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„Duocarns – David & Tervenarius“ von Pat McCraw
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Das Buch "Duocarns – David & Tervenarius" gibt es als E-Book und Taschenbuch bei Amazon
ISBN 9783943764420 - 240 Seiten
Die Vorgeschichte: David lernt den unsterblichen, duonalischen Krieger Tervenarius kennen und lieben. Tervenarius ist der Herr der Pilze. David folgt ihm auf seinen Heimatplaneten Duonalia. Dort geht er durch das Sternentor, um an Tervs Seiten ewig leben zu können. Die Szene beginnt, nachdem David verwandelt ist.
»Kannst du bis zum Hafen laufen?« Tervs besorgtes Gesicht lag im Zwielicht der Mondschatten, die sich allmählich vom Tor entfernten, und dem sanften Licht der duonalischen Sonne Platz machten. Es kam David vor, als hätten Zeit, Raum und Elemente für die Dauer seiner Verwandlung den Atem angehalten und selbst der sonst ununterbrochen wehende Wind während der Zeremonie innegehalten. Terv hielt ihn weiterhin fest um die Mitte gepackt, denn David stand nach wie vor etwas wackelig auf den Steinstufen vor dem Sternentor.
Die Duocarns verabschiedeten sich mit einem Lächeln, Meodern klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Die Männer machten sich auf dem Weg zum Hafen, um auf den östlichen Mond zurückzukehren und das Treffen mit den Bacani-Führern vorzubereiten.
»Es geht mir gut, Terv.« Und das stimmte sogar. Er fühlte sich benommen, etwas müde und hätte sich gerne hingelegt. Der Schritt in die Unsterblichkeit war weniger heftig gewesen, als er angenommen hatte. Das erstaunte ihn, denn was hatte Patallia gesagt? »Mercuran hat nun Quecksilber in den Adern.« Er hob seine Hände und drehte sie. Konnte das sein? Ja, seine Haut war nun weiß und besaß einen schwachen metallischen Glanz. Es fehlte die leicht rötliche Durchblutung. Nach menschlichem Ermessen hätte er nun tot sein müssen.
Solutosan hatte ihm einen neuen Namen gegeben: Mercuran. Gefiel ihm das? Ja, denn es passte zu seiner Veränderung. Mercuran, der Quecksilbermann. Wieso fühlte er sich immer noch wie David?
»Wie sehe ich aus, Terv? Wie ein Android?«
Tervenarius musterte ihn von oben bis unten. »Du meinst diesen Data aus der Sci-Fi Serie?« David nickte. »Nein, du siehst wunderschön aus. Bleich, aber phantastisch.« Terv zog ihn näher zu sich heran, berührte mit den Lippen seine Stirn. »Ich wünschte, ich müsste nicht fort. Ich habe aber noch einen Auftrag. Deshalb möchte ich dich jetzt gern in die Karateschule bringen.«
»Das ist okay.« David trat vorsichtig tastend auf die nächste Treppenstufe. Sein Körper fühlte sich ungewohnt schwer an, er war jedoch fähig, ihn zu beherrschen. Von Terv vorsorglich gestützt, schritt er die Stufen hinab und lief zum Hafen, setzte bewusst einen Fuß vor den anderen. Dort ließ er sich auf die Kaimauer fallen.
»Du machst das sehr gut«, lobte Terv ihn.
Noch war kein Windschiff in Sicht und sie mussten warten. Tervenarius schob sich eng heben ihn, nahm Davids Hand und betrachtete sie. Interessiert einatmend hob er sie zum Mund, doch David entzog sie ihm. Er mochte nicht am Hafen sitzend beschnuppert werden. Ihm war klar, dass er nun für Tervenarius neu roch, aber zunächst wollte er selbst einmal mit sich klarkommen.
»Wo willst du denn hin?«, fragte er, um die Ablehnung zu überspielen.
Tervenarius reagierte gelassen. »Ich habe den Auftrag, Ulquiorra ins Silentium zu begleiten, um Marschall Folderan unsere Aufforderung zu dem Treffen zu bringen. Natürlich nicht nur ihm, sondern auch den Bacani-Führern.«
»Kennst du den Marschall?«
»Nein, nicht persönlich. Aber Ulquiorra kennt ihn. Soweit ich weiß, hatte Folderan ihm damals sogar den Auftrag gegeben, die Forschung mit der Anomalie voranzutreiben, um die Duocarns zurückzuholen.«
»Was? Ich denke, der ist nur die vorgeschobene Puppe der Bacanis?«
»Ja, inzwischen hat sich die Lage geändert. Ulquiorra hatte vor der Zeit der bacanischen Machtübernahme mit ihm zu tun. Heute würde niemand solche Forschungen unterstützen. Die Bacanis sind froh, dass wir verschollen sind.«
»Verschollen waren, Terv.«
»Ja. Mein Erscheinen im Silentium wird die Bacanis darauf vorbereiten, dass wir erneut im Spiel sind.«
»Ist das nicht gefährlich?« Warum musste Terv schon wieder so einen Job machen?
»Nein, denn wir sprechen ja nur mit Folderan. Er ist ein entmachteter Politiker, nichts weiter.«
Beide blickten brütend vor sich hin.
Das Windschiff warf seinen riesigen Schatten auf die Kaimauer. Aus den Gedanken gerissen, fuhren Terv und er hoch.
»Komm, David. Lass uns fahren. Du solltest dich baldmöglichst ausruhen.«
»Heiße ich jetzt nicht Mercuran?«
Terv lächelte und half ihm bei dem Schritt auf das Deck. »Mag sein, dass du nun im Kreis der Duocarns so heißt, aber für mich wirst du immer David sein.« Besitzergreifend drückte Tervenarius ihn mit dem Rücken an die Reling, während das Schiff fast unmerklich ablegte und losschwebte. »David, mein Geliebter und mein Eigentum«, flüsterte er mit samtweicher Stimme in sein Ohr. Ein Satz, der David eine erregende Hitze in den Unterleib schießen ließ.
Terv blickte sich auf dem Windschiff um. Sie waren allein an Deck. Durch den Stoff seines Gewandes legte er die Hand auf Davids Geschlecht. Er lächelte verschmitzt. »Wunderbar, das funktioniert auch schon wieder.«
Empört schnappte David nach Luft und rückte ein Stückchen von ihm ab. »Du bist unmöglich, Terv.« Aber dann musste er lachen. Er lachte und lachte, glücklich und erleichtert. Er hatte es geschafft.
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David krachte wie ein nasser Sandsack auf das Bett in ihrem Zimmer in der alten Donafabrik. Der Weg vom westlichen Mond war doch anstrengender gewesen, als gedacht. Nachdem Terv sich mit einem zarten Kuss verabschiedet hatte, blickte sich David suchend im Raum um. Gab es denn nicht irgendwo eine spiegelnde Fläche, in der er sich betrachten konnte?
Maureen! Die besaß doch garantiert einen Spiegel. Also hieß es wieder aufstehen. In Gedanken hörte er Tervs Stimme: »David, hat das nicht Zeit bis später? Du solltest dich jetzt ausruhen, um dich an deinen neuen Leib zu gewöhnen.«
»Nein, Schatz, ich will wissen, wie ich aussehe«, sagte David laut und schob sich mühsam aus dem Bett. Dabei wickelte sich das weite Gewand um seinen Körper. Das war lästig. Während er genervt daran zerrte, erhob er sich. Ein Fehler, denn er kippte sofort um und sank auf die Bettkante.
Hmm. Das musste er ihn Ruhe angehen. Aufstehen, Stoff vorsichtig drehen, ein paar Schritte bis zur Tür, aufmachen, den Flur entlang laufen, langsam bis zur Küche gehen, Küchentür aufdrücken und hineinspähen. Na also, das ging doch.
Die am Küchentisch sitzende Maureen und Halia neben ihr stießen einen einstimmigen Überraschungsschrei aus, als sie ihn erblickten. »David!« Maureen sprang auf und eilte auf ihn zu. »Du siehst aus, als würdest du gleich umfallen.« Sie packte ihn an den Oberarmen und hielt ihn auf Armeslänge vor sich. »Ohhh, meiiin Gott!« Bewundernd dehnte sie jedes Wort in die Länge. Sofort stand Halia neben ihr, die ihn ebenfalls betrachtete. »Bist du jetzt unsterblich?«, fragte sie.
»Ja, ich denke schon. Sehe ich so schlimm aus? Bitte, hat jemand einen Spiegel?«
»Ich hole den aus Maureens Zimmer. Darf ich?« Mit hüpfenden Locken war Halia bereits zur Tür gerannt, warteten dort auf Maureens Okay.
»Ja, mach nur. Aber nicht fallen lassen!«
Halia rollte mit den Augen. »Ich bin doch kein Baby mehr!«
David ließ sich auf einen Küchenstuhl sinken. Er fühlte sich schlagskaputt. Er erwartete, ein Monster zu sehen. Ein unsterbliches Scheusal. Terv hatte sicher nur aus Höflichkeit nicht gesagt, wie scheiße er nun aussah.
Da kam Halia um die Ecke gerannt mit einem handtellergroßen Spiegelchen. Das drückte sie ihm in die Hand. Die Frauen traten zu ihm, gespannt auf seine Reaktion.
Weiß, sein Gesicht war bleich wie bei einem Vampir. Die Augen stachen daraus hervor wie ein metallisches, blaues Feuer – intensiv und stechend. Es waren gruselige Augen, die einen zu durchdringen schienen. So hatte er sich immer Gorgonenaugen vorgestellt. Die Menschen würden Angst vor ihm haben. Die vollen Lippen, blutleer und ebenfalls hell. Jedoch sein Gesicht in seiner Gesamtheit war ebenmäßig und schön. Das blauschwarze Haar umrahmte es und bildete einen starken Kontrast zu seiner Haut. Wie ein männliches Schneewittchen, dachte er. Wäre nur der Mund nicht so bleich. Aber da konnte man ja mit einem leichten Lipgloss nachhelfen.
»Mir gefällt es«, meinte er schließlich zu den Frauen. »Was denkt ihr?«
Den Finger auf den Mund gelegt und gekrauster Stirn blickte Halia ihn an. »Ich find’s schön«, sagte sie nach einem Moment und Maureen nickte. »So ein riesiger Unterschied zu vorher ist es eigentlich gar nicht. Du siehst aus, als hätte dich ein metallischer Wind angehaucht, denn alles an dir schimmert ein wenig silbrig.« Maureen lief prüfend um ihn herum. »Und wie fühlt sich das an, Unsterblichkeit?«
»Mein Körper ist unwirklich und schwer. Ich bin müde, aber doch irgendwie nicht. Vielleicht wird eine Dusche mir helfen.«
»Ja, das ist eine gute Idee. Wenn du willst, können wir Wasser warm machen und in den Waschzuber schütten für ein Bad.« Das war ein reizvolles Angebot, ihm stand jedoch wirklich der Sinn nach einem kalten, erfrischenden Wasserstrahl.
