Die Liebe, die Lügen und die Lust.
Roman
Von
Francis Madrid
Texte © Copyright by Francis Madrid 2014
E-Mail: braeuer212@gmail.com
Cover ©
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Druck und Verlag: BookRix.de
Prolog
Markus, ein unfreiwillig nach Hamburg verschlagener, nicht mehr ganz junger Mann, macht die Bekanntschaft eines mächtigen, undurchsichtigen, Mannes und wird über Nacht in die Welt der Reichen und Schönen katapultiert. Er hat eine erotische Affäre mit einer spielsüchtigen feinen Dame und erlebt am eigenen Leibe die Abgründe menschlicher Begierde. Sabrina, die Geliebte seines Auftraggebers wird für ihn zur Herausforderung. Hat er Glück? Oder ist er nur als Bauernopfer auserkoren, um mit seiner Hilfe einen dubiosen Plan durchführen zu können?
In diese von Macht, Geld und Sex beherrschte Welt, folgen die Akteure wie Schachfiguren einem vom Schicksal vorbestimmtem Spiel.
Ich hatte gerade die Stellung in Hamburg angetreten und wohnte in einer kleinen schäbigen, aber billige und für meine bescheidenen finanziellen Verhältnisse adäquate Pension, im verrufenen Ortsteil St. Pauli.
Ich bin nicht von hier, Sie hören es an meinem Akzent. Ich komme aus dem Süden und habe alles hinter mir zurücklassen müssen, wollte ich nicht weiter arbeitslos bleiben.
Als die Dame vom Arbeitsamt mir die Lagerstelle bei der Fa. McEnroy in Hamburg anbot, wollte ich meinem ersten Impuls folgend ablehnen. Sie machte mich darauf aufmerksam, dass ich, Alleinstehender, ohne weitere Verpflichtungen, die mich an meinen Wohnsitz banden, keine plausiblen Gründe vorbringen konnte, um ihr Angebot abzulehnen. Infolgedessen musste ich mit einer Kürzung, ja sogar mit einer Streichung meines Arbeitslosengeldes rechnen.
Also sagte ich mir, warum eigentlich nicht? In Hamburg zu leben ist nicht das Schlimmste, was einem passieren kann, außerdem, ich sagte es ja, bin ich alleinstehend und niemand weint mir eine Träne nach.
Ich zog also nach Hamburg, tat wochentags meine Arbeit und am Wochenende saß ich gelangweilt in meinem schäbigen Hotelzimmer und glotzte auf meinen für einen Euro am Tag geliehenen Fernseher. Nun werden Sie sagen, wenn man in St. Pauli wohnt, muss man sich am Wochenende nicht langweilen. Sie haben im Prinzip Recht, aber eben nur im Prinzip. Sehen Sie, wenn ich mich aufraffte, mein Zimmer zu verlassen, um beim Italiener um die Ecke etwas zu essen, sah ich schon von weitem die Leuchtreklamen rot leuchten:
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Ich bin ein normaler Mann und habe auch in dieser Hinsicht meine Bedürfnisse, aber bezahlen will ich dafür nicht, weil mir die Zärtlichkeit fehlt.
Wenn Sie an jeder Straßenecke daran erinnert werden, was Sie nicht haben und was Ihnen fehlt, macht Sie das nicht glücklicher. Also blieb ich lieber in meinem Zimmer.
An einem Sonntagmorgen, es war einer der wenigen Tage, an dem es in Hamburg nicht regnete, raffte ich mich auf und ging zur nächsten U-Bahn-Station. Ich hatte von einem Bekannten von einer, wie er sie nannte, Roulette-Sightseeing-Methode gehört. Er überließ es dem Zufall, in welche Richtung er fuhr und legte von vornherein die Zahl der Station fest, bei der er aussteigen wollte.
Ich beschloss es ebenso zu machen, die nächstbeste Bahn zu nehmen und bei der zehnten Station auszusteigen.
Fragen Sie mich jetzt nicht, in welche Richtung ich gefahren und wo ich ausgestiegen bin. Ich habe es mir nicht gemerkt und ehrlich gesagt, es hat mich auch nicht weiter interessiert. Ich bin also bei der zehnten Station ausgestiegen und gleich die Treppe zum Ausgang hochgelaufen.
