P. Sabrina
MY IRISH
BOYFRIEND
Disclaimer: All publicly recognizable characters, settings, etc. are the property of their respective owners. The original characters and plot are the property of the author of this story. The author is in no way associated with the owners, creators, or producers of any previously copyrighted material. No copyright infringement is intended. For privat use only!
Gewidmet an meine Schwester.
Prolog
24. Februar / Nialls Sicht
"Wir sollten da hier vergessen, was zwischen uns lief, ... lass uns nur Stiefgeschwister sein, aber tu mir den Gefallen und sprich mich nie wieder an. Ich habe echt genug von dir."
"Amara, ich-" sie drehte sich um, ohne auf meine Antwort zu warten. Ich hatte es vermasselt. Ich sah ihr noch nach, wie sie die Treppen hoch ging, um nur wenige Sekunden später aus meiner Sicht zu verschwinden. Ich hatte ihr versprochen sie niemals zu verletzten und doch hatte ich es getan. Ich hatte sie verletzt. Frustriert hockte ich mich auf den Boden und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich hatte diesen Streit doch förmlich provoziert. Es war meine Schuld. Jetzt hasste sie mich und wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Vielleicht war es auch besser so. Ich würde ihr Leben doch nur aus den Fugen bringen. Ja, ich werde versuchen ihr den Gefallen zu erfüllen.
Ich raufte mich wieder auf und atmete einige Male tief durch, bevor ich wieder zurück ging und so tat, als sei alles in Ordnung, als hätte ich nicht alles zerstört. In meinen Augenwinkel sah ich Amara, die fest umschlungen bei Sophie saß und vermutlich weinte. Ich seufzte und machte mich auf den Weg zu der Bar, die am anderen Ende des Raumes war. Eine kleine blonde stand dahinter und mixte gerade einen Cocktail.
"Einen Moment, bitte." sagte sie, während sie die Flüssigkeit in ein Glas füllte und anschließend einen Strohhalm hineinstecke.
"Hey, Kumpel!" hörte ich plötzlich jemanden sagen, als ich eine Hand auf meiner rechten Schulter spürte. Es war Matt.
"Hey." erwiderte ich ihn, als ich mich zu ihm wendete. "Willst auch nen Drink?"
Er schüttelte den Kopf. Sah mich mit einem leicht bösen Gesichtsausdruck an. Was ist dem denn über die Leber gelaufen?
"Sie weint deinetwegen! Du solltest dich entschuldigen, Niall!" forderte er plötzlich, wie aus dem nichts. Seine Augen waren zusammengekniffen und sein Kiefer angespannt.
"Nein, das werde ich garantiert nicht." sagte ich ruhig zu ihm und stieß seine Hand von meiner Schulter, danach sah ich wieder zu der Frau hinter der Bar.
"Wenn sie dir wirklich so viel bedeutet, wie du es mir immer gesagt hast, dann würdest du es tun!" Und wieder war es Matt, der einfach keinen Frieden geben wollte. Seufzend drehte ich mich wieder zu ihm. "Matt, sie hat selbst zu mir gesagt, dass ich sie nie wieder ansprechen soll, daher werde ich es auch nicht tun. Es ist wahrscheinlich besser so. Außerdem warst du zuerst mein Freund. Du solltest zu mir halten."
"Ich bin auch ihr Freund und im Moment halte ich lieber zu ihr, als zu dir. Du benimmst dich nämlich wie ein Arschloch!"
5 Monate später / Gegenwart
"Sehr schöner Text Niall. Diejenige, der du den Song gewidmet hast, darf sich sehr glücklich schätzen." sagte Maren zu mir, als sie sich den Text durchlas, den wir vor wenigen Minuten ein-gesungen hatten.
"Ich weiß nicht, was du damit meinst." erwiderte ich ihr und setzte mich auf einen freien Stuhl am Mischpult des Studios. Maren seufzte lachend. "Männer und ihre Gefühle ..."
Maren kam grinsend auf mich zu und kniff mich in die Wange. "Rede es dir nur ein, Niall."
"Soll ich euch den fertigen Take vorspielen?" unterbrach John uns zum Glück, der bis vor kurzem noch am Computer beschäftigt war. Wir nickten synchron. Marens Stimme war fabelhaft, sie passte wie Faust aufs Auge und ich war froh, dass sie zugesagt hatte, als ich sie schon beinahe per E-Mail angefleht hatte, mit mir den Song aufzunehmen.
Oh, I must be seein' blind
Oh, no I, you're too good to be all mine
Now I'm lookin' in your eyes
Oh, I must be seein' blind
I was young, my heart was always on the run
But you make lovin' fun
I never knew it could be
Hey, I see you from a different point of view
I feel it's too good to be true
I found my missin' piece
Ich wusste, dass ich die richtige Sängerin ausgesucht hatte. "Vielen Dank, dass du den Song mit mir aufgenommen hast." bedankte ich mich zum gefühlt hundertsten Mal bei Maren.
Ich befand mich alleine in meinem Apartment in LA. Hier hatte ich die letzten Monate verbracht und war eigentlich täglich im Studio. Es war eine angenehme Ablenkung vom Alltag, an dem ich versuchte mir nicht meine Handy zu schnappen und die erste Nummer in meinem Telefonbuch zu wählen. Mein Dad war sichtlich enttäuscht, dass ich nicht, wie versprochen, bei ihm zu Hause blieb und meine Songs schrieb, aber es war am besten. Ich wäre weich geworden und hätte mich wahrscheinlich versucht bei Amara zu entschuldigen. Von Kate und ihm hatte ich erfahren, dass auch sie das Haus verlassen hatte. Sie ist erst vor kurzem nach London gezogen, in eine WG mit irgendeinem Typen, dem sie im Internet kennengelernt hatte. Hatte sie noch nie in der Zeitung davon gelesen, wie viele Frauen jährlich durch Fremde, die sie zuvor im Internet kennengelernt hatten, umgebracht wurden?
Zu ihrem Glück, fliege ich schon bald wieder nach London zurück und dort mein Album fertig zu stellen. Ich werde wohl sicherstellen müssen, dass er ihr nicht weh tut. Das würde wohl ein Stiefbruder tun, den seine Stiefschwester etwas bedeutet. Immerhin wollte sie doch, dass wir nur mehr Stiefgeschwister sind. Immerhin konnte das doch nicht so mit uns weiter gehen. Wir sollten doch zumindest in der Lage sein, ein stiefgeschwisterliches Verhältnis hin zu bekommen.
Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. 'Unbekannt' stand in großen Buchstaben am Display meines iPhones. Ich strich über die grüne Taste und drückte mir mein Handy ans Ohr. "Hallo?" fragte ich.
Keine Antwort.
"Hallo, wer ist da?" fragte ich erneut. Wieder keine Antwort. In letzter Zeit bekam ich öfter solche Anrufe. Stirnrunzelnd nahm ich es wieder von meinem Ohr und legte auf. Es war vermutlich einer der Jungs, Louis oder Liam, die sich wieder einen blöden Streich ausgedacht hatten und sich kaputtlachten, dass ich noch immer ran ging.
Kapitel 1
Verpasste Gelegenheiten kommen nicht wieder.
Aber sie lehren uns, Neue wahrzunehmen.
*****
Vermutlich war es das Beste, Niall hinter mir zu lassen. Es hätte sicher eh nie funktioniert. Er ein weltberühmter Sänger und ich ein einfaches Mädchen, das versuchte, sich durch ihr Leben zu kämpfen. Mein Leben war eben keines dieser Märchen.
*****
5 Monate später
Nach der ganzen Sache, die vorgefallen war, fand ich es am besten mich gleich aus dem Staub zu machen. Ich war doch schon alt genug und außerdem war das die perfekte Möglichkeit mich in Ruhe an mein neues zu Hause zu gewöhnen.
Durch das Internet kam ich mit Tobi, meinen neuen Mitbewohner, in Kontakt. Er hatte eine WG mit drei Zimmern und davon waren zwei Zimmer nach dem Ende des letzten Semesters frei geworden. Da die Miete erschwinglich war, er auf dieselbe Uni ging wie ich und ich mich bei unseren Videochat mich prima mit ihm verstand, beschloss ich zu ihm zu ziehen. Durch die kleinen Geldreserven die ich mir in den letzten Jahren von Sommerpraktiken und Babysitten auf die Seite gelegt hatte, hatte ich genügend Geld für den Anfang. Natürlich werde ich nicht drum herum kommen mir hier auch etwas neben der Uni zu suchen.
Zugegeben fiel mir der Abschied von meiner Mum und Bobby doch etwas schwerer, als ich es mir eigentlich immer vorgestellte hatte. Früher dachte ich immer, ich würde mit dem größten Lächeln überhaupt das Haus verlassen und "auf nimmer wiedersehen" rufen, aber eigentlich ging ich mit einen glücklich und einen traurigen Auge aus dem Haus.
Ich nahm nicht viel mit, nur einige meiner Klamotten und eben die wichtigsten Dinge wie Laptop und so Sachen eben. Denn ich wollte von vorne anfangen und Bobby meinte auch, dass es immer mein Zimmer bleiben würde und ich die Sachen ruhig dort lassen konnte, damit ich mich wie zu Hause fühlte, wenn ich sie mal besuchen würde.
Das einzige, das ich mir für mein Zimmer kaufen musste, eigentlich nicht, aber ich wollte, war eine neue Matratze, da sonst alle Möbel vorhanden waren. Die Matratze musste sein, ich wusste doch schließlich nicht wer und wie viele Leute da schon darauf gelegen hatten. Für das musste Geld da sein!
Schon während der Videochats hatte ich bemerkt, dass Tobi anders war. Ich hatte es sofort bemerkt, er musste es mir nicht mal sagen, aber er tat es trotzdem und ich war total okay damit. Ich hatte nichts dagegen eine männliche Freundin zu haben. Er würde aber natürlich nie Sophies Platz als meine beste Freundin ersetzten können, aber ich war doch froh, dass wir uns so gut miteinander verstanden.
"Und du bist dir sicher dein Chef wird mich mögen?" fragte ich Tobi leicht besorgt. "Ja, da bin ich mir sicher. Er ist auch ganz lässig, das wirst du schon sehen." erwiderte er, während er bei der Kaffeemaschine stand und wartete dass seine Tasse endlich voll sein würde. Tobi war so nett mir zu erzählen, dass in den kleinen Kaffee, in den er arbeitete, gerade eine Stellte frei wurde, weil jemand gekündigt hatte und da ich das Geld gut gebrauchen konnte, schlug er mich bei seinem Chef vor, der wiederum wollte, dass ich heute Tobi gleich mal zu seiner Schicht begleite.
Tobi schwärmte mir auch die ganze Zeit von den unglaublichen Torten vor, die Martin, sein Chef, selbst backte und dort verkaufte. Anscheinend durften die Torten ein echter Verkaufsschlager sein.
"Ich hoffe, ich schaffe das, denn ich habe noch nie gekellnert. Ich habe schon oft im Supermarkt über den Sommer gearbeitet und einmal sogar in einem Büro, aber das ... habe ich noch nie gemacht." seufzte ich verunsichert.
Tobi setzte sich zu mir an den Wohnzimmertisch. Die Wohnung war groß mit einer großen offenen Küche, die sich im Wohnzimmer befand, zwei Badezimmern und drei Schlafzimmern. Wir hatten sogar einen kleinen Balkon an dem wir einen kleinen Tisch und zwei Sessel hatten, da Tobi Raucher war stand auch immer ein Aschenbecher draußen, denn er rauchte prinzipiell nicht in der Wohnung.
"Kein Profi ist vom Himmel gefallen, also mach dir keinen Kopf drum. Ich habe ganz am Anfang sogar schon mal einen Gast eine Torte an den Kopf geklatscht..." erzählte er locker und nippte an seinen heißen Kaffee. Ich hingegen sah ich mit großen Augen an. "Du hast was? Dir ist die genau auf den Gast gefallen?"
Tobi zuckte mit den Schultern. "Er hat mich Schwuchtel genannt, da ist sie mir eben aus Versehen vom Tablett gerutscht." setzte er leicht grinsend fort.
"OH.MEIN.GOTT." gab ich erstaunt von mir. Tobi winkte ab, "Der konnte ihm da auch nicht helfen."
So viel Mumm würde ich nie haben. Das würde ich mich nicht mal im Traum trauen! Ich traute mich nicht mal, während der Zeit als ich in einen Supermarkt arbeitete, den älteren Mann zu sagen, dass ich seine schmuddeligen Anmerkungen nicht okay fand, weil ich Angst vor einer Verwahrung hatte, wenn ich etwas zum Kunden sagen würde. Ich versuchte ihm dann immer strikt aus dem Weg zu gehen.
Schon eine kurze Zeit später saßen wir in Tobis Wagen und fuhren zu dem kleinen Café, in dem Tobi arbeitete. Ich hatte mein Auto zurück in Mullingar gelassen, denn ich war davon überzeugt, dass mir der Verkehr in London zu viel sein würde und außerdem gab es hier genügend alternativen wie zum Beispiel die U-Bahn. Und um ehrlich zu sein, hatte ich auch etwas schiss vom Londoner Verkehr.
"Wie wär es? Kannst du gleich anfangen?" fragte mich Martin, nachdem wir ein kurzes Gespräch unter zwei Augen geführt hatten. Tobi hatte absolut recht, er war wirklich absolut locker drauf und hörte mir aufmerksam zu, als ich ihm erzählte, was ich bis jetzt gemacht hatte und ihm erzählte, dass ich in 2 Monaten mit der Uni beginnen würde.
"Ich werde mein Bestes geben!" erwiderte ich freudig und folgte anschließend Martin, der mir eine Schürze gab und einen Spind zuteilte. Wie ich erfuhr, arbeitete hier außer Tobi und Martin noch seine Frau Lydia, deren Tochter Lola und noch Kevin und Lisa, die Beiden sind ebenfalls Studenten. Lydia war hauptsächlich in der Küche beschäftigt, aber wenn natürlich mehr los war, dann half sie auch vorne mit und Lola nur am Wochenende, den sie ging noch zur Schule. Wie ich heraushörte musste sie um die 18 Jahre alt sein.
Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt, als es eigentlich war. Bestellungen aufnehmen, Kaffee machen, abwaschen... Es war alles kein Problem. Nur beim Kassieren rief ich immer Tobi, denn für das war er zu ständig. Zum Glück hatte das Café nur ungefähr zwanzig Tische, denn als alle zur Mittagszeit besetzt waren, hatten wir doch ganz schön Stress, da kam uns auch Martin zur Hilfe. "Hey Martin kann ich kurz eine rauchen gehen?" fragte Tobi unseren Chef. Er nickte. "Ja macht doch beide Mal eine Pause und nehmt euch nen Kaffee. Momentan packe ich das schon alleine."
Danken bedienten wir uns an der Kaffeemaschine und machten uns auf den Weg nach hinten, an der Küche vorbei, in einen kleinen Raum mit einem Tisch und 4 Stühlen.
Ich beobachtete Tobi dabei, wie er genüsslich an seiner Zigarette zog, während ich in meinen Kaffee rührte. Wie kann man nur so süchtig nach Nikotin sein? Als Nichtraucher war das für mich unverständlich. "Endlich!" seufzte er nach dem ersten Zug und raufte sich danach seine dunklen Haaren, die ihm nun zu Berge, standen. Er sah eigentlich total heiß aus! Seine hellgrünen Augen brachten bestimmt viele Mädchen um den Verstand, obwohl er sie sowieso nicht anfassen würde.
"Ich hab doch gesagt du packst das!" grinste Tobi mich breit an, was seine Grübchen zum Vorschein brachte. Auch ich lächelte nickend. "Ja es war eigentlich ganz cool. Ich hatte auch vorhin die Möglichkeit mich mit Lydia zu unterhalten. Sie ist genauso locker drauf wie ihr Mann."
"Ja, das stimmt, die Beiden sind wirklich Klasse. Aber erwarte das bitte nicht von Lola. Bei der weiß ich wirklich nicht was da schiefgelaufen ist, so eine eingebildete Tussi wie die, wirst du noch nie getroffen haben!" unterbrach mich Tobi plötzlich seufzend.
"So schlimm?" hackte ich stirnrunzelnd nach.
"Jap, so schlimm!"
Ich fragte nicht weiter nach, denn ich wollte nicht voreingenommen sein und mir ein eigenes Bild von ihr machen, bevor ich sie sofort abstempelte. Schluckweise leerte ich die Tasse mit Kaffee und blätterte dabei in einer der Tageszeitungen, die am Tisch lagen, während Tobi mit irgendwem telefonierte. Und da sah ich in.
Niall.
"Niall Horan holt sich, für sein Album, Maren Morris in Studio."
Darunter war ein Bild der Beiden, auf dem er seinen Arm um sie gelegt hatte. Dahinter sah man das Studio, in dem die beiden zusammen aufnahmen. Ich hatte es bereits auf seinem Instagram Account gesehen, als er es gepostet hatte.
Es war Monate her, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte und in Moment sah es auch nicht so aus, als würde sich da in näherer Zukunft etwas ändern.
Kapitel 2
"Du wurdest gekündigt?" wiederholte ich Sophies Worte, als wir gerade einen Videochat machten.
"Ja! Da sagt man einmal, das was man sich denkt und schon hat man die Kündigung im Briefkasten!" erwiderte sie frustriert und warf dabei ihre Arme in die Luft.
"Das tut mir echt leid. Da ist es wohl nicht sonderlich gut angebracht, wenn ich dir erzähle, dass ich einen Job in einem Cafe gefunden habe - dank Tobi." seufzte ich.
"Bei dir läuft alles so glatt und bei mir geht es nur bergab!" beschwerte sich Sophie bei mir. Natürlich wusste ich, dass sie es überhaupt nicht böse meinte.
"Wie gesagt, wir hätten ein Zimmer frei..." versuchte ich es erneut Sophie davon zu überzeugen mir in London Gesellschaft zu leisten.
Sie lächelte nun leicht. "Ja..." ein kurzer Seufzer entwich ihren Lippen, "...wenn es hier so weiter geht, kannst du mich wirklich vielleicht noch davon überzeugen."
"Hey, Sophie!" grüßte plötzlich Tobi neben mir Sophie. Die Beiden kannten sich jetzt auch schon, da ich fast täglich mit ihr telefonierte oder eben einen Videoanruf machte.
"Konnte dich Amara schon überreden, endlich zu uns zu kommen?" hörte ich ihm mit seinem britischen Akzent sagen. "Ihr beide machte es mir aber auch nicht einfach." erwiderte Sophie darauf lächelnd. "Na ja, das ist beabsichtigt!" grinste ich sie an.
"Du braucht auch keine Möbel mitzunehmen. Es ist alles da! Nur deine wichtigsten Sachen und Klamotten!" setzte Tobi nach. Wir mussten versuchen sie irgendwie an den Haken zu bekommen. Ich wollte schon immer, dass sie mit mir nach London kommt.
"Die Männer in England alleine wären es ja schon Wert..." witzelte sie plötzlich grinsend. "Vielleicht könnte ich dann endlich den Rest von One Direction treffen!" setzte sie plötzlich mit großen Augen nach. Typisch!
Tobis Stirn schlug Falten. "Den Rest? Hast du denn schon mal jemanden von denen getroffen?"
Ohne das Tobi es mitbekam, schüttelte ich leicht den Kopf. Ich hatte ihm noch nicht davon erzählt, dass Niall mein Stiefbruder war. Auch wenn es jetzt nicht wirklich eine große Sache war, wollte ich einfach nicht über dieses Thema sprechen. Er würde sich sicher fragen, warum ich keinen Kontakt mit ihm habe und das wollte ich einfach nicht erklären. Da war, es mir am liebsten, wenn er nichts davon wusste.
"Also, ähm. Ja, ich bin mal Niall über den Weg gelaufen, als wir beide ein paar Tage in London waren." log Sophie.
Er nickte und sah uns abwechselnd an. "Davon habt ihr mir ja noch gar nichts erzählt."
"Wir prahlen eben nicht gerne damit." winkte sie locker ab.
"OMG! Ich hoffe doch, dass du ein Foto mit ihm gemacht hast!" fragte Tobi etwas aufgeregt nach. Ich wusste nicht, dass er Niall mochte.
Sophie nickte. "Keine Sorgen, das habe ich natürlich gemacht!"
"Auf was wartest du, schick es mir! Das muss ich unbedingt sehen!" hörte Tobi erneut sagen. "Niall ist so süß. Jetzt mit seinem braunen Haar gefällt er mir noch besser, aber Harry bleibt natürlich meine Nummer Eins!"
Wow.
"Das ist so unfair. Ich wohne schon so lange in London und habe noch keinen von ihnen auf der Straße getroffen, kaum kommen ein paar Touristen, treffen sie ihn gleich... Typisch!" seufzte Tobi leicht beleidigt. Wenn er nur wüsste, wie es wirklich war. Ein klein bisschen wunderte es mich dann schon, dass er mich dann nicht kannte, wenn er so ein Fan von den Jungs war. Ich meine, natürlich bin ich jetzt nicht bekannt, aber es wussten doch schon viele Leute auf den Straßen, wer ich war.
Wir verabschiedenden uns noch von Sophie, bevor ich meinen Laptop zuschlug und ihn wieder zurück in mein Zimmer stellte, an meine Schreibtisch neben meinen Bett. Das Zimmer war bei weitem nicht so groß, wie mein altes, aber ich war glücklich darüber einen Platz in London gefunden zu haben den ich mir leisten konnte und sogar nette Mitbewohner bot. Also in meinen Fall, einen Mitbewohner: Tobias 'Tobi' Miller. Er wuchs in einem kleinen Vorort von London auf, in einer kleinen ländlichen Siedlung, mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Joanne. Sie erinnerte mich stark an Theo, als sie und Tobis Eltern uns letzte Woche besuchten. Joanne war nur ein Jahr älter, als unser kleiner Ire. Die Beiden könnten sicher super miteinander spielen.
"Also, wollen wir los?" hörte ich Tobi fragen, als er an meine Tür klopfte. Nickend, stand ich von meinem Bett auf und schnappte mir meine Tasche und folgt meinen Mitbewohner zur U-Bahnstation, welche nur 5 Minuten von unserer Wohnung entfernt war. Die U-Bahn war, wie immer, an einem Samstag voll. Wir mussten uns durch quetschen, als wir schließlich an unseren Ziel ankamen und aussteigen mussten.
Oxford Circus stand in großen Buchstaben an der Wand unsere Ausstiegsstation. Wir folgten der Menge zum Ausgang entlang und gingen mit der Meute die Treppen hoch zur Oxford Street, eine der berühmtesten Einkaufsstraßen überhaupt. Was auch viele Leute nicht wissen, ist dass, früher - vor wirklich langer Zeit - war diese Straße als Tyburn Street bekannt. Entlang der Straße wurden die Gefangenen des Gefängnisses Newgate Prison zur Hinrichtung geführt. Schon komisch, denn jetzt kaufen wir hier ein, während früher dies der Weg zum Tod für Gefangene war.
Ich muss zugeben, ich hatte eine Menge Zeit und Ruhe in den letzten Wochen, um Geschichtsbücher über London zu verschlingen, sonst wüsste ich das wahrscheinlich nicht. Ich wollte einfach alle über die Stadt erfahren und was gibt es interessanteres, als herauszufinden wie eine Stadt, wie diese, zu einer solchen geworden ist?
Wir schlenderten von einem Geschäft in das Nächste und kauften uns einige Teile - natürlich ließen wir die teuren Boutiquen aus, denn das hätte sich keiner von uns beiden leisten können. Nach einer Weile machten wir einen kurzen halt bei einen kleinem Imbiss und gönnten uns etwas zu Essen und anschließend ein Eis.
Die Sonne prallte prall vom Himmel und ließ die Thermometer auf über 30 Grad klettern. Wie ich die Hitze immer hasste! Am liebsten wären mir durchgängig 25 Grad und leicht bewölkt, ohne regen. Das wäre doch perfekt! Aber leider wurden meine Gebete nie erhört, dafür ging ich sicher viel zu selten in die Kirche. Der da oben lachte sich sicher immer einen ab, wenn er mich erhörte.
Am Rückweg liefen wir noch an einen 'Forever 21' vorbei, da konnte ich natürlich nicht einfach vorbeilaufen, ohne hineinzugehen. Tobi hielt brav meine Tüten, als ich durch die Gänge lief und mir schön alle Klamotten ansah. Mit 3 Oberteilen und einer Hose machte ich mich dann auf zur Umkleidekabine, während Tobi davor stehen blieb und auf mich wartete.
"Amara?"
"Ja?"
"Kann ich dir die Tüten in die Umkleidekabine stellen? Mir ist da was ins Auge gefallen, was ich mir kurz ansehen möchte." setzte Tobi von außen nach.
"Ja, klar. Gib her." forderte ich und zog den Vorhang etwas zu Seite, damit ich nach draußen greifen konnte, danach stellte ich sie neben mich am Boden ab.
Die Hose passte schon mal wie angegossen, aber das erste Shirt, das ich probiert hatte, war mir zu groß, es war etwas zu weit geschnitten.
"Amara?" hörte ich Tobi erneut. "Ich hab da was für dich gefunden. Probier es doch mal an, okay?"
Als ich mich umdrehen wollte, sah ich schon wie er seine Hand hereinstrecke und mir ein Kleid entgegenhielt. "Also, falls du es noch nicht mitbekommen hast. Ich bin nicht so der Typ von Mädchen die gerne Kleider anziehen."
"Das steht dir bestimmt. Schlüpf doch mal rein. Für mich!" bettelte er schon fast. Widerwillig nahm ich es und zog mir das schwarze Rückenfreie Kleid über. Ich sah nicht schlecht aus, aber das würde ich natürlich nie zugeben.
"Und?" fragte Tobi neugierig. Ich zog den Vorhang beiseite und posierte für ihn.
"Das ist doch das perfekte Outfit für ne Clubtour, oder nicht? Wäre ich nicht schwul, würde ich dich hier und auf der Stelle abschleppen wollen." grinste er zufrieden.
"Ich weiß nicht, ist doch ein bisschen kurz findest du nicht?" ich presste meine Lippen aneinander und sah auf mich hinab. Das Kleid ging mir gerade mal ein Stückchen über den Hintern.
"Das soll ja auch so sein!" erwiderte er, als sei es selbstverständlich. Seufzend sah ich mich nochmals in den Spiegel. Sollte ich es kaufen?
Ich sah im Spiegel, wie Tobi auf mich zukam und seine Arme um mich legte und seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte. "Kauf es." flüsterte er mir ins Ohr.
Ich biss mir auf die Lippe. "Na gut. Deinetwegen werde ich es kaufen." sagte ich zu ihm, dabei drehte ich meinen Kopf zu ihm auf die Seite und deutet mit den Finger auf ihm. Wir schossen noch einige Bilder zusammen, bevor wir bezahlten und uns auf den Heimweg machten. Eines der Bilder hatte ich dabei auf Twitter gestellt und Tobi markiert. Drei kleine Herzen zierten den Tweet.
Kapitel 3
"Amara, Tisch zehn möchte zahlen." sagte mir Martin, als ich gerade an er Kaffeemaschine zur Gang war, um meine Bestellung zu vervollständigen. Der Geruch von frischen Kaffee lag in der Luft.
"Bin sofort dort." erwiderte ich und stellte die volle Tasse Kaffee auf das Tablet ab und brachte anschließend die Bestellung zum entsprechenden Tisch. Danach kassierte ich das junge Paar an Tisch zehn ab, ehe ich mich wieder hinter die Theke begab. Zwei Wochen waren inzwischen vergangen, seitdem Tobi mir den Job hier besorgt hatte. Es machte mir eigentlich Spaß, auch wenn es wirklich stressig werden konnte.
Letzte Woche hatte ich auch schon das Vergnügen Lola, die Tochter von Martin und Lydia, kennen zu lernen. Was soll ich euch sagen? Sie ist eben das typische Teenie-Mädchen. Angeklebte lange Wimpern, lange künstliche Fingernägel und sie saß ständig im Aufenthaltsraum herum und tippte SMSen. Aber wenn sie mal mit half, dann sah man ihr schon an, dass sie es schon wahrscheinlich seit klein an gelernte hatte, hier auszuhelfen. So schlimm wie Tobi es mir versuchte einzureden war sie nicht. Natürlich hatte sie ihre Momente, wenn sie die jungen Typen anbaggerte, aber im Großen und Ganzen fand ich sie eigentlich in Ordnung.
Ich beneidete sich auch still und heimlich über ihr Selbstbewusstsein, dass sie nur förmlich ausstrahlte mit ihrer schönen roten Mähne und den grünen Augen. Auch ihr Make-up war am Punkt und punkto Kleidung reizte sie nicht zu zeigen, was sie hatte. Sie erinnerte mich ein bisschen an Sophie, aber natürlich war sie ne Schippe schräger als Lola. Sie kam mir nicht so vor, als würde sie ein verrückter Fan sein, der die Schränke von ihrem Lieblingssänger nach Unterwäsche durchwühlen würde. Sie war eher der Typ, der in Spitzenunterwäsche in seinen Bett liegend auf ihn warten würde.
Momentan waren sieben Tische besetzt und alle hatten zu trinken uns zu essen, somit konnte ich eine kurze verschnauf Pause einlegen und mir einen Schluck Wasser gönnen. Martin hatte sich derweil nach hinten verzogen und Lydia befand sich heute nicht im Haus. Tobi befand sich in diesen Augenblick in der Pause, somit war ich ganz alleine im Verkaufsraum. Ein bisschen stolz auf mich war ich in diesen Moment schon, denn es zeigte mir, dass Martin mir schon so viel vertraute und vor allem zutraute, dass er mich schon alleine ließ.
Gerade ertönte das Glöckchen an der Tür, wenn ein Gast das Café betrat oder verließ. Ein Mann in Anzug trat herein. Er trug eine dicke Mappe in seiner Hand und in der anderen konnte ich ein Handy sehen. Der braunhaarige Mann, dessen Haaransätze schon begannen, grau zu werden setzte sich an einen Tisch am Fenster und griff nach der Speisekarte.
Mit meinem Block und einen Kugelschreiber bewaffnet schlenderte ich auf den Mann zu, der im selben Moment zu mir hoch sah, als ich bei ihm ankam. "Hallo, was darf ich Ihnen bringen?"
Der Mann räusperte sich. "Hallo. Ich hatte einen schwarzen Kaffee und noch... " er sah wieder zur Speisekarte hinab und Blätterte auf den Seiten herum, an denen unsere Mehlspeisen angepriesen wurden. Er verzog die Lippen nachdenklich.
"Also wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf, dann müssen die unsere Blaubeermuffins probieren. Ich habe noch nie bessere gegessen!" warf ich ein, um den Mann bei seiner Entscheidung zu helfen. Zufrieden nickte er mich an, während er die Karte schloss und sie wieder auf ihren Platz zurücklegte. "Also wenn Sie ihn mir schon vorschlagen, werde ich ihn auch probieren."
Ohne die Bestellung aufzuschreiben, begab ich mich wieder hinter den Tresen und bereitete die Bestellung, bevor ich sie den Mann an den Tisch brachte. Beim zurück gehen nahm ich das Benutzte Geschirr mit, dass ein anderer Gast hinterlassen hatte, als er gerade eben das Café verlassen hatte.
"Na, alles unter Kontrolle?" hörte ich Tobi fragen, während er sich seine Schürze umband und von der Pause zurückkam. Sein Atmen roch nach Zigaretten.
"Alles unter Kontrolle." wiederholte ich ihn lächelnd. Ich trocknete derweil das Geschirr ab, als wir sprachen.
"Den Typen da am Fenster habe ich auch noch nie gesehen." flüsterte mit Tobi zu, der den Mann am Fenster begutachtete. Ich zuckte mit der Schulter. "Ich kann mir schlecht vorstellen, dass du alle Gäste kennst. Außerdem werden auch andere Leute, als die, die jeden Tag kommen, das Café besuchen." - "Ja, schon. Aber sieh ihn dir doch mal an. Mit diesem Armani-Anzug und der fetten Rolex, die bis hierher glänzt, passt er nicht wirklich hier rein." erwiderte Tobi. Ich zuckte wieder mit den Schultern. "Solange er bezahlt, ist mit egal was er trägt."
Bei einem Armani-Anzug und ner Rolex musste man sich wenigstens nicht allzu viele Gedanken darüber machen, ob der Gast überhaupt bezahlen könnte.
Es war wirklich nicht viel zu tun, somit ging ich nun früher in Pause und ließ Tobi alleine im Verkaufsraum. Mit meinen Blaubeermuffin in der Hand setzte ich mich an den kleinen Tisch, der im Aufenthaltsraum stand. Ich hatte mir auch mein Handy aus meiner Handtasche geholt, da wir heute keine Zeitung bekommen hatten. Wie immer scrollte ich durch meine Social-Media Accounts und hielt Ausschau nach Niall. Auch wenn ich es nicht zugeben würde, vermisste ich ihn leider doch ein bisschen und ganz so egal war er mir doch nicht. Die Neusten Bilder von ihm, die von Paparazzi geschossen wurden, zeigten ihm am Flughafen in London. Er befand sich also hier, in derselben Stadt wie ich. Ab und zu, wenn ich nicht einschlafen konnte, ließ ich mir immer diese Was-wäre-wenn Situationen im Kopf durchgehen. Wäre ich nicht gleich so in die Luft gegangen hätte es schon möglich sein können, dass wir jetzt ein Paar wären, oder wir hätten beide eingesehen dass wir sowieso nicht zusammen passen und er hätte es beendet. Vielleicht wäre auch wieder was mit Holly gewesen, wer weiß.
In Momenten, an denen ich schwach wurde, hatte ich sogar schon seine Nummer gewählt, nur damit er ran ging, um ihn "Hallo" sagen zu hören. Zuvor hatte ich meine Nummer noch unterdrückt, damit er nicht wusste, dass ich es war, die ihn anrief. Ich kam mir auch immer so dumm dabei vor, wenn ich es tat. Warum war er nach all diesen Monaten noch immer in meinen Kopf?
Was ich auch erst später erfahren hatte, war das Niall, an den Tag, an dem er mit Holly in Dublin war und im Reisebüro gesichtete wurde, dass er unseren Eltern eine zweiwöchige Reise auf eine karibische Inseln gebucht hatte als Hochzeitsgeschenk.
Während ich weiter Twitter durchforstete biss ich ab und zu von meinen Muffin ab. Ich wusste echt nicht was Martin und Lydia mit diesen Muffins anstellten, denn sie waren zu gut um wahr zu sein. Wenn ich bald einen Abnehmkur machen müsste, weil ich jeden Tag einen von denen verdrückte, werde ich ihnen garantiert die Rechnung zukommen lassen.
"Hey! Amara" Kannst du kurz mal kommen?" rief Tobi den Gang hinunter. Stirnrunzelnd legte ich mein Handy und meinen Muffin ab und machte mich auf den Weg zu ihm. "Was ist denn?" fragte ich ihn, als ich bei ihm ankam. Er nickte zu dem alten Mann im Armani-Anzug. "Der Mann möchte gerne von dir kassiert werden."
Verwirrt kniff ich die Augen zusammen, drückte den Kassenbon aus und ohne nachzufragen ging ich auf den Mann zu. "Sie wollen die Rechnung haben?"
Der Mann mit den braunen Haar und den dunkelgrünen Augen nickte. "Ja, bitte." Ich legte ihm die Rechnung auf den Tisch und sagte ich im den Betrag vor, während er seine Brieftasche aus seiner Innentasche nahm. "Ich möchte mich bei Ihnen noch für den guten Tipp bedanken. Der Muffin war wirklich ausgezeichnet!" Er drückte mir einen Schein in die Hand und sagte "Passt schon." Ich sah ihn etwas verdutzt an. "Aber... aber sie.. sie bekommen noch mehr als 40 Pfund zurück?!"
Der Mann winkte ab. "Schon gut. Bis zum nächsten Mal, Amara." er hatte noch einen kurzen Blick auf mein Namensschild geworfen, eher er aufstand und das Café verließ.
Kapitel 4
"Hallo? ... Ist da jemand? ... Amara? Bist du das?" sofort nahm ich das Handy von meinen Ohr und beendete den Anruf. Das war ja schon beinahe gespenstisch, als wüsste Niall, dass ich ihm immer anrief. Im Moment lag ich in meinem Bett, während warme Sonnenstrahlen auf meine Haut strahlten. Tobi war mit Freunden unterwegs und ich war alleine in unserer Wohnung. Er hatte mich gefragt, ob ich mitkommen wollte, aber ich hatte keine Lust. Genau wie in Mullingar auch, mochte ich es zu Hause zu bleiben. Zwar machte ich definitiv mehr mit Tobi an meiner Seite, aber dennoch genoss ich es ab und zu, zu faulenzen. Einfach einen Tag auf der Couch zu verbringen und eventuell auch mal mit meiner Mum oder Sophie zu telefonieren. Auch mit Matt hatte ich gelegentlich telefoniert, beim letzten Mal hatte er mir von seiner neuen Latino Freundin ein Ohr abgekaut.
Irgendwann erhob ich mich von meinen Bett, nur um barfuß in die Küche zu stampfen und einen Blick in den Kühlschrank zu werfen. Tobi und ich hatten uns den Kühlschrank so eingeteilt, dass jeder seine eigenen Fächer besaß. Tobis Fächer waren mit guten Sachen bestückt, während bei mir nur gähnende Leere herrschte. Ich hatte irgendwie Hunger, aber auch wollte ich einfach nur gerne ein Eis essen. Nachdenklich schloss ich den Kühlschrank wieder und ging zurück in mein Zimmer, in dem der Ventilator auf Hochtouren lief. Ich blieb kurz auf der Stelle stehen als sich der Ventilator in meine Richtung drehte und mir einen kurze Abkühlung bescherte.
Da mir sowieso nichts anderes übrig bleiben würde, als in den nächsten Supermarkt, der zum Glück nicht weit weg war, zu gehen, schlüpfte ich in meine Ballerinas, nahm mir etwas Geld aus meiner Brieftasche und verließ die Wohnung. Im Hausflur angekommen schloss ich noch unsere Wohnung ab und steckte mir den Schlüssel in die Tasche meiner Jogginghose. Ich hatte gar nicht darauf geachtet, was ich an hatte, aber schlussendlich wollte ich auch nur schnell ein paar Lebensmitteln holen und nicht auf einem Catwalk laufen.
"Hey, gehst du auch laufen?" hörte ich plötzlich jemanden sagen. Ich hatte mich etwas erschrocken und drehte mich anschließend in die Richtung, aus der die Stimme kam. Es war unser Nachbar Dylan, der in der WG neben an wohnte. In diesen Altbau befanden sich hauptsächlich nur WGs, die von Studenten gemietet wurden.
"Hi, Dylan." winkte ich unbeholfen. Warum winkte ich ihm zu? Anschließend sah ich kurz auf meine Klamotten hinunter. Mit der schlabbrigen Jogginghose und dem ausgewaschen Shirt stand ich vor ihm, während er eine kurze schwarze Adidas Hose trug und ein dazu passendes Shirt. Seine dunkelbraunen Haare standen ihm perfekt gewollt in alle Richtungen und das Lächeln, das er immer auf den Lippen trug, ließen ihn noch besser aussehen.
"Ja, genau ich gehe auch laufen." nickte ich, aber gab mir geistig eine Backpfeife. "Cool, dann können wir doch zusammen eine Runde durch die Stadt laufen und uns später nen Kaffee gönnen. Wie wär’s?" fragte er mich lächeln. Seine schönen weißen Zähne kamen zum Vorschein.
"Naja... ich laufe eigentlich zum Supermarkt in die Eisabteilung, falls du verstehst was ich meine..." gab ich zu und kratzte mich dabei verlegen am Oberarm. Dylan's Lachen füllte den Raum aus. Es war so süß, dass es schon wieder ansteckend war. "Okay, ich verstehe. Aber ich hoffe doch, dass es kein Korb war, mit mir einen Kaffee trinken zu gehen..."
"Nein, natürlich nicht." erwiderte ich daraufhin und biss mir auf die Unterlippe. "Na gut, sag mir Bescheid, wenn du mal Zeit dafür hast, oder nicht gerade zum Supermarkt joggst."