»Danke Maureen. Eine Dusche tut es auch.« Er lächelte freundlich und erhob sich. »Eine Abkühlung wird mich vielleicht in Schwung bringen.«
»Okay, kein Problem.«
»Ach so, Solutosan hat mich umgetauft. Ich heiße jetzt Mercuran.«
»Wow!« Halia staunte. »Das finde ich richtig klasse. David heißt ja jeder Dritte auf der Erde.« Sie plapperte weiter. »Ich hätte auch gern einen anderen Namen. Sag mal, Maureen ...«
David hörte Maureens Antwort nicht mehr, denn er war bereits auf dem Weg in den Hof zum Wasserbecken. Schwerfällig streifte er das rote Übergewand und das Dona-Gewand über den Kopf. Er blickte an sich hinunter. Er war ja nie ein Sonnenanbeter gewesen und mochte weiße Haut. Testweise bewegte er einen Unterschenkel – der schien ihm unverändert. Nun gut. Er legte den Hebel um und trat mit einem leisen »brrr« unter den kalten Strahl. Das war herrlich! Das Wasser platschte auf seinen Scheitel und die Schultern. Er strich sich über die Arme und ... Moment, was war das? Seine Hände waren voller Haare. Er rubbelte erneut über den Unterarm, die Behaarung löste sich von der Haut. Der Wasserstrahl spülte sie fort. Verdammt! War das ein gutes, oder ein schlechtes Zeichen? Das spärliche Brusthaar verschwand, die Achsel- und Schambehaarung rieb sich unter seinen Händen ab, die Beine sahen ohne die Härchen ungewohnt und weiß aus. Wenn er nicht gewusst hätte, dass es an seinem neuen Leib lag – ihm wäre die Idee gekommen, dass das Wasser mit Enthaarungscreme versetzt war. Eine absurde Vorstellung. Und sein Haupthaar? Angst schoss ihm heiß in die Glieder? Bitte keine Glatze! Er fuhr sich prüfend mit gespreizten Fingern durchs Haar, zupfte ein bisschen daran. Gott sei Dank! Die saßen fest.
Mit dem Gefühl nicht zu wissen, ob er lachen oder weinen soll, stieg er blank wie ein Baby aus dem Becken.
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Er hatte nicht damit gerechnet, doch noch einzuschlafen, da er sich aufgekratzt und leicht überdreht ins Bett gelegt hatte. David wachte erst auf, als Terv sich vorsichtig neben ihn schob und einen Arm um ihn schlang.
»Terv? Alles okay?«, murmelte er.
»Ja, wir haben die Sache geklärt. Schlaf ruhig weiter.«
David kuschelte sich an Tervenarius. Hm, der schien nackt zu sein. Wie angenehm. Sein Freund hatte sein Gesicht in Davids Halsbeuge gelegt und atmete seinen Geruch ein. Typisch, dachte er und lächelte wohlig.
Dieses Wohlbefinden wurde gestört. In seinem eingelullten Dämmerzustand nahm er wahr, wie Terv allmählich unruhig wurde, während seines kontrollierenden Schnupperns unter Spannung geriet. Mercuran fühlte sein hartes Glied im Rücken, seine Nase hinter dem Ohr, dann den Hals entlang. Das, was Terv wahrnahm, schien ihn in Aufregung zu versetzen. Gleichzeitig mit dem lauter werdenden Schnaufen, verstärkte sich der Griff seiner Hände an seiner Schulter und auf dem Hüftknochen.
»Was ist denn los?«
Tervenarius antwortete nicht, grunzte nur genüsslich, packte ihn fest und drehte ihn auf den Rücken. Unbeirrbar folgten Nase und Mund einer für Mercuran unbekannten Spur. Terv verharrte unter den Achseln, rutschte an seinem Leib hinab und blieb heftig einatmend zwischen seinen Beinen stehen, umklammerte seine Lenden, hart und wenig kontrolliert.
Da war er – aus heiterem Himmel: Einer der Momente, vor denen David sich insgeheim fürchtete. Der Augenblick, in dem sich Terv von einem höflichen und vermeintlich zivilisierten Mann in ein außerirdisches, unberechenbares Wesen verwandelte. Er sich in etwas formte, das David gänzlich fremd war und das sich von Sekunde zu Sekunde animalischer verhielt.
Terv geriet regelrecht in Rage. Er begann sein Geschlecht heftig zu bearbeiten, weiterhin schnaufend, biss er ihn sogar in die Haut der Hoden. Dieser Schmerz ließ Davids Leib schlagartig und angstvoll versteifen. Er wollte alarmiert hochfahren, der Gefahr entkommen, doch Terv hielt ihn eisern umfangen. Sein Freund war definitiv stärker als er selbst. Daran hatte die Verwandlung nichts geändert. Der lutschte völlig entfesselt an seinem Glied, die Hände arbeiteten sich zwischen seine Pobacken vor. Es war klar, wohin das führen würde.
»Nein!«
Terv hörte ihn nicht, versuchte seine Knie anzuwinkeln, um Zugang zu weiteren Intimitäten zu erhalten.
»Terv! Nein! Hör auf!«
David streckte die Beine und stemmte sich gegen ihn. »Hörst du nicht?«, schrie er verzweifelt.
Tervenarius hielt keuchend und schnaufend inne. »Ich ..., ich ... Was ist das?«
Hastig nutzte David seine Chance, um sich schnell zurückzuziehen. Terv war auf dem Weg gewesen, ihn zu vergewaltigen. Er entwich aus dem Bett, stand irritiert und erschüttert daneben.
»Nein, bleib hier, David.« Tervs Stimme klang schlagartig normal. »Entschuldige. Ich wollte dich nicht überrumpeln ... aber ...« Tervenarius strich sich verwirrt das Haar zurück. »Ihr Götter! Was war das? Das war sehr zwanghaft. Ich muss der Sache auf den Grund gehen. Bitte leg dich wieder hin. Hilf mir den Auslöser zu finden.«
Konnte er ihm nun trauen? David sah ihn forschend an. Seine Angst hatte sich gelegt. Terv saß im Bett, erwiderte den Blick mit klaren Augen. »Bitte.«
»Na gut.« Vorsichtig legte er sich hin, behielt größtmöglichen Abstand.
»Ich muss noch einmal an dir riechen, okay? Ich bin auch ganz behutsam. Nur schnuppern. Ich fasse dich nicht an.«
David nickte. Er war verändert und sie wussten nicht in welcher Weise. Sie mussten dem auf den Grund gehen.
Terv begann erneut, seinen Duft aufzunehmen, hielt aber die Nase nur kurz an die Halsbeuge. Ein Grinsen machte sich auf seinem angespannten Gesicht breit. »Ich fass es nicht.« Er beugte sich abermals zu seinem Hals und atmete tief ein. »Nun schau dir das an.« Er deutete auf sein eigenes Glied. David erstarrte. Es war prall geschwollen und zeigte den Grad höchster Erregung.
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
»Du duftest, David.« Er lächelte, drückte seinen Penis mit dem Handballen nach unten, um dessen Enthusiasmus zu bremsen.
»Das Sternentor hat dich mit einem Pheromon versehen, das bei mir sämtliche vernünftigen Lichter ausgehen und im gleichen Augenblick eine unbändige Triebhaftigkeit auferstehen lässt. Es hat dich zu einer Sirene gemacht – auf mich persönlich zugeschnitten. So etwas Geiles haben ich noch nie gerochen. Es riecht wie ...«. Er setzte sich auf die Fersen und schüttelte beeindruckt und amüsiert den Kopf. »Du riechst wie flüssiger, metallischer Honig. Wahnsinn!« David starrte ihn an, während Terv nachdenklich seinen Hals musterte. Was hatte das alles zu bedeuten?
»Das habe ich nun von meinem Hochmut.« Terv war ernst geworden. »Erinnere dich daran, dass ich dich vor dem Durchgang mit meinen Sporen eingerieben hatte. Ich habe dem Tor damit meinen Besitzanspruch auf dich erklärt. Diese Provokation hat das Sternentor mit einer Retourkutsche beantwortet. Es hat Humor, das muss man sagen.«
David hatte diesem Vortrag mit offenem Mund gelauscht. Dass Tervenarius voller Reue war und sich sogar als hochmütig bezeichnete, ließ ihn den restlichen Groll auf ihn vergessen. Das war der Hammer! Er war zu einem Lustobjekt für Terv geworden. Auf der einen Seite freute ihn das, auf der anderen verspürte er keinerlei Bedürfnis, ständig gegen seinen Willen genommen zu werden. Er mochte kleine Dominanz-Spiele, aber nur welche, die sie beide bestimmten. Terv zu einem willenlos sabbernden Lüstling zu machen, hatte nie auf dem Plan gestanden.
»Und jetzt?«, stieß er etwas hilflos hervor.
»Nichts.«
David wich vor Erstaunen ein Stückchen zurück.
Tervenarius nickte, wobei einige seiner Haarsträhnen nach vorne fielen. »Ich weiß nun Bescheid und werde mir die Wahrnehmungsorgane mit dementsprechenden Sporen verstopfen. Ich kann regulieren, wie viel ich von dem Pheromon wahrnehmen will oder nicht. Du wirst das nicht steuern können. Ich befürchte sogar, dass sich der Geruch verstärken wird, wenn du sexuell erregt bist.«
Er schob sich neben David und strich ihm liebevoll das Haar aus der Stirn. »Keine Sorge. Ich gerate nicht wieder außer Kontrolle.« Er hielt nachdenklich inne. »So ein guter Geruchssinn kann gelegentlich zum Handicap werden. »Sag mal ...«. Er streichelte ihm leicht über die Wangen. Da ist doch noch mehr verändert. Du bist so weich. Was ist mit deinem Bart?«
»Weg. Ich war duschen und dabei sind mir alle Körperhaare abgefallen.«
»Wirklich?« Sofort kam Terv wieder ins Sitzen, zog mit einem Ruck die Zudecke zur Seite und betrachtete wohlgefällig seinen Leib. »Das ist schön. Du siehst jetzt aus wie ein Duonalier, David. Wow! Das ist so wunderschön!« Sein Schatz war begeistert und begutachtete besonders lang seinen Schwanz, der sich unter seinen Blicken wohlig hochreckte. Terv grinste.
