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The Gift




Es war einer jener Tage, die schlecht anfingen, und mit jeder vergehenden Sekunde schlechter wurden. Wobei man hier ja eigentlich nicht von Tag sprechen konnte - es herrschte ständig ein flackerndes gelblichrotes Zwielicht. Nicht unbedingt, weil die Finsternis von Fackeln erleuchtet wurde. Er hatte einfach nie daran gedacht, elektrische Lampen zu installieren.
Wobei das vielleicht gar keine so schlechte Idee wäre, dachte er, als er im Flackern mal wieder die Entfernung zu einem Felsvorsprung falsch abschätzte und sich den Zeh anstieß. Vielleicht sollte er doch Lampen anbringen lassen. Und wenn er schon dabei war - was sprach eigentlich gegen einen ordentlichen, geteerten Fußboden? Hier und da hatten einige seiner etwas vorwitzigeren Untergebenen zwar schon Teppiche auslegen lassen, aber da sie unter seinem Schritt mit einem Puff verglühten mussten sie ständig erneuert werden und das ging mit der Zeit ins Budget.
Er schnalzte, was einen seiner Sekretäre herbeirief. Es war einer der hübscheren hier unten - ziemlich symmetrisch mit etwa gleich großen Hörnern, die an den Schläfen entsprangen und sich wie Widderhörner über den Ohren kringelten, schwarzen Augen und nur einem Mund. Wenn da nicht der Rüssel wäre, und die dritte Hand in Höhe des linken Ellbogens, wäre er fast hübsch gewesen. Allerdings war die Hand ganz nützlich - er konnte damit zusätzliche Utensilien tragen.
„Lampen. Und einen glatten Boden. Straferlass für jeden Elektriker und Fliesenleger.“, knurrte er stichpunktartig seine Befehle. Der Sekretär würde sie schon ordentlich übersetzen.
Der Gehörnte verbeugte sich auch sofort, kritzelte die Anweisung auf sein Schreibbrett und verschwand - nach abermaliger Verbeugung - in der Menge.
Er sah ihm mit grimmiger Befriedigung nach. Ja, hier lief alles, wie es sollte. Zwar gab es da und dort die ein oder andere Intrige, und niemand legte allzu viel Wert auf Ehrlichkeit, aber im Großen und Ganzen lief alles wie am Schnürchen. Nicht wie dort oben, wo sie schon wieder nicht mit den Listen nachkamen. Also ehrlich - wie sollte er das ganze Unternehmen führen, wenn sie ihm nicht mal rechtzeitig die Lieferzeiten und Lebensläufe zukommen ließen?!
Vielleicht sollte ich doch mal einen Software-Ingenieur nach oben ausleihen, überlegte er. Dann würden sie wohl endlich mal ihren Rückstand aufholen können.
Eine hübsche Frau mit schwarzen, fast bodenlangen Haaren, gekleidet in einen Domina-Anzug, schlenderte vorbei und warf ihm eine Kusshand zu. Kleopatra.
Er seufzte. Nur Scherereien mit dieser Frau! Er hätte gar keinen Vertrag mit ihr abschließen sollen ... aber diese Nase! Haaaach ... zum Herzerweichen! Wenn sie doch nur in sein Bett käme!
Aber seit er sie zur Aufseherin befördert hatte, trug sie die Nase noch höher und ignorierte seine Aufforderungen.
Ein plötzliches Flackern weckte seine Aufmerksamkeit. Etwas links von ihm bildete sich eine Aureole aus Feuer, die eine ziemlich verwirrte Gestalt ausspuckte.
Wohl wieder mal eine unangekündigte Lieferung, dachte er und drehte sich weg.
Und dann geschah, womit er niemals gerechnet hätte: Die Flammen breiteten sich aus, erfassten einen Teppich, der mit einem wilden Fauchen in Brand stand. Mit einem unwillkürlichen Knurren, auf dem Gesicht pure Ungläubigkeit, drehte er sich um. Das war doch nicht etwa ...!
Im Gesicht des Neuankömmlings stand Überraschung, Verwirrung - und etwas anderes. Etwas, das darauf schließen ließ, dass das innerste Wesen dieses Geschöpfes sogar noch mehr erstaunt war als sein Bewusstsein.
Ein absolut reiner Mensch nur mochte bei diesem Anblick so reagieren. Aber was machte er hier?
Ohne es zu wollen trat er einige Schritte vor, versuchte ihm die Wahrheit klar zu machen. Worte entfleuchten seinen Lippen, an die er sich später nicht zu erinnern vermochte. Eine Hand streckte sich dem Neuankömmling entgegen ... und dann schlossen sich die Flammen wieder.
Er ballte seine Hand zur Faust, wich zurück. Was war geschehen? Wieso war er wieder verschwunden ...?
Unbeherrscht wandte er sich an den nächsten Sekretar: „Wer war das?!“
Dieser - großgewachsen, mit der Gestalt einen Zentauren und langen goldenen Locken - begann eifrig auf einem Laptop zu tippen, den jemand anderes als er kaum zu tragen vermochte. Die Kette, mit er an seinem Arm festgemacht war, klirrte, während er über die Tasten flog.
„Aber Liebling.“, schnurrte eine Stimme von seiner anderen Seite. „Der Kerl kann doch nicht so wichtig sein.“
Ungeduldig fuhr er herum und packte seinen Lieblingsbeischläfer am Hals. Ohne Kraftanstrengung riss er ihn hoch, so dass die zarten Füße in der Luft hingen. Der Jüngere brauchte keine Luft, und so verfärbten sich die rosigen Lippen ebensowenig wie sich die klaren orangeroten Augen verdrehten. Der wohlgeformte Körper hing bewegungslos in seinem Griff, wie er es im Falle einer Bestrafung vorzog. Bei anderen Gelegenheiten war es allerdings schöner, einen ... agileren Körper in seinem Griff zu wissen.
Mit einer verächtlichen Bewegung beförderte er den anderen gegen die Wand, direkt neben seine momentane Lieblingsgespielin. Er fasste sie ins Auge, aber da hatte sie sich schon vor ihm zu Boden geworfen. „Ihr seid der Herrscher.“, sagte sie, ohne dass Angst oder eine andere Regung in ihrem Tonfall zu hören waren.
Manchmal reichte das, um von seinem Wutanfall verschont zu bleiben.
Heute nicht. Er machte einen Schritt auf sie zu, holte zu einem monströsen Schlag aus ...
„Herr!“ Der Zentauersekretär durchschnitt quiekend seine Gedanken. „Herr! Ich habe ihn gefunden!“
Knurrend wandte er sich von ihr ab. „Ja? Wo ist er? Nein, schick jemanden hin - ich will ihn haben!“ Befriedigt wandte er sich ab - und erstarrte, als er die Hand des Sekretärs an seiner Hüfte spürte (Höher reichte er nicht an ihn heran).
Wutschnaubend fuhr er herum, packte ihn am Hals und schleuderte ihn gegen die Wand. „Was fällt dir ein?! Sind deine Anweisungen nicht ausreichend?“
Der Sekretär ließ sich zu Boden fallen, machte den Eindruck, mit dem Boden verschmelzen zu wollen. „Herr, es gibt da ein Problem ...“

Es war Donnerstag der 25.4., ein ganz normaler Arbeitstag, der endlich zu Ende gegangen war. Erschöpft stapfte ich zu meinem Briefkasten, öffnete ihn und die Werbung erschlug mich. Ich raffte sie zusammen und schleppte sie in meine Wohnung, wo ich sie erst mal auf den Boden fallen ließ. Inmitten des bunten Durcheinanders blitze mir ein reinweißer Briefumschlag entgegen. Ich hob ihn auf. Rätselhafterweise trug er keinen Absender. Neugierig, aber vorsichtig - meine Freunde hatten mir schon die merkwürdigsten Dinge geschickt - öffnete ich ihn. Eine edle weiße Karte mit silberner Schrift fiel mir entgegen.
Ich staunte Bauklötzer. Dass meine Freunde mir etwas so teures schickten war ungewöhnlich. Ich meine, das war Büttenpapier! Woher hatten die so viel Geld?
Erstaunt öffnete ich die Karte. In schwarzer Kalligraphie standen dort folgende Worte:

Hallöchen Malik.
Dieses Jahr haben wir uns ein ungewöhnliches Geschenk für dich überlegt.
Wir laden dich zu einem Ratespiel. Komm immer Donnerstag zu unten stehender Adresse. Lass dir die Augen verbinden und fang an zu raten, was dein Geschenk ist. Wir geben dir unbegrenzt viel Zeit.
Und heute kannst du anfangen!
Darunter hatten alle sechs unterschrieben.
Ich starrte verblüfft auf den Brief in meiner Hand. Das klang ja verdammt spannend - aber auch teuer. Woher hatten die so viel Geld? Ob die das wirklich ernst meinten?
Naja, probieren konnte ich das mal. Und neugierig wie ich war machte ich mich auf den Weg.
Die angegebene Adresse stellte sich als weißes Haus heraus. Zaghaft klopfte ich gegen die Tür. Die ganze Atmosphäre jagte mir einen Schauder über den Rücken.
Nur Momente später öffnete sich die Tür und ein Typ in seltsamen Klamotten begrüßte mich. "Ihre Freunde haben Ihr Kommen bereits angekündigt. Bitte folgen Sie mir."
Mir fiel die Kinnlade herunter. Luxoriöser gings wohl nicht? So langsam machte ich mir Sorgen, dass sie sich für mich an den Rand des Ruins getrieben hatten. Ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, wieviel sie dafür berappt hatten.

Mich umgab der pure Luxus. Erlesene Teppiche bedeckten den Boden - ich traute mich kaum, den Fuß aufzusetzen. Sie waren so weich, dass sie das Schrittgeräusch schluckten. Weitere Teppiche bedeckten die holzvertäfelten Wände. In kleinen Nischen standen Mingvasen.
Vor einer großen dunklen Holztür hielten wir inne.
Mein Führer forderte mich auf, die Augen zu schließen. Mich beschlich ein mulmiges Gefühl, als sich Samt über meine Augen legte und am Hinterkopf verknotet wurde.
Erneut hörte ich die Stimme des Dieners. Mit kühlem Ton erklärte er das weitere Vorgehen. "Sobald Sie das Zimmer betreten haben, dürfen Sie nur Ja/Nein-Fragen stellen. Ihre Freunde sind nicht in diesem Raum. Wenn Sie genug haben, sagen Sie Bescheid. Viel Spaß." Und damit schob er mich in das Zimmer.
Stille umgab mich. Nach einer Weile hörte ich einen zweiten Atem. Während meine Atemstöße hektisch, fast schon panisch waren, war der dieser zweiten Person ruhig und regelmäßig.
Ich erstarrte.
Das leise Quietschen von Bettfedern erklang, dann hörte ich das Geräusch sich nähernder Schritte. Eine Hand berührte mich leicht an der Schulter und ich zuckte erschrocken zusammen. Eine andere Hand legte sich auf meine linke Schulter und ich wurde mit sanftem Druck nach rechts geschoben.
Irgendwann stieß ich mit meinem Knie gegen ein Hindernis. Der Druck auf meine Schultern ließ nicht nach und ich kippte nach vorn, bis ich mich mit den Händen auf einem weichen, federnden Untergrund abstützen musste.
Es fühlte sich verdammt nach Matratze an.
Der Druck ließ plötzlich nach und ich richtete mich mit einem Ruck wieder auf. Langsam aber sicher wurde es mir unheimlich. Und mit meiner Unsicherheit erwachte die Wut auf meine verrückten Freunde, die sich diesen Mist hier ausgedacht hatten.
"Hey, was soll das?", fauchte ich.
Stille antwortete mir und ich erinnerte mich, dass solche Fragen ja nicht beantwortet wurden.
Nun gut, dann würde ich die Frage eben umformulieren.
"Soll ich mich aufs Bett setzen?"
Die Hände legten sich auf meine Hüften und zogen mein Shirt aus der Hose. "Ähhmm ...", machte ich, als eine behandschuhte Hand darunter fuhr und sich auf meinen bloßen Rücken legte.
Mit leichtem Druck wurden mir irgendwelche Linien auf die Haut gezogen. Erst einige Momente später wurde mir klar, dass dies eine Antwort war.
"Kannst du das bitte wiederholen?"
Wieder fuhren die Finger über meine Haut. Diesmal erkannte ich die Linien als Ja.
Ich schluckte trocken und setzte mich schließlich zögernd auf das Bett. Ein Prickeln lief mir über die Haut, so als würde mein Gegenüber mich intensiv anstarren. Verlegen grinste ich. Solche Aufmerksamkeit war mir neu.
Der Andere umfasste sacht mein Handgelenk. Zögernd ließ ich es geschehen, dass es gegen die Bettstangen gedrückt wurde. Abermals fühlte ich samtenen Stoff auf der Haut, der diesmal jedoch meine Hand an die Stange fesselte. Irritiert versuchte ich mich zu befreien - vergeblich.
„Ist es nicht verboten, Sowas mit einem Gast zu tun?“
NEIN!
Ein Schauer lief mir über den Rücken. Plötzlich schien der Raum viel kälter und gefährlicher zu sein. Als auch meine zweite Hand an das Bettgestell gefesselt wurde brachte ich hervor: „Willst du etwa mit mir Fesselspielchen treiben?“ Überrascht bemerkte ich, dass meine Stimme ruhig, beinahe gleichgültig klang.
WILLST DU?
„Nein danke, ich verzichte.“ Jetzt schwankte meine Stimme schon stärker. „Aber ich könnte jederzeit gehen oder?“
JA! WILLST DU DENN?
„Äh...ich weiß nicht.“ Verlegen kam ich ins Stottern. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich der Angst oder der Neugier den Vorrang gewähren sollte. Beides schien mir reizvoll.
Sollte ich bleiben und das Unbekannte genießen, oder sollte ich davor fliehen?
Ich entschied mich, ein Feigling zu sein. Das war genug für den ersten Besuch!
Und meinen Freunden würde ich erst Mal den Kopf waschen! Deren Geschenke wurden jedes Jahr skurriler.
Auf meine Bitte hin wurden die Fesseln gelöst. Ohne Wiederstand konnte ich das Zimmer verlassen. Vor der Tür wartete der Diener auf mich und nahm mir wortlos die Augenbinde ab. Geduldig verharrte er, während ich gegen das helle Licht anblinzelte. Ohne Kommentar führte er mich bis zur Haustür.
Puuuh, ich hatte es überstanden. Meine Nerven flatterten gewaltig und meine innere Ruhe kehrte nur langsam zurück.
Bevor ich noch einmal hierher zurückkam, würde ich gaaaanz lange darüber nachdenken. Wer wusste schon, welches Biest da seine Spielchen mit mir trieb?!


Die nächste Woche schleppte sich nur so dahin. Meine Kommilitonen wunderten sich sehr über meine zerstreute Art, sonst war ich nämlich die Akkuratheit in Person. Wenn die auch nur die leiseste Ahnung von meinem ‘Geschenk’ hätten...
Ich verschluckte mich an meinem Tee. Ein lautes Husten konnte ich leider nicht unterdrücken. Jetzt hatte ich schon wieder die Aufmerksamkeit der Anderen! Ich hörte sie kichern und tuscheln.
Seit letztem Donnerstag konnte ich kaum mehr klar denken, denn ich hatte nur das Geschenk meiner durchgeknallten Freunde im Kopf. Nicht mal die Dozenten beehrte ich mit meiner Aufmerksamkeit. So langsam gerieten sie durch mein Dauergrinsen etwas in Rage.
Oh wie sehr sehnte ich doch plötzlich den nächsten Donnerstag herbei!
Denn auf einmal hatte mich die Neugier gepackt. Würde es mir gelingen, das Rätsel um die Kammer der Stille zu lösen?
Nein, Harry Potter mal beiseite, ich wunderte mich wirklich. Was war das für ein Wesen, das mich in diesem Raum empfangen hatte? War es überhaupt menschlich? Die Lautlosigkeit, mit der es sich bewegte, die Kraft in seinen Armen, hatten mich daran zweifeln lassen.
Vielleicht sollte ich das nächste Mal versuchen, ihn anzufassen?
Ich stutzte plötzlich. Wieso ging ich eigentlich davon aus, dass es ein Mann war?
Noch etwas, das ich auf meine ständig wachsende Liste mit ungeklärten Fragen setzte.
Ein freundschaftlicher Schlag auf den Rücken ließ mich in die Gegenwart zurückfinden.

Hey Malik, die süße Schnitte dahinten schmachtet dich schon die ganze Zeit an! Dass du immer die hübschesten Mädels abbekommen musst. Na, kein Wunder bei deinem Aussehen. In meinem nächsten Leben will ich auch so aussehen.“
Ich drehte mich nach Frank um und zeigte ihm einen Vogel. Wusste der etwa nicht, dass die es mit jedem trieb?!Sein Gesicht sagte alles. Er wusste es.
Ich sagte mit schiefem Grinsen: „Dann krall du sie dir doch!!“
Diese intrigante Schlange hoffte schon lange, mich in ihr Bett zu kriegen.
Dumm nur, dass ich überhaupt nicht auf Mädels stand.
Frank lachte bitter auf. „Als ob die was von mir wollte! Der geht es doch nur um die Creme de la Creme der Gesellschaft. Also Leute wie du: Reiche Eltern, gutes Aussehen, Grips, Beliebtheit. Da kann so ein Normalsterblicher wie ich einfach nicht mit konkurrieren.“
Ich lächelte mitfühlend zu ihm hinüber; er war schon ewig in sie verknallt. „Dann vergiss sie. Irgendwann wirst auch du die Richtige finden.“
Endlich ließ er dieses Thema fallen! Nicht, dass er noch den Grund dafür erkannte, dass ich die Tussi ablehnte.
Nach der nächsten Vorlesung konnte ich schließlich verschwinden. Zu Hause stellte sich mir allerdings eine weitere dringende Frage: Sollte ich das weiße Haus wieder aufsuchen, oder nicht?
Es war nämlich Donnerstag.
Was würde geschehen, wenn ich nicht auftauchte?
Ich schob den Gedanken beiseite, denn irgendeine winzige Stimme - so eine von der Sorte, die einen frühmorgens warnt, dass heute ein unangekündigter Besuch der Mutter ins Haus steht - sagte mir, dass dies unangenehme Folgen haben konnte.
Also verband ich das Nützliche mit dem Angenehmen und folgte ein weiteres Mal meiner Neugier.
Vielleicht würde ich ja diesmal mehr über mein ‘Geschenk’ erfahren.