Ich nickte lächelnd. "Geht klar." Er zwinkerte mir noch einmal zu, bevor er die Treppen hinunter lief, während ich schön langsam Treppe für Treppe hinunterging.
Mit meinen, schon vollen, Einkaufskorb steuerte ich die Tiefkühlabteilung an. Immer wieder mal hörte ich, wie mein Magen laut grummelte. Dieses Nervende Geräusch war sicher nicht der einzige Grund, warum mich die Leute so blöd von der Seite ansahen - meinem Outfit, war mindestens genauso daran schuld.
Sag man nicht, man solle mit leeren Magen nicht einkaufen gehe? Also spätestens jetzt war ich mir sicher, dass diese Aussage ins Schwarze traf!
Während ich mich beim Eissortiment umsah, bemerkte ich überhaupt nicht wie zwei Mädchen ein paar Meter neben mir mich begutachtete. Erst als mich die Größere der Beiden ansprach, nahm ich sie zur Kenntnis. "Hey du."
"Hey?" erwiderte ich und sah sie kurz stirnrunzelnd an und nahm mir anschließend ein Ben & Jerry Eis aus der Tiefkühlung. Noch immer sahen mich die Beiden an. "Kann ich euch irgendwie helfen?"
"Machst du vielleicht ein Foto mit uns, Amara?" kam es wieder von der Größeren Blonden. In diesen Outfit? Kommt nicht infrage! Außerdem wollte ich nicht, dass dieses Bild dann auf Twitter landete und Tobi es vielleicht zu Gesicht bekommt. Ich hatte ja nur Schwein, dass er in Harry verschossen war und nicht in Niall, oder überhaupt der ganzen Band. "Es tut mir leid, aber ich glaube ihr verwechselt mich. Das ist nämlich nicht mein Name."
Ich griff nach meinem Einkaufskorb, den ich zuvor am Boden abgestellt hatte und ging an ihnen vorbei, dabei hörte ich, wie die Kleinere zur Größeren sagte: "Ich hab dir doch gesagt, dass sie es nicht ist. Das war ja total peinlich!"
My shadow's dancing
Without you for the first time
My heart is hoping
You'll walk right in tonight
Tell me there are things that you regret
'Cause if I'm being honest I ain't over you yet
all I'm asking
Is it too much to ask?
"Der Song ist ja mal der Hammer und ich bin mir sicher er hat ihn für dich geschrieben. Da bin ich mir- ..."
"Sophie stopp, bitte. Nein. Ich bin über ihn hinweg und wenn du mir jetzt erklären willst, dass er mir diesen Song gewidmet hat, dann werden meine Knie sicher weich."
Sie zog die Augenbrauen hoch. "Über ihn hinweg? Was ist dann das mit den Anrufen? Das ist nicht das, was ich über Hinweg sein verstehe." Ich zog meine Augen zu schlitzen und sah sie am Desktop meines Laptops an.
"Okay, Thema wechseln. Ich habe Neuigkeiten die ich gerne mit dir und Tobi teilen möchte." fuhr Sophie nach. Sie wirkte ein klein wenig aufgeregt und zappelte etwas auf ihren Stuhl herum.
"Tobi ist nicht da, er ist mit Freunden aus. Aber mir kannst du es ja auch sagen, ich erzähle ihm es, wenn er wieder zurück ist."
Sie nickte. "Also ... falls euer Zimmer noch immer frei ist, würde ich euer Angebot gerne annehmen."
Mein Mund klappte auf und meine Augen strahlten sie an. "DAS BEDEUTET DU KOMMST HIER HER? ZU MIR? OH MEIN GOTT!!" Ich freute mich so sehr, dass während ich vor Freude von meinen Stuhl aufsprang, der Stuhl zu Boden fiel.
"Ja, ich habe mir gedacht, dass ich diese Möglichkeit ergreifen sollte und außerdem fehlst du mir ja mega Dolle." hörte ich Sophie am anderen Ende der Leitung sagen. "Immerhin wäre der Englischkurs, den ich die letzten Monate belegt hatte, nicht komplett für ‘n Arsch." setzte sie grinsend nach.
"Ich freue mich unheimlich! Das wird toll! Endlich sind wir wieder vereint und nen Job werden wir hier sicher auch noch für dich finden." Sie wusste sicher nicht, wie sehr ich mich darüber freute. Ich hatte sie früher schon immer versucht zu überreden mit mir hier her zu kommen, aber sie schlug immer ab. "Irgendetwas passendes wird sich schon ergeben. Hey! Vielleicht entdeckt mich ja sogar ein Talentscout und macht mich berühmt!" scherzte sie in die Kamera. Sie und ihr Ideen.
Ich saß auf der Couch und aß einen Löffel nach den Anderen aus meinen Eisbecher. Dieses Eis mit den Kekskrümmel war eines der Besten, dass es meiner Meinung nachgab. An schlechten Tagen hatte ich ab und zu nur das Bedürfnis einen riesen Bottich davon zu springen und mich in der Eisschicht zu begraben. Ich hörte mir in diesen Moment den neuen Song von Niall noch einmal an. Sophies Worte gingen mit einfach nicht aus den Kopf.
"Ich bin mir sicher, er hat ihn für dich geschrieben."
Waiting here for someone
only yesterday we were on the run
you smile back at me and your face lit up the sun
now I'm waiting here for someone
And oh, love, do you feel this rough?
Why's it only you I'm thinking of
Der Text sprach für sich und es erinnerte mich doch ein bisschen an das, was ich und Niall hatten. Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, hatte Sophie wirklich Recht. Vielleicht aber auch nicht.
Kapitel 5
"AUFSTEHEN GEBURTSTAGSKIND!"
Müde stöhnte ich auf, als ich Tobis schreien hörte. Nicht mal an seinen Geburtstag darf man ausschlafen! Verschlafen rieb ich mir über die Augen, während sich Tobi neben mich, auf mein Bett, setzte. "Du musst dir etwas wünschen!" gab er von sich. Ich setzte mich aufrecht hin, um seinen Muffin, in den er eine Kerze gesteckt hatte, auszupusten. Meinen Wunsch verrate ich euch natürlich nicht!
„Jetzt bin ich offiziell alt!" seufzte ich und ließ mich wieder auf meinem Polster zurück fallen.
20. In zehn Jahren bin ich 30, dann 40, ...
"Ach, also ich finde, 20 hat noch nie besser ausgesehen." erwiderte Tobi mir mit einen lächeln. "Und außerdem, wenn du mit deinen 20 Jahren schon alt bist, was bin dann ich mit meinen 22?"
Ich musste schmunzeln. Er hatte ja Recht.
"Ich habe heute extra den Tisch gedeckt und frisch gepressten Orangensaft besorgt, um dir ein schönes Geburtstags-Frühstück zu servieren. Also schwing dich mal ins Badezimmer, zieh dich um und lass uns essen. Außerdem will ich dir dein Geschenk auch noch überreichen, aber das werde ich sicher nicht jetzt machen, während du im Bett liegst. Sie dich an! Deine Haare sehen aus, als wäre es ein Vogelnest!" Ich warf Tobi einen bösen Blick zu, was ihm aber nur dazu brachte zu kichern.
"Du hast ein Geschenk für mich? Das wäre aber wirklich nicht notwendig gewesen..." sagte ich zu Tobi, der aber den Kopf schüttelte. "Ach, ich mache, was ich will. Und das Geschenk ist ja nicht nur für dich, sondern auch für mich." Tobi zeigte mit dem Finger von mir auf sich selbst, während er sprach und grinste am Schluss etwas. Verwirrt sah ich ihn an. Was soll das denn für ein Geschenk sein? Er stellte mir den Muffin noch auf mein Nachtkästchen, bevor er anschließend mein Zimmer verließ.
Genau wie Tobi es von mir verlangt hatte, machte ich mich fertig und begab mich zu unseren Esstisch, der wirklich wunderschön Gedeckt war. Er hatte bestimmt nur das Beste Geschirr verwendet, denn es glänzte alles. Auch die bunten Tulpen, die in der Mitte des Tischs standen, sahen schön aus und verliehen dem Ganzen noch etwas Farbliches.
Er hatte wirklich an alles gedacht. Egal ob es ein weiches Ei war oder gebratener Speck. Tobi wusste, wie er mich glücklich machen konnte und noch dazu musste ich keinen Finger rühren. Tobi erledigte alles. Ich versuchte zwar zu protestieren, dass ich ihm beim Abwasch helfen würde, aber er ließ sich einfach nicht helfen.
Später saßen wir beide auf der Couch. Neugierig sah ich auf den Umschlag in seinen Händen hinab. "Das ist unser Geschenk, Amara. Ich möchte nur sagen, dass ich ewig darauf warten musste, bis ich endlich das Geld und die Zeit dazu hatte, das hier, zu kaufen beziehungsweise hinzugehen."
Langsam riss er den Umschlag auf und zog zwei längliche Papierstücke auf dem Kuvert. Für mich, sah es verdächtig nach Konzert -Karten aus. Sein Lächeln wurde so breit, dass es schon beinahe komisch aussah. Er wendete die Karten, damit ich sehen konnte, was darauf stand.
Harry Styles. On Tour.
Es handelte sich um die erste Show seiner Konzerttour, die hier in London beginnen würde. "Wir beide sehen uns Harry Styles höchstpersönlich an!" Die Freude in seiner Stimme war nur allzu deutlich zu hören.
"Vielen Dank! Ich kann es kaum erwarten!" bedankte ich mich bei Tobi und nahm ihn anschließend in eine feste Umarmung. Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet. Immerhin war das Ticket nicht günstig, denn der Preis stand unten links. Wieso zahlt er mir so etwas? Wir kennen uns gerade mal eineinhalb Monate.
"Aber weißt du, was das Beste daran ist?" fragte er mich plötzlich. Ich ließ ihn wieder los uns schüttelte den Kopf. "Na ja, das ist die erste Show und vielleicht haben wir dann das Glück, dass einer der anderen von One Direction zufällig auch dort ist. Ich muss aber zugegen, dass ich eigentlich nur wegen Harry mich für sie interessiere. Ich bin schon froh, dass ich ihre Namen nicht mehr durcheinander bringe. Meine kleine Schwester ist da immer voll ausgeflippt, wenn ich Liam, Niall nannte, oder andersrum." Seine kleine Schwester, die genauso alt wie Theo sein musste? Wie süß. Ich musste bei der Vorstellung daran zu lachen beginnen. "Du lachst! Aber die diskutiert schon wie eine große!" setzte Tobi lachend nach.
"Sophie wird sich in ihren Hintern beißen, wenn ich ihr davon erzähle." grinste ich Tobi an, während ich das Ticket begutachtete.
"Ihr Pech, hätte sie schon früher zugesagt zu uns zu ziehen, hätten wir vielleicht noch irgendwie eine Karte besorgen können. Apropo! Wann kommt sie eigentlich?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Sie muss sich doch erst um ihre Wohnung kümmern. Es kann sich also noch hinausziehen. Aber sie hat mir gesagt, dass sie sich beeilen will und schon damit beginnt, ihre Sachen zu uns zu schicken, also wundere dich bitte nicht, wenn wir haufenweise Pakete bekommen."
Gerade als ich meinen Satz beendet hatte, klingelte es auch schon an der Tür. Stirnrunzelnd sahen wir uns gegenseitig an. Das wäre jetzt doch ein zu großer Zufall, wenn es schon eines ihrer Pakete wäre.
"Ich geh kurz kucken, wer es ist ... " sagte Tobi noch, bevor er sich von der Couch erhob und an mir vorbei ging. Ich saß noch einen kurzen Moment am Sofa, bevor ich ihm folgte. Er hatte schon die Tür aufgemacht und redete mit einer mir fremden Stimme. "AMARA-" rief er plötzlich, doch als er sich dabei umdrehte, sah er mich schon auf ihn zukommen.
Ich machte die Tür weiter auf und sah einen jungen Mann, mit einem Strauß roter Rosen im Hausflur stehen.
"Amara Julien?" fragte er nach und ich nickte. Er übergab mit dem Strauß und verschwand wieder. Überrascht sah ich den Strauß an. Es mussten mindestens fünfzig Rosen gewesen sein, die zusammengebunden wurden und in eine Folie gewickelte waren. Der Geruch war unbeschreiblich.
"Hast du einen heimlichen Verehrer von dem ich noch nichts weiß?" fragte Tobi mich verdutzt, während er mir in die Küche folgte. Ich suchte eine passende Vase und füllte sie mit Wasser an, anschließend gab ich die Rosen hinein und stellte sie zu den Tulpen an den Tisch.
"Ich ähm ..." ich war mir nicht sicher, was ich darauf antworten hätte sollen. Der Verdacht bestand ja, dass Niall sie mir geschickte hatte. Wer denn sonst? Ich wollte jetzt auch nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen und Tobi von Niall erzählen, also zuckte ich anschließend nur mit den Schultern.
"Moment mal!" kam es von meinem Mitbewohner. Er lehnte sich zu dem Strauß roter Rosen und wühlte regelrecht etwas darin. Doch dann nahm er seine Hände aus dem Strauß und zog eine rechteckige kleine Karte heraus. Er las sich die Nachricht, die darauf stand, still durch, bevor er sie mir vorlas:
Ich hoffe, ich konnte dir mit den Rosen eine kleine Freude bereiten.
Feier nicht zu viel und bleib brav.
Alles Gute.
- N.
"N? Sag mir nicht, dass die von den Typen sind, der dir dein kleines zerbrechliches Herz gebrochen hat?" fragte mich Tobi anschließend. Ich biss mir auf die Lippe und nahm ihm das Kärtchen aus den Händen. "Amara. Julien. Antworte mir!" - "Das ist etwas sehr kompliziertes und ich will nicht darüber reden. Vielleicht erzählte ich es dir einmal, aber im Moment will ich einfach nicht." versuchte ich ihn dann abzuwimmeln.
Er nickte. "Na gut. Das werde ich respektieren. Vielleicht änderst du deine Meinung ja noch, wenn wir heute ein paar Clubs unsicher machen und uns abfüllen." grinsten rieb er sich die Hände aneinander.
"Bitte mach das nie wieder!" sagte ich und zeigte dabei auf seine Hände.
"Was? Warum nicht?"
"Du hast gerade ausgesehen, wie einer dieser Schurken aus den Filmen, die die Weltherrschaft an sich reißen wollen. Fehlt nur noch die fette Katze und ne Zigarre im Mund."
Irgendwie freute ich mich heute schon darauf in einen Club zu gehen. Auch wenn ich nicht die beste Tänzerin bin, aber es war die perfekte Gelegenheit Dampf abzulassen. Niall zu vergessen.
Ich weiß gar nicht warum ich noch immer an ihn denke. ICH war doch diejenige, die es beendet hat! Warum also trauerte ich ihm hinterher!? Es war doch am besten so für uns Beide, das hätte nie geklappt.
"Na, wie siehst aus? Können wir?" fragte mich Tobi, der gerade an meinen Türrahmen gelehnt stand und mich ansah. Er trug eine helle Jeans und ein weißes Hemd, das bis zur Hälfte aufgeknöpft war und einen guten Blick auf seine Brust bat.
"Jap. Von mir aus können wir los." erwiderte und warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel, bevor ich nach meinen Handy griff und Tobi hinaus folgte. Wir fuhren mit dem Taxi zu einem Club den Tobi ausgesucht hatte. "DIAMOND" prangte auf einer schwarzen Tafel in Leuchtbuchstaben von der Vorderfront des Gebäudes, bei dem das Taxi schlussendlich hielt. Beim Eingang stand eine Schlange, dessen Ende nicht in Sicht war.
"Ist hier immer so viel los?" fragte ich Tobi überrascht, mit so vielen Leuten hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
"Heute ist Eröffnung. Ich schätze deshalb." antwortete er mir und sah ebenfalls der Warteschlange nach. "Da werden wir ja ewig warten müssen ..." seufzte ich. "Nein. Nur keine Sorge Geburtstagskind. Wir kommen da gleich rein. Nur mir nach!" Stirnrunzelnd sah ich Tobi hinterher, als er zum Eingang marschierte. Der Bass war so stark, dass man ihm schon vor dem Club am Boden spüren konnte, die hohen Fenster leuchtete immer wieder verschieden farbig auf und im Ganzen wirkte das Haus eher nobel, aber doch passte es in die Umgebung.
Wir näherten uns der Tür, an der zwei muskulöse Männer im Anzug, gerade die Ausweise einer Gruppe von jungen Mädchen kontrollierten. Einer der beiden war kahl und hatte ein Tattoo am Hals, während der andere kurze schwarze Haare hatte. Er erinnerte mich ein bisschen an Matt. "Stellt euch hinten an!" kam es auch schon genau von dieses Typen im harschen Ton. Tobi ignorierte ihn gekonnte und ging weiter auf die Beiden zu, mit mir als Gefolge. "Logan, hey!" sprach er schlussendlich den kahlköpfigen an. "Du lässt mich und meine Freundin hier doch sicher hinein. Wir müssen doch den Geburtstag, der Schönheit hinter mir, im Club feiern und nicht davor!"
Gerade wollte der Typ, der aussah wie Matt, seinen Mund auf machen, als ihm der kahlköpfige zuvor kam. "Geh mit der Kleinen rein, aber wehe ich es kommt mir zu Ohren, dass ihr euch nicht am Riemen reißen könnte. Dann schleife ich euch höchstpersönlich an euren Haaren rauf. Verstanden!?" Mit rutschte das Herz in die Hose, als ich ihn reden hörte. Was ist denn den über die Leber gelaufen?
"Hey! Aber gerade das würde die Sache doch erst interessant machen!" erwiderte Tobi ihn. "Entweder ihr geht jetzt rein Miller oder ich überlege es mir gleich wieder anders!" kam es wieder von dem kahlen Mann. Sein Kollege machte währenddessen bei der Warteschlange weiter, um den Gästen Einlass zu gewähren.
Tobi nickte grinsend und zog mich an meinen Arm zwischen den Männern hindurch, hinein in den Club. Wir befanden uns in einen großen Raum, an dem man an der linken Seite seine Jacken und Taschen abgeben konnte. Nur zu Dumm für das Personal dahinter, das es Sommer war und niemand eine Jacke trug. Sie standen quasi nur, als Deko herum uns sahen und an. Ich hatte mir nur eine kleine Tasche mitgenommen, in die nicht mal meine Geldbörse gepasste hätte. Sie war nur so groß das ich mein Smartphone, einen Ausweis und etwas Geld hinein bekam. Den Wohnungsschlüssel hatte ich zuvor extra noch von meinem Bund genommen, sonst hätte ich die Tasche nämlich nicht mehr zubekommen.
"Sag mal, von wo kannst du denn?" fragte ich Tobi, der meinen Arm wieder losgelassen hatte. "Er war früher bei einem anderen Club als Türsteher beschäftigt. Im Kokos. Da bin ich oft mit den anderen, die vor dir in unserer Wohnung gewohnt haben, hin gegangen."
"An seinem Würstchen würde ich auch gerne mal knabbern!" seufzte Tobi neben mir, was mich sofort zum Auflachen brachte. Seine Kommentare waren immer grandios! Wir befanden uns gerade in einem Club, in der Innenstadt von London uns saßen an der Bar. Der Junge, über den Tobi sprach, saß etwas weiter weg von uns und aß gerade einen Hotdog - was das Ganze noch witziger machte.
"Geh doch rüber und frag im nach seinen Würstchen... Vielleicht will er, dass du die Sauce davon ableckst!" scherzte ich lachend und gab ihm einen leichten Stoß mit dem Ellbogen.
"Ach ich glaube nicht, dass er will, dass ich an seinem Würstchen knabbere, dafür starrt er dich viel zu offensichtlich an." Ich sah Tobi an und sah, dass er mit den Augenbrauen wackelte.
Ich warf einen Blick über Tobis Schulter und tatsächlich! Er zwinkerte mir zu. Schnell wendete ich meinen Blick von dem Kerl ab und nahm einem Schluck von meinem Martini.
"Amara, sei nicht immer so verklemmt. Wir suchen uns heute beide einen Kerl und nehmen sie mit nach Hause. Das wär doch mal was, oder?". Ich spürte Tobis Hand auf meine Schulter. Weniger begeistert von seiner Idee drehte ich mich wieder zu ihm. "Das ... das ist eigentlich nicht so mein Ding..." murmelte ich Tobi zu.
"Ja, das weiß ich doch, aber wenn es dir hilft endlich von deinen letzten Typen, über den du mir so gut wie nichts erzählt hast, hinwegkommst, dann wäre es das ja alle mal Wert!"
"Auch wenn ich, wen abschleppen wollen würde, dann wüsste ich nicht mal, wie ich ihn ansprechen sollte. Ich bin einfach zu schüchtern. Da hatte ich schon immer so meine Probleme." gab ich zu. Wenn ich nur daran dachte wie lange ich und Niall eigentlich für unseren ersten Kuss brauchten, obwohl wir irgendwie beide wusste, dass da was zwischen uns war.
"Das heißt dann wohl, dass dir der gute alte Tobi einige Tipps gegen muss. Am besten siehst du zu und lernst!" hörte ich ihn sagen. Stirnrunzelnd sah ich ihn an.
"Siehst du den Typen in den Streifenpullover da drüben?" setzte er nach und nickte dabei in die Richtung, in der der Typ stand. "Ich gehe jetzt rüber und schleppe ihn ab."
"Von wo weißt du denn, dass er auf Kerle steht?" fragte ich verwirrt. Es war ja nicht so, dass er ein Schild um den Hals hängen hatte, an dem stand, dass er schwul sei.
Tobi winkte ab. "Ach, ich will ja jetzt nicht behaupten, dass ich ein Radar für Schwule wäre, aber ich hab da ein gutes Auge für." Er zwinkerte mir noch ein letztes Mal zu, bevor er seinen Drink hinunterkippte und sich auf den Weg zu den Typen im Streifenpullover machte. Es dauerte keine fünf Minuten und schon verschwanden die Beiden auf der Tanzfläche.
Für so eine Aktion war ich eindeutig zu Nüchtern! Ich musste mir erst Mal Mut antrinken, bevor ich hier irgendjemanden ansprechen konnte.
"Ich brauche irgendetwas ... starkes, bitte!" sagte ich zu den jungen Typen hinter der Theke.
"Was Starkes? Da hätte ich einen Zombie im Angebot." erzählte er mir und sah mich gespannt an. Ich nickte. "Hauptsache stark." setzte ich gelassen nach. Danach sah ich ihm zu, wie er all mögliches Zeug zusammen mischte und mir danach vor mich hinstellte.
Skeptisch begutachte ich das grünliche Getränk vor mir. Das soll stark sein? Einmal kurz riechen daran und meine Meinung hatte sich schlagartig geändert, schon alleine der Geruch brannte mir in der Nase. Bevor ich mich an meinen Drink ran machte, bezahlt ich noch unsere offene Rechnung. Wer weiß wie es mir nach diesem Getränk gehen würde und ich wollte zumindest das alles bezahlt sein würde, damit ich mit guten Gewissen gehen konnte.
Wie erwartet brannte mir dieses Gesöff die Speiseröhre hinunter und sofort spürte ich, wie mir der Alkohol in den Kopf schoss. Automatisch riss ich meine Augen etwas weiter auf und schüttelte den Kopf, bevor ich mich vom Hocker erhob und mich auf die Tanzfläche begab.
Die schüchterne Seite an mir schien, dank des Alkohols, wie verschwunden, deswegen zierte ich mich auch nicht ausgelassen zu tanzen - meinen Körper zum Beat der Musik zu bewegen. Es dauerte nicht lange und ich spürte zwei warme Hände an meiner nackten Hüfte - ich trug ein bauchfreies Shirt und eine Hotpants.
Ohne zu schauen, wer eigentlich hinter mir, an mich gepresst tanzte, machte ich ungestört weiter. Ich genoss die Berührungen an meiner Haut, den warmen Atem an meinen Hals und die feuchten Küsse hinter meinem Ohr. Fuck! Der wusste, was er da tat!
Ich musste mir auf die Unterlippen beißen, als der Fremde sanft mit seinen Lippen über meinen Hals strich. "Hey." hörte ich ihn mir ins Ohr sagen und mit der nächsten Bewegung drehte er mich um und zog mich an meiner Hüfte zu sich. Ein Typ mit hellem, leicht gelockten Haar und blauen Augen stand vor mir - grinste mich an. "Hey." wiederholte er sich, bevor er mir seinen Lippen aufdrückte. Mit seinen Händen umfasste er mein Gesicht und ich legte meine Hände reflexartig um seinen Nacken. Der Fremde löste sich wieder von meinen Lippen und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
Warum gab er mir einen Kuss auf die Stirn? Ich sagte nichts, sah ihn einfach nur an. "Warum hast du mir nicht gesagt, dass du doch kommst?" fragte er mich plötzlich. Ich kniff verwirrt die Augen zusammen. Wovon sprach er?
"Was?" fragte ich laut nach, da die Musik es uns doch unmöglich machte in einem normalen Ton zu sprechen.
"Warum hast du mir nicht gesagt, dass du doch kommst?" wiederholte er sich. Ich schüttelte den Kopf und plötzlich zog er mich weg von der Tanzfläche. Entweder es war der Alkohol, der mir einen Streich spielte, oder ich hatte mich wirklich nicht verhört. Er hatte seine Hand in meine gelegt und führte mich in einen kleinen Gang, an den man zu den Toiletten oder auf der anderen Seite zur Garderobe kam. Ich lehnte mich an die Wand an, da mir ein bisschen schwindlig geworden war.
"Alles klar?" fragte er mich mit besorgtem Gesichtsausdruck. Ich winke ab und nickte. "Jap., alles klar. Ich glaube das war dieser Zombie ... " erwiderte ich ihn und schloss für einen kurzen Moment die Augen.
"Was für ein Zombie? Wie viel hast du getrunken? Auch wenn dein Geburtstag ist, solltest du es nicht übertreiben." Von wo wusste er das? Er hob mein Gesicht an, damit er mir in die Augen schauen konnte. Schöne blaue Augen, aber nichts im Vergleich mit denen von Niall.
"Ich werde dich besser mal nach Hause bringen, dein Vater denkt doch sowieso schon, dass ich ein schlechter Umgang für dich bin. Komm ..." Wieder nahm er meine Hand, aber diese Mal riss ich mich los.
"Mein Vater?" Meine Stirn schlug Falten. Ich habe keinen Vater.
Er seufzte. "Valerie jetzt tu nicht so, mir wäre es auch anders lieber. Was ist überhaupt los mit dir? Deine Haare hast du dir auch wieder gefärbt. Ich hätte dich schon fast nicht erkannt."
"Valerie? Mein Name ist Amara. Ich denke du verwechselst mich." antwortete ich ihm.
Sein Blick war starr. Er musterte mich. "Echt jetzt?" Er machte eine kurze Pause. "Willst du schon wieder nicht nach Hause, Val. Ich kann es nicht ausstehen, wenn du mich veräppelst."
"Mein Name ist Amara. Hörst du meine Aussprache nicht? Du musst doch wohl merken, dass ich keinen britischen Akzent habe." Seine Tonart gefiel mir nicht, deshalb stieß ich mich von der Wand ab und ging, begann mit einigen kleinen Schritten mich von ihn zu entfernen. Was ihm aber nicht davon abhielt näher an mich heran zu treten.
"Amara, alles klar?" hört ich Tobis Stimme hinter mir. Ich drehte mich in seine Richtung und sah ihn mit dem Streifenpullover-Typen von vorhin. "Ich glaub-"
"Was hast du denn mit meinen Mädel vor?" zischte Tobi und unterbrach mich. Er kam auf mich zu und legte einen Arm um meine Schulter. Über Tobis Schulter warf ich noch einen kurzen Blick zu den Typen, den er anscheinend gerade mit nach Hause nehmen wollte. Der braunhaarige beobachte skeptisch die Situation.
"Valerie stell dich doch nicht so komisch an und geh von den komischen Kerl weg!" kam es wieder von Blonden, dessen Namen ich nicht wusste.
"Alter, geht es nicht in deinen Schädel! Merkst du nicht, dass das ne klar Abfuhr ist! Jetzt verzieh dich!" Danken sah ich zu Tobi hoch, als sich der Kerl endlich umdrehte und in die andere Richtung verschwand.
"Danke." murmelte ich in seine Brust, als er seine Arme um mich legte. "Schon gut. Lass uns nach Hause gehen." erwiderte Tobi mir und lächelte mich an. Wieder kamen seine Grübchen zum Vorschein.
"Und was ist mit ihm? Ich habe dir die Tour vermasselt - aber zu meiner Verteidigung, du wusstest, dass mir so etwas nicht liegt, ich habe es dir gesagt!"
Er nickte. "Ich hätte dir wohl unter die Arme greifen müssen, nun zahle ich den Preis dafür."
Kapitel 6
Zwei Tage waren vergangen seit dem kleinen Zwischenfall mit diesen komischen Typen. Tobi und ich sind anschließend nach Hause gegangen und haben noch eine Flasche Sekt geleert, ehe wir ins Bett gegangen sind.
"Ganz ehrlich? Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir uns erst irgendwann am Nachmittag anstellen. Und nicht jetzt - es ist gerade mal 10 Uhr!" beschwerte ich mich bei Tobi, der mich nur belächelte. "Du weißt aber schon, dass das ein Harry Styles Konzert ist! Ich will sicher nicht in der letzten Reihe stehen nur weil du nicht aufstehen willst. Ich habe vor in der ersten Reihe zu stehen!"
Ich hob eine Augenbraue. "Meet and Greet und Soundcheck dürfen sowieso vor uns rein, also von dem her ..."
"Ich habe sicher nicht vor hinten zu stehen. Die kleinen Biester vor uns, werden noch ihr blaues Wunder erleben! Wir werden ganz vorne stehen!" erwiderte er von sich selbst überzeugt. Das kann ja noch was werden.
Das Warten bis um halb sieben war der reinste Horror! Immer wieder wäre ich am liebsten im Erdboden versunken, als Tobi mit den kleinen Mädchen einen Streit anfing, weil sie sich versuchten vorzudrängen. Er hatte ja Recht, immerhin standen wir schon seit frühem Vormittag hier, aber die kleinen zwölfjährigen gleich so anzumotzen, musste nun wirklich nicht sein.
Mit fünf Minuten Verspätung wurden die Tore geöffnet und wir wurden von den Securitys durchsucht, ehe mich Tobi am Arm packte und mich hinter sich nach zog. Zwar versuchten die Angestellten der Halle das Laufen zu unterbinden aber es half rein gar nichts.
Schnaufend kamen wir in der Arena zum Halt. Es hatten sich inzwischen schon mindestens sechs Reihen gebildet. Wir hätten auch jetzt noch eine sehr gute Sicht auf die Bühne ergattert, aber das passte Tobi natürlich nicht. Wieder nahm er meinen Arm und zog mich mit ihm durch die Menge. Ich war mir sicher, dass ich am nächsten Tag blaue Flecken haben würde, durch das Gedränge und Gedrücke. Ich hasste es, wenn sich jemand vordränge und doch tat ich jetzt dasselbe, notgedrungener weise, mit Tobi.
"Verpisst euch! Aus dem Weg!" rief er immer wieder mal und drückte alle zur Seite. Gegen seine starke Arme hatten die kleinen Kinder hier natürlich keine Chance. Natürlich befanden sich auch einige in unserem Alter in der Menge, aber Großteiles waren hier wirklich nur Teenies die deutlich jünger waren als wir. Mit ach und Krach kamen wir schlussendlich wirklich noch bis zum Gitter in die erste Reihe. Die ganzen Beschimpfungen, die uns an den Kopf geworfen wurden, ließ Tobi einfach links liegen und lächelte mich stattdessen breit an. "Ich habe dir doch gesagt, wir schaffen es in die erste Reihe!" Ich nickte. "Ja, mit ein bisschen Gewalt geht anscheinend alles."
"Warst du schon mal auf einen Konzert oder bist du noch eine Konzert-Jungfrau?" fragte mich Tobi nach einer Weile, die ich damit verbracht hatte mir Luft zuzufächeln. Diese unerträgliche Hitze im Saal machte das Warten nur noch schlimmer. "Ja, ich und Sophie waren früher ständig auf Konzerten. Wir haben uns schon einige deutsche Künstler angesehen, die du sowieso nicht kennst, Justin Bieber, Selena Gomez, Little Mix, Bruno Mars ... One Direction natürlich auch. Oh und erst vor ein paar Monaten Shawn Mendes, hier in London. Aber glaub mir, das ganze Geld zu sparen hat immer ewig gedauert!"
"Okay, da kann ich nicht mithalten. Ich habe bis jetzt nur Beyonce und Coldplay gesehen. Reich müsste man sein, dann könnten wir uns sogar ein Privatkonzert von Harry leisten, oder einen der anderen Jungs. Wer ist eigentlich dein Liebling?" erwiderte Tobi mir und sah mich anschließend fragend an. Mein Liebling?
"Mein Liebling? Ich weiß nicht ... Das ist echt schwer zu beantworten, alle haben doch etwas an sich, dass man mögen, muss." nachdenklich sah ich zur Bühne vor uns. Ich wollte Niall jetzt nicht einen Bonus geben und unsere kleine, fast nicht existierende, Beziehung außen vor lassen. "Okay, also wenn ich dir jetzt auf die Schnelle ne Antwort geben muss, dann ist es wohl Niall. Ich mag seine ruhige Stimme und seine nette Art. Er behandelt alle Fans wie Prinzessinnen und ich mag auch, dass er Gitarre spielen kann." Die er mir versprochen hatte beizubringen, aber nie geschah.
Unser Gespräch war schon bald beendet, denn schon kurze Zeit darauf begann die Vorband zu spielen und anschließend eröffnete Harry seine Show. Die Stimmung war sehr gut im Saal, auch wenn ich nicht alle Texte zu seinen Songs auswendig konnte, versuchte ich trotzdem mein bestes - genau wie Tobi, der aber alle Texte auswendig konnte. Irgendwann legte er seinen Kopf zu meinen und schrie mir schon beinahe in Ohr. "AMARA SCHAU WER DA IST!!" Stirnrunzelnd folgte ich seinen Blick nach ganz Rechts. Er stand ganz am Rand und von einer anderen Position hätte ihn bestimmt niemand gesehen. Ein junger Mann mit braunen hoch frisierten Haar und Armen voller Tattoos.
Liam Payne.
Ob er mich wohl noch kennen würde? Vermutlich nicht, immerhin haben wir bei der Party damals nicht viel miteinander gesprochen, da hatte ich eher mehr mit Cheryl geredet. Tobi hatte sich in der Zwischenzeit wieder auf Harry konzentriert, der gerade genau vor uns stand.
Mein Blick war eine ganze Zeit lag auf Liam gerichtet der Kopf wippend die Show seines Freundes mitverfolgte. Auch Cheryl kam plötzlich in meine Sicht und stellte sich zu Liam, der einen Arm um sie legte. Ihr Babybauch war schon deutlich zu sehen. Jetzt ergab es auch Sinn, dass sie damals keinen Alkohol getrunken hatte und Liam ihr viel zu viel Essen brachte. Sie drückte Liam einen Kuss auf die Wange und lächelte ihm von der Seite an, während er noch immer zur Bühne hoch sah, dabei lehnte sie ihren Kopf etwas zur Seite und sah gerade aus, genau in meine Richtung. Sie kniff ihre Augen etwas zusammen uns sah mich an, als würde sie nachdenken.
Ich winkte ihr unauffällig und ihr Gesicht erhellte sich regelrecht. Cheryl hatte mich gesehen und winkte mit zurück. Auch Liam nahm ich wahr, nachdem es ihm Cheryl anscheinend gesagt hatte. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er mir ebenfalls zuwinkte. Ich konnte an seinen Lippen sehen, dass er versucht etwas zu sagen, aber erstens war er zu weit weg damit ich ihn hören konnte, dazu die laute Musik, und zweitens besonders begabt im Lippenlesen war ich auch noch nie. Ich schüttelte einfach den Kopf, um ihm zu zeigen, dass ich keine Ahnung hatte was er mir versuchte zu sagen.
Plötzlich spürte ich einen Arm um meine Schulter und erschreckte mich, als Tobi total laut zu brüllen begann, da Harry mit einer Regenbogenfahne auf der Bühne herumlief. Tobi drückte mich dabei unbewusst an sich, während er noch immer Grollen neben mir stand. Neben mir stand eine etwas zehn Jährige mit ihrer Mutter, die mich beide komisch von der Seite ansahen, als sei es meine Schulter, dass Tobi so am Ausflippen war.
Die Show endete daraufhin schon bald und ich hatte leider keine Gelegenheit mit Liam oder Cheryl zu sprechen, aber zumindest wusste ich, dass sie mich wiedererkennen würden.
"Er hat mir zugezwinkert, hast du das gesehen? Ich kann noch immer nicht glauben!" Tobi redete ohne Punkt und Komma, als wir und auf den Weg zum Parkplatz machten. Er sah überglücklich aus und seine Haare standen ihn verschwitzt zu Berge. "Und wir haben sogar Liam gesehen! Schade dass wir nicht die Chance hatten, ihm um ein Foto zu bieten. Joanne wäre ausgeflippt!" setzte er nach und nahm anschließend einen tiefen Zug von seiner Zigarette.
"Deine kleine Schwester ist also Liams größter Fan? Das dürfen wir Sophie nicht erzählen sonst werden die Beiden wohl noch um ihren zukünftigen Ehemann streiten!" scherzte ich kichernd. Bei der Vorstellung an seine kleine Schwester und Sophie die sich wegen Liam stritten, wurde mein Lachen immer lauter.
Beim Auto angekommen lehnte ich hinten an uns winkelte meinen rechten Fuß so an, dass er am hinteren Reifen ankam. Tobi stand währenddessen vor mir und rauchte in Ruhe seine Zigarette zu Ende.
Kapitel 7
"Einen schwarzen Kaffee und einen Blaubeermuffin?" fragte ich den Mann, der pro Tag nun einmal täglich hier war und immer dasselbe bestellte. Es war der Mann der damals im Armani-Anzug und mit der Rolex das Café betreten hatte.
"Wie immer." erwiderte er und sah von seiner Zeitung hoch. Nickend machte ich mich wieder auf den Weg zurück, um alles für die Bestellung vorzubereiten. Nachdem ich ihm seine Bestellung zum Tisch gebracht hatte, ging ich wieder zurück und half Kevin seine Tische abzufertigen.
"Du bist echt flott, Amara. Respekt!" hörte ich Kevin sagen, nachdem wir fertig waren und die letzten schmutzigen Tassen im Geschirrspüler räumten.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich bin eben lernfähig, aber danke." Kevin hatte schwarze kurze Haare und eine Blonde Strähne, die ihm ins Gesicht hing. Auch ein Augenbrauen-Piercing zierte seine linke Braue.
"Wer ist lernfähig?" kam es plötzlich von hinter uns. Es war Lola, die gerade kam, um mich von meiner Schicht abzulösen. Den ganzen Tag hin freute ich mich schon auf nichts anderes mehr, als endlich nach Hause zu dürfen, denn heute war der Tag, an dem Sophie endlich anreisen wird.
"Amara, ist lernfähig." antwortet ihr Kevin der sie von oben bis unten betrachtete und schließlich bei ihrem Ausschnitt hängen blieb. "Meine Augen sind hier oben, Kev." Lola legte ihren Zeigefinger unter sein Kinn und hob seinen Blick an. "Das weiß ich doch ..." hörte ich Kevin ihr zu wispern mit einem amüsierten Blick. "Aber die beiden schreien schon förmlich nach mir. Sie wollen eine Spezialbehandlung von Dr. Kev ..."
"Okay! Wartet bis ich weg bin, Leute!" ich hob meine Hände und quetschte mich durch die Beiden durch um zu den Umkleideräumen zu kommen. Ich nahm meine Schürze ab, faltete sie zusammen und legte sie wieder in meinen Spind zurück. Das schwarze Shirt, das wir immer tragen mussten, stopfte ich ihn meine Tasche und legte sie mir anschließend über die Schulter.
Nachdem ich mich von allen verabschiedet hatte, machte ich mich auf den Weg zur U-Bahn. Heute war ich ausnahmsweise mal nicht mit Tobi in der Arbeit, denn normalerweise teilte Martin uns zusammen ein. Gerade rechtzeitig schaffte ich es noch die erste Bahn zu erwischen und setzte mich auf einen freien Platz, den ich nur eine Station weiter einer älteren Dame überließ.
