Child of the Sand
Der schönste Platz auf Erden ist hier, ich danke dir Kind des Sandes ….
„Izi was willst du zum Geburtstag von mir haben?“
„Cara was soll ich mir denn noch von meiner Lieblingsschwester wünschen?“
Er wuschelte durch die hellblonden, gelockten Haare seiner Schwester Carella.
„Izi, aber du musst doch einen Wunsch haben! Man wird doch nur einmal eine Feier mit 18 Jahren feiern.“ Cara sah ihren Bruder Izrail wartend an.
„Dann schenke mir doch von den hohen Dünen in der Wüste, eines ihrer Kinder! Ich kann vergessen was ich vor 3 Jahren mal am Abend sah, wenn es mir gehört…“
„Izi was du da meinst, gibt es nur auf alten Bildern und auf halb verstaubten Tonbändern!“ Cara schaute zweifelnd ins Gesicht von Izi.
„Bitte Cara, glaube mir! Das ist mein einziger Wunsch, den ich habe!“
„Izi du meinst das Ganze also ernst?!“
„Ja, Cara! Was ich sah, ist berauschend schön gewesen.“
Prinz Izrail von Grinsteyn verfügte über sehr geräumige Gemächer. So stand beispielsweise noch ein zweites königliches Bett an der gegenüberliegenden Wand. Mehrere Meter und ein wuchtiger Tisch aus Marmor trennten beide Betten voneinander. Ein seidener Vorhang umschloss jede Schlafstatt vollständig. Er besaß den Luxus eines eigenen Bades mit Badebecken. Sie lebten in der Wüste, denn seit der Klimakatastrophe vor 1000 Jahren war Europa sehr trocken.
Der königliche Palast lag in einer Oase genannt, Sharana. Seit damals quälte ihn eine unverständliche Sehnsucht jede Nacht. Doch welche Dinge hatte er denn überhaupt gesehen?
Ein eher kratzendes Geräusch hatte ihn auf die richtige Spur gebracht. Dann sah er auf den Kamm einer steilen Düne, 4 Gestalten. Er hörte das unbekümmerte Lachen, als sie sich abwechselnd in die Luft erhoben. Hingerissen von einem lautlosen Bewegungsmuster voller Eleganz und Grazie.
Die sonne des Abends erstrahlte in rotgoldener Farbe. Noch war sein Erscheinen unbemerkt. So plötzlich wie die grazilen Geschöpfe auftauchten, so verschwanden 3 von ihnen!
Izi musste sie durch irgendein Geräusch erschrocken haben. Erst einige Augenblicke später ging ihm auf, dass ein Geschöpf geblieben war. Er stand unter aufmerksamer Beobachtung, die all seinen Handlungen folgte. Langsam trat Izi näher heran. Bis auf eine Entfernung von 2 Metern ging es so. Das Geschöpf lächelte, nickte ihm leicht zu und er konnte die raue Stimme sprechen hören: „Lorano!“ Unsicher wiederholte er leise jenes Wort.
Ein zustimmendes Nicken und ein leichtes Lächeln waren die Folgen. Als er nach dem Körper greifen wollte, so rieselte ihm einzig Sand durch die Finger. Nachdem er allein auf der Düne stand, kam schlagartig die Erkenntnis: „Er hatte sich total verlaufen und war weit vom Palast entfernt!“
Hilflos und erschrocken glitten seine Augen über die jetzt dunklen Erhebungen. Er war niemals, bis dahin, außerhalb der Oase gewesen. Er hatte Glück, da das Geschöpf seine missliche Lage irgendwie begriffen hatte. Noch einmal tauchte die grazile Gestalt vor Izi auf. Mit einer schwachen Verbeugung bedeutete sie Izi, zu folgen. Leichtfüßig waren die einzelnen Schritte und schnell jede Bewegung. So weit der Weg war, so schnell verringerte sich die Distanz zum Palast. Kurz bevor die Sonne aufging, strich ihm Lorano flüchtig durchs Haar. Der junge Prinz fand sich endlich wieder in vertrauter Umgebung.
Rotgold hatten die Augen für Sekunden geleuchtet.
All das hatte er Cara verschwiegen, so beauftragte er seine Ratgeber: „Wer mir meinen Wunsch zum 18. Geburtstag erfüllen kann, der wird von mir reich belohnt!“
Ungeduldig harrte er auf die große Feier. Alle Geschenke nahm er am Ende der 3 Tage seiner Feier. Tagelang war die Anspannung in ihm fast greifbar gewesen.
Ungezählt viele Pakete von seiner Verwandtschaft und vom Volk hatte er bekommen. Doch das wichtigste Präsent befand sich nicht auf den zahlreichen Tafeltischen. Hoffentlich war sein innigster Wunsch endlich zur Wirklichkeit geworden. Seine Ratgeber waren zwar erfolgreich, doch ob sie auch das Richtige gebracht hatten?
Unsicher ging er auf einen Käfig zu, doch da war noch eine Plane drüber geworfen. Mit einem leichten Ruck zog Izi. Nur Sekunden später war die Sich auf das Innere frei. Ein schlafend zusammen gerollter Körper lag auf dem Boden. Plötzlich erwachte jenes Wesen im Inneren des Käfigs. Anklagend schauten rotgoldene Augen in die von Izi. Dieser zuckte erstmals heftig zusammen! In seiner Erinnerung glühten jene Augen, hier war der Blick aus ihnen eiskalt.
Er öffnete die verriegelte Tür so schnell wie möglich. Die Gemächer waren auf Izis Anordnung taghell erleuchtet. Der Körper den er nun im Licht erkennen konnte, gefiel ihm sehr. Die schulterlangen, weinroten Haare umrahmten ein fein geschnittenes Gesicht. Eine kaum fassbare Dynamik lag in dem grazilen Aussehen.
Lorano entzog sich dem Jungen nicht, sondern trat nur aus dem Käfig. Izi sah jenes Wesen zum ersten Mal und hielt die Luft an. Haut, die samten schimmerte, mit der Farbe von gebranntem Porzellan. Izi merkte, dass Lorano die gleiche Körpergröße hatte wie er. Nun spiegelte in den rotgoldenen Augen pure Ablehnung.
Ein bitteres Lächeln lag auf den sinnlichen Lippen. Izi stockte im Schritt, weil Lorano plötzlich vor ihm stand. Unsicher schaute der Prinz in das Gesicht von Lorano. Er bereute es schon jetzt, einen so egoistischen Wunsch zu haben. Die Haltung und Mimik, Loranos drückten wahren Stolz und Empörung aus.
Die nächsten Dinge kamen so schnell, dass Izi keine Zeit zu reagieren blieb. Denn ohne Warnung sprang Lorano vor und drückte den Körper von Izi an sich. Die hypnotischen Augen leuchteten kurz auf. Es war nur eine flüchtige Berührung, dieser Kuss. Wieder fuhren die angenehm kühlen Finger in das bernsteinfarbene Haar. Den warmen Atem konnte Izi auf der Haut fühlen und ein Zittern. Izi sah auf die halbgeschlossenen Augen in Loranos Gesicht. Das Geschöpf hielt inne und stieß eine Art grollen aus. Mit aller Kraft riss Lorano seinen Körper von dem des Jungen. Er wollte sich nie wieder in einen Käfig sperren lassen. Von Niemandem…
Mit einem Salto rückwärts landete er auf dem seidenen Baldachin des Bettes. Der Junge starrte fassungslos hinterher. Das Gesicht war ihm vor Überraschung eingeschlafen. Doch nur einen Augenblick später, war Lorano fort.
Ein wenig suchend glitt Loranos Blick durch den großen, dunklen Raum. Der Stand des Mondes zeigte ihm eine Zeit von ca. 2 Uhr in der Nacht an. Von so einem hohen Fenster konnte er weit hinaus auf die Dünen sehen. Ein paar Tage war er jetzt schon hier. Ausreichend um den Tagesrhythmus des Prinzen zu erfahren. Im Moment konnte eine Bombe hochgehen, ohne ein Erwachen aus zu lösen. Lautlos setzten Loranos Füße am Boden auf. Dieser Raum war im Moment eisig kalt, doch es gab eine Möglichkeit, die Wärme versprach. Der Junge!
Das Zimmer umgab ein magischer Bann und so konnte Lorano nicht daraus verschwinden. Solange es Tag war, bis spät in die Nacht verbarg er sich im Gestein. Doch dann stürzte er sich erstmal laut schmatzend auf das bereitgestellte Essen. Immer wieder hatte er anfangs dabei zu dem schlafenden Jungen gesehen. Nie war dieser erwacht. Ein Gefühl von ungestillter Sehnsucht überkam ihn dann jedes Mal, seit er diesen Körper so nah an sich gedrückt hatte.
Sachte hob Lorano die dichte Decke von Izis Körper und schlüpfte darunter. Die Wärme die ihn schlagartig umgab war einschläfernd. So legte er seinen Kopf auf die Brust des Jungen und lauschte dessen gleichmäßigen Herzschlag. Plötzlich sah er jedoch ins Gesicht von Izi. Die halboffenen Lippen und das leichte Lächeln darauf, zogen ihn magisch an. So weich und nachgiebig waren sie, als Lorano dem Jungen einen Kuss stahl. Mit einem Lächeln erinnerte er sich an die erste Begegnung. Ein fremder Junge mit bernsteingoldenen Haaren mitten in den Dünen. Gehüllt in helle, cremefarbene Gewänder und vielleicht 15/16 Jahre alt. Damals hatte er keine Ahnung, dass es bei jenem Jungen um große Macht ging. Er war von diesem Anblick fast hypnotisiert gewesen. So hatte Lorano schnell entschieden, diesem Menschen den Weg zu zeigen. Er war noch zu jung, als Lorano ihm damals wirklich die Wahrheit erzählen könnte. Es war zu früh!
Ein seltsam erotischer Duft stieg in seine Nase und ließ ihn schneller atmen. Haut so zart, Haare so seidig und Herz so klar.
Er berührte diesen Körper und der Junge griff halb in die dunklen Haare. Behutsam strich er über die Rippenbögen, die mit weißer Haut überspannt waren. Mit der Zungenspitze glitt er in die Ohrmuschel, während seine Arme den Körper hielten. Ein Seufzen von Izi schreckte das Wüstengeschöpf auf. Genug! Nicht das der Prinz noch erwachte…
Ein kaum hörbares Knistern weckte Lorano aus dem Schlaf. Widerwillig kroch er unter der Decke hervor. Jeden Morgen das gleiche Spiel. Izi würde gegen acht seine Gemächer verlassen und er blieb hier. Lorano starrte gedankenverloren in die heiße, sandige Wüste.
Wie lange würde er noch jene Kraft besitzen, die sich Verstand oder Beherrschung nannte? Wie lange noch…?
Schwermütig war sein Lächeln, als die goldene Sonne hoch am Firmamentstand. Seine lautlosen Bewegungen rührten von Flügeln die kaum mehr waren als ein Hauch. Der Wind wehte ihm einen Gruß aus der Wüste zu. So hielt er außer Sand und Staub auch ein winziges Samenkorn in den Händen. Die Wände waren sehr dick und es gab nur zu kleine Fenster. Nie hätte sein Körper da durch gepasst. Das Korn verknotete er in seinen Haaren. Izi hatte am Morgen ganz überraschend ein paar seltsame Dinge in sein Gemach bringen lassen. Außerdem stand auf dem steinernen Tisch noch eine interessante Mahlzeit. Er hatte die süße und schwere Flüssigkeit reichlich genossen. Ihre dunkle Farbe hatte sehr anziehend gewirkt.
Langsam ging die Tür auf und eine Frau mit goldblondem Haar betrat den Raum. Cara fragte sich ein wenig enttäuscht, was Izi denn hier besitzen sollte. Zu sehen war niemand.