Auch diesmal wurde ich wieder von dem seltsamen Diener an der Tür begrüßt. Heute war ich nicht so aufgeregt wie letztes Mal und jetzt bemerkte ich auch erstmals, wie gut der Kerl aussah. Unauffällig nahm ich ihn ins Visier.
Hohe aristokratische Wangenknochen und nichtssagende dunkelgraue Augen beherrschten sein Gesicht. Seine Haut war beinahe durchscheinend, sodass er mit seinen langen goldblonden Haaren wie ein biblischer Engel wirkte. Darüber trug er wieder diese Klamotten aus einem seidig schimmernden Stoff, die seinen Körper so super betonten.
Mir wurde der Mund trocken. Was konnte in dem Zimmer sein, das besser war als dieser klasse Typ?
Außerdem wusste ich wirklich nicht, was in diesem Zimmer auf mich lauerte. Und war der Spatz in der Hand nicht besser als die Taube auf dem Dach?
Ehe ich jedoch einen derartigen Vorschlag äußern konnte, erreichten wir die Tür. Offenbar war das Schicksal nicht an einer näheren Bekanntschaft unserer beider Körper interessiert. Also schloss ich - schicksalsergeben - meine Augen, als der Diener sie verband.
Zögernd wie zuvor betrat ich das Zimmer. Ein unwilliges Knurren erklang in der stillen Dunkelheit und ließ mir einen Schauder über den Rücken rinnen. Ich konnte fühlen, wie sich die Haare in meinem Nacken aufstellten.
Scheiße, war da diesmal ein Hund mit anwesend?
Sofort erstarb das Knurren. Gleich darauf spürte ich wieder die sanfte Berührung samtiger Handschuhe in meinem Nacken. Ich beugte mich der behutsamen Führung, die mich sacht, doch zielstrebig zum Bett gelei¬tete. Diesmal blieb ich auch von meiner Panik verschont, als mir mit Samt die Füße gebunden wurden.
Na, das war wenigstens besser als mit den Händen nichts tun zu können.
Ein leises Kichern ertönte direkt an meinem Ohr, was mein Herz wie rasend pochen ließ, sodass ich glaubte, auch noch der Diener vor der Tür müsse es hören.
Das Kichern erstarb, stattdessen glitt eine feuchte Zungenspitze in mein Ohr.
Total erschrocken zuckte ich zusammen! Weiche, anschmiegsame Lippen setzten sanfte Küsse entlang meiner Ohrmuschel, dann wurde der Rand meines Ohres beknabbert. Ich stieß ein unwillkürliches Seufzen aus. Sofort verschwand die zarte Berührung.

Hey, hör nicht auf!“
Ich spürte ein fast unmerkliches Zögern, dann wurde es von Erheiterung ersetzt. Langsam fuhren die Samt¬hände an meinen Gürtel und von dort unter mein Hemd. Dann wurde mein Oberteil hochgeschoben und Lippen senkten sich auf meinen Bauch. Sanft fuhren sie über meine Haut, dann erkundete die Zunge meinen Nabel. Mir entfleuchte unwillkürlich ein heiseres Stöhnen.
Boah, war der Kerl gut!
Ich erstarrte. Da war sie wieder, diese wichtige Frage: War es denn überhaupt ein Mann?
Die Zunge auf meiner Haut hielt inne. Dann hörte ich ein Geräusch, konnte es aber nicht einordnen, denn plötzlich fühlte ich ein Kitzeln auf der Haut.
Ich lachte schallend los. Verdammt, ich war doch dort so kitzlig! Warum musste er mich ausgerechnet in dieser Situation killern?!
Endlich hatte mein Kopf das Geräusch als Kichern erkannt. Worüber amüsierte der sich jetzt bitte so sehr?! Also echt, ich fand die ganze Situation ja sehr anregend, aber wenn er mich jetzt wieder auslachte reichte es mir. Und zwar gründlich!
Ich knurrte unwillig ... und das Kichern erstarb augenblicklich.
Verdammt, da hatten sich meine Freunde ja einen üblen Scherz ausgedacht! So ganz langsam wurde es so unheimlich, dass ich zu grübeln begann, ob ich das Geschenk meiner Freunde überhaupt erraten wollte. Wer wusste schon, was sie da für mich ausgesucht hatten! Und wieso hatte ich mich eigentlich darauf eingelassen?! Vielleicht sollte ich jetzt besser gehen und dieses Haus NIEMALS wieder betreten ...
Plötzlich waren da wieder die Finger, die in wildem, drängendem Tanz über meine Haut flogen und Worte formten: Bitte geh nicht, so lange habe ich dich erwartet!
Scheiße, was meinte er damit? Und woher wusste der verdammte Kerl, was ich jetzt tun wollte?! Konnte es echt möglich sein, dass er meine Gedanken las?
Ich entschied plötzlich, dass jetzt der passende Zeitpunkt war um in Panik zu geraten. Denn wenn diese Person meine Gedanken kannte, war sie dann vielleicht auch nicht menschlich ... ich sollte wirklich ganz schnell hier verschwinden!
Ich begann mit aller Kraft an den samtenen Fesseln zu zerren, als kühle Lippen mein Ohr streiften. Obwohl ich mich mit aller Kraft wehrte wurde mein Oberkörper - mit größter Vorsicht - wieder zurück auf das Laken gedrückt. Zum ersten Mal spürte ich den anderen Körper wirklich. Keine Brust = nicht weiblich. Puuuuhhh!
Halt! Puh? Eben noch hatte ich so schnell wie möglich weggewollt! Wo war meine Panik hin?
Offenbar von Neugier fortgespült. Ich hatte ja schon immer gewusst, dass die mich einmal den Kopf kosten würde. Aber jetzt hatte sie den Sieg davon getragen und das hieß, ich würde wohl noch eine Weile bleiben. Jetzt wollte ich nämlich wissen, wer sich hinter dieser Gestalt verbarg.
Warum konnte mich nicht auf der Straße ein Homo ansprechen? Wieso liefen da nur Heteros rum? Dann hätte meine Neugier mich nicht so einfach übermannen können.
Aber apropos Neugier ... „Bist du menschlich?“
Ein leises Kichern, dann schrieben die sanften Finger Nein.
Ich schluckte. Zwar hatte ich das geahnt, aber es so deutlich zu wissen ... Wollte ich wirklich nicht einfach hier raus?
Der Druck auf meine Brust wurde um einen Hauch stärker, dann wurde mein Hemd endgültig über meinen Kopf geschoben. Sanft umschlossen kühle Lippen meine Brustwarze. Ein behandschuhter Finger glitt über meinen Bauch ... und tiefer. Neckisch schob er sich unter den Hosenbund und ich musste mich arg zusammen reißen um nicht die Fassung zu verlieren.
Schnell versuchte ich, mir eine neue Frage auszudenken. Zwar war ich der ganzen Geschichte nicht abgeneigt, aber: „Kannst du Gedanken lesen?“
Seine Berührungen erstarben. Irgendwie hatte ich das Gefühl, er wolle die Frage nicht beantworten, aber dann tat er es doch. Ja
Jetzt war es an mir, zu erstarren. Glücklicherweise regte sich auch der Typ nicht weiter. Andernfalls hätte ich nicht über diesen netten kleinen Punkt nachdenken können. „Liest du meine Gedanken immer?“, wagte ich mich schließlich vor.
Als Antwort kam eine Gegenfrage: Soll ich damit aufhören?
Ich nickte heftig. „Ja, bitte.“
Ein leises Seufzen, dann fühlte ich plötzlich, wie die Hand über meine Geschlecht strich. Da hatte wohl jemand beschlossen, ich hätte genug Fragen gestellt. Aber eine musste ich unbedingt noch klären, bevor ich zuließ, dass er weitermachte. „Bist du männlich?“ Wer wusste, ob bei nichtmenschlichen Wesen wie ihm nicht auch die Frauen eine glatte Brust hatten.
Das plötzliche Lachen ließ mich überrascht zusammen zucken. Dann fühlte ich, wie eine Hand meine rechte ergriff und an eine Stelle führte, die mir eine - zufriedenstellende - Antwort auf diese Frage gab.
Ein Gedanke huschte durch meinen Geist und brachte ein Lächeln auf mein Gesicht. Wenn der Typ so unbedingt wollte, dass ich meine Klappe hielt, konnte ich ihm den Gefallen ja tun ... Mit den Fingern tastete ich nach dem Reißverschluss und wischte meine Bedenken beiseite. Zwar war ich nicht mehr ganz klar im Kopf, aber dass der Kerl das auch wollte war ja mehr als deutlich gewesen. Mein diabolisches Grinsen wurde breiter. Dass ich nichts sah hieß ja nicht, dass ich vollkommen orientierungslos war. Und nachdem er mir schon so ge¬holfen hatte, sein bestes Stück zu finden ... Das musste man doch einfach ausnutzen.
Schei ... benkleister, was war das denn für ein Verschluss? Das fühlte sich ja an wie ... ja, da waren tatsächlich Unmengen von Knöpfen. Wie sollte ich die denn bitteschön aufkriegen? Mit einem Rest von klarem Denkvermögen unterdrückte ich einen gepfefferten Fluch.
Okay, dann würde ich das Ding eben nicht öffnen. War ja ohnehin nicht mein Bier ... Und er würde schnell merken, dass die Wahl seiner Hose ein Fehler gewesen war - das dürfte ziemlich eng da drin werden. Mit den Fingern ertastete ich die genaue Lage seines Glieds, dann begann ich, es durch den Stoff hindurch zu reizen.
Lange musste ich auf eine Reaktion nicht warten. Offenbar hatte er das nicht erwartet und ließ sich so noch leichter aus der Fassung bringen. Angespornt von meinem Erfolg verstärkte ich meine Bemühungen. Wie hieß es so schön - sei nett zu Fremden? Oh, ich würde genauso nett sein, wie der Typ zu mir gewesen war ...
Ein Kichern entrang sich meiner Kehle. Der Stoff unter meiner Hand spannte ganz schön. Wow, der Kerl war GROSS! Ich konnte spüren, wie er über mir heftig zuckte und sein heißer Atem streifte mein Gesicht. Durch seinen unruhigen Körper liefen Wogen verlangenden Zitterns. Wie lange würde der dieses Spiel mit mir wohl noch treiben? Genoss er es oder würde er es sein, der am Ende froh war, unser Spielchen zu beenden? Auf jeden Fall war das ein schönes Dankeschön für die Ängste, die ich seinetwegen ausgestanden hatte.
Huch. Der Stoff unter meinen Fingern wurde feucht. War er etwa jetzt schon gekommen? Das war ja schnell gegangen ... lag das in seiner Art oder war das eine individuelle Eigenart von ihm?
Ich lehnte mich bequem zurück und atmete tief durch. Für einen Tag war das Aufregung genug gewesen. „Bitte lass mich gehen.“
Zuerst kam keine Antwort und ich fürchtete fast schon, er würde mich gegen meinen Willen hier behalten. Dann bemerkte ich, dass er noch immer zitterte. War das für ihn so intensiv gewesen? Dann tat er unwillig, worum ich ihn gebeten hatte und ich machte mich vom Acker. Wer wusste, ob er nicht doch noch auf dumme Gedanken kam ...
Die Tür war geöffnet worden, kaum dass ich losgebunden war. Der Diener führte mich aus dem stillen Raum und nahm mir im Gang die Augenbinde ab. Gegen das ungewohnte Licht blinzelnd sah ich seinen nachdenklichen Blick auf mir ruhen.
Ich grinste ihn fröhlich an. Er gefiel mir nun mal, und im Gegensatz zu dem gierigen Wesen im Zimmer konnte ich ihn sehen! Außerdem wusste ich ja nicht, ob das Biest da drin so gefährlich wirkte, dass ich es nicht sehen durfte? Da war mir der sexy Diener tausendmal lieber, und abgeneigt schien er ja auch nicht zu sein ...
Stellte sich bloß eine Frage: „Bist du auch nicht menschlich?“

Ähhhhhmmm ... nunja, ... also ...“, druckste der Diener rum.
Ich seufzte. „Okay, du bist nicht menschlich.“
Er grinste mich verlegen an.
War das Taktik oder war das echt? Schüchtern konnte er bei dem Aussehen eigentlich nicht sein. Also Taktik. Bloß, wollte er mir damit zu verstehen geben, dass ich mich fernhalten sollte, oder wollte er erobert sein?
Verdammt, war der Kerl kompliziert!
Bildete ich mir das ein oder war er tatsächlich gerade zusammen gezuckt?
Ach egal. Irgendwie musste ich zumindest ein Gespräch in Gang bringen, bevor ich ging.
Ich zog meine Zigaretten hervor. „Hast du mal Feuer?“


Müller ... Meier ... Schulze. Zögernd drückte ich auf die Klingel. Ich zweifelte daran, dass mein Cousin mir in irgendeiner Weise bei diesem meinen Problem helfen konnte. Trotzdem musste ich zugeben, dass er - als einer der wenigen, die von meiner Neigung wussten - vielleicht der einzige war, der meinen Anbaggerungsversuchen einen kleinen Schubs geben konnte.
Denn zwar hatte der Diener sich zu einem kleinen Gespräch mit mir herabgelassen, doch hatte ich nicht das Gefühl, wirklich zu ihm durchgedrungen zu sein. Also musste ich mir - notgedrungen - Hilfe beim Fachmann holen.
Bei meinem Cousin, Frauenheld, Mädchenaufreißer und der Kerl mit der größten Klappe den ich je kennen gelernt hatte.
Die Tür öffnete sich und mein Cousin trat mir entgegen. Er sah aus wie von den Toten fast auferstanden, doch in meinem momentanen Zustand entging mir das erst mal.
„Oh, hey Dieter. Ein Glück, dass du da bist! Ich hab da ein echt großes Problem mit einem total sexy Typen!“
Mein Cousin war geschockt zusammen gezuckt. „Verdammt Malik, nenn mich doch nicht Dieter! Das klingt so furchtbar schwul und spießig!! Juan passt doch viiiiiiiiiiel besser zu mir!“

Don Juan? Mann, du kommst auf Ideen!“ Dann erinnerte ich mich, dass er diesen Namen tatsächlich schon mal erwähnt hatte. Dennoch winkte ich bloß ab. „Ach, egal jetzt. Ich bin sowieso total durch den Wind. Du musst mir ganz dringend einen Tipp geben!!“

„Ich dir? Wegen einem Typ? Hast du sie noch alle? Außerdem hatte ich immer das Gefühl, dass die Kerle dir zu Füßen liegen!“

„Ja schon, aber der ist ein ganz anderes Kaliber! Ich weiß echt nicht mehr, was ich noch mit dem machen soll! Er ist so ein furchtbar kühler Typ, der mich einfach nicht an sich ranlässt! Aber das Aussehen ist eben der totale Hammer. Er ist so erhaben wie ein Popstar, so elegant wie ein Elf, so fern wie ein Engel!“ Ich seufzte schwermütig und verdrehte die Augen verzweifelt zur Decke.

„Na, das muss ja echt ein Traumprinz sein, wenn du auf solche Vergleiche kommst!“, bemerkte Dieter trocken. „Ernsthaft, ich steh ja auf Frauen, aber so, wie du den beschreibst, würde ich mir den schon gern mal anschauen!“
Ich nickte begeistert und sprang auf. Endlich bekam ich Hilfe! Rasch schnappte ich mir seine Hand und zog den Wiederstrebenden hinter mir her zur Tür hinaus. “Okay, nochmal zum Mitschreiben. Deine Kumpels haben dir zum Geburtstag einen wöchentlichen Besuch in einem Haus am anderen Ende des Viertels geschenkt und du sollst erraten, was darin auf dich lauert. Und als wäre das noch nicht schräg genug, arbeitet in dem Haus ein Kerl, der so toll aussieht, dass du mich mitschleifst um ihn rumzukriegen.“ Dieter - pardon, Juan - schüttelte den Kopf.
„Und ich dachte, in unserer Familie gäbe es wenigstens noch einen, der nicht total durchgedreht ist.“
„Hä? Was meinst du?“
„Ach, das übliche halt. Mein Vater will Enkelkinder. Bloß dass ich die Auserwählte nicht liebe. Ich meine, klar, sie ist hübsch und intelligent, und sie ist auch richtig nett, aber den Rest meines Lebens mit ihr zu verbringen? Na herzlichen Dank!“

„Herzliches Beileid.“, sagte ich aufmunternd, obwohl ich mir ein Grinsen verkneifen musste. Juan hatte ungefähr alle zwei Monate eine Neue, und jede wollte er heiraten. Bloß dass seine Liebe im Lauf der Zeit abkühlte und er sie schließlich fallen ließ, um wie ein Schmetterling zur nächsten Blume zu schweben.
Offenbar hatten seine Eltern dieses Szenario inzwischen satt und wollten, dass er Nägel mit Köpfen machte. Allerdings bezweifelte ich den Erfolg einer solchen Hauruck-Aktion. Das würde ihn eher dazu bringen, von zu Hause auszuziehen, als dass er tatsächlich in den Hafen der Ehe einlief.
Ich kam allerdings nicht mehr dazu, etwas zu sagen, denn schon hatten wir das weiße Haus erreicht. Nur einen Augenblick zögerte ich, aber da klopfte Juan auch schon an.

Die Tür wurde sofort geöffnet. Scheinbar hatte der Diener bereits dahinter gewartet. Wie immer sah er total gut aus, auch wenn sein Gewand heute einen leicht violetten Schimmer aufwies. Oder besser, dieser Hauch Farbe stand ihm voll gut.

„Hallo.“, grüßte er, was ich schon mal als gutes Zeichen wertete. Immerhin war er bisher eher wortkarg gewesen.
„Hallo.“, erwiderte ich. „Ist es okay, wenn Di-Juan mitkommt?“
Die Augen des Dieners verengten sich. „Er kann vor der Tür warten.“, sagte er schließlich.
Und du wirst ihn nicht aus den Augen lassen, dachte ich. Also läuft es genau nach Plan.
Plötzlich gab Juan ein würgendes Geräusch von sich. „Hallo. Bist du ein Engel?“
Täuschte ich mich oder erschrak der Diener? „Engel steigen eher selten herab auf die Erde.“, sagte er dann mit einem amüsierten Lächeln.
Juan zog mich ein gutes Stück von dem Diener fort und quasselte aufgeregt - und Gott seis gedankt im Flüsterton - auf mich ein. Was war denn jetzt plötzlich mit dem los?! Ich begann mich regelrecht zu sorgen, ob er dabei überhaupt noch Luft bekam. Ich hatte ihn nur selten jemals so schnell reden gehört!!

„Mann, Malik das ist ja ne scharfe Schnitte, die du mir da gezeigt hast! Ich hab noch nie so eine umwerfende Braut wie die gesehen!! Die kann ja echt jeden Kerl volle Kanne nervös machen!!“
Ich hoffte inständig, dass der sexy Diener nichts von seinen geflüsterten Worten mitbekam.

Oh, verdammte Scheiße! Ich wollte doch, dass er mir half und nicht das er hier richtig durchdrehte! Wie sollte ich denn jetzt noch an meine Tipps kommen?! Mein Ratgeber schwebte zumindest mal wieder voll auf Wolke sieben und war absolut nicht mehr klar im Kopf. Und zu allem Übel hatte er wohl auch noch vergessen, dass er von einem Kerl schwärmte!!!

„Malik, sieh nur diese unglaubliche Eleganz und diese Frisur! Keine meiner anderen Freundinnen hatte auch nur im Ansatz solche langen, goldenen, engelsgleichen Haare! Und schau mal, wie sie jetzt die Lippen kräuselt, das ist ja so hinreißend süß! Oh Mann, echt, das ist die ultimative Frau meiner Träume, die habe ich mein Leben immer gesucht! Die muss ich einfach an meiner Seite haben, jetzt und für alle Ewigkeit! Die oder keine andere, wenn ich schon heiraten soll!“

Konnte es eigentlich noch schlimmer kommen?! Mein Cousin hatte sich soeben mal wieder verliebt, aber zur absoluten Krönung in meinen Schwarm! Was sollte ich denn nun bitteschön tun?!

„Äh, Juan? Das ist immer noch keine Frau, sondern ein Mann!“, versuchte ich, den Schaden zu begrenzen. Es war vergebens.

