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Prolog


Prolog

Wenn wir träumen, träumen wir oft von Sachen die uns entweder schon einmal wiederfahren sind, von Dingen vor denen wir Angst haben oder von Begebenheiten die wir zu ändern, uns wünschen.

Denkt man einmal genauer darüber nach, dann sind Träume ein Mittel um besser mit etwas abzuschließen oder einen guten Lösungsweg für etwas zu finden.

Träume sind also eine Hilfe aus Erfahrungen, für die Zukunft zu lernen.

Doch das bekommen wir oft nicht einmal mehr mit.

Diese Geschichte soll ein Anreiz sein, sich mit Träumen und Eingebungen besser auseinander setzen zu können.

Der Tag danach


Seit meiner Kindheit lebe ich in einer kleinen Stadt, die nicht sehr viele und immer wieder wechselnde Einwohnerzahlen hat.
Freundschaften fielen mir daher zu schließen, in meiner Kindheit sehr schwer.
Was wohl der Grund dafür ist, weswegen ich über die Zeit ein sehr in sich gekehrter Mensch geworden bin.
Ich habe mich zu einer Art bindungslosen Person entwickelt.
Es ist nicht so, dass ich unsozial oder menschenverachtend bin, ich habe es nur lieber für mich allein zu sein.
Aber auf diese Weise wurde mir einiges klar.
Ich hatte also genug Zeit, die ich mit mir selbst verbrachte, um über Dinge nachzudenken, denen man im alltäglichen Leben kaum noch Beachtung schenkt.
Ich begab mich mit vielen Fragen auf eine waghalsige Reise, auf der ich die Antworten zu finden mir erhoffte.


Vor 3 Jahren, als ich alte Freunde besuchte, kam mir eine Fantasie in den Kopf, über die ich den ganzen Heimweg nachdachte.
Diese Eingebung war der mir damals noch nicht bewusste Anfang meiner Reise in die Welt der Gedanken.
Folgendes ließ mich auch drei Tage darauf noch nachdenken, bis ich letztendlich zu einem Ergebnis kam, mit dem ich relativ zufrieden sein konnte:


Ich verspürte plötzlich einen steigenden Adrenalindruck, von dem ich mir nicht erklären konnte, wie er zustande kam.
In mir stieg das Gefühl auf, etwas Verbotenes zu tun.
Ich fand das interessant und wollte wissen, woher das Gefühl so plötzlich kam.
Als ich meinen Blick wieder auf die Straße richtete, fuhr ein Auto ziemlich schnell und laut an mir vorbei.
Schlagartig traf mich die Eingebung, dass ich schon einmal hinter einem Autosteuer gesessen haben musste.
Es fühlte sich an, wie eine Erinnerung, von der ich aber wusste, dass es sie nicht geben konnte.
In meinem Kopf tauchten Bilder auf, zum Beispiel wie ich hinter dem Lenkrad saß.
Da ich keine farbigen, sondern nur schwarz-weiß verschleierte Bilder wahrnahm, ging ich davon aus, dass es sich bei Nacht oder spät am Abend zutrug.
Ich verspürte Angst, von der Polizei erwischt zu werden, weswegen ich nur sehr wenig Gas gab.
Ich fuhr im Schneckentempo um die Ecke und beachtete keines der Verkehrsschilder, denn ich wusste nicht im Geringsten, was sie zu bedeuten hatten.
Ich konnte nicht sagen, wieso ich in diesem Auto saß, wohin ich fahren wollte oder an welchem Tag es war.
Ich vermute, dass ich es zum Spaß tat. Und ich wusste, dass ich allein war.
Ich bin mir sicher, dass ich in meinem Leben noch nie Auto gefahren bin und habe es in der nächsten Zeit auch nicht vor.
Doch meine Empfindungen fühlten sich so echt an, dass sich mein Gehirn die Situation dazu ausgemalt haben muss.




Als ich zu Hause angekommen war, verbrachte ich noch einige Stunden damit mich zur Besinnung zu rufen.
Ich merkte jedoch, als die Vögel begannen zu singen, dass ich langsam vor Müdigkeit erschöpft war und meine Gedanken nur noch ein Haufen Kauderwelsch waren.
Letztendlich zwang ich mich die Augen zu schließen und schlief beinahe sofort ein.