Und sie hatte geglaubt dass endlich eine Frau in seinen Gemächern war. Mit schnellen Schritten trat sie zum großen Tisch. Ah ein Schluck dieses herrlichen roten Weines war jetzt genau das Richtige! Ihr wurde jedoch das eben gefüllte Glas mit Vorsicht aus der Hand entwunden. Es war ihr nicht möglich zu erkennen welche Person es war. Der linke Arm lag von hinten ein wenig um ihre Schultern, während die rechte Hand von Lorano ihr Glas hielt. Nun wurde es mit Bedacht erneut an Carellas Lippen gehalten. Nur zögernd trank sie einen Schluck der Flüssigkeit. Lorano drehte Carella langsam zu sich und sah ihr in die hellblauen Augen. Mit leicht geöffnetem Mund sah sie in das fremde Gesicht vor ihr. Rotgoldene Augen leuchteten nur für sie.
Er zog sie sanft in eine Umarmung, wisperte ihr Worte einer unbekannten Sprache ins Ohr. Er ging vor ihr auf die Knie, entknotete seine Haarsträhne und legte ihr das winzige Korn in die Handfläche. Verständnislos schaute Cara bei jeder Geste zu.
Lorano stand auf, trat direkt vor Cara, mit einer Verbeugung legte er seine Hand auf die der jungen Frau. Ein sanftes Lächeln lag auf seinem Mund, als er in ihr Gesicht sah. Cara verlor sich in den bittenden Iriden Loranos. Gedankenverloren wirkte ihr Blick in den beständig wolkenlosen Himmel. Der Kopf des Wüstengeschöpfes folgte dem ihren und es verstand, dass Wasser der größte Wunsch war. Seine Augen schlossen sich zur Hälfte. Cara hörte ihr Gegenüber wieder in jener fremden Sprache murmeln. Doch plötzlich wurde die bisher leise Stimme etwas lauter.
Dann geschah am Himmel etwas Sonderbares: die Sonne wurde verdeckt! Schwere dunkle Wolken verfinsterten den sonst strahlenden Himmel. Millionen von kleinen Tropfen trafen auf den, von Jahrhunderten der Wüstensonne, ausgedörrten Boden. Es regnete!
Es gab sie also wirklich in den Dünen! Jene die das Wasser mit ihren Herzen riefen. Alte Schriften nannten sie die wahren Herrscher der Wüste. Einst ein sehr mächtiges Volk, das jedoch spurlos aus den Dünen entschwand. Eine friedliebende Kultur mit unermesslichem Reichtum. So schufen die Kinder des Sandes ein echtes Paradies auf Erden. Der Neid auf Frieden und Erfolg entfachte einen Krieg, der das Paradies dem Erdboden gleich machte, nichts außer verbranntem Boden blieb zurück. Seither fehlte jeder Beweis, jede Spur ihrer Existenz. All diese Dinge waren ein halbes Jahrtausend her. Eines verstand Cara nicht: Woher besaß Izrail, der ja nie in alte Schriften sah, das Wissen? Wie hatte er Beweise erhalten, die nicht mal die weisen Alten kannten? Von ihm etwa? Wenn es stimmte, aus welchem Anlass kam ein solches Wesen in den Palast? Sie, deren Kraft keine Grenzen kannte, die Güte und Anmut verkörperten?
Wohin verschwanden ihre Spuren im Sand?
Welchen Weg war das schwer angeschlagene Volk gegangen?
Fragend und abwartend war ihr Blick zu Loranos Augen. Der Wüstenwind wehte ihr einige Wassertropfen auf die Haut. Vor Schreck entglitt ihrer Hand das Samenkorn! Doch Lorano zeigte ihr ein sehr erfreutes Lächeln daraufhin.
Das Korn verschwand in eine der Ritzen auf dem Boden. Noch immer hielt Lorano die Hand von Carella in seiner. Erneut murmelte er, diesmal jedoch leiser, unverständliche Worte.
Sie bestaunte das Wunder vor ihren Augen, als scheinbar aus dem Nichts ein Keimling wuchs. Schnell vergrößerte sich das kleine Gebilde zu einem Baum. Aufgrund von Loranos Worten blühte diese Pflanze und ein berauschender Duft erfüllte den Raum. Er pflückte ihr eine der Blüten. Die rosa Farbe war sehr passend in ihren blonden Haaren.
Die unverkennbare Eleganz und die sportlichen Bewegungen wirkten auch auf Cara anziehend. So ließ sie sich ohne Widerstand in eine Umarmung ziehen. Irgendwie gelang es ihr Lorano in die Richtung eines der Betten zu dirigieren. So saßen die Beiden bald eng umschlungen an die Wand gelehnt, mit dem Bett unter ihnen. Seine Hände lagen in ihrem Haar vergraben, während er ihren Körper hautnah fühlte. Ihre weichen und so nachgiebigen Lippen trafen die seinen sehr zielsicher wieder und wieder….
Er rieb seinen Körper leicht an ihrem. Jeder Kuss schmeckte nach Wein und Orangen. Nun machten sich die Beiden über die frischen Feigen des Baumes her. Ihr reifer und süßer Eindruck entfachte die Sinne zu äußerster Klarheit an.
Doch sie vergaßen die Tür, die sich geräuschlos öffnen ließ. Izrail stand völlig überrascht und fassungslos in seinen Gemächern. Seine Schwester war mit jenem Wesen zugange das er nicht mehr gesehen hatte, seit er es in diesem Raum gelassen hatte. Kochende Eifersucht auf Carella wallte in ihm auf.
„Cara ich sehe wohl nicht richtig? Ausgerechnet du packst, was ich die ganze Zeit vergebens versuche!“
Loranos Kopf ruckte herum und er starrte verlegen in Izis Gesicht. Doch als dieser nach Loranos Körper griff, so hielt er nicht mehr als eine Hand voll Wüstensand. Zum ersten Mal fragte sich Izrail, wie es überhaupt möglich war ein so flüchtiges Wesen zu fangen und bis in seine Räume zu bringen. Der Sand in der Handfläche war dunkel und rötlich wie die Haare Loranos.
Nur vage kam er auf die Idee, dass hier sicherlich kein Käfig nötig war. Nun bereute er seinen gedankenlosen Wunsch, denn das Wüstengeschöpf hatte sich Cara aus freien Stücken genähert, genau wie ihm in der Wüste damals auch. Cara schnappte sich ihren Bruder und zog diesen aus den Gemächern. Schnell schloss sie große Tür von außen und zerrte Izrail ein ganzes Stück weit in den Gang. Bis in den Palastgarten unter die Palmen führte Carella ihren Bruder. Jetzt wo die Königskinder weit genug vom Palast entfernt waren, legte Carella los:
„Izi du erzählst mir was von Eifersucht? Wer hat denn nicht mal gesagt, dass sich ein solches Wesen im Palast befindet? Ich habe geglaubt nicht recht zu sehen als sich plötzlich der Himmel verdunkelte! Herr Gott noch mal Izi, wie konntest du nur?! Du hast ja selbst versucht nach ihm zu greifen. Bist du verrückt geworden Izi, so ein Geschöpf hier fest zu halten? Verdammt wie brauchen endlich Regen und du sagst kein Wort! Wenn es auf unser Volk sauer ist, wird es vielleicht nie wieder Wasser vom Himmel geben! Außerdem, ist dir eigentlich klar was du anrichtest mit deinem Wunsch? Wer sagt dir denn, dass es nicht für das Versiegen des Wassers in unseren Brunnen sorgt, weil du es festhältst in deinen Gemächern? Ich habe keines seiner Worte verstehen können…
Sag mal, hast du gemerkt, wie es dich angesehen hat?“
„Hat es das?“ „Ja hat es! Vielleicht solltest du abgesehen von einer Entschuldigung, mal nicht gleich schlafen…“
„Es heißt >Lorano<.“ Sagte Izrail tonlos zu Carella.
„Du… du verstehst welche Worte es zu dir sagt?“
„Lorano sagte es vor 3 Jahren in den hohen Dünen zu mir, mehr nicht“
„Vor mehreren Jahren? Izi nicht mal die Alten unseres Reiches haben jemals ein Wort von diesen Wesen hören können, geschweige denn verstanden!“
„Ah, oh echt jetzt Cara?“ Ja verdammt Izi, du musst unbedingt rauskriegen weshalb es hier ist!“
„Stimmt, ich glaube es könnte unser Volk von seiner Not erlösen.“
„Ja, Izi da hast du Recht, aber ich frage mich was es hier bei uns in Wahrheit sucht.“
Izi hatte gerade verstanden, dass er irgendeinen gravierenden Fehler gemacht hatte. So rannte er nun so schnell wie möglich in seine Gemächer. Leere begrüßte ihn wie jedes Mal, wenn er von einem elterlichen Gespräch kam. Außer Atem kam er an und setzte sich auf eines der zwei Betten.
„L…Lo…Lorano…wenn…du mich hören kannst….ich…ach Mist! Mein Wunsch, ich hab ihn so nicht gewollt! So nicht…anders irgendwie!“
Mit einem Seufzen kippte er in die weiche Federdecke hinter ihm. Mit halboffenen Augen starrte er gedankenverloren an den Baldachin über dem Bett. Plötzlich wurde ihm die Sicht darauf verwehrt, ein rotgoldenes Augenpaar blickte ihn fragend an. Mit einem erstickten Keuchen kroch Izi bis an die Wand hinter ihm. Total erschrocken sah er ins Gesicht des Wüstengeschöpfes, welches ihn voller Neugier beobachtete.
„Junge, was soll an deinem Wunsch denn so falsch gewesen sein?“ abwartend stand Lorano vor Izi so wie einst, wartete auf dessen Antwort. Leise geflüsterte Worte sprach Lorano direkt in Izis Ohren: „Ich würde kein Wesen auch nur eine Stunde lang in einen Käfig sperren, nur weil ich will das es mein Leben mit seiner Anwesenheit bereichert. Ich würde es darum bitten mir Gesellschaft zu leisten.“
Lorano lächelte schwach in das verständnislose Gesicht und sah sich zu weiteren Erklärungen bemüßigt. Er setzte sich ebenfalls auf das Bett lehnte sich an die Wand während er die rechte Hand in Izis Haaren vergrub. Mit einem nachsichtigen Lächeln blickte er in die großen blauen Augen Izrails.
„Wisst ihr, bei mir in meinem Volk, meiner Heimat, gibt es mächtige und stolze Geschöpfe. Sie könnten jedes andere Wesen mit einem einzigen Prankenschlag töten. Sie sind von Grund auf sanftmütig im Charakter, doch in Gefangenschaft gäbe es keine schlimmere Bestie. Sie gewähren uns ihren Schutz, verwischen unsere Spuren an der Oberfläche, denn sie erfüllen unsere Bitte mit echter Treue.“
Izi hob den Kopf wieder und sah Lorano direkt an.
„Wie könnt ihr euch mit so gefährlichen Wesen einlassen und sprechen?“
Doch das Wissen in Loranos Augen hatte an sich etwas sehr beruhigendes für ihn.
„Weil alle Herzen gleich sind, können sie uns auch verstehen. Deine Seele ähnelt der Weite des Himmels, hast du nie um das Wasser gebeten? Ihr braucht es doch! Bittet euer Volk etwa nicht den Boden, dass die Saat gedeiht, das reiche Ernte kommt, dass es reichlich von allen Dingen zu ernten ist?“
Izi wirkte jetzt ehrlich erstaunt bei Loranos Erzählungen.
„Nein, alle diese Sachen höre ich zum ersten Mal von Jemandem!“
Lorano sah Izi verwirrt und auch betroffen an.
„Das heißt ihr fragt auch keinen Boden, weshalb er für euch keine Nahrung bringt, obwohl ihr düngt?“
„Ja, wenn es so ist, dann roden wir die Pflanzen eben.“
Izrail sah nicht Loranos Erschrecken über seine Worte, doch plötzlich war dieser verschwunden aus dem Bett.
Es war spät als Izi wieder seine Gemächer betrat. Hell schien das Mondlicht bis auf den Boden herunter. Diese Nacht würde er wach bleiben, um zu sehen, welche Dinge geschahen, während er sonst schlief. Stundenlang passierte nicht ein bisschen, so hätte er den Staubwirbel am Boden fast übersehen. Im Lichtstrahl erkannte er den Strom winziger Sandkörner, welche unten eine Anhäufung bildeten. Nachdem es aufgehört hatte, konnte Izi, den Schattenriss eines zweiten Körpers sehen. Kniend, sich dann erhebend so schritt jenes geisterhafte Wesen vor sein Bett.