Fast schon keuchend erreichte ich im dritten Stock unseres Wohnhauses, unsere Wohnungstür. Während ich in meiner Tasche nach meinem Schlüssel kramte, klingelte ich an der Tür, da ich mir sicher war, dass Tobi mir wohl schneller die Tür öffnen würde, als dass ich den Schlüssel finden würde. Erneut klingelte ich, als sich nichts tat, auch den verdammten Schlüssel konnte ich einfach nicht finden. Hatte ich ihn vergessen einzupacken?
Ich leerte meinen Tascheninhalt auf den Boden des Flur: ein kleines Notizbuch, Handy, Haarbürste, Gummibänder, Deo, Kaugummi, Labello, das Shirt aus der Arbeit - aber kein Schlüssel. Etwas stärker klopfte ich nun schon gegen unsere Tür, aber zu meinem Bedauern wurde sie auch dieses Mal nicht geöffnet. Ich widmete mich wieder meinen Sachen, die noch immer verstreut am Boden lagen und sah erst dann, dass ich eine Nachricht bekommen hatte.
Tobi: Bin schnell zu Ben gegangen, habe den Käse vergessen. Rühr den Kuchen ja nicht an!
Dachte er wirklich, dass ich den Willkommenskuchen für Sophie verputzen würde? Für wie verfressen hält der mich? Zum Glück befand sich Bens Lebensmittelladen nicht weit von hier entfernt. Seufzend ließ ich mich am Boden nieder und zog die Beine an. Still ärgerte ich mich, dass ich meinen Schlüssel vergessen hatte, das war mir noch nie passiert.
Nach einigen Minuten, die ich damit verbrachte im Stillen auf mein Handy zu starren, hörte ich dumpfe Schritte von unten. Wie ein Echo hallten sie den Gang hoch. Insgeheim hoffte ich, dass es sich um meinen Mitbewohner handelte, da ich mir doch ein bisschen komisch vorkam, vor der Wohnungstür am Flur zu sitzen. Die Schritte wurden lauter und ich konnte schon einen dunklen Haarbüschen erkennen, der die Treppen hoch kam. Als er um die Ecke bog und mich sitzen sah erschreckte er sich kurz und legte eine Hand auf sein Herz.
"Mann, Amara. Jetzt hast du mich mal erschreckt!" Dylan lächelte mir leicht erschrocken entgegen und stieg die letzten Stufen hoch zu mir. "Sorry." erwiderte ich ihn schließlich. Schon wieder war er in einem trainings-Outfit vor mir. Sein Shirt klebte an seinen Oberkörper und gab eine gute Sicht auf seinen trainierten Körper.
"Hattet ihr streit oder warum sitzt du vor eurer Wohnung?" fragte er mich, als er seine Schlüssel herausnahm und sie in das Schlüsselloch steckte.
Ich schüttelte den Kopf. "Ne, ich hab meinen Schlüssel anscheinend zu Hause vergessen und Tobi ist schnell zu Ben gegangen. Jetzt muss ich warten, bis er wieder zurückkommt. „erzählte ich ihm.
Dylan sah von oben auf mich hinab und strich sich durch sein Haar. "Dann wäre das wohl der perfekte Zeitpunkt für den Kaffee, von dem wir neulich gesprochen haben. Zufällig habe ich die beste Kaffeemaschine, die es gibt, da drinnen." Dylan deutete dabei mit dem Finger auf seine Wohnungstür. "Nimmst du das Angebot an?"
Ich biss mir auf die Lippe, nickte und stand auf. Meine Tasche hatte inzwischen Dylan vom Fußboden aufgehoben. Dylan entriegelte das Schloss und öffnete die Tür für mich. Still schweigend folgte ich ihn durch den Flur, an dem ein Schuhregal nach dem anderen stand. "Wer hat hier denn einen Schuh-Fetisch?" fragte ich Dylan amüsiert, da es immer hieß, Frauen waren diejenigen, die bei keinem Paar Schuhe 'Nein' sagten konnten.
"Was soll ich dazu sagen? Gegen ein paar schicke Sneakers ist eben nichts einzuwenden. Außerdem laufe ich viel und daher, brauche ich passables Schuhwerk." war die ruhige Antwort von meinen Nachbarn.
Die Wohnung war genauso groß und geräumig wie unsere, sie war nur spiegelverkehrt. Es wirkte alles sehr gepflegt und ordentlich. "Setzt dich doch schon mal. Ich zieh mich nur eben mal um." sagte Dylan zu mir, bevor er sich sein Shirt auszog und sich anscheinend auf den Weg zu seinem Zimmer machte. Kurz darauf kam er wieder zurück ins Wohnzimmer, dabei trug er eine große braune Kiste mit sich.
"Hier, die gehört euch." keuchte er und stellte das riesige Ding vor mir auf den Boden. "Ich hab auch noch eine zweite angenommen." setzte er nach und sprintete nochmals auf den Flur hinaus. Auf den Adress- Aufkleber stand unsere Adresse und darunter die Daten von Sophie. Dylan kam zurück und stellte auch die zweite Kiste ab. "Wer von euch bestellt denn so viel? Die Schachteln sind zudem voll schwer." Während er sprach, ging er zur Küchennische hinüber und öffnete eine der oberen Kästchen.
"Die sind von unserer neuen Mitbewohnerin. Sie reist heute an und ist außerdem meine beste Freundin." erzählte ich Dylan und ging zu ihm hinüber, dabei ließ ich meinen Zeigefinger über die Theke gleiten bis ich genau neben Dylan ankam, der gerade damit beschäftigt war, die Kaffeekapseln in die Maschine zu geben.
"Apropo, Mitbewohner. Wo sind eigentlich deine? Tobi meinte, ihr hättet auch eine WG hier, aber bis jetzt habe ich immer nur dich gesehen." fragte ich ihm.
Dylan stellte die beiden roten Tassen auf die Maschine und drückte den Kopf, damit der warme Kaffee sich in unseren Tassen füllen konnte. "Enrico ist über die Ferien immer zu Hause. Er kommt nämlich aus Spanien."
"Und warum bist du nicht zu Hause? Gefällt es dir alleine zu sein?" hackte ich interessiert nach.
Die Tassen waren gefüllt und Dylan stellte sie auf dazu passende Untertassen ab, die er anschließend nahm und mit zum Tisch trug, während ich ihm folgte. Wir setzten uns an den Glastisch, der direkt neben einem großen Fenster stand. "Ich bin von hier, daher habe ich nicht wirklich den Drang danach nach Hause zu gehen. Immerhin ist es genau der Grund, warum ich mich von zu Hause abgeseilt hatte. Ich brauche meinen Freiraum." erzählte er noch, bevor er an seiner Tasse nippte.
"Was ist mir dir, warum treibst du dich hier ganz alleine in London herum, obwohl das Semester erst in einen knappen Monat beginnt?" sprach Dylan und lehnte sich dabei etwas weiter nach hinten in seinen Sessel. Ich nahm derweil die Tasse in beide Hände und versuchte, ohne mit meine Zunge zu verbrennen, einen Schluck zu machen. "Es war nicht so geplant, aber durch ein paar unvorhersehbaren Dingen, hatte ich einfach das Verlangen mich in mein nächstes Abenteuer zu stürzen." erklärte ich ihn und stellte die Tasse wieder auf die Untertasse ab. Dylan sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Unvorhersehbaren Dingen?" wiederholte er meine Worte. "Sag doch gleich du hattest Stress mit deinem Ex-Freund." Ich biss mir in die Wange. War ich so durchschaubar? "Er war nicht mein Freund."
"Sondern?" fragte Dylan zwinkernd nach.
Ich rutschte etwas auf meinem Stuhl herum. "Stiefbruder." Ich war mir wirklich nicht sicher warum ich es ihm überhaupt erzählt hatte, nicht mal Tobi wusste näheres über meinen Stiefbruder. Vermutlich war es bald mal an der Zeit, ihm einfach zu erzählen war er wissen wollte. Vielleicht war mir nur ein bisschen mulmig, da ich wusste, dass er Harry mochte und den Rest der One Direction Jungs.
"Also so 'ne typische Stiefbruder - Stiefschwester Liebelei. Ich verstehe. Eure Eltern wussten sicher nichts davon und er hat es schlussendlich vermasselt." Er konnte mich anscheinend wie ein offenes Buch lesen. Ich erwiderte nichts darauf, sondern nahm einfach einen Schluck von meinen Kaffee.
Wir redeten noch über verschiedene Dinge bis wir unsere Tassen geleert hatten und ich eine Nachricht von Tobi erhalten hatte, in der stand, wo ich abgeblieben bin. Beim Verlassen der Wohnung packte ich mir noch eine der beiden Kisten von Sophie und ging zur Eingangstür, die Dylan mir freundlicherweise aufhielt.
"Die zweite hole ich später, wenn es dich nicht stört. Vielleicht schickte ich auch Sophie selbst rüber, immerhin sind es ihre Sachen." sagte ich zu Dylan, der sich inzwischen an den Türrahmen gelehnt hatte. Genervt versuchte ich noch eine Haarsträhne aus meinem Gesicht zu pusten, als ich sprach. Dylan lachte leise und kam mir näher. Mit seiner rechten Hand strich er über meine Wange und nahm mir die Strähne aus meinem Gesicht, die er hinter mein Ohr steckte.
Ich brachte nur ein schüchternes "Danke" heraus, welches Dylan mich amüsiert ansehen ließ. Er betrachtete mich weiterhin lächelnd, es machte mich ein bisschen nervös und zappelig. "Na gut, ich werde mich mal auf den Weg machen ... " murmelte ich fast unhörbar. Er leckte sich über die Lippen und nickte. "Okay." bekräftigte er seine Aussage. Ein letztes Mal schenkte ich ihn ein herzhaftes Lächeln bevor ich mich umdrehte und zur unserer Tür hinüberging. Dylans Blick lag noch immer auf mir während ich die Klingel drückte. Wir sahen uns noch ein für einige Sekunden an. Und kurz bevor Tobi die Tür öffnete und Dylan wieder in seine Wohnung ging hörte ich es ihm ganz deutlich sagen:
"Dieser Niall sollte sich in den Hintern beißen, dass er dich gehen lassen hat."
Kapitel 8
In verdanken verloren schnitt ich das Gemüse vor mir klein. Paprika, Zucchini und nun die Karotten, die ich vorhin noch geschält hatte. Dylan war ein netter Kerl und sah dazu noch gut aus. Es war wirklich sehr nett den Kaffee mit ihm zu trinken, so musste ich nicht alleine am Flur auf Tobi warten. Allerdings war ich etwas überrascht, als er Nialls Namen in den Mund nahm. Vermutlich kannte er mich schon von dem Paparazzo - Bildern, die im Internet kursierten. Immerhin wurde ich doch schon mit Niall zusammen abgelichtet oder war in einem Live-Stream von ihm zu sehen.
"Tobi?"
"Ja?" erwiderte mein Mitbewohner, der gerade die Tomatensoße, die er im Topf vor ihm zubereitete, kostete.
Ich räusperte mich noch, bevor ich weiter sprach. "Hast du eigentlich schon mal davon gehört, dass Niall eine Stiefschwester hat, die in gewisser Weise ein Fan ist?"
Tobi legte den Löffel beiseite und schaltete den Herd eine Stufe zurück. "Mir ist da mal was zu Ohren gekommen, aber ich habe da jetzt nicht wirklich so den Durchblick, was deren Familien betrifft. Außerdem interessiere ich mich doch hauptsächlich nur für Harry. Warum fragst du?"
Ich schnitt die Karotten noch fertig und leerte das Geschnittene anschließend in die Schüssel vor mir, in der schon das andere fertig geschnittene Gemüse lag. "Nur so. Stell dir das mal vor, das muss doch eigentlich voll verrückt sein, oder? Plötzlich ist ein berühmter und erfolgreicher Sänger dein Stiefbruder."
"Vermutlich, aber ich glaube nicht, dass wir uns den Kopf darüber zerbrechen müssen. So viel Glück wird sicher keiner von uns zwei haben. Na ja, wenn ich so darüber nachdenke ... kostenlose Konzerte wären ja schon nice und an die Weihnachtsgeschenke und Geburtstagsgeschenke will ich erst gar nicht denken, sonst werde ich noch damit beginnen mein Leben zu bedauern." Tobi verzog leicht den Mund und schnappte sich seine Zigarettenpackung vom Tisch. Mit einem nickten, fragte er mich, ob ich mit auf den Balkon kommen will. Barfuß folgte ich ihm hinaus auf unseren kleinen Balkon und ließ mich auf einen der Beiden Stühlen nieder, während Tobi den kleinen Sonnenschirm aufspannte, damit und die Sonne nicht verglühen würde.
"Ich hatte wirklich nie damit gerechnet, dass in London so viel Sonne scheint!" murrte ich, als sich die ersten Schweißperlen an meiner Stirn bildeten. Der Schirm schütze uns zwar vor der direkten Sonneneinstrahlung, aber doch nicht vor der Hitze.
"Es gibt auch nicht viele Tage, an denen es so warm ist wie heute, aber es werden von Jahr zu Jahr mehr. Klimaerwärmung." hörte ich Tobi schlicht antworten, der den Rauch seiner Zigarette in die Luft blies.
"Wir könnten morgen baden gehen. Das wär doch auch eine gute Möglichkeit Sophie an die Stadt zu gewöhnen. Hampstead Heath ist nur ne habe Stunde mit dem Auto entfernt von hier." schlug Tobi vor. Gut aussehende, sportliche Briten in hoffentlich engen Shorts? Das könnte was für Sophie sein.
Ich nickte. "Perfekt! Dann kann ich endlich den neuen Bikini einweihen, den ich mir letztens gekauft habe. Ich werde auch Dylan fragen, ob er Lust hat mitzukommen, immerhin hat er mich heute zu sich auf einen Kaffee eingeladen." Am besten werde ich ihn gleich mal fragen, wenn ich das zweite Paket von Sophie holen gehe.
Tobi wackelte mit den Augenbrauen. "Hm. Ich kann es schon kaum erwarten diese Aussicht zu genießen." Spielerisch schlug ich ihn leicht gegen die Schulter, als er mich zum Lachen brachte. Tobi zog noch ein letztes Mal an seiner Nikotin-Stange und drückte sie danach im Aschenbecher aus. "So wir sollten uns jetzt mal an die Lasagne ran machen, sonst bekommt Sophie heute nicht ihr Lieblingsgericht serviert, wenn sie ankommt." Da hatte er Recht.
"Ich freue mich so! Endlich sind wir wieder vereint!" brach es aus mir heraus, als ich Sophie endlich wieder in die Arme nehmen konnte. Seit der Hochzeit hatten wir uns nicht mehr gesehen. Zum Glück hatten wir heutzutage die Technologie, um auch egal in welchen Land man war, mit Freunden und Familie kommunizieren konnte.
"Amara du erdrückst mich!" hörte ich Sophie in die Umarmung sagen. "Ich bin doch viel zu klein um dich erdrücken zu können." erwiderte ich ihr und lockerte meinen Griff. Wir brachten wieder etwas Abstand zwischen uns und ich war verwundert, dass sie noch immer ihre blonden Haare hatte, immerhin war es jetzt schon fast einen Monat her, dass sie ihre Haare so hatte. "Du bist sogar noch blond. Wundert mich, sonst färbst du sie dir ja fast jede zweite Wochen anders."
Sophie kratze sich am Nacken. "Ohne Job kann ich mir das eben nicht mehr leisten. Ich muss wohl versuchen so aus zukommen und außerdem ist das Färben auf Dauer sowieso schädlich für die Haare. Wenn es geht, hätte ich auch mit 40 noch schöne dicke Haare und keine Glatze."
"Dann sei froh, dass du kein Mann bist! Wenn ich mir meinen Dad und meinen Großvater ansehe, scheint es, als hätte ich schlechte Chancen mit dieser Mähne alt zu werden. Halbglatze lässt grüßen!" warf Tobi ein, was uns zum Lachen brachte. Es fühlte sich schon sehr gut an, Sophie hier zu haben. Ich war mir sicher, dass wir zusammen eine tolle Zeit verbringen werden. Nur wir drei.
"Oh und damit du es gleich weißt ... " begann ich und zeigte mit dem Zeigefinger auf meine beste Freundin, als wir uns auf dem Sofa niederließen. „Wir werden morgen schwimmen fahren und der süße Nachbar, der auch zwei deiner Pakete angenommen hat, wird auch mitkommen. Ich bestimme hier und jetzt den Besitzanspruch an ihm." Meine Mitbewohner brachen in schallendes Gelächter aus. Ich schnaufte und stampfte mit dem Fuß. War das jetzt so witzig?
"Besitzanspruch? Dein Ernst, Amara!?" fragte Tobi nach, während er sich noch immer Totlachte.
"Ja, das meine ich ernst. Und das gilt natürlich auch für dich!" Die Klingel der Türklingel unterbrach das Gelächter der Beiden.
"Sophie, dann darfst du gleich mal zur Tür gehen, sind sicher deine Pakete, die noch fehlen. Die ganze Woche über mussten wir schon Postbote für dich spielen." kam es von Tobi, der zur Tür zeigte. Sophie kicherte und nickte, bevor sie sich auf den Weg machte, um ihre Arbeit zu verrichten. Ich nahm mir meine Cola-Dose vom Tisch vor uns und zog an meinem Strohhalm.
Wir hörten, wie die Tür aufging und anschließend einen lauten Knall, als die Tür ins Schloss fiel. Verwirrt tauschten ich und Tobi Blicke aus. Stutzig stelle ich mein Getränk wieder vor mir ab.
"Ähm Leute?!" hörten wir Sophie sagen, als sie im Türrahmen zum Flur stehen blieb. Wir standen beide auf und gingen zu ihr. Mit ihrer linken Hand zeigte sie in die Richtung in der die Wohnungstür lag.
"Was ist los?" fragte ich Sophie verwirrt, die mich aber nur steif anstarrte.
"Er steht vor der Tür." Ihr Blick sagte mir mehr als tausend Worte. Mein Mund klappte auf. Das konnte jetzt doch nicht sein, oder? Meinte sie Niall? Aber warum und was will er?
"Er? Wer ist er? Von wem redest du?" mischte sich Tobi auch neugierig ein. Stirnrunzelnd sah er abwechselnd zwischen uns hin und her. Jetzt war es eh schon zu spät, Tobi würde jetzt sicher keine Ruhe geben. Ich nickte Sophie zu, die anschließend Aussprach, was ich am liebsten nicht gehört hätte. "Ähm ... na ja ... Niall Horan steht vor der Tür. Soll ich ihn hereinlassen oder wegschicken?"
"WAS?" fragte Tobi unglaubwürdig nach. "Niall Horan steht vor unserer Tür? Was hat er hier zu suchen? Wegschicken? Spinnst du!"
Sophie sah mich fragend an. "Soll ich ihn hereinlassen oder wegschicken?" - "Was ist das denn für eine Frage? Mach die verdammte Tür auf!" platze es aus Tobi, der sein Glück anscheinend kaum fassen konnte.
"NEIN!" mischte ich mich nun auch ein. "Schick ihn weg!" Dazu war ich noch nicht bereit. Ich wollte nicht mit ihm reden, auch wenn ich seine Stimme gerne hörte.
"Mach die Tür auf! Verdammt es ist Niall Horan! Wie konntest du ihn nur die Tür vor der Nase zuwerfen!?" wieder war es Tobi der immer lauter wurde.
Ich schüttelte den Kopf. "Warum sollen wir ihn hereinlassen? Nur weil es Niall von One Direction ist? Würdest du jeden hereinlassen, der mal in einer Zeitung abgebildet war?"
"Niall Horan ist nicht jedermann. Wir müssen ihn auch nicht direkt hereinbitten. Ich werde ihn mal fragen was er will. Okay? Er befindet sich sicher an der falschen Adresse, aber das kümmert uns doch wenig, oder?" Tobi wartete nicht mal auf meine Antwort und drängte sich bei Sophie vorbei, dich mich entschuldigend ansah. Ich seufzte einmal laut und stellte mich zu ihr in den Türrahmen, während Tobi uns noch einen vielsagenden Blick zuwarf und die Tür öffnete.
Kapitel 9
Nialls Sicht
Zögernd stand ich vor der Wohnungstür 3B. Viel zu oft, war ich in Gedanken einen Dialog durchgegangen, den ich versuchen wollte zu führen, falls meine Stiefschwester mir die Tür öffnen würde. Natürlich hatte ich mir auch ein paar Worte für ihren Mitbewohner zurechtgelegt. Ich war nervös und dieses Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr so stark gefühlt. Es fühlte sich erdrückend an und ich wollte es loswerden. Meine verschwitzen Hände wischte ich noch ein letztes Mal an meiner Jeans ab, bevor ich meinen Zeigefinger auf die Klingel legte, aber noch nicht klingelte. Einen kurzen Moment wollte ich noch warten - musste versuchen mich zu fangen. Ich wollte nicht einen nervösen Eindruck von mir geben, sondern ein gelassener - eben als sei ich wirklich nur gekommen, um das Kriegsbeil zu begraben.
Ein lautes Klingeln ertönte als ich schließlich den Knopf drückte. Ich zappelte noch ein wenige herum und versuchte mir noch mein Shirt ein bisschen glatt zu streifen. Ein Poltern war zu hören und gleich anschließend, sah ich, wie sie die Türklinke nach unten bewegte.
Jetzt oder nie.
Gespannt sah ich, wie sich die Tür öffnete und eine mir sehr entgeisterte Sophie entgegen starrte. Sophie sah mich und sofort wurde ihr Blick emotionslos. Vermutlich war sie nur überrascht mich zu sehen, aber mir ging es nicht anderes. Mit ihr hatte ich nicht gerechnet.
"Hey, Sophie. Ist Ama-" Sophie ließ mir keine Wahl meinen Satz auszusprechen, denn im selben Moment knallte sie mir die Tür vor der Nase zu. Wieso hatte ich mich dazu hinreißen lassen hier anzutanzen?
****
Regungslos lag ich auf meiner Couch und starrte an die Decke. Liam saß neben mir auf den Lederstuhl gegenüber und sah mich sprachlos an.
"Hast du mit ihr gesprochen?" fragte ich ruhig in den Raum.
"Ich denke nicht, dass man ein es ein Gespräch nennen kann. Immerhin waren wir viele Meter voneinander entfernt und Harry gab gerade Kiwi zum Besten." erwiderte mein Kumpel auf meine Frage und ließ sich dabei weiter in den Lederstuhl sinken. Das Knautschen des Leders war unter seinem Gewicht zu hören. "Hast du nicht letztens zu mir gesagt, dass du an ihrem Geburtstag, dich bei ihre Blicken lassen wolltest?" fuhr er grinsend fort.
Ja, Liam hatte recht. Es war mein Plan ihr an ihrem Geburtstag einen Besuch abzustatten - ich war auch schon vor ihrer Haustür, aber irgendetwas in mir sträubte sich diese dämliche Klingel zu drücken. Ich hatte unten vorm Haus anschließend einen Jungen den Strauß in die Hand gedrückt und ihm 20 Pfund gegeben, damit er den Strauß oben bei Amara abgab. Er sah mich zwar etwas verdutzt an, aber dennoch tat er mir den gefallen. Ich wusste doch, warum ich ihr extra ein Kärtchen hineingesteckt hatte, aber vermutlich hatte sie es im Strauß, unter den Rosenköpfen, sowieso nicht gesehen haben.
Ich seufzte. "Ja, das war der ursprüngliche Plan, aber ich hatte eben 'Dinge' zu erledigen."
"Du Schisser!" kam es höhnisch von Liam, der breit zu grinsen begann. Warum nochmal hatte ich ihm die Sache mit Amara erzählt? Jemand hätte mich aufhalten müssen!
Abrupt setzte ich mich auf und kniff die Augen zusammen. "Schisser? Wie lange hat es bei dir gedauert, bis du Cheryl angesprochen hast?"
"Das war nicht dasselbe wie bei euch. Immerhin gibt es bei uns einen kleinen Altersunterschied und Cheryl ist nicht meine Stiefschwester, Horan!" verteidigte sich Liam sofort und dabei ertappte ich ihn, wie er eine rote Farbe aufzog.
Liam rutschte wieder etwas verlegen in seinem Stuhl hin und her bevor er sprach: "Aber zurück zum Thema. Sie war mit einem Typen, ich würde sagen im selben Alter, beim Konzert. Für mich sahen die Zwei ziemlich vertraut aus."
Ich schluckte. Ob das wohl ihr Mitbewohner war? "War es zufällig dieser Typ hier?" fragte ich Liam, nachdem ich mein Hand gezückt hatte und ihm einen Screenshot von einem Bild zeigte, dass Amara vor wenigen Wochen gepostet hatte. Sie war in einem kurzen schwarzen Kleid darauf zu erkennen, während der Lockenkopf hinter ihr stand und seinen Arm um sie gelegt hatte.
Liam kniff die Augen zusammen. "Ja, ich glaube er könnte es gewesen sein. Es war dunkel - ich könnte mich auch irren."
Ich nickte leicht, presste meinen Lippen aufeinander und legte mein Handy vor mir ab, ehe ich auf stand und zu meinen Kühlschrank hinüber ging. Aus dem oberen Fach nahm ich mit die ersten zwei Flaschen Bier heraus. Liam war mir währenddessen gefolgt und lehnte sich an der Theke an. Das Zischen des Biers war zu hören, als ich die erste Flasche öffnete und sie Liam zuschob.
"Niall." sagte Liam in sanften Ton und hielt mich dabei auf, die zweite Flasche zu öffnen. Er schüttelte den Kopf, kam auf mich zu und drückte mir die geöffnete Flasche in die Hände. Stirnrunzelnd sah ich ihn an. Seit wann verweigert Liam Payne ein gutes kühles Bier?
"Es wird Zeit, dass du dich deinen Dämonen stellst. Du musst doch zugeben, dass euer Streit jetzt nicht so schlimm war. Du hast ihr schon verziehen, dann wird Amara es auch können. Zudem bin ich mir sicher, dass Amara diejenige ist, die dich ständig anruft." Liam tippte mir gegen die Brust.
"Fang bitte nicht davon an. Du oder Louis, einer von euch beiden ist es, der mir auf die Nerven geht! Außerdem, warum sollte sie mich auch anrufen? Amara will nichts mit mir zu tun haben." unterbrach ich Liam. Ehrlich gesagt, wüsste ich nicht, wie ich mich bei ihr entschuldigen sollte - obwohl ich es wirklich wollte. Es tat gut mit jemanden sprechen zu können, der dich nicht nur mochte, weil man berühmt war. Wir hatten Spaß zusammen und zudem vermisste ich es, den Geschmack ihrer Lippen auf meinen zu fühlen und ihr süßes Lachen zu hören oder die Art wie sie ihre Lippen aufeinander presste wenn sie nachdachte.
"Tut mir leid, wenn ich das jetzt sage, aber dann wäre sie dämlich!" zischte Liam und hob dabei die Arme abwehrend vor sich. "Ich rate dir den ersten Schritt zu machen. Aus eigener Erfahrung, kann ich dir nur sagen, wie stur Frauen sein können. Schau einfach mal vorbei bei ihr, sie wird dich schon nicht fressen und außerdem hast du dann die Möglichkeit diesen Kerl unter die Lupe zu nehmen. Es wird Zeit, dass du deinen Mann stehts und dein Mädchen zurückeroberst!"
****
Mein Mädchen. Wie gerne hätte ich sie einmal so genannt.
Noch immer stand ich vor der verschlossenen Tür und es schien auch nicht, als würde mich jemand hineinlassen. Bedrückt sah ich auf den Boden hinab. Es wäre zu einfach gewesen. Ich wollte mich gerade umdrehen und den Heimweg antreten, als ich hörte, wie jemand die Tür öffnete.
Ein junger Typ mit gelocktem Haar und einem breiten Grinsen auf den Lippen begrüßte mich. Irgendwie sah er Harry ein bisschen ähnlich, mit diesen Locken und den Grübchen. "Hey. Gibt es einen speziellen Grund warum du an unserer Tür stehst? Die möchtegern Models wohnen eine Etage tiefer." Sprach er gelassen.
Ich schob den Gedanken ihm mit Harry zu vergleichen zur Seite. "Hey auch. Ja, ich bin auf der Suche nach meiner Stiefschwester, Amara Julien. Und nachdem mir ihre beste Freundin die Tür vor der Nase zugeschlagen hat, bin ich mir sicher, dass ich an der richtigen Adresse bin."
Der Lockenkopf ließ die Worte sickern und blinzelte einige Male, bis er sich kurz nach links drehte und hinter die Tür sah, aber so, damit ich seinen Kopf nicht sehen konnte. Ich zog eine Augenbraue hoch. Musste er sich erst eine Geschichte mit den Mädels ausmachen, warum ich nicht zu Amara durfte? Einen kurzen Augenblick später sah er mich wieder an und machte, zur meiner Verwunderung, die Tür weiter auf. "Ich hoffe du magst Lasange, denn die haben Amara und ich extra für Sophie gemacht und für dich werden wir sicher auch eine Portion übrig haben. Komm herein."
Ich folgte seiner Einladung danken und ging an ihm vorbei. Als ich mich nach rechts drehte sah ich Amara, die im Türrahmen lehnend da stand und mich mit fester Miene ansah. Sie war noch immer so bezaubernd, wie vor ein paar Monaten und ich konnte regelrecht fühlen wie mein Puls nach oben schoss. Erst als ich in Sophies Gesicht sah, die neben Amara stand, wurde mir anders. Ihr Blick war hart, er hatte etwas Böses an sich und die verkreutzen Arme taten ihr Übriges.
Kapitel 10
Amaras Sicht
"Die Möchtegern Model wohnen einen Etage tiefer." Schon alleine bei dieser Aussage wusste ich wieder warum ich Tobi so gerne hatte. Aber dennoch, war ich nicht sonderlich begeistert davon, als er Niall in die Wohnung ließ, obwohl wir ihn kopfschüttelnd gezeigt hatten, dass weder ich noch Sophie ihn hereinlassen wollten.
"Die sieht verdammt lecker aus. Gut dass ich noch nichts gegessen habe." Versuchte Niall sich einzuschleimen vom anderen Ende des Tisches. Wir hatten den großen Esstisch bereits gedeckt und mussten extra seinetwegen noch ein Teller und Besteck holen.
Ich fühlte mich schwummrig. Ja, Niall fehlte mir und ich hatte es vermisste mit ihm zu reden, einfach über die Gott und die Welt zu sprechen, aber trotzdem. Wir hatten uns gestritten und da meinte ich meine Worte auch genauso, wie ich sie gesagt hatte. Die Anrufe hatte ich bereits als einen Akt der Schwäche abgestempelt, auf die ich nicht sonderlich stolz war. Ein Räuspern unterbrach die plötzliche Stille am Tisch. "Also, ihr beide seid Stiefgeschwister?" fragte Tobi nach, der zwischen mir und Niall hin und her sah. Statt zu antworten, griff ich nach meinem Glas und nahm einen Schluck.
"Ja, hat Amara nichts davon erzählt? Liegt wohl daran, dass wir eine kleine Meinungsverschiedenheit hatten." antwortete Niall Tobi, der als Antwort nickte. Sophie hingegen war still und stocherte in ihrer Lasagne herum. Meine beste Freundin wusste natürlich genau um, was es in unserem Streit gegangen war und von dem her verurteilte sie Niall. Sie mochte seine Musik zwar noch immer, aber momentan war sie nicht gut auf seine Persönlichkeit zu sprechen.
"Tut mir leid Tobi. Aber ich wollte keine große Sache daraus machen. Das war es mir einfach nicht wert und zu dem hatten wir jetzt schon Monate lang keinen Kontakt mehr zueinander. Ich weiß auch überhaupt nicht was ihn geritten hat hier aufzutauchen." erklärte ich und sah am Schluss von Tobi zu Niall, der sich auf die Unterlippe biss und das Besteck in seinen Händen ablegte. "Amara ich -"
"Wie geht es denn eigentlich Holly, Niall?" unterbrach Sophie den Iren, der seinen Satz abrupt beendete musste.
"Ich weiß es nicht. Wir haben keinen Kontakt mehr seitdem ich von Mullingar weg bin." hörte ich Niall sagen. "Klar." kam es kurz und knapp von Sophie die eine Augenbraue hochzog und auf ihr Essen hinab sah.
"Holly? Wer ist das denn jetzt?" fragte Tobi verwirrt in die Runde. Sophie seufzte. "Sie ist das Mädchen, das sozusagen daran schuld ist, dass zwischen den Beide nicht mehr-"
"Sophie hört bitte auf!" unterbrach ich sie mitten im Satz. Ich wollte jetzt nicht mehr davon hören. Ich wollte doch nur einen schönen ersten Abend mit meiner besten Freundin verbringen. Warum musste auch Niall gerade heute hier auftauchen? "Lasst und jetzt einfach in stille essen! Ich möchte jetzt bitte nichts mehr von Holly hören. Ich konnte sie damals schon nicht ausstehen und das hat sich auch bis heute nicht verändert!" Keiner machte mehr einen Mucks. Ich atmete einmal tief durch und aß meine Portion Lasagne in Frieden weiter. Mehr als die Hälfte ließ ich aber über, da ich einfach keinen Hunger mehr hatte. Nachdem Niall hier aufgetaucht war, war mein Hunger nämlich verschwunden. Auch wenn es irgendwie sicher wieder passiert wäre, dass wir uns über den Weg gelaufen wären, hätte ich mir den Zeitpunkt am liebsten selbst ausgesucht. Ich hatte nämlich eigentlich damit gerechnet, dass wir uns erst nächsten Monat wieder sehen, bei der Geburtstagsfeier meiner Mum.
Wir packten schlussendlich alle mit an um räumten den Tisch ab, als wir fertig waren. Ich wischte noch den Esstisch ab, während Sophie mit Tobi das feuchte Geschirr polierte und wieder verräumten. Es war die perfekte Gelegenheit für sie die Küche zu erforschen. Niall saß noch schweigend am Tisch und sah mir zu, wie ich ihn abwischte.
"Amara? Können wir vielleicht kurz reden?" Ich sah hoch zu Niall der mich hoffend ansah. Seine schönen blauen Augen strahlen mich förmlich an. Wie hätte ich dazu 'Nein' sagen können?
Ich legte den Lappen wieder zurück auf seinen Platz und deutete zu Niall, dass er mir auf den Balkon folgen sollte. Es dauerte nicht lange, bis ich seine Schritte hinter mir war nahm. Die Sonne strahle nicht mehr direkt an unseren Balkon, deshalb räumte ich den Sonnenschirm zur Seite. Wir hatten eine Schöne Aussicht auf den ganz kleinen Park vor unserem Haus, der in der Mitte einen kleinen Brunnen hatte, in dem Kinder gerade planschten.
"Wer raucht denn hier so viel?" bemerkte Niall als er den Aschenbecher sah, der schon längst einmal ausgeleert werden müsste. Das war wohl sein Eisbrecher.
"Tobi." erwiderte ich auf Nialls Frage hin und ließ mich dabei auf meinen Stuhl nieder. Auch mein Stiefbruder tat es mir gleich. "Ich hatte schon sorge, dass du bist schon vor Beginn deines Studiums zum Raucher mutiert." scherzte Niall mit einen herzhaftem Lächeln auf den Lippen. Mich ließ es jedoch kalt, deshalb sah ich ihn nur emotionslos an, bevor ich sprach. "Über was willst du reden?"
Nialls lächeln verschwand. Er begann erneut auf seiner Lippe herum zu kauen und legte dabei seine Hände auf den Tisch, auf die er hinab sah. Er seufzte laut. "Ich bin hier um mich zu entschuldigen. Ich habe es eingesehen, dass das alles zwischen uns wohl nicht so gut gelaufen ist, da ich Fehler gemacht habe. Ich weiß, dass ich mein Versprechen gebrochen hab, dich niemals zu verletzten und das tut mir leid. Außerdem bist du jetzt ein Teil meiner Familie und ich möchte nicht dass wir so ein schlechtes Verhältnis zueinander haben. Lass mich dir zeigen, dass ich ein guter Stiefbruder sein kann, es muss ja nicht gleich wieder romantisch zwischen uns werden. Lass uns wieder Freunde sein, bitte." Niall beendete seine Ansprache und sah dabei das erste Mal von seinen Händen hoch. "Mehr will ich doch gar nicht Amara. Nur diese eine Chance." "Wir haben beide Fehler gemacht Niall. Ich gebe nicht nur dir die Schuld daran und ich bin mir sicher, wenn jeder von uns ein oder zwei Dinge anders gemacht hätte, säßen wir jetzt nicht hier. Du hast Recht. Wir sind jetzt eine Familie und ich würde mir auch gerne ein besseres Verhältnis zwischen uns wünschen."
Ein leichtes Lächeln formte sich auf Nialls Lippen als er mich reden hörte. "Ist das ein ja?" fragte er mich vorsichtig.
Würde es ein Fehler sein? Konnte ich überhaupt nein zu ihm sagen? Außerdem gab es nie Probleme, als wir nur Freunde waren und uns noch nicht geküsst hatten, also warum sollte es jetzt nicht genauso sein wie damals? Freunde - damit könnte ich sicher Leben.
"Lass uns Freunde sein Niall."
Erleichtert ließ sich Niall im Stuhl zurückfallen und dabei legte er seine Hand aufs Herz. "Du hast ja keine Ahnung wie glücklich du mich gerade gemacht hast!"
Nicht nur er war glücklich, denn ich konnte deutlich die Wärme in meiner Magengegend fühlen. Es konnte nur seinetwegen sein oder eben das Stück Lasagne, das ich verputzt hatte.
"Wie wäre es, wenn wir morgen etwas zusammen machen? Nur du und ich, um unsere neue Freundschaft zu feiern, Schwesterchen?" fuhr Niall grinsend fort. Er raufte sich sein Haar hoch mit seiner rechten Hand, als er auf meine Antwort wartete.
"Ähm, also ich habe morgen schon etwas vor. Wir wollen morgen baden gehen. Ich würde dich ja fragen, ob du mitkommen möchtest, aber da werden sicher viele Leute sein, die dich erkennen würden und dann hätten wir keine Ruhe." Es tat mir ja schon irgendwie leid ihm sofort eine Abfuhr zu erteilen, aber es war die Wahrheit.
Niall senkte seinen Kopf enttäuscht. "Wohin fahrt ihr, wenn ich fragen darf?"
"Hampstead Heath"
Kapitel 11
"Klopf-Klopf." Mit diesen Worten betrat ich Sophies Zimmer, die gerade am Boden saß und den Karton mit ihren Klamotten ausräumte. Es sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Überall lagen Stapel von Klamotten verteilte, die sogar das gesamte Bett verschwinden ließen. Ob sie hier wohl noch einen Überblick hatte? Ich bezweifelte es.
"Hier sieht es ja schlimmer aus, als bei mir damals."
Sophie sah in meine Richtung und zog die Augenbrauen zusammen. "Ach ja? Du darfst mir aber gerne helfen, immerhin bin ich nur deinetwegen hier."
Schmunzelnd ließ ich mich neben ihr nieder und half ihr dabei ihre Shirts zu sortieren. Sie hatte eine Macke, immer alles nach Farben zu sortieren und da sie beim Einpacken anscheinend nicht darauf geachtet hatte, war jetzt alles durcheinander. "Ich will mich ja wirklich nicht beschweren, aber warum räumst du es nicht einfach irgendwie ein? Ist es nicht egal, ob deine Shirts blau, gelb oder grün sind?"
"Das habe ich dir doch schon so oft erklärt, Amara. So bin ich hundertmal schneller, wenn ich etwas Spezielles suche, das auch zusammen passen soll. Denk doch mal nach." hörte ich Sophie sagen, die sich einen Stapel nahm, aufstand und ihn in den Kleiderschrank räumte. Dieses System brachte Sophie schon oft an den Rand der Verzweiflung, wenn sie in meinen Kleiderschrank sah, um mir bei meinem Outfit zu helfen.