„Ob sie mit mir gehen will? Oh, sie hat doch keinen Freund, oder? Bitte, sag, dass sie keinen Freund hat! Gib es zu, sie hat einen! Deshalb schweigst du auch. Verdammt, was soll ich bloß machen? Mein Leben ist zu Ende! Niemals kann ich mit ihr Eis essen, oder an ihrer Seite im Park spazieren gehen! Niemals ihren Körper sehen, wie er sich nur im Bikini und von Wassertropfen glänzend gegen die Sonne abhebt! Niemals werde ich sie küssen, bis mir ihr Geschmack die Sinne raubt und ...“

Ich versetzte ihm eine Ohrfeige. Da er zum Schluss hin immer lauter geworden war, erschien es mir als das klügste.
Verstohlen blickte ich zu dem Diener. Er blickte regungslos - wie ein guter Diener eben, zumindest in alten Filmen - an uns vorbei. Trotzdem - hatte er wirklich nichts mitbekommen? Da war doch dieses leichte Kräuseln der Lippen, die um einen Hauch angehobenen Brauen? Und war seine Haltung nicht etwas steifer als noch einen Moment zuvor? Außerdem ... wenn er mir zuvor etwas angetaut vorgekommen war, so musste ich feststellen, dass sein Eispanzer jetzt keine Lücken mehr aufwies.
Herzlichen Dank, Dieter, du hast mir meine Chance, bei dem heißesten Typ der Stadt zu landen, vermasselt!

„Jetzt hör mir mal zu, Don Juan!“, zischte ich meinen - inzwischen stöhnend zur Besinnung kommenden - Cousin an. Im Gegensatz zu dem Objekt meiner Begierde fehlte mir die Fähigkeit, meine Gefühle zu verbergen. „Deine heiße Schnitte ist ein Kerl und sofern du dich nicht um 180 Grad gedreht hast, bist du immer noch hetero. Und das heißt, er ist nichts für dich, kapiert?“

Dieter starrte mich einen Moment fassungslos an - um im nächsten Moment in Tränen auszubrechen. Aus seinen glasklaren, smaragdgrünen Augen rannen Tränen wie Diamanten und er schien vollkommen unfähig zu sein, mit dem Heulen wieder aufzuhören. Lauthals schluchzte er los und machte mein T-Shirt pitschepatsche nass.

Unvermittelt fand ich mich in der Rolle des Trösters und strich ihm über den Rücken. „Heyheyheyheyhey.“, murmelte ich beruhigend.

Und der Diener stand immer noch dort. Wahrscheinlich war das einzige gute an der Situation: Noch mehr verabscheuen konnte er mich gar nicht.
Schließlich wurde Juan in meinen Armen still, hob den Kopf und sagte freudestrahlend: „Ach, ich habe dir ja noch gar nicht erzählt, dass ich bi bin.“
Was?! Das war doch sicher grade ein übler Scherz, richtig?! Der hatte mir noch nie ein Wort von einer Nacht mit einem männlichen Wesen berichtet! Ehrlich, der hatte mir nur immer wieder von allen möglichen Weibern erzählt. Unzählige Male hatte er versucht, mich zu bekehren und es doch mit einem Mädel zu versuchen!!
Und auf einmal solche Töne?! Nein, Junge das konnte ja nur ein schlechter Witz sein. Das machte der sicher nur, weil er nicht schnallte, dass es echt ein Mann war. Ein anderer Umstand konnte seine momentane geistige Umnachtung nicht erklären, das war man völlig sicher!!

„Juan, deine Witze waren aber auch schon mal besser!“
„Witze?! Aber Malik, ich steh echt auf den!! Ja, du hast recht, ich bin nicht bi, aber bei dem Typ muss man das ja auch nicht, oder?!“

Oh nein, das war doch mein Schwarm und nicht seiner!! Der versaute mir gerade das heißeste Date des Jahrhunderts und dann so was!! Verstohlen sah ich den Diener an. Der stand noch immer so übertrieben unterkühlt rum. Na toll, womit hatte ich eigentlich so einen Mist verdient?! Ich versuchte es in meiner Verzweiflung mit Diplomatie.

„Juan, du hast doch bei den Mädels echt Chancen und kannst dir die tollsten raussuchen. Was willst du denn jetzt mit einem Mann anfangen? Woher willst du wissen dass der nicht auf Frauen steht?! Der hätte dann sicher auch die Auswahl!!“
Ich sah ihm ernst in die Augen und erkannte wie es darin brodelte. Da hatte ich ihn wohl endlich auf den Boden der Tatsachen zurück gebracht!! Naja, Zeit wurde es auf jeden Fall!

Ich drehte mich erneut zu dem Diener um und was ich sah ließ mich staunen: Verlegenheit. Das war mal was echt Neues an dem sonst so coolen Typen. Jetzt erkannte ich auch eine nicht geringe Irritation des Dieners. Wie viel hatte der nun wirklich von unserem geflüsterten Gespräch mitbekommen??? Was, wenn der auch Gedanken lesen konnte?
Oh, scheiße! Wenn Juans Gedanken auch nur halb so farbenprächtig waren wie seine Worte, brauchte ich mich nicht über seine plötzliche Kühle wundern.

Juan sah jetzt wohin ich schaute und er reagierte ebenso erstaunt wie ich darauf. „Oh Malik, sieh nur!“, flüsterte er. „Der war doch eben noch so kühl, und jetzt ... oh, diese sanfte Röte auf seinen Wangen, dieser Schimmer, als würde Elfenbein von der Morgensonne geküsst. Was hat wohl diese Regung in sein Alabastergesicht gebracht?“

Ich konnte ihm keine Antwort geben. Woher hätte ich das auch wissen sollen?! Obwohl ich ja eine dumme Ahnung hatte. Und die würde ich mit ihm bestimmt nicht teilen! Immerhin stand die Möglichkeit, dass ich den Diener nach allem näher kennenlernte, denkbar schlecht!! Und die genaue Antwort auf das Rätsel, welches der Diener darstellte, wüsste ich selber nur zu gern!!
Zumindest aber den Zorn des Dieners konnte ich gut verstehen. Wer möchte schon für eine Frau gehalten werden!? Niemand den ich kenne!
In dem Moment kam mir ein rettender Gedanke.
„Ist doch jetzt egal, Juan.“, sagte ich zu Dieter. „Du wirst ihn bestimmt nicht besser kennen lernen, wenn du ihn weiter beleidigst oder wenn wir hier weiter rumstehen. Wir können doch jetzt rein gehen, und dann unterhältst du dich drinnen ein bisschen mit dem und ... naja, was dann auch immer passiert.“
Ich fürchte, ich muss zugeben, dass ich das nicht wirklich für Juan getan hatte. Dieter war ein netter Kerl und er hatte eine Menge Charme. Wenn er sich erst einmal den Diener als Beute erkoren hatte, dann würde er nicht aufgeben, bis er ihn auch erlegte. Bildlich gesprochen natürlich. Und wenn er zwei Monate später des Dieners überdrüssig wurde ... nun, dann wäre ich da, auf dass er sich an meiner Schulter ausweinte.

Juan begann zu strahlen und stiefelte dann zu dem Diener hinüber. „Hör mal, wir hatten einen schlechten Start. Tut mir leid, dass ich dich für ein Mädchen gehalten hab. Aber du siehst nun mal verdammt gut aus. Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel.“ Und dann bedachte er ihn mit dem Didi-Spezialblick. Diesem Blick, den er nur anwendete, wenn er etwas ganz unbedingt haben wollte.
Und wie voraus zu sehen, schmolz der Diener wie Eis in der Sonne.
Der Diener räusperte sich verlegen und grinste dümmlich zu uns herüber. Was grinste der denn jetzt so?! Was war so lustig, dass er schon fast loslachte?! Oh Mann, das kotzte mich ja so was von an, denn jetzt lachte er hell und melodiös!! Was für ein Anblick; Dieter stand wie vom Donner gerührt bei mir! Jetzt bekam er vor Aufregung das große Stottern: „D-D-Du äh ... ich ... öh ... hätte ja so gern mit dir ... öh äh ne Verabredung beim Italiener...“

Also jetzt war der Diener echt platt und schnappte erschrocken nach Luft. Ich staunte abermals, denn das war wirklich nicht mehr normal. Wo war seine total kühle Art hin?! Jetzt begann er tatsächlich zu sprechen. Es schien, als suchte er nach den richtigen Worten. „A-Also ich bin ... nicht von hier ... und so ... war ich noch nie essen.“

Ich staunte, und auch Juan schien vollkommen perplex. Das konnte doch wohl kaum stimmen! Dieter brachte es auf den Punkt. „Aber bei dir müssen sie doch Schlange stehen! So wie du aussiehst kannst du doch laufend wechseln.“
Ich stimmte Dieter wiederstrebend zu, denn der hatte völlig Recht. Wieso musste mir ausgerechnet mein Cousin dazwischenfunken?! Es war mir erst Mal genug. Wenn ich dieses Gesülze noch länger ertragen müsste, würde ich kotzen müssen!
Oder anfangen zu heulen. Schließlich wollte ich doch den Diener haben.

Plötzlich schien sich der Diener zu fangen. Er verbeugte sich in seiner typisch steifen Manier, wie ich sie von ihm kannte, vor mir und fragte: „Wenn ich Sie jetzt hinaufgeleiten dürfte?“
Erleichtert nickte ich und folgte ihm die Treppe hinauf.

Als Dieter uns folgen wollte, wies der Diener ihn ab. „Ich fürchte, dass Sie dort nicht erwünscht sind. Aber wenn Sie einen Moment warten möchten ... hinter der Tür befindet sich der Salon.“ Das abschließende Lächeln raubte sogar mir den letzten Gedanken, und es war noch nicht einmal an mich gerichtet gewesen!
Warum lächelte er mich bloß nicht so an?

Ich seufzte schwermütig und trat vor die geschlossene Tür. Der Diener war kurze Zeit später hinter mir und verband mir wortlos die Augen.
Dann verschwand er.
Mit verbundenen Augen stand ich jetzt vor der Tür und hörte im Inneren des Zimmers eine gewisse Unruhe. Oha, da war wohl jemand schon so richtig ungeduldig?! Oje was sollte das diesmal werden? Ich traute mich kaum die Tür zu öffnen. War er jetzt etwa wütend auf mich? So, wie ich letzte Woche abgehauen war, wäre das kein Wunder.

Oder hatte er schon so lange gewartet, dass es zu lange gedauert hatte?! Ich war beklommen, weil ich auf keinen Fall seinen Zorn erregen wollte. Was sollte ich denn dann bitteschön machen?! Dieses Wesen machte auf mich den Eindruck, als könnte seine Wut ganz schön ungemütlich sein.
Offenbar hatte ich Glück, denn ich hörte kein Grollen, oder ähnliche Töne. Zögernd tastete ich nach der Klinke und öffnete die Tür.
So weich wie Watte umfingen mich die erstaunlich zarten Berührungen der Kreatur. Da hatte wohl jemand meine Beunruhigung bemerkt. Naja ich würde mich bestimmt nicht beschweren.
Diese Finger wanderten erneut über meine Haut und ich vergaß fast, darauf zu achten, was sie mich fragten. Denn so wie diesmal hatte es sich noch nie angefühlt, ich schmolz förmlich wie Wachs in seinen Händen. Es fühlte sich so gut an! Ach ja, er wollte etwas von mir wissen ... huch, beinahe hätte ich die Frage vergessen. Und das war mehr als erstaunlich, fragte er doch direkt: Wie viel willst du dir diesmal zutrauen? Es gibt doch so viele verschiedene Möglichkeiten. Hast du keine Wünsche an mich?

„Ähm ... Wünsche?“ Wer wusste, was diese Kreatur darunter verstand.
ICH BIN HIER, UM DEINE WÜNSCHE ZU ERFÜLLEN. ZUMINDEST DIE KURZES ZÖGERN PRIVATEREN.
Privateren? Irgendetwas sagte mir, dass das hauptsächlich Sex bedeutete.
NICHT NUR. Die Sanftheit, das von der Berührung ausgehende Feuer lenkten mich fast davon ab, was er gesagt hatte. Aber eben nur fast.
„Du wolltest meine Gedanken nicht mehr lesen!“, protestierte ich.
Ein leises Lachen raubte mir beinahe den Verstand - oder zumindest das, was ich jemals davon besessen hatte. Es klang mehr sinnlich als amüsiert, so als diene es nur dazu, gewisse Regionen des Körpers der Zuhörer zu stimulieren. Dein Gesicht spricht Bände.
Häh? Was sollte das heißen ... oh. Mein Gesicht war mal wieder ein offenes Buch. Ich spürte, wie ich rot wurde.
Das Lachen klang diesmal heiterer. Offenbar war ich jetzt amüsant genug gewesen.
WENN DU KEINE WÜNSCHE HAST - ICH HABE DURCHAUS WELCHE.
Ich schluckte, als eine Hand mir mit einem leichten Ruck das T-Shirt über den Kopf zog. Einen Moment später landete die Hose auf demselben Haufen - oder vielleicht in einer anderen Ecke, woher sollte ich das wissen? - dann zupften Hände an meiner Unterhose.
Krampfhaft hielt ich sie fest. „Hey ... ist das nicht ein bisschen schnell? Verd... ich kenne dich ja gar nicht!“
NA UND. EIN KURZES ZÖGERN. DU RÄTST JA NIE.
Ach, jetzt war das meine Schuld! Wer war denn bitte jedes Mal über mich hergefallen, kaum dass ich durch die Tür getreten war? Da konnte ich ja wohl kaum Fragen stellen.
Er hatte meine kurzfristige Unaufmerksamkeit genutzt - meine Unterhose war verschwunden. Allerdings schmiegte sich jetzt ein samtweicher Hausmantel an meinen Körper.
Ich beschloss, keine Fragen zu stellen. Ein kleiner Zauber hier und da - was machte das jetzt noch? In den letzten Wochen war ja nur mein gesamtes Weltbild auf den Kopf gestellt worden, ich hatte einige nichtmenschliche Wesen kennen gelernt, wieso sollte es mich da noch stören, wenn jemand die Gesetzte der Physik änderte?

Ich stieß ein schicksalergebenes Seufzen aus. „Schön, das kann ich ändern.“
Eine Hand umschlang meine Hüfte, schlug den Mantel zurück und formte Linien. Die andere rieb über meine Brustwarze. Nur mühsam erkannte ich das Wort, das auf meinem Rücken geformt wurde: Sicher?
Absolut! Wenn mich das davor gerettet hätte, von einem Fremden flachgelegt zu werden, hätte ich auch mit dem Teufel höchstpersönlich eine Teeparty geschmissen. Wobei ich ja zugeben musste, dass der Kerl mich geil machte ...

Er schloss die Arme um mich, und ich fühlte, wie ein Beben durch seinen Körper lief. Was hatte er? Ging es ihm nicht gut?
Sollte ich nicht besser den Diener rufen?
Plötzlich spürte ich etwas, dass mich davon überzeugte, dass es ihm gut ging: Etwas drückte sehr hartnäckig gegen meinen verlängerten Rücken.
Die Kreatur ergriff meine Hand und zog mich einige Schritte weiter. Auf einmal ließ er mich los - und stellte mir ein Bein. Ich krachte volle Kanne nach vorne, und hätte mir wahrscheinlich sonst was weggeholt - hätten nicht direkt vor mir Kissen gelegen, in die ich mit Schwung reinkrachte.
Plumps.

Ein leises Kichern ertönte und ich stützte mich auf die Ellenbogen, um etwas Bösartiges über Kinderreien wie anderen Beinestellen gesagt - hätte er mich nicht sofort wieder hinunter gedrückt. Dann schob er, langsam, aufreizend, den Morgenmantel hoch. Die andere Hand strich samtig über mein Gesäß, berührte sacht meine Ritze, glitt dann weiter in Richtung Schenkelinnenseite und Hoden. Ich atmete hastiger, versuchte mich zu bewegen - ich wollte keinen Sex mit einem Fremden, vor allem nicht, wenn ich dabei unter ihm eingeklemmt lag! - Seine Hand wendete, kurz bevor sie gefährlichere Tiefen erreichte, und dann fuhren die Fingerspitzen zu meinem Rücken und formten ein glühend heißes: Vorsicht, Kissen.

Sehr witzig.
Huch, da war aber jemand von atemberaubender Freundlichkeit! Ich musste vor Ironie schief grinsen. Na so hatte ich ja einige recht interessante Erkenntnisse erlangt. Super, besser ging es ja kaum!
Okay, Sarkasmus beiseite, ich wollte herausfinden, was er war. Oder wer er war?
„Sag mal, was auch immer du bist, habe ich da schon mal davon gehört. Mythen, Legenden, so was?“
Er zuckte zusammen, dann Ja.
Sein Lachen ließ mich vermuten, dass er es für unmöglich hielt, dass ich es erriet. Oder dass meine Fragestellung kompletter Blödsinn war.
Aber egal. Daran konnte ich jetzt sowieso nichts mehr ändern. „Ähm ... so was in Richtung Inkubus bist du aber nicht?“
Jetzt ließ er sich plötzlich neben mich fallen. Ich fühlte, wie die Kissen rutschten, und dann lachte er plötzlich lauthals. Beleidigt wollte ich aufstehen, aber er ergriff meine Hand und zog mich wieder herunter. Dann schrieb er mir mit zitternder Hand auf den Rücken: Nein.
„Und was hat dich dann bitte so erheitert?“, fauchte ich.
Wieder lachte er, dann schob er den Mantel vorne beiseite und schmiegte sich an meinen nackten Körper. Der Samt seiner Kleidung streichelte sanft meine Haut, dann wich er ein Stück zurück und schrieb, diesmal auf meine Brust: Ja oder nein!
Hääh? Ach so, falsche Fragestellung. Er antwortete also nur dann auf andere Fragen, wenn sie nichts mit seinem wahren Wesen zu tun hatten. Also sollte ich vielleicht ....

Plötzlich fühlte ich, wie etwas Spitzes leicht in meine Haut drückte und wieder verschwand. Erneut spürte ich diese Spitzen an und und in meiner Haut. Was konnte das sein?? Oh, Gottverdammt! Waren das etwa Zähne, so spitz wie sich das angefühlt hatte?! Verdammt, wo war ich hier nur hinein geraten?!! Klar, diese ganze Geschichte war richtig geil, so was würden mir meine Freunde nie glauben. Diese Lippen, die sich so weich anfühlten und die Küsse, die so unglaublich atemberaubend waren. All das ließ mich langsam echt an meinem Verstand zweifeln. Ein leises Kichern holte mich wiederstrebend zurück in die Realität. Allmählich wollte ich schon ganz gern wissen wie diese Kreatur aussah, aber wie sollte ich danach fragen? Ich wusste es nicht.

Ich seufzte schwermütig und die Berührungen stoppten kurz, ehe sie erneut mit mehr Begeisterung begannen. Ich kicherte jetzt, denn er kitztelte mich wieder mal ein wenig.
Konnte ich eigentlich so lange bleiben wie ich wollte?! Das musste ich unbedingt mal fragen!!

Kann ich jedesmal so lange bleiben, wie ich Lust dazu habe??“
JA, DAS KANNST DU IMMER WENN DU HIERHER KOMMST, DENN HIER GILT KEINE ZEIT. WILLST DU DENN DIESES MAL ETWAS LÄNGER BLEIBEN?!
Ich verneinte mit leichtem Zögern, denn ich war mir etwas unsicher. So zog er mich in einen echt umwerfenden Kuss zu sich und ließ mich danach wiederstrebend los. Ah, dann war das also der Abschied für dieses Mal? Nun gut, ich hatte keine weiteren Erwartungen oder Wünsche an ihn.
Auf einmal verschwand der Mantel und ich trug wieder meine normale Klamotten. Nur Sekunden später stand ich vor der Tür im Gang, wo ich mir die Augenbinde abnahm.