Ich weiß nicht, wie Sie es empfinden, wenn Sie beim Verlassen der U-Bahn an die Oberfläche kommen. Für mich hat es was von einem Überraschungseffekt und ich bin immer gespannt, was ich da oben finde.
In diesen Fall hielt sich der Überraschungseffekt in Grenzen.
Es war eine breite Straße in einer offenbar noblen Gegend mit mäßigem Verkehrsaufkommen. Links und rechts gab es mehrere Bekleidungsgeschäfte allesamt der gehobenen Kategorie, sowie eine Parfümerie und ein Juwelier. Zwischen den Geschäften eingebettet gab es noblen Wohnburgen für gut situierten Hamburger. Kurz und gut, nichts Besonderes. Ich ging ein paar Schritte diese Straße entlang und wollte schon umkehren, da entdeckte ich in einiger Entfernung einen kleinen Park und irgendwie meiner inneren Stimme folgend ging ich dorthin.
Als ich dem Park näher kam, fiel mir ein Mann auf, der augenscheinlich auf einem dieser begehbaren und mit großen Plastikfiguren bestückter Schachbretter stand, wie sie jetzt an vielen öffentlichen Plätzen en vogue sind. Die kleine Parkanlage an sich machte einen tristen Eindruck, es war offensichtlich, dass die Stadtverwaltung die Anlage vernachlässigte. Der Mann war ganz in Schwarz gekleidet und machte mit seiner Größe von schätzungsweise einen Meter neunzig und graumelierten Haaren schon auf sich aufmerksam. Altersmäßig schätzte ich ihn so um die Sechzig.
Wie mir schien, war er dabei, gegen einen unsichtbaren Gegner eine Partie Schach zu spielen. Ich trat näher und wollte ganz unverbindlich zuschauen, da blickte er auf und sprach mich an.
«Spielen Sie Schach?", Fragte er mit einer sonoren dunklen, aber nicht unangenehmen Stimme. Bevor ich antworten konnte, sprach er weiter:
«Übernehmen Sie die Schwarzen. Wie Sie sehen, brauchen Sie nur ein paar Züge und ich bin matt.«
Seine grauen Augen sahen mich fragend und zugleich herausfordernd an.
"Gerne, aber versprechen Sie sich nicht all zu viel, ich bin ein blutiger Anfänger«, sagte ich und dachte mir, lieber etwas tiefstapeln und den Gegner täuschen. Er brauchte ja nicht zu wissen, dass ich einigermaßen spielen konnte.
Eine Viertelstunde später stand die Partie wieder zu seinen Gunsten und dann dauerte es nicht lange, bis er »Schach matt« rief. Ich hatte mich wieder mal bis auf die Knochen blamiert.
"Nehmen Sie es leicht, Herr...?«
"Scholtis, Markus Scholtis", stellte ich mich vor und reichte ihm die Hand.
"Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Herr Scholtis«, sprach er mit einem unverkennbaren norddeutschen Akzent. "Mein Name ist Fred Nielsen."
Er hatte einen festen Händedruck und ich hatte Mühe, ihn in dieser kraftvollen Art zu erwidern. Sie müssen wissen, ich hasse weiches, luschiges, Händedrücken, wie es oft vorkommt.
Nun folgte die Revanche und ich nahm mir vor, dieses Mal höllisch aufzupassen, aber ich ahnte, nein ich wusste, dass ich gegen ihn chancenlos war. Dieser Mann strahlte eine Ruhe aus, die auf eine außergewöhnlich hohe Intelligenz deutete.
Alle meine Bemühungen zum Trotz, kam es so, wie es kommen musste und ich verlor auch diese Partie. Ich wollte mich gedemütigt verabschieden und sagte kleinlaut: "Also dann, Herr Nielsen, es war mir eine Freude, Sie kennen gelernt zu haben", aber er unterbrach mich.
"Nein, nein, mein Lieber. So lasse ich Sie nicht gehen. Es gibt hier in der Nähe ein kleines Restaurant. Wie wäre es mit einem leckeren Fischbrötchen und dazu einen trockenen Chablis, oder trinken Sie kein Alkohol?"