Der Blick ob er auch schlief, war für Izi eine schwere Prüfung. Dann hörte er es laut schmatzen in der Nähe des steinernen Tisches. Der schlanke, drahtige Körper stand über die Mahlzeit gebeugt, denn Lorano schlang das Essen in Windeseile hinunter. Es war jetzt wieder ein seltsames Gefühl, dass ihn überkam, beim Blick nach dem Jungen. Doch nun gesättigt und müde, ging er zu jenem Bett. Bedauernd sah er in das schlafend wirkende Gesicht. Wenn er nicht mit geschlossenen Augen geküsst hätte, wäre ihm Izis Überraschung nicht entgangen. Sanft fuhr er mit den Fingerspitzen durch das goldblonde Haar. Izi hielt automatisch den Atem an, da Lorano nun wirklich ungewohnte Nähe suchte. Wie Izi merkte, trug Lorano keinerlei Kleidung an seinem Körper. Vor Aufregung machte er die restliche Nacht kein Auge zu, so dass an Schlaf nicht zu denken war!
Schwer fiel das glänzende, dunkle und lange Haar über den schlanken Körper von Lorano. Dieser erwachte zögernd als die Sonnenstrahlen den Stein knistern ließen. Doch etwas hinderte ihn am Aufstehen weil Izrail seine Arme auf den Rücken gelegt hatte. Schlagartig riss dieser seine Augen auf und grinste leicht peinlich berührt.
„Sag mal, passiert dir so was immer?“
„Hä…?“
„Du merkst wohl nicht was ist?“
„Ah ich…?“
„Kennst du den Begriff >Morgenlatte< etwa nicht?“
„Nein…“
„Mann eh, na du hast nen Steifen!“
„Oh nein! Lass mich bitte gehen!“
„Wenn du willst, kann ich doch für ein Verflüchtigen des Ganzen sorgen.“
„Oh nein auf keinen Fall!“
Lorano riss sich mit aller Kraft los und fand schnell das echt kalte Wasserbecken. Mit ausgreifenden Schritten ging er in tieferes Wasser. Izrail sah Lorano ein wenig amüsiert zu, wie das Wüstengeschöpf komplett untertauchte. Schön sah es aus, wie die Tropfen beim Auftauchen von der Haut perlten. Noch einmal tauchte Lorano und schwamm bis zur Treppe des Beckens. Zögernd setzte er sich auf die Stufen. Der Blick zu dem Jungen war reichlich verunsichert. So versuchte Izi den Schrecken des Ganzen etwas zu mildern:
„Hey, es ist normal, wenn solche Sachen am Morgen sind. Du bist hier nicht der Einzige mit diesen Dingen“
Mit schiefem Grinsen blickte er in das errötete Gesicht Loranos.
„Hey, ich werde dich mit Sicherheit nicht zwingen den heutigen Morgen noch mal zu machen! Warum denkst du hab ich hier zwei Betten, statt einem?!“
Loranos Gesicht war sehr ernst auf Izi gerichtet.
„Es gibt unabdingbare Gesetzmäßigkeiten. Wer besitzt schon die Macht und Kraft sie zu ändern? Ob du sie verstehen könntest weiß ich in wirklich keiner Form!“
„Keine Angst ich behalte es für mich.“
Lorano sprang warnungslos aus dem Becken. Mit einem Ruck zog er Izrail zu sich. Der Kuss war echt, aber diesmal mit größter Vorsicht geschehen. Izi riss die Augen weit auf, weil Lorano sich offenbar diesmal Zeit nahm. Izi hörte das Schlagen des fremden Herzen an seiner Haut. Lorano vergrub seine Finger in den hellen Haaren, während er den Jungen an sich drückte.
Noch immer ging Izis Motorik nicht, so das ihm keine Bewegung möglich war. Langsam löste sich das Wüstengeschöpf vom Körper des Jungen. Dieser war vom Geschehen noch völlig berauscht und zeigte fast keine Reaktion darauf. Izi kam erst wieder zu sich, als ihn ein Schwall kalten Wassers traf. Cara hatte ihren Bruder aus seiner Starre gerissen. Irritiert blickte der ins Gesicht seiner Schwester Carella. Besorgt sah sie ihren Bruder an. Da war kein Lorano mehr hier, sondern seine Schwester. Übermütig fiel ihr Izrail um den Hals. Die ganze Nacht war er hellwach geblieben, um nicht einen Augenblick zu versäumen. Wie spät war es wohl inzwischen, wenn seine Schwester ihn wecken sollte?
Die letzten Dinge waren an ihm irgendwie vorüber gezogen. Beide Geschwister gingen durch die Gänge des Palastes zu ihren Eltern. Nachdem auch ihre Audienz erledigt war, gingen sie zu den Gärten des Palastes. Cara brannte darauf zu wissen, was in der Nacht passiert war und ob der Regen kam. Ein gedankenverlorenes Lächeln lag im Gesicht, als Izi seine Schwester ansah. Er verschwieg das Erlebnis, weil es ein Versprechen an Lorano war, beim Erzählen. Kaum hatte er seine Worte beendet, begann es zu donnern und grauschwarze Wolken verdunkelten den Himmel. Große und warme Wassertropfen fielen herab. Weißblaue Blitze erhellten das Dunkel und ein heftiger Donner erklang. Die Erde saugte gierig das Lebensspendende Nass auf. So ging es bis der Boden genügend Wasser hatte.
Lorano hatte wirklich sein Wort gehalten, dafür dass ihm der Junge einen Teil seiner Zeit schenkte.
Lorano schaute missmutig aus dem 6 Meter hohen Fenster, auf den Hof des Palastes. Denn die Szenerie dort unten brachte sein Blut vor Eifersucht zum kochen! Izrail war wegen den Heiratsplänen seiner Eltern gezwungenermaßen auf Freiersfüßen unterwegs. Wie die Motten das Licht, umschwärmten die jungen Damen den Prinzen. Leider konnte er Izrails Mimik nicht erkennen, doch es wirkte als würde die Begeisterung fehlen. Irgendwann verzogen sich die jungen Frauen und jetzt war die Erleichterung von Izi deutlich zu sehen.
Also, wenn dem so war, dann würde es Lorano schnellstens ändern! Lange Zeit hatte er gewartet, bis Izi vollkommen müde in seine Gemächer kam.
Für die hingestellten Speisen hatte er keinen Blick, sondern einzig für das Bett. Mit letzter Kraft entledigte er sich seiner Kleidung, auch das Wissen beobachtet zu werden war heute egal.
Mit einem Seufzen kroch er unter die Decke. Sein königlicher Vater verlangte eine Heirat innerhalb der nächsten sechs Monate. Alle in Frage kommenden Jungfrauen hatte er am Nachmittag getroffen. Er grub sein Gesicht ins Kissen bevor er endgültig in einen traumlosen Schlaf sank.
Er wollte keine dieser ausgesprochen schönen Frauen, weil er sie im Leben nicht lieben könnte. Keine von ihnen!
Am Rand seines Bewusstseins merkte er eine fließende und auch warme Berührung seines Rückens. Lorano war ans Bett getreten, um mit dem Zeigefinger das Wort „MEIN“ auf die Haut zwischen den Schulterblättern zu schreiben. Izi würde am nächsten Tag und in weiteren Tagen keine solche Belagerung erleben. Doch nun war es bei Lorano ähnliche Erschöpfung, weil es ihn sehr viel von seiner Kraft gekostet hatte. Er musste den Jungen dringend fragen, was die ganzen Frauen hier sollten. Aber erst einmal brauchte er seinen Schlaf, bevor er endgültig ins Reich der Träume hinüber glitt, küsste er den Prinzen. Sich vergewissernd, ob Izi schlief, kuschelte er sich eng an dessen Körper. Mit einem Lächeln fielen seine Augen zu. Er hatte schon gedacht, seine Geduld zählte sich nie aus! Seit einem dreiviertel Jahr befand er sich hier. Endlich kamen seine sorgsam überlegten Pläne in Gang…
Izi erwachte langsam, weil ihn die glänzenden, langen Haare kitzelten. Gedankenverloren fuhr er mit der Hand durch die dunklen Strähnen. Verträumt und mit schwachem Bedauern, blickte er in das vom Schlaf entspannte Gesicht Loranos. Es war doch erst seit kurzer Zeit so entspannt am Laufen. Eine Heirat jedoch, hieß alles Bisherige vergessen! Konnte er überhaupt so handeln?
Dann musste er den magischen Bann lösen, welcher das Wüstengeschöpf in diesen Räumen hielt. Er vermochte nicht daran zu denken, was ohne Lorano sein sollte. Das Erwachen jenes Wesens geschah allmählich. Izrail nahm allen Mut zusammen und drückte seine Lippen kurz auf die Loranos. Sonnig und auch erfreut leuchteten die rotgoldenen Augen. Ins verschlafene Gesicht huschte ein Ausdruck, welchen Izi bisher nur einmal gesehen hatte. Das Leuchten hatte ihn damals in den Dünen auch so fasziniert.
„Du siehst bedrückt aus, Junge. Verrätst du mir aus welchem Grund das so ist?“
Fragend und aufmerksam war der Blick Loranos. Izi krallte sich an dem dunklen, roten Haaren fest.
„Mein Vater erwartet und verlangt, dass ich mir eine Braut erwähle. Doch so eine schwerwiegende Entscheidung, kann ich nicht einfach treffen.“
Lorano lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
„Kannst du dich nicht entscheiden, welche du haben willst? Ist ihre Schönheit so groß, dass sie dir die Worte raubt?“
Doch Izrail schüttelte traurig den Kopf.
„Nein! Die Sachlage ist ein wenig Anders, Lorano. Es wäre jeder dieser Frauen gegenüber nicht wirklich fair.“
„Aus welchem Anlass heraus sagst du das?“
Izrail starrte an den Baldachin.
„Weil es nie irgendwelche Gefühle geben könnte. Deshalb!“
Erstaunt sah Lorano in das verzweifelte Gesicht Izis. Diese Sache war ja einfacher, als er je geglaubt hatte.
„Wenn ich eine jener Damen wäre, was tätest du dann?“
Angespannt wartete Lorano auf diese sehr wichtige Antwort. Ein bitteres Lachen entrang sich Izrail. Dann grub er sein Gesicht in seine Handflächen, da er schlagartig reichlich perplex war.
„Du bist doch auch männlich, solche Dinge die du sagst, sind und bleiben unmöglich!“
Es waren genau die Worte mit denen Lorano gerechnet hatte.
„Und wenn es zu ändern geht, würdest du dann so eine Bitte stellen?“
Verlegenheit über den ernst der Lage bei Izi. „Ja… also…wenn…es…äh möglich ist…schon glaub ich.“
Lorano grinste fröhlich, seine rotgoldenen Augen sprühten Funken. Er küsste Izi auf beide Wangen und auf die Nasenspitze zum Zeichen.
„Dann kannst du dich ab jetzt als verlobt betrachten!!“
Izrail wurde es mulmig im Bauch.
„Aber wie willst du erreichen, dass du das Aussehen einer Frau besitzt, geschweige einen Ball oder eine Hochzeit überzeugend hinbiegen?“
Verständnisvoll schaute Lorano zu Izi.
„Wenn du mal am Nachmittag Zeit hast, dann zeige ich es dir!“
Wenn er nicht schon im Bett läge, so wäre der Junge bei solchen Worten umgekippt.
Seine Eltern würden einen Ball veranstalten, wenn sich ihr Sohn nicht in den nächsten Monaten entschied. Heute erlebte Prinz Izrail von Grinsteyn, dass die jungen Damen ihm mehr Freiraum zugestanden. Es war nett mit ihnen zu plaudern, oder lustige Erzählungen zum Besten zu geben. Doch sie kamen, bei allen amüsanten Dingen, nicht näher als einen halben Meter. Er bedauerte jedoch im Stillen, dass dieser Aufwand reine Zeitverschwendung war. Woche um Woche verstrich, ohne eine klare Antwort. Irgendwann gab es keine Frauen mehr, welche Prinz Izrail erwählen konnte. Aus dem ganzen Königreich waren sie gekommen, nicht eine war in der Lage den Prinzen für sich zu interessieren. Der König hatte schon weißes Haar auf seinem Haupte. Bald würde er von dieser Welt gehen müssen. So wollte er wenigstens sein Land in guten und sicheren Händen wissen. Schon lange erkannte der alte Mann, dass ihm die Zeit zwischen den Fingern zerrann…
Voller Gram dachte er an eine fast vergessene Sache vor knapp zwanzig Jahren. Sein Sohn musste unbedingt von seinem Fehler erfahren, bevor es zu spät war. Aber wann? Seine Frau durfte nie ein Wort davon hören. Er hatte sie betrogen!
