Peter war normal. Er aß sein Knoppers um halb zehn und trank dazu gemütlich Kaffee. Dann schlug er häufig die Tageszeitung auf und bildete seine eigene Meinung. Und heute war es wieder so, man versuchte Leute schlecht zu machen oder sie in den höchsten übertriebenen Himmel zu preisen.
Er entschloß sich etwas dagegen zu unternehmen - er würde in die Redaktion fahren.
Der für ihn zuständige Redakteur, war ein kleiner Mann. Sein vernarbtes Gesicht und sein
halbzugekniffenes Auge, zeugten von schweren Zeiten in der früheren Schule. Ein Mobbingopfer aufgrund seiner, sagen wir mal etwas gewöhnungsbedürftigen Körpermaße - er war einfach zu fett.
Anscheinend hatte er nichts daraus gelernt, denn er war immer noch fettleibig.
Die für Redakteure der BI*D-Zeitung üblichen Stühle waren eine Qual für ihn, eigentlich waren die Redakteure nämlich schmächtig und nutzten ihre Stühle schnell um sich wegzuducken und unter ihrem Schreibtisch zu verschwinden, wenn die wutentbrannten "Verarschten", wie man sie in der BIL*-Kantine nannte, in das Büro stürmten und von rechtlichen Folgen brabbelten.
Der Redakteur holte tief Luft - kraftschöpfend um seinen Satz herauszupressen.
>>Wer sind sie? Und was wollen sie hier - wenn sie Seite-1-Babe werden wollen, dann müssen sie zum Chefredakteur in den Keller.<<
>>Ich bin der Peter F. aus W. an der G., ich wollte mich beschweren, weil-<<
>>Beschwerden sind im 2. Stock abzugeben - bringen sie viel Zeit mit, die Warteschleife ist lang.<<
>>Warum kann ich nicht mit ihnen reden?<<
>>Mein lieber Peter...<<, der dicke Redakteur hatte seinen halslosen Kopf auf seine Wurstfinger abgestützt, >>Ich habe die ganze Zeit damit zu tun, meine Termine einzuhalten, 9 Uhr tanze ich hier an, dann muss ich schon um 9:30 hier frühstücken bis 11:30. Das wäre nicht so schlimm wenn um 12 Uhr, Mittagessen aufgetischt wird, abgerundet mit einem kleinen Mittagsschlaf bis 14 Uhr. Einen Nachmittagssnack gibt es um 15 Uhr mit Kaffee und Kuchen, bis dann um 16 Uhr der elend-stressige Arbeitstag vorbei ist.<< Er holte tief Luft und keuchte noch hervor.
>>Und wissen sie was, Herr...äh..Peter, von meiner wenigen Zeit muss ich mir von Leuten wie ihnen gesagt bekommen, das sie sich irgendwo beschweren wollen und Probleme mit Gott und die Welt haben.... . Aber Peter<<, er beugte sich nach vorne, >>so läuft das hier nicht.<<
Die Tür des Büros ging auf und ein junger Blondschopf blickte kurz in den Raum. Er deutete auf Peter und gestikulierte wild mit Händen und Füssen, das er ihm folgen möge.
Peter war froh, aus dem Büro zu entweichen, der Fettsack war gerade dabei sich mit Rapsöl einzureiben, um aus den Stuhl zu kommen, dieses traumatische Erlebnis würde Peter vielleicht nie vergessen.
>>Da ham'se aber noch ma Glück gehabt, wa?<< Der Blondschopf grinste. >>Ich bin Gil, der Facility Manager hier.<<
Peter wusste nicht, das ein Facility Manager ein Hausmeister ist, und so war er ziemlich beeindruckt.
Sie gingen gerade durch den 3 Stock. Vorbei an Türen wie "Schutzgeld" und "Bestechungsgeld".
Bereitwillig erklärte Gil >>Wenn du nicht in der Zeitung auftauchen willst, dann bezahlste Schutzgeld, soll jemand verhasstest so richtig runtergemacht werden, dann bestichste einfach die Redakteure, die leiten das dann weiter.<<
>>Wohin weiterleiten?<<
>>Na, zu den Schreibern<<
>>Zu den Schreibern? Also doch zu den Redakteuren.<<
>>Die Redakteure schreiben nichts<<
>>Wer dann???<<
>>Folg mir.<<
Sie gingen zum Fahrstuhl, merkten das dieser defekt war und nahmen dann die Treppe um in den siebten Stock zu gelangen.
>>Ist das nicht ihre Aufgabe den Fahrstuhl zu reparieren?<<
>>Keine Zeit<< brummte Gil.
Im siebten Stock angekommen, sahen sie hunderte von Enten auf dem Flur herumwatscheln.
>>Zeitungsenten, hehe<< Gil lachte laut auf.
Am nächsten Morgen trank Peter keinen Kaffee. Er war früh mit dem Auto zum Zeitschriftenhändler gefahren und wollte sich seine Tageszeitung kaufen. Er nahm sich die intellektuelle Fachzeitschrift BILD und gab der Frankfurter Allgemeinen einen verächtlichen Blick.
Auf der Titelseite stand "Deutschland am Abgrund". Er las genauer.
"Deutschland steht vor dem Abgrund, weil der Abgrund näher rückt..bla...bla...bla...bla..brummel..Paris Hilton!"
Und zufrieden ging er mit seinem Knoppers nach Hause.
Texte: Cover
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Copyright 2008 Philipp R.
Tag der Veröffentlichung: 07.09.2008
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