»Phantastisch! Du bist genau so, wie ich es mir gewünscht habe: Dein Verstand und deine Seele sind unverändert, dazu der makellose Körper plus der Duft einer Sirene.« Er blickte David in die Augen. »Wir werden lange Zeit Spaß haben, Mimiran.«
David spürte, wie ihm das Blut vor Verlegenheit in den Kopf schoss. So entblößt vor Terv zu liegen, war ihm auf einmal unangenehm und er zog mit einem Ruck die Decke über sich.
Tervs strahlende Miene war ihm ebenfalls peinlich.
Der lachte laut auf. »Wenn du dich schämst, wird dein Gesicht silberfarben. Herrlich!«
Jetzt amüsierte Terv sich sogar noch über ihn.
Ihm fiel jedoch in diesem Moment zum Verrecken kein flotter Spruch ein.
»Du bist blöd, Terv«, murrte er, zerrte die Decke bis an den Hals und drehte sich auf die Seite.
Er spürte, wie sein Schatz sich neben ihn schob und zärtlich einen Arm um ihn legte. »Ich habe es dir heute noch nicht gesagt«, flüsterte der. »Aber ich liebe dich – und ich freue mich unbändig auf ein gemeinsames Leben mit dir.«
Uff, dachte David. Es wird eine interessante Zeit werden, so viel ist klar. Unterschwellig steckte ihm weiterhin ein Unbehagen über dessen Ausbruch in den Gliedern, auch wenn der Geruch Terv unvorbereitet getroffen und er sich für seinen Ausrutscher entschuldigt hatte. Was würde sein, käme Tervenarius in eine Situation, in der er nicht mehr die Notbremse ziehen konnte? So wie damals auf Duonalia, wo er aus unkontrolliertem Jähzorn etliche Einwohner umgebracht hatte – auch unschuldige. Er beschloss, Terv vor sich selbst beschützen. Das Sternentor hatte ihm enttäuschenderweise keine speziellen Fähigkeiten verliehen, aber er war dennoch stark und hatte einen klaren Verstand. Er fühlte sich gerüstet.
Tervenarius wartete noch auf seine Antwort. Entschlossen drehte David sich um und schloss zärtlich ihn in die Arme. »Ja, ich freue mich auch. Und ich liebe dich.« Mit diesen Worten bedeckte er Tervs besorgtes Gesicht mit kleinen Küssen. »Sollen wir neu starten?« Er schmiegte sich an seinen Liebsten.
Dieses Mal war es Tervenarius, der bremste. »Nein, bleib einfach nur in meinen Armen. Du solltest dich ausruhen. Morgen müssen wir das Zelt für das Treffen aufbauen. Es wird in zwei Zyklen im Dorf Tatra, nicht weit von hier, stattfinden. Mir ist es wichtig, dass du dich bis dahin an deinen veränderten Körper gewöhnt hast.« Er stockte. »Außerdem ... ich finde, Vorfreude ist die schönste Freude. Lass uns mit dem Sex warten, bis wir wieder in Vancouver sind. Wer weiß, was wir noch Neues entdecken. Ob dein Saft wohl ebenfalls so verlockend schmeckt? Spann mich bitte ein bisschen auf die Folter, David.«
Das war gar keine schlechte Idee. Die Unendlichkeit lag vor ihnen. David konnte sich kaum vorstellen, wie oft er noch mit Terv schlafen würde. Ich sollte mir wirklich angewöhnen, wie ein Unsterblicher mit endlos viel Zeit zu denken, überlegte er, kuschelte sich zustimmend in Tervs Achsel und benutzte dessen Oberarm als Kopfkissen. Das war und blieb sein Lieblingsplatz, daran würde wohl auch die Ewigkeit nichts ändern.
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Es hatte Spaß gemacht, das Zelt aufzubauen, obwohl der Wind wie verrückt versucht hatte, es ihnen aus den Händen zu reißen. Jedoch mit Meodern, Xanmeran, Terv und David als Gegnern in allen vier Ecken, waren die starken Windböen chancenlos gewesen.
Nun, am Tag des Treffens, war das Zelt fertig aufgebaut, mit Donastroh-Matten ausgelegt und harrte auf die für den duonalischen Planeten so wichtigen Entscheidungen.
Das wird eine große Versammlung werden, überlegte David, während er mit den Duocarns, Ulquiorra, König Luzifer und dessen Adjutanten Slarus auf den Feldwegen zwischen den sonnenbeschienenen Donafeldern lief, die dann in eine weitläufige Grasfläche übergingen.
Dem aquarianischen Wasserkönig Maurus und seinem kleinen Völkchen war gestattet worden, sich an einem der wenigen duonalischen Seen auf dem nördlichen Mond niederzulassen. Der König der Quinari, Arishar hatte sich mit seinen Kriegern ebenfalls auf diesem Planeten angesiedelt. Da niemand wusste, wohin mit den beiden bizarren Trenarden, hatte Meo sie im Fertigungsteil der alten Donafabrik untergebracht, wo sie mit der Vermehrung schweineähnlicher Wesen mit sechs Beinen, den Warrantz, begonnen hatten. Endlich hatte David diese Tiere zu Gesicht bekommen, deren Namen er eigentlich nur aus Tervs Schimpfwortliste kannte. Die Zucht schien recht erfolgreich zu verlaufen. »Irgendwie müssen wir die Fleischfresser satt kriegen«, hatte Terv gesagt und schief gegrinst, als sie an einem Nachmittag im sonnendurchfluteten Innenhof gesessen und den würzigen Geruch der Tiere gerochen hatten. David störte das nicht. Er mochte die Warrantz mit ihren spitzen, behaarten Tütenohren, den zotteligen, gefleckten Fellen und den wachen Augen. Diese Tiere wurden normalerweise von den Duonaliern als Kuscheltiere gehalten, obwohl sich oft auch bissige Exemplare darunter befanden. Sie als Fleischlieferanten zu verwenden, war eine echte Revolution auf dem vegetarisch lebenden Duonalia.
David sah zu den in der Gruppe laufenden Trenarden. Sie sehen an diesem Tag ganz schön beängstigend aus mit ihren blitzenden, klirrenden Waffen, dachte David und zog sein Gewand mit einer Hand über der Brust zusammen. Die Kerle ähneln furchteinflößenden Teufeln, mit ihrer schwarzen Haut, den roten Mähnen, den leuchtenden Augen, halbnackt, nur mit einem Stück Kettengewebe zwischen den Beinen. David hatte erst allmählich verstanden, dass sie im Gegensatz zu ihrem wilden Äußeren bequeme, etwas langsam denkende Wesen waren, die sich wohl gern prügelten, aber sich umgänglich den neuen Gegebenheiten auf Duonalia anpassten.
»Sei so nett und spucke keine Lava ins Gras«, wies Meodern in diesem Moment Luzifer zurecht. »Du verursachst hier sonst einen Flächenbrand.«
Der Trenarde nickte unbekümmert.
David hatte noch nie ein Wort mit ihm gewechselt, obwohl sie sich dank der Übersetzermikroben verständigen konnten. Es hatte gereicht, dass Luzifer Tervenarius und ihn vielsagend gemustert, daraufhin geräuschvoll Lava aus seinem Magen hochgezogen und ihnen vor die Füße gespuckt hatte. Dumm war der Trenardenkönig auf keinen Fall, aber berühmt-berüchtigt für seine Geilheit, denn er lief Halia hinterher wie ein folgsames Hündchen. David grinste belustigt vor sich hin, was Terv neben ihm mit einem erstaunten Blick kommentierte. Er hatte Recht, es gab keinen Grund zur Fröhlichkeit. Es konnte sein, dass sie in Kampfhandlungen verwickelt würden, wenn sich die Bacanis nicht einsichtig zeigten.
Wie auch die Duocarns trug David ein weißes, weites Dona-Gewand. Vorsorglich tastete er nach dem Pistolenhalfter mit der Smith & Wesson unter dem Stoff und musterte die zwölf halbnackten, grauhäutigen Quinari-Krieger, die sich bereits rund um das Zelt postiert hatten. Die muskulösen, gehörnten Männer in den grauen Lederhosen trugen eine kunstvolle, rote Bemalung auf den Oberkörpern, von der David wusste, dass diese mit Blut gemalt war. Ihre finsteren Mienen und die in der Sonne glänzenden Schwerter und Äxte vervollständigten die kriegerische Aufmachung.
Vor dem Zelt warteten der Aquarianer Maurus und der Quinari-König Arishar. Die beiden schienen aus einem Fantasy-Film entsprungen zu sein und David musste sich zusammenreißen, sie nicht allzu lange unhöflich anzustarren. Terv hatte ihm schon allerhand erzählt, aber diese Wesen leibhaftig zu sehen, war für David ein ungeheures Erlebnis.
Der mit einem Achatschwert und einem glitzernden Wurfring bewaffnete König Maurus besaß eine schlanke, menschenähnliche Gestalt, wehendes, waldgrünes Algen-Haar, ein elegantes Gesicht und Augen wie geschliffene Kristalle. Dort wo sein feines, grünes Gewand seinen Leib nicht bedeckte, zeigte sich eine halb durchsichtige Alginat-Haut, die in Blau- und Türkis-Farbtönen schillernd in der Tiefe wässrig wirkende Organe preisgab. Wie Terv ihm erzählt hatte, war Maurus außerordentlich geschickt, wendig und schwer zu verletzen. Auf ihrem Heimatplaneten hatten sich die drei Könige ununterbrochen bekämpft und waren dafür mit ihrem Gefolgsleuten durch das Land gezogen. In jedem ihrer Königreiche gab es eine Kampfarena. Statt den Planeten zu verwüsten und die Bevölkerung zu reduzieren, trugen Maurus, Arishar und Luzifer dort ihre Kämpfe um die Ländereien aus.
Schwertkämpfe anstelle von Politik, überlegte David und betrachtete den anderen, mit einem zweischneidigen Schwert und einer Streitaxt bewaffneten König Arishar. Was für ein Krieger! Die breiten Goldbeschläge seiner gewaltigen Hörner glänzten in der Sonne. Das finstere, graue Gesicht, die abgeschabte Schulterrüstung, der lederne Kampfrock, die exquisite Blutbemalung seines monströsen Oberkörpers, die Klauenhände, die den Griff der Axt umfasst hielten – eine Erscheinung, bei der David ebenfalls der Atem stockte.
