Prolog
Die Strahlen der Morgensonne haschten durch die Laubbäume und brachten das Wasser im Bach zum funkeln. Das giftgrüne Gras wankte im Wind, wie Tänzer die eins mit der Musik wurden. Eine Brise frischer Luft wirbelte Blätter auf und ließ sie sanft wieder zu Boden gleiten.
Eine perfekte kleine Märchenwelt. Die Bäume ragten bis in den Himmel, so schien es. Moos wuchs auf den dicken Wurzeln der mächtigen Esche, deren Äste das Wasser eines türkis-blauen Sees streiften. Büsche und Blumen sah man hier reichlich, alle samt exotisches, wie am Amazonas.
Im Mitten des Grases lag ein Mädchen. Ihr schulterlanges, schwarzes Haar war glamourös verflechtet und mit Blüten geschmückt. Ihre blasse Haut war rein und hatte einen perlenartigen Schimmer. Ihre asiatischen Gesichtszüge, ihre braun grünen Augen und ihre spitzen Ohren, all dies passte perfekt ins Bild. In diese wunderschöne vollkommene Welt.
Sie trug ein weißes Kleid, dass ihr zu den Knien ging. Es war um den Brustkorb gebunden und trägerlos. Mit goldenen Akzenten wurden kunstvolle Verschnörkelungen drauf genäht. Es glitzerte im Licht. Auf ihrem Arm schlängelte sich ein Tattoo, dass einem Rosenast ähnelte. Es schimmerte in allen Farben des Regenbogens.
Als die warmen Strahlen ihren Körper errichten blinzelte sie kurz und richtete sich auf. Mit ihren zierlichen Händen rieb sie sich die Augen, die sich erst an das Licht gewöhnen mussten.
Sie stütze sich auf dem weichen Boden ab und stand nun aufrecht, mit nacktem Fuß auf dem feuchten Rasen.
Ihre Zehen gruben sich in die fruchtbare Erde. Sie erstaunt, als wüsste sie nicht, wo sie war. Ein bunter Schmetterling flog in ihre Richtung. Langsam streckte sie ihren rechten Arm nach ihm aus.
Mit seinen großen prachtvollen Flügeln landete er auf ihren Zeigefinger.
Seine Flügel waren weiß, doch sie hatten die gleiche Verzierung wie ihr Arm.
Sie lächelte. Schloss die Augen und vergaß, wo sie war und wo sie eigentlich seinen müsste.
Kapitel 1: Träume die dich packen.
Die kleine Kara Mischu saß im Klassenzimmer. Ganz oben rechts. Ihre schwarze Mähne zu einem Pferdeschwanz gebunden, doch ein paar Haare flogen ihr trotzdem durchs Gesicht. Auf ihrer Nase befand sich eine Lesebrille, mit schwarzem Rand. Sie trug sie, seid sie zehn Jahre alt war.
Ihre kleinen Hände verschwanden in den viel zulangen Ärmeln ihren Kapuzenjacke, auch die viel zu große Kapuze hatte sie sich über ihren Kopf gezogen. Sonst trug sie noch eine enge Jenas und Tennisschuhe in pink.
Durch ihrem Kopf schwirrten jene Gedanken über ihren Traum. So eine Art von Traum hatte sie schon öfters bekommen. Doch sie hatte sich zuvor keine Gedanken darüber gemacht. Früher kamen sich in Abständen. Doch jetzt immer öfter. Sie schlief kaum noch richtig. Die Träume raubten ihr jegliche Kraft. Obwohl sie früh um achte schlafen ging, war sie immer hundemüde, wenn sie aufstehen musste. Ihre dicken Augenringe konnte sie schon nicht mehr überschminken.
Ihre Lehrerin lief die Reihen durch, Kara hörte schon ihre klackenden Schuhe auf dem Boden. Sicherlich wurde sie gleich wieder angemeckert. Sie kannte bereits das Theater.
Frau Hino, ihre Japanisch Lehrerin, zog ihr die Kapuze vom Kopf und sagte im strengen Ton: „Kara Mischu! Wie oft soll ich dir noch sagen, dass das Schlafen im Unterricht nicht gestattet ist! Tut mir leid, aber da ist wohl ein Eintrag fällig, um ein Gespräch mit deinen Eltern kommst du wohl dieses mal nicht drum herum.“ Die Klasse kicherte, doch nur kurz, da sie wussten wie streng Frau Hino war. Ihre Lehrerin marschierte zum Pult, setzte sich auf den großen weißen, gepolsterten Schreibtischstuhl und hob ihre überquellende Tasche auf den Tisch. Mit ihren roten langen Fingernägeln versuchte sie den Reißverschluss zu öffnen.
Sie holte das große Buch heraus, wie alles vermerkt wurde. Wer fehlte, die Hausaufgaben vergaß oder die Regeln nicht befolgte- wie Kara.
Die kleine Japanerin schaute von ihrem Heft auf, schaute auf die große Uhr, die über der Tür hing und verdrehte leicht die Augen. Noch zehn Minuten musste sie überstehen.
Sie ging jetzt schon in die neunte Klasse eines Gymnasiums. Hier wurde viel erwartet. Doch Kara machte das nichts aus, sie liebte es zu lernen und etwas zu erreichen. Doch mit den Regeln hatte sie es nicht ganz so am Hut.
Ihre beste Freundin Michiko ging schon in die 11 Klasse. Sie kam ebenfalls aus Japan.
Es schälte, der Unterricht war nach der achten Stunde für Kara vorbei.
Sie saß auf dem großen Schulgelände auf einer Bank. Sie wartete wie jeden Tag auf Michiko, die noch bis zur neunten hatte. Auch wenn sie viel schneller zuhause wäre, trotz allem wartete sie immer noch 45 Minuten auf dem Schulgelände.
Sie saß wie ein kleines Schulmädchen auf der Kante der Bank. Die Tasche stramm auf dem Rücken und die Beine baumelten.
Die Schule war außerhalb der Stadt. Es fuhr nur alle zwei Stunden ein Bus. Um das riesige Grundstück war ein breiter Fluss, dahinter dichter Wald. Manchmal, wenn sie in Gedanken war, meinte sie, dort Wesen zusehen, die tief im Wald leben, in einem Elfenland.
Es raschelte auf der anderen Seite des Flusses. Kara schreckte auf, ihre Augen weiteten sich.
Sie schaute kurz auf ihre Armbanduhr, sie hatte noch eine halbe Stunde, bis Michiko kam.
Vorsichtig legte sie ihre Tasche ab und machte ein paar Schritte auf den Fluss zu. Gespannt versuchte sie etwas auf der anderen Seite zu erkennen. Sie kniff die Augen zusammen, bis sie noch schmaler wurden, als sie eigentlich schon waren.
Etwas blitze im Wald auf. Es sah wie ein Blitz aus, Kara wurde neugierig.
Texte: Bilder des Covers:
- Blumen Bild (c) Zofia-Klukowski
- Mädchen (c) SatsukiHayashi
von:
http://www.deviantart.com/
Tag der Veröffentlichung: 06.09.2010
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