War das etwa Eifersucht gewesen, die sein Handeln geleitet hatte?! Dieses Mal war die rätselhafte und äußerst provokante Kreatur um ein wesentliches frecher, aber zugleich auch viel vorsichtiger mit mir umgegangen. Und dann seine Hände, die so sanft, so zart über meine Haut gestrichen hatten ...
Ich verstand das einfach nicht. Warum musste der ganze Trubel ausgerechnet mir passieren! Nicht nur die Sache mit meinem Geburtstagsgeschenk. Auch all das andere ...

Sollte ich nicht doch Dieters Beispiel folgen und es mal mit einer heißen Sahneschnitte probieren? Immerhin standen die Mädels ja voll auf mich. Ich seufzte. Warum musste das Leben so furchtbar kompliziert sein? Wirklich - seit ich mein Nahtoderlebnis hatte, liefen die Dinge ganz gemein aus dem Ruder! Ich meine, wer wünschte sich schon meine Erfahrungen? Die OP war Routine gewesen, bis auf einmal meine Herztöne aussetzten und die Ärzte alles drum gaben mich am Leben zu halten. Bis dahin war ich bestimmt nicht gläubig, dennoch hätte ich erwartet, mich im Paradies wiederzufinden, doch bei dem Ort, an dem ich dann landete, handelte es sich eher um das Gegenteil davon. Und dann glaubte ich mich auch noch an ein absolut unheimliche Wesen zu erinnern - dunkel vor den lodernden Flammen, von Schatten und Rauch umhüllt - das aber zu meinem größten Erstaunen voll nett zu mir war. Also, bei dem Aussehen hatte ich das Schlimmste erwartet! „Nein, im Paradies bist du nicht“, ließ mich eine tiefe, raue Stimme wissen. Dann streckte die Kreatur verlangend ihre Arme nach mir aus. Ich bekam die totale Panik und vehement den Kopf schüttelnd wich ich zurück, bis plötzlich ein Sog mich erfasste und alles schwarz wurde.

Als ich im Krankenzimmer erwachte erschien mir das alles nur noch wie ein schlechter Traum. Seitdem fragte ich mich manchmal, ob jenes Erlebnis nicht irgendwelche Spuren an mir hinterlassen hatte. Denn bisweilen, wenn ich in Panik geriet ... dann geschahen Dinge. Straßenlaternen verbogen sich, Zeitungen gerieten in Brand, obwohl meilenweit kein Feuer zu sehen war, Herdplatten wurden heiß ohne Strom ... das lässt sich endlos fortsetzen. Das schlimmste war gewesen, wo plötzlich im Supermarkt die Maiskonserven explodiert waren. Da gibt es sicher nicht viele Personen, denen auch solche Sachen passieren. Natürlich habe ich das wirklich niemanden erzählt oder auch nur angedeutet, dass eben diese Sachen mir möglich waren. Die würden mich doch zu Recht in die Klapse stecken.

Bisher war der Diener immer da gewesen, wenn ich das Zimmer verließ, um mich nach draußen zu geleiten. Diesmal aber war er anderweitig beschäftigt. Ich erinnerte mich an die kleine Tür, zu der der Diener Dieter vorhin geschickt hatte, und machte mich auf den Weg dorthin.

Die Tür war aus hellem Holz, mit Intarsien aus silberglänzendem Metall und hellblauen halbmondförmigen Steinen. Im Gegensatz zu der Tür oben war diese von normaler Größe.
Zögernd klopfte ich dagegen, dann aber packte mich der Mut mit einer weißsilbernen Welle und ich stieß sie auf. „Juan ...?“

Die Szene, die sich meinen erstaunt aufgerissenen Augen darbot, ließ beinahe mein Herz stocken.
Der Diener lehnte gegen ein Bücherregal, dass eine komplette Wand bedeckte. Seine Klamotten waren ganz offensichtlich ruiniert, wofür vermutlich Dieter verantwortlich war. Dieser stand ihm gegenüber, in der einen Hand ein Stück des violetten Gewandes, dessen Fehlen die porzellanhelle Brust des Dieners enthüllte, während der Inhalt des Glases, das mein Cousin in der anderen Hand hielt, sich purpurrot über eben diese Haut und den Rest der Kleidung ergossen hatte.

Ich blinzelte erstmal. Was auch immer ich erwartet haben mochte - handgreiflich wurde Dieter normalerweise nicht. Was also war hier geschehen?

Der Diener löste sich als erster aus der Erstarrung, in die mein Erscheinen uns alle verfallen lassen hatte, und schob Dieter ein Stück von sich fort. „Du solltest dich hinsetzen.“, sagte er und deutete auf die Mitte des Raumes, wo einige mit lindgrünem Samt gepolsterte Stühle um einen Weidenholztisch herumstanden. Während Dieter dieser Empfehlung nachkam, verbeugte sich der Diener leicht vor mir und sagte: „Wenn Sie mich bitte für einen Moment entschuldigen würden? Ich muss mich umziehen.“

Ich nickte wie betäubt, als würde der Mann tatsächlich auf meine Erlaubnis, sich zu entfernen, warten, und verfolgte dann, wie er an mir vorbei durch die Tür verschwand.
Erst das Klack, mit dem die Tür ins Schloss fiel, holte mich aus meiner Versteinerung. Verblüfft schüttelte ich den Kopf und ging zu Dieter hinüber, der sich eben aus der Flasche, die auf dem Tisch stand, nachschenkte. „Was war hier los?“

Dieter starrte in die Tiefen seines Weines, und als zöge er dort die Antworten hervor sagte er mit halb ungläubiger, halb verwirrter Stimme: „Ich weiß nicht, was gerade passiert ist. Irgendwie ... ich ... wir ...“ Er holte tief Luft, und als er fortfuhr klang seine Stimme sicherer: „Wir haben hier gesessen. Und dann hat er mich gefragt, ob ich was trinken möchte. Er hat mir Wein geholt, wir haben ein, zwei Gläschen geleert, und ... ich habe ihm das Du angeboten und ...“ Er blinzelte und klang immer angestrengter, als versuche er, sich an etwas zu erinnern, das weit in der Vergangenheit lag: „Wir haben über Hobbys gesprochen und er meinte, er lese gern. Dann wollte er mir ein Buch zeigen und ... ich weiß nicht.“ Er hob den Kopf. „Halte mich meinetwegen für verrückt, aber: Zwischen diesem Moment und dem Augenblick, wo du reingekommen bist, ist alles ... weiß.“

Ich versuchte einen Scherz daraus zu machen. „Meinst du nicht, alles ist schwarz?“
„Nein.“ Dieters Stimme klang fest. „Das war kein Blackout. Eher ein Whiteout. Ich schwöre dir, alles war weiß, und ... und freundlich ... und ich habe Lieder gehört wie ... es war, als hätte ich das Paradies gesehen! Ich schwöre dir, dies ist mein Engel!“
Bei seinem schwärmerischen Tonfall musste ich innerlich mit dem Kopf schütteln. Dieter schwebte auf Wolke sieben. Aber sowas von eindeutig - das war kaum zu glauben. Und kein Wunder, dass er die Englein hatte singen hören, bei seinen Fantasien!
Allerdings machte ich mir trotzdem Sorgen. Was hatte der Diener mit ihm angestellt, dass er sich nicht mehr daran erinnerte? Und dass er ihm den Wein übergeschüttet und zuvor das Hemd zerrissen hatte - hatte Dieter sich dagegen gewehrt? Was war passiert, dass der Diener Dieter hatte vergessen lassen?

„Ach weißt du, mein Engel hat auch noch einen so wundervollen Namen: Angelito. Er muss einfach dem Himmel entstammen ...“ Dieter seufzte und entschwebte mir vollständig.
Mit einem leisen, höflichen Klopfen kehrte der Diener - Angelito - zurück.

Der Diener ging erschöpft aus der Tür und seufzte schwer. Vollkommen fertig wischte er sich über seine Stirn und schüttelte unwillig den Kopf. Dieser Typ, den Malik da angeschleppt hatte, war die absolute Strafe! Während er sich seiner zerrissenen Klamotten entledigte und frische anzog flüsterte er - man konnte ja nie wissen, wer alles zuhörte - seinen Zorn vor sich hin. “Womit hab ich diesen ganzen Mist nur verdient? Wie soll man da auch nur im Entferntesten ruhig bleiben?! Erst hängt dieser Bengel an mir wie eine Klette und dann, als ich die Situation mit Wein abkühlen will, kippt der mir dieses Zeug auch noch auf meine Gewänder! Wie kann er es wagen mir körperlich so auf den Pelz zu rücken, dass am Ende noch der Stoff reißt?! Und weil sich dieser Dieter im Überschwang auch noch verletzt hat musste ich ihn heilen und das ganze selbstverständlich aus seinem Gedächtnis löschen. Und der ist so furchtbar durchgedreht, dass er mir jetzt noch weniger von den Hacken gehen dürfte! Und alles nur wegen meinem Aussehen, meiner Aura und diesem Namen! Allein der ist ja wohl Strafe genug für mich, wenn dann solche Erlebnisse dabei rauskommen.“
Beinahe lautlos waren seine Schritte, als er schließlich mit frischer, heiler Kleidung wiederkam.

Angelito wirkte irgendwie erschöpft und ich war versucht, Dieter zu schnappen und zu verschwinden, als mein Cousin sich mit strahlenden Augen vor ihn stellte und fragte: „Du kommst doch jetzt noch mit zum Italiener?“

Innerlich zuckte ich zusammen. Es wäre mir lieber, wenn Dieter den Diener nie wieder sähe, aber das war wohl nicht möglich. Nicht, wenn Dieter etwas von ihm wollte. Also musste ich den Schaden begrenzen. Und das ging nur, wenn ich die beiden im Auge behielt.
„Hier gleich um die Ecke? Dort schmeckt es wunderbar, da musst du einfach mit hin.“ Und dann, um ein bisschen die Distanz zwischen mir und ihm abzubauen, fügte ich noch an: „Würdest du mich auch dutzen? Wenn wir jetzt schon alle zusammen ausgehen, können wir nicht weiter beim Sie bleiben.“

Flackerte da wirklich Panik in seinen Augen auf? Ich war mir nicht sicher, zumal er nur einen Moment später blinzelte und mich dann wieder mit seinen nichtssagenden Augen ansah. „Selbstverständlich.“, sagte er schlicht, ehe er sich an Dieter wandte: „Es ... wäre mir eine Freude, Sie ... euch zum Essen zu begleiten.“
Dieter strahlte über das ganze Gesicht und sagte dann: „Nun, wenn wir noch gute Plätze haben wollen, sollten wir jetzt los!“
Der Diener führte uns zurück zur Tür, setzte dann aber nur zögernd einen Fuß davor. „Ich ... bin noch nicht häufig in der Stadt gewesen.“, gab er auf Dieters neugierige Frage hin zu.
„Ach was, wieso denn nicht?“
Angelito schien mit sich zu kämpfen, dann sagte er: „Mich hat immer die Reaktion der Leute irritiert.“
„Reaktion?“, fragte ich unschuldig.
Dieter schien ihn besser zu verstehen. „Hör mal, wenn jemand aussieht wie du, dann muss er damit rechnen, dass ihn die Leute anstarren. Hey, wenn ich so aussehen würde ...“
Der Gedanke erschreckte mich fast. Dieter, der wiedergeborene Don Juan, der ultimative Frauenheld - mit dem Aussehen eines Engels? Die Welt würde ihm zu Füßen liegen!

Wir hatten ihn in unsere Mitte genommen, damit ihn nicht gleich jede(r) anquatschen oder anmachen konnte - und damit er nicht plötzlich umdrehte und zum Haus zurück rannte. Ich konnte sein Unbehagen fast schon riechen! Also tat mir der Diener wirklich total leid! Aber es war auch wirklich erstaunlich, was für eine Wirkung Angelito auf andere Menschen hatte. Ich wette, dass er auch als Model durchgehen könnte, wenn er wollte! Uns folgten die Blicke aller Frauen auf unserem Weg.
Hoffentlich waren wir bald im italienischen Restaurante. Denn so langsam aber sicher wurde es mir lästig, ständig Dieters eifersüchtiges Grummeln zu ertragen. Mein Gott, das schlauchte ja so sehr! Ich wagte es mir nicht vorzustellen was in dem Diener so vor sich gehen mochte. Unbehaglich schmiegte er sich jetzt an mich, um etwas Abstand vor Dieter zu haben, und ich schwebte auf Wolke sieben.
Als das Restaurant vor uns auftauchte war ich beinahe enttäuscht. Angelito jedoch atmete ganz eindeutig und ziemlich laut auf. Offenbar erwartete er, dass es in der Gaststätte weniger schmachtende Blicke gäbe.
Ein Ober eilte uns entgegen und führte uns an einen ruhigen Vierertisch, der hinter zwei großen Topfpflanzen und einem Raumteiler aus hellem Holz beinahe zu einem anderen Ort gehören könnte. Denn in dem Lokal war es alles andere als ruhig. Zwar war es in der Woche, wo nur wenige Leute Zeit hatten, aber es war das Pasta Tagliente, es war Donnerstag, und es war nach sechs Uhr. Für alle, die es nicht wissen: Im Pasta ist jeden Donnerstagabend eine Tanzveranstaltung, zu der sich jung und jünger einfinden, um zu quatschen, abzuhängen und sich den einen oder anderen One-Night-Stand zu angeln. Nichts Unnormales also - aber mit Sicherheit nicht das, was Angelito heute hier erwartet hätte.
Na, das konnte ja heiter werden! Ich stöhnte innerlich vor Frust auf. Nunja, aber an solchen Tagen gab es wenigstens jede zweite Portion Nudeln umsonst. Ich schätzte mal, dass wir die auch voll brauchen würden, wenn wir mit Angelito die Tanzfläche wieder verließen! Oh, er tat mir jetzt schon leid, als ich die schmachtenden Blicke von vorhin dachte - hier würde er noch weitaus mehr kriegen.
Ja und da begann auch schon das hier übliche Spiel und der Ober brachte uns dreien neben dem bestellten Essen auch noch einen Stapel kleiner Zettel mit eindeutig zweideutigen Angeboten. Wobei - eigentlich waren die Tänzchen ja echt nur pro Forma - sie wurden dann in wesentlich privaterer Form fortgesetzt.
Und ich hatte so gehofft, dass wir in dieser versteckten Ecke ungestört essen konnten! Aber nein, jetzt wurde der letzte Platz an unserem Tisch auch noch belegt. Eine hübsche Blondine im hautengen roten Kleid, mit einer dunklen Halskette, an der - zwischen ausladenden, beinahe schon unzüchtig zur Schau gestellten Brüsten - ein einzelner Granat wie ein Blutstropfen hing.
Und ernsthaft - wäre sie ein Mann, so würde ich sie auf jeden Fall als Casanova Bezeichnen, so wie sie sich jetzt an unseren Begleiter ranschmiss und ihn mit Komplimenten überhäufte. Angelito wirkte ein klein wenig unsicher. Man sah die Fragezeichen förmlich in seinen Augen, was der ganze Wirbel um seine Person jetzt sollte. Ich grinste mir eins, denn Angelito reagierte wie gewohnt sehr kühl auf ihre Worte. Kein Wunder, Komplimente schienen ihn immer noch mehr zum Eisklotz werden zu lassen.

„Oh, du bist ja so ein guter Zuhörer.“, flötete Blondchen gerade. „Wenn ich da an meine Exmänner denke - gar nicht zu vergleichen! Und dein Haar - ich werde ja direkt neidisch! Bei welchem Frisör bist du? Ich habe noch nie so toll gefärbte Haare gesehen. Und ...“
Ich schaltete ab. Da Angelitos Haltung immer eisiger wurde machte ich mir keine Sorgen wegen dieser Frau. Eher würde Dieter ihn mir wegschnappen als sie.
Apropos Dieter. Der saß an seinem Platz und beobachtete alles mit Argusaugen. Allerdings ziemlich entspannt, so als mache er sich ebenfalls keine Sorgen. Und das konnte nur eines bedeuten - er hatte es geplant.
Das ganze Theater hier, einschließlich Donnerstagabendparty mit allem drum und dran.
Das erneute Erscheinen des Obers lenkte mich von meinen Gedanken ab. Wie alle hier war er in die Schicki¬mickidonnerstagabendtanzkleidung geschlüpft, was schlichtweg folgendes bedeutete: Dunkelpinke enge Hose (für Frauen kurze Röcke), strahlendweißes Hemd unter pinker Weste, dazu eine beinahe konservative graue Krawatte mit dem Schriftzug des Restaurants. Und natürlich die Flügelchen. Flauschige, rosé Engelsflügelchen, die einer Putte angestanden hätten.

Vielleicht war es seine Kleidung, die dafür sorgte, dass sich der Ober so steif hielt, beinahe als hätte er einen Stock im Hemd. Dabei sah er eigentlich gar nicht so schlecht aus. Um ehrlich zu sein, er erinnerte mich ein bisschen an Angelito. Ebenmäßiges, schönes Gesicht, schwarze Augen, die inmitten seiner hellen Haut wie riesige schwarze Löcher wirkten, Haare, die in Schokowellen über seinen Rücken fielen und die hübschesten Lippen, die ich je gesehen hatte. Auch war seine Ausstrahlung - seine Aura, wenn man so wollte - ähnlich wie die Angelitos sehr fremdartig, aber irgendwie anders. Dunkler.

Ich war mir sicher, dass ich ihn nie zuvor gesehen hatte, was darauf schließen ließ, dass er noch nicht lange hier arbeitete. An seine Aura hätte ich mich erinnert.
Seine Onyxaugen schweiften kurz über den Tisch, verharrten für einen Moment bei Angelito, der von Blondchen zu sehr belagert wurde um etwas mitzukriegen, schweiften über Dieter und blieben schließlich bei mir hängen. Mit einer kleinen Verbeugung reichte er mir einen Stapel Zettelchen, ehe er drei weitere auf dem Tisch ablud und wieder in der Menge verschwand.

Also wenn ich ehrlich war, dann würde ich mit dem Kellner eine flotte Sohle übers Parkett schieben! Aber der war ja schon wieder weg, so ein Mist!
Ich erhob mich jetzt gesättigt und schaute so nebenbei, wer mir denn so Zettel geschrieben hatte und erschrak gewaltig: nur Frauen?! Das konnte doch nicht wahr sein! Ich war doch nicht bisexuel, gab es hier denn keinen, der auch ein homo war? Ah nein, ganz unten im Stapel fand ich dann doch noch lohnende Post an mich. Ich ging also die Beschreibung des Typen durch und suchte ihn dann im Restaurante. Ja, also der würde wirklich gut zu mir passen, zumindest für eine Nacht!
Smaragdgrüne Augen sahen mich übermütig an, sie strahlten mir aus einem ebenmäßigen Gesicht entgegen welches von kurzen, blonden Haaren eingerahmt wurde; schlank war er auch. Genau mein Fall, nein, da würde ich mehr als eine Nacht was von ihm wollen. Vielleicht war der auch noch nett, dann könnte auch was Längeres draus werden...
Ich konnte seinen Körper eng an meinem spüren, als er mich auf die Tanzfläche zog. Seine Augen waren so leuchtend und sein Grinsen so ansteckend, dass ich mich ihm sofort zugetan fühlte. Und dazu die äußere Verpackung ... wenn mir jetzt auch noch sein Wesen gefiel, und er wie ich auf was dauerhafteres aus war ... wer brauchte denn Angelito - obwohl der natürlich deutlich schöner war, wie ein großes Kunstwerk ... und ebenso unerreichbar ...