Luzifer und Slarus marschierten auf Maurus und Arishar zu und postierten sich mit grimmiger Miene an ihrer Seite. Bei diesem Anblick wurde David klar, wie wichtig es gewesen war, die Könige als Verbündete zu gewinnen.
Nun besaßen die Duocarns drei Joker: das Virus, die kampfbereiten Könige und nicht zuletzt ihr eigenes, unvermitteltes Auftauchen.
»Ich würde vorschlagen, ihr haltet euch zunächst im Hintergrund, bis wir einige Dinge geklärt haben. Ihr könnt euer Ansinnen in Kürze vortragen.« Ulquiorra stand hochgewachsen und ruhig vor den drei kampfbereiten Männern. David bewunderte ihn für seine Ruhe.
Die Könige blickten sich an. Dann nickten sie zustimmend und zogen sich waffenrasselnd und von zwei aquarianischen und drei Quinari-Soldaten flankiert, in den Hintergrund zurück.
David folgte den Duocarns bis in die Mitte des Zeltes, eine Position, von der er die Ankunft der Bacanis durch die teilweise geöffneten Zeltwände gut beobachten konnte.
Ruhig und gefasst stand Ulquiorra am Eingang und erwartete ihre Verhandlungspartner. Die vier Bacani-Führer erschienen, ebenfalls mit Gewändern bekleidet, in ihrer zweibeinigen Gestalt. Sie hatten etwa zwanzig verwandelte, pelzige Bacani-Männer um sich geschart. Marschall Folderan, der in ihrer Mitte lief, betrachtete hektisch und mit angespannter Miene die Versammlung.
Die Bacani-Häuptlinge hatten sich besser in Griff. Sie musterten ungerührt das Aufgebot an Kriegern der ihnen fremden Rassen. Gefasst schritten sie vorwärts zum Zelteingang. Sechs Bacanis begleiteten die Führer, während sich der Rest im weiten Kreis um das Zelt und um die Quinari-Krieger postierte. Die mit den Spiralschwänzen schlagenden Bacani-Soldaten betrachteten die Quinari misstrauisch. Diese ignorierten die Ankunft der vierbeinigen, wie Wehrwölfe wirkenden, Gegner völlig.
Ulquiorra ging den bacanischen Verhandlungspartnern entgegen und geleitete sie tiefer ins Innere des Zeltes. Eon, Rarak, Orrk und Sarrn verbeugten sich, was die Duocarns erwiderten. Einer der Führer schien als Wortführer ausgewählt worden zu sein. Da die Bacanis sich lediglich durch einige Perlen-Schmuckstücke unterschieden, war Mercuran nicht ganz klar, wer der Mann war, der in diesem Augenblick einen Schritt nach vorne trat. Bevor er etwas sagen konnte, drängte sich Marschall Folderan in den Vordergrund.
»Ulquiorra, Ihr müsst uns erklären, was die vielen fremdartigen Lebewesen draußen mit unserer Sache zu tun haben.«
Der Wortführer fuhr die Krallen aus und wollte sie in Folderans Hals schlagen, als ihn der neben ihm stehende Bacani am Ärmel packte und den Kopf schüttelte.
David schluckte. Das war heftig. Foldern schien nicht zu wissen, wo sein Platz war. Der Mann war in Lebensgefahr, wenn er sich weiter so aufblies. Und Ulquiorra?
Ulquiorra tat, als hätte er ihn nicht gehört. »Ich begrüße Euch. Ich bin Ulquiorra, Atomphysiker im Silentium und Sohn des Duocarns-Kriegers Xanmeran.« Er deutete auf seinen Vater.
Jetzt erst schienen die Bacani-Rudelführer die Duocarns richtig wahrzunehmen.
»Ich bin Eon«, antwortete der schwarzäugige Bacani-Mann. Und das sind Rarak, Orrk und Sarrn.« Er zeigte auf die Männer neben sich. »Wir haben nicht glauben können, was auf Eurer Einladung zu diesem Treffen geschrieben stand, denn allgemein gelten die Duocarns als verschollen.«
Ulquiorra blickte ihm fest in die Augen. »Sie waren vermisst, das ist richtig, aber sind, nachdem sie von der Ausrottung ihres Volkes durch die Bacanis erfahren haben, wieder zurückgekehrt.«
Eon räusperte sich. »Ich würde es nicht als Ausrottung bezeichnen, sondern als Selektion.«
Solutosan ballte die Fäuste und mischte sich ein. »Wer hat den Bacanis die Erlaubnis gegeben, auf Duonalia ein Volk zu „selektieren“?«
Eon blickte Solutosan kalt an. »Ich würde sagen, es war das Recht des Stärkeren.«
David bemerkte, dass Solutosan noch eine deftige Erwiderung auf den Lippen lag. Der goldhaarige Mann kniff jedoch nur erbost die Augen zusammen und schwieg. Er wollte Ulquiorra offensichtlich nicht in die Parade fahren und ein offener Disput war das, was sie am wenigsten gebrauchen konnten.
Mit einem kühlen Blick auf die Szenerie ergriff der schlanke Gelehrte erneut das Wort. David sah ihm an, dass er nicht gedachte, auf irgendwelche Provokationen zu reagieren. Seine Hochachtung vor Ulquiorra stieg, da die Aggressionen inzwischen fast greifbar in der Luft lagen. »Heute ist der Tag, an dem wir dieses Recht überprüfen, denn die Bacanis werden lernen müssen, dass sie es verwirkt haben«, fuhr er unbeirrt fort.
Die Rudelführer wechselten bedeutsame, hämische Blicke. Sie fühlten sich offensichtlich überlegen.
Klugerweise versuchte Ulquiorra nun, die Wut der Parteien zu kanalisieren, denn David konnte auf beiden Seiten etliche geballte Fäuste entdecken. »Ich würde vorschlagen, dass wir uns setzen und in Ruhe sprechen.«
Eine kurze Pause entstand, in der sich die Anwesenden auf die Matten niederließen. Die Rudelführer saßen den Duocarns, Ulquiorra in der Mitte, gegenüber. David war eine Sekunde lang verunsichert, wo er sitzen sollte und blickte fragend zu Terv. Der gab ihm mit den Augen zu verstehen, dass er ihn an seiner Seite haben wollte. Die bacanischen Leibwachen mit Folderan nahmen hinter den Rudelführern Platz. Die drei fremden Könige hielten sich weiterhin im Hintergrund.
Ulquiorra fuhr fort. »Wir werden einer weiteren „Selektion“ unseres Volkes nicht mehr tatenlos zusehen. Wir schätzen die Bacani-Population auf zweihunderttausend, während noch etwa zwanzigtausend Duonalier am Leben sind.«
Eon wollte etwas sagen, aber Ulquiorra hob die Hand. »Wir haben ein Mittel zur Verfügung, um sämtliche Bacanis auf diesem Planeten auszulöschen. Es handelt sich um ein Virus, das die bacanische Spiralvene und die Geschlechtsorgane innerhalb kürzester Zeit mumifizieren lässt.«
Das war den Bacanis eindeutig neu. Die Führer steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. Mit ernstem und beunruhigtem Gesicht ergriff Eon wieder das Wort. »Es gibt eine Überlieferung, in der von einer solchen Krankheit die Rede ist, sie gilt jedoch als ausgestorben.«
»Jetzt nicht mehr.« Ulquiorra zog die Augenbrauen zusammen. »Ihr könnt sicher sein, dass wir nicht zögern werden, das Virus einzusetzen. – Aber Massenvernichtung ist nicht, was wir wollen. Wir möchten lediglich klarmachen, dass wir eure Kompromissbereitschaft fordern.«
»Was wollt Ihr?« Es war nun Orrk, der sprach.
»Gesetze! Und den Willen der bacanischen Führung sich daran zu halten, beziehungsweise diese bei den eigenen Leuten durchzusetzen.« Die Bacanis blickten sich an. »Wir haben eine Gesetzesvorlage erstellt, die Dinge wie Mord, Diebstahl, Entführung und Vergewaltigung unter Strafe stellt. Wir werden diese Gesetze allgemeingültig für Duonalia erlassen.« Ulquiorra sprach mit Nachdruck.
»Wagt Ihr Euch da nicht ein bisschen zu weit vor, mein Freund?«, ließ sich Folderan mit hämischer Stimme vernehmen.
Im Bruchteil einer Sekunde geschah, was David bereits befürchtet hatte: Rarak drehte sich blitzschnell zu dem Marschall um und zog ihm ohne Verzögerung die Klaue über den Kehlkopf. Völlig überrascht, mit aufgerissenen Augen, griff Folderan sich an die Kehle und brach im gleichen Moment zusammen.
Entsetzt starrte David auf die blutige Szene, fühlte sich an den Zeitpunkt seines damaligen Bacani-Angriffs zurückversetzt. Er fasste sich an den Hals, meinte das eigene klebrig-warme Blut wieder zu spüren. Tervs kühle Hand legte sich fest und beruhigend auf seinem Arm, und die Panik ließ nach. Er blickte in das bleiche, unbewegte Gesicht seines Freundes, der fast unmerklich den Kopf schüttelte und dabei unhörbar das Wort »Nein« formte. David atmete tief durch. Er war unsterblich. Niemand konnte ihm mehr etwas antun. Selbstbewusst straffte er den Rücken, was Terv mit einem Nicken quittierte.
Gespanntes Schweigen stand im Raum – nur das verebbende Röcheln des Marschalls durchbrach die Stille. Dann verstummte er.
Mit dem Ausdruck schieren Entsetzens blickte Ulquiorra hilfesuchend zu Solutosan, der, wie zuvor auch Terv, ruhig verneinte und sich dabei nachdenklich am Kinn kratzte. Meo, Pat und Xan, die alarmiert hochgefahren waren, sahen die Geste ihres Führers und verstanden. David fühlte, dass besonders Xanmeran an einem Punkt angekommen war, an dem er den Bacanis die Schädel abreißen wollte. Aber auch er gehorchte Solutosan und sank mit finsterer Miene auf den Boden zurück. Ein Duonalier war vor ihren Augen ermordet worden, doch es handelte sich um die feige Puppe der Bacanis. Er war es nicht wert sich für ihn einzusetzen, geschweige denn seinen Tod zu rächen.
Die Verhandlungen wurden fortgesetzt. Zwei Bacanis schafften Folderan mit unbewegten Mienen aus dem Zelt, hinterließen dabei eine Blutspur.
Es war ekelerregend. David biss die Zähne zusammen. So hart es war – Solutosan hatte Recht. Es durfte keinesfalls geschehen, dass dieser Zwischenfall die Besprechung aus dem Gleichgewicht brachte.