Ich war eigentlich fest entschlossen, dem Ganzen ein Ende zu setzen, zu tief steckte in mir der Frust über die Niederlage, aber für ein frisches Fischbrötchen würde ich meine Seele verkaufen. Also hörte ich mich sagen oder besser gesagt, lügen: "Gelegentlich trinke ich schon Mal ein Glas", denn eigentlich bin ich, was gutes Essen, Wein und Frauen betrifft kein Kostverächter.
«Dann machen Sie mir die Freude und seien Sie mein Gast«, sprach er und ergänzte: »Falls Ihre Zeit es erlaubt.«
Ich gab zu nichts Besseres vorzuhaben und so stand der Einladung nichts im Wege.
Wir verließen das Spielfeld und liefen gemächlich bis zur Hauptstraße. Er hatte einen geschmeidigen Gang, ähnlich einem Raubtier und keinesfalls seinem Alter entsprechend stockend oder unsicher. Wir näherten uns einer Reihe parkender Wagen und Nielsen sagte:
"Machen wir uns einen Spaß daraus, indem Sie mir sagen, welcher Wagen zu mir gehört. Wollen Sie?"
Ich sah mir die Nobelkarossen an und mir war sofort klar, dass nur ein alter, sehr gut erhaltener, englischer Rover infrage kam.
"Das ist nicht schwer zu erraten", sagte ich siegessicher, "es ist der Rover."
"Dachte ich mir, dass Sie ein Menschenkenner sind" und ich hatte den Eindruck, dass er es ehrlich meinte.
Nielsen schloss den Wagen auf und bat mich einzusteigen. Es war ein Erlebnis, sage ich Ihnen. Die schwere Lederausstattung und das Edelholz des Armaturenbrettes passten hervorragend zum rundherum sehr gepflegten Eindruck. Beim Anlassen des Motors, waren, außer dem Surren der Innenbelüftung, absolut keine Motorgeräusche zu hören. Nielsen legte die Automatik ein und der Wagen begann, lautlos die Straße hinunterzurollen. An der nächsten Kreuzung bog er nach rechts ab und befuhr mit mäßigem Tempo und total entspannt eine breite Chaussee. Plötzlich erkannte ich, wo wir waren. Ich sah die Alster, und bevor ich etwas sagen konnte, bog er nach links ab und fuhr auf den Parkplatz eines stadtbekannten Nobelrestaurants.
Alle Parkplätze waren besetzt, außer einem, mit Direktion gekennzeichneten und genau da fuhr er drauf. Ich dachte mir, dass er bestimmt ein gern gesehener Gast sei und deswegen Sonderrechte genoss. Nun, ich hatte mich gewaltig geirrt.
Beim Betreten des Lokals, wurden wir vom Personal überaus höflich begrüßt und er ging schnurstracks auf den einzigen freien Tisch mit einem Reservier-Schildchen zu und nahm Platz.
»Nach der Anzahl an reservierten Plätzen zu urteilen scheinen Sie hier Stammgast zu sein«, sagte ich.
»Wie man´ s nimmt. Der Laden gehört mir«, hörte ich erstaunt Nielsen antworten.
Kaum saßen wir, kam eine, schätzungsweise fünfundzwanzigjährige Schönheit auf uns zu und gab ihm die Hand.
Die Art und Weise, wie sie das tat, ließ mich vermuten, dass die beiden etwas miteinander hatten. Er stellte mich vor und sie wandte sich mir zu, um auch mir die Hand zu geben und da blickte ich in die schönsten rehbraunen Augen die ich je gesehen habe. Ich gebe zu, Neid empfunden zu haben, denn die Aussicht irgendwann in meinem Leben die Gunst einer solchen Frau zu erringen, war sehr unwahrscheinlich.
"Sabrina bringen Sie uns bitte unsere Variationen an Fischbrötchen und eine Flasche Chablis."