Viele Schritte hatten wir so noch nicht gemacht als unter mir das Parkett zu beben begann und feine Risse bekam. Ich strauchelte und hielt mich aus Reflex an ihm fest, was ihn wohl erfreute. Und ich fand diese Reaktion, nebenbei bemerkt, ebenfalls ziemlich erfreulich.
Bebte der Boden schon wieder, oder war es nur mein verlangendes Zittern? Und waren die Risse eben wirklich tiefer geworden?! Ich erschrak leicht. In meinem ganzen Leben hatte ich noch kein richtiges Erdbeben erlebt. Aber da es ja wieder aufgehört hatte - und abgesehen von leichten, kaum sichtbaren Rissen im Boden nichts passiert war - setzten wir unser Tänzchen munter fort.

Er war ein toller Tanzpartner ... auch wenn ich nicht wusste, wie er hieß ... und seine Wangen leuchteten rot vor Aufregung und Hitze, was ihn richtig süß aussehen ließ. Aber wenn ich gegen ihn stieß - was bei der ständig voller werdenden Tanzfläche glücklicherweise nicht zu vermeiden war - konnte ich dennoch deutliche Muskeln fühlen.
Überrascht sah ich auf - und er saß mich ebenfalls an. Mit einem heißen, verlangenden Blick, der Schockwellen der Erregung durch mich fluten ließ. Verlegen und, ja, fast erschrocken wandte ich den Blick ab.

Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass es Dieter tatsächlich gelungen war Angelito auf die Tanzfläche zu schleifen. Und ihnen folgten natürlich allerhand bewundernde Blicke. Nun, es war ja auch kein Wunder, denn man sah sofort, dass Dieter ein geübter Tänzer war, der sich jedem Rhythmus anpassen konnte - in mehr als einer Hinsicht. Und dass ihm der Diener in Nichts nach stand, konnten wir ja jetzt alle bewundern! Also, der würde mit absoluter Sicherheit genügend - wenn nicht gar zu viele, wenn man sein schüchternes Wesen bedachte - Angebote bekommen, wenn er sich weiter mit solcher Grazie bewegte, was ich nicht anzweifelte.

Nun, mir konnte das egal sein, denn ich hatte hier auch einen echt netten Typen an der Angel ... und ich hoffte so langsam, dass sich mehr daraus ergeben würde als nur eine Nacht.
Der Boden bebte erneut, diesmal aber weitaus heftiger als das letzte Mal schon. Wir fanden uns alle auf dem polierten Boden wieder, an tanzen oder Ähnliches war nicht mehr zu denken! Tatsächlich waren in der Fläche breite und tiefe Spalten zu sehen. Irrte ich mich, oder qualmten die im Ernst?

Sicher war das nur eine Illusion gewesen, denn selbst wenn es hier zu Erdstößen kommen sollte - um Lavaspalten zu kriegen brauchte man doch bestimmt Vulkane! Leider war die Menge - ziemlich hysterisch - zwischen mich und meinen Tanzpartner geschwappt und so stand ich plötzlich ohne ihn auf der Fläche.
War ja wieder sooo klar gewesen!! Meine Stimmung sank in unbekannte Tiefen.
Warum musste mir so ein Mist passieren?! Ich hatte doch endlich mal einen voll süßen Typen an der Angel und dann gab es Erdstöße! Wieso kann nicht mal bei anderen was schief laufen? Ausgerechnet jetzt, wo ich doch dufte Begleitung hatte. Ich wollte doch nur einen schönen Abend und eine hoffentlich noch schönere Nacht erleben! Was bitte hatte ich denn getan - den da oben verärgert?!

Was sollte ich bloß machen? Ich hatte weder seinen Namen, noch konnte ich ihn in diesem Gedränge sehen. Und er hatte offenbar auch kein Interesse mehr an mir.
Ratlos sah ich mich zu Dieter um, der offenbar ähnliche Probleme hatte, denn Angelito hatte es nun wohl endgültig satt, uns zu ertragen. Ich fühlte die Eiseskälte, welche jetzt von ihm ausging, bis hierher. Es war vielleicht besser, wenn wir das Weite suchten ehe er vor Zorn erstarrte.
Oder lag es nur daran, dass ihm übel war? Er krümmte sich nämlich plötzlich und würgte ganz schön. Dieter und ich erschraken. Was nun? Gott sei Dank kam unser Ober noch einmal zu uns geeilt: „Meine Herren ich bestelle ihnen schnell ein Taxi, es wird nur einen Moment dauern! Bitte warten Sie hier, oder setzen sie sich schon an den Eingang.“

Unerwartet meldete sich Angelito zu Wort: „N-Nein es geht schon wieder, danke. Bitte, kein Taxi. Bloß keine Umstände!“
Zweifelnd schauten wir ihn alle an, doch es war der Kellner, der Einwände erhob. „Wirklich Herr, es bereitet mir keine Umstände! Das gehört alles zu unserem Service!“
Irrte ich mich, oder wechselten die beiden einen geheimnisvollen, hasserfüllten Blick? Nein, sicher nur Einbildung.
Während der Kellner losging, ein Taxi zu rufen - Angelito schien wirklich etwas wackelig auf den Beinen zu sein -, gingen wir zum Eingang zurück. Natürlich nur mit der Nummer dieses süßen Typen.
Anscheinend hatte ich einen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen, denn als wir rausgingen, eilte er uns schnell nach, kritzelte mir die Nummer auf den Arm - mit Edding! - umarmte mich kurz und gab mir einen Abschiedskuss. Oh ja, bei dem würde ich mich mit Garantie wieder melden! Und mir wahrscheinlich eine ganze Weile den Arm nicht waschen - bis ich sicher sein konnte, dass ich seine Nummer nicht vergessen konnte ...

Da kam auch schon der Kellner wieder. „Es dauert höchstens fünf Minuten, hat er gesagt.“, informierte er uns. Ich dankte ihm für seine schnelle und umsichtige Reaktion auf unsere missliche Lage, dann setzten wir uns ab.

Der Diener seufzte leise und verdrehte kaum merklich die Augen zum Himmel: „Es war ja so furchtbar! Wieso mussten mich diese zwei auch dorthin zerren?! Womit habe ich diese Schmach denn bloß verdient? Menschen, die versteh wer will, mir sind sie ein Buch mit sieben Siegeln. Mindestens sieben.
Was sollte dieser Stapel mit Zetteln und die Sprüche darauf bedeuten? Zu welcher Person ich heute Nacht will oder ob sie mit zu mir kommen soll? Ich glaube kaum, dass irgendjemand erfreut wäre, wenn ich einen Menschen einfach so mit ins Paradies nehmen würde! Hach ja, wenn das so einfach wäre, dann hätte ich die eine süße Maus schon zu mir eingeladen. Oh Mann, Dieter war wirklich kaum zu ertragen gewesen. Wenn da nicht mein Auftrag wäre ... und mein Vorgesetzter ... hätte ich mich dazu nie bereit erklärt. Zwar konnte ich mich beim Tanzen etwas abreagieren ...
Die Krönung von allem war aber echt, dass mir auch noch B über den Weg laufen musste! Den konnte ich noch nie riechen. Und dann musste ich auch noch Übelkeit vortäuschen, damit Malik den Fremden nicht auch noch küsst. Das hätte sonst für ein komplettes Erdbeben gelangt!! Warum können diese Gefallenen denn nie ihre Eifersucht beherrschen!“

Dieter und Malik beobachteten, wie Angelito plötzlich angewidert sein schönes Gesicht verzog. Konnte er Taxis wirklich so schlecht leiden? Mit großem Bedauern lieferten wie ihn nun vor dem weißen Haus ab.

Dieter schmachtete Angelito mit einem letzten Blick an, als die dunkle Tür hinter ihm ins Schloss fiel, und dabei sah er, trotz rosa Brille, die Erleichterung auf seinen Zügen, und es bedrückte ihn, schließlich war er ja sowas von total verknallt in den Diener! Er hatte ja immer davon geträumt, seiner Traumfrau zu begegnen - und auch wenn Angelito ja nun ein Mann war hieß das nicht, dass er diese Rolle nicht hundertprozentig ausfüllen konnte. Etwas so Schönes, mit dieser unglaublichen Grazie, hatte er vorher noch nirgendwo gesehen! Er konnte einfach nicht anders als ihm nach zu laufen, auch wenn er Malik damit voll verletzte. Er konnte ihn nicht aufgeben, das war unmöglich.
Vor allem jetzt nicht mehr. Nicht nur, dass Angelito so schön, so ... märchenhaft, bezaubernd, umwerfend war, dass er ein Anblick für die Götter war, dass er jedes menschliche Wesen in seiner Umgebung mit seiner Anmut, seiner natürlichen Eleganz, seinem edlen Charakter für sich einnahm ... nein, da waren noch andere Dinge an ihm, die mich nicht minder reizten.

Zum Beispiel sein Wesen. Er war immer höflich und um innere Ausgeglichenheit bemüht - obwohl er durchaus Ungeduld und Wut erkennen ließ - aber stets, wenn er kurz vorm Wutausbruch zu stehen schien, war da ein ... Sanftmut in ihm, ein Gefühl, als würde er selbst dann nicht zuschlagen, wenn er richtig gereizt wurde. Und das war nicht alles. Im Laufe ihrer Unterhaltung im weißen Haus hatte Dieter gespürt, dass Angelito weder den Ort, das Unterfangen an sich noch seinen Herrn mochte. Gleichzeitig war er nicht bereit, auch nur ein schlechtes Wort darüber zu verlieren. Und als er ihn gefragt hatte, ob Malik in Gefahr war wenn er in das Zimmer ging, meinte er nur: „Er nicht.“
Und dann war da noch etwas, das mich anzog. Etwas, das ich nicht gerne zugab, aber ... seine ständige Weigerung, sich mit mir einzulassen, hatte meinen Jagdtrieb geweckt.
Nein, so schnell würde ich Angelito nicht vom Haken lassen.

Ich ahnte nicht, dass ich unseren Kellner so bald wiedersehen würde. Aber wie heißt es so schön: Unverhofft kommt oft!
Denn kaum, dass ich am Montag in den Hörsaal kam - zur langweiligsten Vorlesung überhaupt - sah ich unseren Neuzugang. Er kam von einer anderen Uni und habe diese aufgrund gewisser Diskrepanzen mit seinen Professoren gewechselt, erzählte er uns. Mich traf es wie ein Blitz, als ich ihn genauer ansah: Das war unser Kellner aus dem Ristorante! Was machte der jetzt hier in meiner Klasse!?

Offensichtlich hatte er mich erkannt, denn er kam ohne Umweg auf mich zu. Aus dem Augenwinkel sah ich wie begeistert die Mädels auf sein Erscheinen hier reagierten. Nun, ich konnte sie gut verstehen, ich fand sein Aussehen ja selbst umwerfend. Seine dunklen, fast schwarzen Augen blickten leicht stechend in die Runde, sofort wurde der Platz neben mir frei gemacht. Er quittierte es mit einem überraschend freundlichen Lächeln.
Ich blinzelte, als sich vor meine Augen ein anderes Bild legte. Eines, in dem er in schwarzes, blutbesudeltes Leder gekleidet war, in der einen Hand einen Morgenstern herumwirbelte, während er mit der anderen einen Leichnam emporhielt. Und vor allem: Mich dabei ansah, mit einem diabolischen Grinsen im Gesicht.
Zum Glück verschwand das Bild sofort wieder in die Regionen meines Unterbewusstsein, aus denen es aufgetaucht war. Dieser Dämon passte nämlich überhaupt nicht zu dem freundlichen Kerl, der sich jetzt besorgt nach Angelito erkundigte.

„Geht es eurem Freund wieder besser? Er sah ja wirklich kreidebleich aus!“
Ich war im ersten Moment etwas irritiert - ich gebs ja zu, ich erkannte nicht gleich, wovon er sprach; sein bombastisches Aussehen und dieses Bild vor meinem inneren Auge hatten mich doch etwas abgelenkt - aber dann nickte ich. „Ja, danke nochmal für deine schnelle Reaktion. Ich glaub, es waren ihm einfach zuviele Leute da, sowas ist er einfach nicht gewohnt.“

Nun wirkte er etwas ernster, was war mit ihm auf einmal wegen meiner Antwort los? Für einige Sekunden wirkte er fast zornig auf mich. Aber weshalb denn?
„Gefällt es dir hier nicht? Du wirkst reichlich angespannt an meiner Bank.“
Er grinste kurz zu mir, ehe er sich erneut umsah. „Doch schon, aber ich bin es in keiner Weise gewohnt, so ... angegafft zu werden. Ist das hier immer so bei euch?“

Ich lachte leise über seine Frage, denn er erinnerte mich jetzt noch mehr an Angelito. Ja, der würde unseren Mädels todsicher auch sehr gefallen! Bloß, wie sollte ich ihm nun antworten ohne ihn zu verstimmen, falls er ebenso empfindlich war wie der Diener? Kamen die womöglich aus der gleichen Gegend? Es würde mich jedenfalls nicht im Geringsten wundern. Nur, wenn es echt so sein sollte - warum immer ich? Seit dieser Brief meiner Freunde - falls er denn tatsächlich von ihnen kam, irgendwie bezweifelte ich das immer mehr; schließlich hatte ich seit dem Beginn der ganzen Geschichte versucht sie anzurufen und keiner von ihnen war zu erreichen! - aus meinem Briefkasten gefallen war hatten sich die rätselhaften Ereignisse, die mich ja zugegebenermaßen schon seit geraumer Zeit begleiteten, stark angehäuft.
Oh, was war jetzt eigentlich? Ach so ich musste ihm ja auch mal noch eine Antwort geben, das hätte ich jetzt fast vergessen!

„Naja falls du die richtigen Mädels erwischt bleibt es nicht nur beim Schauen! Außerdem reagieren Frauen immer so auf hübsche Jungs. Oder ist dir das etwa unangenehm? Sag bloß, dir gefallen Jungs besser?“
Total baff war sein Gesicht nun, damit hatte er wohl nicht gerechnet, dass jemand ihn das so direkt fragen würde? Ich sah ihn mit einem verlegenen Grinsen an. Das Thema war ihm wohl etwas peinlich?

„Naja, also eigentlich habe ich ja an Beidem ein nicht zu geringes Interesse.“, gab er zu. Und als ich nicht schockiert darauf reagierte fuhr er fort: „Es wäre doch außerordentlich schade, sich etwas entgehen zu lassen, nur weil es zufällig dem eigenen Geschlecht angehört. Denkst du nicht auch, dass das Leben dafür einfach zu kurz ist? Wie heißt du eigentlich?“

Nun war es an mir, fassungslos in sein Gesicht zu starren. Der war echt BI! Nein damit hatte ich wirklich nicht gerechnet! Eigentlich hatte ich ja auch meine Frage nach seinen sexuellen Vorlieben nur scherzhaft gemeint!

„Ähhm ... ich bin Malik. Und was das andere angeht: Du könntest Recht haben. Aber jetzt sag mir erst mal, wer du bist!“
Für einige Sekunden war sein Blick stechend auf mich gerichtet, dann nickte er leicht und irgendwie spöttisch. Gleich darauf presste er seine Lippen zusammen, so als ob er sich über irgendeine Sache ärgern würde. Aber was? War ihm sein Name etwa unangenehm?
Oder war es gar etwas Schlimmeres?!
Konnte es sein, dass er auf mich irgendwie sauer war?! Aber er hatte sich doch zu mir gesetzt, und wir hatten uns doch bisher ganz gut unterhalten!

„Ich bin Nikolas.“, gab er mir endlich zur Antwort, nachdem ich schon gar nicht mehr damit gerechnet hatte. Das war alles? Irgendwie hatte ich da mit mehr gerechnet, da er eine so lange Pause gemacht hatte. Immerhin war sein Gesicht jetzt wieder deutlich freundlicher. Von dem sollte ich Dieter vielleicht auch mal erzählen, falls der jetzt echt auch vomn Anderen Ufer war, dann wäre Nikolas eventuell auch was für ihn und ich hätte Angelito wieder für mich allein! Ja, das war doch eine richtig gute Idee ... so konnte ich mir gewaltlos seine unliebsame Konkurrenz vom Hals schaffen ...

Wir quatschten noch eine Weile über alles Mögliche und so ging die Zeit rum. Er entpuppte sich als erstaunlich nett und ich vergaß fast, dass heute ja schon wieder Donnerstag war. Ein kurzes Grinsen huschte über mein Gesicht, als es mir noch einfiel. Nikolas sah mich etwas missmutig an, sagte aber nichts dazu.

So lief ich mal wieder zum weißen Haus. So richtig hatte ich keinen Plan, was ich dieses Mal anstellen und wie weit ich dieses Mal gehen sollte. Wie ich mich überhaupt verhalten sollte. Aber ehrlich gesagt hatte ich keine Lust mehr weiterhin zu raten. Einerseits war es natürlich sehr amüsant, mit ihm zu spielen, und wenn ich erriet, was er war, wäre das zu Ende. Andererseits ... gefiel mir manchmal nicht, was er tat. Und ich konnte deutlich spüren, dass er ... sehr anders war. Und das machte mir im Stillen doch ein wenig Angst.

Mit leichtem Zögern trat ich durch die geöffnete Haustür, welche der Diener hinter mir schloss. Wieder schmachtete ich ihn im Stillen an, weil sein Aussehen so umwerfend und seine Eleganz so groß war. Doch heute erschien mir Angelito deutlich kühler als bei meinem letzten Besuch hier. Oder lag es daran, dass ich heute ohne Dieter kam? Ich konnte es nur vermuten. Vielleicht war er auch nachtragend wegen des Restaurantbesuches? Hoffentlich nicht!
Ich ließ mich also stumm - von einem „Hallo“ mal abgesehen - von dem Diener wieder zu dem mir unbekannten Wesen führen und mir vor dessen Tür meine Augen verbinden.

Nach kurzem Zögern trat ich ein. Es war absolut duster vor meinen Augen und ich hörte diesmal keine Schritte, welche auf mich zukamen. Was würde mir an diesem Donnerstag geschehen? Konnte es vielleicht sein, dass ich allein in Raum war? Es war so still, dass ich mein Atmen hören konnte - jedoch keinen zweiten!
Jetzt jedoch hörte ich ein leises Lachen an meinem rechten Ohr und zuckte leicht zusammen. Na toll, solche Späße fand er wohl sehr witzig?! Also wenn er heute wieder nur auf solche blöden Streiche aus war, dann würde ich gleich wieder gehen! Darauf hatte ich wahrlich keine Lust ... dafür war ich einfach nicht hergekommen. Ich hatte keinen Bedarf daran, verscheißert zu werden.
Plötzlich fühlte ich seine zarten Berührungen auf der Haut.
NEIN, MALIK! VERALBERN WOLLTE ICH DICH NICHT.
Huch, da hatte er schon wieder meine Gedanken gelesen! Aber dieses Mal verzieh ich ihm das, ausnahmsweise. Denn im Stillen überlegte ich immer noch, wie viel ich diesmal von ihm wollte. Vielleicht sollte ich aufs Ganze gehen und endlich erfahren welche Kreatur er war. Irgendwie war mir danach, mal alles auf eine Karte zu setzten. Der wollte mich doch mit Haut und Haar, oder?!