Ulquiorra hatte sich ebenfalls gefasst, stand auf und überreichte jedem der Bacani-Führer eine Ausfertigung der Gesetzesvorlage auf einem Datenkristall.
»Wir werden sie studieren«, nickte Eon unbeeindruckt. »Ich schlage vor, die Verhandlungen in einem viertel Zyklus fortzusetzen.« Das war eine angemessene Zeitspanne. »Bevor wir die Gesetze in Augenschein nehmen, möchte ich noch wissen, was es mit den fremden Kriegern auf sich hat«, fuhr Eon fort.
Das rief die Könige auf den Plan. David verfolgte gespannt, wie Ulquiorra den drei Occabellarnern zunickte und sich erhob. Die marschierten waffenklirrend zu den Bacanis, die sofort alarmiert auf die Füße kamen. Ihre Leibwachen stellten sich knurrend hinter ihre Anführer. Wieder war es Ulquiorra, der mit ausgewogenen Worten die Fronten beruhigte und die Vorstellung der Parteien übernahm. War der Duonalier nicht eigentlich ein Gelehrter? David fand ihn auch als Politiker ganz famos. Erneut führte er durch seine ruhige Ausstrahlung weitere Verhandlungsbereitschaft herbei. Zum Glück, dachte David. Er verspürte nicht das Bedürfnis, in dem Zelt wild um sich zu schießen.
Erleichtert sah er, wie die Rudelführer sich wieder hinsetzten. Die Könige hockten sich lediglich, jederzeit sprungbereit, auf die Fersen.
Arishar ergriff das Wort. Er sprach duonalisch. Die Duocarns schienen die Könige mit Übersetzermikroben versorgt zu haben. »Wir sind hier, um Klage zu erheben, denn Eure Leute haben unseren Planeten Occabellar ohne Grund angegriffen, Millionen mit Massenvernichtungswaffen getötet und den Planeten auf lange Zeit verstrahlt. Wir wollen die Verantwortlichen überstellt bekommen und über sie richten.«
Nun entstand Unruhe bei den Bacanis. Damit hatten sie offensichtlich nicht gerechnet. »Wir müssen uns einen Moment beraten,« zischte Eon. Sie standen auf, zogen sich in eine Ecke des Zeltes zurück, und diskutierten dort heftig aber leise.
»Nein!«, brüllte Sarrn. Die anderen Rudelführer redeten beschwörend auf ihn ein. Sarrn gestikulierte panisch.
Es schien ihm nicht viel zu nützen. Die Bacanis hatten ihren Sündenbock gefunden. Eon winkte vier bacanischen Soldaten, die Sarrn sofort flankierten. Die drei Führer kamen zur Zeltmitte zurück und nahmen Platz. Ihre Blicke irrten immer wieder zu Sarrn, der sie mit bösartiger Miene musterte.
»Sarrns Sohn Pak leitet die Raumstation. Wie es aussieht, hat er sich über den Willen seines Vaters hinweg gesetzt und ist losgeflogen, um eine neu entwickelte Bombe zu testen«, klärte Eon sie auf.
»Wir wollen diesen Pak und die Raumschiff-Besatzung, samt ihren Familien«, ließ sich Arishar zähnefletschend vernehmen. Luzifer neben ihm knurrte und schlug mit dem Schwanz.
»Das werden um die einhundert Personen sein«, antwortete Eon tonlos.
»Wirklich?«, fragte Arishar sarkastisch. »Alternativ könnt ihr das Virus um die Ohren bekommen oder sofort eure Köpfe verlieren!« Seine gelben Augen funkelten bedrohlich. Eon, Rarak und Orrk blickten sich an. Nun war es an ihnen, Opfer zu bringen.
»Wir werden die betreffenden Personen herbeischaffen lassen. Dafür brauchen wir einen halben Zyklus.« Orrks Stimme knisterte.
»Wir haben Zeit«, zischte Arishar und Luzifer nickte. Maurus rührte sich nicht, wirkte, wie zu Eis erstarrt.
Die Spannung stand erneut zum Schneiden dick im Raum. David blickte Terv an, der die drei Bacanis und die Könige mit angespanntem Gesicht beobachtete. Die Gefahr war eindeutig noch nicht vorüber.
Es war Solutosan, der einschritt. Er erhob sich und setzte sich seelenruhig neben Arishar. »War in dem Orakel nicht der Rede davon, dass das Morden aufhört, wenn der vierte König zu euch stößt? Die Besatzung des Raumschiffs hat ausschließlich Befehle befolgt.«
Maurus, Arishar und Luzifer blickten sich lange an, wechselten ein paar kurze Sätze auf Occabellar. Es war der Aquarianer, der antwortete: »Wir verzichten auf die Familien, werden die Crew lediglich bestrafen, aber bestehen auf dem Tod des Befehlshabers.« Maurus musterte die Bacanis mit seinen kristallinen Augen. Sie glitzerten gefährlich.
Seine Kampfbereitschaft und Ernsthaftigkeit gepaart mit der Fremdheit seines Wesens, ließ Eon schlucken. »So sei es. Wir werden den Gesetzentwurf prüfen und Pak und die Besatzung des Raumschiffs in einem halben Zyklus überstellen.«
Ulquiorra, der seine Hände um sein Datenbrett gekrampft hatte, atmete hörbar auf.
Die Bacanis erhoben sich hoheitsvoll. Bisher hatten sie ihr Gesicht wahren können, auch wenn sie aufgrund des massiven Drucks zu Kompromissbereitschaft gezwungen gewesen waren.
»Ist es vorbei?«, flüsterte David zu Terv.
Der stand auf und winkte, ihm aus dem Zelt zu folgen.
»Nein, es ist noch nicht vorüber. Jetzt wird sich erweisen, wie ernst ihre Zusagen waren. Sie müssen den Gesetzen zustimmen und diesen Pak ausliefern. Es besteht die Möglichkeit, dass sie mit ihrer Armee wiederkehren werden.«
»Puh!« David ließ sich in einer kleinen Mulde in Zeltnähe ins Gras fallen und zog Terv an der Hand zu sich hinunter. Die milde Sonne und der seichte Wind fühlten sich gut an. Er war froh, der drückenden Atmosphäre im Zelt entronnen zu sein.
Solutosan schlenderte zwischen den Zeltwänden hervor und setzte sich zu ihnen. »Ich hätte nicht erwartet, die Bacanis so diplomatisch zu erleben. Was meint ihr?« Interessiert beobachtete er Xanmeran und Arishar, die in einiger Entfernung die Wartezeit für einen Übungs-Ringkampf nutzten.
Tervenarius folgte seinem Blick. Obwohl es eigentlich ganz lustig war, dass die beiden sich zum Zeitvertreib prügelten, blieb Tervs Gesicht ernst. »Noch haben wir nicht gewonnen, Solutosan. Warten wir ab, ob sie Pak ausliefern und den Gesetzesvorlagen zustimmen. Vielleicht müssen wir doch kämpfen oder sogar das Virus freisetzen. Ich persönlich wünsche mir nichts mehr als endlich Frieden und Einsicht. Die Bacanis werden begreifen müssen, dass sie von nun an mit Gesetzen leben, die ihnen verbieten den Duonaliern zu schaden und deren Energien zu saugen.«
»Und was ist, wenn sie dagegen verstoßen?«, fragte David.
»Ich kenne die Gesetzesvorlage noch nicht im Einzelnen«, antwortete Solutosan, »aber ich denke, es sind Strafen vorgesehen, die ein weiteres Saugen verhindern – wie zum Beispiel Amputation der Spiralvene.«
»Ich verstehe. Also brauchen sie die Energien der Duonalier nicht zum Leben, oder?«, erkundigte sich David weiter. »Sie sind für die Bacanis eine reine Droge – ein Genussmittel.«
»Ja, sie sind ein Genussmittel, Geliebter«, antwortete Tervenarius mit einem rauen Unterton in der Stimme.
David lächelte. Er blickte in Tervs leuchtende Honigaugen und sah seine Gedanken. Sie kreisten um ihn, seine Veränderungen und den zu erwartenden Genuss. Es war nicht seine Idee gewesen, mit dem Sex zu warten. Davids Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen, das Tervenarius erwiderte.
»Nun, wir werden es bald sehen. «Solutosan räusperte sich. »Ich will dann mal nicht weiter stören. Er drückte Tervenarius kurz den Arm und erhob sich.
David blickte still vor sich hin. In dieser Situation an Sex zu denken, war definitiv unklug. Aber der sanft streichelnde Wind, die wärmende Sonne und nicht zuletzt Tervs Nähe verleiteten ihn dazu. Ich bin kein Kämpfer, dachte David. Und ich hoffe, dass die Bacanis ein Einsehen haben und zurückkommen werden, um die Übeltäter auszuliefern. Mit Grauen sah er sich die Pistole ziehen, um einen der pelzigen Gegner niederzustrecken. »Was glaubst du, Terv? Wird es zum Kampf kommen?«
Tervenarius, der die Ellenbogen auf die Knie gestürzt hielt, schüttelte den Kopf. »Nein, ich denke, dafür sind sie zu feige. Zumal sie nicht wissen, über welche Kampfkraft die Könige verfügen. Die Gaben der Duocarns sind bekannt, und wirken unter Garantie bereits abschreckend. Jeder weiß von Solutosans mächtigem Sternenstaub, von Xans Kampflust und auch von Meoderns Schnelligkeit. Der kann den Kerlen die Köpfe herunter reißen, bevor sie ihn überhaupt wahrgenommen haben.«
»Und was ist mit dir? Wissen die Duonalier denn nichts über dich und deine Fähigkeiten?«
Terv wandte den Kopf und blickte ihn ernst an. »Ich halte damit immer hinter dem Berg. Man weiß, dass ich irgendetwas mit Pilzen zu tun habe, aber nicht, wie sich das genau darstellt. Und das ist gut so. Ich gelte eher als der geheimnisvolle Duocarn und bin mit diesem Ruf sehr zufrieden. Erinnere dich an die alte Geschichte und an die »Krankheit« namens Tamelis«, fügte er noch hinzu.
David nickte verständnisvoll. Er hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur wenige Duonalier getroffen. Aus den Erzählungen schätzte er sie als ängstlich und abergläubisch ein. Diese Leute brauchten sicher keine negativen Informationen über die Duocarns. Die waren die Guten, die Beschützer Duonalias. Es war wohl tausend Jahre her, aber dass einer von ihnen für einen Massenmord verantwortlich war, hätte ein schlechtes Licht auf die ganze Gruppe geworfen.