Schlagartig hörte Lorano mit dem Grinsen auf. Er zog Izi zu sich. Sehr ernst war sein Gesicht nun. Er hatte keine andere Möglichkeit, nur so war eine Änderung der alten, festgefahrenen Regeln möglich.
„Izi ich habe eine dringende Angelegenheit in meiner Heimat zu regeln.“
„Und warum sagst du diese Dinge so traurig zu mir?“
„Weil ich diesen Ort wieder verlassen muss!“
„Aber du sollst doch hier sein!“
„Bitte! Die Dinge haben null Aufschub. Ein Jahr war ich in diesen Räumen, lass mich gehen, ich komme auch zurück!“
„NEIN!“
„Das ist dein letztes Wort?“
„Ja!“
Der Körper zerfiel vor Izrails Augen zu Staub.
Carella betrat das Gemach ihres Bruders heimlich. Augenblicklich stand das Wüstengeschöpf vor ihr. Diesmal lächelte es nicht zu Carella. Mit Bestürzung begriff Carella um welche Sache es Lorano ging. Damit ihr Volk vor dem Zorn eines Sandkindes verschont blieb, löste sie den magischen Bann. Dankbar schloss er sie ein letztes Mal in seine Arme und deutete zum Himmel. Er wartete nicht auf die Rückkehr von Izi, weil dieser keine Einsicht zeigte. Im Stillen wunderte er sich, Izrail konnte ihn verstehen, aber die Junge Frau nicht. Im Palast würde es für ihn einen berauschenden Empfang geben. Ein volles Jahr war er in einem fremden Reich gewesen. Es gab viele Angelegenheiten zu erledigen, einige besaßen große Priorität. Außerdem würde er ja nur ein paar Wochen fort sein. Sonst saß Izi echt in der Tinte. Zuvor jedoch brauchte er seine Schwester Celest. Eher konnte er nicht in Verkleidung den Palast aufsuchen. Er würde ihr sein Amt übertragen nur so konnte er sein Vorhaben auch weiterhin klar stellen. Hoffentlich geschah dem Jungen nichts. Er hatte auf gewisse Art sehr verletzt gewirkt…
Lorano war fort, Izi konnte es fühlen. Der magische Bann war nicht mehr. Es war sinnlos nach einem Wesen zu rufen, das eher ein Geist war, als etwas Anderes. Aber Izrail konnte doch ohne Lorano nicht mehr leben. Viel zu sehr hatte er sich an den Wüstengeist verloren, seine wilde Schönheit, die goldenen Augen wirkten auf ihn hypnotisch. Das Wissen vor Loranos Verschwinden, brachte ihn um den Schlaf! Schwermut überfiel seine Seele, wenn er in die Wüste blickte. Als er an einem Morgen nicht kam, bemerkte seine Schwester sehr besorgt sein hohes Fieber. Der königliche Leibsarzt diagnostizierte außerdem noch eine schwere Lungenentzündung nach einer Woche. Nur kurz wachte der Prinz aus seinem Schlaf auf. Schon öfter hatte Izi nach seiner Schwester verlangt. Schweiß stand auf seiner Stirn und er hatte einen überhitzten Körper. Sein Atem ging sehr flach und viel zu schnell! Immer stärker zeichneten sich die Merkmale seiner Krankheit ab. Die Kräuterpasten, die Abkochungen und Salben verschafften ihm nur Linderung, aber keine Heilung. Verzweifelt weinte Carella am Krankenbett ihres Bruders. Aus tränennassen Augen sah sie wie sich Izi unruhig im Schlaf dauernd umherwälzte. Sehr langsam öffnete er seine blau- schillernden Augen, ein leichtes Lächeln war zu erahnen. Dem Tode näher, als dem Leben tröstete er Cara.
„Bitte Cara, wein nicht… liegt nicht an dir. Keine Vorwürfe machen… Cara er ist gegangen nicht wahr?!“
Bestürzt sah sie in das blasse Gesicht mit den eingefallenen Wangen. Eine Sehnsucht nach ewigem Schlaf, in den Augen, das Flehen nach Erlösung. Aus halboffenen Augen blickte er zu seiner Schwester, flüsterte weiter Worte.
„Lorano…hohe Dünen…roter Wein…schnell!“
Izrails Stimme brach und seine Augen schlossen sich. Kaum sichtbar hob und senkte sich seine Brust.
Lange brauchte Cara um Izis Worte zu begreifen, doch dann handelte sie nach ihrem Sinn: „Lorano ist in den hohen Dünen und bring ihm schnell roten Wein!“ Doch was sollte es an der Krankheit ändern? Wie konnte der Tod des zukünftigen Königs abgewendet werden?! Seit drei Wochen waren die Dinge so, wie oft noch erwachte er wohl aus dem Schlaf, ehe der Tod ihn ereilte?
Mit einigen Männern der Leibwache hatte sie den besten Wein des Reiches, in einer verkorkten Karaffe, an jenem Ort eingegraben. Nichts geschah danach wo alle den Rückweg antraten. Weit war die Strecke zu den hohen Dünen, so dass sie die kalte, sternenklare Nacht im freien verbrachten. Wenn jene Sache aber Heilung verhieß, dann war kein Weg zu weit, keine Mühe zuviel.
Der Tag in der Wüste begann mit den Strahlen des Sonnenaufgangs. Golden überzog ein Schleier aus Licht den Sand. Es erwärmte nicht einmal die Haut, geschweige denn den Boden unter ihren Schuhen. Die Gruppe war wieder im Palast. Sie hatten großes Glück, denn am Mittag bis Sonnenuntergang, erhitzte die Sonne die obere Sandschicht auf fünfzig, bis manchmal fast sechzig Grad Celsius.
Ein Sandsturm tanzte durch die Wüste im Sonnenschein des Nachmittags. So Plötzlich wie er entstanden war, so löste sich der Sturm auf. Aus der Staubwolke trat der Wüstenprinz mit würdevoller Mimik. Die gläserne Karaffe mit Wasser schenkte er den Palastwächtern. Um seine Schultern wehte ein blauer Mantel während auf seinem Kopf eine kristallklare Krone war. Seinen Körper hüllten helle, lindgrüne Kleider ein. An der Stelle des Gürtels ringelte sich ein weißer armdicker Python. Der Kopf des Tieres ruhte auf seiner Schulter. Barfuss durchschritt er die große Empfangshalle. Cara sah Lorano völlig perplex an, ehe sie ihn an seinen Augen erkannte. Izrail hatte den Namen ungezählt oft gerufen. Lorano sagte einige Worte in seiner Sprache und der Junge schlug nach Stunden endlich seine Augen auf, ohne sie gleich wieder zu schließen. Ein deutlich erkennbares Lächeln glitt kurz über sein Gesicht. Lorano bot ein interessantes Bild und eine autoritäre Erscheinung mit der weißen Schlange.
Lorano holte aus seiner verborgen liegenden Tasche einen blauen, faustgroßen Edelstein den er auf Izrails Stirn legte.
„Rose von Jericho! Ich brauche deine Kraft um meinen Fehler ungeschehen zu machen!“
So sprach Lorano, während er eine braungrüne, trockene und krümelige Kugel aus einer anderen Tasche hervor holte. Staunend schaute Carella den fremden Handlungen zu. Offensichtlich wusste jenes Wesen welche Dinge helfen konnten. Doch trotzdem erschrak sie, als die Schlange von Loranos Körper glitt. Dieser schien das Tier zu dressieren, denn sein kühler Leib schlängelte sich gezielt unter Izrails Oberkörper. Nun da Izi etwas höher lag, bedeckte Lorano ihn, statt mit der schweren Decke, mit seinem Mantel. Die Wüstenrose legte er für 3Stunden ins Wasserbecken. Dann legte er sich erstmal ins andere Bett um, nach der Anstrengung des Sandsturms zu schlafen.
Carella hatte sprachlos allen Geschehnissen zugesehen und so war sie fassungslos, als Lorano einfach in tiefen Schlaf fiel. Leise ging sie vor das Bett um die schlafende Gestalt zu betrachten. Ja, sie konnte ihren Bruder wirklich gut verstehen. Ein kleines bisschen beneidete sie Izi darum, dass ihm jenes Wesen in Freundschaft half. Doch im Stillen fragte sie sich schon, wie es sein konnte so Jemanden zu fangen. Wo doch das Wissen und die große innere Kraft erkennbar wurden. So betrachtete sie das seitliche Profil noch einmal, ehe sie die Gemächer verließ. Bei den Palastwachen und allen Bediensteten ordnete sie völlige Bewegungsfreiheit für Lorano an. Ferner sollte er jegliche Unterstützung und Hilfe in seinen Handlungen erhalten. An jenem Wesen hing ihre ganze Hoffnung, auf das Izi wieder gesund würde. Jeder Wunsch, jede Forderung sollte erfüllt werden.
Zu Beginn der Dämmerung erwachte Lorano aus tiefem Schlaf. Sein erster Blick galt Izrail, der ihn ungläubig ansah. Flüsternd hob er seine Stimme an, rau klangen die heiseren Worte an Lorano.
„Du bist…hier…es ist also kein Traum von mir gewesen. Im Fieberwahn glaubte ich u ständest an meinem Bett…“
Lorano blickte erschrocken in das angespannte Gesicht Izis. Mit fast sanftem Gesicht kniete sich Lorano ans Kopfende des Bettes. Weil Izi jedoch wieder einschlief, probierte Lorano den Raum zu verlassen. Es ging ohne geringste Schwierigkeiten, so fand er sich bald im Garten des Palastes wieder. Welch ungewohnte Vielfalt und Pracht gab es an Blumen. In tausenden Farben und Formen zeigten sie ihre Schönheit. Ein Kelch voll mit Nektar musste es werden. Klebrig und süßer als Zucker war die klare oder goldgelbe Flüssigkeit. Morgen wenn die Sonne auf ging, würde er sich nochmals in den Garten begeben. Außerhalb von Izis Gemächern war Lorano kein Ton zu entlocken. Sie hielten ihn wohl für einen Arzt, nur weil er über solches Wissen verfüge. Libellen und Schmetterlinge flatterten um ihn herum. Es klang sein raues Lachen halblaut über die Sträucher. Nun da der glühende Feuerball versank, sank die Temperatur merklich ab.
Die Paste aus der mit Edelstein zerriebenen Pflanze strich er auf die Stirn und Brust des Jungen. Ihre Kraft setzte sein Volk für verschiedenste Krankheiten ein. Sie kühlte den erhitzten Körper ein wenig. Carella sah Lorano wortlos bei seinem Handeln zu. Doch als Lorano nun seine Kleider zu Boden gleiten ließ, hielt sie ihren Atem an! Den blauen Mantel zog er über Izrails Körper, bevor er sich auf den weichen Stoff legte. Ungläubig betrachtete Cara jenes ungewohnte Bild. Also jetzt war sie wirklich vollkommen perplex, denn in Loranos halbgeschlossenen Augen stand die Glut der Sonne. Als die junge Frau ging, schlossen sich rotgoldene Augen.
Die Steine knisterten in frühen Morgenlicht und Lorano erhob sich vom Bett mit größter Vorsicht. In der Kälte der Naht, hatte ihm in seinen Reich die vertraute Wärme gefehlt. Hier glitzerte der Tau auf den Steinen, auf dem Boden und den Pflanzen wie Diamantenstaub. Er trug den gläsernen Kelch an jede Blüte und deren Nektar tropfte hinein, wenn er sie leicht antippte. Es brauchte einiges an Zeit und Mühe, damit sich das Gefäß mit dem kostbaren Inhalt füllte. Ob es wohl möglich wäre am nächsten Tag nochmals zu ernten?