„Hey wer immer du sein magst, du willst mich doch, oder nicht?“
JA, MALIK, KLAR DOCH, ABER WILLST DU MICH DENN WIRKLICH?!
Jetzt war es an mir zu überlegen was ich wollte.
„Sagst du mir dann, was du bist, damit ich aufhören kann mit raten?“
NEIN!
Oh schade und ich hatte so gehofft, nicht länger dieses Spielchen spielen zu müssen! Warum konnte der nicht einfach nachgeben?
Vor allem, weil ich mich tatsächlich zu langweilen begann. Klar, irgendwo fand ich es interessant, auch erregend, mit ihm hier eingesperrt zu werden. Aber immer nur verbundene Augen zu haben ... immer derjenige zu sein, der unterlegen war - das wollte ich nicht! Außerdem - wenn wir dieses Spiel beendeten, konnte ich mich anderen Dingen - anderen Leuten - widmen. Warum war er auch gerade zu der Zeit aufgetaucht, wo noch so viele andere hübsche Typen meinen Weg kreuzten? Angelito, der süße Typ aus der Bar, Nikolas ...
Nein, ich hatte wirklich kein Interesse mehr daran, weiter zu raten. Allerdings befürchtete ich, dass er mich nicht so einfach gehen lassen würde. Wenn ich aber mit ihm schliefe und er hatte, was er von mir wollte, konnte ich doch endlich verschwinden, oder?

„Dir geht geht es doch darum mich ins Bett zu bekommen, das ist doch alles, nicht wahr? Dann lass es uns angehen und die Sache ist erledigt! Um mehr als meinen Körper geht es dir doch eh nicht!“
DOCH. ICH WILL MEHR VON DIR, ALS NUR DICH IM BETT.
„Wirklich? Das ist mir neu. Bisher hast du mich nur gründlich gereizt und dann alles fallen gelassen! Soll das heißen, dass du die Sache diesmal durchziehst??“
JA!
Damit dirigierte er mich zum Bett und band mir wieder beide Handgelenke ans Bett. Ich schluckte trocken, denn offenbar meinte er es diesmal wirklich ernst. Mir stockte der Atem als sein Gewicht die Matratze herunterdrückte. Jetzt saß er also neben mir auf dem Bett. Ich fühlte, wie er sein Gewicht etwas verlagerte und sich zu mir beugte. Hauchzart berührten seine Lippen meine und ich konnte seinen Atem auf meiner Haut spüren. Seine Fingerspitzen strichen über meinen Oberkörper und ich seufzte leise als sie meine Nippel streiften. Irgendwie war mir plötzlich ein wenig kühler und ich begriff, dass er meine Klamotten fort gezaubert hatte. Jetzt begann mein Puls vor Aufregung zu rasen ... wie würde es sein, mit einem übernatürlichen Wesen zu schlafen? Nun, sehr bald würde ich es wissen!

Ich fühlte, wie seine Zungenspitze auf meinem Oberkörper zu wandern begann. Langsam, sacht, vorsichtig. Erregend.
Wollte er mich dafür bestrafen, dass ich meine Ungeduld so herausgeschrien hatte, indem er mich jetzt auf so sanfte Art und Weise folterte? Indem er mein Verlangen weckte und gegen mich verwandte?

Mein Herz begann zu rasen und je mehr er mich berührte, um so atemloser wurde ich, und umso mehr verabschiedete sich mein Wille, mich ihm zu entziehen.
Sacht glitt seine Zunge tiefer, streifte meinen Nabel. Der schien ihn zu faszinieren, und zart glitt er hinein. Ich wand mich unter ihm, aber mit einer schnellen Bewegung hatte er sich auf meine Hüfte gesetzt und verhinderte so jedes weitere Gezappel.
Langsam beugte er sich zu mir, seine Haare, die offenbar ziemlich lang waren, streiften sacht über meine Brust. Ich atmete zitternd ein, stöhnte. Dann spürte ich einen anderen Atem, der meine Lippen streifte, nur Sekunden, bevor sich sein Mund auf meinen presste. Flink, aber dennoch hartnäckig erzwang sich seine Zunge Zutritt, dann nahm er meinen Mund in Besitz, als gehörte er ihm. Von dieser Gewalt irritiert, sogar erschrocken, versuchte ich meinen Kopf wegzudrehen, aber seine Hand legte sich an meine Stirn und hinderte mich daran. Dann, noch während mein benebeltes Hirn erkannte, dass er diesmal keine Handschuhe trug, und seine Finger sich sonderbar warm anfühlten, ließ er seinen Körper auf meinen sinken.

Ich hatte jetzt seit Wochen mit ihm zu tun, und oft hatte er mich berührt, doch erst jetzt gewann ich tatsächlich einen Eindruck seiner Statur.
Er war groß, deutlich größer als ich, und er hatte eindrucksvolle, straffe Muskeln. Und vor allem war sein gesamter Körper heiß. Unwillkürlich wand ich mich unter ihm, denn diese Hitze war fast schon unangenehm! Ich glaubte sein Lachen daraufhin zu hören, doch sicher war hier Nichts ...
Irgendetwas - wohl seine andere Hand - kratzte auf meiner Haut und ich zuckte unwillkürlich zurück, doch er hielt mich fest und so war mein Handlungsspielraum eingeschränkt. Seine Berührungen waren jetzt deutlich weniger sanft als zu Beginn, sein Griff fast schon grob. Sein Kuss war diesmal zwar intensiver, aber dafür wieder voll beherrschend. Seine Zunge war genauso wenig zurückhaltend, und gab mir eine Ahnung, wie er wohl wirklich in mich eindringen würde. Nun wurde mir doch flau und ich verfluchte meine Ungeduld.

Er ließ mir nicht viel Zeit dazu. Wieder bewegte er sich auf mir, und diesmal kam ich mit einem anderen Teil seines Körpers in Kontakt, der sich hart und bereit in meinen Bauch drückte. Unwillkürlich riss ich meinen Kopf los, stöhnte laut und erschrocken. Ich hatte andere Liebhaber gehabt, doch keiner von ihnen hatte mir so sehr das Gefühl gegeben, ihm ausgeliefert zu sein.
Sein Oberkörper löste sich von mir, als er sich aufrichtete, und endlich konnte ich wieder frei atmen. Doch die Erleichterung, die die kühle Luft mir brachte, war nur von kurzer Dauer. Seine Finger legten sich auf mein Glied, umfassten es sanft, dann schloss er die Hand. Ich stöhnte auf, während er darüber rieb. Dann jedoch ließ er mich los, drängte meine Beine auseinander und hob meine Hüfte an.

Ich erahnte, was er wollte, und half ihm dabei. Erstaunlich zart - wenn man sein vorheriges Verhalten bedachte - glitt sein Finger in mich. Ich atmete hastig ein. Er war so heiß, dass ich von innen her zu verglühen schien!

„Glüh für mich.“, murmelte eine Stimme, die von Glut, heißer noch als diese, sprach. Ich schrie auf als etwas in mir reagierte, und durch den Geruch von Schweiß schien sich ein dünner Rauchfaden zu schlängeln. Dann gesellte sich ein zweiter Finger zu dem ersten, und wie ein Feuer fegte Erregung durch meinen Körper, löschte alles aus bis auf das Gefühl von ihm in mir.
Schließlich zog er die Finger wieder heraus. Eine kurze Bewegung, und ich wusste, wie sie enden würde. Was noch an Feuchtigkeit in meinem Mund war verflüchtigte sich, und als er langsam in mich eindrang entrang sich meiner Kehle ein heiseres Stöhnen. Eine seiner Hände umfasste mein Glied, rieb wieder darüber.

„Ja!“, flehte ich, und wie zur Antwort bewegte er sich. Ich versuchte ihm zu helfen, doch seine andere Hand legte sich gleich einer Fessel aus Feuer an meine Hüfte und hielt sie eisern fest. Er wurde schneller, und mit jedem Stoß schien es heißer zu werden, schien er heißer zu werden. Wie eine Flamme von Holz zehrte er von mir, und ich spürte, als auch ich zu brennen begann. Ein letzter Stoß, und dann explodierten wir. Ein Schrei wich von meinen Lippen, der aus meinem tiefsten Inneren zu kommen schien. Auch er schrie, lang und ekstatisch. Die Luft um uns schien zu brennen, so heiß war sie, versengte meine Lungen.
Das nächste, was ich bewusst wahrnahm, war der Geruch von Rauch, das Gefühl seines schweren Körpers auf meinem und das leise Geräusch eines heiseren Lachens.

Was is?“, nuschelte ich säuerlich.
Nach einem Moment erhob er sich. Hatte ich ihn - ? Nein, er hatte wohl nur nach seinem Handschuh gesucht, denn Sekunden später schrieb mit Samt Du müsstest das Zimmer sehen! über den Rücken.

„Was ist damit?“, fragte ich misstrauisch. Die Frage „Warum nimmst du mir die Augenbinde nicht ab, damit ich es sehen kann?“ sparte ich mir. Irgendwie wusste ich, wie die Antwort aussehen würde.
WIR HABEN ALLES IN BRAND GESETZT. ALS ICH ERSCHROCKEN HOCHFUHR DRÜCKTE ER MICH ZURÜCK. KEINE SORGE., BERUHIGTE ER MICH. ICH HABE ALLES GELÖSCHT. UND DANN, NACH EINER KURZEN PAUSE: ABER DIE EINRICHTUNG IST HIN.

Ich wurde rot. Klar, eigentlich konnte ich nichts dafür - wer von uns stand schließlich mit Flammen auf Du und Du? - aber trotzdem ...
MIR WAR ES DAS WERT.

Er beugte sich über mich, löste sanft die Fesseln, die noch immer meine Handgelenke an die Bettpfosten banden. Dann, während ich sie zu mir ran zog und das Leben in sie zurück knetete - sie waren wahrscheinlich der einzige Teil meines Körpers, der kalt war - zog er sich kurz zurück um mir dann ein Kleiderbündel auf den Bauch zu werfen. Ich brauchte nicht hinzusehen um zu ahnen, dass es meine Klamotten waren.
Wollte er, dass ich ging? Einen Moment war ich enttäuscht, aber dann wurde mir klar, dass das wahrscheinlich das Beste war. Mein Körper fühlte sich - außen und innen - an, als hätte ich einen leichten Sonnenbrand. Doch, ich brauchte Ruhe und Erholung.

Als ich außer dem T-Shirt alles anhatte trat er hinter mich - sein Körper war noch immer so heiß, dass ich seine Wärme fühlen konnte - und schrieb mir sanft auf den Rücken: Wirst du wiederkommen?
Ich öffnete den Mund, um Ja zu sagen, schloss ihn aber auf halber Strecke wieder. Als ich hier rein gekommen war, hatte ich mir fest vorgenommen, dass dies das letzte Mal war. Und ich hatte einen guten Grund gehabt. „Wirst du wieder fies sein?“, fragte ich daher.
Er zögerte, antwortete dann fast flüchtig, als fürchte er meine Reaktion: Ich bin, was ich bin. Meine fiese Seite ist ebenso Teil meines Selbst wie meine leidenschaftliche.
Ich überlegte. Sollte ich wieder kommen, wenn ich wusste, dass er mich ständig ärgern würde? Andererseits - konnte ich nicht wieder kommen, mit der Erinnerung an das, was ich gerade mit ihm erlebt hatte?
Ein Schauder rann durch meinen Körper. Es hatte sich angefühlt, als wäre ich eine lebende Flamme geworden. Wenn Sex mit ihm bedeutete, dass ich das wieder erleben konnte ... wenn er mich wieder dorthin bringen konnte ... „Ja.“, flüsterte ich mit einem Mund, den erneut aufsteigendes Verlangen - oder eher Gier - ausgetrocknet hatte.
SCHÖN. SACHT DREHTE ER MEINEN KOPF ZU SICH HERUM UND KÜSSTE MICH SANFT AUF DEN MUND. KAUM MEHR ALS EIN HAUCH, NICHTS IM VERGLEICH MIT SEINEN VORIGEN, ABER DAS VERSPRECHEN IN IHNEN JAGTE MIR HEIßE SCHAUDER ÜBER DEN RÜCKEN.

Dann, viel zu bald, löste er sich von mir und führte mich zur Tür. Mit wirren Gedanken, weichen Knien und dem T-Shirt noch in der Hand blieb ich davor stehen. Und blickte direkt ins angesäuerte Gesicht des Dieners.
Oh ja, sein herrliches Gesicht erinnerte mich wieder an ... es war die absolute Wucht gewesen! Auch wenn ich mich jetzt um so mehr fragte, was das für eine Kreatur war!

Noch immer reichlich KO und atemlos folgte ich Angelito still zur Haustür. Hoffentlich hatte er nur übertrieben. Ich erinnerte mich zwar an den unverkennbaren Geruch verbrannter Tapete und schmorenden Holzes. Aber was auch immer es war, ich würde wirklich gerne wiederkommen ... oh ja, auf jeden Fall, um das noch einmal zu erleben!
Irrte ich mich, oder zuckte der Diener jetzt zusammen? Wie ich ihn mir gerade so ansah wirkte der auch irgendwie grimmig auf mich! Etwas Eisiges schien ihn einzuhüllen, also dachte ich mir nur, es wär klüger, das Feld zu räumen.
Wobei - und etwas an diesem Gedanken brachte mein Herz zum Jubilieren -: vielleicht war er ja eifersüchtig!

Sie haben echt miteinander geschlafen! Der Gedanke kreiste in Angelitos Kopf. Erst zweitrangig war da, dass er dafür richtig gewaltigen Ärger bekommen würde. Wie kann er nur mit ihm verkehren ohne sich zu ekeln?! Malik muss doch gemerkt haben, dass das keine normale Sache werden kann! Es schüttelt mich allein die Vorstellung, diesem Wesen auch nur zu nahe zu kommen und dann auch noch so etwas?! Nein, das würde mich vor Entsetzen umkippen lassen! Beinahe noch mehr aber verstörten ihn die Gefühle, die er von Malik aufgefangen hatte, als er durch die Tür gekommen war: Erregung ... Sehnsucht ... Gier. Der Boss hätte dem nicht zustimmen dürfen., dachte er. Und ich bin auch nicht besser: Sehe zu, wie seine Seele, statt durch die Strafe geläutert zu werden, noch schwärzer wird!


Das musste ich unbedingt Dieter erzählen, der würde Augen machen! Ich konnte nicht umhin, ständig wie ein Honigkuchenpferd auf Drogen zu grinsen. Ein leises Kichern entfuhr mir dann und wann - und das häufig mitten in der Vorlesung! Der dozierende Professor schaute mich indigniert an und ich verstummte augenblicklich.
Nikolas, der wieder neben mir saß, zog nur die Augenbrauen deutlich höher, sagte aber nichts zu mir. Er wirkte heute überhaupt auf mich, als wenn ihm eine Laus über die Leber gelaufen wäre. Meine Freunde hatten mich nicht wenig erstaunt gefragt, welche scharfe Sahneschnitte mir die Nacht zum Tag gemacht hätte. Ich lächelte nur hintergründig und sagte ihnen, dass es eine ganz heiße gewesen wäre. Im Prinzip stimmte es ja auch vollkommen, auch wenn es deutlich anders gelaufen war als gedacht.
Ich musste schon wieder ein Grinsen unterdrücken. Aber was sollte ich auch sonst tun? Die Erinnerung hatte sich so tief in mein Gedächtnis gegraben, dass es mir schwer fiel an etwas anderes zu denken.
Haaaaaaahhhhch.
Nikolas verabschiedete sich am Ende des Tages recht frostig von mir, was mich jedoch nicht weiter interessierte. Ich musste es Dieter erzählen!

Angelito starrte missmutig vor sich hin. Wie erwartet hatte er Ärger bekommen, und zwar nicht zu knapp. Es waren so viele Leute sauer auf ihn, dass er bereits sein Handy in den nächsten Mülleimer geschmissen hatte. Wenn er noch mehr Drohanrufe bekam würde er noch - der Boss sei seiner Seele gnädig - Selbstmord begehen.
Warum musste Malik auch so viele Verehrer, Bewunderer und Freunde haben? Trotz seiner Streiche, trotz all der Unannehmlichkeiten, die er anderen bereitete, war er stets beliebt gewesen. Er hatte auf dem schmalen Grad zwischen Unruhestifter und Gefallenem gewandelt, und war auf die Erde geschickt worden, um seine Seele durch Strafe zu läutern. Dennoch hatten seine Bewunderer ihn nicht verlassen.
Und soweit Angelito dies den Akten entnehmen konnte, hatte Malik sich nicht sehr geändert. Die Menschen lagen ihm zu Füßen - obwohl er noch immer nur tat, was ihm gefiel. Und jetzt hatte er auch noch seine Aufmerksamkeit geweckt!
Angelito hätte seufzen können. Natürlich musste es Regeln geben - Malik gehörte trotz seines unnatürlichen Wesens noch immer zu ihnen. Aber hätten sie nicht jemand anderen als sein Kindermädchen wählen können?!

Das Knattern eines herandröhnenden Motorrads riss Angelito aus seinen Gedanken. Gleich darauf stoppte das Gefährt neben ihm und sein gutaussehender dunkelhaariger Fahrer stieg ab. Nix mit Helm, aber das war bei diesem Motorradfreak auch nicht notwendig. Angelito seufzte. Der hatte ihm gerade noch gefehlt! Und hier und jetzt war es ihm verboten, sich mit dem Kerl anzulegen ...
„Na, schon ganz in Selbstmitleid versunken?“ Die spöttische Stimme war noch immer dieselbe. Nur dass die Frage das letzte Mal etwas anders gelautet hatte.
„B. Was willst du denn hier?“
„Hey, du solltest dich freuen, mich zu sehen! Wir haben immerhin das gleiche Interesse!“ B schaffte es tatsächlich, verletzt zu klingen.
„Ja?“ Angelito erinnerte sich, dass man mit B am besten klar kam, wenn man ihm einfach seinen Willen ließ. Also, sollte er doch erzählen was er wollte.
„Ernsthaft mal, du tust ja so, als wäre ich dein Feind!“ B überlegte, sah dann in Angelitos Gesicht. Und fügte an: „Schön, ich bin dein Feind. Aber in diesem Fall mache ich eine Ausnahme. Wir wollen dasselbe, oder? Malik darf nicht einwilligen. Du willst das nicht, ich auch nicht. Also - arbeiten wir zusammen?“
„Und das soll ich dir glauben?“ Angelito war misstrauisch. B war normalerweise nicht der vertrauenswürdigste Typ. Mehr noch - er war nicht der Typ, der seine Probleme auf logischem Weg löste. Normalerweise war sein Pfad mit Leichen gepflastert.
B zeigte ihm treuherzige große Augen - unpassend bei seinen windzerzausten Haaren und dem Kill You -Tattoo auf der unbedeckten Schulter. „Komm schon, ich habe dir doch schon geholfen. Ohne mich wäre die halbe Stadt ein Trümmerhaufen, und das weißt du.“

Dummerweise musste Angelito ihm Recht geben. Hätte B im Restaurant nicht so darauf gedrängt, dass sie schnell verschwänden ... wer weiß, was dann noch passiert wäre. „Und weshalb willst du ...“ Er hörte mitten im Satz auf. Die Frage war so doof - es konnte nur eine Antwort geben. „Eifersucht.“
B lächelte süßlich. „Was denn sonst?“
Angelito dachte nach. „Nun gut. Aber Malik muss unversehrt bleiben.“
B zuckte mit den Schultern. „Du hast mein Ehrenwort, dass ich nichts unternehmen werde, das ihn verletzen könnte.“
Angelito betrachtete ihn scharf. Bs Natur machte es ihm normalerweise unmöglich, Bedingungen ohne Kampf zu akzeptieren. „Hast du die Finger gekreuzt?“
B warf ihm einen empörten Blick zu.
Offenbar war ihm dies hier wirklich wichtig. „In Ordnung. Und wie genau gedenkst du zu helfen?“
B grinste. „Ganz einfach. Hast du die Blicke gesehen, die deine Sahneschnitte dir zugeworfen hat? Du musst einfach nur auf ihn eingehen und bumms - ist da kein Gedanke mehr an mein Schnuckihasili.“
Angelito klappte der Mund auf. Nicht wegen der Bezeichnung Sahneschnitte für Malik. Auch nicht wegen der Absicht Bs, ihn wie eine Kurtisane zu missbrauchen (das hatte er bei B erwartet). Nein, viel schlimmer war das Schnuckihasili.
Nachdem er sich von dem Schock erholt hatte sagte er mit fast ruhiger Stimme: „Du hast da nur ein Problem übersehen.“
„Ja?“
„Ich habe momentan bereits einen Verehrer. Und Malik hat sich entschlossen, mich seinem Cousin nicht auszuspannen.“
B grinste. „Du meinst Oh Mann, was hat er nur für wunderschöne lange Wimpern? Und Haut wie aus Mondstein, Augen gleich denen -“
„Ja.“, unterbrach Angelito, dessen Gesicht sich leicht rötlich verfärbt hatte. Bei Dieters Gedanken blieb ihm manchmal die Spucke weg, und sie jetzt von B zu hören, der sich, seit er sich von den Schlachtfeldern und dem Niedermetzeln seiner Feinde zurückgezogen hatte, die Ewigkeit im Bett einer gewissen hochrangigen Person vertrieb, war fast, als hörte man die Worte eines Jungen, gerichtet an seine erste Liebe, aus dem Munde Casanovas. Es kam einer Obszönität gleich.
Wobei selbst Angelito zugeben musste, dass Dieter alles andere als unschuldig war.
„Geht klar.“, sagte B. „Ich übernehme ihn - keine Unfälle, versprochen! - und du kümmerst dich um Malik.“ Er schwang sich auf sein Motorrad. „Wir sehen uns!“ Mit einem breiten Grinsen war er verschwunden.

