel. Ich ging hinein und setzte mich ans Fenster. Draußen fiel Schnee und manche Schüler, wahrscheinlich jüngere, machten eine Schneeballschlacht. Ich musste Lächeln, die Schule grenzte direkt an einem Wald. Plötzlich überkam mich der Drang zu singen, einfach so. Als ich aufgehört hatte hörte wie jemand motze „Drängelt doch nicht so“. Ich sah zur Tür. Eine Traube Jungs hatte sich dort gebildet. Ich sah sie an ohne auch nur die Miene zu verziehen. „Ich mag es nicht belauscht zu werden“, sagte ich kalt und ging einfach an den Jungs vorbei ohne sie auch nur ein Blick zu widmen. „Jelana“, hörte ich hinter mir. Ich drehte mich um und eine Nika, die ganz außer Atem war stand neben mir. „Wieso rennst du denn so“, keuchte sie und sah mich sauer an. „Wegen denen da“, sagte ich und deutete auf eine Gruppe Jungen, die mir die ganze Stunde hinterher gerannt war. „Ach so“, seufzte Nika und drehte sich zu den Jungs um. „Ok Jungs. Wenn ihr Jelana nicht in Ruhe lässt, werdet ihr eine unangenehme Zeit auf dieser Schule haben“, sagte sie und setze eine Lächeln auf. Sofort drehten sie sich weg. Aber nicht wegen Nika, denn nach kurzem hörte ich eine Bekannte Stimme sagen: „Nika hat recht! Haut ab Jungs!“ Es war Mika. Er stand grinsend vor uns. Nika lief leicht rosa an. „Hi“, murmelte sie und sah ihn verlegen an. Ich ging stumm an ihm vorbei. „Ein danke wäre angebracht“, flüsterte er als ich an ihm vorbei lief. „War nicht nötig“, sagte ich und ging weiter ohne mich umzudrehen. „Ist sie immer so?“, sagte Mika zu Nika. Sie antwortete: „Ist ihre Art danke zu sagen“ und zuckte die Achseln. Als ich grade mein Klassenzimmer erreichte packte mich jemand am Arm. „Hey Neue!“, sagte der Junge. Um Himmelswillen der sah verdammt gut aus. Ich starrte ihn an, dann auf meinen Arm, den er sofort losließ. „‘Tschuldigung“, murmelte er. „Was ist?“, fragte ich und musterte ihn. Er kam mir irgendwie bekannt vor. „Willst du dem Musikclub beitreten?“, sagte er. Wenigstens redete er nicht um den heißen Brei. „Wieso?“, sagte ich. „Du hast so eine schöne Stimme. Außerdem hast du so viel Gefühl in das Lied gebracht“, sagte er achselzuckend. „Mal sehen“, entgegnete ich und ging in meine Klasse. „Sverre, wir kommen noch zu spät“, hörte ich die anderen Jungs reden. Musikclub klang gar nicht mal so schlecht.
Tag der Veröffentlichung: 25.01.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
für meinen Engel Jill, die beste Freundin die man sich vorstellen kann