Nun eilte er durch die weiten Anlagen und Gänge in den Palast. Alles war verloren, sollte die Sonne das Getränk verdunsten. Mit einem kalten Kuss auf die Lippen, weckte er Izrail aus seinem Schlaf. Er vergrub seine rechte Hand in dem Haare, hob so den Kopf etwas an. Die linke Hand führte den vollen Kelch an die aufgesprungenen Lippen. Es dauerte eine Weile, bis Izi die süße, schwere Flüssigkeit getrunken hatte. So einige Sachen und Fragen geisterten in seinen Gedanken umher. „Warum tust du all die Dinge, kein Arzt hat in diesem Reich derartige Kenntnisse!?“
Keine Antwort gab Lorano, sondern er begann die große Harfe zu zupfen. Helle Klänge schwebten durch die Gemächer. Die Schmetterlinge des Gartens, die Vögel der Wüste und auch Fledermäuse. Von diesen Tieren kam je ein Paar durch das hohe Fenster. Die zarten Töne drangen bis in den Gang des Zimmers und vor der Tür blieben die Menschen lauschend stehen. Irgendwann stand selbst das Königspaar dort, sie erkannten die alte vergessen- geglaubte Melodie. Doch so klar und rein spielt sie kein verstaubtes Tonband. Die volle Stimme war sehr leise, diese Worte waren im Gang unhörbar, nur die Harfe erklang…
Izrail erwachte nur bei Durst aus seinem sehr tiefen Schlaf. Nachdem er die süße Flüssigkeit getrunken hatte, währte sein ‚Schlaf volle 3 Tage. Mit geschlossenen Augen lauschte er der seltsam vertrauten Melodie. Sie weckt unklare Bilder einer fremden schönen Frau in ihm. Die freundliche Stimme ließ Wehmut erahnen. Unbegreiflicher Weise fühlte Izi nun einen starken seelischen Schmerz. Lorano wachte über ein ruhiges Zimmer, so konnte keine andere Person stören. Die grüne Paste hatte er bald wieder von der Haut gewaschen, auch dem Python hatte Lorano inzwischen Lebewohl gesagt. Hier lag nur noch der blaue Umhang auf dem Körper.
„Ich habe es schon mal gehört das Lied! Da war eine Frau mit traurigen Augen. Sie war so blass im Gesicht… irgendwie krank. Der Boden war weich und warm, Tränen im Gesicht der Frau mit den schillernden Augen. Ich will an diesen Ort, ich will zurück… Aber wohin denn eigentlich?“
Lorano hatte diesen verworrenen Worten aufmerksam gelauscht. Erst verstand er den Sinn nicht ganz, doch seine Schwester hatte ihm mal etwas von den vergessenen oder verlorenen Kindern erzählt. Diese kannten ihre wahre Natur nicht, denn sie wuchsen angeblich in fremden Familien auf, aus einer anderen Kultur. Konnte es etwa Wahrheit sein? Sollte dieser Junge, der ihn verstand, etwa Wahrheit sein? Sollte dieser Junge, der ihn verstand, etwa eins dieser Kinder sein? Es wäre eine Begründung für sein Verhalten ihm gegenüber! Doch wie konnte es dann sein, dass Izrail ebenfalls ein Prinz war? Und was konnte Lorano ihm auf seine Erinnerung als Antwort geben? Und wie kam er überhaupt hierher als Säugling?
„Willst du dass ich es noch mal an dem Instrument spiele?“
„Ja, meine Eltern sagen früher hätte es solche Töne öfter noch gegeben!“
„Würdest du vielleicht mal zu mir nach Hause kommen?“
„Gern, aber wo wohnst du?“
„In Amchur ist meine Heimat, sie sind zu Besuch alle sehr nett bei meiner Familie!“
Hast du Angst im Dunkeln?“
„Nein hab ich nicht, wieso?“
Izrail hatte seine Eltern gebeten, dass er seinen Heiler in dessen Heimat begleiten dürfe. Weil das königliche Paar so glücklich über die Genesung ihres Sohnes war, gewährten sie den Wunsch. Und so konnte das Abenteuer beginnen. Im Stillen war Lorano mehr als froh das Izrail mitkam. Sein komplettes Volk kannte das Vorhaben und er konnte auf volle Unterstützung zählen… Denn Izi sollte erst bei Ankunft im Palast erfahren, welchen Rang er besaß! Weiterhin hatte er keine Ahnung wie die Dinge dann laufen würden. In ihrer Kultur war es gleich ob Frau oder Mann, so lange es die Nachfolge in der Familie gab.
Er hatte damals also den richtigen Jungen gefunden, obwohl es doch Zufall war. Er hatte ihn nicht vergessen können und nach einem Weg gegrübelt, um ihn zu finden. Ein weiterer Wink des Schicksals, zeigte ihm dann den Weg zu seinem Ziel. Deshalb und nur aus diesem Anlass, hatte er sich drei Jahre später in einen Käfig sperren lassen! Als er dann endlich heraus konnte, war seine Laune gesunken! Die Wut über 2 Tage Gefangenschaft verrauchte schnell, beim Blick in das lang vermisste Gesicht des Jungen.
In Amchur wurde Izrail herzlich willkommen geheißen. Lorano hatte nicht gelogen und ihnen folgten die Blicke. Er war in der verborgenen Stadt, eines anderen Volkes. Von allen Seiten wurde Izi sehr wohlwollend betrachtet. Er ging mit Lorano durch die Straßen und Gassen der steinernen Gebäude. Er war fremd in diesem Volk mit seinen Bräuchen und Ansichten, doch er sah schon durch Beobachtung die Unterschiede. Sie kamen an Ackerflächen, Obstheiden und brach liegenden Feldern vorbei. Staunend über die große Vielfalt schweifte sein Blick darüber. Die Besitzer zeigten ihm gern ihre Ernte und er kostete von den reichhaltigen Speisen. Nein, hier gab es keine Armut, sie hatten genügend Lebensmittel für Vorräte. Am Abend nächtigten sie in hohen Gräsern am Feldrand. Hier wurde es nicht so kalt wie in seinem Palast. Der Wind wehte schwach am nächsten Morgen. Sie bekamen vor Aufbruch noch ein buntes Frühstück. Überall wurde ihnen mit echter Begeisterung geholfen. Hier unter der Oberfläche waren die Bewohner von Amchur wirklich neugierig auf ihn. Sie hatten so große Hoffnung, einmal die Sonne zu sehen.
Eine alte Frau sah Izrail plötzlich überrascht und betroffen an.
„Junge, kann es wirklich sein, dass du nach so langer Zeit endlich hier bist? Wie ist dein Name?“
„Izrail!“
„Dann bist du der Sohn von Ela! Wir gaben dich einst fort zu dem Mann der dein Vater ist, denn sie ist bald nach deiner Geburt gestorben. Ela war außergewöhnlich schön, in ihrem Zauber ruhte Kraft!“
Izrail schaute die Frau verwirrt an.
„Dann ist meine Mutter nicht meine echte Mutter? Aber wie kann es sein?“
„Dein Vater war der einzige Mann den Ela wollte. Doch es war nur eine Nacht die sie bekam! Denn dieser Mann gehörte nicht zu unserem Volk. Er hatte schon eine Gemahlin, die er liebte. Darauf erkrankte sie unheilbar und bald warst du ohne Mutter. Ihr Gebiet war es die Ernte zu sichern und für Wärme zu sorgen.“
„Verstehe ich deshalb Eure Sprache?“
„Ja! Das ist angeboren und eigentlich müsstest du auch Magie besitzen.“
„Heißt das, ich bin in Grinsteyn nicht wirklich zu Hause?“
„Doch! Dort ist dein Heim, aber auch hier ist ein Platz für dich frei.“
Die alte Frau strich ihm übers Haar, bevor sie weiter ging. Lorano hatte eben en klaren Beweis für Izis wahre Herkunft erhalten. Noch völlig erschlagen sah er den Jungen an, dieser hatte keine Ahnung was los war. Deshalb waren wohl alle Einwohner so nett zu ihm?!
Lorano legte den Arm locker um Izis Schultern, da er den Weg zum Palast fortsetzen wollte. So gingen die Zwei den ganzen Tag, mit lächelnden Gesichtern, entgegen. Weit war der Weg, welchen sie wanderten. Mehrere Tage brauchte es, bis die große Entfernung stark verkleinert war.
Um eine Unterkunft brauchten sich beide nicht sorgen. Nach der letzten Nacht ihrer weiten Reise standen sie vor en Toren des Palastes. Es hatte nur noch einen halben Tag gebraucht für die letzte Strecke. Mit einem Lächeln setzte sich Lorano auf den trockenen Boden. Izi setzte sich neben ihn und sah Lorano fragend an.
„Du bist hier wohl jemand mit wichtigem Auftrag?“
„Ja! So in der Art kannst du es sehen.“
Die Tore vor dem Palast öffneten sich und erhabene, stolze Wesen flankierten den Weg. Große weiße Echsen, mit goldenen Augen, ledrigen Schwingen und wuchtigen Pranken, sahen Izrail durchdringend an. Sie verwehrten ihnen den Weg bis Lorano dem Jungen einen innigen Kuss gab, welcher diesem den Atem raubte. Erst nach diesem Beweis der Zusammengehörigkeit konnten beide passieren. Nun ließ Lorano den rechten Arm locker in Izis Taille ruhen. Nun standen die Beiden im Palast.
Ein Diener kam auf Lorano zu. Er hatte rabenschwarzes Haar und war etwas größer. Mit einer schwungvollen Verbeugung vor Lorano, sah er nun in dessen Gesicht.
„Oh, edler Herrscher Ihr seid zurück von Eurer Mission!“
Noch einmal verneigte sich der Diener leicht. Lorano lächelte ein Wenig darüber, es würden wohl so Personen nicht sehr erfreut über seine Wahl sein. Denn sie hatten sich trotz der Rangunterschiede Hoffnungen gemacht. So übersah er geflissentlich die Eifersucht in den sturmgrauen Augen Shahés.
„Izi! Bitte bleib in meiner Nähe, nicht jeder wird über deine Ankunft begeistert sein.“
„Hm okay! Aber Warum?“
„Weil dir sonst vielleicht noch etwas Schlimmes geschieht!“
Izrail stockte mitten im Laufen, als er die Worte des Dieners realisiert hatte. Mit großen Augen starrte er Lorano an.
„Eh?! Edler Herrscher! Was soll das, spinnt der etwa? Ein König trägt doch eine Krone auf dem Kopf!“
Lorano drehte sich zu Izrail um und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Es stimmt ein König war er nicht, jedoch ein Prinz. Es genügt um ein Reich zu leiten. Er hätte mühelos die Brunnen versiegen lassen. Izi starrte ihm noch immer ins Gesicht, wartend auf eine Antwort.
„Nun ja, äh ich …öh… hab den gleichen Rang wie du…“
Izrail dämmerte was Lorano sagte, nur langsam
„Du bist also im Ernst >Lorano von Amchur<?!“
„Ja, dem ist so und ich brauche dich, deine Hilfe, wirklich sehr!“
„Hast du mich nur deshalb aus der Wüste gebracht?“
„Nein, damals wusste ich nichts über dich, es war Zufall.“
„Dann hast du mich nur geheilt und warst im Palast für ein Jahr, um eine Spielfigur zu haben?“
„Nein Izi, nein ich konnte nicht vergessen und ließ mich nur aus dem Grund fangen.“
„Euch kann man sonst nicht haben, oder?“
„Ja! Wir treffen unsere Entscheidungen frei!“
Sauer sah Izi zu Lorano, im Glauben es sei alles nur ein Spiel gewesen. Er riss sich aus der Umarmung und lief ins Freie. Die großen, gepanzerten Echsen ließen es zu, dass er ihre Nähe suchte.
„Es war nur ein Spiel! Nicht ernst gemeint…ein Witz!“
Izi lehnte an einem der großen Wesen. Während seiner Worte waren Tränen geflossen und nun ruhten auf ihm die Blicke goldenen Augen. Jene Echse mit höchstem Rang nahm sich des Jungen an. Denn nur sie hatte das Recht einem Prinzen alles zu sein, was dieser wollte. Das leise, dunkle Grollen klang fast, wie das Schnurren einer Katze in Izrails Ohren. Beim öffnen seiner Augen zuckte Izi zusammen, denn er sah in zwei goldene Augen. Aber diese hier, vor ihm, waren in goldener Farbe und nicht in rotgoldenem Glanz! Schlagartig war der Junge wieder voll da, ein fremdes und zugleich vertrautes Gesicht! Doch es war nicht Lorano der ihn jetzt küsste. Was machte es schon, dass ihn ein Anderer sanft hielt? Er schlang seine Arme um einen Fremden.