"Aber lass uns jetzt mal über das wirklich wichtige Thema sprechen..." wandte sich Sophie mir zu. „Du hast Niall viel zu schnell verziehen. Warum?"
Ich senkte meinen Blick und presste meine Lippen aneinander. Warum eigentlich? "Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder eine zweite Chance verdient hat. Ja, er hat mir schon wehgetan, aber wie du weißt bin ich nicht wirklich für einen Streit geschaffen. Außerdem ist er mein Stiefbruder und ich möchte schon alleine für meine Mutter ein gutes Verhältnis zu ihm haben. Falls er es dieses Mal wieder vermasselt dann war's das. Wirklich."
"Ein gutes Verhältnis? Wegen deiner Mum? Es hat nichts damit zu tun, dass er verdammt gut aussieht und zufällig Niall Horan ist, oder etwa doch?" kam es mit einem leicht höhnischen Blick von Sophie.
Ich schüttelte den Kopf. "Das hat nichts damit zu tun, es ist nur ein kleiner Bonus."
"Klar." erwiderte Sophie daraufhin und griff sich den nächsten Stapel. "Und wie soll ich mich jetzt verhalten? Soll ich auch so tun, als hättest du nicht die ganze Nacht auf mein Kleid geheult und deine Mascara an mir hinterlassen?"
"Du liebst Niall doch genauso sehr wie ich, dass sollte doch kein Problem für dich sein."
"Ja schon, aber ..." Sophie hielt inne und sah mich für einen Moment still an. Als müsste sie nachdenken, was sie wohl tun sollte. "Hm. Vermutlich wäre es schon komisch, wenn du gerade du ihm verzeihst und ich nicht." Sie presste ihre Lippen aneinander. "Na gut, ich werde einfach mal genauso Naiv wie du sein. Er bekommt eine Chance uns zu zeigen, dass er auch der nette Niall von One Direction sein kann. Ich bin ja nur gespannt, wie lange es wohl dauern wird, bis ihr beide euch wieder näher kommt und der ganze Zirkus von vorne beginnt." Schnaubend stemmte ich meine Arme gegen meine Taille. "Niall und ich waren uns einig, dass da nichts Romantisches zwischen uns laufen wird. Nur Stiefbruder und Stiefschwester! Also mach dir keine Sorgen um den 'Zirkus'".
"Warte ich helfe dir."
Ich bedankte mich bei Dylan, der mir meine Badetasche abnahm.
"Los beeilt euch! Ich will endlich ins Wasser, bevor ich hier noch an Ort und Stelle schmelze!" quengelte Tobi, der schon mit seinem Rucksack an der Schulter bereit stand, um das Parkhaus zu verlassen. "Chill mal!" hörte ich Sophie zu Tobi sagen, die sich gerade ihren Strohhut aufsetzte und nach ihrer Badetasche griff.
Wir mussten zirka fünfzehn Minuten gehen, bis wir den See im Park erreicht hatten. Eine große Liegefläche mit Schattigen Plätzen und einem natürlichen Badewasser - so lässt sich dieser See hier beschreiben. Eine Menge Leute hatten sie hier um den See versammelt. Kleine Kinder planschten am seichten Wasser und spielten mit ihren Spritzpistolen. Grillen zirpten und Schmetterlinge brachten etwas Farbe auf den beinahe ausgetrockneten Rasen.
"Wohin wollt ihr?" fragte ich in die Runde und sah zwischen Sophie, Tobi und Dylan hin und her. Dylan zuckte mit den Schultern, Tobi jammerte nur, dass er ins Wasser wollte und Sophie war es egal. Ich sah mich um. Ich wollte nicht direkt in der prallen Sonne liegen, aber auch nicht im Schatten - ich wollte mich immerhin ein klein wenig bräunen lassen. Doch plötzlich fiel mir jemand ins Auge. Dieser rothaarige Schopf, der aufrecht auf einen Handtuch lag und in die Sonne starrte. "Ist das nicht Lola?"
Tobi folgte meinen Blick. Er kniff seine Augen dabei etwas zusammen. "Ich glaube, du könntest Recht haben." Ohne weitere Worte zu wechseln, marschierten wir auf sie zu.
Ich sollte Recht behalten. Es handelte sich wirklich um unsere Arbeitskollegin.
"Bist du ganz alleine hier?" fragte ich sie, nachdem wir Sophie und Dylan vorgestellt hatten und unsere Handtücher neben ihr ausgebreitet hatten.
"Ja, denn so ist die Wahrscheinlichkeit großer von jemanden angesprochen zu werden. Du weißt schon, von einem Typen, denn die meisten trauen sich nicht, wenn man in einer Gruppe da ist."
"Das bedeutet dann wohl, dass wir dir die Tour vermasseln, stimmst?" hackte ich sofort nach.
Lola winkte ab. "Kein Ding, immerhin habt ihr dafür gesorgt, dass ich was zum Schauen habe." Den letzten Part des Satzes wisperte sie mir zu und dabei sah sie in Dylans Richtung, der sich gerade die Klamotten auszog. Nicht nur Lola war am Schmachten, sondern auch wir anderen. Wie bekam er es nur hin, so trainiert zu sein? Ich kann kein Stück Schokolade verweigern und bin schon nach zwei Sit-ups außer Puste! Falls es da einen Trick geben sollte, muss ich ihn dazu bringen, ihn mir zu erzählen!
In meinen schwarzen Bikini und mit Sonnenbrille folgte ich den Jungs und Sophie ins Wasser. Lola blieb zurück auf ihren Platz und schmökerte in einen Buch. Sie musste dazu extra eine Lesebrille tragen, die ihr, um ehrlich zu sein, gut stand.
Ich tunkte meine große Zehe zuerst in das Wasser, um zu prüfen, wie kalt es wohl werden würde. Aber es war nicht zu kalt und dadurch, dass mir sowieso schon heiß war, stürzte ich mich kurz darauf auch schon in das kühle Nasse. Sophie und Dylan machten es mir gleich und befanden sich kurz darauf neben mir. Tobi, der die ganze Zeit gequengelt hatte, dass er ins Wasser wollte, stand erst bis zu den Knien im Wasser.
"Na, was ist los Miller? Ist es dir zu kalt?" frage ich ihn neckend. Er schnaufte. "Warte nur bis ich drinnen bin Julien!" erwiderte er mir, dabei machte er einen winzigen Schritt nach vorne, stieg anscheinend auf seinen Stein und viel nach hinten ins Wasser. Tobi kreischte wie ein kleines Mädchen auf und stampfte im Wasser herum.
Während er herum kreischte, konnten wir uns vor Lachen nicht mehr halten. So elegant wie er nach hinten gefallen war - dieser Fall hätte einen Preis verdient!
Irgendwann hatte er sich wieder beruhigt und schwamm auf uns zu. Auf meiner Sonnenbrille waren viele Wasserspritzer des Süßwassers gelandet, als er hinfiel. Es nervte mich die Flecken auf meiner Brille zu sehen. "Wie wär es Mädels. Bock auf einen Hahnenkampf?" fragte Dylan uns plötzlich. Ich krauste die Nase. "Ich wollte eigentlich versuchen meine Haare trocken zu halten, weil ..." weiter kam ich gar nicht erst, denn plötzlich befand ich mich unter Wasser. Dylan hatte mir gegen die Kniekehle gedrückt und mich untergetaucht. Wie nett.
Natürlich lachten alle als ich wieder an der Luft war und ich versuchte sofort in die Intensive zu gehen und mich gegen Dylan zu bewähren, in dem ich versuchte ihn unter die Wasseroberfläche zu bekommen - keine Chance. Ich war viel zu schwach. Er hatte mich fest in seinen Griff. "Du solltest dir ein paar Muskeln antrainieren, bevor du auf mich losgehst. Sonst wird das nämlich nichts, da kannst du noch so oft mit deinen langen Wimpern klimpern Amara."
"Du wirst ja jetzt schon rot, dich beneide ich nicht um deinen Hauttyp. Du solltest es mal mit Selbstbräuner probieren, bevor du noch Hautkrebs bekommst."
"Das geht schon, ich bin es ja gewohnt." antworte ich Lola, die gerade über mir bückte und mir den Rücken eincremte, während ich auf meinen Bauch lag und meinen Kopf mit meinen Händen abstützte.
"So. Das hätten wir dann erledigt. Ich werde mich jetzt auch mal ins Wasser stürzten, denn von meinen Platz aus hatte ich noch keine gute Sicht auf den gut aussehenden Typen, den du mir mitgebracht hast." Lolas momentanen Gesichtsausdruck konnte ich mir nur allzu deutlich vorstellen. Ich hörte, wie die Tube Sonnencreme schloss und anschließend aufstand.
"Viel Spaß." murmelte ich Lola noch hinterher als sie sich von mir entfernte. Ich schnappte mir meine Badetasche, legte mein zweites Handtuch darüber, damit ich meinen Kopf darauf legen konnte und drückte mir anschließend meine Kopfhörer in die Ohren. Ich überlegte nicht lange und drückte auf die erste Playlist, die mir ins Auge stach. Dazu hatte ich mir auch noch mein Oberteil auf gemacht, weil ich keinen weißen Streifen auf dem Rücken haben wollte.
Nun lag ich schon eine Weile so und war leicht am Dösen, bis mein Smartphone zu klingeln begann. Ich stützte mich leicht auf und wischte am Display über die grüne Taste unter Nialls Gesicht. "Horan, was willst du denn?"
Niall räusperte sich. "Hey auch. Netter Empfang." witzelte er am anderen Ende der Leitung.
"Du hast mich auch bei meinem Schönheitsschlaf gestört, also wundere dich nicht. Also ..."
Er lachte leicht auf. "Also ob du den brauchen würdest." Es war kurz still zwischen uns und ich machte mir in der Zwischenzeit kommentarlos mein Oberteil wieder zu. "Wo seid ihr?" fuhr er nach kurzer Zeit fort.
"Schwimmen. Das habe ich dir doch gestern schon gesagt, vergessen?" hackte ich nach und setzte mich auf, um meine Wasserflasche zu suchen.
"Ne, habe ich nicht. Hampstead Heath. Ich habe voll den Durchblick, Kleine."
Kleine? Was hat der denn heute gefrühstückt? Und auch wenn ich nur ein laufender Meter war, musste er mich so nicht verniedlichen. "Ist klar Niall, rede es dir nur ein."
Niall jedoch ignorierte meine Antwort und fragte sofort wieder etwas. "Liegt ihr rechts vom Steg aus? Ich habe ja gehört, dass die rechte Seite schöner sein soll, sprich gepflegter als die andere Seite."
Ähm, okay? Irgendetwas war da doch faul. "Rechts." erwiderte ich daraufhin. Ich drehte den Verschluss der Flasche auf und nahm einen großen Schluck von meinem Wasser. "Niall es ist zwar schön deine Stimme zu hören, aber ich wollte mich gerade Sonnen lassen, versuchen Farbe zu tanken, die mein Körper höchstwahrscheinlich schon in Kürze wieder abstoßen wird, also wenn es dich nicht stört, würde ich gerne auflegen, außer du hast noch etwas super wichtiges, dass du mir erzählen muss oder willst."
"Okay, dann werde ich dich mal nicht weiter stören Amara. Bis dann." Ohne die Möglichkeit zu haben, beendete Niall den Anruf. War er jetzt sauer? Meiner Meinung nach hörte er sich nicht sauer an, aber er ließ mich nicht mal Auf Wiedersehen sagen und das war normalerweise nicht seine Art.
'Okay, dann werde ich dich mal nicht weiter stören Amara. Bis dann.'
Moment! Warum 'bis dann'? Er wird doch hier jetzt nicht wirklich auftauchen oder doch? So dumm würde er doch bestimmt nicht sein. Ja, ich kann mir schon vorstellen, dass das Leben als Promi anstrengend sein kann, dass man nicht mal einfach so an einen See fahren kann, um mit seinen Freunden eine gute Zeit zu verbringen, ohne dass man von verrückten Fans gejagt wird. Aber auf der anderen Seite, haben es sich die meisten selbst so ausgesucht.
Die Privatsphäre ist der Preis für Ruhm und Reichtum.
Auch wenn ich, wie Niall, die Gabe hätte wunderschöne Töne über die Lippen zu bekommen, würde ich diesen Preis nicht bezahlen. Ja klar, die Bezahlung in Banknoten könnte sich sehen lassen, wenn man das Glück hat groß heraus zu kommen, aber war es das wirklich wert?
'Bis dann' vermutlich war es nur eine Floskel, die er benutze, weil er eventuell gerne mitkommen wollte, aber wusste, dass es besser so war, wie es nun war. Es tat mir sogar ein bisschen Leid für ihn.
"Entschuldigen Sie, Miss?" geistesgegenwärtig lief ich meine Wasserflasche fallen, die ich zu meinen Glück schon wieder geschlossen hatte. Leicht erschrocken wendete ich mich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Ich musste einige Male blinzeln, weil die Sonne nun direkt auf mein Gesicht schien, aber es reichte vollkommen aus, um Niall vor mir zu erkennen. Er stand nur in seiner Badehose vor mir, mit einer großen Schwarzen Sonnenbrille in der rechten Hand und einer schwarzen Kappe am Kopf.
"Was machst du denn hier Ben?" fragte ich Niall erschrocken.
Er zog fragend eine Augenbraue hoch. "Ben? Hat mich meine Mutter umgetauft, ohne mir Bescheid zu sagen?" Niall lachte und setzte sich zu mir auf meine Handtuch.
"Nein, Klugscheißer. Aber wenn ich den Typen, der aussieht wie Niall Horan, auch noch mit Niall anspreche, werden wir schon bald ein Problem bekommen." konterte ich auf seine Aussage. Dachte er überhaupt nicht mit?
"Verstehe. Nicht nur schön, sondern auch was im Köpfchen. Das mag ich so an dir Schwesterchen." Niall lächelte mir entgegen, mit seinem Millionen-Dollar Lächeln, für das manche Mädchen sterben würden. Durch die perfekte Position zur Sonne strahlten seine blauen Augen noch mehr als sonst. Ich musste mich zusammenreißen und den Blick von ihm lösen, sonst wäre ich noch in Schnappatmung gefallen.
"Niall, schau mich bitte nicht so an..." gab ich kaum hörbar von mir, aber leider hatte er es gehört und begann leise zu kichern.
"Wie denn? Ich mache doch überhaupt nichts Amara." Dass er darüber amüsiert war, war nur allzu deutlich herauszuhören.
"Du weißt was ich meine, jetzt setzt endlich die blöde Sonnenbrille auf, damit dich keiner erkennt!"
Niall grinste mich breit an. "Nein, ich weiß es wirklich nicht. Erklär es mir doch!"
Ich verdrehte genervt die Augen, stand auf und lief zum Wasser hinüber. Als ich am Wasser ankam, sah ich in Niall Richtung, der mir gerade in diesen Moment hinterher sah. Es dauerte nicht lange, bis er sich seine Sonnenbrille aufsetzte und zu mir hinüber kam. Derweil wurde ich von meinen Freunden am Ufer Empfangen.
"Was macht er hier?!" fragte Sophie an mich gerichtet, aber ich konnte auch nur mit den Schulter zucken. "Ich habe keine Ahnung. Plötzlich war er da."
"Er wird sich dich im Bikini nicht entgehen lassen können. Ganz klar! Da werden die Hormone in ihm die Alarmglocken geläutet haben." meldete sich Tobi auch zu Wort. Er hatte das alles eigentlich recht gut verarbeitet und wir hatten gestern Nacht auch noch ein langes, alles Klärendes, Gespräch.
Gerade als ich etwas darauf erwidern wollte, spürte ich, wie sich ein Arm um meine Schulter legte und ich Niall Duft wahrnahm. Er roch so verdammt gut, dass es schon wieder verboten gehörte. "Hey." kam es von Niall neben mir, der jetzt schön brav seine Sonnenbrille trug. "Noch mehr neue Freunde?" Wow, traute er es mir nicht zu neue Leute kennenzulernen? "Freunde..." ich betonte das Wort extra laut, "das ist Ben mein Stief..."- "Ich bin Niall, Amara Stiefbruder. Es freut mich euch kennenzulernen."
Lola war die erste, die sich vorstellte. "Lola Lordean ist mein Name. Es freut mich ebenfalls dich kenne zu lernen, obwohl Amara nie einen Bruder erwähnt hat."
"Stiefbruder." korrigierte ich sie sofort daraufhin. Das ganze sollt schon seine Richtigkeit haben, wenn Niall sich schon selbst vorstellt.
"Und wer bist du?" richtete sich Niall an Dylan, der ihn still begutachtet hatte. Er sah kurz von Niall zu mir und anschließend wieder zu Niall. "Ich bin Dylan. Ich wohne in der Wohnung neben Amara und Tobi. Und Sophie jetzt natürlich auch."
"Mit deiner Freundin?" hackte Niall plötzlich nach. Ich kniff die Augen zusammen. Dylans Lippen formten ein Grinsen. "Ich bin noch solo unterwegs, aber ich arbeite bereits daran."
Niall erwiderte nichts darauf, sondern zog mich noch näher an sich ran. Ich räusperte mich und entglitt Nialls griff. Wieder fühlte ich seinen Blick auf mir liegen, als ich mich auf meine Freunde zubewegte, die Schultertief im Wasser standen.
"Und Niall, wie läuft es so im Job?" neugierige Blicke wurden sofort auf Niall gerichtet, als Lola ihm die Frage stellte.
Niall schien etwas überrascht über die Frage zu sein. "So hat mich das auch noch nie jemand gefragt. Aber gut, danke. Ich werde nächste Woche vor der Kamera für ein neues Musikvideo stehen. Kann kaum erwarten endlich loszulegen."
"Das muss verdammt cool sein. Wenn du irgendwann mal ein Model für ein Video brauchst, darfst du dich gerne bei mir melden." sagte Lola wieder an Niall gerichtet, der nur lächelte.
"Ist dein Album auch schon fertig?" dieses Mal war es Sophie die sprach. Ich hingegen war still und schlürfte an meinen Eistee. Die Eiswürfel in meinem Glas klapperten gegen das Glas, als ich davon trank. Im Moment hatten wir uns auf einen freien Tisch gesetzte, der aus Holz bestand und an jeder Seite eine Bank zum Sitzen hatte. Kalte Getränke hatten wir uns von einem kleinen See-Café geholt, das direkt neben dem Steg war.
"Leute! Wir sollten ihm nicht die ganze Zeit ausfragen. Er ist bestimmt froh einfach mal entspannen zu können." warf Tobi plötzlich ein. Er hatte Recht. Jedoch winkte Niall locker an. "Ist schon in Ordnung Tobi. Um auf deine Frage zurückzukommen Sophie: Jein. Es müssen noch einige Kleinigkeiten angepasst werden und auch mit dem einen oder anderen Song bin ich noch nicht zu Frieden, aber das ist wirklich nichts Großartiges." Anschließend nahm er sein Bier in die Hand und trank den letzten Rest aus. "Was ist eigentlich mit dir Sophie? Wir hatten noch nicht die Gelegenheit miteinander zu sprechen. Ich habe zwar mitbekommen, dass du jetzt auch in der WG mit Amara und Tobi lebst, aber wie kam es denn dazu?"
"Ich habe sie überredet." sagte ich und ergriff somit vor Sophie das Wort. Sophie nickte mir zustimmend zu. "Ja, das hat Amara wirklich, aber es ist nicht nur deswegen. Ich wurde gefeuert und ohne meinen Job wäre die Miete für mich nicht erschwinglich gewesen und zurück zu meiner Mum wollte ich auf keinen Fall!" Während Sophie sprach, kam auch Dylan wieder zurück an den Tisch und setzte sich auf seinen Platz neben mich. Ich saß somit zwischen Niall und Dylan.
"Für dich." wisperte mir Dylan entgegen, der eine wunderschöne rosarote Blume in der Hand hielt, die er mir anschließend hinter mein Ohr stecke. Ich brachte nur ein leises "Dankeschön." heraus, da ich so angetan von der netten Geste war. Währenddessen waren Niall und Sophie noch voll im Gespräch.
"Das kann ich verstehen, aber hier hast du ein gutes Los gezogen. London ist ein Traum! Ich bin mir sicher, dass du bald einen Job finden wirst. Ich kann ja auch mal meine Connections benutzen, wenn du Interesse hast."
"Wow, ähm. Danke das wäre der Hammer!" Und da war sie wieder. Sophies Begeisterung für Niall. Sie klatschte die Hände aufgeregt zusammen und strahlte über das gesamte Gesicht.
Wir hatten eine gute Zeit zusammen und auch Tobi und Dylan nahmen am Gespräch mit teil. Niall erzählt viel, was er in den letzten Monaten so getrieben hatte, aber hauptsächlich meinte er, dass er nur im Studio war. Mit all diesen Andeutungen hatte er mich schon sehr neugierig gemacht, was er wohl alles zu bieten hatte. Aber natürlich ließ es nicht lange auf sich warten, bis ganze Gruppen von jungen Mädchen und auch teil Jungs an den Tisch kamen und Niall erkannten. Wie ich es sowieso vermutet hatte. Es wurde getuschelt und das Blitzlichtgewitter blendete unsere Augen. Niall blieb aber cool und macht schön brav seine Bilder mit den Fans und schrieb Autogramme. Mein Glas war inzwischen geleert, deshalb erhob ich mich von der Bank, dabei zog ich den Knoten von meinem Strandtuch erneut fest damit es nicht von meinem Körper rutschte.
"Holst du dir noch was?" hörte ich Sophie fragen. Ich nickte. "Ja, willst du auch noch was?"
Sie antwortete nicht sofort und griff stattdessen nach ihrer Geldbörse, nur um mir einen Geldschein zu geben. "Wenn du eventuell so nett wärst und mir von den Imbisstruck da vorne nen Dönner mit nimmst. So langsam bekomme ich Hunger."
Erneut nickte ich. "Kein Problem. Ohne Zwiebel und Tomaten stimmst?"
"Du bist ein Schatz, danke!"
"Wollt ihr auch was haben?" richtete ich nun an die anderen, die aber verneinend den Kopf schüttelten. Nur Niall sah mich mit großen Augen an. "Ja, ich habe auch Hunger, aber ich gehe mit dir mit."
Ich zog eine Augenbraue hoch. "Wenn du mitkommen willst, musst du aber erst deine Fans loswerden."
Niall lächelte noch ein letztes Mal in eine Handykamera, bevor er sich bei den letzten paar Mädels entschuldigte und mir hinterherlief, weil ich mich bereits in Bewegung gesetzt hatte, da ich der Meinung war, dass Niall nie fertig werden würde. Hätte er auf mich gehört, hätten wir den Schlamassel vielleicht nicht. Ich gab das Glas an der Schank des See-Café zurück und ging den Rasen entlang, bis ich schlussendlich an den weiß-rot gestreiften Truck ankam. Drei Stehtische befanden sich gute vier Meter davon entfernt, an denen Leute gerade ihren Imbiss verschlungen. Das Gekreische hinter mir, das Ausbruch, als Niall mir anscheinend nach lief, war unerträglich laut. "Ich hätte gerne einen Döner ohne Zwiebel und Tomaten, bitte. Dankeschön." orderte ich bei dem Mann im Truck. Er nickte und wandte sich dem essen zu.
"Warum hast du nicht auf mich gewartet?" fragte mich Niall als er neben mir zum Halt kam. Er schien etwas aus der Puste zu sein und atmete schwer.
"Es hat nicht so ausgesehen, als wärst du in absehbarer Zeit fertig geworden und Sophie verhungern zu lassen, ist auch nicht die beste Lösung. Glaub mir, so willst du sie definitiv nicht erleben!"
"Ja wahrschei-" - "Niall! Kannst du ein Foto mit mir machen!"
"NIALL!"
"WANN KOMMT ONE DIRECTION ZURÜCK!"
Es ging alles so schnell. Die Gruppe wurde immer größer, das Gedränge wurde schlimmer und die Lautstärke erreichte einen viel zu hohen Pegel. Ich wurde so oft geschubst, dass ich irgendwann mindesten 10 Meter vom Truck weit entfernt stand und nicht mal die Möglichkeit hatte, den Dönner für Sophie zu erreichen. Niall wurde umzingelt und sein lächeln war auch verschwunden. Auch wenn ich es bereuen würde, musste ich es zumindest versuchen ihm irgendwie zu helfen.
"OH MEIN GOTT! DA IST HARRY STYLES!" ich schrie wie wild und sprang umher, dabei deutete ich auf einen schwarz-haarigen Lockenkopf, der mit Kopfhörern am Kopf am See entlang lief. So schaffte ich es einen Großteil der Mädchen von Niall zu locken, denn die waren wirklich so dumm und liefen jetzt diesen Kerl hinterher. Ich dachte nicht viel darüber nach, sondern packte Niall am Arm, riss ihn aus dem Armen eines Mädchens und zog ihn hinter mir her in den Truck. Der Verkäufer war uns zwar einen ernsten Blick zu, aber verstand anscheinend, dass es nötig war. Wie vermutete hatte es nicht lange gedauert, bis auch die anderen Mädchen wieder zurückliefen.
"Ist doch eigentlich gut gelaufen, oder nicht? Es könnte schlimmer sein."
Sein Ernst?
Augen-rollend schüttelte ich meinen Kopf und setzte mich dabei etwas auf um einen Blick über die Theke zu werfen. Er hatte Unrecht - noch schlimmer ging es nicht mehr. Das Geräusch der blechenden Wand hinter uns wurde immer lauter, als die Masse dagegen klopfte. Nicht nur ich war leicht überfordert, sondern auch der ältere Verkäufer, den der Wagen hier gehörte. Es lag der Duft von Pommes und Dönner in der Luft. Ich schenkte Niall nur einen vielsagenden Blick und setzte mich auf meinen Platz zurück. Wir lehnten an einer der eisernen Theken des Imbisswagens. Der Imbiss wurde stark hin und her gerüttelt, was dazu führte, das verschiedene Flaschen Sauce und auch eine Portion Pommes auf den Boden fielen und uns voll spritzen. Niall gefiel es anscheinend von oben bis unten mit Ketchup voll gekleckert zu sein, den er griff nach den Pommes und tunkte sie in die rote Sauce an seinem Bein bevor er sie in seinen Mund steckte und mir zuzwinkerte.
"Wie kannst du in so einer Situation nur so einen kühlen Kopf bewahren? Ich habe Angst hier bald überrannt zu werden! Wenn die hier noch so weiter machen kippt dieser rostige Wagen noch um und wie werden hier zerquetscht!" bemerkte ich genervt und dabei warf ich die Arme verzweifelt in die Höhe. "Hey. Nur keine Sorge. Marc bekommt uns hier schon wieder irgendwie heil raus. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass ich schon in viel schlimmere Situationen gekommen sind, an denen selbst ich schon gezweifelt hatte, wieder heil heraus zu kommen." kam es von Niall, der sich den Ketchup von seiner Wange wischte. Währenddessen brüllte der Imbiss-Verkäufer die Meute an, dass sie den Wagen in Ruhe lassen sollten - es half natürlich nicht.
"Marc?"
"Mein Bodyguard. Du hast ihn doch schon mal gesehen. Weißt du das nicht mehr?"
"Was? Ich weiß, wer Marc ist. Ich bin nur verwundert, dass er uns hier rausholen soll. Ist er hier oder wie?" Wenn ja, wäre er doch schon längst gekommen.
Niall schüttelte den Kopf. "Nein, ist er nicht, aber ich habe ihm vorhin eine Nachricht geschickt. Er wird sicher bald hier sein und raus helfen."
"Den Dönner müssen Sie mir aber trotzdem noch bezahlen, auch wenn er schon runtergefallen ist. Das ist Ihnen eh klar, oder?" unterbrach uns der Verkäufer. Niall und ich tauschten einen Blick aus.
"Ähm, ja. Klar." ich streckte ihm das Geld entgegen und meinte, dass es schon passt. Es war zwar schon ein klein bisschen lächerlich, dass er in diesen Moment an das bisschen Geld dachte, aber na ja.
Erneut wurde wieder heftiger an dem Imbiss gerüttelt und ich rutschte näher an Niall heran, der einen Arm um mich legte und meinen Kopf unter an seine Brust zog, um mich vor herabfallenden Dingen zu beschützen. Im selben Moment fluchte der Verkäufer in einer anderen Sprach die Fans vor dem Truck an.
Das ganze zog sich noch eine geschlagene halbe Stunde, bis Marc mit Verstärkung anrückte und uns aus dem Truck befreite. Für mich war der Tag gelaufen. Die Anderen hatten schon alles zusammengepackt und warteten beim Ausgang des Parks auf Niall, Marc und mich. Ich wollte nur nach Hause und dieses ganze Zeug von meiner Haut und meinen Haaren waschen.
"Es tut mir leid Amara. Das wollte ich wirklich nicht. Ich wollte nur Zeit mit dir verbringen, aber anscheinend vermassle ich es wirklich nur."
Kapitel 12
"Gott! Lydia, ich habe echt keine Ahnung was du in diese Dinger hinein gibst, dass mich so süchtig danach macht. Ich könnte ohne Witz eine volle Wanne davon verputzen!" genüsslich löffelte ich den letzten Rest Teig aus der Rührschüssel. Ich kratzte alle Reste zusammen und leckte anschließend die Schüssel leer, was Lydia zum Schmunzeln brachte.
"Lola, hat das früher auch immer gemacht."
"Und jetzt nicht mehr? Sind ihre Geschmacksknospen davon schon explodiert? Wenn ja, musst mich warnen, denn ich habe noch lange vor die Teigreste aus der Schüssel zu lecken." Ich sah der Frau meines Chefs dabei zu, wie sie Cupcake auf der Arbeitsfläche vor ihr verzierte. Es wurde eine bunte Partie, von der ich mir nur zu gern einen stibitzt hätte.
"Es liegt wohl daran, dass sie in einem Alter ist, in dem nichts anderes als das Aussehen wichtig ist und Eltern lahm sind." kam es von Lydia. Sie wirkte aber nicht bedrückt, sondern, als konnte sie sich noch selbst daran erinnern, wie es war ein Teenager zu sein.
"Ach, ihr seid doch nicht lahm!" Mit einem Ruck hüpfte ich von der Arbeitsfläche, auf der ich bis jetzt noch saß, und stellte die Lehre Schüssel in die Spüle. Ich half Lydia auch anschließend noch das Chaos zu beseitigen und die Küche wieder in den Original zustand zurück zu versetzten.
Wir wussten nicht was heute los war, denn der Mittagsansturm blieb aus. Tobi und ich langweilten uns schon regelrecht und lungerten auf den freien Sitzplätzen herum. Es befand sich kein einziger Gast im Café, was ziemlich komisch war.
"Ich würde ja zu gern wissen, wie sich Sophie gerade macht." sprach Tobi gelassen aus, während er mit seiner Hand die Tasse Kaffee umklammerte, dich ich ihn gemacht hatte.
"Als Niall von diesen Jobangebot gesprochen hat, hätte ich nie gedacht, dass es so etwas sein würde. Wie ich Sophie kenne, wird sie Niall gerade hinterher schmachten." Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen als ich mir das Ganze im inneren Auge vorstellte.
"Oh man, ich kann es ja noch immer nicht fassen. Niall Horan ist dein Stiefbruder. Du hast echt den Lotto Sechser gewonnen. Gewisse Mädchen würden für so ein Glück töten."
Ich zuckte mit der Schulter. "Eigentlich hat meine Mutter den Lotto Sechser gewonnen, denn immerhin hat sie Bobby um den Finger gewickelt und nicht ich Niall."
"Ja, denn Niall hast du schon längst am Hacken." witzelte mein Gegenüber mit wackelnden Augenbrauen. Warum verstand niemand, dass wir beide das hinter uns lassen wollten? Außerdem, auch wenn ich ihm eine neue Chance gegeben hatte, hieß es nicht, dass ich vergessen hatte, was wir uns an den Kopf geworfen hatten. Er war eben nun Familie und in der Familie sollte man verzeihen können, auch wenn es manchmal schwer ist gewisse Dinge nachzuvollziehen.
Ich rollte genervt mit den Augen. "Nein, so ist das nicht."
Tobi zog eine Augenbraue hoch und führte seine Tasse an seine Lippen. "Sicher. Aber versprich mir nur, wenn er dir mal Harry vorstellen sollte, an mich zu denken."
"Außerdem habe ich Neuigkeiten." berichtete ich ihm und erklärte: "Dylan hat mich auf ein Date eingeladen und ich habe ja gesagt."
Tobi verschluckte sich abrupt und hustete. Ich hüpfte sofort von meinem Stuhl hoch und klopfte ihn zwischen die Rückenblätter. Sein Gesicht wurde rot und seine Augen wässrig. "Wann ist das denn passiert!?" fragte er schon fast hysterisch.
Ich musste kichern. "Einen Tag nachdem wir am See waren."
"Das hast du uns jetzt eine Woche verschwiegen! Warum?" stellte Tobi schließlich fest und sah mich etwas geschockt an. Ich wollte es ja schon erzählen, aber ich hatte Angst, dass es mir einer der Beiden ausreden würde. Wie man an Tobis Stimmung merken konnte, war er ein "Namara" shipper, aber ich war mir schon fast sicher, dass das nur an der Gelegenheit Harry zu treffen lag. "Und wann ist es soweit?" fuhr Tobi fort, ohne mich seine vorherige Frage beantworten zu lassen.
"Diesen Freitag."
Sophies Sicht
Es fühlte sich wie in einem Traum an, nur dass es mir im Traum immer schöner vorkam. Einfacher, nicht so hektisch.
"Kopf hoch Mädchen."
"Kneif die Augen nicht so zusammen."
"Herrje, bleib doch mal ruhig sitzen!"
"Wer hat diesen Newbie angeschleppt?"
"Alles okay mit dir Sophie?" hörte ich Niall Stimme, der auf mich zukam und mich durch den Spiegel vor mir betrachtet, während drei Frauen an meinen Gesicht und Haaren zu schaffen waren. Ich kam mir vor, als wäre mein Gesicht eine Leinwand, die diese Leute mit Farbe beklatschten.
"Bei mir ist alles klar." erwiderte ich ihn und ich sah an seinen Blick, dass er wusste, dass ich mich gerade unwohl fühlte.
"Ich hoffe, doch ihr seid nett zu meiner Freundin. Sie soll sich hier wohlfühlen. Das ist ihr erstes Mal und wir wollen sie doch nicht sofort schlecht von diesem Job denken lassen." sprach Niall die Frauen an, die anschließend wesentlich sanfter mit mir umgingen als zuvor. Er zwinkerte mir noch zu, bevor er sich umdrehte und wieder in die Richtung verschwand, von der er gekommen war.
Ich musste zugeben, auch wenn es mir wie eine Folter vorkam, fand ich es schön geschminkt zu werden und die Haare gemacht zu bekommen. Man sah zwar nichts mehr von meiner ursprünglichen Gesichtsfarbe, aber dafür fand ich, sah es toll aus.
"Wo ist dieses Mädchen?" fragte eine Frau in lautem Ton hinter uns nach. Ich hörte Personen flüstern und keine fünf Sekunden später, sah ich wie sie eine Frau mir näherte. Sie trug gestriegelte, streng aussehende Kleidung. Ich blonder Bob wippte, während sie auf ihren Pumps zu mir herüber klapperte. Sie wirkte einschüchternd und ich wollte mich definitiv nicht anfeinden mit ihr.
"Du bist also das Mädchen von dem Niall erzählt hat. Mein Name ist Davina Davis, ich bin für den kommenden Tag für dich verantwortlich."
"Sophie. Sophie Lunz. Es freut mich Sie kennenzulernen." erwiderte ich und erhob mich dabei von meinem Drehstuhl um ihr die Hand zu reichen. Ihr Blick glitt an meine schwarz bemalten Fingernägel. Sie schüttelte den Kopf und seufzte. "Mit dir haben wir ja noch eine Menge Arbeit vor uns." Schließlich reichte sie mir doch ihre Hand, auch wenn ihr Blick abwertend wirkte.
Ein klingeln ertönte aus Davinas Tasche. Sie zückte ihr iPhone und entschuldigte sich bei mir. Das Telefonat, das sich nach zwei Meter weiter nach links verschob, konnte ich aber trotzdem mitverfolgen.
"Valerie. Ich habe es dir doch schon gesagt! Nein. Du bist selbst schuld, das hätte deine Chance sein können, jetzt bekommt sie eben jemand anderes. Ich will jetzt nichts mehr hören!"
Es fielen noch einige Worte zwischen Davina und dieser Valerie, bis Davina das Telefonat beendet hatte. Eine unschöne Falte hatte sich auf ihrer Stirn gebildete, die sie aber schnell wieder weg lächelte.
Fertig gestylt und umgezogen fuhren wir mit einer Kolonne an Autos hinaus in die Wüste etwas außerhalb von Los Angeles. Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass Niall mich für das hier vorgeschlagen hatte, weil aus irgendeinen Grund das Model vor mir nicht mit konnte.
"Nervös?" fragte Niall vom neben Sitz aus mit einem amüsierten Blick.
Ich nickte während ich weiterhin auf meiner Lippe herumkaute. "Warum hast du eigentlich nicht Amara gefragt, ob sie das machen wollte?" wagte ich ihm zu fragen. Diese Frage schwirrte mir schon die ganze Zeit durch den Kopf.
"Ich habe doch gesagt, ich werde mich für einen Job für dich umhören." antwortete er gelassen. Ich hob eine Augenbraue "Ja, aber so ein Job? Was macht dich sicher, dass ich das überhaupt kann?"
Die Sonnenbrille mit den Runden Gläsern rutsche ihm etwas von der Nase. "Du musst nur herumlaufen, das ist doch nicht schwer. Du bekommst das hin. Und wegen Amara, das hat überhaupt nichts mit ihr zu tun. Ich will nur, dass wir wieder gut miteinander sind. Amara bedeutet mir genauso viel wie dir und daher will ich auch, dass wir beide Freunde sind. So ein kleiner Road Trip kann da doch schon mal das Eis brechen lassen, denkst du nicht?"
Zu Beginn kam ich mit etwas komisch vor in weißem Kleid und mit Jeansjacke in der Wüste herumzulaufen, während mich Niall von der Ferne betrachtete und Kameras auf mich gerichtet wurden. Ich sprang herum wie von einer Tarantel gestochen und drehte mich im Kreis. Ich versuchte mein bestes mit der Kamera zu spielen und so gut wie möglich den Anweisungen zu folgen.
Ich sah auch Niall zu, wie er am Straßenrand entlang schritt und in einem Porsche die leere Straße hinunterfuhr, während im Hintergrund ein neues Song von Niall lief, denn noch niemand sonst gehört hatte. Wir verbrachten sicher noch mindestens drei Stunden hier draußen in der Wüste, bis wir am späten Nachmittag uns wieder zurück in die Autos setzten, um zum nächsten Drehort zu fahren. Es war ein Haus auf einen hohen Hügel von dem man eine gute Sicht auf Los Angeles hatte. Langsam begann die Sonne vom Himmel zu verschwinden und ließ dabei den Himmel über uns in einem orange-roten Ton erstrahlen.
"Los schmieg dich etwas mehr an den Jungen Newbie." hörte ich jemanden rufen. Ich zog den braun gebrannten Typen näher an mich, ließ meine Fingern sanft über seinen Hals gleiten und bewegte meine Hüften dazu, drehte mich um hin und lächelte dabei übertrieben. Ich hatte Spaß und dazu freute ich mich als ich von Davina gelobt wurde. "Wenn ich daran denke, wie sich meine Tochter bei ihren ersten Job verhalten hat, muss ich wirklich den Hut vor dir ziehen."
"Ihre Tochter macht das auch?"
Davina nickte. "Ja, aber auch noch nicht so lange. Ich habe ihr erst nur kleine Aufträge beschafft und das hier, hätte das erste Musikvideo werden sollen. Es war mir schon immer klar, dass sie das auch machen wollte, sie ist immerhin damit aufgewachsen mich auf verschiedene Sets zu begleiten."
Ihr Pech. Mein Glück!
Für mich persönlich am schwersten zu drehen, war die letzte Szene. Ich stand an einem Lagerfeuer, während Niall auf mich zukam und mich von der anderen Seite aus musterte. Er sah dabei so ernst aus, dass ich mir ein Lachen verkneifen musste. Es war wirklich schwer für mich ernst zu bleiben, weshalb wir die Szene auch am häufigsten drehen mussten.