»Mein Vater hat einmal gesagt: Manche Leute dürfen alles essen, aber nicht alles wissen.« Bei diesem Satz zuckten zunächst Tervs Mundwinkel, er schlug die Hand vor den Mund, um nicht laut herauszulachen. Er fasste sich schnell und lächelte. »Wenn ich einen Wunsch habe, Mimiran«, sagte er leise, »dann den, dass du dich niemals ändern mögest. Ich ...« Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt. »Die Bacanis sind zurück.«
Sofort war die Anspannung wieder da. Verflixt, dabei hätte David den nächsten Satz auch noch gerne gehört. Hatte sich da eine Liebeserklärung angebahnt? Nun würde er es nie erfahren. Er erhob sich schnell, um an Tervs Seite zu den Duocarns und Ulquiorra zu gehen, die sich vor dem Zelt versammelten. Die Könige näherten sich ebenfalls. Alle blickten den Bacanis entgegen, die sechs Gefangene in weißen Overalls mit sich führten. Bei diesem Anblick fiel David ein Stein vom Herzen. Die Rudelführer beugten sich den Vorschlägen der Duocarns. Es würde nicht zum Kampf kommen. Mit einem Seitenblick sah er, dass Terv zufrieden nickte. Auch in den Gesichtern Ulquiorras und der anderen Duocarns spiegelte sich Zustimmung.
Der riesige Arishar reagierte sofort. Er nutzte die Momente bis zu ihrer Ankunft, um seine Krieger zu dirigieren. Er deutete auf ein abgestorbenes, schwarzes Gewächs in der Nähe, das seine Männer in einem Kreis umrundeten. Auch der aquarianische König befahl seinen Soldaten, dem Beispiel der Quinari zu folgen. Die Aquarianer mit ihren zu kunstvollen Frisuren getürmten, blauen Haaren gehorchten augenblicklich.
David betrachtete das bizarre, schwarze Gewächs, das seine Äste wie mahnende Finger gen Himmel reckte. Sollte es als Marterpfahl benutzt werden? Was hatten die Könige vor? Nun sah David, dass einer der Gefangenen eine Art weiße Uniform trug. Ob das der Befehlshaber war?
Eon trat vor die verhafteten Bacanis und las von einem Datentablett: »Hört nun die offizielle Anklage: Es wird euch zur Last gelegt, den Planeten Occabellar ohne ausdrücklichen Befehl des Oberkommandos überfallen und zwei Millionen Lebewesen auf dessen Oberfläche vernichtet zu haben. Da die Besatzung des Raumschiffs Befehlsempfänger sind und ein wichtiges Mitglied der duonalischen Gesellschaft für sie Fürbitte geleistet hat, werden sie lediglich von den betroffenen Königen abgestraft, aber haben ihr Leben nicht verwirkt. Kommandant Pak wird vom Oberkommandierenden Sarrn gerichtet. Beschluss Sternzeit 3.90.28Sol13.«
Ja, das war die Bestätigung. David schluckte. Er würde dieser Bestrafung und auch der Hinrichtung beiwohnen müssen. Am liebsten hätte er die Beine in die Hand genommen und sich vom Ort des Geschehens entfernt. Ein Blick auf die Duocarns zeigte deren unbewegte Gesichter. Ulquiorra stand hochaufgerichtet neben ihnen, starr und bleich.
Entschlossen nahm David die Schultern zurück und straffte den Hals. Er wollte sich keine Blöße geben und sich als verweichlichter Mensch zeigen. Er setzte sein Pokerface auf und fühlte, dass sich Terv neben ihm entspannte. Warum habe ich durch das Sternentor nicht wenigstens die Gabe der Telepathie bekommen?, dachte David. Ich hätte mich nun mit ihm verständigen können. Jedoch spürte er einen Moment lang Tervs Blick auf sich ruhen. Brauchten sie wirklich Worte? Eigentlich nicht. Tervenarius zählte auf ihn. Was nun kam, würde für einen Mann wie ihn, der Gewalt hasste, hart werden. Und Terv wusste das.
David biss die Zähne zusammen. Er beobachtete, wie die pelzigen Bacani-Soldaten einen der Gefangenen zu dem Gewächs geleiteten, ihm den Overall auf dem Rücken aufrissen, die Arme um den Stamm führten und mit Stricken befestigten. Das war die Vorbereitung auf eine Auspeitschung, etwas, das David bisher nur aus dem Fernsehen kannte.
Schon traten die drei Könige näher. Die Augen des Trenarden-Königs glühten wie heiße Kohlen, als er Arishar eine brennende Peitsche reichte. Wie war es möglich, dass diese brannte? Die Flammen, die aus der einschwänzigen Bullenpeitsche schlugen, züngelten sicher einen halben Meter hoch. Zusätzlich zu dem Schlag, würden sich die Striemen auch in die Haut des Opfers einbrennen. David ballte die Fäuste. Ich muss mir klarmachen, dass diese Kerle Millionen Lebewesen ausgelöscht haben. Wer soll sie richten, wenn nicht die wenigen Überlebenden? Nein, Menschlichkeit um jeden Preis war nicht angebracht. Als ihm das durch den Kopf ging, entspannte er sich. Es ist in Ordnung, was hier geschieht, dachte er, als sie der erste Schrei aus der Kehle des gepeinigten Bacanis löste.
Arishar schlug fünf Mal zu und reichte die Peitsche an den Aquarianer, der ebenfalls fünf Hiebe verteilte. Täuschte David sich, oder holte der Trenarde extrem weit aus, als er an der Reihe war? Es klatschte auf den zerschundenen Rücken des Mannes, der zusammensackte und dessen Schreie erstarben. Er war ohnmächtig geworden. Bacanis besaßen schwarzes Blut, das nun den zerrissenen Overall des Gestraften befleckte und seinen Leib hinablief.
Während dieser Auspeitschung war Unruhe bei den Gefangenen entstanden. Der nächste Bacani wehrte sich, als er zu dem Gewächs gezerrt wurde, und schrie laut. Er transformierte sich, wollte in seiner verwandelten Form der Strafe entkommen. Damit hatten seine Landsleute gerechnet. Sofort sprangen weitere pelzige Männer hinzu, die den nun so viel größeren und stärkeren Delinquenten, bändigten. Ungerührt vollzogen die drei Könige auch an ihm die Bestrafung und ließen sich insgesamt fünf Crewmitglieder des zerstörerischen Raumschiffs vorführen.
Ja, David hatte richtig geraten. Der Gefangene in der weißen Uniform war offensichtlich der zum Tode verurteilte Befehlshaber Pak.
Blut und Tod. David schloss eine Sekunde lang die Augen. Er hatte gesehen, wie Folderan die Kehle geborsten war. Nun musste er einer weiteren Hinrichtung dieser Art beiwohnen. Terv hatte seine Verzweiflung gespürt und schob sich näher an ihn heran. Er fühlte dessen weiche, warme Schulter an seiner. Halt, ja, das war, was er nun brauchte. War Sarrn nicht der Vater von Pak? David stand starr und sah den Mann zu seinem Sohn schreiten, den die Helfer mit den Händen nach hinten an das Gewächs gefesselt hatten. Wie entsetzlich! Ein Vater wurde gezwungen, sein eigenes Fleisch und Blut zu töten? Terv erhöhte den Druck seiner Schulter und gab ihm unauffällig Halt.
Fassungslos starrte Pak seinen Vater an, der sich ihm langsam näherte. Er zerrte an den Fesseln. »Das kannst du nicht. Das darfst du nicht«, stammelte er.
Sarrn schritt weiter vor, das bleiche Antlitz wie aus Stein gehauen. »Ich habe dir das Leben gegeben – und nun werde ich dir das Leben nehmen«, stieß er heiser hervor. Schwarze Tränen strömten aus seinen Augen, als er mit der Kralle den Hals seines Sohnes aufriss. Er ging nicht zur Seite, als das Blut aus der Wunde schoss und ihn befleckte. Röchelnd rutschte Pak mit klaffender Kehle zu Boden. Sarrn stand vor ihm und beobachtete, wie Pak sein Leben aushauchte. Die schwarzen Tränen liefen über sein Gesicht, mischten sich mit dem Blut auf seinem weißen Gewand.
Arishar trat vor, schirmte Vater und Sohn mit seinem Rücken ab, wofür David ihm dankbar war. »Die uns zugefügte Ungerechtigkeit ist gesühnt worden. Unsere Völker sind und bleiben vernichtet, aber sie werden das vergossene Blut im Jenseits schmecken und wissen, dass ihnen Gerechtigkeit widerfahren ist.« Mit diesen Worten deutete er den Quinari mit Handzeichen, sich zu entfernen. Den abziehenden Kriegern stand die Befriedigung auf den Gesichtern geschrieben.
David war mit seinen Nerven am Ende. »Bitte, lass uns endlich gehen«, flüsterte er zu Terv, der sofort zustimmte. Er sah, wie sein Schatz sich kurz zu Solutosan wandte, und mit ihm kommunizierte. Eine Verabschiedung. Der Chef der Duocarns nickte. David traf ein prüfender Blick von Patallia. Der Mediziner sorgte sich, ob er die Geschehnisse unbeschadet überstanden hatte. Ja, das hatte er, bejahte deshalb dankbar und schloss sich der Gruppe der Männer an, die sich auf den Weg zurück über die Steppe zur Karateschule machten. Meodern und Xanmeran gingen vorneweg. Sie unterhielten sich. Das fühlte David. Luzifer und Slarus liefen hinter den beiden Duocarns. Er selbst, Tervenarius und Patallia folgten.
Fasziniert betrachtete David die nackten Rückseiten der Trenarden, auf denen unter der schwarzen Haut die starken Muskeln bei jeder Bewegung spielten. Er war nicht fähig, etwas zu denken, sondern konzentrierte sich auf das Muskelspiel, seine Schritte im knisternden Gras und den sanften Wind. Es war vorbei.