Dieser reagierte indem seine Zunge um Einlass bat, was Izi zuließ. Er fühlte die kalten Hände unter dem Stoff wandern. Zu lange hatte er diesen Wunsch besessen und nun würde ihn ein Fremder wahr machen. Endlich, auch wenn es nicht Lorano war. Er schloss die Augen endgültig und gab sich seiner Illusion hin. War es seine eigene Leidenschaft oder war es Verführung, die sein Handeln leitete? Der Körper drückte sich an seinen und streifte langsam die Kleidung ab. Der Boden unter ihm war sandig und roch nach Moos. Zärtlicher Sanftmut lag im Verhalten sein Gegenüber, als es mit der Zunge begann. Sie standen nicht mehr lange auf ihren Füßen, denn Izis Gegenüber zog ihn auf den sandigen Boden. Mit der Zungenspitze fuhr der Fremde die Konturen von Izrails Gesicht nach. Zeit schien hier keine Macht zu haben, denn alle Dinge geschahen nur langsam. Ohne irgendwelche Bedenken setzte sich Izi in den Schoß des Fremden. Die großen Echsen boten den Zwei einen hervorragenden Sichtschutz. So ließ sich der Junge von den zarten Berührungen leiten. Die Arme hatte er um die Hüfte des Anderen gelegt, der seine Beine leicht spreizte und sich auf den Rücken drehte. Überrascht sah Izi in das fremde Gesicht, doch es gab keine Regung darin zu erkennen. Der Fremde glitt mit den Fingerspitzen der rechten Hand über Izis Wirbelsäule hinab.
Dann drückte er das Becken des Jungen an seinen eigenen Körper und dieser konnte die Erregung jenes Wesens fühlen, begriff atemlos welchen Wunsch es an ihn hatte!
Verlegen war der Blick in goldene, gleißende Augen, welche vor Erwartung funkelten. Der Fremde hob sein Becken leicht an und schlang die Arme um den Körper des Jungen. Verstehen breitete sich in Izrails Kopf aus. Doch solche Dinge hatte er bisher nicht getan, was nun? Er stockte deshalb in seinem Vorhaben. Was wenn er damit Schmerz auslöste? Ratlos blickte er in die goldenen Augen, in denen sowohl Anleitung als auch Antwort stand…
Eine eigenartige Gelassenheit erfasste ihn, als er mit Vorsicht in den Anderen eindrang. Dieser gab Anfangs den Rhythmus vor, bis der Junge einen eigenen fand. Sie sahen sich in die so verschiedenen Augen, als der Junge seine Erlösung fand. Doch nun griff der Fremde nach der rechten Hand Izis. Dieser verstand den Grund gut, denn ihm war dies Problem vom Morgen her vertraut. Kalt, das war der erste Eindruck, als er das Glied berührte. Schnell fasste er sich wieder und tanzte mit den Fingern auf und ab. Er umschloss das Glied, des Fremden noch einmal und begann es zu reizen mit den Bewegungen seiner Hand. Nach einiger Zeit spannte sich der Körper unter ihm an und mit einem dumpfen Grollen kam der Fremde. Izrail ließ die klare Flüssigkeit in den Sand tropfen und krabbelte endgültig vom Körper des Fremden. Große Müdigkeit überkam ihn plötzlich! Schlafend ruhte er in den Armen des Fremden!
Unruhe kam zwischen den Echsen auf, denn Lorano war endlich auf die richtige Idee gekommen. Er stand also vor jenem Wesen, in der Hoffnung dass der Junge hier war. In ihrer eigenen Sprache, richtete er die Worte an das ranghöchste Tier.
„Ich suche den Jungen mit den hellen glänzenden Haaren. Wisst ihr wo er sich aufhält?“
„Ja Prinz Lorano! Er ist hier und schläft sehr tief!“
„Dann lasst mich zu ihm, ich suchte ihn überall!“
„Im Moment geht es nicht, ihn aus dem Schlaf zu reißen. Wer sagt Euch denn, dass er Eurer Forderung nachkommt? Er ist doch ebenfalls ein Prinz, eines anderen Reiches. Ihr könnt ihm keine Befehle geben Lorano!“
„Ich weiß von meinem Fehler, den ich gemacht habe. Aber ich muss es ihm erklären woher der Grund kommt zu handeln!“
„Lorano, wenn er erwacht aus seinen Träumen, so stellt ihm Eure Bitte. Wisst ihr ich habe noch nie ein menschliches Wesen bei mir gehabt. Obwohl es genügend Zeit und Gelegenheit gab. Es war sehr schön, ihm das Wissen über den Augenblick zu schenken! Wenn der Junge es will, kann er in unseren Kreis leben. Er war sehr bedrückt wegen Euch, Prinz Lorano! Auch wenn zum Teil unser Blut in Euren Adern fließt…“
„Was? Aber das ist unmöglich, ihr seid Drachen, viel zu groß um die Nähe so zu mit uns zu finden!“
„Ihr wisst es also wirklich nicht?“
„Was soll ich nicht wissen? Was?“
„Eure Mutter litt unter dem kalten Herzen eures Vaters sehr. Oft hörten wir hier Weinen bis zu uns! Dann eines Tages kam sie und ihre Schönheit überstrahlte den Glanz unserer Schuppen. Die Trauer in ihren Augen glich der des Jungen. Für sie gab es im Palast keine Hilfe, keinen Trost ihrer Einsamkeit.“
„Was hat diese Sache mit mir zu tun?“
Fragte Lorano völlig irritiert und blickte in goldene Augen.
So löste der Drache seine Form einer großen Echse auf und vor Lorano stand ein Junge in seinem Alter.
„Ich bin dein Halbbruder, weil unser Vater einst mit einem Sandkind geschlafen hat. Du trägst unser Blut in dir, deshalb verstehst du unsere Worte mühelos.“
Der Drachen sah ihm sehr ernst ins Gesicht. Doch Lorano fehlten zum ersten Mal vollkommen die Worte.
„Glaubst du mir etwa nicht?“
„Doch irgendwie schon, meine Mutter lächelte nur, wenn sie mich ansah. Sonst jedoch war ihr Gesicht versteinert. Sie hatte rote Augen und schneeweißes, langes Haar. Ihre Haut war fast etwas durchsichtig und ihre Schönheit erschien mir unwirklich.“
„Die Augen in Gold, die Haare kurz und dunkelrot, so war unser Vater in eurer Gestalt!“
„Oh!“
„Wir besitzen eine Schwäche für glitzerndes Goldhaar oder Goldstaub. Es übt eine unwiderstehliche Anziehung auf uns aus! Diesen naiven Jungen hättest du sonst kaum gesucht!“
Izrail erwachte, da um ihn herum leichter Tumult war. Er hörte seltsam aufgebrachte Töne von den Echsen. Er merkte vom Disput genügend, auch wenn er keinen Ton verstehen konnte. Doch was er sah, verschlug ihm die Sprache. Offenbar besaß Lorano das gleiche Geheimnis wie er selbst. Er lief unsicher auf die zwei Gestalten zu. Als würden sie einen Streit haben, doch ihm blieb der Sinn verborgen. Ruckartig wandten die Beiden das Gesicht zu ihm. Erschrocken wirkte ihre Mimik. Lorano hub an zu Erklärungen, es rief Izis Empörung hervor. Er wich zurück, bis sich das Sandkind auf den Boden setzte. Nun erst drehte sich Izrail wieder um. Fragend war der Blick, abwartend die Körperhaltung. Kein Ton war zu hören, da Lorano endlich nach einer Stunde Izis Gehör fand.
„Ich sah in dir nie eine Spielfigur. Als ich dann erkannte dass wir den gleichen Rang besitzen, wollte ich dich um Hilfe bitten. Unsere Reiche sind durch einen heftigen Krieg vor langer Zeit stark zerbrochen. So leidet deins an großer Armut und Wassermangel. Meines hingegen, kennt den Himmel und die Sonne nur aus Erzählungen, derer die das Wagnis eingehen zu tanzen. Weil wir dann auf dem Kamm der Düne stehen. So fand ich damals den Weg zu eurem Volk. Sie erkannten uns nicht, die Bitte zu Beendigung eines alten Problems. Das mit dir Izrail war im Ernst reiner Zufall, ich hatte mitten im Tanz keinerlei Ideen. Wollte dich einfach zum Palast bringen, du wärest unter der heißen Sonne sonst verdurstet am nächsten Tag! Du wärst gestorben an dieser Krankheit, also rief mich deine Schwester zu dir!“
Izrail kniete sich auf die ebene Fläche vor Lorano.
„Ist dem so? Dass ich etwas mehr als eine Spielfigur bin? Du bist auch ein Prinz? Die >Verlobung<, war sie etwa dein Ernst? In meinem Volk sind solche Dinge verboten!“
Lorano wischte sich vor Anspannung, mit dem Handrücken über die Stirn. Was sollte er noch sagen, wo es der Wahrheit entsprach? Er wartete erst einige Zeit ab, bevor er mit Bedacht sprach.
„Ja, du bist weit mehr als eine Figur weil ich auch ein Prinz bin. Mein Angebot war kein Spaß von mir!“
Etwas zerknirscht drehte Lorano den Kopf weg. Mit leichtem Zögern fuhr Izi durch die dunklen, glänzenden Haare.
„Kannst u mir deinen Vorschlag auch beweisen?“
Lauernd sah Izi in das Gesicht des Prinzen.
„Womit sollte ich es denn tun?“
„Das ist deine Sache, lass mich nie wieder solchen Schmerz fühlen!“
Im Garten des Palastes war ein frohes Fest arrangiert. Selbst jene großen Echsen waren erschienen.
Die große unterirdische Ansammlung von Höhlen bot genügend Platz, für überraschende Gäste, falls der Palast mit Betten und Zimmern nicht reichte. Fünfzig Meter hoch war der unterirdische Bau in den Stein geschlagen. Ein großes Feuer brannte im Zentrum der Gäste und es gab von allen Speisen eine reiche Zahl. Verschiedene alkoholische Getränke standen zum Probieren bereit. Izrail brauchte sich nicht vor Langeweile fürchten, da ständig andere Personen mit ihm sprechen wollten. Lorano fand ihn umgeben von unterschiedlichsten Leuten. Ungefährlich war es nicht für Izi, weil er, mit seiner naiven Art, ganz oben auf der Liste stand. Bemerkte er denn nicht wie viele Blicke ihm galten? Sah er nicht dass er mit den Augen bereits verschlungen wurde? Aller Augen ruhten auf dem fremden Jungen, welchen Lorano auf das Fest gebracht hatte. Für Izrail waren die Anderen einfach bloß nett. Plötzlich trat Lorano vor Izi auf die Knie, in der Hand hielt er eine steinerne Blume. Die Augen halb nieder geschlagen, stand er wieder auf mit einem blauweißen Veilchenkelch. Raunend sah die Menge dem Geschehen zu. Nun würde ihr Prinz die alles entscheidende Frage stellen, die den eh vorhandenen Frieden gewährleistete. Lorano sehnte sich nach endgültiger Gewissheit, auch wenn ihm Izrail schon mal eine gute Antwort gab.
„Aber Lorano, klar doch immer, hatten wir die Sache nicht schon mal dran?“
„Ja, meine Familie wollte deine Worte eben selbst hören!“
Lorano kniete sich wieder auf die Erde und warf ein Samenkorn zu Boden. Er stand kerzengrade vor Izrail. Nun erhob er seine Stimme zu seltenen Worten.
„Ich, Prinz Lorano, beschwöre den Geist des Wassers, Kraft meiner Seele hierher zu mir zu kommen! Auf das die Erde zu meinen Füßen kostbares Nass trinke!“
Erst passierte nichts Großartiges weiter, doch dann umspülte aus dem Nichts klares Wasser die Füße. Schnell versickerte es zwischen den Steinen. Nun zog Lorano den Jungen zu sich herunter, damit Izi ebenfalls kniete. Von sich aus begann der Junge plötzlich jene sonderbaren Worte zu sprechen.