Oh, es war ja so toll gewesen und ich hatte soviel Schiss davor gehabt, dass mich diese Kreatur wirklich fressen würde! Wer konnte denn auch erwarten, dass es so umwerfend sein würde, mit diesem Wesen zu schlafen?! Es hatte sich eine erstaunlich große Hitze dabei entwickelt, die mich aber nur wenig gestört hatte. Das musste ich unbedingt Dieter erzählen!! So lief ich zu seiner Bude und klingelte bei ihm Sturm. Dieter war wie immer ein echter Morgenmuffel und schaute mich total verschlafen an.
„Hey, Malik, was fällt dir ein mich um so eine unmögliche Zeit zu wecken?! Hast du sie noch alle, mich so zeitig zu wecken?“
Dieter stand mir zornbebend gegenüber. Ich wusste ja, dass er Recht hatte, aber ich musste ihm diese unglaubliche Nacht unbedingt schildern. Denn seitdem fühlte ich mich ja so absolut high vor Glück und schwebte nahezu über die Erde ... Mein absolut idiotisches Grinsen trieb Dieter zur Weißglut. Sein Gesicht drückte großen Zornes aus.
„Malik, welche Drogen haben die dir eingetrichtert, als du gestern im weißen Haus warst?!“
„Es ... es war einfach spitze, weißt du, Dieter?! Ich ... äh ... wir waren einfach Feuer und Flamme für einander und ... und es war großartig! Weißt du, er war einfach Sahne mit Kirsche zu mir. So etwas habe ich noch nie erlebt, es hat gebrannt, als wir uns nahe kamen und ... und ich fühlte mich so gut dabei!! Er war wirklich richtig krass zu mir und ich fühlte es brennen, dieses Feuer riss uns mit sich fort. Es war einfach so richtig gut ...“

Juan hatte seiner beknackten, vollkommen unlogischen Erzählung gelauscht und in ihm brodelte der blanke Zorn. Was hatten sie Malik dort nur Schreckliches angetan?! Hatten sie ihn angekokelt oder was? Und wenn er das ganze auch noch für geil hielt - womöglich hatten sie ihm Aphrodisiaka verpasst! Na, denen würde er aber ordentlich was husten, das stand ja mal absolut fest.
Zornbebend und schlecht gelaunt machte sich Juan auf den Weg, das weiße Haus auszuräuchern. Hier musste es doch irgendwo sein, das fensterlose Haus, in dem er mit Malik war. Alles, was er sah, war ein wildes Durcheinander von Unkraut und Abfall jeder Art. Das konnte nicht sein, das gab es einfach nicht!
Aber hier stand einfach kein Haus! Ja, beamten die das denn hierher?! Oder war sein Orientierungssinn doch schlechter als er angenommen hatte?
Noch schlechter gelaunt machte er sich auf den Rückweg, bis ihm eine dunkelhaarige Gestalt, die ihm vage bekannt vorkam, in den Weg trat. Na, der lächelte ihn ja sowas von total an, das Dieter davon echt geblendet war. Verlegen und irritiert wandte er den Kopf ab.
„Hi, Dieter, was suchst du denn hier? Mann, siehst du geknickt aus, was ist dir denn passiert, dass du so ein Gesicht ziehst? Los, lass uns einen trinken gehen, ich lade dich auch ein!“
„Ähhm ....“, machte Juan verlegen. „Und du warst noch gleich ...?“
Der andere lachte. „Oh, sorry, ich hätte wissen sollen, dass du dich nicht an mich erinnerst. Wir haben uns letztens im Pasta Tagliente gesehen. Du erinnerst dich? Ich jobbe dort als Kellner.“
Juan erinnerte sich. Er war so mit Angelito beschäftigt gewesen, dass er den hilfsbereiten, gutaussehenden Garçon kaum eines Blickes gewürdigt hatte ...
Aber wo er ihn jetzt so betrachtete ...
„OK, gehen wir einen trinken.“, stimmte er hastig zu.

Nach kurzer Zeit schon hatte Dieter einige Drinks intus, während er Nikolas seine Probleme beichtete. Und obwohl er ja eigentlich hetero war, war er in diesem Zustand voll anschmiegsam. Und genau dieser Umstand konnte selbst den schlimmsten Dämon echt schwach werden lassen ...
Wie nur sollte Nikolas dem widerstehen?
Dumme Frage - gar nicht natürlich! Interessant wurde nur, was er alles von ihm wollte. Aber das konnte warten. Zuerst würde er Dieter mal in sein Bett schleifen. Und es würde eine interessante Nacht werden, und ein noch interessanteres und amüsanteres Erwachen...

Er blickte sich um, ob ihnen auch niemand zusah. Nein - keiner der anderen Gäste - alle irgendwo zwischen halb nüchtern und vollkommen besoffen - achtete auf ihn. Genau wie sein Begleiter, der betrunken und halb besinnungslos über seinem letzten Glas Felsenbrand hing. Rasch beugte er sich vor, legte eine Hand auf Dieters nackten Arm und schnippte mit den Fingern - nicht, dass das nötig wäre, aber man musste ja den Erwartungen entsprechen ...

Sofort verschwand der düstere Gastraum und wurde durch ein helles, von der Abendsonne durchflutetes Zimmer ersetzt. An den in Rot gestrichenen Wänden hingen Bilder von den Hells Angels und sexy Girls und Typen in leicht bis unbekleidetem Zustand; von der ebenfalls roten Decke hing ein kleiner Kronleuchter. Auf dem Boden lag ein dichter schwarzer Teppich, auf dem neben einem Mahagonitisch und einem Ebenholzschrank ein vollkommen schwarz lackiertes, weiches Bett stand. Natürlich hatte das Zimmer nicht immer so ausgesehen - vor Nikolas hatte es nur eine harte Pritsche, einen Ikeatisch und einen hässlichen Schrank gegeben, die er sofort hatte ausrangieren lassen. In so einer Umgebung hatte er nicht mehr geschlafen seit ... eigentlich noch nie. Sogar im Feld hatte sein Adjutant dafür gesorgt, dass er immer ein weiches Lager hatte.

Mit einem Schritt trat er näher zum Bett und legte Dieter darauf ab. Dabei fiel ihm einmal mehr auf, dass Dieter gar nicht so uninteressant aussah. Seine Haut, vom Licht der Sonne geküsst, war von bronzener Farbe und so glatt und weich, dass sie an Satin erinnerte. Seine Klamotten - eine enge anthrazitfarbene Jeans, die sich über dem Schritt wölbte, ein Hemd in knallroter Baumwolle - schmeichelten seinem Teint und gaben ihm das Aussehen eines Frauenhelden. Casanova hätte sich von ihm noch eine Scheibe abschneiden können.

Andererseits gaben ihm die zerzausten Haare - kurz, aber nicht zu kurz in herrlichem kastanienbraun - ein zartes Aussehen, und die glasigen, smaragdgrünen Augen unter den vom Alkohol schweren Lidern taten ihr Übriges.
Dieter seufzte leise, und es war wie Musik in seinen Ohren. Wäre er nicht so zu vom Alkohol, würde er sich jetzt wohl voll aufregen. Nikolas war das ganz recht; wenn er ihn schon verführen musste, konnte er auch seinen Körper etwas näher zu erkunden. Ein erneutes Schnippen und Dieter war nurmehr halb bekleidet auf dem Bett seines Entführers. Oh, wäre er jetzt klar im Kopf so würde es hier 'nen riesigen Rabatz geben! Hach ja, aber in diesem Zustand war Dieter einfach süß! Und wie er sich jetzt rekelte unter Nikolas’ forschenden Berührungen und dabei an die Handschellen stieß, die am Bettpfosten befestigt waren ... Nikolas griente fast schon schadenfroh.
Jetzt murmelte Dieter etwas, das klang wie ein rolliger Kater! Ach, was ein bisschen Alkohol doch aus Menschen machen konnte ... er war da ja glücklicherweise nicht so empfindlich ...

Juan schnappte nach dieser sexy Frau und knutschte sie mit all seiner Leidenschaft. Es war echt voll krass, was die hier für Sahneschnitten in der Kneipe rumspazieren hatten! Also die hier war voll sein Typ, mit ihrer geheimnisvollen und dunklen Ausstrahlung. Ach ja, und ihre Haut war so unglaublich weich, sooo samten, dass er seine Hände nicht bei sich lassen konnte - oder wollte. Langsam ließ er seine Finger in Richtung ihres Dekolletees wandern, aber noch zierte sie sich etwas. Nun ja, das sollte kein Hindernis für ihn darstellen, wofür hatte er schließlich seine Erfahrung ... Ja, endlich wurde sie zu Wachs in seinen Händen. Langsam entblätterte er den Körper dieser exotischen Schönheit. Allein schon dieser göttliche, venusgleiche Körper - wie mochte es sein, ihn sich in Ekstase winden zu sehen ...?

Nikolas war mehr als nur ein wenig erschrocken, als ihn Dieter urplötzlich griff, zu sich riss und nieder knutschte. Und als würde er nicht genug von ihm kriegen, so hungrig und ungestüm war der Kuss, an dem er fast erstickte ... Nein mit so einer Reaktion hätte er nie in seiner unsterblichen Existenz gerechnet. Um das ganze chaotische Verhalten noch zu toppen, ging ihm der Kerl auch noch an seine Wäsche! Unkoordiniert zwar, aber nicht ohne Wirkung auf ihn. Dieter hatte ihm im Ernst seiner gesamten Kleidung beraubt, ohne auch nur im Ansatz erwachen - oder vielleicht sollte man eher sagen, ohne nüchtern zu werden, denn offenbar sah er in seinen alkoholgetränkten Träumen etwas anderes als die Wirklichkeit.
Nun ja, wenn er ehrlich war, fühlte es sich gut an, wie ihm Dieter geübt über seine Haut, seinen Körper strich. Natürlich fehlte es ihm an Nikolas’ jahrhunderte währender Erfahrung, aber er hatte Talent ...
Hatte der jetzt echt vor Entzücken geseufzt?! Das konnte alles doch unmöglich Wahrheit sein!!

Endlich hatte er seine Göttin ohne ihre elegante Kleidung vor sich stehen. Er konnte nicht anders und bewunderte ihre hinreißenen Kurven und den Klang ihrer rauchigen, eher dunklen Stimme. Jetzt hauchte sie ihm süße, liebreizende Worte ins Ohr, die ihn erst so richtig scharf machten. Und wozu sollte er da Beherrschung zeigen, wenn sie ihn doch so sehr wollte?! Dieter fühlte sich wie im Himmel, als sie ihm sagte, wie sehr sie doch auf ihn stand, wie sehr er ihr gefiel, wie geil sie ihn fand. Oh ja, er war im Paradies!

Oh nein! Dieter hatte ihn echt ausgezogen und das im komplett betrunkenen Zustand!! Seine Protestversuche wurden im Keim erstickt, mit einem weiteren hungrigen Knutscher. Vor Schreck atemlos versuchte es Nikolas nochmals, doch Dieter seufzte nur ein weiteres Mal vor Entzücken ... Wer hätte solch eine schockierende Wendung auch ahnen können! Zumal Dieter ihn wirklich am gesamten Körper anfasste, ihn berührte, wie ihn seit Jahren nur einer zu berühren gewagt hatte ...

Nun, so langsam schien sie richtig erregt, warf sich in seinen Armen hin und her. Er beugte sich über sie, gab ihr weitere Küsse, auf die Lippen, den schlanken Hals, die Rosenblüten ihrer Brustwarzen ... tiefer ...
Was? Warum hielt sie ihn fest? War ihr das jetzt etwa zuviel?
Nein, wohl nicht. Mit einer schnellen Bewegung hatte sie ihn auf den Rücken geworfen, fuhr nun ihrerseits mit beiden Händen über seine Haut. Er stöhnte, denn ihre Haut, samtig, weich, schien ihn schier zu verbrennen ...

Huch, da hatte er es wohl etwas zu weit getrieben! Hoffentlich erwachte Dieter nicht davon, jetzt, wo er endlich den Schock überwunden und sich auf Dieters Spiel eingelassen hatte.
Nein, scheinbar machte es ihm nichts aus. Tatsächlich wand er sich noch mehr, schien sich direkt in seine Hände zu schmiegen ... Lächelnd beugte Nikolas sich hinunter, umschloss eine Brustwarze, die unter seiner erfahrenen Zunge schnell hart wurde. Diese Nacht würde genussvoll werden ...
Ja Dieter war wirklich wie Wachs unter seinen Händen und B grinste sich gewaltig eins. Langsam machte ihm dieses Spielchen echt Spaß. Seine Hände wanderten weiter an Dieters Körper abwärts, wobei er sich nicht ganz zurückhalten wollte und auf seiner Haut diverse Knutschflecken hinterließ. Seine Zunge malte feuchte Kreise und Muster auf Dieters Haut, wobei sich dieser zunehmend ungeduldig unter ihm wand. B konnte plötzlich nicht anders und verwickelte Dieter in einen leidenschaftlichen Kuss. Ja, das machte echt Spaß, B dankte sämtlichen höllischen Mächten für Dieters Betrunkenheit...

B wanderte mit seiner Zunge jetzt um Einiges tiefer und gelangte so zu Dieters bestem Stück. Seine Zunge und Zähne reizten es bis zum Äußersten! Dieters Schrei, als er kam, war wirklich nicht gerade leise! Nunja, er war ja auch für seinen Einfallsreichtum diesbezüglich bekannt. Denn wenn er nicht gerade an seiner Karriere feilte, dann war er im Bett echt dominierend.
Als er jetzt an Dieters Ohr leckte, erntete er ein heiseres Stöhnen dafür. Es war ihm wie Musik in den Ohren und seine Augen glühten vor Gier in Orangerot auf! Allerdings musste er sich zusammenreißen, um nicht mal eben seine dämonischen Krallen auszufahren. Ja und er verspürte außerdem den nahezu unstillbaren Drang, doch mal seine echt gefährlich spitzen Zähne in Dieters unwiderstehlich riechende Haut zu stoßen. Es fiel ihm sehr schwer, das zu lassen - nicht dass Dieter ihn noch am nächsten Morgen mit irgendwelchen lästigen Fragen nerven würde.
Und sein Gespiele machte es ihm auch nicht gerade leichter. Denn Dieters Hände waren ja nicht untätig geblieben und ebenfalls über seinen Oberkörper und seine Rippenbögen getanzt. Erstaunlich, was mit ihm los war, wenn er zuviel Alkohol im Blut hatte! Und da B auch nicht gerade die Selbstbeherrschung in Person war, dominierten jetzt doch seine Instinkte. Seine schwarzen, ledrigen Schwingen brachen zischend aus seinem Rücken hervor. Unzählige Narben bedeckten sie wie exotische Muster; Zeichen ebenso zahlreicher Kämpfe, die er schon bestritten hatte.
Ungeduld packte ihn und ließ ihn Dieter die Klamotten förmlich runter reißen! Wann war er zum letzten mal so heiß, so dominant gewesen?! Das musste echt lange her sein! Er wollte Dieter! JETZT!!!
Einen Moment überlegte er flüchtig, ob dieser erwachen würde, wenn B einfach so in ihn eindringen würde. Aber dann siegte doch die eigene Dominanz über seine Vorsicht... zumal er die Macht besaß, Dieter in seinem Traum gefangen zu halten.
Der Entschluss ließ ihn ruhiger werden, erlaubte ihm, erstaunlich behutsam über die Brust Dieters zu streicheln. Als er seinen Bauchnabel erreichte verdunkelte ein böses Grinsen seine Züge und die Krallen an seinen Fingern hinterließen kaum sichtbare Kratzer, als er ein Traumsiegel in die von glänzendem Schweiß bedeckte Haut schrieb.
Dann umfasste er Dieters Hüfte, hob ihn an und ließ seine Finger sacht in dessen Spalt gleiten. Die Enge, und Dieters Reaktion auf diese Berührung, machten ihm klar, dass er noch nie zuvor geritten worden war.
Kurz überlegte er, ob er dies ausnutzen wollte, dann aber kam ihm die Abmachung mit Zariel in den Sinn. Der Moralapostel würde ihn leiden lassen, wenn er Dieter mehr als unbedingt nötig schändete.
Mit einem unterdrückten Seufzer beschwor er Gleitgel aus der Luft und machte sich daran, Dieter zumindest ein wenig vor seiner pulsierenden Lust zu schützen.
Dann, ohne noch einmal zu zögern, stieß er in den anderen hinein.
Dieser bog seinen Rücken in ein Hohlkreuz, erwachte aber nicht. Sein Stöhnen, erfüllt von Schmerz und Lust, zog B an, bis seine Brust für einen Moment auf der des anderen ruhte. Dann zog er sich ein wenig aus dem Menschen zurück, nur um ein weiteres Mal in ihn hineinzustoßen. Dieters Hände flogen in die Luft, krallten sich nach Halt suchend in Bs helle Haut, wo sie rote, blutige Kratzer hinterließen. B lächelte darüber nur schwach, denn seine Selbstheilungskräfte waren sehr schnell.
Und jetzt ... Er tobte sich richtig aus, bis Dieter unter ihm absolut erschöpft war!
...Erst dann zog er sich wieder zurück und hielt den atemlosen Menschen erstaunlich zärtlich in seinen Armen bis dieser eingeschlafen war...