"Es tut mir leid, dass ich es so oft vermasselt habe, aber ich konnte es mir einfach nicht verkneifen." entschuldigte ich mich bei Niall, der mich aber nur anlächelte und abwinkte. "Kein Ding."
Wir ließen die restliche Nacht an der Hotelbar abklingen. Mit viel hochprozentigen und fettigem Essen. Ein perfekter Abschluss für einen anstrengenden Tag. Meine Füße brannten tatsächlich vom Ewigen stehen, was ich sowieso nicht gewohnt war, da ich jahrelang in einem Büro gejobbt hatte.
Alles im allen, war es ein verdammt toller Tag und ich hatte jetzt Bock auf mehr.
Kapitel 13
Es war jetzt Tage her, seitdem Sophie nach L.A. aufgebrochen war. Sie hatte mir und Tobi auch schon sehr viele Bilder vom Set geschickt und uns ausführlich darüber berichtet. Ihre Twitter Seite war voll mit diesen Bildern und sie bekam etliche neue Follower, wobei ich mir sicher war, dass sie sich darüber freute. Ein klein bisschen neidisch war ich schon, dass Niall sie mit nach L.A. genommen hatte. Wie gerne wäre ich dahin mitgekommen. Ich wollte nicht im Video sein, aber in L.A. auf Promi Jagd zu gehen, stand ganz oben auf meiner Wunschliste. Ich hätte mir auch gerne mal eines dieser TV Studios angesehen oder mich am Strand in die Wellen stürzen lassen.
Niall und sie werden erst nächste Woche wieder zurückkommen, da Niall noch Termine hatte um seine momentane Single zu promoten und Sophie konnte sich derweil in L.A. umsehen. Sie hatte sogar schon das Glück in Nick Jonas zu laufen und ergatterte sogar ein Selfie mit ihm. London hatte ihr tatsächlich Glück gebracht.
Heute war es soweit. Mein Date mit Dylan stand kurz bevor. Ich wusste, dass ich mich nicht schick anziehen musste, denn das hatte er mir extra noch gesagt. Gemütliche Klamotten waren also angesagt. Ich schlüpfte in ein Bauch-freies weißes Top und eine Hotpants. Bei meinem Haar hatte ich mich schnell für einen hohen Zopf entschieden.
"Du bist dir sicher, dass dieses Outfit das Richtige ist, um auf ein Date mit Dylan zu gehen?" fragte mich Tobi, als ich das Wohnzimmer betrat, der mit ausgebreiteten Armen auf der Couch saß und auf den Fernseher klotze, bis ich in den Raum kam. Sein Blick wanderte dabei an meinen Körper hoch.
"Ja, hast du was dagegen?" ätze ich und legte dabei meine Handtasche auf der Theke ab, bevor ich mich umdrehte und mir ein Glas Leitungswasser einfüllte.
Er verzog den Mund. "Ich hatte gehofft, dass du das schwarze rückenfreie Kleid tragen würdest. Du weißt doch welches ich meine, oder? Immerhin habe ich sonst kein einziges Kleid in deinem Kleiderschrank gesehen."
Mit dem nächsten Schluck leerte ich das Glas und stellte es in die Spüle. "Dylan hat mir extra gesagt, dass ich mich gemütlich anziehen soll. Und das schwarze Kleid, würde nicht in ein schickes Restaurant passen, eher für einen Club."
Beim Vorbeigehen an der Theke griff ich nach dem langen Riemen meiner Tasche und legte ihn mir über die Schulter. "Ich weiß nicht, wenn ich zurück bin. Warte nicht auf mich."
"Ich wünsche euch viel Spaß, aber treibt es nicht zu bunt! Ich möchte hier nicht schon bald ein Gitterbett zusammen bauen dürfen." hörte ich Tobis Stimme noch, nachdem ich mich bei ihm verabschiedet hatte und aus der Tür gegangen war. Dylan stand bereits im Flur und wollte anscheinend gerade herüberkommen, um zu klopfen.
"Hi." grüßte ich ihn schüchtern. Ich wusste wirklich nicht, was dieser Typ mit mir machte. Immer wenn wir alleine waren wurde ich so verdammt schüchtern und zog sofort eine rote Farbe auf.
"Hey." grüßte er mich ebenfalls zurück, dabei lächelte er mich verschmitzt an. Dylan trug ein dunkelblaues Tank-top und eine dazu passende Shorts. Ich sah auch einen braunen Holz Korb in seiner linken Hand baumeln.
"Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht." stellte er fest, als er meinen Blick auf den Korb ruhen sah.
"Glaub mir, ich kann immer was vertragen." antworte ich Dylan und rieb mir meinen Magen, was Dylan zum Lachen brachte. Mit seiner freien Hand nahm er meine in seine und verschränkte unsere Finger ineinander. Sie waren weich und warm und führten mich die Treppen hinunter, nur um in die Nächste Bahn einzusteigen.
Ich mochte Dylan. Man konnte so einfach eine angenehme Unterhaltung mit ihm führen. Er war sehr schlau und wusste fast zu jedem Thema etwas, deshalb war es auch nie still zwischen uns. Er hatte mich sogar bei den noch so blödesten Witzen zum Lachen gebracht, die wirklich einfach nur schlecht waren. Schlussendlich kamen wir im Hyde Park an. Wir gingen einen langen betonierten Weg entlang, an dem links und rechts reihenweise hohe Bäume standen, deren Blätter leuchtend grün strahlten. Vögel sangen und ein Eichhörnchen flitze über den Weg. Ganze Gruppen von Jogger und Radfahrer kamen an uns vorbei uns sorgend für einen angenehmen kurzweiligen Wind. Hier war wirklich was los.
"Ich sah total süß aus! Das hättest du sehen müssen!" witzelte Dylan neben mir mit einen breiten Lächeln im Gesicht.
"Das hatte ich wirklich nur zu gerne gesehen! Du im Sailor Moon Kostüm, ich fasse es nicht!"
Dylan zuckte lässig mit der Schulter. "Ich hatte gehofft Superkräfte zu bekommen. Einen schwarzen Kater hatte ich auch zu Hause. Es hätte ja funktionieren können. Du willst mir doch nicht erklären, dass du noch nie ein peinliches Kostüm getragen hast." Das musste ich ihn, aber enttäuschen. "Nope. Ich war nie so in diesen Faschings oder Halloween Wahn. Also ich klein war, hatte mich meine Mutter als Marienkäfer oder Prinzessin verkleidet, also nicht peinliches." - "Jetzt bin ich fast schon enttäuscht. Warum nochmal habe ich dir die Sailor Moon Story erzählt?" setzte er nach, jedoch wies ich ihm mit einen schiefen Grinsen darüber in Kenntnis, dass ich keine Ahnung hatte.
Ohne wirklich darauf zu achten, wohin wir gingen, kamen wir an einer großen Wiese an. Etwas überrascht stellte ich fest, dass hier eine große Leinwand aufgebaut war. Vereinzelt saßen bereits Leute auf ihren Decken oder Campingstühlen.
"Kino im freien?" wandte ich mich an Dylan, der den Korb auf den Rasen abstellte und eine rot-schwarze Karodecke herausnahm. "Ja, ich hoffe, das ist in Ordnung."
"Das wollte ich schon immer mal machen, aber ich hatte noch nie die Gelegenheit dazu." berichtete ich Dylan, der währenddessen die Decke auf die Wiese legte und eine Ecke glatt strich. Ich setzte mich zu ihm und sah ihn zu, wie er verschiedene Lebensmitte aus dem Körbchen nahm. "Ich hoffe nur dass ich das richtige gekauft habe."
Tomaten, Gurkenscheiben, klein geschnittener Paprika, Käse, etwas Wurst und Schinken, Brötchen und Korngebäck ... Also ich würde hier bestimmt nicht verhungern. "Das ist genau das Richtige."
Ich musste etwas schmunzeln, als ich sah wie er einen Becher herausholte und eine Plastikrose hineinstellte. "Für die Romantik." fügte er still hinzu. Er war süß.
Langsam aber doch füllte sich der Platz neben uns und viele Paare machten es sich gemütlich. "Was für einen Film spielt es denn eigentlich?" Wollte ich dann wissen."Wie ein einziger Tag." hörte ich Dylan erwidern. "Ach ne, da muss ich immer heulen. Es gibt wirklich nur zwei Filme, bei denen ich weinen muss und das ist dieser Film und Titanic. Egal wie oft ich dieses Schiff noch sinken sehe, weinen muss ich jedes einzelne Mal." beichtete ich Dylan und fühlt wie meine Wangen zu brennen begannen. Darum waren hier so viel Pärchen.
Dylan legte seinen Kopf zur Seite. "Ich bin mir sicher, dass du noch immer genauso hübsch bist wie jetzt, auch wenn du weinst."
Wie konnte er so etwas sagen? Wusste er nicht, wie verlegen man ein Mädchen mit solch einem Satz macht? Anscheinend nicht.
Wir aßen in Ruhe, tranken unser Wasser und den Orangensaft. Als er Film begann, legte ich mich hin und ließ meinen Kopf auf Dylans Oberschenkel ruhen, während er aufrecht sitzen blieb und mir sanft durch mein Haar strich, wieder hinunter an meine Wange und wieder hoch. Er war dabei so zärtlich, dass ich Gänsehaut bekam, dabei war ich mir sicher, dass er sich dessen überhaupt nicht bewusst war, denn sein Blick war starr auf die Leinwand gerichtet. Dabei kam mir Niall in die Gedanken. Was hätten wir wohl damals gemacht, als er meinte, dass er mich auf ein Date ausführen wollte. So etwas, hätten wir nie zusammen machen können, in aller Öffentlichkeit.
Erst als es mich mal wieder überkam und ich in Tränen ausbrach, sah er auf mich hinab und zog mich näher an sicher. Aber ich war nicht die Einzige, die zum Weinen anfangen musste, auch andere Frauen und sogar Männer kämpften gegen die Tränen - was ich wiederum lustig fand und gleichzeitig zu lachen beginnen musste. Dylan sah mich nur mit zusammengekniffenen Augen an und lachte mit.
"Du lachst und weinst gleichzeitig - wie süß."
Ich setzte mich auf und nickte, während ich mir die Tränen mit meinen Handrücken von den Wangen wischte. "Ja, das kann schon hin und wieder Mal vorkommen."
Dylan sagte nichts, er lächelte nur. Angenehm schweigen sahen wir uns an. Seine Hand kam meinem Gesicht näher, hielt es fest und mit seinen Daumen strich er über meine Wange. "Da war noch eine Träne." brachte er leise aus und beugte sich dabei zu mir. Mein Herz pochte wie verrückt, als ich begriff was er vorhatte. Es war wie in Zeitlupe, in der wir uns näher kamen, seine Lippen auf meinen landeten. Er war zärtlich und zurückhalten und ich konnte noch den Geschmack des Orangensaftes auf seinen Lippen schmecken.
Schon lange, fühlte ich mich nicht mehr so begehrt.
Kapitel 14
Nialls Sicht
Mit einem knurrenden Magen schritt ich verschlafen in die Küche meines Apartments. Ich kratze mich am Bauch und raufte mir mein Haar, während ich auf die Kaffeemaschine wartete. Mit meinem Kaffee und einen Bagel ließ ich mich auf einen der vier Hocker nieder, die an der Bar standen. Der Radio lief und die Nachrichtensprechern erzählte, wie immer, vom morgendlichen Stau rund um L.A. Es war wirklich jeden Tag dasselbe. Zu meinem Glück musste ich heute noch nicht so früh raus und konnte mich noch in Ruhe auf mein Frühstück konzentrieren.
Ich stopfte mir das letzte Stück des Bagels in den Mund und trank den Rest meines Kaffees aus. Danach schmiss ich mich noch unter die Dusche und ließ das lauwarme Wasser auf mich rieseln. Ich fühlte regelrecht, wie ich langsam zu mir kam, als das Wasser meinen Körper traf. Der Duft von Meeresbrise lag im Raum.
Mit einem Handtuch bekleidet stand ich in meinen begehbaren Kleiderschrank und wie immer hatte ich die Qual der Wahl. Schlussendlich wurde es eine blaues Hemd und eine Jeans. Dazu band ich mir noch eine meiner Armani Uhren um das Handgelenk und eine schwarze Sonnenbrille durfte natürlich auch nicht fehlen.
Gerade als ins Wohnzimmer ging, um mein Handy zu holen, klingelte es an der Tür. Durch den Spion sah ich Sophie und Marc vor meiner Tür stehen. "Hey." grüßte ich die Beiden, von denen ich gleichzeitig zurück begrüßt wurde. "Na, bereit für heute?" richtete ich die Frage an Sophie, die mich an nickte. Wir verabschiedeten uns noch von Marc, der Sophie vom Hotel hier her gebracht hatte. Heute würde es nicht notwendig Personenschutz zu haben.
"Wir können uns noch Zeit lassen, willst du etwas zu trinken haben?" fragte ich Sophie, die währenddessen mein Apartment betrat und mir ins Wohnzimmer auf die Couch folgte. "Nur ein Glas Wasser bitte." Ich kam ihrer Bitte nach und holte ihr ein Glas Wasser.
"Und hast du dich schon von deinem Kater erholt?" fragte sie mich keck und hob dabei grinsend eine Augenbraue.
"Eigentlich vertrage ich wirklich was, aber das war selbst für mich etwas zu viel. Ich weiß, echt noch immer nicht, wo du den ganzen Alkohol hin getrunken hast. Du bist so zierlich, da sollte der Alkohol sofort anschlagen." antwortete ich.
Sophie grinste stolz. "Mit mir sollte man eben nicht um die Wette trinken. Ihr wolltet es mir nicht glauben, dass ich mehr als ihr vertrage." Ja, die Nacht nach dem Musikvideo dreh, war feucht fröhlich. Am nächsten Tag bin ich erst gegen späten Nachmittag wach geworden und konnte anschließend die ganze Nacht nicht einschlafen, obwohl ich früher raus musste, da wir einen Termin bei einem Magazin hatten. Ohne Make-up und einer eiskalten duschen, hätten das Personal sicher gedacht, dass ich gerade aus einer Bar gekommen wäre.
"Danke, dass du mich ins Studio nimmst. Ich bin schon gespannt wie es da so ist." hörte ich Sophie sagen. Sie sah mich über beiden Ohren lächelnd an. Ich hatte mir schon gedacht, dass sie das interessieren würde, immerhin wusste ich, dass sie meine Musik mochte. Ihre Meinung würde zwar nicht unparteiisch sein, aber ich wollte trotzdem wissen, was sie davon hielt. "Und wie viele Songs hast du Amara zu verdanken?"
"Was?" fragte ich nur, obwohl ich sie klar und deutlich gehört hatte.
Sophie zog die Augenbrauen hoch und sah mich genau an, als würde sie versuchen meine Körpersprache zu deuten. "Wie viele Songs hast du Amara zu verdanken?" wiederholte sie etwas langsamer.
"Was meinst du?" fragte ich sie und stand dabei vom Sofa auf, um dem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Offiziell hatten Sophie und ich eigentlich noch nie ein Wort über das, was ich mit Amara hatte, gesprochen. Insgeheim war es mir aber durchaus bewusst, dass die Beiden sicher miteinander darüber geredet hatten.
"Warum läufst du jetzt weg?" hörte ich Sophie, die mir in die Küche folgte. Als würde ich etwas im Kühlschrank suchen wühlte ich darin herum.
"Ich laufe nicht weg!" stellte ich direkt klar. Sophies Präsens hinter mir nahm ich deutlich wahr. Ohne etwas aus dem Kühlschrank herauszunehmen schloss ich ihn wieder und drehte mich um. Sophie stand mit ihrer Hand an der Hüfte hinter mir und begutachtete mich.
"Du musst nichts so tun, als wäre da nichts. Wir sind Mädchen, wir reden über unser Liebeschaos, ich weiß also jede Einzelheit über das, was dazwischen euch war. Es gibt also keinen Grund schüchtern zu sein." wies Sophie mich daraufhin.
Ich schnaufte und ließ meinen Kopf hängen. "Jede Einzelheit?"
"Jede Einzelheit." wiederholte Sophie gelassen.
Ich nickte und hob meinen Kopf wieder. "Und was redet ihr so über mich? Mag Amara mich noch? Hat sie irgendetwas gesagt?"
Sophie hob die Hände. "Wooow. Warte. Ich will dir jetzt keine großen Hoffnungen machen, aber Amara hat mir gegenüber nichts erwähnt, dass sie dich noch auf die Weiße leiden kann. Sie hat immer nur gesagt, sie vergibt dir, weil du zur Familie gehörst. Du hattest es ihr ja auch nicht leicht gemacht Niall. Und bitte vergiss nicht, auch wenn ich dich liebe, wenn meine beste Freundin von dir verletzt wir, dann bist du auch mein Feind, egal ob ich dich liebe oder nicht."
Ich nickte schmunzeln. "Ich werde es mir merken." Seufzend rieb ich mir die Stirn. Warum sollte sie auch noch etwas von mir wollen? Die blöde Sache mit Holly, wie gerne hätte ich sie ungeschehen gemacht. Sie hatte mich in dieser Bar einfach um ihren Finger gewickelt, mich zu ihr mit nach Hause genommen. "Wir sollten das zu mir nach Hause verfrachten." Warum dachte mein betrunken selbst, dass es hier nur darum ein paar Flaschen Bier zu leeren und beduselt auf der Couch einzuschlafen? Dass einzige, für das die ganze Sache gut war, war ein einziger Song.
"Was ist eigentlich mit Tobi und diesen Schönling, mit den Bauchmuskeln?" fragte ich Sophie, die ihr Gesicht verzog und zu lachen begann.
"Glaub mir, um Tobi musst du dir keine Gedanken machen. Er ist vom anderen Ufer. Wenn du verstehst!" erwiderte sie und zwinkerte. "Der Schönling, wie du ihn nennst, heißt Dylan. Bei ihm bin ich mir nicht so sicher, Amara hat auch Besitzanspruch auf ihn gelegt. Was wir immer sagen, damit der andere die Finger von den Typen lässt. Er ist also Tabu für mich."
Ganz toll. "Das bedeutet dann, dass sie was von ihm will." wollte ich wissen.
"Es bedeutet, sie findet ihn süß. Aber es könnte sein."
Ich ließ das Thema damit gut sein. Ich wollte keine weiteren Details mehr hören, es wurde also Zeit, dass ich mir in den Hintern biss und was tat.
Da wir und schon verplappert hatten und nicht auf die Zeit geachtet hatten, waren wir schon ein paar Minuten zu spät dran. Das Studio war zum Glück nicht weit entfernt, darauf hatte ich damals extra wert gelegt, als ich mir das Apartment beschaffen ließ. In der Garage angekommen öffnete ich das Regal, um mir meinen Autoschlüssel für meinen Range Rover zu holen.
"Für was braucht man vier Autos?" kam es von Sophie, die gerade vor meinem Cabrio der Marke Porsche stand. "Warum nicht?" fragte ich nur und zuckte mit der Schulter. Sophie sah begeistert von diesem Auto aus. Sie strahlte und ließ ihre Hände über das Leder streifen. "Wie viel PS der Wagen wohl hat?" hörte ich sie murmeln.
"Willst du damit fahren?" fragte ich sie nach kurzem Überlegen. Sie schien so begeistert davon zu sein, dass ich mir sicher war, dass sie sich darüber freuen würde und ich hatte auch Recht.
Der Fahrtwind ließ unsere Haare im Wind wehen und Passanten winkten uns zu. Es passierte sogar, dass wir an einer roten Ampel fotografiert wurden und Fans mir zuriefen, genau deshalb fuhr ich am liebsten mit meinen Range Rover mit den verdunkelten Scheiben. Während ich mich auf den Verkehr konzentrierte schoss Sophie ausgelassen Selfies von ihr und uns Beiden. Es war lustig sie fluchen zu hören, wenn sie mal wieder alle Haare im Gesicht hatte.
"Wir sind schon da?" stellte sie schließlich fest, als ich mein Auto einparkte und wir vor ein weißes Gebäude zum Halten kamen. Sie zog die Augenbrauen zusammen. "Das soll ein Studio sein?"
"Ich weiß, von hier sieht es nicht so aus, aber es gab einen speziellen Grund warum ich mich für dieses entschieden habe." erzählte ich ihr und stieg aus. Sie tat es mir gleich und folgte mir ins Innere des Gebäudes. Man musste aufpassen wo man hin stieg, denn überall lagen Kabel verteilt. Der erste Raum durch den wir gingen war der, in dem alle Instrumente standen und weiter hinten befand sich das Aufnahme Studio. Ich stellte Sophie die versammelte Mannschaft vor und erklärte ihr in etwas, was man hier alles machen konnte. Auch wenn ich mir sicher war, dass für sie alles für Fachchinesisch klang, nickte sie, als hätte sie voll den Durchblick.
Sophie hörte aufmerksam unseren Gesprächen zu und lauschte der Musik. Das Album war so gut wie fertig, es mussten wirklich nur noch Kleinigkeiten gemacht werden, die der Perfektionist in mit einfach noch umändern musste bzw. wollte.
"Was ist denn das spezielle an diesem Studio von dem du gesprochen hast Niall?" fragte mich Sophie später, als wir gerade unser Mittagessen verschlungen hatten.
Ich lächelte. "Willst du es sehen?"
Sophie nickte hastig. Es war wirklich nichts großartiges, aber ich mochte es. Wir gingen ein paar Stufen hoch und kamen vor einer Tür an. Ich warf noch einen letzten Blick über meine Schulter, bevor ich sie öffnete.
Ihr Blick sprach Bände. "Das verstehe ich jetzt nicht. Was ist hier besonders?"
Es war ein leerer Raum ohne Fenster. Die Wände waren weiß gestrichen und sonst war wirklich überhaupt nicht hier.
"Ich werde es dir zeigen." antwortete ich Sophie und lächelte sie an. Danach drehte ich mich in die andere Richtung und begann zu singen:
When you feel your love's been taken
When you know there's something missing
In the dark, we're barely hangin' on
Then you rest your head upon my chest
And you feel like there ain't nothing left
I'm afraid that what we had is gone
Then I think of the start
And it echoes a spark
And I remember the magic electricity
Then I look in my heart
There's a light in the dark
Still a flicker of hope that you first gave to me
That I wanna keep
Please don't leave
Please don't leave
Ich wusste nicht, was es war, aber immer wenn ich in diesen Raum kam und den Hall hörte, während ich sang, bekam ich Gänsehaut und so ging es auch Sophie von der ich nur ein schlichtes "Wow." wahrnahm.
Kapitel 15
Amaras Sicht
"Guten Morgen." hörte ich seine raue Morgen-stimme in mein Ohr wispern. Müde gähnte ich erst, bis ein "Morgen." zurück sagen konnte. Dylan gab mir einen Kuss auf die Schläfe - was ich total süß fand. Mit einer schwungvollen Bewegung drehte ich mich nach rechts und sah wie er auf mich hinab sah. Seine Hand suchte nach meiner, nur um sie an seine Lippen zu führen.
"Gut geschlafen mein Honigkuchenpferdchen?", grinste er frech. Ich sah Dylan belustigt an. "Honigkuchenpferdchen?"
Nun musste auch Dylan schmunzeln. "Wäre dir Mäuschen, Häschen, Püppchen, Liebste, Knuddeltierchen oder Bienchen lieber? Ich hätte auch noch ein paar andere Vorschläge, wenn dir davon keiner gefällt. Oder war es überhaupt etwas zu früh?" Grinsend presste ich meine Lippen aufeinander, um mich vor einen Lachanfall zu bewahren. Wie kam er nur auf solche idiotische Spitznamen? Ich will doch keiner Manns Bienchen sein oder Püppchen. Eigentlich hatte ich auch nicht geplant die Nacht zu bleiben. Dylan hatte mich noch auf einen Kaffee hereingebeten. Es war zu Beginn auch nur der Kaffee und anschließend kam er mit einer Flasche Sekt, den wir zu einem Film leerten. Gerade als ich gehen wollte, hatte er mich gefragt, ob ich nicht die Nacht über bleiben wollte und darauf ging ich ein. Er hatte mir Klamotten von ihm gegeben und sein Bett mit mir geteilt. Mehr als wie kuscheln und rum knutschen lief aber nicht, dazu war ich nicht bereit und Dylan macht aber auch überhaupt keine Andeutungen als hätte er sich mit dieser Übernachtung etwas anderes erhofft.
"Ein bisschen früh ist es schon." antwortete ich auf seine fragte und sah wie er verständlich nickte. -"Aber dafür nicht." hörte ich ihn sagen, als er sich zu mir hinab bückte und mich küsste. Ein klein wenig unangenehm war es mir schon, da ich noch nicht Zähne geputzt hatte. Er stützte sich mit seiner Hand ab, um mich nicht unter seinem Gewicht zu erdrücken. Seine Lippen verließen meine und hinterließen eine feuchte bis hinter mein Ohr hinunter. Gänsehaut macht sich an meiner Haut breit, genau an dieser Stelle war ich sehr empfindlich.
Mein knurrender Magen unterbrach den Moment. Er löste sich von mir und sah mich an. "Lass uns was frühstücken." Das war eine verdammt gute Idee.
Dylan war auch noch so nett gewesen und hatte mit eine neue Zahnbürste gegeben. Mit frischen Atem und zusammengebundenen Haaren verließ ich das Badezimmer und trat, vor Hunger sterben, in die Küche. Dylan hatte währenddessen das zweite Badezimmer benutzt, um sich fertig zu machen. Da ich nicht wusste, was ich ihm wie helfen sollte, setzte ich mich erst Mals an den Tisch. Ich fühlte mich immer Unbehagen, wenn ich wo übernachtete und nicht mithelfen konnte, wenn es um das Essen ging.
"Kann ich dir irgendwie helfen?"
Dylan schüttelte den Kopf. "Du bist mein Gast, was wiederum bedeutet, dass du hier keinen Handgriff machen wirst."
Müsli, Joghurt, Früchte, Gemüse, Marmelade, gekochte Eier, .... ich konnte mich wirklich nicht beschweren. Der frisch gepresste Orangensaft aus seine Orangen-presse schmeckte hervorragend.
Ich sah ihm dabei zu wie er sich ein Brot schmierte, das er mit viel frischen Gemüse garnierte und genau da fragte ich mich, von wo er das eigentlich mit Niall gewusst hatte. Ich hatte ihn bis jetzt noch nicht darauf angesprochen, aber für einen doofen Zufall hielt ich es nicht.
"Dylan, sagt mal..." begann ich und stocherte dabei in meinen Früchtemüsli herum. „Von wo wusstest du, dass ich mit meinen Stiefbruder damals Niall meinte. Nicht mal Tobi wusste was davon und er mag Harry von One D. Ich bin jetzt auch nicht bekannt oder so."
Er legte sein Brot ab und wischte sich den Mund mit einer Serviette ab. "Ich habe im Frühjahr neben der Uni ein Praktikum bei der "Daily Star" gemacht. Ein Klatschmagazin. Das lagen oft Überall herum und da habe ich dich ein oder zweimal mit diesen Boybandtypen gesehen."
"Und da wusstest du damals sofort, dass ich es bin?" hackte ich neugierig nach. Jedoch verneinte er. "Nein, das habe ich natürlich nicht. Ich fand dich süß, deshalb hab ich dir auch meine Hilfe beim Hochschleppen angeboten. Erst ein wenig später wusste ich, von wo du mir so bekannt vorkamst." erklärte er.
Jetzt wurde ich hellhörig. "Wie war das so? Bei diesen Magazin zu arbeiten. Musstest du Promis verfolgen?"
Dylan lachte. "Ne, das lag nicht in meinen Aufgabenbereich, dafür habe ich mich auch überhaupt nicht interessiert. Zudem war ich doch nur ein Praktikant. Ich durfte Ordner sortieren und Kaffee holen. Ich hätte mich gerne wirklich gerne am Sportteil beteiligt, aber ohne jegliche Erfahrung hat man da keine Chance. "
"Ich verstehe." sagte ich und griff nach meiner Tasse Kaffee. "Das bedeutet dann wohl, dass du Journalist werden möchtest? Für Sport und Athletik?"
Dylan nickte bestätigend. "Ich studiere Journalismus, daher ja. Ich hätte aber auch nichts dagegen irgendwann mal Langstreckenläufer zu werden. Sport hat mich immer schon gereizt. Er hilft mir Stress und Sorgen abzubauen."
Wenn ich Stress und Sorgen abbauen muss, lege ich mich auf die Couch und schallte den Fernseher an. Besten Falls mit einer Tüte Chips oder Popcorn.
Wir redeten noch eine Weile miteinander und Dylan erzählte mir wie viele Arten es von Läufern gab und was der genaue unterschied war. Interessant fand ich es nicht, aber ins Wort fallen wollte ich ihm auch nicht, daher ließ ich ihn einfach ausreden. Schließlich musste er irgendwann fertig sein.
"Ich war mal golfen, zählt das auch als Sport?" fragte ich achselzuckend, als Dylan mich über meine Sportarten, die ich betrieb, fragte.
"Ja, ja schon. War es richtiges Golfen oder Minigolf?" Ist da nicht egal?
"Richtiges Golfen auf einem riesigen Feld. Niall hat mich damals mit in seinen Club genommen. Ich glaube, dass ich mich nicht mal so dumm angestellt habe, immerhin habe ich nicht, so wie das andere Mädchen das mit war, den Schläger über das Feld geworfen."
"Du und Niall. Habt ihr viel miteinander gemacht?" fragte er mich plötzlich.
"Zu Beginn ja. Er hat mich in Mullingar herumgeführt, ist mit mir nach Dublin gefahren und hat mich und Sophie mit nach London eingeladen. Dort sind wir dann sogar auf ein Shawn Mendes Konzert gegangen und haben ihn Backstage getroffen. Wir haben schon einiges miteinander gemacht. Später hatten wir eine kurze Phase in der wir uns ignorierten und dann sind wir uns näher gekommen." Es waren schöne Erinnerungen, die mich schwelgen ließ. Ich fragte mich auch wie es wohl den kleinen Theo gerade erging. Oder überhaupt allen in Mullingar. Irgendwie konnte ich es in diesen Moment kaum noch abwarten endlich zurückzufliegen und alle wieder zu treffen. Das andere an der Sache war, dass meine Mum Geburtstag hatte und ich ihr noch kein Geschenk besorgt hatte. Zum Glück hatte ich noch eine Woche Zeit, bevor ich mich in den Flieger setzen werde.
Da er auch später meine Hilfe nicht in Anspruch nehmen wollte, entschied ich mich, meine Sachen zu holen und hinüber in meine Wohnung zu gehen. Tobi wartete sicher schon auf mich und würde mich sicher über alles ausfragen wollen.
"Amara?" hörte ich Dylan noch fragen, bevor ich an seiner Wohnungstür ankam. Mit einem Blick über die Schulter sah ich ihn an. "Ja?"
"Muss ich mit Niall um dich konkurrieren. Wenn ja, wüsste ich es nur gerne." Ich runzelte die Stirn. Wie kam er auf das? -"Ich weiß zwar nicht warum du mich das fragst, aber die Antwort ist nein. Er ist nur mein Bruder."
Genau in diesen Moment geschah es. Es war der Moment, in der ich begann eine Lüge zu glauben, die ich mir selbst auftischte.
Kapitel 16
Es war schön zu sehen, wie Sophie strahlte, als sie uns alle Einzelheiten von ihrem Aufenthalt in L.A. mitteile. Sie schien aber sichtlich fertig zu sein, was wohl am Jetlag lag und der Zeitverschiebung. Ich war schon sehr erstaunt davon, dass sie noch sie Augen offen halten konnte. "Amara, du hättest dabei sein müssen. Es war so toll. Ich hoffe, dass ich bald wieder hin kann und auch der Job als Model in Nialls Musikvideo war erste Klasse. Er hat mich auch mit in sein Studio genommen. Ich kann euch nur sagen, dass sein Album klasse wird!" schwärmte Sophie vor sich hin, während ich immer wieder mal einen Blick auf meine Uhr warf. In einer Stunde musste ich nämlich meiner Schicht nachgehen. "Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht damit gerechnet so viel Freizeit zu haben, denn der Dreh dauerte nur einen Tag, zwar einen ganzen, aber trotzdem." fuhr sie fort. Tobi und ich nickten ab und zu, damit sie wusste, dass wir ihr zu hörten.
Tobi öffnet sich eine Cola-Dose und fragte: "Und was hast du sonst noch gemacht außer dem Dreh, dich in der Sonne braten zu lassen und den Tag im Studio zu verbringen?"
Sophies Augen wurden schlagartig größer. "Ich bin in Nick Jonas gelaufen! Er hatte mich zwar zuerst abwimmeln wollen, aber ich blieb hartnäckig und bekam mein Bild."
"Hört sich an, als ob wir bald eine Klage im Briefkasten haben werden." scherzte Tobi und zwinkerte Sophie zu, die mit den Augen rollte. "So schlimm war ich auch wieder nicht, Miller!"
Nach der Aktion im Niall Zimmer, als sie seine Unterwäsche durchwühlt hatte, war ich mir da nicht so sicher, ob ihre Antwort stimme. Die Jonas Brothers waren früher nämlich ihre Lieblingsband als es One Direction noch nicht gab - da konnte ich mir eine Eskalation schon gut Bildlich vorstellen.
"Um wieder zu deiner Frage zurückzukommen Tobi, ich habe auch noch einen weiteren Job für Davina erledigt." erzählte Sophie stolz und reckte den Kopf.
"Ist das die Model... Agentin oder wie man das nennt?" richtete ich die Frage an meine beste Freundin die bejahte. - "Ja, zu Beginn hatte ich etwas schiss vor ihr, weil sie so streng rüber kam, aber sie ist nur halb so schlimm."
Nur halb so schlimm? "Und was musstet du tun? Müssen wir dir heute alles aus der Nase ziehen?" sprach ich neugierig und hob eine Augenbraue.
"Ich zeige es euch... "murmelte Sophie, die anschließend in ihrer viel zu großen Handtasche nach ihrem Handy kramte. Es dauerte einige Sekunden bis sie das Handy auf die Mitte des Tisches legte und uns ein Foto zeigte. Es war eine schwarze Tasche mit einem goldenen Kettchen. Was hatte das mit ihr zu tun?
Ich runzelte die Stirn. "Es tut mir ja leid, wenn ich den Sinn nicht verstehe, aber was hat das mit dir zu tun?"
Sophies Mund klappte gleich auf und sie schnaubte. "Seht ihr es nicht? Es ist doch genau vor eurer Nase! Das ist meine verdammte Hand!"
Tobi und ich prusteten beide heiter los. Sie hatte ihr wirklich so ein Theater, weil eine Designer Handtasche an ihrem Gelenk baumelte, kaum zu glauben. "Hey! Hört auf zu lachen!" forderte Sophie im lauten Ton und stemmte dabei die Hände an die Hüfte. Eine unschöne Falte zog sich über ihre Stirn und ihr Blick war tötend.
"Okay, sorry. Damit hat wohl keiner von uns beiden gerechnet. Deine Hand sieht wunderschön aus." versuchte Tobi die Wollen zu glätten. Ich nickte ihm zustimmen zu und zog Sophie in eine feste Umarmung. "Sei nicht böse. Du hast das toll gemacht und ich hab dich lieb." lobte ich meine beste Freundin, die ebenfalls ihre Arme an mich legte und mich drückte. Ehe wir uns versahen, kam auch Tobi dazu. Es war ein sehr schöner Moment der, wie immer, durch das Klingeln der Tür unterbrochen wurde.
"Wer das wohl sein wird?" fragte Tobi sarkastisch. Wir ließen voneinander ab und ich ging zur Tür. Es war Dylan, der mich zur Begrüßung küsste. Ein einfach süßer Kuss, der hinter mir Sophie zucken ließ. "Was hab ich verpasst? Wann ist das passiert? Wie? Aber Ni-." fragte sie verblüfft und dabei sah sie zwischen mir und Dylan hin und her. Ich schüttelte verständnislos den Kopf, als sie irgendetwas vor sich hin murmelte. Wenn sie wollte dass man sie verstand, sollte sie deutlicher und lauter sprechen.
"Das ist erst passiert und ich werde später mit dir darüber sprechen. Okay? Ich muss jetzt nämlich los, sonst komme ich noch zur spät." sagte ich und sie nickte. Dylan hatte mir angeboten mich zu fahren und später wieder abzuholen. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich auch mit dem Bus fahren konnte, aber er ließ nicht ab.
An das Linksfahrgebot hier würde ich mich sicher nie gewöhnen. Ich fand es schon in Irland schlimm, aber hier herrschte eindeutig mehr Verkehr, was es noch schlimmer machte.
Erneut wurde ich nicht mit Tobi eingeteilt, da er später einen Augenarzttermin hatte. Zu meiner Verwunderung war auch Lola hier und nicht wie am Plan eingetragen Kev. Ich grüßte Lola und Martin, die gerade am Kaffee machen und abwaschen waren. Die Küche war leer, was hieß, das Lydia heute auch nicht hier war. Ich schmiss meine Tasche Achtungslos in den Spind, zog mich um und band mir meine Schürze um.
"Ich dachte Kev ist heute da?" fragte ich Lola, die nur genervt mit den Augen rollte. "Ja und ich dachte, ich arbeite nur am Wochenende und nicht an einem Mittwoch. Kev ist wegen Bauchschmerzen zu Hause, aber gestern konnte er noch auf Valentinas Party gehen und fleißig Bilder posten. Jammerlappen!"
"Das 'nenn ich mal Arbeitsmoral." seufzte ich und schnappte mir das Geschirrtuch um die nassen Gläser zu polieren.
"Ich hoffe, ihr beiden kommt heute klar, denn ich muss jetzt gleich auch schon weg." sagte Martin zu uns. Erst jetzt viel mir auf, dass es unsere erste gemeinsame Schicht werden würde, denn mit Lola kam ich eigentlich immer nur beim Schichtwechseln am Samstag in Kontakt. Ich war guter Dinge.
Lola grinste schief und sprach: "Wir schon schiefgehen. Vielleicht kommen dann endlich auch mal Leute in unserem Alter herein. Wir könnten eine Kuchenschlacht veranstalten oder noch besser: eine Party! Freibier für alle!" kam es neckend von Lola. Martin zog eine Augenbraue hoch. "Wenn das passieren sollte, kannst du dir sicher sein, dass ich dich nach Russland verkaufe!"
"Also ob du das könntest. Ich bin immerhin deine kleine Prinzessin." warf Lola ein und klimperte dabei mit ihren Wimpern. Martin lächelte und drückte Lola einen Kuss auf die Schläfe. "Die Prinzessin auf der Erbse vielleicht." Ohne dass weitere Worte fielen, wussten die Beiden, was sie für einander empfanden. Nicht auf eine komische weiße, aber eben so, wie ein Vater seine Tochter liebt.
Augenblicke wie diese, waren jene, in denen ich mich insgeheim fragte, wie mein leiblicher Vater wohl war und warum er uns alleine gelassen hat. Warum wollte er mich nie sehen? Sein eigen Fleisch und Blut. Ich wusste wirklich nichts über ihn und von meiner Mutter fiel auch kein einziges Wort. Als ich kleiner war, hatte ich oft nach ihm gefragt. Jetzt wusste ich aber schon, dass ich sowieso nie eine Antwort erhalten würde, deshalb probierte ich es auch nicht mehr. Meine Mutter hatte sicher ihre Gründe, jene, die ich wohl nie erfahren würde.
Gerade als ich ein belangloses Kommentar hinzufügen wollte, klingelte das Glöckchen an der Eingangstür. Ein bekanntes Gesicht lächelte mir entgegen. Wie immer sah er makellos aus, der glatt gestreifte Anzug, die dicke goldene Uhr und ein Aktenkoffer in der anderen Hand.
Ich stellte das polierte Glas in das Regal vor mir, warf mir das Geschirrtuch über die Schulter und schwang mich zu dem nun besetzten Tisch.
"Connor, ich habe Sie schon vermisst. Wie geht es Ihnen?"