„Ich, Izrail, bitte die Glut der Erde, dem Korn, Kraft meines Herzens, Licht zu schenken. Auf das er gedeihe und mir reife, süße Früchte bringe!“
Kurz leuchtete der feuchte Boden auf, bevor ein starker Keim durchbrach. Sehr rasch entwickelte sich ein Baum mit kräftigem Stamm. Bald konnten Izrail und Lorano wilde Pflaumen ernten. Ihre Süße übertraf viele Speisen. Köstliche und aromatische Düfte erfüllten die Feier. Ihr Ritual war eine Probe an den Jungen und ein voller Erfolg gewesen! Loranos letzte offizielle Amtshandlung war gelungen, nun spielt man zum Tanz eine flotte Melodie.
Begeistert nahm Izi die Einladungen an, auch wenn er die Reihenfolge nicht immer einhielt. Allgemeine Heiterkeit herrschte am ganzen Abend. Die Drinks waren alle frei und Izrail wurde so mancher gebracht. Der Alkohol in seinem blut begann langsam seine Wirkung. Fast wäre der leicht angeheiterte Junge mit seinem Gegenüber kollidiert. Es wurde Zeit für Lorano bei Izi für eine Tanzpause zu sorgen, ehe er selbst ein Tänzchen wagen konnte…
Es war die Sicherheit an Loranos Schulter zu lehnen, welche Izi schläfrig machte. Die Anderen sahen voll Neid auf den blonden Jungen! Er hatte ein Ziel erreicht, bei dem ihnen der Erfolg versagt war! Lorano blickte mit kühlem Lächeln, scharf auf die anderen Personen. Keiner sollte je den Versuch wagen, Izrail auch nur ein Haar zu krümmen.
„Hey, Izi es ist Zeit zum aufwachen!“ geflüsterte Worte waren es, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Es dauerte einen Moment ehe sich Izrail wieder orientieren konnte. Ein Rhythmus der ihn mitriss, klang in lauten Tönen über die Fläche. So schnappte er Loranos ausgestreckte Hand und ließ sich auf seine Füße ziehen. Ihm war klar, dass er mit Lorano noch nicht hatte tanzen können. Anscheinend sah Lorano diese Sache nicht so eng. In seinem Volk war es für Izrail nicht denkbar, dass ein Junge nicht nur mit einem Mädchen tanzte. Hier unter diesen Personen, die Lorano seine Familie nannte, gab es keine so strenge Regel. Er fühlte sich in diesem Kreis frei und sicher. Derart in seinem Handeln bestärkt, tanzte er einen rasanten Tanz und Lorano zeigte ihm nebenbei Kniffe und Tricks. Klar hatten in seiner Kindheit auch Walzer und so weiter auf dem Unterrichtsplan gestanden, aber nicht solche Rhythmen.
Mit einer geübten Drehung wirbelte sich Izi über die Fläche, blieb stehen und erwartete Loranos Reaktion. Lorano kam mit kleinen Schritten auf ihn zu, in der Hand hielt er eine weiße Lilie. Er knotete sie mit einem blauen Band in Izis Haare. Denn bei seinem Volk galt die Farbe weiß als etwas Reines. Blau hieß bei ihnen die Treue oder Klarheit. Ein Raunen und Murmeln erhob sich, wurde laut, bis Lorano ein zischendes Geräusch von sich gab.
„Dich brauche ich, wie die Wüste das Wasser! Wirst du dein Versprechen an mich halten?“
Tiefernst waren jene Worte gemeint, nun musste Izrail Farbe bekennen…
Alle erwarteten mit Spannung Izis wichtige Antwort. Izrail flüsterte jedoch erst eine Frage zu Lorano.
„Du das war jetzt ein echter Antrag von dir, oder?!“
„Ja Izi, so ist es! Aber zwingen werde ich dich nicht!“
„Na dann kannst du sicher sein, ich halte das Versprechen!“
Es war plötzlich sehr still auf dem Fest, weil alle Anwesenden die Antwort hörten. Gebannt schauten sie nun zu Lorano, dem die Worte fehlten. Izrail sah die große Erleichterung in der Mimik des Wüstengeschöpfs. Es war ein schwaches Lächeln während sich auf den Wangen eine leichte Röte bildete. Verlegenheit machte sich breit, gepaart mit Erstaunen im Blick. Ihr edler Herrscher hatte bisher nie solche Reaktionen gezeigt. Stets war sein Gesicht zwar freundlich, jedoch ohne deutliche Emotionen zu zeigen. Und nun das! Alles schwieg beharrlich zu diesem Verhalten, denn keine Person wollte die Reaktion des Jungen verpassen. Izrail lächelte zu Lorano und der kam auf ihn zu. Es war einfach eine Umarmung mit jener Geste löschte Izi sämtliche Zweifel aus. Jetzt erst wurde ihm die Tragweite seines egoistischen Wunsches klar. Zum Bedauern fehlte ihm jedoch, Loranos Protest beziehungsweise sein Missfallen. Im Gegenteil, das Wüstengeschöpf wirbelte ihn begeistert um die eigene Achse. Der Kuss war hier vor all den Anderen wohl eher zögerlich und nur recht kurz. Beide öffneten ihre Augen unwillig und blickten in die Gesichter der anwesenden Gäste. Mit herzhaftem Gähnen machte der Junge seine plötzliche Müdigkeit deutlich.
„Wie lange willst du das Fest noch geschehen lassen? Und was wird hier eigentlich gefeiert? Lorano war meine Antwort sehr wichtig für dich vorhin?“ genuschelte Worte von Prinz Izrail, die Lorano mehr erahnte, als das er sie verstand. Die Schritte fielen dem Jungen zunehmend schwerer. Der Alkohol im Blut vernebelte seinen Kopf sehr stark. Völlig ungewohnt war so ein Gefühl im Körper. Er war bisher nie auf Hilfe beim Laufen angewiesen! Mit leiser Stimme gab Lorano Antwort auf die Fragen.
„Ich ziehe mich jetzt von der Feier zurück, sie werden sicher bis in den Morgen feiern. Die Antwort war äußerst bedeutungsvoll, weil ich den alten Streit mit seinen Folgen aufheben will. Das Fest, Izi, war für deine Ankunft, außerdem weil ich von der Verlobung erzählte.“
Den Rest von Loranos Worten bekam Izi nur am Rand mit.
Am nächsten Tag wurde Izi mit erfrischtem Gefühl munter. Er lag mit Lorano im selben Bett, wie das eine Mal in seinem Gemach. Das Wüstengeschöpf sah im Schlaf sehr zufrieden aus. So ganz wollte Izi der Grund dafür nicht in den Sinn kommen. Nun regte sich Lorano und löste seine Arme von dem anderen Körper. Verträumt glitt sein Blick durch die Räume seiner Kindheit und Jugend, seiner ersten Erfahrungen in einigen Punkten. So hatte ihn Shahé auf einen Augenblick zum Anderem sehr fasziniert. Dass ihm sein Kammerdiener ähnliches entgegen brachte, hatte ein Zufall erkennen lassen…
Die leidenschaftliche Nacht mit ihrem Zauber würde er nie vergessen! Aber es war für Lorano niemals mehr als eine Erkenntnis. Tiefergehende Gefühle hatte er Shahé nicht entgegen gebracht. Seine Mutter war immer mit traurigem Gesicht fort gegangen, zum Spazieren, und dann hatte sie ein verzücktes Lächeln auf den Lippen. Das weckte seine Neugierde und er schlich sich mit siebzehn Jahren mal hinterher. Sie ging direkt zu den großen, weißen Echsen. Der Kreis der Tiere ließ sie in die Mitte treten um sich danach zu schlissen. Keine Ahnung hatte er gehabt, als er die fremden Laute hörte. Beim anderen Mal kam er allein zu den Palastdrachen, die ihn aufmerksamen Blickes musterten. Eines jener Wesen trat vor ihn und ließ seine Zunge blitzschnell über Loranos Körper tanzen. Doch mehr Dinge geschahen nicht…
Nach einem reichhaltigen Frühstück waren die Zwei aufgebrochen, um Izrails Eltern nicht in Sorge zu versetzen. Denn ihre Reise dauerte mit Hinweg, Feier und Rückweg ungefähr 2-3 Wochen. Lorano kannte eine andere Wegstrecke zurück, so waren sie schneller am Palast. Als Izi Lorano aber mit in den Hof nehmen wollte, blieb dieser an den eisernen Toren stehen. Er zog Izis Kopf zu einem innigen Kuss heran um seine Vermutung zu beweisen. Das Raunen und Flüstern der Wachen und Diener bestätigten Izrails Worte. Es war also in diesem Volk tatsächlich, wie ihm der Junge gesagt hatte. Es war verboten! Eine dritte Person eilte hinzu und wollte die beiden Jungen trennen. So reagierte das Wüstengeschöpf blitzartig, feiner Staub rieselte zwischen den Fingern durch. Mehr als dies war vom Körper Loranos nicht mehr da. Kein Hinweis kündete von jenem Wesen…
Izrail hörte im Rascheln der Blätter Loranos kurze Worte. Der Wind strich dabei kaum fühlbar über seine Haut.
„Wenn euer großer Ball beginnt, siehst du mich erneut…“
Von der Strategie hinter Loranos Handeln, ahnte nur Carella etwas, als ihr Bruder Izrail den Aufenthalt in Amchur erzählte. Auch wenn damit ein Verbot gebrochen wurde, wusste Cara allmählich das eigentliche Ziel. Wenn sie der Sache die weiteren Hindernisse ausräumte, konnte ihr Volk auf Zukunft hoffen. Noch immer fragte sie sich, welches Geheimnis ihr Bruder besaß. Wie war es geschehen das Izi, die Sprache von Lorano konnte? Wann hatte er das gelernt? Doch nun hoffte sie der Aufruhr am Hof, wegen des pikanten Erlebnisses, würde wegen des Balls vergessen.
Bald schon würden sich der Adel, das Bürgertum und alle heiratsfähigen Frauen einfinden. Dann war das Jahr vorbei, in dem der Prinz seine Braut nicht gefunden hatte. Doch es ging ja gar nicht in diesem Fall, weil Izi keine Braut wählen wollte. Wie sollte Lorano seine Worte halten? Im Wirbel der Vorbereitungen, vergaßen die Menschen alles Andere sonst.
Es war eine rauschende Festlichkeit und der Prinz tanzte mit den Damen. Den ganzen Abend glitt der suchende Blick Izis über die fremden Gesichter. Ein trauriges Lächeln zierte seine Lippen. Die Schönheit der jungen Frauen hätte ihn sonst erschrocken. Viele der edlen Herren fanden durch Izrails Desinteresse ihr Glück. Mit allen Frauen war es ihm nicht möglich zu tanzen. So verging sein erster von drei Tagen ohne leisesten Erfolg. Betrübt ging er in den nächtlichen Garten, wieder wisperte der Wind jene Worte, die wie ein Versprechen klangen. Verheißungsvoll waren die Worte, welche die Luft zu ihm trug. Mit Sehnsucht sah er zu den Sternen. Morgen war der zweite von drei Balltagen und der Junge verlor seine Hoffnung noch nicht ganz. Am nächsten Morgen erwachte er geändert auf. Sein Wunsch nach der Nähe von Lorano, war auch in der Nacht unerfüllt geblieben…
Der Abend war nur Hälfte schon vorbei. Nun da es die letzte Ballnacht war, gab es wohl doch nur die Möglichkeit eine der anwesenden Damen zu wählen. Unerwartet erhob sich ein Murmeln zwischen den Gästen. Selbst das Orchester stockte, als Lorano vorüber schritt. Keiner der Anwesenden hätte die Lüge im Aussehen von Lorano erkannt. Seine Schwester hatte ihm die Kostümierung genau erklärt. So war ein taktisch und optisch treffendes Kleid erfunden, die fehlende Oberweite eines männlichen Körpers ersetzt worden. Für wenige Stunden war es Sandkindern möglich, das Geschlecht zu wechseln. Deshalb war es ein weiblicher Lorano auf dem Fest. Das Kleid, der Schmuck und der Schleier, ab Nasenspitze waren in Azurblauer Farbe gehalten. Die dunklen, roten Haare waren wie eine Schlange um die Schultern, des rückenfreien Kleides frisiert. Tief ausgeschnitten war es zwar nicht, doch zeigte das Decolté den Brustansatz. Der Schleier verbarg das amüsierte Grinsen vollständig. Die funkelnden Edelsteine zeugten von großem Reichtum und die Farbe Blau von ebenso großer Macht. Graziös waren die einzelnen Bewegungen, beim Tanzen und so war die „Prinzessin von Amchur“ eine sehr gefragte Person. Denn die vorhandene Anmut war für viele junge Herren ein Grund mit Lorano eine Runde zu tanzen.