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»Ich fühle mich total ausgelaugt«, gestand Tervenarius und ließ sich stöhnend auf das Bett in ihrem Zimmer in der Kampfschule fallen. »Das war anstrengender, als selbst zu kämpfen. Aber immerhin sind die Duocarns nun von dem Problem befreit. Die Hauptarbeit kommt jetzt auf Ulquiorra zu. Die Regierung neu zu bilden, wird unter diesen Bedingungen nicht einfach werden. Glücklicherweise hat er Hilfe. Solutosan hat mir vorhin erzählt, dass Ulquiorra plant, die Quinari-Krieger als Ordnungshüter auszubilden. Ich halte das für eine vorzügliche Idee.« Er beugte sich nach vorne, zog sein Gewand hoch und rieb sich die Schienbeine. »Die Quinari benötigen eine neue Aufgabe und müssen irgendwie integriert werden.«
David, an die geschlossene Tür gelehnt, hörte ihm aufmerksam zu. Er fühlte, dass Terv ebenfalls nach Vancouver zurück wollte und war froh darüber. »Schatz, ich möchte nach Hause. Ich brauche Ruhe. Außerdem habe ich unglaublichen Hunger. Das ständige Dona ist entsetzlich öde. Ich, ich...« Er hatte die Schnauze voll von den Geschicken des fremden Planeten, den stinkenden Bacanis und dem eintönigen Essen.
»Das verstehe ich.« Terv blickte ihn müde an. »Lass uns morgen zurückgehen. Nach dem Frühstück. In Ordnung?«
Nur noch eine Nacht. David nickte erleichtert, setzte sich auf den gewebten Teppich vor dem Bett, legte seine Arme auf Tervs Schoß und ließ den Kopf darauf sinken. Sofort verstärkte Terv seine Pilzhaut auf den Oberschenkeln, um ihn weicher zu lagern, was David wohlig lächelnd zur Kenntnis nahm. »Mich interessiert Duonalia sehr. Nicht, dass du jetzt denkst, das wäre nicht so. Ich würde gern wiederkommen, wenn sich die Situation beruhigt hat, und mehr über den Planeten erfahren. Das Ökosystem ist so wahnsinnig interessant. Ich kann hier bestimmt eine Menge lernen.«
»Wir haben alle Zeit der Welt, Mimiran. Wir können jederzeit zurückkommen.« Tervenarius streichelt sanft sein Haar, die Finger glitten in seinen Nacken und kraulten den Haaransatz. Das war angenehm. An diesen Gedanken hatte David sich immer noch nicht gewöhnt. Er war nun fähig, in zehn Tagen oder tausend Jahren wiederzukommen. Als unsterblicher Weltenwanderer konnte er sich so viel Wissen aneignen, wie er wollte. Das war toll. Zutraulich schmiegte er den Kopf in Tervs Schoß und bemerkte, wie sich dessen Glied unter seinen Händen verhärtete. Kein Sex, bis sie zurück in Vancouver waren. Tervenarius war offensichtlich der Meinung, dass sich sein Sperma durch die Verwandlung verändert hatte. Das war gut möglich. Das Quecksilber würde es bestimmt metallisch schmecken lassen. Ob das eine positive Veränderung war, wagte David zu bezweifeln. Aber Terv war so gespannt darauf, dass er ihm die Freude nicht verderben wollte.
Versonnen streichelte er Tervs Schwanz durch den Stoff des Gewands. Es sprach jedoch nichts dagegen, Tervenarius ein wenig zu verwöhnen. David hob den Kopf und sah in sein Gesicht. Liebe, Zärtlichkeit und Begehren standen in Tervs Blick. Gleichzeitig zuckte das Glied unter seinen Handflächen. Er brauchte kein Wort zu sagen. David wusste, was seine Augen und seine halb geöffneten Lippen Terv signalisierten. Ich will dich, sagten sie, und komme nicht auf die Idee, dich aus irgendeinem Grund zu verweigern.
Mit beiden Händen schob er das Gewand höher und entblößte das Objekt seiner Begierde, das sich ihm herausfordernd entgegen reckte. Tervenarius lehnte sich zurück.
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Der auf Duonalia seltene Nieselregen schien bereits eine Weile anzudauern, denn der Innenhof glänzte feucht und es tropfte von den Dachkanten, als David an Tervs Seite am nächsten Morgen die Küche betrat. Die beiden weit geöffneten Flügeltüren zum Hof ließen die frische, kühle Luft in den Raum.
Die Duocarns flegelten sich am Tisch, Becher voll Dona und Reste von Donakuchen vor sich auf der hölzernen Tischplatte, was David den Eindruck eines kleinen Gelages vermittelte. Die Freunde unterhielten sich halblaut. Xan, Meo, Patallia und Smu hoben die Köpfe, nickten und grinsten ihn und Terv an. So hart der vorherige Tag gewesen war, sie hatten ihre Pflicht getan, die Geschichte ihres Planeten geregelt und die Zufriedenheit darüber stand spürbar in der Luft. Auch lag eine leichte Aufbruchstimmung im Raum.
David schob sich auf den Stuhl neben Smu. Ein letztes Mal Dona. Er war nicht böse darum und freute sich auf die Lebensmittelvielfalt auf der Erde. Er lächelte Terv an, der ihm einen gefüllten Becher reichte und sich an seine Seite setzte.
»Wenn ich nachher zu Haus bin, brate ich mir ein Steak«, verkündete Smu. »Mit Bratkartoffeln und einem monumentalen Salat.« Er grinste David an. »Wie wär’s, machst du da mit?«
Unter normalen Umständen hätte David sich über dieses Angebot gefreut und sofort zugestimmt. Nun jedoch fiel ihm unvermittelt ein, dass er keine Ahnung hatte, wie sein veränderter Körper auf die von Smu offerierten Nahrungsmittel reagieren würde.
Der bemerkte sein Zögern. »Ach ja«, meinte er gedehnt. »Du weißt sicher nicht, ob du diese Sachen nun überhaupt noch verträgst. Das ist natürlich blöd.«
Patallia neben ihm nickte. »In der Tat, David, würde ich mit solchen Speisen erst einmal vorsichtig sein. Dona bekommt dir ja offensichtlich. Also trink zunächst besser nur Kefir und teste nach und nach kleine Mengen Getreideprodukte, Obst und Gemüse.«
»Ich kriege das schon hin«, erwiderte David und nippte an seinem Becher. Dabei betrachtete er seine bleiche Hand. Quecksilber. Er hätte tot sein müssen. Stattdessen floss ein hochgiftiges Metall in seinen Adern, das ihn unendlich lange konservieren würde. Er hatte keine Ahnung, wie es nun um seine restlichen Körperflüssigkeiten und um seine Verdauung bestellt war. Er trank Wasser und Dona, weil er das Bedürfnis dazu verspürte. Seine Instinkte leiteten ihn sicher auch weiterhin. Gedankenversunken atmete David ein. Die Luft auf Duonalia schien frischer und gehaltvoller als die auf der Erde. Er fühlte sich wie in einem ständigen Sauerstoffzelt, was anregend war. Brauchte er überhaupt noch Sauerstoff? David blickte interessiert in die Runde, lauschte Xans Vortrag über das Schärfen vom Messern und hielt den Atem an. Nichts geschah. Ihn befiel keinerlei Atemnot oder Ersticken. Jedoch vergaß er einen Augenblick lang die Verwunderung darüber, denn Meo und Xanmeran lenkten ihn ab.
Meodern, der als einziger Metallwaffen verwendete, ärgerte sich, dass Xan ihm ein Haar ausriss, um daran die mangelnde Schneidfähigkeit seiner Messer zu demonstrieren. Wutentbrannt packte der Duocarn mit dem stacheligen Blondschopf eine der Waffen vom Tisch und stach blitzschnell damit mehrmals zwischen Xanmerans Finger, der auf der Holzplatte liegenden Hand. David konnte dabei Meos Bewegungen nicht mehr sehen, sondern nur das kurze Blitzen der Klinge wahrnehmen. Er reckte den Hals. Die Tischplatte besaß nun einen gestanzten Umriss von Xanmerans großer Pranke im Holz, den alle begutachteten.
»Au weia«, bemerkte Smu lakonisch. »Wenn Maureen das sieht. Die wird nicht begeistert sein, Xans Patschepfötchen für immer auf ihrem Tisch verewig zu haben.«
Dieser Satz entfachte allgemeines Gelächter. Auch David lachte mit, und holte gleichzeitig wieder Luft. »Ich brauche keinen Sauerstoff mehr«, teilte er den anderen verblüfft mit.
»Den braucht niemand von uns Duocarns«, ertönte eine Stimme von der Tür. Solutosan.
Patallia, Meo, Smu und Xan starrten ihn an. Überrascht über den plötzlichen Wandel in den Gesichtern der Männer, drehten sich auch David und Terv zu ihm um.
Solutosan trat in den Raum und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Das, was quasi bisher sein Markenzeichen dargestellt hatte – die hüftlange, goldene Haarpracht – war verschwunden. Offensichtlich hatte er selbst etwas dilettantisch an seinem Haar herumgeschnitten, denn nun stand es kurzgeschoren und unregelmäßig von seinem Kopf ab. Ansonsten schien er David unverändert.
Xanmeran fasste sich als Erster wieder. »Ihr Götter, Solutosan, was hat das zu bedeuten?«
Der Duocarns-Chef blickte ruhig in die Runde. »Ich werde einen neuen Weg beschreiten. Die Zeit dafür ist günstig. Das Bacani-Problem ist so gut wie gelöst. Duonalia ist im Moment nicht bedroht. Die Erde ebenfalls nicht. Aus diesem Grund übergebe ich bis auf weiteres die Führung der Duocarns an Tervenarius und ziehe mich auf dem nördlichen Mond zum Training zurück. Dort bleibe ich bei Arishar, bis meine Ausbildung beendet ist. Ich will den Quinari helfen, auf Duonalia Fuß zu fassen. Sie züchten ebenfalls für ihren Fleischbedarf Warrantz. Die Idee von Meodern ist ausgezeichnet.«
»Du willst Bauer werden?« Xanmeran war fassungslos.
»Nein, ich erlerne das Kriegshandwerk bei den Quinari und helfe Arishar im Gegenzug bei der Bewältigung seiner Probleme.«
»Aber warum denn nur?« Tervenarius wirkte noch bleicher als sonst.
»Ich habe mich zu sehr auf die Macht meines Sternenstaubs verlassen und deswegen andere, wichtige Dinge vernachlässigt. Außerdem möchte ich meine unbekannte zweite Gabe erforschen.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Es ist Zeit für eine Veränderung. Ich lasse euch natürlich nicht im Stich, sondern bin da, wenn ihr mich braucht. Ich habe nur noch die Bitte, dass sich die Männer, die auf der Erde bleiben, wegen der Platinherstellung in Zukunft an Halia wenden.« Er lehnte sich zurück. »Terv, sprich mit Ulquiorra. Du wirst einen energetischen Ring brauchen.« Er blickte in die Runde. »Ich habe dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.« Er stand auf, umarmte Xan und Meo, danach Patallia und Smu, sie sich zögernd dabei erhoben. Dann trat er zu David, drückte ihm die Hand und zog den verwirrten Tervenarius kurz an seine Brust. Innerhalb eines weiteren Atemzugs war er zur Tür hinaus.