"Sobald ich dieses Café betrete, geht es mir hervorragend!" lächelte er mich an. Der Geruch eines guten Aftershave war zu riechen. Seitdem letzten Mal waren seine Haare noch mehr grau melierter geworden, man konnte regelrecht dabei zusehen, wie er grauhaarig wurde. - "Ich hatte schon sorge, dass Sie uns fremdgehen und woanders Muffins verputzen, die natürlich kein Vergleich zu unseren sind." Er winkte lässig ab. "Auf keinen Fall. Hier ist auch die Bewirtung erste Klasse, mich werdet ihr hier nicht so schnell wieder los!" Es war komisch. Seit dem Zeitpunkt an, an dem ich ihn hier zum ersten Mal begegnet war, kam er ersten immer öfter vorbei, verlangte fast immer nach mir, gab mir immer Unmengen von Trinkgeld und wir verstanden uns sogar ausgezeichnet.
"Das übliche?" fragte ich ihn. Ein Latte und ein Blaubeermuffin - es war immer dasselbe.
Connor nickte bejahend. Schnurstracks machte ich mich auf den Weg zurück zum Tresen, an dem mich Lola schon mit meiner Bestellung erwartete. "Ein Latte und ein Blaubeermuffin, wie immer." hörte ich Lola sagen, die mir im selben Moment das Tablett in die Hände drückte.
"Das ging aber flott!" bemerkte Connor sofort, als ich wieder an seinen Tisch retour kam. "Die Bestellung mancher, weiß hier eben schon ein jeder." sagte ich und warf einen Blick zu Lola hinüber, die gerade an der Kaffeemaschine am Gange war. Connor überschlug seine Beine und ließ sie in seinem Stuhl zurückfallen. "Das ist doch hoffentlich nichts Schlechtes, oder?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, auf keinen Fall." sprach ich langsam. "Wo waren Sie denn dieses Mal, wenn ich fragen darf?" Er hatte mir schon eine Menge Geschichten über viele Städte erzählt, in die er schon gekommen war. Ich wusste, dass er ein Vertreter irgendeiner Firma war, das hatte er mir zumindest so erzählt.
"Dieses Mal ging es nicht um mich, sondern um meine Frau. Sie musste beruflich nach L.A und ich habe sie mit meiner Tochter und unserem Sohn begleitet." erzählte er mir und dabei rührte er in seinem Café. Connor legte den Löffel auf die Untertasse und nahm die das in deine Hand. Er pustete ein, zweimal und nahm einen Schluck von seinem heißen Getränk.
"Sie haben Glück."
Connor kniff die Augen zusammen. "Warum?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Es muss schön sein, um die Welt zu reißen. Alle diese wunderschönen Städte zu besuchen und die Kulturen kennenzulernen. Eure Kinder können stolz darauf sein, so viel von der Welt gesehen zu haben. Ich wünschte ich hätte das auch mit meiner Mutter erleben können, aber da mein Vater uns im Stich gelassen hat, lag unsere Priorität eher darin irgendwie über die Runden zu kommen, als durch die Weltgeschichte zu reisen, obwohl mich das auf eine gewisse Weise schon interessiert hätte."
Das Lächeln, das er auf den Lippen trug, schien zu verblassen. Auch sein Blick glitt hinunter an seine Tasse, die er mit seinen Händen umklammerte. "Das tut mir leid." Sein Mitleid war deutlich zu hören. Er hatte keinen Grund dazu sich bei mir zu entschuldigen, er konnte doch eigentlich überhaupt nichts dafür.
"Sie müssen sich nicht bei mir entschuldigen Connor." Ein leiser Seufzer entwich meinen Lippen. "Ich bin es gewohnt enttäuscht zu werden. Das ist eben die Geschichte meines Lebens."
Connor sah mich an. Seine Lippen waren leicht aneinander gepresst und er nickte. Ich ließ ich alleine und ging wieder meinen Job nach. Einen Kaffee hier, einen Tee da, einen unangemessenen Witz von einem alten Sack am anderen Ende des Cafés da, ... Wie immer verabschiedete sich Connor mit einen patzen Trinkgeld bei mir. Natürlich freute ich mich darüber, aber ich wollte nicht, dass er womöglich dachte, dass er mich finanzieren musste, weil ich im Arm rüber kam.
Die Stunden zogen schnell vorbei und es wurde endlich Zeit das Café für den nächsten Tag vorzubereiten, was hieß, das wir die Vitrine neu bestücken mussten, Kaffeebohnen und Getränke nachfüllen, ... es gab alle Hand voll zu tun. Es befanden sich zu unserem Glück keine Gäste mehr hier. Normalerweise saßen nämlich immer noch haufenweise Gäste im Café, denen es egal war, dass es auch eine Sperrstunde gab.
"Fuck!" hörte ich Lola plötzlich fluchen, als ihr ein Stück Torte auf den Boden fiel. Ich half ihr das Chaos zu beseitigen und wischte die unteren Schränke ab, während sie sich um den Boden kümmerte.
"Ich hasse es zu arbeiten! Warum kann ich nicht reich sein? Dann müsste ich mich hier nicht abrackern!" beschwerte sich der Rotschopf neben mir. "Apropo reich! Hat Niall eigentlich über mich gesprochen?"
Lola sah mich neugierig an, während ich etwas überrumpelt von der Frage war. Ich schüttelte den Kopf "Nein, hat er nicht. Hätte er?"
Seufzend ließ sie den Kopf hängen. "Hätte ja möglich sein können, das er sich halb über Kopf in mein perfektes aussehen verknallt hat. Dann hatte ich noch die Hoffnung irgendwann mal aus diesem Café zu kommen. Stell dir doch mal vor wie es wohl sein muss einen reichen Mann zu heiraten."
"Aber man sollte doch nicht nur heiraten wegen des Geldes. Was bringt es mir, mit jemanden verheiratet zu sein, wenn ich ihm dann nichts zu sagen habe, außer über Checks die er mir ausstellen soll? Ja, Geld wird immer eine Rolle in unserem Leben spielen, aber es sollte es nicht kontrollieren."
Lola nickte. "Ja, das weiß ich doch, zieh mich nicht gleich so runter Girl!" Sie gab mir einen leichten Klaps auf die Schulter und brachte den Mopp zurück in die Kammer. Ich wusch in der Zwischenzeit den Schwamm aus und wischte die leeren Tische ab. Erneut hörte ich das Glöckchen der Eingangstür. Innerlich fluchte ich bereits, dass noch jemanden fünf Minuten vorm zusperren hereinkommen musste, aber als ich mich umdrehte, sah ich Dylan. Ich hatte schon komplett vergessen, dass er mich abholen wollte.
"Hey, Babe." begrüßte er mich.
Ich erwiderte ein schlichtes "Hi." und wollte mich extra noch beeilen, dass ich alle Tische fertig bekam. Das Quietschen von Dylans Schuhen war zu hören als er von hinten auf mich zukam und seine Arme um mich legte. Er drückte mir einen Kuss hinters Ohr. "Bekomme ich keinen Kuss?"
Ich musste zu grinsen beginnen. "Nope, nur wenn du mir beim Abwischen behilflich bist."
"Jetzt werde ich zum Arbeiten auch noch verdonnert? Obwohl ich dich abhole?" fragte er mich spielend ernst. Ich drehte meinen Kopf zur Seite, um in sein Gesicht zu sehen. "So sieht es aus."
Dylan gab mir einen Kuss auf die Wange und nahm mir den Schwamm aus der Hand. "Sieh zu und lerne." Ich kicherte verwirrt und runzelte die Stirn. Er ließ mich los und versuchte in Rekordzeit alle Tische abzuwischen, während ich nur da stand und ihm kommentarlos dabei zusah. Also wenn er das ordentlich nannte, war ich wohl die Königin von England.
"Amara, hast du eben deine Reize genutzt und uns eine neue Aushilfe besorgt?" Ich drehte mich um und sah Lola an der Theke lehnten, die belustigt Dylan dabei zusah, wie er die Tische abwischte.
"Was ein Mann nicht alles tun muss, um einen Kuss zu bekommen ..." hörten wir ihn stöhnen. Lola machte sich an die Abrechnung im Büro ran und ich füllte noch die Getränke nach. "Schon fertig?" fragte ich Dylan, der auf mich zukam und den Schwamm in die Spüle warf.
Er lächelte mich an.
Ich lächelte zurück.
Ich mochte seine braunen Augen, das fast schwarze Haar, das lässig in alle Richtung Abstand, das Grübchen unter seinen Kinn wenn er lächelte und den Fakt, dass er sich nicht zu blöd vorkam einen Schwamm zu nehmen, um für einen Kuss Tische zu wischen. Er griff nach mir, zog mich an meiner Schürze zu sich, legte seine Arme um meine Taille. Es war ein Augenblick zwischen uns, der sich so intim anfühlte, als wir dastanden und uns schweigen anlächelten, als würde er mir seine Seele öffnen. Ich wusste wirklich nicht, wie man so etwas besser beschreiben könnte. Ein warmes Gefühl machte sich in meinen Bauch breit. Er lehnte sich zu mir und ich legte meinen Händen an seine Wangen. Sie waren warm, glühten. Unsere Nasenspitzen trafen sich und ich musste leise zu kichern beginnen, was ihm aber nicht davon aufhielt mich zu küssen. Ich fühlte sein lächeln an meinen Lippen, was mich ebenfalls zum Lächeln brachte.
Wir lösten uns voneinander und Dylan legte seine Stirn an meine. Wir kicherten uns gegenseitig an. "Amara?"
"Hm?"
Er schluckte und öffnete seinen Mund erneut. Dylan nahm seine Stirn von meiner und sah mir fest in die Augen. Die wunderschönen braunen Augen und die langen Wimpern.Warum wurden Jungs immer mit fantastischen langen Wimpern gesegnet?
"Was hältst du davon, wenn ich dich meine feste Freundin nenne?"
Mein Atem stockte und ich musste blinzeln. Irgendwie mochte ich es, dieses unverbindliche etwas, dass wir die letzten Tage geführt hatten. Ich war nicht an ihn gebunden und konnte somit tun und lassen was ich wollte. Auch wenn es eigentlich nichts war, das ich tat. Und aus irgendeinem Grund kam mir auch Niall vor das geistliche Auge. Warum war er ausgerechnet jetzt in meinen Gedanken?
"Muss ich mir Sorgen machen?" scherzte Dylan sichtlich nervös. Er nahm seine Hände von meiner Taille und kratze sich am Hinterkopf.
"Dylan, es liegt nicht an dir, aber ich ähm..." ich musste mir erst zu Recht legen was ich sagen wollte, denn sicher war ich mit selbst nicht. „Ich mag dich Dylan. Wirklich. Ich mag es auch wie es zwischen uns ist. Du bist toll, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich bereist für eine feste Beziehung bin. Ich hatte bis jetzt immer nur Pech, wenn es mal ernster wurde und ich will das nicht kaputt machen was wir haben. Können wir nicht einfach so weiter machen, wie bisher?"
Dylan nickte leicht und hob eine Augenbraue. "Du willst also weiterhin mit mir rummachen, aber ohne es eine Beziehung zu nennen? Eine Beziehung die keine Beziehung ist?"
Ich zuckte mit der Schulter. "Wenn du es so nennen willst."
Dylan verzog die Lippen und rieb sich über die Stirn. "Du bist mir ja eine. So etwas hatte ich ja auch noch nie, aber wie du willst. Hauptsache ich darf die nah sein.
Innerlich ohrfeigte ich mich für diese Entscheidung. Warum hatte ich das gesagt? Nicht mal in meiner kühnsten Vorstellung, war ich daran interessiert eine offene Beziehung zu führen!
Kapitel 17
Halbwach lag ich in meinem Bett und lauschte den singenden Vögeln. Eine angenehme Brise frische Luft zog durch mein Zimmer und der blumige Duft meiner Bettdecke lag mir in der Nase. Ich hatte schon vollkommen vergessen wie es war in Mullingar aufzuwachen. Die Stille, obwohl das Fenster die ganze Nacht geöffnet war, war wunderbar und das Zirpen der Grillen war alles andere als störend. Es war einfach kein Vergleich zu meiner Heimatstadt oder der Millionenmetropole London.
Ein sanftes Klopfen lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. Ohne die Augen zu öffnen, wusste ich schon wer es wohl sein würde.
"Mäuschen. Willst du auch mit Frühstücken?"
Das einzige was ich herausbrachte war ein. "Hmm..." Ich stöhnte und zog mir die Decke weiter hoch. "Fünf Minuten noch." Nach dem unruhigen Flug gestern hatte ich Schlaf bitter nötig.
"Okay." Meine Mutter schloss die Tür wieder und ging nach unten. Essen war wohl das einzige das mich momentan aus dem Bett brachte, denn eigentlich hätte ich nichts dagegen gehabt den ganzen Tag faul im Bett liegen zu bleiben und mich bedienen zu lassen. 'Ne Königin müsste man sein, dann würde das wohl so funktionieren.
Schlapp drehte ich mich von der Seite auf den Rücken, dabei rutschte mir die Decke bis zum Bauch hinunter, die ich anschließend mit meinen Füßen von mir strampelte. Ich streckte mich, gähnte und rieb mir meine verschlafenen Augen. Einige Haarsträhnen meines Zopfes hingen mir dabei in die Augen. Ich pustete sie zwar aus meinem Gesicht, aber sie fielen mir immer wieder in die Sicht. Ich fühlte mich so verdammt schwer und kam einfach nicht auf, deswegen drehte ich mich wieder zur Seite und sah auf den hellen Parkettboden unter mir. Würde es wehtun, wenn ich mich nach unten abrollen würde? Vermutlich.
Schlussendlich kam ich irgendwie auf die Beine und schleppte mich in mein Badezimmer. Der erste Blick in den Spiegel war, wie immer, grauenhaft. Ich wusch mir mein Gesicht, putze mir meine Zähne und frisierte mein Haar. In Hauslatschen und Schlafanzug polterte ich die Treppen hinunter und betrat die Küche. Bobby saß mit einer Zeitung in der Hand an seinen Platz und dabei hielt er eine Tasse, die sicher mit Kaffee gefüllt war. Seine runde Harry Potter Brille hatte er auch mal auf.
"Nach auch schon auf?" fragte mich meine Mutter, die hinter mir gerade die Küche betrat und zum Kühlschrank ging. Ich nickte nur leicht und schnappte mir eine Tasse Kaffee. Anschließend bediente ich mich am Kühlschrank und ließ mich neben Bobby am Tisch nieder. Ein belegtes Brot und eines mit Nutella lagen vor mir. Während ich mir kleine Stücke von meinem belegten Brot abschnitt beschwerte sich Bobby über den Mord und Totschlag in der Welt.
Ich winkte ab. "Das ist doch eh immer dasselbe." Erneut nahm ich einen Bissen.
Bobby schüttelte den Kopf, faltete die Zeitung zusammen und legte sie ab. "Ja, aber das ist doch gerade das schreckliche daran. Wer will in so einer Welt ein Kind groß ziehen?"
Schulterzuckend erwiderte ich: "Ähm. Habt ihr das nicht?" Dabei glitt mein Blick zwischen Bobby und meiner Mutter hin und her, die gerade genüsslich an ihrer Tasse zog und sich nach hinten an ihren Stuhl lehnte. Bobby räusperte sich und damit schien für ihn das Thema gegessen zu sein.
"Ich hoffe, dir hat dein Geschenk gefallen, das wir dir für deinen Geburtstag geschickt haben. Hast du schon viele Bilder damit gemacht?" meldete sich meine Mutter zu Wort. Bei dem Wort 'Bilder' wurden ihre Augen groß. Sie und ihre Fotos.
"Ja, total viele." Die Tatsache, dass sie Kamera noch verschlossen in meinem Zimmer lag, verschwieg ich ihr jetzt mal.
Mum seufzte zufrieden. "Ach, sehr schön. Hast du sie mit? Wir könnten sie in deinen Ordner dazu geben."
"Nein, habe ich nicht." erwiderte ich knapp. Ich sah hinab auf meinem Teller und schnitt mir wieder ein weiteres Stück meines Brotes herunter. Bobby stand währenddessen auf und befüllte sich seine Tasse erneut. "Du hast ein gutes Auge dafür Amara. Deine Mutter hat mir die Bilder gezeigt und mir erzählt, dass du dich dafür insgeheim interessierst." erzählte mein Stiefvater mir und meine Mutter nickte zustimmend.
"So kann man das nicht sagen." sagte ich. "Meine Mutter hat den zwang alles zu fotografieren, was gerade geschieht. Denkt doch nur mal daran als wir letztes Jahr das erste Mal zusammen mit Niall, Greg, Denise und Maura zu Abend gegessen haben. Oder an das Mal, als ich meinen ersten Kater hatte... Mir blieb früher nichts anderes über, als die Bilder von ihr zu knipsen. Zum Glück bin ich an euren Hochzeitstag verschont geblieben."
Es roch nach frischen Kaffee und der Dampf des heißen Getränkes stieg nach oben als Bobby sich wieder setzte. "Wenn wir schon von unserer Hochzeit sprechen... " begann er plötzlich. „Du und Niall. Habt ihr euch jetzt endlich wieder vertragen?"
Ich schlucke meinen Bissen hinunter und nahm einen Schluck aus meiner Tasse. "Jap. Alles wieder gut."
Bobby kniff die Augen zusammen. "Ich wusste damals überhaupt nicht, dass ihr so eifersüchtig aufeinander wart. Als mir Kate alles erklärt hatte, war ich mehr als nur verwirrt darüber. Ich meine, ihr seid doch beide alt genug um zu wissen, dass Niall dir nicht deine Mutter wegnimmt und auch andersherum."
Etwas verwirrt sah ich zu meiner Mutter hinüber, die mich starr an nickte. Sie wusste was los war. Ich hatte es ihr an diesen Abend erzählt und mir war es egal, ob sie Bobby davon erzählen würde oder nicht, ich war sogar fast so weit gegangen, um des Bobby absichtlich zu erzählen, damit er seinen Sohn mal die Ventilen lesen würde. Na ja, ich entschied mich dagegen. Dass sie es Bobby nicht erzählt hatte, hatte sie mir gesagt, aber das sie ihm so einen Unsinn erzählen würde... damit hatte ich sicher nicht gerechnet.
"Ich bin ein Einzelkind. Ist das Erklärung genug?" erklärte ich ihm und versuchte somit die Situation scherzend zu übergehen - was auch klappte.
"Und was machen wir heute noch?" fragte meine Mutter wenig später in die Runde.
Ich runzelte die Stirn. "Wir? Ich weiß ja nicht was ihr macht, aber ich zu meinen Teil, schnappe mir, nachdem ich mich umgezogen habe, meinen Wagen und mache die Gegend unsicher."
"Du meinst wohl eher die Straße. Wir sollten wohl der Polizei Bescheid sagen, dass sie die Plastik-bäume aufstellen sollen." unterbrach mich Bobby grinsend. Meine Mutter konnte sich selbstverständlich ihr Lachen nicht unterdrücken.
"Sehr witzig, Bobby."
Ich rollte lächelnd mit den Augen, räumte mein Geschirr vom Tisch ab und ging hoch in mein Zimmer. Eine kurze Jeans-Shorts und ein schwarzes Basic Shirt hatte ich schnell in meinen Koffer gefunden und angezogen. Im Badezimmer trug ich noch Make-up auf und machte mir Dutch-Braids. Warum ich mir gerade Dutch-Braids antat wusste ich auch nicht, da ich immer ewig brauchte bis ich sie hin bekam. Vermutlich war auch genau das der Grund, warum ich sie so gut wie nie machte.
Mit meiner schwarzen Handtasche ging ich die Treppen hinunter und ging auf das Kästchen zu, in dem alle Schlüssel aufbewahrt wurden und unter anderem auch mein Zulassungsschein, sowie der Schlüssel von Nialls Range Rover und dessen Papiere. Der Wagen, in dem wir nach Dublin gefahren waren und eine Nacht, wegen dem schlechten Wetter verbringen mussten. Mussten - eigentlich eher durften. Ich erinnere mich noch genau daran, wie Niall im Bett gegenüber von mit lag und seelenruhig schlief, während Gott sein Schlagzeugsolo gab.
Ich ließ meine Finger über den Anhänger an seinen Schlüssel gleiten. Es war eine Runde Münze auf der "NH" mit Schlagzeugsticks gedruckt war. Er war neu, damals war er noch nicht an seinen Schlüsselbund.
Bevor ich in die Garage ging verabschiedete ich mich noch bei Bobby, da ich meine Mutter nirgends sehen konnte und begab mich zu meinen Wagen. Sie hatten derweil ein riesiges weißes Tuch über meinen Wagen gespannt, was wohl hieß, dass er seit einer Ewigkeit nicht mehr gefahren wurde. Ich zog daran und der Staub flog mir entgegen, ich musste einige Male husten und mit der Hand versuchte ich den Staub von mir weg zu fächern. Das Tuch schoss ich einfach quer in eine Ecke neben Nialls Wagen, der ebenfalls abgedeckt war.
Mein hellblauer VW Golf kam zum Vorschein. Ich legte meine Tasche am Beifahrersitz links neben mir ab und kontrollierte die Spiegel. Anschließend legte ich mir den Sicherheitsgurt um und drückte den Einschaltknopf. Es krächzte kurz aber zu meinem Glück ging der Motor an. Ich hatte schon die Befürchtung dass die Batterie komplett leer sein würde. Langsam fuhr ich durch das bereits geöffnete Garagentor hinaus auf die Einfahrt und bog anschließend zur Straße ab.
Die Klimaanlage blies angenehme kühle Luft in den Wagen und die Musik dudelte aus dem Radio. 'Havana' von Camila Cabello lief gerade. Auch obwohl ich den Song schon hunderte male gehört hatte, konnte ich es nicht unterlassen mitzusingen. Schätzungsweise fünf bis sieben Autos kamen mir bis zur Mall entgegen. Es war ruhig auf den Straßen von Irland. Ich hatte schnell einen Parkplatz direkt am Eingang ergattert, schnappte mir meine Tasche und ging in angenehmem Schritttempo die Mall hinunter. Ich war eine schreckliche Tochter. Der Geburtstag meiner Mum war schon morgen und ich hatte noch immer kein Geschenk für sie. Im Geschenke kaufen war ich sowieso schon immer eine Niete. Ich hatte es immer lieber, wenn mir jemand genau sagte, was er haben wollte, dann musste ich nicht lange nach irgendetwas halbwegs passablen suchen. Bei meiner Mum war es schwer, inzwischen besaß sie doch schon alles was sie wollte. Der Beweis ist dieses riesige Haus in dem sie lebt, mit dem Mann, der sie abgöttisch liebt. Wie sollte ich das mit etwas anderen also toppen?
Ich hielt in einigen Läden an und suchte nach irgendetwas das ich ihr schenken konnte, jedoch fand ich nichts Passendes. Klamotten hatte sie doch eh genug und außerdem ist das mit Klamotten immer so eine Sache, jeder hat eben nicht denselben Geschmack. Kerzen und so schnick schnack fand ich auch alles andere als passend.
Mein nächster Halt brachte mich, mit einen köstlichen Latte, an einen freien Tisch im Starbucks Café. An und ab nippte ich an meinen Becher während ich derweil meinen Twitter Feed durchforstete. Stolze 61 Tausend Follower hatte ich erst letzte Woche erreicht, was natürlich nichts mit mir zu tun hatte, sondern nur mit dem Fakt, dass wir uns in die Horan Familie eingeheiratet hatten. Mich wunderte es wirklich, warum die mir alle folgten, immerhin postete ich wirklich nur ganz selten etwas.
"Ja, kannst du es fassen? Ich hatte nicht damit gerechnet." Diese Stimme kam mit vertraut vor. Ich löste den Blick von meinem Display und drehte mich um. Ein Lächeln zog sich über mein Gesicht. Ich sah ihm zu wie er sich etwas bestellte und in die andere Richtung sah, um mit seiner Schwester zu sprechen. Der Junge hinter der Theke übergab ihn seine Bestellung und erst jetzt sah er das erste Mal in meine Richtung. Unsere Blicke kreuzten sich.
Es war Matt.
"Amara. Hey!" grüßte er mich schon als er mit großen Schritten auf mich zukam. Ich stand ebenfalls auf und nahm ihn in die Arme. Mein Kopf lag an seiner Brust, da er deutlich größer war als ich. Durch sein Tank top sah ich, dass er ein neues Tattoo auf seiner Schulter hatte. Einen Adler mit roten Augen.
Wir lösten uns wieder voneinander und grinsten uns gegenseitig an. "Wie geht es dir? Ich wusste nicht, dass du wieder in Mullingar bist. Hat dir London nicht gefallen?"
Ich schüttelte den Kopf und setzte mich wieder auf meinen Platz, was mir Matt gleich tat, als er sich gegenüber von mir setzte. Seine Schwester Amber ignorierte ich eiskalt. Ich hatte aber mitbekommen, dass sie den Mund verzogen hatte und die Arme verkreuzte.
Matt sah gut aus. Sein rabenschwarzes Haar war etwas kürzer als beim letzten Mal, seine dunklen Augen glänzen, die schönen langen Wimpern hatte er noch immer und seine Muskeln waren definitiv mehr geworden.
"London ist toll. Ich bin wegen dem Geburtstag meiner Mutter hier." erklärte ich.
Matt nickte. "Wie ich. Ich bin auch auf Besuch hier. Wann fliegst du wieder zurück?"
"In fünf Tagen, also am Mittwoch." antwortete ich daraufhin. Wieder nickte Matt. "Das heißt, du hast also genügend Zeit, um am Sonntag mit mir, Sean, Leon und Emily campen zu gehen."
"Campen?" wiederholte ich ihm und zog dabei die Augenbrauen hoch. "Ich und campen?"
Matt zuckte mit den Schultern und grinste schief: "Ja, warum nicht? Wir bestimmt lustig."
Ich verzog den Mund. Den Drang danach auf den harten Boden zu schlafen verspürte ich einfach nicht. "Kommt denn deine Latina Freundin nicht mit?"
Matt seufzte und umklammerte seinen Kaffeebecher. "'Ne. Das ist schon wieder alles vorbei. Wir haben nicht zusammen gepasst." Er sah auf seine Hände hinab und anschließend wieder hoch zu mir. "Also, kommst du mit?"
Ich biss mir in die Wange. Bock hatte ich eigentlich nicht, aber so konnte ich wieder ein bisschen Zeit mit ihm verbringen. "Na gut. Aber ich muss erst mal Bobby fragen, ob er irgendwo ein Zelt und einen Schlafsack hat, sonst wird das nämlich nichts."
"Falls er nichts hat, ist das nicht so schlimm. In meinen Zelt ist immer Platz für dich und einen Schlafsack könnte ich sicher auch auftreiben." bot Matt mir netterweise an.
Amber schnaufte laut: "Meinen bekommt die sicher nicht!"
"Glaub mir, bevor ich mich in deinen lege schlafe ich lieber auf Steinen." sagte ich schroff zu ihr und gab ihr einen tödlichen Blick. Blöde Kuh, warum war die noch immer da?
Matt verabschiedete sich kurz darauf von mir und verließ das Café mit seiner Schwester. Ich trank noch in Ruhe aus und machte mich wenig später ebenfalls auf den Weg nach Hause. Meinen Wagen parkte ich in der Auffahrt. Schon als ich die Haustür öffnete hörte ich Nialls Stimme. Ich schlüpfe aus meinen Schuhen und legte meine Handtasche an einen kleinen Schrank ab.
Leise schlich ich mich an den Türrahmen des Wohnzimmers und lehnte mich dagegen. Niall stand mit den Rücken zu mir und erzähle unseren Eltern irgendeine Geschichte, bei der er wie wild gestikulierte. Der Blick von Bobby glitt an Niall vorbei an mich. Grinsend fragte er: "Wie viel Bäume hast du angefahren?"
Niall wurde plötzlich still und drehte sich ebenfalls in meine Richtung. Er lächelte mich sanft an und ich lächelte zurück. Ich hatte ihn seit dem Zwischenfall im Park nicht mehr gesehen.
"Ich habe gar keinen Baum angefahren. Es könnte sein, dass ich deinen Wagen leicht gestreift habe, als ich in die Einfahrt gefahren bin."
Mehr musste ich nicht sagen, schon verzog Bobby das Gesicht und stürmte an mir vorbei nach draußen.
"Amara ist das dein ernst?" fragte meine Mutter plötzlich. Ich ging an Niall vorbei, schmiss mich auf die Couch und legte die Füße hoch. Die Fernbedienung hatte ich auch schnell gefunden. "Vielleicht, vielleicht auch nicht. Findet es heraus."
Kapitel 18
Nachdem Bobby zurückgestürmt kam und mir in den Oberarm pikste, ging ich wieder nach oben in mein Zimmer. Da ich letztes Jahr nicht die Gelegenheit genutzt hatte, um den Pool im hinteren Garten zu benutzen, beschloss ich es heute zu tun. Ich zog meine Kleidung aus und zog mir meinen roten Bikini an. Mit Flipflops an den Füßen und einen Handtuch in der Hand ging ich nach unten und ging in den Garten hinaus. Der Terrassentisch war bereits mit einen Tischtuch gedeckt und der Grill stand auch schon bereit, für das Abendessen in wenigen Stunden. Da der Geburtstag meiner Mutter Morgen war, hatten sie auch Greg, Denise und Theo eingeladen.
Das grüne Handtuch schmiss ich auf eine der drei Liegestühle, die nur wenige Zentimeter vom Pool entfernt standen. Zuerst checkte ich die Temperatur, des rechteckigen Pools mit meiner großen Zehen. Obwohl das Thermometer 28 Grad im Wasser anzeigte, kam es mir doch ein klein wenig kälter vor. Stufe für Stufe ging ich in das blaue Wasser, bis ich schlussendlich bis zu den Schultern im Wasser stand und nach vorne schwamm. Die Abkühlung tat gut und fühlte sich erfrischend an.
"Ist das Wasser kalt?"
Erschrocken drehte ich mich um und sah, wie Niall lässig barfuß die Stufen herunterkam, mit den Händen in den Taschen seiner Shorts und sich anschließend auf eine der Liegen setzte. Seine Arme hatte er auf seinen Oberschenkel liegen und dabei sah er mich durch seine schwarze Sonnenbrille an. Ich biss mir auf die Lippe und ging dabei näher auf den Rand zu, an dem die Liegen standen. "Komm doch rein und finde es heraus." forderte ich von ihm und zwinkerte ihm zu.
Niall schmunzelte und senkte den Kopf für einen kurzen Augenblick. Er hob seinen Blick wieder an, rutsche nach hinten an die Rückenlehne und verschränkte die Arme hinter den Kopf. "Ach, ich genieße lieber die Aussicht."
Ich sah ihn belustigt an und grinste frech. "Ich finde es creepy, wenn du da sitzt und mich beobachtest." Ohne darüber nachzudenken, strich ich mit einer Wucht durch das Wasser und spritze Niall an. Er schreckte hoch und sah mich mit geöffnetem Mund an.
"Das hast du gerade nicht..." Ich ließ ihn nicht ausreden, sondern wiederholte meine Tat von eben noch einmal. Er versuchte einen bösen Gesichtsausdruck zu machen, scheiterte jedoch kläglich.
"Na, was ist los Horan? Bist du nass geworden?" neckte ich ihm. Ich ging einige Schritte rückwärts, als ich sah, wie er aufstand und seine Sonnenbrille abnahm. Er schenkte mir einen kecken Blick, griff nach den Kragen seinen Shirts und zog es sich über den Kopf. Ohne zu zögern, warf er es auf den Boden und sprang in das Wasser. Ich hatte schon angenommen, dass er eine Badehose trug.
Ich versuchte noch etwas Abstand zwischen uns zu bringen, denn ich konnte durch das Wasser sehen, wie er auf mich zu tauchte. Jedoch erwischte er mich an meiner Taille, als ich mich umgedreht hatte, um zu sehen, wo ich hin lief. Ich kreischte laut auf, denn Niall fackelte nicht lange und dümpelte mich unter Wasser. Es geschah so schnell, dass ich mich nicht wehren konnte. Ich hatte auch etwas Wasser geschluckt und musste husten, als ich wieder an der Wasseroberfläche war. Niall fand es lustig und lachte, deswegen gab ich ihm einen Klaps gegen die Brust, musste aber auch zum Schmunzeln beginnen. Die Art wie er sich durch seine nassen Haare strich und sie wild in alle Richtung ab standen, machte etwas mit mir.
"Heute mal zwei Zöpfe?" bemerkte Niall, der im selben Moment nach einen meiner Dutch-Braids griff und sie begutachtete. "Gefällt mir." ergänzte er anschließend und nahm seine Finger wieder von meinen Haaren. Erst jetzt viel mir etwas ein. "Hey Niall?" -"Ja?"
Ich seufzte laut. "Wie sieht mein Make-up aus?" Niall fing wild zu grinsen an, sodass ich schon dachte, dass ihm die Backen wehtun mussten. "Oh, das war also nicht mit Absicht so angemalt?" fragte er und zeigte auf mein Gesicht.
Empört schnaufte ich und gab ihm erneut einen Schlag gegen die Brust. "Du bist gemein." Gespielt schmollend verzog ich den Mund und drehte mich um. Niall lachte leicht: "Ich mache doch nur Spaß. Hey..." Er griff nach meiner Taille und drehte mich zu sich. Seine Hand wanderte an meine Wange und seine Augen lagen auf meinen. Sanft strich er dabei mit seinen Daumen unter mein Auge, um die verschmierte Wimperntusche wegzuwischen. Dieser verdammt Augenkontakt ließ mich dahin schmelzen. Galt das hier schon als flirtversuch?
Ich sah es deutlich. Das Lächeln, das sich auf Nialls Lippen bildete, als wir unsere Blicke austauschten. Seine Hand ruhte noch immer auf meiner Wange. "Für was benutzt du dieses Zeug überhaupt?" Erneut strich er mit seinen Daumen unter meinem Auge entlang. "Das hast du doch überhaupt nicht nötig." Er sprach in so einem ruhigem Ton, das ich ihm jedes Wort glauben wollte.
"Das sagst du, mein Spiegel meint da etwas anderes." erwiderte ich anschließend und ging einen Schritt weg von Niall. Einfach schrecklich, wie wir uns immer wieder in solchen Situationen wiederfanden. Ich hatte jetzt Dylan an meiner Seite, auch wenn es nichts fest Verbindliches war, ich wollte es zumindest mit ihm versuchen. Eine Beziehung entsteht nicht einfach von heute auf morgen, auch nicht nach einem Date im Park und einer Übernachtung. So war ich nicht und so wollte ich auch nicht sein. Daher auch meine Entscheidung. "Niall, ich sollte dir vielleicht sagen, dass ich mit Dylan ausgehe. Wir sind noch nicht fest zusammen, aber ich mag ihn. Nur damit du Bescheid weißt."
Er leckte sich über die Lippen und ließ sich leicht nach hinten fallen, um bis zu den Schultern im Wasser zu sein. "Ich weiß." sagte er knapp.
Irritiert runzelte ich die Stirn. Woher sollte er das wissen? Ich hatte ihm noch nichts davon erzählt. Niall sah mir meine Fraglosigkeit an und antwortete: "Ich war gestern bei euch, weil ich dich fragen wollte, ob wir heute zusammen fliegen, aber du warst nicht mehr da. Sophie hatte Hunger und ich konnte auch was vertragen, also sind wir einen Happen essen gegangen und da hat sie geplaudert."
Ich nickte. "Oh."
Niall räusperte sich, sah mich ein letztes Mal an und tauchte anschließend zum Ausstieg des Pools. Ich sah ihm noch hinterher, als er sich sein Shirt griff, seine Sonnenbrille nahm und die Treppen hinauf zur Terrasse ging, nur um kurz darauf hinter der Tür zu verschwinden. Weshalb ist er geflüchtet? Wir hatten uns ausgemacht Stiefgeschwister zu sein, ohne dass sich etwas zwischen uns entwickeln würde, da müsste er es aushalten, wenn ich ihm von einem Jungen erzähle.
Ich tauchte noch ein letztes Mal unter, bevor ich den Pool ebenfalls verließ und mich auf die Liege legte, um mich in der Sonne trocknen zu lassen. Niall hatte sich nicht mal ein Handtuch mitgenommen. Meine Mutter war sicher erfreut, nun im ganzen Haus seine nassen Fußabdrücke zu haben.
Die Hintertür ging auf und fiel ins Schloss. Ich setzte mich etwas auf und sah über meine Schulter hoch. Meine Mutter stand mit einer Flasche Wasser am Rasen und rieb sich den Bauch.
"Bauchschmerzen?" fragte ich sie. Sie verzog ihr Gesicht, ging die Stufen herunter und setzte sich neben mich auf die freie Liege. "So was Ähnliches." hörte ich sie sagen. Sie stellte die Flasche Wasser neben ihre Liege am Boden ab und legte sich ebenfalls hin. Mit der Hand vor ihrem Gesicht drehte sie sich zu mir. "Du bist wenigstens brav und lässt dich trocknen. Niall hat alles nass gemacht, den habe ich gleich den Mopp in die Hand gedrückt."
"Ich bin froh, dass du da bist." fuhr sie ruhig fort. Sie lächelte. Ich musste auch lächeln und nahm ihre Hand, die sie mir zu streckte.
Nachdem ich mich geduscht hatte und wieder in meinen Alltagsklamotten gekleidet war, ging ich auf die Suche nach Bobby. Ich fand ihm in seinem Arbeitszimmer an seinen Computer. "Bobby darf ich dich kurz stören?"
Er drehte sich in seinen Schreibtischstuhl um und schob seine Lesebrille hoch. "Was brauchst du Amara?"
"Ich wollte nur fragen, ob ihr hier eventuell irgendwo ein Zelt und einen Schlafsack für mich übrig hättet."
Bobby pustete Luft aus. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir das überhaupt haben, von uns geht eigentlich nie jemand Zelten, aber frag doch Niall. Vielleicht hat er sowas ja. Okay?"
"Okay, danke trotzdem." Ich ging wieder zurück an meinem Zimmer vorbei und klopfte an Nialls Tür, die einen Spalt geöffnet war. "Komm rein." hörte ich ihn sagen.
Er lag auf seinem Bett und hatte Kopfhörer auf, die er abnahm, als er mich sah. "Bobby hat gesagt, ich soll dich fragen, ob du zufällig ein Zelt und einen Schlafsack für mich übrig hättest, falls du überhaupt so etwas hast."
Niall runzelte die Stirn und setzte sich auf. "Tut mir leid, aber ich habe keines von beiden. Was willst du überhaupt damit?"
"Ich habe gestern zufällig Matt getroffen, der mich gefragt hat, ob ich mitkommen möchte mit ihm, Leon, Matt und Emily zelten zu gehen. Aber macht nichts, er hat mir auch angeboten, dass ich bei ihm schlafen könnte und dass er mir von irgendwo einen Schlafsack auftreiben könnte, falls ich keinen bekommen würde."
Nun hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. "Wie jetzt? Du schläfst einfach so bei ihm im Zelt?" Eine unschöne Falte legte sich über seine Stirn. Ich zuckte mit der Schulter. "Warum nicht? Wir sind Freunde, was soll schon sein?"
Niall sprang von seinem Bett auf und kam auf mich zu. "Ne, als dein Stiefbruder bin ich nicht damit einverstanden. Dafür kenne ich Matt zu gut, auch wenn er ein guter Kerl ist, traue ich ihm hierbei nicht über den Weg."
Ich musste schmunzeln und legte meinen Kopf zur Seite: "Bist du eifersüchtig?"
Niall erstarrte und verstummte, ehe er seine Stimme wieder fand. "Was? Ich soll was sein?! Sicher nicht. Ich mache mir nur Sorgen um dich, daher wird es wohl am besten sein, wenn ich mitkomme. Kannst Matt gleich Bescheid sagen."
Ohne auf meine Antwort zu warten, ging er an mir vorbei und polterte die Treppen hinunter.
"Wo willst du hin?" rief ich ihn hinterher, als ich sah, wie er seine Autoschlüssel aus dem Kästchen nahm.
"Ich werde uns eine Ausrüstung besorgen fahren."