Lange brauchte es, ehe sich Izrail der bisher unbekannten Person gewahr wurde. Das Gesicht war bis auf die Stirn und die Augen weitgehend verborgen. Izi war auch völlig abgelenkt beim Tanzen, mit den jungen Frauen. Endlich machte das Orchester für eine Weile, die dringend nötige Pause. Das Buffet war ein eher zufälliger Treffpunkt für Izrail und Lorano beim Nachholen.
Erstarrt blickten rotgoldene Augen in blaue. Izrail hätte fast seinen Teller fallen lassen, doch Lorano reagierte schnell genug. Izrail wurde wirklich rot! Es war ein fremdes Bild, ungewohnt, Lorano als Frau zu erleben. Denn nun war der stolze, unzähmbar wirkende Wüstengeist ein halben Kopf kleiner.
Erneut begann das Orchester zum letzten Tanz zu spielen. Im Stillen seufzte Lorano bedauernd. Nur ein Tanz, warum hatte er denn dann mit fast allen Herren des Festes tanzen sollen? Seine Schwester Celest hatte ihm diese Sache geraten. Die leichte, beinahe schwerelose Melodie war sehr schnell. Hoffentlich würde sich Izi ein weinig an das Fest in Amchur entsinnen. Hier lag es jedoch anscheinend bei der Frau zu beginnen. Was nun? In Ermangeln an Klangwerkzeuge stampfte Lorano leicht auf das Parkett. Mit todernstem Gesicht schnippte er mit der rechten und linken Hand, bevor er sich Izi mit verzweifelter Miene griff und diesen einmal um die eigene Achse drehte.
„Sag, ist es richtig so? Ich hab eure Tänze im Schnellkurs von meiner Schwester gelernt. Jetzt weiß ich nicht weiter! Bitte, mach irgendwas!“
Atemlose Stille herrschte im Saal, als ihr Prinz die unbekannte Dame von Amchur küsste…
Jetzt erhob der König das Wort an die Anwesenden.
„Mein Sohn, der Prinz von Grinsteyn, hat sich soeben, nach langer Suche, seine Braut erwählt. Ich danke Euch die Ihr Zeuge seiner Wahl seid, herzlich für Eure Anwesenheit. Morgen bei Sonnenaufgang wird die Hochzeit sein!“
Izrail und Lorano brachen in ein befreites Lachen aus. Noch einmal begann ihr Spiel von Neuen. Ganz zu Beginn riss sich Lorano den Schleier vom Gesicht. Das Orchester spielte keinen Ton, trotzdem hörten alle Gäste den klaren Rhythmus. Bewegungen die sicher waren. Gesten voller ungestillter Sehnsucht und Hoffnungen verwoben sie zu einem knisternden Tanz. Körpersprache und Mienenspiel offenbarte en Zuschauern, eine prickelnde Handlung voller Dramatik und Aggressivität. Mit einer leichten Berührung ihrer Lippen beendeten sie den fast schon intimen Tanz.
Dies kam ohne eine Ankündigung von den Beiden. So herrschte eine absolute Stille in dem großen Saal. Nach Atem ringend, sahen sich die Zwei an und lächelten zufrieden. Gelassen und entspannt waren ihre Gesichter, strahlten sie ja vor Wiedersehensfreude. Staunend und totenstill sahen die Gäste der fremden Frau, die Lorano im Moment war, zu wie sie Izrail durch die Haare fuhr. Und dieser hatte dafür ein glucksendes Lachen parat. Das würde die Letzte Nacht seines Lebens sein, in der er von Lorano getrennt sein würde…
Lorano fieberte dem Augenblick ungeduldig entgegen. Dann konnte er das Kostüm aufgeben und Izrail war für immer sein! Man hatte ihm ein farbenprächtiges Kleid angezogen. Ein weißer, dichter Schleier verhüllte sein Gesicht. Der in schwarz gekleidete Priester hielt die lange, detailreiche Hochzeitsrede. Als er Lorano nach der Antwort fragte ob er wollte, kam vor Aufregung nur ein klares Nicken. Na logisch wollte Lorano, es waren lang ersehnte Worte gewesen.
Die Menge vor der Kirche jubelte ihnen sehr ausgelassen zu. Ein schönes Gefühl war es, als sich die Erkenntnis im Kopf festsetzte. Ausgelassen wurde die Hochzeit gefeiert, dazu lud auch eine große Tanzfläche ein. Reichhaltige Speisen und Getränke gab es für jeden im Übermaß. Den ganzen Tag währte das rauschende Fest. Grenzenlose Heiterkeit gab es auch. Das Fest nach der Trauung ging zur Dämmerung und keine Möglichkeit auf Privatsphäre der Zwei gab es. Allmählich schmolz Loranos Geduld, wie Eis in der Sonne. Izrail meinte mit leicht angespannten Gesichtsausdruck: „Keine Sorge, so lange wie euer Fest, ist dieses nicht! Nachher können sie allein feiern…“
Lorano wirkte sehr erleichtert.
„Wirklich Izi?“
„Ja wirklich. Nachher können wir einfach ins Gemach gehen.“
„Dachte schon das Fest geht die Nacht durch!“
„Die Hochzeitssuite?!“
„Was denn, hast du geglaubt wir verbringen diese Zeit anderswo?“
„Nein nicht so ganz, aber normale Gemächer täten es auch!“
Izrail lachte fröhlich und hypnotisierte Lorano damit für mehrere Sekunden.
Der große steinerne Tisch bot jede Sorte Obst, welche die Oase gedeihen ließ, an. Außerdem waren in Schalen die verschiedensten Gewürze vertreten. Milch, Honig und Quark gab es ebenfalls in genügender Menge. Die Idee jene Sachen nicht zu essen, sondern auf die Haut zu schmieren, kam den Beiden gleichzeitig. Bevor der Spaß begann, fuhr sich Lorano durch die Haare und streifte das Kleid ab. Sofort nahm sein Körper das eigentlich männliche Äußere an. Izrail staunte, bis ihm Lorano den Zauber des Kleides erläuterte. Was es nicht alles gab, als Frau wirkte Lorano völlig anders! Izrail hatte ihn kaum erkannt.
Nun da Izi Honig, Quark, bunte Gewürze und Obstspritzer auf dem Körper klebten, war es Zeit sich zu waschen. Lorano war auch vollkommen mit Pulver bestäubt. Honig war eine sehr gute Grundlage für jede Art Staub und Krümel. Langsam wurde es jedoch unangenehm Kleister auf der Haut zu ertragen. Vom Obst hatten sie das Meiste gegessen, oder zum Spielen genutzt. So erfuhr Izrail, dass eine halbe Grapefruit Körbchengröße „C“ entspricht, eine Orange etwa Größe „B“ war und eine Mandarine eindeutig nur Größe „A“ sein konnte. Die ganze Nacht hatten jene absolut harmlosen Spielereien gebraucht. Der kalte Morgen schreckte beide nicht von einem Bad ab. Ob so wirklich die ach so berühmte erste Nacht ablief? Oder weshalb hatte Lorano eine so fremdartige Idee? Was wollte er für Dinge erreichen, hiermit? Lorano beobachtete Izrail mit einem verstohlenen Lächeln. Ob es wohl noch viel Zeit brauchte, eh die Wirkung der im Wasser schwimmenden Substanzen eintrat. Zimt, das die innere Temperatur erhöht, den Kreislauf anregt. Chili, das den Schmerz betäubt. Thymian, der den Atem erleichtert. Kardamom, welcher die Stimmung hebt. Quark, der die Haut weich macht. Honig, der Verletzungen schneller heilen lässt. Obstsaft für den Duft des Wassers mitentscheidend. Das ehemals kalte Wasser hatte Izrail mit einem Wärmezauber angenehm temperiert.
„Du und ich sind teilweise von der gleichen Art. Es ist der Grund der Anziehung zwischen uns.“ Die Klarheit in Loranos Worten erstaunte Izi sehr, weil dieser die Wahrheit erkannt hatte. So viele Fragen ergaben nun endlich einen Sinn. Izrail begriff die Tragweite der Entscheidung. Nur scheinbar zufällig waren die letzten Jahre verlaufen. Doch ihm lag jegliche Wut fern.
Der Kuss, die Vorsicht in jeder Berührung machten alle Angst nichtig. Die Leichtigkeit im Wasser kühlte seine Emotionen etwas. Er stand an den anderen Körper gelehnt und schloss genießend die Augen. Lorano saugte an der zarten Haut in Izrails Halsbeuge. Suchend fuhr der Junge über den flachen Bauch. Mit dem Zeigefinger zog er kleine Kreise und ein Keuchen entrang sich Lorano. Um Izi von seinem Vorhaben abzubringen, zog Lorano dessen Körper an sich. Es konnte durchaus Gefahr bedeuten, ein Sandkind zu sehr zu reizen. Sollte Lorano seine Beherrschung verlieren, würde es für den Jungen keinesfalls angenehm sein. So dirigierte er Izi zu den Stufen des Wasserbeckens. Er zog en Jungen auf seinen Schoß und flüsterte rau in dessen Ohren.
„Weißt du eigentlich, welche Dinge du tust?“
„Klar, du hast es doch von mir so gewollt!“ Izrails Ton drückte leisen Zorn aus.
„Nun gut, dein Wille soll geschehen!“
Funkensprühende Augen in Gold und Blau.
Izi begann erneut sein Spiel, ließ seine Hände fahrig über die Schulterblätter und Rippenbögen streifen. Mit dunklem Grollen senkte er seine Lippen auf die kühle Haut. Die Zungenspitze glitt, einer zarten Liebkosung gleich, über eine Brustwarze bis diese hart war. Die leicht zugespitzten Zähne, reizten die empfindliche Haut dabei schwach. Izrail bog den Rücken zum Hohlkreuz, drängte sich den Lippen entgegen. Die Arme locker um die Hüfte von Lorano gelegt zog er diesen mit einem Ruck auf die Stufen des Wasserbeckens. Loranos Körper unter seinem zu spü ren war prickelnd. Fordernd war der Blick aus rotgoldenen Augen. Die Beine leicht auseinander sah er abwartend in Izis Gesicht.
„Mach dein Angebot war! Tu es jetzt!“
„Soll ich wirklich?“
„Fang an, wenn ich nach deinen Regeln spielen soll!“
„Aber gern!“
Izrails Lippen formten sich zu einem diabolischen Grinsen. Die Finger streiften provokant langsam über Loranos Glied und Hoden. Sterne waren das Einzige, das Lorano sah, als sie sich um seine Erregung schlossen. Hauchzart tanzten die Fingerspitzen der anderen Hand über den Bauch. Ein weiteres Grollen kam aus Loranos Kehle, weil Izi eine intensive Massage begann. Als er kam zuckte sein Körper und das milchige Sekret spritzte ins klare Wasser.
Izrail grub seine Zähne in Lorano. Er zog das matte Wüstengeschöpf an sich. Vergrub seine Finger im nassen Haar von Lorano. Erschöpft blickte er in die halbgeschlossenen Augen. Es war schön gewesen mit Lorano zu schlafen. Doch die Situation war auch völlig anders, als mit dem Drachen in Amchur.
„Ich will einfach, dass du nie wieder ohne mich fort gehst. Das ist das Einzige, was ich fordere!“
Lächelnd nickte Lorano, ehe er in Izrails Armen einschlief. Es gab keinerlei Gründe zu gehen.
Niemals mehr…
Tag der Veröffentlichung: 01.02.2013
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