Die Männer am Tisch blickten sich verblüfft an.
Maureen kam in die Küche. Ihr Blick irrte zu Xanmeran. In der Hand hielt sie eine dicke, lange Strähne goldenen Haares.
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Erschauernd stand David in dem Wohnzimmer in Seafair, das er mit einem schnellen Schritt durch den energetischen Ring betreten hatte. Der Raum erschien ihm fremd. Am Liebsten hätte er Ulquiorra, der in diesem Moment in dem wirbelnden Tor verschwand, nachgerufen, ihn wieder mit zurückzunehmen. Wie lange war er fort gewesen? Er wusste es nicht. Unfähig zu denken, ließ er sich auf das Ledersofa sinken und starrte auf den kleinen Garten, in dem die ersten Krokusse aus braunem, verdorrtem Gestrüpp die bunten Köpfe reckten. Er hatte Vancouver am 19. Januar verlassen. Wo war sein Handy? Irritiert sah er, wie sich das Zimmer allmählich mit Männern füllte: Smu kam zurück und auch Patallia und schließlich blickte er in Tervs besorgtes Gesicht.
»Alles in Ordnung mit dir?«
»Ich fühle mich benommen. Das hier erscheint mir unwirklich, Terv.«
Tervenarius ließ sich neben ihn auf die Couch fallen. »Keine Sorge, dieses Gefühl lässt nach. Du musst deinen verwandelten Leib nun an das irdische Klima gewöhnen. Das wird eine Zeitlang dauern.« Er tauschte einen Blick mit Patallia und Mercuran spürte, dass die beiden sich über ihn unterhielten.
»Ich werde auf jeden Fall jetzt erst einmal duschen gehen«, verkündete Smu, zog sich auf dem Weg zur Tür bereits das Gewand über den Kopf und gönnte den Anwesenden einen Blick auf seine nackte Rückseite. Er war augenblicklich verschwunden.
Patallia grinste verständnisvoll. »Er ist für das einfache Leben auf Duonalia nicht geschaffen – außerdem hasst er weiße Gewänder. Melde dich, sollten Probleme auftauchen.« Er nickte David zu und folgte Smu zur Tür hinaus.
Nur er, Terv und Ulquiorra blieben zurück. Der ruhige Duonalier schien auf irgendetwas zu warten.
»Ach ja, der Reif«, erinnerte Tervenarius sich. »Komm, Ulquiorra, ich möchte das hinter mich bringen.«
Ein Reif? Nun fiel es David wieder ein, in Solutosans breiter Brust einen handtellergroßen, goldenen Ring gesehen zu haben, mit dem er den Torwächter rufen konnte. Solutosan war fort und hatte die Leitung an Terv übergeben. Der musste nun das Werkzeug bekommen, um die Verbindung zu Duonalia aufrechtzuerhalten. Wurde dieser Ring aufgeklebt?
Gespannt beobachtete David, wie Ulquiorra einen goldenen Schein aus seinen Händen fließen ließ und diesen mit einer geschickten Bewegung zu einem schimmernden Reifen schlang. Augenblicklich hatte sich das Objekt gefestigt und er trat zu Tervenarius, der sein Gewand von den Schultern gestreift und so seinen Oberkörper entblößt hatte.
»Der Schmerz geht bald vorbei.« Mit diesen Worten drückte Ulquiorra dem tapfer ausharrenden Tervenarius den Ring in die Brust. Mit einem zischenden Schmerzenslaut krümmte sich Terv zusammen. Sein Schatz wurde gepeinigt. David starrte fassungslos auf die Szene. Es war alles sehr schnell gegangen. Instinktiv schlang er den Arm um Tervs Schulter und stierte Ulquiorra finster an.
Wie kannst du es wagen, meinem Liebsten weh zu tun?, sagte sein Blick. Jetzt ein falsches Wort und ich fahre dir an die Kehle.
Ulquiorra zuckte schuldgewusst zusammen. »Es tut mir leid, aber es gibt keinen anderen Weg, um die Verbindung herzustellen.«
»Es geht schon«, keuchte Tervenarius gedämpft. »Es lässt bereits nach.«
David war völlig klar, dass Terv das nur wegen ihm sagte – um zu vermeiden, dass seine Empörung eskalierte. »Solutosan musste das auch durchmachen«, ächzte Tervenarius und hob den Kopf. Er richtete sich auf und betrachtete den Ring in seiner Brust. »Sieht doch klasse aus.«
»Ruf mich«, forderte Ulquiorra bestimmt. »Leg die Hand darauf und konzentriere dich auf mich.«
Gehorsam presste Tervenarius die Handfläche auf den Ring, der sanft erstrahlte.
»Gut«, Ulquiorra nickte zufrieden. »Der Ruf kommt an. Ich muss nun zurück nach Duonalia. Es gibt so viel zu regeln. Ich werde helfen, eine funktionierende Regierung zu schaffen. Und das mit einem üblen Haufen Bacanis als Partner. Wünscht mir Glück.« Er lächelte, was sein schmales Gesicht sanft erhellte.
Dieses Lächeln beschwichtigte David. Nein, Ulquiorra hatte Terv sicher nicht absichtlich Schmerz zugefügt. Er musste Tervenarius das Werkzeug geben, um über Lichtjahre mit ihm zu kommunizieren. Durch diesen Ring stand das Tor in diese fremde, ferne Welt für die Bewohner des Duocarns-Hauses offen.
David verstärkte den Griff um Tervs Schulter, der erneut zusammengesunken war. »Viel Glück, Ulquiorra«, sagte er fest. »Und danke für alles.«
Nachdenklich betrachtete er das Flimmern, das Ulquiorras energetischer Ring in der Luft hinterließ. Ihm kam dieser Art zu reisen nicht einmal mehr ungewöhnlich vor. Unsterblichkeit, außerirdische Krieger, Probleme ferner Welten und er mittendrin.
»Das war ziemlich heftig.« Tervenarius wandte sich ihm zu. Er blickte David prüfend ins Gesicht. »Du brauchst aber trotzdem keine Angst zu haben.«
»Angst? Ich bin wütend. Ich mag es absolut nicht, wenn dir weh getan wird. Gleichgültig von wem.« David presste die Lippen zusammen, was Terv lächeln machte.
»Komm, Mimiran, wir brauchen beide eine Pause. Ich freue mich auf unser Bett.«
Überrascht stierte David ihn an. War Tervenarius nach all dem, was sie erlebt hatten, wirklich der Meinung, dass es an der Zeit war für weitere sexuelle Experimente?
»Bett? Ich werde jetzt erst einmal ein Bad nehmen. Im Whirlpool.« Sie setzten sich in Bewegung und stiegen gemächlich die Treppen hinauf. Ob er nach dem Bad noch Power für ausschweifende körperliche Aktivitäten hatte? David wagte, dies zu bezweifeln. Seine Verwandlung hatte ihn eindeutig nicht zum Supermann gemacht. Wenn er ehrlich war, enttäuschte ihn das ein bisschen.
Als David in Bademantel zurück in ihr Zimmer kam, sah er, dass Tervenarius eingeschlafen war. Das Bad hatte David gut getan. Außerdem war er in der Küche gewesen und hatte vor den Resten von Smus Mahlzeit gestanden. Allein der Geruch des Fleisches und der Pommes Frites hatte ihm Übelkeit verursacht. Ihm war klar geworden, dass er diese Dinge nie wieder zu sich nehmen konnte. Nachdenklich hatte er die Essensreste in den Mülleimer entsorgt. Er war kein Mensch mehr. Ob er wohl all die Speisen wie Pizza mit Basilikum und Eis mit heißen Kirschen auf Dauer vermissen würde? Das blieb abzuwarten. Wonach stand ihm denn der Sinn? David hatte in sich hinein gehorcht. Nach Milch, und wenn er ehrlich war, sogar nach Dona. Also hatte er sich ein Glas Kefir eingeschenkt und ein wenig Himbeersirup hineingemischt, um den Geschmack zu verändern. Das war ihm ausgezeichnet bekommen.
Glücklich schob er sich unter die Bettdecke. Die kleine Nachttischlampe ließ er brennen. Sie verbreitete warmes, orangefarbenes Licht. Entspannt betrachtete er ihr Zimmer. Das war sein Zuhause mit all den vertrauten Gegenständen und Tervs Kleidung auf einem Stuhl. Wie gewöhnlich schlief sein Geliebter nackt. David musterte ihn liebevoll. Für ihn war Tervenarius der schönste Mann der Welt – nein, sogar aller Galaxien. Seine langen, weißen Wimpern zuckten im Schlaf. Wovon er wohl träumte? Zufrieden kuschelte er sich näher an seinen Schatz und schloss die Augen. Er war kein Mensch mehr, aber die Erde war und blieb sein Zuhause.
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Das Duocarns Universum besteht aus folgenden Büchern:
Band 1 - "Duocarns – Die Ankunft"
ISBN: 978-3-943764-05-5 – 218 Seiten
Band 2 - "Duocarns - Schlingen der Liebe"
ISBN: 978-3-943764-00-0 – 198 Seiten
Band 3 - "Duocarns - Die Drei Könige"
ISBN: 978-3-943764-10-9 – 212 Seiten
Band 4 - "Duocarns - Adam, der Ägypter"
ISBN: 978-3-943764-02-4 – 204 Seiten
Band 5 - "Duocarns - Liebe hat Klauen"
ISBN: 978-3-943764-13-0 – 216 Seiten
Band 6 - "Duocarns – Ewige Liebe"
ISBN: 978-3-943764-14-7 – 228 Seiten
Band 7 - "Duocarns - Alien War Planet"
ISBN: 978-3-943764-17-8 – 288 Seiten
Band 8 – "Duocarns – Nice Game"
ISBN: 978-3-943764-49-9 - 204 Seiten
Band 9 - "Duocarns - Edoculus"
erscheint im Herbst 2014
Eigenständiges Buch:
"Duocarns – David & Tervenarius"
ISBN: 978-3-943764-42-0 - 240 Seiten
Die Kurzgeschichten zu den Duocarns:
"Duocarns – Suspiricons"
ISBN: 978-3-943764-43-7 - 116 Seiten
Sammelband: "Duocarns - die fantastischen Sternenkrieger"
Collection 1-3
ISBN: 978-3-943764-52-9 - 624 Seiten
Texte: ©elicit-dreams.de
Bildmaterialien: ©elicit-dreams.de
Tag der Veröffentlichung: 23.03.2014
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