Ich versuchte noch auf Niall einzureden, dass ich nicht wollte, dass er irgendwohin fuhr und extra für diesen einen Tag ein Zelt und Schlafsäcke für uns kaufte. Ich versuchte ihm auch klar zu machen, dass er nicht mitkommen musste, da ich schon selber auf mich aufpassen konnte, aber das wollte er nicht hören. Den Fakt, dass ich und Matt schon geknutscht hatten, rieb er mir dafür unter die Nase und wie leicht es sein könnte für die anderen Kerle, mich beduselt zu machen und zu verführen.
Er, als mein Stiefbruder, konnte das nicht zulassen.
Kapitel 19
"Onkel Niall, Onkel Niall!" rief Theo immer wieder, um die Aufmerksamkeit seines Onkels zu bekommen. Er legte seine Hände an sein Kinn und sprang aufgeweckt herum.
"Was ist los, großer?" fragte Niall ihn, der ihm durch sein blondes Haar wuschelte. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass Theo sein Sohn wäre. Die Beiden sahen sich einfach so verdammt ähnlich.
Theo begann zu lächeln und zeigte uns seine weißen Zähnchen. "Spielst du fangen mit mir?"
"Wir essen gleich, aber danach. Versprochen." versprach Niall ihm. Der kleine nickte und hielt sich an Nialls Bein fest, der neben mir am Tisch saß. Niall nahm ihn hoch auf seinen Schoss und Denise reichte ihm die rote Trinkflasche von Theo, die mit Autos bedruckt war.
Der Geruch von frisch gepurzeltem Fleisch lag in der Luft und ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ich hatte extra das Mittagessen ausfallen lassen, damit ich mit gutem Gewissen zuschlagen konnte.
"Wie läuft es in London für dich Amara? Wie ist dein Mitbewohner so?" richtete Greg das Wort an mich.
"Gut, die Uni beginn ja erst nächsten Monat. Tobi ist wunderbar, wir verstehen uns wirklich sehr gut. Sophie, die du ja bei der Hochzeit kennengelernt hast, wohnt nun ebenfalls bei uns. Niall hat sie schon zu einen 'Star' in einem seiner Musikvideos gemacht." antwortete ich und sah anschließend zu Niall hinüber.
"Sie brauchte einen Job und ich wollte ihr auf die Beine helfen." erklärte Niall, der danach einen Schluck aus seiner Bierflasche nahm.
"Das ist ja schön zu hören." hörte ich meine Mutter sagen. "Wie hat sie sich angestellt?" setzte sie kurz darauf nach. Das würde mich auch interessieren. Sophie hatte mir zwar alles aus ihrer Sicht erzählt, aber sie hätte auch übertreiben können und so etwas selbst einzuschätzen, ob man gut in etwas war, war nicht einfach.
Niall sah auf den kleinen Jungen in seinen Armen hinab, der an seiner Uhr spielte und an den Band zog. "Sie hat einen tollen Job gemacht. Umso länger wir drehten, umso mehr konnte sie sich daran gewöhnen. Davina wirkte begeistert von ihr und hat sie auch auf ein anderes Shooting mitgenommen. Ich bin mir auch sicher, dass sie Sophie wieder kontaktieren wird, weil sie mich ein bisschen über sie ausgefragt hat."
"Sieht so aus, als würdest du schon bald mit einem Supermodel zusammen wohnen Amara." Ich nickte seufzend, als ich Bobby reden hörte. Er stand am Grill und wendete das Fleisch. Solange es unserer Freundschaft nicht schaden würde, wünschte ich es ihr erfolgreich zu sein.
"Und in Sachen Jungs? Hast du dir schonen einen hübschen Briten angelacht?" fragte Denise nun, die mir zuzwinkerte.
Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas. "Ähm, ja da gibt es jemanden." Ich stellte mein Glas wieder ab und beobachtete die Reaktion meiner Mutter. Ihre Augen wurden regelrecht zu einem Schlitz, die Niall ein Loch in den Kopf bohrten. "Sein Name ist Dylan, er ist unser Nachbar." Sofort wurde die Miene meiner Mutter wieder angenehmer zu betrachten. Sie lächelte. "Dylan, klingt nett. Trink er viel Tee?"
Kopfschüttelnd antwortete ich: "Mum, nur weil er Brite ist, heißt das nicht, dass er automatisch ständig Tee trinken muss. Dylan trinkt Kaffee, ist sehr höflich und gebildet. Außerdem ist er eine Sportskanone. Ihr müsstest mal sein Sixpack sehen..." Aus meinem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Niall mit den Augen rollte. Was war sein Problem?
Denise begann zu kichern und pikste Gregor mit dem Zeigefinger in seinen Bauch. "Greg da könntest du dir mal eine Scheibe von abscheiden." Gregor verzog seinen Mund. "Dann hör auf so gut zu kochen. Wie soll ich sonst der Versuchung widerstehen?!"
"Also wer hat Hunger?" Unsere Köpfe schossen hoch, als wir sahen wir Bobby mit einem Teller voll Fleisch und gerillten Gemüse an den Tisch kam.
"Komm zu Mama, Theo." hörte ich Denise sagen, die ihr Arme nach ihrem Sohn streckte. Theo jedoch schüttelte den Kopf und klammerte sich an Niall fest.
"Theo, dein Onkel will auch zu Abend essen. Komm her." versuchte sie es erneut, jedoch schüttelte er noch hastiger den Kopf.
Niall winkte ab und sah auf Theo hinab. "Ach, kein Problem. Mein Lieblingsneffe darf immer bei mir sitzen, auch wenn wir essen." Nialls Worte ließen den Kleinen strahlen. "Ich bin dein Liebling?" hackte der Kleine nach und machte dabei große Augen. "Ja, natürlich." erwiderte Niall ihm und drückte Theo einen Kuss auf den Kopf.
Es herrschte eine angenehme Stimmung am Tisch und die Musik, die aus dem Radio dudelte, tat ihr Übriges. Wir aßen, redeten und lachten. Theo versuchte sich immer zu sträuben, als Niall ihm mit Gemüse füttern wollte, den verzogenen Gesichtsausdruck des Kleines werde ich sicher nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Nachdem wir gegessen hatten, räumten alle zusammen den Tisch ab, auch Theo half tüchtig dabei mit. Das Geschirr wurde in den Geschirrspüler geräumt und die Kaffeemaschine wurde angeworfen. Meine Mutter hatte extra noch Mehlspeisen besorgt, die bis auf meine Mutter und Niall niemand mehr essen wollte, zumindest nicht sofort nach dem Abendessen. Mein Bauch stand ab, als sei ich schwanger, ich hätte mir das letzte Stück Fleisch verkneifen sollen. Ich war bat satt, ein Bissen mehr und ich würde platzen.
Ich sah meiner Mum still schweigen zu, wie sie das Erdbeertörtchen verputzte. Stück für Stück wurde es kleiner, bis schließlich der Teller gänzlich leer war. Niall war in der Zwischenzeit schon fertig mit Essen und übergab Denise Theo, als er aufstand um sein Teller rein zu tragen, beim Vorbeigehen nahm er auch das meiner Mutter mit, die ihm danke.
Mein Stiefbruder hatte auch eine neue Flasche Wasser mit an den Tisch genommen, als er zurückkam. Er stellte die in der Mitte des Tisches ab und setzte sich wieder neben mich.
"Na, wer ist da den müde?" fragte Denise und sah auf Theo hinab, der sich seine Kulleraugen rieb. "Ich bin nicht müde!" protestierte er sofort, doch das anschließende Gähnen bewies etwas anderes.
Niemand konnte sich ein Schmunzeln verkneifen. Denise strich ihm durch sein Haar und es sah schon fast so aus, als würden ihm jeden Moment die Augen zufallen. Erneut gähnte er und hielt sich die Hand vor den Mund. "Ich will bei Opa und Onkel Niall bleiben." Es war kaum verständlich, was er sagte.
"Du willst bei mir bleiben Kumpel?" fragte Niall ihn. Niall stand auf und nahm Denise Theo aus den Armen. "Ich habe nichts dagegen, wenn du heute bei mir übernachtest."
"Bist du sicher Niall?" fragte Denise und Greg nickte ebenfalls.
"Warum nicht, ich sehe ihn sowieso viel zu selten. Ihr habt doch sicher Reserve Klamotten für ihn da, oder nicht? Das was ich noch bei mir oben habe passt ihm bestimmt nicht mehr. Und windeln. Trägt er überhaupt noch welche?"
Das Wort Windeln gefiel Theo überhaupt nicht. Er drehte sich in Nialls Armen um und sah ihn entsetzt an. "Onkel Niall. Ich bin schon so alt!", dabei hielt er vier Finger hoch: "Ich bin schon ein großer Junge, ich brauche keine Windeln!". Er schnauft und fuhr fort: "Ich bin doch kein Baby mehr!" - "Tut mir leid, wie konnte ich das vergessen." scherzte Niall halb lachend.
Während des Gespräches mit Theo konnte ich beobachten, wie Bobby seinen Platz am Tisch neben meiner Mutter verließ. Er ging zurück ins Haus und kam erst kurze Zeit später wieder zurück mit einer kleinen Papiertasche, die mit Blümchen bedrückt war. Die Augen meiner Mutter lagen auf der Tasche, als Bobby wieder zurück kam und sie ihr überreichte. Bekam sie etwas schon ihr Geburtstagsgeschenk von ihm?
Mum räusperte sich: "Also, nachdem wir gerade gut gegessen haben und uns Theo erzählt hat, wie groß er nun schon ist, wollten ich und Bobby euch etwas mitteilen." Ich runzelte gespannt die Stirn und lehnte mich am Tisch an. Meine Augen lagen auf der Papiertasche. Was da wohl drinnen war?
"Hier, ihr dürft selbst einen Blick hineinwerfen." Sie schob die Tasche näher an uns und Greg zog sie zu sich. Neugierig machte sich auch Theo auf Nialls Schoss groß, der anscheinend wieder putzmunter war. Gregor nahm eine Schachtel aus der Tasche, die in Geschenkpapier eingepackt war. Auf Theos Bitte nach durfte er das Papier aufreißen und in kleine Stückchen zerreißen. Nun war wohl Niall derjenige, der zuerst einen Blick hineinwerfen konnte. Er nahm den Deckel ab und entfernte die Watte, die obendrauf lag. Ich reckte meinen Kopf, um einen Blick zu erhaschen. Ich kniff die Augen zusammen.
Das war doch nicht deren ernst.
Ich lehnte mich wieder zurück an meinen Sessel und verfolgte wie Gregor und Denise hinein sahen. Sprachlos tauschten sie Blicke aus und ich konnte schwören, dass sich Denises Hautfarbe erhellt hatte. "V- Von wo wisst ihr es?" fragte sie schließlich.
Nun war ich offiziell verwirrt. Von was sprach Denise denn plötzlich?
Der einzige, der im Moment nicht einen verwirrten Gesichtsausdruck im Gesicht hatte war Theo, denn der befreite sich aus Nialls Griff, stand in seinen Schoss auf und lehnte sich über den Tisch, um die Schachtel zu erreichen. Prüfend sah er das Paar Schühchen an, das sich darin befand. "Die sind mir aber viel zu klein." murrte er und schubst dabei die Schachtel weg von sich.
"Dad, Kate von wo wirst ihr, dass wir ein Baby bekommen?" fragte Gregor und nahm die Hand seiner Frau.
"Ihr bekommt noch ein Baby?" fiel Niall ihm direkt ins Wort. Man merkte, wie sehr er sich freute. Gregor bejahte die Frage seines Bruders. "Ja, wir haben es diese Woche erfahren." Denise legte ihre Hand auf ihren Bauch und biss sich auf die Unterlippe. Diesen Blick, den sie Gregor zuwarf, als er das sagte, machte klar, wie glücklich sie gerade war.
Ich sah wieder in die andere Richtung zu meiner Mutter und Bobby. Meine Mutter rutsche unbehaglich in ihren Stuhl herum und sah mich dabei immer wieder mal an. "Mum, was ist los?"
Sie leckte sich über die Lippen und sah zu Bobby, der ihre Hand ergriff.
"Wir bekommen auch ein Baby.", antwortete Bobby für sie.
Der Schock saß tief, als ich es hörte. Denise und meine Mum? Beide schwanger? Aus welchem schlechten Film ist das denn geklaut? Während sich alle anderen beglückwünschten und ich auch mal von Niall an der Schulter gerüttelt würde, war ich tief in Gedanken verloren.
Mein Mum bekam mit ihren baldigen 39 Jahren noch ein Kind. Warum brauchte sie jetzt noch ein weiteres Kind, war sie dafür nicht schon zu alt? Das gleiche galt auch für Bobby, aber am meisten beschäftigte mich verständlicherweise meine Mutter. Der Gedanke, dass ich es unfair fand, dass dieses Kind glücklich aufwachsen würde, kreuzte meine Gedanken. Es wird in einem großen Haus aufwachsen, in dem es ihm an nichts mangeln wird, es wird mit einem Vater auf der Seite aufwachsen, der es endlos liebt und nicht einfach verschwindet - wie bei mir. Es wird nie wissen, wie es ist mit einer alleinerziehenden Mutter groß zu werden, die nicht das nötige Kleingeld hat, um ihm neue Klamotten zu kaufen, wenn es welche benötigt. Es wird nie die abgetragenen Klamotten, der Tochter, einer Freundin von Mum tragen. Ganz bestimmt nicht.
Ich seufzte, als mir bewusste wurde, dass ich schon eine Art Eifersucht auf ein Kind ausübte, das noch nicht mal geboren wurde.
"Amara?"
Warum? Warum musste das passieren? Die mussten herum gerammelt haben wie die Karnickel, als keiner von uns zu Hause war. Ich hätte öfter anrufen sollen, vermutlich vermisste sie mich so sehr, dass sie ein neues Kind wollte.
"Amara!"
Ein Schlag gegen meine Schulter ließ mich zucken und aus meiner starre erwachen. "Ist alles okay mit dir? Du wirkst bleich." Meine Mutter sah mich besorgt an.
"Ich bin nur überrascht, das ist alles." gab ich zu. Es kam wirklich unerwartet. "Mum, ich frage mich nur, ob... Ich meine, du bist schließlich auch nicht mehr zwanzig, .. also ähm..."
"Du brauchst dir um meine Gesundheit nicht den Kopf zu zerbrechen. Es gibt viele Frauen in meinen Alter die erste jetzt ihr erstes Kind bekommen, außerdem habe ich dieses Mal schon genug Erfahrung und ganz wichtig Bobby an meiner Seite."
"Theo, wir beide werden große Brüder. Ist das nicht toll?" Es war Niall der zu Theo sprach. Theo runzelte seine Stirn. "Ich werde Bruder?" Er schien nicht ganz zu verstehen, was los war. Er legte seinen Finger auf sein Kinn und legte den Kopf zu Seite.
"Theo kommt doch mal zu mir." hörte ich Greg sagten.
Niall hob seinen Neffen auf den Boden hinunter, der sofort zu seinen Vater ging. Dieses Mal hob er ihn hoch und zeigte auf Denises Bauch. "Da drinnen wächst gerade dein Bruder oder deine Schwester. Er oder sie ist noch ganz klein und muss groß und stark werden, genau wie du."
Theo bekam große Augen. "Hat Mama das Baby gegessen? Warum ist es da drinnen?"
Mit einfachen Worten versuchten es seine Eltern ihm zu sagen, dass Denise kein Baby gegessen hatte und das es noch eine Weile dauern würde, bis das Geschwisterchen an rauschen wird.
Ich sah immer wieder zu Niall hinüber, der sich sichtlich zu freuen schien. Nicht nur für seinen Bruder, sondern auch für Bobby und Kate. "Familie Horan wir immer größer. Das ist toll. Ich freue mich schon die zwei kennenzulernen."
Diese Patchwork Familie wurde in der Tat immer größer und größer. Und ob ich dies gut fand, wusste ich noch nicht.
Kapitel 20
Es war noch früh am Morgen. Ich lag schon seit Stunden wach in meinem Bett und dachte über das Vergangene nach. Da kam mir auch die Idee meiner Mutter einfach etwas für das Baby zu kaufen, da heute ihr Geburtstag war und ich noch immer kein Geschenk hatte.
Die grässlichen Augenringe, die sich unter meinen Augen gebildet hatte, verdeckte ich mit Mascara und meine ungewaschenen Haare band ich mir zu einem Dutt zusammen. Ich hatte keine Lust mich in irgendeiner Weise hübsch zu machen, dafür fühlte ich mich nicht gut genug. Ohne zu achten, was ich anzog, griff ich in meinen Koffer und packte mir die erste Jeans und das erste Shirt, das mir unter die Augen kam.
Leise verließ ich mein Zimmer und ging die Treppen hinunter. Unten an der Kommode angekommen schlüpfte ich in meine Schuhe und nahm mir meine Autoschlüssel aus dem Kästchen an der Wand, als ich mich umdrehte, wäre ich dabei fast in Theo gelaufen. Er hatte eine Tafel Schokolade in der Hand, an der er schon genagt hatte.
"Theo? Was machst du hier unten? Du solltest dich um die Uhrzeit nicht mit Schokolade vollstopfen." Ich nahm ihm die Tafel aus der Hand und legte die auf den Küchentisch ab. Theo war mir währenddessen in die Küche gefolgt. Sein Mund war auch voll mit Schokolade, deshalb hob ich ihn hoch uns setzte ihm an der Küchentheke neben den Spülbecken ab. Mit einem feuchten Schwamm, wischte ich über sein Gesicht und anschließend mit einer Küchenrolle trocken.
"Theo?" ich drehte mich um und sah, wie Niall die Küche betrat, auf der Suche nach seinen Neffen. "Amara, auch schon auf? Wo willst du hin?" fragte er mich, als er sah, dass ich schon angezogen war und meinen Autoschlüssel am Tisch liegen hatte.
"Ich muss noch ein Geschenk für meine Mutter besorgen. Ich werde etwas für das Baby kaufen."
Er nickte verständlich und kam auf uns zu. "Hast du was dagegen, wenn wir dich begleiten?"
Ich zuckte mit der Schulter. "Nein, eigentlich nicht."
In Rekordzeit waren alle Beide umgezogen und wieder bei mir in der Küche. Ich hatte mir währenddessen etwas zu trinken gegönnte. "Können wir los?"
"Ja, wir sind soweit." erwiderte Niall mir, jedoch verzog Theo das Gesicht. "Da stimmt etwas nicht mit meinen Füßen!"
Verwirrt sah ich auf seine Füße hinab. Ich zog eine Augenbraue hoch. "Niall du hast ihm die Schuhe verkehrt angezogen!"
"Was! Nein, bestimmt nicht. Ich weiß doch, wie am sich die Schuhe anzieht!" wehrte sich Niall, der jedoch rote Bäckchen bekam, als er sah, dass ich recht hatte. Er zog Theo die Schuhe noch einmal aus und wieder richtig an. Niall hatte währenddessen auch angekündigt, dass er mit dem Auto fahren würde, da seines größer war und er einen Kindersitz im Auto hatte.
Niall setzte Theo hinten in seinen Sitz und ich nahm vorne am Beifahrersitz Platz. "Onkel Niall, darf ich meine Schokolade wieder haben? Tante Amara war gemein und hat sie mir weggenommen!" quengelte Theo von hinten, als Niall seinen Gurt schloss. Ich fand es noch immer komisch, dass er mich Tante nannte. Eine weitere Sache, an die ich mich wohl nie gewöhnen werde.
"Sie hat Recht. Schokolade zum Frühstück ist nicht gut für dich."
"Warum hast du sie mir dann gegeben?" Niall schwieg plötzlich, als er die Worte aus Theos Mund hörte. "Tut mir leid Kumpel." murmelte er danach nur und Schloss die hintere Tür.
"Du fütterst ihm Schokolade zum Frühstück!" stellte ich geschockt fest, als Niall an seinen Sitz Platz nahm und den Gurt über seine Schulter zog. - "Was soll ich sagen. Ich bin sein Onkel, ich muss ihn nicht gesund ernähren, das ist die Sache seiner Eltern. Ich bin für den spaßigen Teil seiner Erziehung verantwortlich."
Ich schüttelte nur den Kopf und Niall konnte nicht anders, als zu grinsen. "Er darf auch Cola trinken, falls dich das besänftigt." Ich sah nach vorne uns seufzte: "Du bist unglaublich."
"Das höre ich öfter." stellte er sofort klar. Erneut schüttelte ich schmunzelnd den Kopf. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm auf keinen Fall.
Während der gesamten Fahrt wurde nicht viel gesprochen, denn dazu war keine Zeit. Unsere Lungen verausgabten sich, bei den versuch Katy Perry 'Roar' oder 'Nervous' von Shawn Mendes zum Besten zu geben. Wir lachten viel, weil nicht nur ich und Theo unsere Schwierigkeiten hatten die richtigen Töne zu treffen, sondern auch Niall - kaum zu glauben.
Kurz vor Dublin erreichten wir unser Ziel. Da Niall wusste, dass ich etwas für das Baby besorgen wollte, überließ ich es ihn, das Geschäft auszusuchen. Die riesigen bunten Buchstaben kamen mir nur allzu bekannt vor. 'Toys'R us' prangte in auf der weißen Mauer des Gebäudes. Ich stieg aus und schmiss die Tür hinter mir zu. Niall holte Theo aus seinem Kindersitz und kam mit Theo an der Hand ums Auto. Theo hatte mir anscheinend schon verziehen, dass ich ihm die Schokoladentafel weggenommen hatte, denn er wollte auch meine Hand nehmen. An der linken Hand hatte er Niall im Griff und an der rechten mich.
Schon am Eingang wurden Theos Augen immer größer, als er die Stapel an Spielzeug sah, die überall aufgebaut waren. Vor lauter Aufregung riss er sich von uns los und lief auf ein Regal mit Feuerwehrautos zu." Theo!" rief ihm Niall hinterher. Mit großen Schritten hatten wir ihn wieder eingeholt. Niall ging in die Hocke. "Kumpel, du darfst nicht einfach weglaufen. Wir können uns das ganze Spielzeug anschauen, aber du musst an meiner Hand bleiben. Verstanden?"
Theo presste die Lippen aufeinander. "'Tschuldigung, aber das sieht sooo cool aus." - "Schon gut Theo." sagte ich zu ihm und strich ihm durch sein Haar. Seine Backen wurden rötlich und er lächelte wieder.
Eine alte Frau wurde auf uns aufmerksam. Sie blieb neben uns stehen und lächelte Theo an. "Sie haben einen süßen Jungen. Wie alt ist er denn?"
Die dachte bestimmt, dass er unser Sohn ist. "So ist das nicht, er-"
"Er ist schon vier. Man sieht erst wie die Zeit verfliegt, wenn man ihn aufwachsen sieht." fiel mir Niall direkt ins Wort. Die Dame nickte. "Ich kann mich auch noch an meinen Kleinen erinnern, als wäre es gestern gewesen. Jetzt ist er verheiratet und wohnt in Spanien. Ich gebe ihnen einen Rat: genießen sie die Zeit, denn sobald er groß ist, wird er sich für seine Eltern nicht mehr interessieren." Sie tat mir irgendwie leid. Ob meine Mutter auch so über mich denkt? Und sie deshalb ein neues Kind bekommt? Ich schüttelte den Gedanken ab.
"Unser Kleiner darf uns nicht einfach so alleine lassen. Stimmst?" Niall sah mit einem breiten Lächeln an. Ich sagte nichts, nickte nur. Er hatte anscheinend Spaß daran gefunden.
"Sie beide passen auch so gut zusammen. Kein Wunder, bei diesen Genen kann der Sohn auch nur bezaubernd werden!" begann die Frau zu schwärmen. So langsam aber doch wurde mir das unangenehm. Theo konnte mir überhaupt nicht ähnlich schauen. Wir teilten überhaupt keine Gene. Hat die Tomaten auf den Augen?
Als die Frau endlich weiter ging und außer Reichweite war, begann Niall Hals über Kopf zu lachen. Ich schlug ihn wieder einmal. "Die hat dir das abgekauft!"
Niall lachte weiterhin: "Hast du gehört? Wir passen gut zusammen, als ob das was Neues wäre." Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust: "Ja ganz toll. Ich werde mich mal auf die Suche nach dem perfekten Geschenk machen."
Von weitem konnte man schon die Babysachen stehen sehen. Ich wühlte mich durch Unmengen von Babyklamotten, was eigentlich ein Blödsinn war, denn wir wussten das Geschlecht nicht.
Mädchen oder Junge? Was wird es wohl werden?
Ich entschied mich etwas anderes zu kaufen. Eine grüne Rassel und einen Kuschelhasen hatte ich bis jetzt in der Hand. Wollte ich meiner Mutter in allem ernst so etwas zum Geburtstag kaufen? Ich seufzte und stellte die Rassel und den Hasen zurück an ihre Plätze. Mein Blick glitt an den Babysachen vorbei nach vorne. Ich sah Niall und Theo, die vor Elektroautos standen. Vielleicht hat Niall eine Idee.
Schnaufend ging ich auf meine Jungs zu. Theo saß in einem der Autos und drückte Knöpf, Niall hingegen rieb sich am Kinn uns sah ihn überlegend zu. Da hörte ich wie Niall sagte: "Ich würde da bestimmt auch rein passen."
"Aber Onkel Niall, dann habe ich doch keinen Platz!"
Niall sah auf Theo hinab und verzog den Mund. "Und wenn wir zwei kaufen? Wir könnten ein rennen veranstalten und wenn dein Brüderchen groß genug ist, kann er es habe."
Amüsiert hob ich eine Augenbraue. "Du willst dir doch nicht in allen ernst so ein Auto kaufen?"
Niall erschrak und drehte sich zu mir. "Musstest du dich anschleichen? Du hast mich zu Tode erschreckt!"
"Ich habe mich nicht herangeschlichen, du warst nur so auf das Spielzeug fixiert. Und redest du Theo in allem ernst ein, dass er einen Bruder bekommt? Er wird enttäuscht sein, wenn es plötzlich ein Mädchen wird."
"Es wird ein Junge, ich habe das im Gefühl." erklärte Niall mir. Er glaube anscheinend was er sagte.
"Wie willst du das im Gefühl haben? Trägst du das Kind aus?"
Niall hob abwehrend die Hände hoch. "Hey, lass und doch lieber über dich sprechen. Hast du schon etwas gefunden?"
Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Nein, leider nicht. Ich habe keine Ahnung was ich kaufen soll? Was kann sie brauchen? Ich habe absolut keine Ahnung. Klamotten ja, wäre aber einfacher, wenn man wüsste, was es wird. Spielzeug... ich weiß nicht."
"Na gut, lass uns mal schauen was die hier anbieten." Niall griff nach Theos Hand, als der aus dem Auto kletterte, und ging an mir vorbei. Ich folgte ihm ohne Widerworte. "Das ist doch ganz einfach. Hier. Das kannst du kaufen." Niall zeigte auf ein Gitterbettchen. Es war rechteckig und weiß, es besaß auch einen Betthimmel.
"Hier siehst du das?" fragte mich Niall, der dabei auf die linke Seite des Bettes zeigte. "Wenn das Kind größer ist, kann man die Stangen an dieser Stelle entfernen, damit es aus dem Bett klettern kann oder hinein. So ein ähnliches hatte Theo auch, bevor ich ihm letztes Jahr das Rennautobett gekauft habe."
"Du hast ja anscheinend voll den Durchblick, bei dieser Baby Sache." sagte ich zu Niall, der mit der Schulter zuckte. "Es geht." erwiderte er knapp.
"Wenn wir schon über die Baby Sache sprechen..." begann er plötzlich. Stirnrunzelnd sah ich zu ihm. "Was ist damit?"
"Machen du und Dylan auch Dinge, die dazu führend, dass wir hier noch ein Bett kaufen müssen? Oder ist da alles cool und ich muss ihm nicht sein Ding abhacken?" Er sah mich Todernst an.
Mein Mund klappte auf? Wie kam er jetzt auf das? "Niall, das ist doch jetzt nicht dein ernst?! Ich werde diese Frage einfach ignorieren."
"Das war kein Spaß, ich will nicht, dass er dich anfasst. Niemand soll das."
Ich kniff die Augen zusammen. "Und das sagst du jetzt, weil du als mein Stiefbruder denkst, dass du mich beschützen musst, oder wie?"
"Das ist ein Grund von zweien."
Ich ging nicht weiter auf sein Spiel ein und sah mir währenddessen das Preiskärtchen an. Puh, also das lag nicht in meiner Preisklasse. "Wir müssen uns wohl noch weiter umschauen. Das ist viel zu teuer."
"Ich habe Hunger!" murmelte Theo leise. "Ich auch." hörte ich auch Niall sagen. Kein Wunder die Tafel Schokolade, die ihm weggenommen hatte, war sein Frühstück.
"Lass uns das Bett kaufen Amara. Wir haben Hunger! Ich bezahle auch, gib mir einfach die Hälfte, wenn du darauf bestehst und passt."
"Ich will dein Geld aber nicht, das ist das Geschenk für meine Mutter." stellte ich klar. Ich wollte keine Finanzspritze von ihm erhalten.
"Dann ist es eben unser Geschenk für deine Mum. Denk daran, es wird nicht nur dein Bruder oder Schwester, sondern auch von mir. Du wirst große Schwester und ich großer Bruder."
Ich lehnte mich zurück, überlegte und sah Niall an. "Okay, du hast Recht. Aber findest du es nicht auch komisch?"
Niall schüttelte den Kopf. "Ich weiß nicht, wovon du sprichst Amara. Was meinst du?"
Ich schluckte: "Das dieses Kind mit beiden von uns Blutsverwandt ist, aber wir es nicht sind? Zwischen uns war doch mal was und dieser Funke ist doch noch immer da, oder nicht?" Ich sprach leise, hatte Angst davor, dass er mich jetzt für verrückt erklären und auslachen würde.
"Ich weiß, was du meinst...", er seufzte, "... wir können es nicht ändern. Es ist wie es ist. Ich freue mich für meinen Vater und Kate, aber das mit uns ist etwas anderes.", er stoppte, biss sich auf die Lippen, "Dieses Kind könnte uns zeigen, was eine Kreuzung von uns zwei ergibt. Das ist doch auch etwas, oder?" Am Schluss seines Satzes grinste er wieder so doof, dass ich mit den Augen rollen musste.
"Lass uns zahlen gehen Horan, bevor dich die Kleinen Mädchen in diesem Geschäft noch an den Rucksäcken da vorne erkennen." Schön brav schleppte Niall die Schachtel, in dem das Bettchen war, zur Kasse, während ich Theo an der Hand nahm. Natürlich konnte Niall es ihm nicht verweigern ein Spielzeug zu kaufen. Es war ein Drache, den wir schon beim Eingang gesehen hatten. Er freute sich so sehr darüber, dass er es nicht mehr aus der Hand geben wollte, die Kassiererin musste extra mit ihren Handscanner aus der Kasse gehen, um den Strichcode zu scannen. Niall zahlte den offenen Betrag mit seiner Karte und ich steckte ihm meinen Teil zu. Er verdrehte die Augen dabei und seufzte, jedoch sagte er nichts.
Dieses Mal schnallte ich Theo in seinen Kindersitz fest, weil Niall noch die große Schachtel in den Kofferraum stopft. Ich machte Theos Tür zu und ging zu Niall nach hinten. "Passt sie nicht rein?" fragte ich und deutete auf die Schachtel. "Doch, ich musste nur die Schlafsäcke und das Zelt zur Seite schieben."
"Du hättest das alles nicht kaufen müssen. Ich hätte es mir auch von Matt ausborgen können."
Niall schob die Schachtel noch ein letztes Mal ein Stück weiter nach hinten und deutete mit anschließend dass ich einen Schritt weg machen sollte, da er den Kofferraum schließen wollte. "Willst du mir auch mal etwas Neues erzählen Amara? Aber hey, ich will mitkommen, nicht nur um auf dich aufzupassen, sondern auch um meine Freunde zu sehen."
Ich nickte. "Verstehe. Aber ich will gleich klar stellen, dass wir uns die Anleitung zu Hilfe nehmen werden, um das Zelt aufzustellen. In eurem Kinofilm haben wir ja gesehen, dass Harry und du es nicht so mit dem aufbauen habt."
"Geht klar, Chefin." grinste Niall verschmitzt. "Du hast den Film gesehen?"
"Ja, sicher. Ich lebe schließlich nicht hinter den Mond. Außerdem glaubst du ehrlich, dass Sophie mich nicht dazu genötigt hätte, wenn ich nicht mitgegangen wäre?"
Die Mittagssonne brannte vom Himmel und die Klimaanlage lief auf Hochtouren. Kurz bevor wir wieder zurück in Mullingar waren, machten wir noch Halt bei einem Lebensmittelladen. Niall fand es eine gute Idee gleich einige Dinge einzukaufen für Morgen. Wir nahmen uns einen Einkaufswagen und betraten den Laden. Einige Pensionisten und Anzugträger kamen uns immer wieder mal in die Quere. Theo war brav, blieb immer an meiner Hand und verhielt sich äußerst still. So schnell konnte ich überhaupt nicht schauen und der Einkaufswagen füllte sich immer mehr mit ungesundem Zeugs, dass Niall ohne Bedenken in den Wagen warf.
"Niall, lass uns doch auch ein paar Flaschen Wasser mitnehmen. Ich kann bis jetzt nur Bier und noch mehr Bier sehen. Und so viel Süßkram? Wer soll das alles essen? Die Schokolade wird auch zu schmelzen beginnen..."
Niall drehte sich zu mir und sagte: "Dann kaufen wir eben auch einen Minikühlschrank für die Schokolade. Problem gelöst!"
Ich sah ihn sprachlos an. "Wo willst du in der Natur denn eine Steckdose finden?"
Er brauchte einige Sekunden bis er checkte was ich meinte. Sein Blick fiel in den Wagen, er murrte. "Dann legte ich ihn halt wieder zurück." Schmollend nahm er die Tafeln Schokolade aus dem Wagen und legte ihn wieder zurück ins Regal.
"Tante Amara, ich habe Hunger." hörte ich Theo sagen, der sich schon den Bauch rieb. Ich hob ihn hoch und ging mit ihm zu den Gebäck-ständer hinüber. Theos Augen lagen auf einen Zuckerkipferl. Nett wie die Verkäuferin war, gab die es uns gleich offen, somit konnte Theo endlich etwas essen.
Als wir wieder zurück zum Einkaufswagen ging, war von Niall keine Spur in Sicht. Ich lehnte mich am Wagen an und sah Theo zu wie er den Zucker von seinem Kipferl naschte.
"Hey." Ich spürte eine Hand auf meinen Rücken. "Ich habe noch Marshmellos geholt. Von mir aus wären wir fertig. Oder brauchst du noch etwas?"
"Nein." antwortete ich knapp. Ich hatte nicht ein Ding in den Wagen gelegt, deshalb war ich auch etwas von der Frage irritiert, schließlich hatte er den Einkaufswagen mit seinem Zeug gefüllt.
An der Kasse halfen Niall und ich zusammen beim Aufräumen an das Kassen band. Wieder bezahlte er die Rechnung, aber ich hielt ihn auch nicht davon auf. Es was seine Idee und ich hatte ihn nicht dazu genötigt mitzukommen. Und wenn er ohne Süßkram und Bier die eine Nacht nicht auskam, dann was das sein Problem. Wir fuhren mit dem Wagen zum Wagen und Räumten die Waren in die Tüten.
"Hat sich heute wie ein Familienausflug angefühlt oder? So Vater, Mutter, Kind style." sagte Niall. Wenn ich so darüber nachdachte hatte er Recht. "Ja, irgendwie schon." antwortete ich ihm und nickte leicht.
"Würde dir das auch in der Zukunft mal gefallen?" fragte er anschließend und sah mich genau an. Ich zuckte mit der Schulter und stellte die volle Tüte in den Kofferraum neben die Schachtel des Bettes ab. "Vielleicht. Vorher wäre aber der richtige Typ dazu wichtig."
Niall hob eine Augenbraue und grinste. "Ist Dylan also nicht der richtige Typ dafür?"
"Du magst ihn nicht. Hab ich recht?" fragte ich ihn trocken. - "Kein bisschen." gestand er mir sofort ohne zu zögern. "Ich mag dich, darum mag ich ihn nicht." setzte er nach. Er legte seine Hand auf meinen Unterarm. Es war eine nette Geste.
Ich seufzte und schüttelte seine Hand ab. "Nur Geschwister, schon vergessen?" Er blieb starr stehen und verzog die Lippen. "Das ist mir egal." Ich faste seine Aussage einfach mal aus Scherz auf und lächelte. Kam es nur mir so vor, oder schob er heute eine unpassende Meldung nach der anderen?
Am Weg nach Hause lieferten wir noch Theo bei seinen Eltern ab. Denise und Gregor boten uns noch etwas zu trinken an, aber wir schlugen einstimmig ab, da wir die Lebensmittel nach Hause bringen wollten, immerhin war es heiß.
Ich trug die Tüten und Niall griff sie die Schachtel des Gitterbettes. Das Lachen meiner Mutter war im Flur zu hören und Bobbys Stimme, die irgendetwas sagte, dass für mich unverständlich schien. Niall ließ die schwere Schachtel stöhnend auf den Boden nieder und ich ging derweil in die Küche, um die Tüten abzustellen. Als ich wieder zurück in den Flur ging, standen Bobby und meine Mum schon im Flur und begutachteten die Schachtel.
"Seid ihr verrückt? Ihr habt ein Gitterbett gekauft!" fragte meine Mutter. Sie war sichtlich gerührt.
"Das ist von Amara und mir, für dich Kate. Ich hoffe, unser Geschwisterchen wird hier viele süße Träume haben." Die Aussage bekräftigend nickte ich. "Alles Gute zum Geburtstag, Mum."
Wir ließen den restlichen Tag gemeinsam gemütlich ausklinken. Meine Mum durfte mit einen Kindersekt an ihren Geburtstag anstoßen, während Niall sich ein Bier mit mir teilte und Bobby sich ein Glas Whiskey gönnte.
"Ihr seid auch wirklich sicher dort?"
"Ja, Kate. Dieses Waldstück gehört Seans Familie. Wir waren früher ständig dort. Es gibt auch Empfang. Wir sind also immer erreichbar."
Ich verstaute meinen Rucksack im Kofferraum und lauschte der Unterhaltung zwischen Niall und meiner Mutter, die im Türrahmen stand mit einer Tasse Kaffee in der Hand.
Genervt schmiss ich die Kofferraumtür zu. "Mum, bitte. Was soll schon passieren? Das schlimmste, das passieren kann ist, dass ich auch mit einem Braten in der Röhre zurückkommen." Mum sah mich mit offenen Mund an, bevor sie sich wieder fing und mich ermahnte: "Amara!"
Ich zog die Augenbrauen hoch und sah die abwartend an, jedoch kam nichts mehr. Niall grinste und schüttelte den Kopf. "Wie gesagt Kate, es wird nichts passieren. Ich werde darauf Acht geben. Kein Junge wird sie anfassen."
Mit einem frostigen "Tschüss." verabschiedete ich mich von ihr uns setzte mich auf den Beifahrersitz. Niall blieb noch kurz außerhalb des Wagens und sagte etwas zu meiner Mum, bis er sich endlich in den Fahrersitz setzte. Ich fragte nicht nach, was er gesagt hatte, weil es mir egal war. Niall startete den Motor, setzte sich eine schwarze Sonnenbrille auf und fuhr los.
"Meine Mutter weiß, was zwischen uns war. Ich habe es ihr gesagt." sprach ich nach einer Weile. Einfach so aus einer Laune heraus. Niall sah mich für eine Sekunde an und gleich wieder zurück auf die Straße. "Das wusste ich schon. Ich habe damals eine un-nette Sprachnachricht von ihr bekommen. Um ehrlich zu sein, wundert es mich, dass sie nichts gegen diesen Campingausflug hatte."
"Das liegt bestimmt nicht an dir. Glaub mir, da bin ich mir sicher."
Ich sah wie Niall die Stirn runzelte. "Wie meinst du das? An was liegt es sonst?"
"Na, an der Tatsache dass sie schwanger ist. Sie will sicher nicht mit mir streiten."
Niall schien überhaupt nicht zu verstehen, um was es hier ging. "Streiten? Warum solltest ihr streiten? Ich habe wirklich keinen Schimmer was bei euch ab geht. Ist das irgendein Frauenkram?"