"Sehr wohl, Herr Nielsen", antwortete sie, doch sie hätte ebenso gut sagen können: "Aber gerne, Liebling.«
Kurz danach brachte uns ein junger Kellner Besteck und Teller und deckte für uns ein. Er war, wie mir schien, etwas nervös, was wohl daran lag, dass Nielsen sein Chef war. Er stellte eine Karaffe mit kristallklarem Wasser und die dazu passenden Gläser auf den Tisch und zog sich mit einem artigen Diener dezent zurück. Ein paar Minuten später kam Sabrina mit einer Weinflasche und zwei Weingläsern zurück und stellte diese jeweils vor uns. Sie entkorkte schnell und gekonnt die Flasche und goss ein wenig von dem kostbaren Inhalt in Nielsens Glas.
Nachdem er gekostet hatte, nickte er wohlwollend und sie schenkte uns ein. Nachdem sie damit fertig war, beugte Nielsen sich in ihre Richtung und gab ihr mit der Hand ein Zeichen, dass sie sich ihm nähern sollte. Als ihre Gesichter auf gleicher Höhe lagen, flüsterte er ihr etwas ins Ohr, worauf sie lächelnd nickte und mit glänzenden Augen unseren Tisch verließ.
Kurz danach kam sie wieder mit einer großen silbernen Platte, auf der sich drei handgroße Baguette Brötchen befanden, und stellte diese auf den Tisch. Mit der höflichen Floskel "Guten Appetit" und einem strahlenden Lächeln in Nielsens Richtung ging sie zurück und verschwand durch eine seitliche Tür, mit dem Schild "Personal".
Nielsen nahm sein Glas in die Hand und sagte:
"Trinken wir auf den Zufall und darauf, dass er uns zusammengeführt hat."
Er nippte an seinem Glas, aber ich nahm einen kräftigen Schluck, denn ich fühlte mich in dieser vornehmen Gesellschaft nicht wohl und danach ging es mir besser.
"Greifen Sie zu. Ich bitte Sie mich einen Augenblick zu entschuldigen, ich habe eine Kleinigkeit zu erledigen."
Er stand auf und ging ebenfalls durch die Tür mit dem Schild "Personal" hinaus.
Ich sah mir die Brötchen an. Sie waren mit Hering und feinstem Räucherlachs belegt und mussten zweifellos köstlich schmecken, aber das ausgelegte Besteck irritierte mich. Ich war mir nicht sicher, wie ich damit mein Brötchen essen sollte. Mit anderen Worten: Ich brachte in dieser vornehmen Atmosphäre keinen Bissen runter und zog es vor, den Chablis zu trinken. Meine Gedanken schweiften durch diese ominöse Tür und in meiner Fantasie sah ich diese schöne Frau in seinen Armen liegen.
Geld müsste man haben, dann gehörte einem die Welt, dachte ich neidig, resignierend.
Nach einer Weile, es war ungefähr eine Viertelstunde vergangen, kam er wieder zurück und setzte sich wortlos hin. Er machte einen angespannten Eindruck und sprach mit einem aufgesetzten Lächeln:
"Ich glaube, ich sollte langsam kürzertreten und mir einen Nachfolger suchen."
Mir war gleich aufgefallen, dass seine Krawatte nicht mehr korrekt saß und an seinem Hals Lippenstiftspuren zu sehen waren. Ich machte ihn darauf aufmerksam und er nahm sein Taschentuch, um den verräterischen Fleck abzuwischen, aber ich sagte:
"Stopp. Nehmen Sie meins" und gab ihm mein Taschentuch. »Ich habe keine Frau, die mir die Wäsche wäscht und ein Taschentuch mit Lippenstiftspuren entdeckt."
Er sah mich erstaunt an.
"Daran habe ich nicht gedacht. Sie sind gut, Sie sind wirklich gut."
Ich fühlte mich aber nicht wohl in dieser für mich fremden Welt und beschloss zu gehen.
"Nun, ich glaube, ich sollte langsam in meine Welt zurückgehen."
Ich machte eine Andeutung aufstehen zu wollen.
"Sie haben noch nichts gegessen. Ich lasse Ihnen die Brötchen einpacken" und gab dem jungen Kellner einen Wink.
"Darf ich hoffen, Sie wieder zu sehen?", fragte
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Francis Madrid
Bildmaterialien: Francis Madrid
Cover: 618280_original_R_K_by_Marcel_Gerber_pixelio.de www.pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 09.05.2024
ISBN: 978-3-7554-7957-4
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