Als ich nach Hause kam traute ich meinen Augen kaum. Das konnte doch unmöglich wahr sein. Oder - stand er da wirklich? Die blonden langen Haare wehten leicht im Wind, die zarte Haut war von der Hitze der Sonne leicht gerötet. Gekleidet war er in ein kurzes hellblaues T-Shirt, das seinen Bauchnabel freiließ, und eine hellgraue Hose, was ihn erstaunlich lässig wirken ließ. Um seinen Hals trug er ein schweres Silberkreuz, so als solle es als Bollwerk gegen das Übel der Welt dienen. Den Gedanken unterstützte auch seine erstaunlich steife Haltung - er hielt die Hand am Gürtel, als erwarte er, dort jederzeit ein Schwert zücken zu können.
Er stand da, so als würde er auf irgendetwas warten, aber auf was?! Konnte es sein, dass ich vielleicht wegen der Hitze Halluzinationen hatte? Er wartete doch nicht etwa auf mich?! Nein das konnte unmöglich sein ... oder doch? Angelito lächelte jetzt zögernd in meine Richtung und ich verging fast vor Ungläubigkeit. Tatsächlich, der meinte echt mich! Wie kam ich denn zu dieser völlig unerwarteten Ehre?
„Hey?“, sagte ich zögernd.
„Hallo.“, erwiderte er, seltsam steif. das schien ihm dann auch aufzufallen, und er fuhr sanfter fort: „Ich war gerade in der Gegend, und da dachte ich, ich sehe einmal vorbei.“
„Klar.“, stammelte ich. „Willst du hoch kommen?“ Ich konnte es kaum glauben - er war real! Und er wollte wirklich mich besuchen - mich, nicht Dieter!
„Sehr gern.“ Wieder war er so seltsam förmlich, aber vielleicht war das nur seine Art. Und - er wäre doch nicht gekommen, wenn er nicht gewollt hätte, oder?
Ich schloss die Haustür auf und ging ihm voran in die Wohnung. ich teilte sie mir mit einer heißen Schnitte, die Jura studierte, an jedem Finger fünfe hatte und auf Frauen stand. Das war so ziemlich die einzige Person gewesen, mit der ich gefahrlos hatte zusammen wohnen können - aus den zwei WGs, in denen ich vorher gewohnt hatte, war ich rausgeflogen, weil sich immer wieder Mädchen reingeschlichen hatten.
Momentan war Elisa im Praktikum und lebte unter der Woche bei ihrer Freundin, die näher an ihrer Praktikumsstelle wohnte. Ich hoffte stark, dass sie nicht zu sehr Gefallen an diesem Lebensstil fand - so schnell fand ich wohl keine neue ungefährliche Mitbewohnerin.

Gereizt riss sich B den Restaurant-Fummel vom Leib. Zwar war es nicht der rosa Engelsputz, in den er sich donnerstags immer zwängen musste, anstatt seinem Liebsten nahe zu sein, aber diese Klamotten hier waren nicht wirklich besser: Schwarze Hose, die zwar angenehm eng anlag, dafür aber aus einem viel zu kratzigen Stoff bestand; weißes Hemd, dessen steifer Kragen ihm die empfindliche Haut am Hals aufscheuerte; schwarze Weste, die fürchterlich müffelte - der letzte Träger dieser Klamotten musste entweder ein Ekel gewesen sein oder eine Vorliebe für stinkende Parfüme gehabt haben - und außerdem zu kurz war. Wenigstens konnte er seine Schuhe anbehalten, obwohl es ihm jedes Mal aufs Neue widerstrebte, die hand- und maßgefertigten Galoschen in den Schmutz dieser ... Kaschemme zu führen.
Nun, im Vergleich zu den anderen Jobs war dieser noch einigermaßen erträglich. und einen Job brauchte er, sonst würde Malik irgendwann anfangen Fragen zu stellen. Natürlich hätte er auch einen Job wählen können, der seinen Fähigkeiten und seinem Rang mehr entgegenkam - Manager zum Beispiel, oder notfalls auch Sekretär - aber dann wäre vermutlich sein Schnurzel auf ihn aufmerksam geworden.
Und das musste er unbedingt vermeiden, vor allem jetzt, wo er sich in diesen ... diesen ... diesen Heuchler verliebt zu haben glaubte! Hoffentlich gab sich das bald wieder, schließlich konnte der Boss ja nicht einfach mit der Konkurrenz durchbrennen.
Da B ihm im Interesse aller - obwohl einige dies, wie er durchaus zuzugeben bereit war, angezweifelt hätten - nachgereist, um ihn zur Vernunft zu bringen - was das Unternehmen in den Händen von Cleo und xxx ließ. Da die eine ihren Alltag mit Machtspielchen und Liebeleien verbrachte, während der andere fast ständig untätig rumsaß war B mit diesem Arrangement nicht wirklich einverstanden, aber beide hatten das Recht, ihn zu vertreten, vom Boss selbst erhalten - und zumindest in Cleos Fall konnte er nicht einmal wirklich meckern, schließlich hatte er seine Position ebenfalls seinem wohlgeformten Körper zu verdanken - und er konnte dagegen nichts unternehmen. Allerdings gedachte er, sobald wie möglich eine Änderung dieses Zustands herbeizuführen.

Sobald er den Boss zur Vernunft gebracht hatte ...
„Hey, Nikolas! Kommst du noch mit? Wir wollen bowlen gehen.“
Seufzend drehte B sich zu seinem Arbeitskollegen um. Es war ein kräftig gebauter blonder Mann mit ziemlich freundlichen, einfältigen Augen, den er normalerweise für so eine Unverschämtheit wie ihn einfach anzusprechen zur Schnecke gemacht hätte. Aber das konnte er sich jetzt nicht leisten, obwohl sich im Umkleideraum außer ihnen im Moment nur ein Junge aufhielt, der mit in Bs WG wohnte und wusste, wann er den Mund zu halten hatte. Aber B konnte nicht zulassen, dass sich in seiner Umgebung Auffälligkeiten ereigneten, die womöglich seinem Schatz zugetragen würden, daher zwang er sich dazu, müde zu lächeln.
„Nein. Ich muss nach Hause, wir haben demnächst eine Prüfung, und ich habe noch gar nicht gelernt.“
„Schade!“, meinte der andere. „Wir hätten dich gern dabei gehabt. Du haust immer gleich ab, wir kennen dich gar nicht!“ Dann schnappte er sich seine Tasche und verließ, gefolgt von dem anderen Jungen, den Raum.
B starrte ihnen einen Moment hinterher, die Lächeln zu einem echten, allerdings sehr zynischen Lächeln verzogen, das ihn als deutlich älter als irgendetwas um die Zwanzig entlarvte.
Du würdest nicht mögen, was du von mir wissen könntest, dachte er, und zum ersten Mal seit ... seit tausenden von Jahren regte sich etwas wie Bedauern bei diesem Gedanken.
Verwirrt schüttelte er den Kopf. Es war wirklich nicht gut, dass er sich so lange unter Menschen aufhielt. Oder es war die Nähe der beiden Speichellecker des Alten.
Ja, das musste es sein. Ein Teil seiner Seele war noch immer Licht, und diesen Teil sprachen die beiden an. Sobald sie wieder zu Hause waren, würden diese seltsamen Anwandlungen verschwinden.
Beruhigt schlüpfte er in seine Klamotten - ein rotes Seidenhemd mit Silberstickerei, eine schwarze Lederhose und darüber eine Lederjacke, alles natürlich von einem Designer gefertigt. Dazu kam noch eine Tasche, die er mit unzähligen Buttons - „Hell rider“, „You can never wear to much black“ oder „Devils sugar babe“, um nur einige zu nennen - bedeckt hatte und die er eigentlich nur trug, weil sie cool war - und weil er nicht wusste, wo er sein Schwert sonst hätte verstecken können.
Zariel (= Angelitos richtiger Name, kannst du gerne ändern, wenn dir was besseres einfällt) hat seines wohl tatsächlich nicht dabei, überlegte er, während er über die Straße zu seinem Motorrad lief. Der Vertrag war ziemlich deutlich gewesen, und hatte ihm das untersagt. Nicht, dass er mit einer Klinge gegen mein Schnuckiputzi angekommen wäre.
Nun, allerdings konnte er ihn dann nicht zum Kampf herausfordern. Zwar hatte er kein schlechtes Gewissen dabei auf Unbewaffnete oder gar Hilflose loszugehen, aber in diesem Fall freute er sich auf den Kampf selbst, weswegen er den Dummkopf noch eine Weile ertragen würde.
Zumal er nützlich sein konnte., wie er zugeben musste. Nur er war in der Lage, direkt auf Malik einzuwirken, und ihn zu einer eindeutigen Entscheidung zu bewegen. Und das war nun einmal der einzige Weg, dieser Farce ein Ende zu setzen.
Nun gut, dann also rein ins Vergnügen! B verzog das Gesicht zu einem bös¬willigen Grinsen, als er Zariel erblickte, der angespannt an einer Gartenmauer lehnte und in den Himmel sah.
„Hey!“, rief er und grinste noch breiter, als der andere zusammen zuckte. „Ein schöner Tag heute, nicht wahr?“
Der andere drehte den Kopf und sah ihn mit vollkommen ausdruckslosem Gesicht an. „Hallo B.“, grüßte er zurück, ohne sich irgendeine Regung anmerken zu lassen.
„Und, wie ist es gelaufen?“ An Smalltalk verlor B immer schnell die Lust, und so kam er gleich zur Sache. Außerdem ging es immerhin um seinen Liebling.
„Schlecht.“, sagte Zariel, noch immer ohne eine Miene zu verziehen. „Malik ist sich nicht sicher, für wen er mehr fühlt. Außerdem macht es ihn unsicher, dass ich kein Mensch bin.“
„Das hast du ihm auf die Nase gebunden?!“ B verdrehte die Augen. Kein Wunder, dass die Welt zum Teufel ging!
„Er hat gefragt.“, äußerte sich der Andere kurz. „Außerdem weiß er es bereits seit einiger Zeit.“
„Also hat er Angst vor dir und du hast auch nichts getan, um was dagegen zu tun.“, übersetzte B.
„Ich war bei ihm und wir haben gesprochen!“, verteidigte sich Zariel.
B seufzte. Wenn sie doch nicht immer so verklemmt wären! „Hör mal, du musst mehr tun! Ich verlange ja nicht, dass du dir die Klamotten vom Leibe reißt, aber es ist für uns beide besser, wenn er meinen Süßen vergisst, klar?“
„Er steht über mir!“, protestierte Zariel.
„Ja und? Wenn er sich erinnert wird er dir dankbar sein, weil du ihn vor einem derart großen Fehler bewahrt hast. Ich bezweifle, dass ihr mehr Toleranz habt als wir, wenn es um Beziehungen zwischen uns geht.“
Der andere kräuselte leicht die Mundwinkel - einziges Anzeichen des Widerwillens, den er bei der Vorstellung empfand. Dann verschwand diese Regung und er wechselte das Thema. „Und, bist du weiter gekommen?“
B grinste. „Klar. Sobald ich ihn davon überzeugen kann, dass das alles kein Traum war gehört er mir!“
Zariel warf ihm einen entsetzten Blick zu. „Du hast versprochen, du würdest ihn“
„Hey, ich rede doch nur von seinem Körper!“, unterbrach B ihn grinsend.
Der andere sah ihn erbost an. „Das will ich auch hoffen!“, sagte er mit funkelnden Augen.
B grinste in sich hinein. Sie waren alle so schön und kalt, aber tief drinnen brodelte ein Feuer, das B tatsächlich eine Verwandtschaft erkennen ließ. Wobei sie diese Leidenschaft natürlich immer zu unterdrücken versuchten.
Er ließ noch einmal seinen Blick über den erregten Mann schweifen und kam zu dem Schluss, dass es Zariel guttun würde, sich ein wenig ab zu reagieren. Wenn es ihn nicht allein bei dem Gedanken ekeln würde hätte er ihm natürlich angeboten, ihm dabei behilflich zu sein. Schlecht sah er nämlich nicht aus ...
„Okay, häng dich noch mehr rein. Mach ihm klar, was du ihm alles bieten kannst, zeige ihm deine Reize! Wenn nötig, lass dich in sein Bett verschleppen, und schnapp dir den süßen Typen aus dem Restaurant auch noch, nachdem er so sehnsüchtig geguckt hat!“
Zariel hatte sich wieder unter Kontrolle und war ebenso kalt wie immer, als er antwortete: „Ich werde mich schon um meinen Teil der Abmachung kümmern. Sieh zu, dass du deinen erfüllst!“
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging davon.

Am Montag, als Malik vom Hunger in die Mensa getrieben wurde, fand er dort auch Dieter vor. Rasch holte er sich sein Mittagessen und setzte sich seinem Cousin gegenüber, und während sie aßen, tauschten sie sich über ihr Wochenende aus.
„Hey, Dieter, du wirst es kaum glauben, aber ich hatte Besuch von dem sexy Diener aus dem weißen Haus! Mein Gott, war der süß, als er da so steif vor meiner Haustür stand ... hach ... Und die Klamotten haben wieder mal voll zu ihm und seiner total kühlen Art gepasst. Das hättest du sehen sollen, total krass und wie aus einer anderen Zeit wirkend. Das war ja sowas von scharf! Oh Mann, echt...“
Dieter seufzte herzergreifend. „Na toll, und ich bemühe mich ihn aus der Reserve zu locken!“ Verzweifelt, weil echt voll verknallt, verdrehte er die Augen zur Decke.
Malik überlief es eiskalt. „Oh, Scheiße, das habe ich ja ganz vergessen! Stimmt, dich hats ja auch so heftig erwischt!“ Rasch überlegte er, wie er Dieter ablenken konnte. „Sag mal ... was hast du am Wochenende so angestellt?“
Dieter seufzte noch einmal, begann dann aber zu erzählen. „Naja nachdem du so von der Kreatur im weißen Haus geschwärmt hast wollte ich da auch mal rein. Aber entweder meine Orientierung ist seit einigen Tagen total beschissen und ich habe am falschen Platz gesucht, oder ...“ An dieser Stelle wurde sein Gesicht wieder lebendiger und er verzog es zu einer geheimnisvollen Maske. „Oder dieses Haus ... ist nicht immer dort!“
Malik lachte ein wenig nervös. Was mochten die Kreatur und Angelito wohl darüber denken, wenn Dieter hinter ihr Geheimnis kam? „Das meinst du doch nicht ernst?! Dinge wie Häuser können jawohl kaum einfach verschwinden!“, sagte er also, um ihn davon abzubringen. Nur um dann neugierig anzufügen: „Und was hast du nun gemacht?“
Dieter wirkte etwas verlegen. „Äh also ... ich hab es dann irgendwann aufgeben, weil das Wetter auch nicht grad toll war und wollte endlich wieder in meine Bude. Aber mir ist dann plötzlich Nikolas über den Weg gelaufen - du weißt schon, der Kellner aus dem Restaurant - und der hat mich zu einem Drink in der nächsten Kneipe überredet.“
Malik schwante Übles, denn wenn Dieter betrunken oder, schlimmer noch, total dicht war, wurde es gefährlich. Selbstverständlich wusste er das nicht und Malik tat Nikolas in diesem Moment echt leid, denn dann war Dieter kaum wieder zu erkennen. Dann flennte er oder quatschte Frauen noch und nöcher an - je nach Stimmung - und wer ihn dann störte konnte schon mal zu Boden gehen. Malik seufzte lautlos. Wenn Dieter echt getrunken hatte bis er zu war, dann war Nikolas echt zu bedauern... vor allem weil Dieter sich danach an nichts erinnern konnte.
„Und wo hast du dann gepennt?“

Dieter räusperte sich verlegen, da er den absoluten Filmriss hatte. Mit einem ebensolchen Grinsen begann er zu erzählen. „Naja, wir haben echt ordentlich gebechert und es war voll gemütlich in dem Schuppen. Ich denke mal, der hat mich dann mit zu sich geschleppt - und er hat ne echt krasse Bude! Mit total schicken Möbeln und so. Und der hat mich in diesem Wahnsinnsteil von Bett schlafen lassen! Und stell dir vor, der war doch so reserviert? Na, er wurde immer lockerer in der Kneipe. Und am nächsten Morgen waren wir dann voll per du.“
Im Stillen wunderte er sich doch woher er plötzlich diese Knutschflecke hatte, aber davon wollte er lieber nichts erzählen... Schließlich müsste er dann auch von seiner Traumfrau beichten, von der er nicht einmal wusste, ob sie existierte ...

Nach ungläubigem Zuhören verschluckte sich Malik um Haaresbreite. Grade war ihm eine wichtige Kleinigkeit eingefallen: Nikolas war BI! Aber es war mit Sicherheit besser, wenn er das Dieter verschwieg, denn das würde ihn vor Schreck vom Stuhl fegen!!
Und wie hieß es so schön? Wenn man vom Teufel spricht, kommt er.
Jedenfalls beugte sich plötzlich Nikolas über Maliks Schulter. „Hey, Dieter!“, sagte er, mit einem Lächeln, das Malik Übles ahnen ließ. Er kam aber nicht dazu, etwas zu fragen - zumal er das in Dieters Anwesenheit ja sowieso nicht konnte -, denn sein Kommilitone fragte - vollkommen untypisch für ihn - „Hast du heute schon was vor? Wir könnten bowlen gehen.“
Dieter blinzelte. „Ähm ...“, sagte er überrumpelt. „Nur wir zwei?“
„Naja, ein paar Leute aus dem Tagliente haben mich gefragt, ob ich mitkommen will. Auf einen mehr oder weniger kommt es da auch nicht an.“
Mein Cousin starrte noch einen Moment, dann sagte er: „Klar komme ich mit!“

Plötzlich näherte sich eine echt schöne, umwerfende Frau ihrem Tisch. Sie war ein echter Traum von Frau! Mit schüchternem Lächeln sah sie zu Nikolas, der vollkommen überrascht war. “Hi, ich hab euch beiden zugehört und ich wollte fragen, ob ich auch noch mit kann...Ich hab dich schon beobachtet, seit du zu uns an Die Uni gekommen bist Nikolas.“
Dieser Lächelte wie ein Gentleman und lud sie natürlich auch ein, denn sie war eine echte Bereicherung jeder Runde. Er musterte sie mit Kennerblick und verstand, warum so viele von ihr schwärmten, wieso sie der Grund so mancher schlafloser Nacht war. Sie war wie eine dieser Schönheiten aus alten, barocken Bildern. Ihre üppigen, roten Lippen passten wunderbar zu ihrer cremeweißen Haut. Sie besaß die Figur einer Venus. Ihre wohlproportionierten Kurven machten einem Model Konkurrenz! Azurblaue, funkelnde Augen harmonierten perfekt mit ihren blonden, von rötlichen Strähnen durchzogenem, langem Haar. Ihr Lachen klang irisierend und sie hatte einen eher sanftmütigen Charakter. Er sagte ihr auf Irisch einige Komplimente, die sie vor Freude erröten ließen, denn sie kam ursprünglich aus Irland.
Dieter stand ungläubig daneben, denn auf ihn hatte sie viel zögernder reagiert. Aber es war nicht schwer Nikolas zu verstehen, denn wer würde sie schon brüskieren mit einer Abfuhr?!Ihr Ruf war ohne Makel, sie nahm nur das Beste.

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Texte: meins
Tag der Veröffentlichung: 29.01.2013

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