Am Morgen darauf wurde ich enttäuscht.
Anders als erwartet, kam die Eingebung des Vorabends nicht als Traum zurück, den mein Gehirn dann vielleicht mit ein paar bunten Bildern und hilfreichen Details ausgeschmückt hätte.
Ich ging ins Bad um mich frisch zu machen und schaute mir mein Gesicht ausgiebig im Spiegel an.
Dicke Augenringe und rote Wangen, trockene, nach unten gezogene Lippen und Stirnfalten verrieten mir, dass ich nicht gut geschlafen hatte.
Ich fühlte mich ausgeschlafen, jedoch sah ich nicht danach aus.
Also doch geträumt, dachte ich mir im Stillen und ließ die Sache auf sich beruhen.
Ich wollte mich von der anstrengenden Woche und den langen, ausführlichen Gesprächen bei meinen Freunden ein wenig abseilen und entschied daher, in meinen nahegelegenen Garten zu gehen.
Ich machte mich also ausgehfertig und verfolgte eine halbe Stunde die Nachrichten im Radio, als ich mir ein kleines Frühstück gönnte.
Es sollte an diesem Sonntag nicht regnen. Das Wetter bekräftigte meine Entscheidung in den Garten zu gehen.
Mein Weg war nicht weit. Ich musste eine halbe Stunde zu Fuß die Hauptstraße stadtauswärts verfolgen und kam dann direkt auf mein kleines Stückchen Land, was ich mir vor vier Jahren gekauft und über die Zeit zu einem ansehnlichen Garten mit großer Laube und vier ordentlich bewirtschafteten Beeten ausgebaut hatte.
Mein größtes Hobby war und ist noch heute, das Klavier spielen.
Da es in dem Mehrfamilienhaus in dem ich lebte, zwei Familien mit Kindern gab und diese bis spät abends auf dem kleinen Hinterhof herum polterten, ließ ich mein Klavier unter schützenden Augen vor einem Jahr umziehen und pflegte es seit dem in meiner Gartenlaube zu benutzen.
Hier hatte ich die Ruhe dazu.
Ich begab mich sofort an die Arbeit, das eigens von mir komponierte Stück, was ich vor 2 Wochen begonnen hatte, zu überarbeiten, konnte mich allerdings nicht lang darauf konzentrieren, da das Ereignis des Vorabends sich immer wieder in meine Gedanken zurück stahl.
Ich versuchte es zu verdrängen, da ich es als nicht mehr wichtig einordnete.
Als ich mich ein wenig an die frische Luft begab um eine Zigarette zu rauchen, verspürte ich abermals einen heftigen Adrenalinschub.
Ich nahm das Geräusch eines fahrenden Autos wahr und verlor mich wieder in die Suche nach der Lösung meines Rätsels.


Das erste was mir auffällig erschien, war das Geräusch eines fahrenden PKWs, was mich dazu verleitete, mich dem Autofahren immer wieder verbunden zu fühlen und ich versuchte dies als Grundsatz zu nehmen, aus dem ich mir die Lösung herleiten wollte.
Mir kam zu bedenken, dass ich oft träumte und es am nächsten Morgen nicht mehr oder nur bruchstückartig und kurz wahr nahm.
Stunden oder auch Tage darauf kam dann jedoch der genaue Verlauf meines Traumes in mein Gedächtnis zurück und ich konnte mich daran erinnern, wann ich es geträumt hatte.
Sollte dies ein Traum gewesen sein, der nach lange verstrichener Zeit wieder vor meinem geistigen Auge erschien?
Dann war es hier jedoch unwahrscheinlich, da ich mich auch nach langem Nachdenken nicht erinnern konnte, wann ich dieses Szenario geträumt haben soll.
Ich schloss diese erste Vermutung damit aus.
Meine Zigarette war bis an den Filter abgebrannt, ich drückte sie im Aschenbecher aus und gab mich tiefergreifenden Gedanken hin.
Ich begab mich in meine Kindheit, an die ich mich recht wenig erinnerte und suchte in ihr nach Erlebnissen die damit in Verbindung gebracht werden konnten.
Vielleicht saß ich als kleines Mädchen schon einmal auf dem Schoß meines Vaters am Steuer und spielte ihm eine rege Verfolgungsjagd vor.
Mein Vater besaß zu meiner Kindheit einen alten Opel in blau, den ich immer Glubschie nannte, weil ich fand, dass die Scheinwerfer wie große Froschaugen aussahen.
Eines Abends, als mein Vater von der Arbeit nach Hause kam, setzte er mich und meinen großen Bruder ins Auto, um meinem Bruder, der kurz vor seiner Fahrschulprüfung stand, noch ein paar Fahrstunden zu geben, erinnerte ich mich.
Ich war damals drei Jahre alt und ningelte auf dem Rücksitz die ganze Zeit herum, weil mir langweilig wurde und ich Beachtung suchte.
Als mein Bruder die Konzentration verlor, nahm mich mein Vater auf den Schoß und wir spielten Feuerwehr hinter dem Steuer des alten Glubschie.
Der Motor stand still, das einzige Geräusch, an was ich mich erinnern konnte, war mein schrilles Quietschen, als ich versuchte die Sirene der Feuerwehr zu imitieren.
Auch war mir am Vorabend diese Erinnerung nicht wiederfahren, sodass ich auch dieses Erlebnis nicht als ausschlaggebenden Grund für meine wilde Fantasie ausmachen konnte.


Ich bekam Kopfschmerzen und nachdem ich mir abermals sagte, dass es sicher nicht so wichtig war, legte ich die Gedanken vorerst bei Seite.
Mir war zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits klar, dass es nicht lange dauern sollte, bis ich mich wieder für unbestimmte Zeit davon ablenken ließ.
Als ich dort so vor meiner Gartenlaube stand, erschrak ich als mein Handy klingelte und mich vollständig auf den Boden der Tatsachen zurückholte.
Es war mein einziger Freund aus Teenagertagen, Alexander.
„Alex?“ meldete ich mich.
Eine kurze Pause trat ein, dann gab er mir auf gleiche Weise zu verstehen, dass er sich nicht verwählt hatte.
„Clara! Alles klar bei dir?“
Ich zog eine Zigarette aus meiner Schachtel und steckte sie mir in den Mund. Danach nuschelte ich während ich die Zigarette anzündete ein kurzes „Klar!“
Als ich das Handy wieder in einem sicheren Griff hatte und mir die Zigarette mit der linken Hand aus dem Mund nahm, fragte ich ihn, ob von seiner Seite her auch alles klar sei und er bestätigte dies mit einem „Ja.“
„Bist du heut im Garten?“ er raschelte mit etwas im Hintergrund. Ich dachte an eine Aldi-Plastetüte.
„Ja bin ich. Kannst vorbei kommen, wenn du magst.“
Das Rascheln verstummte und seine Stimme wurde nun deutlicher hörbar, als er zum Abschluss sagte „Ok dann bis gleich.“
Ohne ein Feedback abzuwarten, legte er auf. Das tat er immer.


Die Zeit, in der ich warten musste, verbrachte ich damit, in den Himmel zu starren und meine Zigarette aufzurauchen.
Alex wohnt am Rand der Stadt und brauchte geschlagene 10 Minuten bis zu meinem Garten.
Wir unterhielten uns bis in die späten Abendstunden über Gott und die Welt.
Ich dachte nicht noch einmal an die zwielichtige Autofahrt, die ich in meiner Fantasie geführt hatte.
Alex hatte es drauf, mich von meinen Gedanken abzulenken, deswegen war er auch der einzige geblieben, mit dem ich über kurz oder lang klar kam, denn er erzählte vorwiegend von sich selbst, sodass ich nur zuhören musste.
Mich selbst zu erklären kam nur selten vor, mir war das jedoch genauso recht wie ihm.
Er war ein sehr groß gewachsener Mann, Mitte 20 und studierte Astrophysik, an der Uni in der nächstgrößeren Stadt.
Früher wollte er immer Feuerwehrmann werden und gab diesen Wunsch erst auf, als er einmal vor einem brennenden Haus stand und nicht einmal in der Lage war, den Notruf zu wählen, um den Personen die dort um ihr Leben bangten, zu helfen.
Ich zog ihn damit oft auf. Auch das Wissen darüber, dass Menschen ums Leben gekommen waren, weil er 10 Minuten da stand wie ein Hinkelstein, brachte mich nicht dazu dies abzulegen. Auf gewisse Weise bin ich eine Sarkastin.
Das Gespräch tat mir gut und am Abend war ich so müde, dass ich es vorzog nur schnell unter die Dusche zu gehen und mich dann sofort ins Bett legte.
Ich ließ im Prozess des Einschlafens den Tag noch einmal revuepassieren und schlief ein, als mir klar wurde, dass ich zu keinem Ergebnis gekommen war.


Impressum

Texte: Copyright liegt allein bei Regina Schulze & Nadine Römer
Bildmaterialien: Titelbild stammt von www.phil-untitled.blogspot.com
Tag der Veröffentlichung: 30.06.2012

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