Ich winkte ab. "Vergiss es, Niall. Wir reden ein anderes Mal." Genau wie ich es wollte, beließ es Niall damit mir Fragen zu stellen. Wir fuhren eine knappe halbe Stunde, bis wir eine Straße abbogen, an der sich ein Haus befand. Auf dem Schotterweg vorbei am Haus, konnte man schon einen Wald sehen. Hohe Bäume ragten in den Himmel und verdeckten somit die Nachmittagssonne. Niall parkte den Wagen neben einen Truck, von dem wir ausgingen, dass er jemanden, der anderen, gehören musste. Ich warf mir meinen Rucksack auf den Rücken, nahm die Kühlbox und die Tasche mit dem Knabberzeugs. Das Zelt, die Schlafsäcke, seine Gitarre und seinen Rucksack übernahm Niall. Er ging vor, weil er den Platz schon in uns auswendig kannte. Mit einem Auge auf den Weg und dem andere auf meinen Füßen, versuchte ich nicht über die Baumwurzel zu fallen. Schon von weitem vernahmen wir Stimmen.
"Haben es dir Turteltauben auch endlich geschafft und zu erreichen!" grüßte Leon uns. "Wir sind keine Turteltauben." stellte ich gleich zu Beginn fest. Wie kam er auf das? So ein Blödsinn. Ich ging mit Dylan aus, der sich noch kein einziges Mal bei mir gemeldet hatte, seitdem ich hier in Mullingar war. War es meine Aufgabe mich bei ihm zu melden? In Sachen Beziehung, hatte ich noch nie den Durchblick. Meine letzte Beziehung hatte ich mit achtzehn -falls man diese zehn Monate überhaupt so nennen konnte.
"Amara, Niall schön euch zu sehen!" kam es von Matt und auch Emily und Sean grüßten uns mit einem "Hey." Emily, das Mädchen, das ich am Lagerfeuer kennengelernt hatte und ihr Freund Leon spannten gerade ihr Zelt auf. Matt und Sean hingegen, saßen auf ihren Campingstühlen und nippten an einer Bierflasche, etwas weiter hinter ihnen, sah ich ein rotes Drei-Mann Zelt stehen.
An einen Baum ließ ich meinen Rucksack nieder und die Tüten mit den Lebensmitteln, sowie der Kühltasche, stellte ich zu den anderen Boxen. Auch Niall legte alles nieder und begann damit das Zelt auszupacken. Während er alles auflegte und diese schwarzen Stängel miteinander verband, warf ich einen kurzen Blick in die Beschreibung. Es war ganz einfach, nichts allzu kompliziertes. Mit anfänglichen Schwierigkeiten, hatten wir es aber in kürze geschaffte das Zelt für eine Nacht schlaffähig zu bekommen.
Mit den mitgebrachten Holz von Sean hatten wir ein Lagerfeuer gemacht und mit Steinen eine Art Grill gebaut, auf die wir ein Grillgitter legten, unter das wir wiederum heiße Glut aus dem Feuer schoben. Würsten, Grillkäse und auch fettiges Bauchfleisch brutzelte fröhlich vor sich hin.
Es war ein netter Ausgleich zum Alltag, den Tag hier zu verbringen und nicht an dieses Kind zu denken. Ich wusste nicht warum, aber der Gedanke lies mich einfach nicht los. Auch wenn es sicher ein Unfall war, hätte sie es mir nicht vorher irgendwie sagen können? Damit ich mich erst mal mit der Sache auseinander setzten konnte. Es schien, als hätte sie sich überhaupt nichts daraus gemacht, was ich davon denken könnte, als würde ich mir nicht verarscht vorkommen. Oder lag es einfach nur an mit? Dass ich mich hier in Dinge vernarrte, die es überhaupt nicht notwendig waren. Ich sollte mich doch eigentlich für sie freuen und nicht daran denken, wie ich ihr es ihr auswischen könnte. Mein Blick glitt zu Niall. Er spielte mit seiner Gitarre, sang irische Lieder, die ich noch nie zu vor gehört hatte oder zupfte einfach nur an den Saiten herum. Aber es war egal was er machte, es hörte sich alles toll an. Er strahlte über das ganze Gesicht, ihm schien die ganze Sache überhaupt nicht nahe zu gehen.
Meine Mum ließ Niall wirklich mit mir campen fahren, obwohl wir erwähnt hatten, dass wir in einen Zelt schlafen würden. Es war einfach nur verdächtig. Der Blick alleine, den sie Niall zuwarf, als ich etwas von einem Typen erwähnte, passte zu dieser Situation einfach überhaupt nicht. Sie wollte nicht, dass aus mir und Niall mehr werden würden, da das die Familienharmonie zerstören könnte. Es würde sie auf die Palme bringen und das war genau das, was ich wollte. Aber was für ein Mensch wäre ich dann?
Meine Augen hatten sich schon an die Dunkelheit im Zelt gewöhnt. Nialls umriss neben mir konnte ich deswegen nur allzu gut wahrnehmen. Er lag auf seinen Bauch und sah in die andere Richtung, während ich auf den Rücken lag und in seine Richtung sah. Vermutlich waren es alle diese Geräusche, die mich nicht einschlafen lassen wollen. Ich kaute auf meinen Finger herum und drehte mich auf den Bauch. Mit den Händen stemmte ich mich etwas auf, um nach dem Reißverschluss zu suchen. Es würde so einfach sein für jemanden von außen in das Zelt zu gelangen, daher versuchte ich mit dem Ring meines Schlüsselbundes, der neben meinen Kopf in einer Tasche lag, die beiden Reißverschlüsse auf den Ring zu bekommen, damit man sie nicht öffnen könnte. Zu meinem Bedauern weckte ich mit dem Lärm meiner Schlüssel Niall auf, der stöhnte und sich verschlafen in meine Richtung drehte. "Amara? Was machst du?"
"Tut mir leid, aber ich bekomme hier sonst kein Auge zu, wenn ich weiß, dass jeder hereinkommen könnte." erklärte ich Niall als meine Arbeit getan war und aus meiner Sicht niemand mehr hereinplatzen konnte.
Niall stützte seinen Kopf mit der Hand ab und zog eine Augenbraue hoch. "Dir ist schon bewusst, dass jemand mit einem Messer einfach das Zelt zerschneiden könnte, oder?"
Mein Mund klappte auf. "Musstest du mir das sagen?" Ich sah ihn entsetzte an und rieb mir die Stirn, derweil gähnte Niall laut und zog mich an sich, dabei sagte er: "Ach komm her und lass uns schlafen." Etwas überrumpelt von seiner Geste, lag ich starr ins seinen Armen. Ich hörte, wie er schmatze, als er mich gegen seine Brust drückte und seine Arme fest um mich legte. "Ich passe auf dich auf. Keine Sorgen." Sein Brustkorb hoch und senkte sich regelmäßig und ich konnte das Pochen seines Herzens hören. Ein seltsames Gefühl machte sich in meinen Magen breit.
Ich sah hoch in Nialls Gesicht während ich mit dem Kopf auf seiner Brust lag. Er sah so befreit und ruhig aus, als wurde er gerade nichts als inneren Frieden empfinden. Ich tat es bestimmt einige Minuten.
Ich legte meine linke Hand auf seine Brust und malte formen, keine bestimmten, einfach nur Kreise. Wenn meine Mum wüsste, wie wir hier liegen, wäre sie auf hundert-achtzig. Ich war mir nicht sicher, was in mich gefahren war, aber entschied mich den Schritt zu gehen. Mit langsamen Bewegungen versuche ich mich irgendwie einigermaßen aus seiner Umarmung zu befreien und mich über sein Gesicht zu beugen. Wie konnte er nur so schnell wieder einschlafen? Oder war er überhaupt nicht wach gewesen und hatte im Schlaf zu mir gesprochen?
Ich sah auf ihn hinab und strich ihm eine Haarsträhne von der Stirn. In mir herrschte ein Gefühlschaos, als ich ihn berührte. Warum war er nur so verdammt perfekt in meinen Augen? Warum sah ich keinen einzigen Makel, der mich daran hindern sollte ihn zu mögen? Wie in Trance näherte ich mich seinen Lippen und drückte ihn einen kurzen Kuss auf. Ein ganz kurzer, jedoch hatte ich nicht damit gerechnet, dass Niall wieder seine Arme um mich schlingen würde und mich zurück küssen würde. Ich löste mich von seinen Lippen und sah, wie seine Augen auf blinzelten. Wir sprachen nicht, sondern tauschten nur Blicke und seiner Wanderte von meinen Augen hinab zu meinen Lippen, die nur wenige Zentimeter von seinen entfernt waren. Ich konnte seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren, als er seinen Kopf hob und die Entfernung zwischen uns zu überbrückte. Mein Herz raste so verdammt schnell, als wir uns wieder küssten und Niall uns zur Seite rollte, damit ich unter ihm lag. Der Kuss war voll mit Emotionen und Leidenschaft, aber auch fordernd. Ich konnte spüren, dass er lächelte, er war glücklich über die Situation.
"Ist das ein Traum?" murmelte er gegen meine Lippen und löste sich von mir, um mir in die Augen sehen zu können. Er strahlte über das ganze Gesicht und ich konnte, obwohl es dunkel war sehen, dass seine Augen glänzten.
Ich schüttelte den Kopf und ohne ein weiteres Wort zog ich ihn wieder an mich. Er küsste mich erneut, ließ seine Lippen über meinen Hals streichen, hinterließ dabei feuchte stellen. Ich konnte den Zipp meines Schlafsackes hören, als Niall ihn versuchte zu öffnete und nebenbei seinen von sich abstrampelte. Da der Reißverschluss klemmte, hörten wir kurz auf und ich rutsche aus dem Schlafsack heraus. Niall hatte sich aufgesetzte und mich auf seinen Schoss gesetzte. Ich reckte den Hals und Niall küsste ihn hinab. Ich musste mir auf die Lippen beißen, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Nialls Hände strichen über meine Oberschenkel hoch unter mein Shirt. Da er mir zu lange brauchte, um endlich mein Shirt auszuziehen, übernahm ich den Part für ihn und zog es mir über den Kopf und ließ es hinter ihm in der Ecke landen, in der auch nur wenige Sekunde später mein BH landete.
Ich sah ihm an, dass er sich beherrschen musste, um mich nicht gleich zu überfallen, denn er biss sich auf die Lippe und sein Blick lag auf meinen freigelegten Oberkörper. Ich legte meine Hände an seinen Nacken, zog ihn an mich und küsste ihn unsanft, biss ihm leicht in die Unterlippe. Ich rutschte von seinen Schoss und legte mich auf den Rücken vor ihm hin. Von wo ich in diesen Moment dieses Selbstbewusstsein nahm, wusste ich selbst nicht. Er grinste, griff an den unteren Teil seines Tanktops und zog es sich über seinen Kopf. Die Temperatur im Zelt ging sofort einige Grad nach oben.
"Willst du das wirklich tun? Wir können noch immer aufhören." fragte er mich und schluckte. "Ich will das Niall. Jetzt." versicherte ich ihm nickend und biss mir auf die Unterlippe. Ich beobachtete gespannt jede seiner Bewegungen, wie er sich zu mir bückte, seine Lippen von meinem Bauchnabel nach oben an meine Brüste liebkoste und mir immer wieder sagte, wie wunderschön ich sei. Es schien mir, als wären seine Hände überall, sie strichen sanft die Silhouette meines Körpers entlang - bereiteten mir Gänsehaut.
Erneut wendete er sich meinen Hals zu, ich drückte ihm näher an mich, wollte dass er einen Fleck hinterließ. Niall biss und saugte, dabei war ich mir sicher, dass er nicht daran dachte was die Folge sein würde. Viel zu sehr wollte er es. Sein Verlangen war zu groß. Ich wollte es Niall nicht antun, aber ich sah gerade die perfekte Gelegenheit meiner Mutter damit eines auszuwischen. Nennt mich eine Schlampe, aber warum dürfen nur Jungs Arschlöcher sein?
Ganz außer pustete legte er seine Stirn an meine. Der Augenkontakt war erdrückend. Niall hob seine Stirn an, bewegte seinen Kopf nur ein paar Zentimeter weit weg von meinen. Sein Gesichtsausdruck wurde sanft und liebend. Er sah mich an, als würde er den Moment abspeichern wollen, um sich an jedes Detail erinnern zu könne. Niall leckte sich über die Lippe, strich mit seiner Nase an meiner und suchte erneut den Augenkontakt und genau in diesen Moment geschah es, er sagte es:
"Ich liebe dich, Prinzessin."
Kapitel 21
Nialls Sicht
"Ich liebe dich, Prinzessin."
Ich sah ihr genau in die Augen, versuchte ihre Miene zu deuten. Ihre Atmung wurde flacher und ihre Gesichtszüge veränderten sich. Sie zog Luft ein, drückte mit ihrer Hand an meine Brust um Platz zu bekommen. "Niall ... ich ähm..."
Es war wie ein Stich in meinen Herzen, als sie mich nicht mehr ansehen konnte, versuchte mich wegzudrücken. Genau wie sie es wollte, ließ ich von ihr ab, setzte mich auf und rutsche von ihr runter. Amara lag noch immer an Ort und Stelle mit ihren Händen an ihrem Gesicht. Ich strich mir verzweifelt durch mein Haar und versuchte meine Atmung wieder zu beruhigen.
Ich hörte ein Schluchzen von Amara kommen. Sie drehte sie zur Seite damit ich ihr nicht ins Gesicht sehen konnte, als sie ihre Hände wegnahm. Warum weint sie jetzt? Sie hat mir das Herz gebrochen, ich sollte weinen.
"Amara, was hab ich falsch gemacht? Ich dachte du liebst mich auch. Es ... es tut mir leid ich-" begann ich, wurde jedoch von ihr Unterbrochen. "Niall, hört auf! Es ist nicht deine schuld!" Ohne mir einen Blick zu würdigen, drehte sie sich um und griff nach ihren Shirt und ihrem Handy, das hinter mir lag. Sie zog es sich das Shirt über und versuchte anschließend hastig, so schnell wie nur irgendwie möglich, aus dem Zelt zu kommen. Amara fluchte und stammelte unverständliche Sätze vor sich hin. Ich seufzte, ärgerte über mich selbst, warum mache ich immer alles kaputt? Es lief gerade alles so gut und dann musste dieser bescheuerte Satz über meine Lippen kommen. Aber ich dachte, sie würde dasselbe empfinden. Dass sie mich auch lieben würde. Dylan kam mir in den Sinn. Verdammt!
"Bitte hau nicht ab. Wir sollten darüber reden! Amara, bitte!" Ich versuchte sie noch an ihrem Arm zu packen, als die den Reißverschluss aufzog und mit den Beinen voran raus krabbelte. "Warte doch!" Ich verließ ebenfalls das Zelt und fand mich in purer Dunkelheit wieder. Ich konnte meine eigene Hand vor Augen nicht sehen. "Amara! Komm zurück!"
"Yo, was ist los?" hörte ich Sean fragen, auch die anderen mischten sich ein, die ihre Zelte aufmachten und mit Taschenlampen heraus leuchteten. Die sind ja auch noch alle da! Ich hatte jetzt aber keinen Kopf um mir Gedanken über unsere Freunde zu machen.
Ohne auf einen von ihnen einzugehen, riss ich Sean seine Taschenlampe aus der Hand und lief in den Wald. Ich folgte einem Geräusch von knickenden Ästen, hoffte, dass ich sie so schnell wie möglich finden würde, um sie wieder beruhigen konnte. Ein Lichtstrahl war zu erkennen, an einer Lichtung zwischen zwei Bäumen. Wenn ich mich nicht irrte, musste hier irgendwo ein Bach sein. Zu meiner Erleichterung konnte ich ihren schmalen, kleinen Körper sitzend auf einen Stein am Rande des Baches erkennen. Der Vollmond leuchtete auf uns herab und ließ das Wasser glänzen. Es schimmerte im Schein des Mondscheins. Mit kleinen Schritten trat ich still an sie heran. "Verschwinde", sprach sie trocken, ohne mich anzusehen.
"Lass uns reden." erwiderte ich ihr daraufhin und gesellte mich neben ihr auf einen anderen Stein. Sie sah hinab auf ihre Fingern, die mit denen sie an ihren Fingerkuppen zupfte.
Das schlechte Gewissen erdrückte mich regelrecht, als ich sie betrachtete und obwohl sie total fertig aussah und ihre Haare wild in alle Richtungen ab standen, fand ich sie noch immer wunderschön. "Ich hätte das nicht tun sollen. Du und Dylan ... es tut mir leid, außerdem war es unangebracht dir zu sagen, was ich für dich empfinde. Es ist nur, ich fühle mich so krass zu dir hingezogen, dass es mich manchmal verrückt macht, dich nur anzusehen. Ich möchte nicht, dass du was mit Dylan hast! Dieser Idiot verdient dich nicht!", die Worte schossen nur so förmlich aus mir raus, dass ich überhaupt nicht mitbekam, dass Amara den Kopf hob, mich ansah und den Kopf schüttelte. "Aber wenn du ihn liebst, dann will ich natürlich das Beste für dich. Sag mir einfach, dass du mich nicht willst und ich lasse dich in Ruhe. Diese Mal wirklich."
"Niall! Was laberst du da? Ich bin das Arschloch, nicht du!" zischte sie plötzlich ohne Vorwarnung und zeigte von sich auf mich. Dann setzte sie fort: "Ich habe selbst beschlossen eines zu sein und ich habe es nicht geschafft!" Sie sprang von ihrem Stein auf, drehte sich im Kreis und raufte sich das Haar, bis ihr Blick wieder zu mir glitt. "Ich wollte mit dir schlafen, um meiner Mutter eines auszuwischen. Ich hätte es auch getan, aber du musstest mir sagen, dass du mich liebst. Wie kannst du mich lieben! Ich bin ein grausamer, verkorkster Mensch, der auf ein Kind einen Hass ausübt, dass noch nicht geboren wurde!" Amara schüttelte den Kopf und sah zu kurz zu Boden, "Wie kann sie mir das antun! Und warum darf ich nicht wissen, wer mein Vater ist? Dieses Kind wird sogar mit einem aufwachsen! Das ist doch unfair!" Amara machte eine kurze Pause und atmete tief durch, "Wie konnte ich Dylan, das antun. Auch wenn ich ihn mag und attraktiv finde, warum halte ich ihn hin? Ich kann mir doch nicht einreden, dass ich eine Beziehung von ihm will! Ich Trottel schlage ihn auch noch eine 'offene Beziehung' vor. Mann, wie bescheuert bin ich eigentlich?"
Sie schüttelte den Kopf und rieb sich über das Gesicht. Ein kurzer Lachen entwich ihren Lippen: "Und dann bist da du.", sie zeigte mit dem Finger auf mich, lachte höhnisch, "Du. Du verarschst mich doch sicher auch nur. Mein Leben ist scheiße, ich kann mich auf niemanden außer auf mich selbst verlassen. Liebe. Du willst mir doch nicht wirklich weiß machen, dass irgendetwas an mir liebenswert ist. Junge schau dich an: du könntest jede haben, spielst aber lieber deine Spiele mit mir. Such dir doch eines deiner Modelfreundinnen aus, die wären dir für den Ruhm sogar dankbar." Sie sprach und sprach, konnte mich mit ihren Worten aber nicht verletzten. Amara war aufgebracht und versuchte einfach alles, um mich von ihr fernzuhalten. Um mich zu verletzen.
Ich tat das einzige, dass ich für diese Situation angebracht fand. Ich stieß mich von meinem Stein hoch, ging auf sie zu und drückte sie an meine nackte Brust, gab ihre eine feste Umarmung. Es dauerte nicht lange, bis sie sich mit ihren Armen an mich klammerte und heulte, wimmerte und schluchzte. Ich hatte keine Ahnung, dass ihr das so viel ausmachte wegen dieses Babys. Vermutlich konnte ich es auch nicht verstehen, da ich meine Eltern hatte, obwohl sie sich schon früh scheiden ließen. Es musste für sie unerträglich sein, nicht zu wissen, wer der zweite Teil in ihr war, von wem sie diese wunderschönen Augenfarbe hatte, oder ihre winzigen Ohren, die nicht von ihrer Mutter sein konnten. "Es ist alles gut." sprach ich und strich ihr am Rücken entlang. Ihr schluchzen wurde schon deutlich leiser und ihr Griff um mich, wurde auch lockerer. "Ich werde dir helfen."
Sie schluckte, sah hoch in mein Gesicht. Vereinzelt liefen noch Tränen über ihre erröteten Wangen. Ich wollte sie nicht weinen sehen, es stand ihr überhaupt nicht. "Du willst mir helfen? Bei was denn?", fragte sie zögerlich mit brüchiger Stimme.
"Wir werden deinen Vater suchen. Mich würde es auch interessieren, wer er ist. Und damit das klar ist...", ich legte einen Hand auf ihre Wange, "An dir ist alles liebenswert und ich brauche kein Model zur Freundin, die nur auf ihr Äußeres achtet und dumm wie Brot ist. Ich will eine, die über sich selbst lachen kann, der es egal ist, wie viele Likes ein Bild auf Instagram bekommt, die ihre Prinzipien einhält und die mich auch mal anschreit, wenn ich es verdient habe. Ich brauche keine Frau an meiner Seite, die keine eigene Meinung hat und mich nur wegen meines Geldes mag. Ich will keine andere, außer dir. Wie oft muss ich dir das noch erklären?"
Sie war still und sah mich mit großen Augen an, ich hatte aber auch keine Antwort erwartet. Ich wollte sie zu nichts drängen, ich wollte es lediglich nur gesagt haben, damit sie verstand, dass ich mich wirklich um sie bemühte. Amara ließ ihre Hände an meinen Nacken wandern, strich mir mit der rechten Hand hoch an meine Wange. Die sanfte Berührung mit ihrem Daumen brannte an meiner Haut, als würde mich jemand mit Feuer verbrennen. "Ich wollte dich eiskalt ausnutzen und trotzdem bist du so nett zu mir. Warum bist du nur so dumm?"
Ich strich ihr eine lose Haarsträhne hinter das Ohr. "Das nennt man Liebe. Man verzeiht. Außerdem hast du mir auch verziehen, vergessen?"
Amara biss sich auf die Lippen. "Ich-"
"NIALL! AMARA!"
Prompt ließen wir voneinander ab und machten einen Schritt auseinander. Das Flackern von weißem Licht war zu sehen, dass sich uns näherte. "Was macht ihr hier? Wir haben uns Sorgen gemacht!" schnaubte Matt, als uns die Truppe erreichte und misstrauisch begutachtete. Mussten sie wirklich ausgerechnet in diesen Moment hier antanzen?
"Tut... Tut mir leid, das war meine Schuld. Ich habe mir eingebildet, dass ich jemanden gehört hätte." log Amara und griff sich dabei auf den Nacken. "Ich wollte euch keine Sorgen bereiten. Sorry."
"Wenn alle gut ist, lasst uns wieder zurück gehen." sagte Emily, die Hand in Hand mit Leon neben Sean stand, der wiederum einen Baseballschläger in der Hand hielt. "Eigentlich schade, dass alles gut ist. Ich hätte zu gern meinen Freund hier mal benutzt." sagte Sean schon fast enttäuscht, der mit seinem Schläger einen Schlag andeutete. Er hielt mitten in der Bewegung inne und streckte ihn Amara zu. "Hier, vielleicht kannst du besser schlafen, wenn du etwas hast, mit dem du dich wären könntest, obwohl du mit Niall im Zelt schläft und er dich sicher verteidigen würde." Amara zögerte, nach dem Schläger aber schließlich doch. "Dankeschön."
Beim Weg zurück verließen wir uns ganz auf Sean. Ich und Amara bildeten das Schlusslicht, schweigend gingen wir nebeneinander. Etwas überrascht merkte ich, wie sich nach meiner Hand fast und ihr Finger mit meinen verhakte. Es fühlte sich gut an, ihre kleine Hand in meiner zu halten. Das musste doch etwas bedeuten, oder?
Erneut lagen wir wieder in unseren Schlafsäcken. Amara hatte den Schläger über ihren Kopf abgelegt und sich an die andere Seite des Zeltes verkrümelt. Zwischen uns war so viel Abstand, dass ich schon dachte, dass ein unsichtbarer Dritter sich im inneren befände, für den wir Platz lassen mussten.
Meine Gedanken machten es mir unmöglich einzuschlafen. Ein Kopfkino ließen mich die Szenen von vorhin noch einmal erleben. Wir waren uns so verdammt nahe gekommen, wenn ich nur daran dachte, dass sie Oberkörperfrei vor mir lag, ich auf ihr, ihr leises Stöhnen, als ich ihre den Hals entlang geküsste hatte. Fuck! Ich biss mir auf die Lippe, als ich merkte, wie sich etwas an meinen Unterleib begann zu regen. Zu einer Seite hätte ich es toll gefunden, wenn sie meine Liebe erwidert hätte und wir uns ganz nahe gekommen wären, aber auf der anderen Seite, wäre es auf einen Bett, in guter Atmosphäre und ohne Zuhörer doch viel schöner gewesen.
Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn als ich einen Blick in Amaras Richtung warf, fand ich nichts als leere wieder. Schlagartig richtete ich mich auf und rieb mir meine Augen. "Amara?" fragte ich mit heiserer Stimme. Wo steckt sie? Ich zog den Zip des Schlafsackes auf, rollte ihn zusammen und drückte ihn wieder in seine Verpackung. Dasselbe tat ich auch mit dem von Amara. Hoffnungsvoll öffnete ich den Reißverschluss des Zeltes und streckte meinen Kopf hinaus. Ein Stein fiel mir vom Herzen, als ich sie an der gelöschten Feuerstelle sitzen sah, mit dem Rücken zu mir. Jedoch konnte ich sehen, dass sie mit einem langen Ast in der Asche des Feuers herumstocherte.
"Seit wann bist du schon wach?" fragte ich hinter ihr und wartete auf eine Reaktion. "Keine Ahnung." antwortete sie nüchtern und ohne sich zu mir zu drehen. Ich strich mir mit den Fingern durch mein Haar und entschloss mich dafür das Zelt ebenfalls zu verlassen. Ich Griff in die Kühlbox und nahm mir eine Flasche Wasser heraus, die ich mit einem Zug zur Hälfte leerte. Sie würdigte mir keinen Blick, starrte nur auf die Asche vor ihr. Es machte mich verrückt. "Ich habe dir doch gestern schon gesagt, dass ich dir helfen werde ihn zu finden. Jetzt sitz hier nicht so niedergeschlagen wie ein Häufchen Elend herum." Ich ging neben ihr, in die Hocke und legte meine Hand auf ihre Schulter. Langsam drehte sie ihren Kopf in meine Richtung und nickte. An ihren Hals sah ich einen dunklen Fleck aufblitzen. Langsam steifte ich mit meinen Fingern darüber und seufzte, "Deine Mum bringt mich um."
Ihre Mundwinkel zuckten und ich hätte schwören können, dass sie Grinsen wollte.
"Scheeeiße, Amara! Welcher Vampir hat dich abgeknutscht?" fragte Seans amüsiert und zwinkerte mir zu. Ich verdrehte die Augen. Das Zelt neben uns raschelte und Emily streckte ihren Kopf heraus. "Morgen." gähnte sie uns streckte sich. Der Reißverschluss des Zeltes wurde ganz aufgemacht und Leon kam heraus. Er gab Emily einen Kuss auf die Wange und krabbelte auf allen vieren aus dem Zelt. Er klopft sich den Schmutz von seinen freigelegten Knien, als er sich erhob. Er blinzelte einige Male und betrachtete Amaras Hals, blieb jedoch Kommentarlos. Auch Matt kam nach einigen Minuten zu uns in die Runde. Er runzelte die Stirn und warf uns einen fragenden Blick zu, aber auch er sagte nichts dazu. Stattdessen sagte er: "Okay. Ich würde sagen, lasst uns hier zusammen packen und zu Ben frühstücken fahren. Wie wäre das?"
Einstimmig bejahten wir seine Frage und begannen unser Chaos zusammen zu räumen. Man hätte denken können, dass wir und schon seit Tagen hier im Wald befanden, obwohl es nur eine Nacht war. Mit vereinter Kraft waren wir in Kürze fertig und machten uns zum Aufbruch bereit. Matt und ich gingen voraus und beluden die Autos. Er sprach mich nicht auf Amara an, sondern gab mir immer wieder einen Seitenblick, von dem ich erahnen konnte, dass es ihm auf der Zunge brannte mich zu fragen, was da los war zwischen uns. Darauf hätte ich ihm aber sowieso keine Antwort geben könne, denn ich wusste es selbst nicht. Ich liebe sie ... und sie mich nicht?
Gerade als er seinen Mund öffnete, um etwas zu sagen, hörten wir die Stimmen der anderen. Wir drehten uns gleichzeitig um und sahen wie Leon und Emily, mit Sean und Amara im Schlepptau, mit vollen Händen auf uns zukamen. "Auf meiner Rückbank ist noch Platz." sagte Matt und Leon nickte, der anschließend die zusammengeklappten Stühle auf seine Bank legte.
Mein Blick glitt zu Amara, die noch immer nicht mit mir gesprochen hatte. Sie gab mir das Gefühl, als hätte ich schon wieder einen massiven Fehler gemacht. Hätte ich gewusst, wie das ganze endet, hätte ich mir diese Worte gespart und überhaupt so getan als hätte ich nicht mitbekommen wie sie mich geküsst hat. Von wo hätte ich es auch wissen sollen?
Ich hätte aber auch nie damit gerechnet, dass Amara mich eigentlich ausnutzen wollte, um es ihrer Mutter heimzuzahlen, nur weil sie ein Baby bekommt. Das war doch nicht ihre Art! Zumindest dachte ich das immer. Ich schien mich in ihr geirrt zu haben. Frauen! Sie sind einfach so kompliziert! Zuerst küssen sie dich, machen mit dir rum und dann wundern sie sich, wenn man ihnen gesteht, dass man sie liebt!
"Erde an Niall!"
Ich zuckte zusammen und schüttelte den Kopf. "Was?" zischte ich etwas lauter und sah in Seans Gesicht, der mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum wedelte. "Ich fahre bei dir mit." erläuterte er und öffnete die Beifahrertür meines Wagens, der hinter mir stand.
Ich runzelte die Stirn. "Da sitzt Amara. Schwing deinen Arsch nach hinten!" Musste er bei uns mitfahren? So hätte ich versuchen können ins Gespräch mit ihr zu kommen.
"Alter." sagte er und zog eine Braue hoch. "Wenn du nicht geträumt hättest, hättest du mitbekommen, dass sie bei Matt mitfährt."
Tatsächlich, durch das Fenster in Matts Wagen sah ich sie am Beifahrersitz sitzen. Seufzend kniff ich mir in den Nasenrücken. Warum kommt es mir immer so vor, als würden wir einen Schritt nach vorne machen, aber gleichzeitig zwei zurück?
Genervt schlug ich die Tür hinter mir zu und steckte den Schlüssel ins Zündloch. Als Sean mich fragte, ob er sich eine Zigarette anmachen dürfte, antwortete ich mit einen knappen, "Nein." Matt fuhr mit seinen schwarzen Truck voraus, gefolgt von Leons roten Seat, den er sich natürlich mit Emily teilte und zum Schluss waren da noch ich und Sean.
"Ich verstehe ja toootal warum du die Hände nicht von ihr lassen kannst, ich meine ...", er machte eine Pause und formte Amaras Körper mit seinen Händen in der Luft nach. "Puh, dieser Körper ... wenn ich nicht wüsste, dass du was von ihr willst, hätte ich es schon lange probiert. Wie gerne würde ich ..."
Mit einem stärkeren Tritt auf das Bremspedal hielten wir an. Sein Kommentar ließ das Blut in meinen Adern zum Kochen beginnen. "Ey, ich bin eh schon so scheiße gelaunt! Wenn du noch lange Scheiße laberst schmeiße ich dich raus!"
Seans Lippen bildeten einen schmalen strich. "Tut mir leid." sagte er kleinlaut und richtete seinen Blick anschließend wieder nach vorne. Eigentlich war ich nicht der Typ, der so etwas abzog. Ich bin der ruhige, der nette.
Was macht dieses Mädchen nur mit mir?
Kapitel 22
Sophies Sicht (Sonntagnacht)
Ich rümpfte die Nase bei Tobis Anblick. "Jetzt lass uns rein hauen! Ich will Party machen, du faule Nuss. Ich bezahlte auch unsere Drinks, Davina hat mit gute Kohle überwiesen. Wir können uns also fleißig was gönnen."
Er saß auf der Couch und stopfte sich eine Hand voll Popcorn in den Mund. "Hab ich richtig gehört? Du bezahlst?" schmatze er mit hochgezogener Braue. Warum klang er so überrascht? Ich habe bei den Musikvideo und den Taschenshooting doch nicht für nichts gearbeitet. Gratis arbeiten kommt überhaupt nicht infrage!
Ich nickte bestätigend. "Ja, also schwing dich in tanzbare Klamotten. Ich möchte heute noch 'nen Typen aufreißen, bevor sie alle zu dicht sind und sich wie Idioten verhalten." sagte ich und deutet dabei auf seine Schlapperhose und das einfache weiße Shirt, das er trug. "Na gut. Dein Glück, dass ich morgen nicht arbeiten muss." sagte er, stellte die Schüssel ab und ging in sein Zimmer. Da ich schon in meinen silbernen, rückenfreien Kleid steckte, meine Haar gemacht waren und auch mein Make-up gemacht war, setzte ich mich auf die Couch und griff nach der Schüssel Popcorn, die ich neben mich abstellte. Immer wieder nahm ich mir eine kleine Portion aus der Schüssel, während ich meine Social Media Account checkte. Von Amara hatte ich auch eine Nachricht auf whats app bekommen. Es war ein Bild von einen Feuer, an dem ich Matt sah, aber auch Niall der seine Gitarre in der Hand hielt und breit lächelte.
"Wem stakst du?"
Ich wendete meinen Blick ab und sah zu Tobi. Er trug eine normale Jeans und ein weißes Hemd das bis zu Hälfte aufgeknöpft war. "Amara hat mir eine Nachricht geschickt." antwortet ich ihm darauf und drehte den Display zu ihm. Tobi kam auf mich zu und reckte den Hals. "Sieht nach Spaß aus." kommentierte er schließlich.
Ich nickte. "Ja und sie hat mir auch geschrieben das sie sich das Zelt mit dem Iren teilt.", ich wackelte mit den Augenbrauen und Tobi lachte. "Dylan hat sie aber schnell vergessen." Ja, das hatte ich mir auch gedacht und das war eigentlich nicht ihre Art. Ich war zu Beginn dagegen, als sie Niall wieder verziehen hat, aber nach der Zeit, die ich alleine mit ihm verbringen durfte, den Gesprächen, die wir geführt hatten, wusste ich, dass es ihm wirklich leidtat, dass er sie über alles mochte und wieder zurück gewinnen wollte.
Ich packte mein Handy zurück in meine Tasche und Tobi reichte mir eine Hand, um mich von der Couch hoch zu ziehen. Mit meiner Clutch um der Schulter stolzierten wir hinaus aus der Wohnung. Während Tobi absperrte, warf ich noch einen letzten Blick in einen kleinen Spiegel, den ich in der Tasche hatte. "Du siehst toll aus. Keine Sorge. Und dein neues pinkes Haar wird in der Meute bestimmt auffallen." hörte ich Tobi sagen. Er grinste und strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. Ich lächelte und kniff ihm in die Wange. "Du auch, du Hengst!"Ohne ein bestimmtes Ziel folgte ich Tobi zur U-Bahn, da er nicht sein Auto nehmen wollte, damit er etwas trinken konnte. Wir hätten uns auch ein Taxi anrufen können, aber diese Erleuchtung hatten wir erst, als wir schon in der Bahn saßen. Komische Blicke wurden und zugeworfen, vermutlich weil wir so knappe Kleidung anhatten. Mein Kleid ging mir nur knapp über den Hintern und Tobis Hemd gab einen guten Blick auf seine nackte Brust frei.
"Hier müssen wir raus." sagte er und zog mich hoch. Er nahm meine Hand in seine und zog mich mit sich. Es war überhaupt nicht eigenartig seine Hand zu halten, es war genauso als würde ich die von Amara halten. Tobis Hand war weich, man merkte, dass er sie regelmäßig mit Handcreme eincremte. An der Rolltreppe stellte ich mich auf die Stufe vor Tobi, damit niemand einen Blick unter mein Kleid erhaschen konnte. Spielerisch legte er seine Arme um meine Hüfte, als wir merkten wie zwei alten Damen hinter uns, über uns zu tratschten begann. Diese Schnepfen!
Ich war mehr als erleichtert, als wir nach einem kurzen Fußmarsch an dem Club ankamen. Tobi rauchte während des Weges eine Zigarette nach der anderen, da im Club selbst striktes Rauchverbot herrschte. Ich musste mir selbst eingestehen, dass dabei verdammt scharf aussah und ich mich ihn an den Hals schmeißen würde, wenn er auf Mädchen stehen würde.
Er seufzte als er sah, dass sein Freund heute nicht an der Tür stand, um uns vorzulassen, von dem er mir zuvor erzählt hatte. Brummend folgte ich ihn an das Ende der Warteschlange. Ich verlagerte mein Gewicht auf meinen linkes Bein uns seufzte. "Sagt mal, kann ich dich mal was Persönliches fragen?" Tobi sah mich überrascht an, aber nickte. "Warst du schon mal mit einem Mädchen zusammen oder wusstest du schon immer, dass du ... Naja Jungs bevorzugst?"
Er schien überrascht von meiner Frage und leckte sich über die Lippen. Dann seufzte er und rieb sich den Nacken. "Nein, war ich noch nie", gestand er und fuhr fort: "Mein erster Kuss war allerdings mit einem Mädchen, aber ich habe dieses Feuer nicht gefühlt. Mit siebzehn hat mich ein Junge auf einer Party völlig überraschen geküsste und da ... ich weiß auch nicht ... ich wusste einfach, dass es das war, was ich wollte."
Okay, ich hatte eindeutig mehr erwartet. Irgendeine lange Rede mit etlichen Geschichten, in denen es ihm bewusste wurde." Vielleicht hast du auch nur dieses Feuer nicht gefühlt, weil du dieses Mädchen nicht attraktiv fandest. Hast du außer ihr noch jemand weibliches geküsst?" Er seufzte tief: "Willst du mich jetzt umpolen?", augenblicklich ließ er von meiner Hand ab. Meine Augen wurden groß und ich hob die Hände hoch. "Was? Nein! So war das nicht gemeint! Tut mir leid." - "Schon gut. Ich habe doch nur Spaß gemacht." hörte ich ihn sagen und er grinste mich neckend von der Seite an.
Der Raum wirkte überfüllt und der Bass dröhnte aus den Lautsprechern. Die Vibration konnte man unter den Füßen spüren, es war als würde sich der Boden unter uns schon bald in zwei Spalten teilen. Den ersten Halt machten wir an der Bar, an der wir gerade noch zwei Hocker ergatterten, als sie zwei Mädchen in Miniröcken erhoben und mit Drinks an uns vorbeigingen.
Wir bestellten uns beide ein Bier und beobachteten die Leute um uns herum. Wir lachten über einen Jungen, der tanzte, als würde er einen Anfall haben. Mit einem größeren Schluck leerte Tobi das Glas uns stellte es wieder ab. Meines war noch halb voll. Tobi griff sich das kleine Gläschen mit Erdnüssen und naschte immer wieder davon, als er mir zusah wie ich mein Glas Schluck für Schluck trank. Etwas irritiert sahen wir wie der Mann hinter der Bar Tobi wieder ein volles Glas Bier hinstellte und das leere mitnahm. "Ähm ... ich habe nichts bestellt." sagte Tobi etwas lauter und der Mann drehte sich wieder zu uns. "Es wurde von dem jungen Mann bezahlt." sagte er und nickte dabei mit seinem Kopf an das andere Ende der Bar. Ein Junger Typ, braune Haut und braunes Haar. Er hob sein Glas hoch. Ich biss mir in die Wange und sah zu Tobi, der einen Schluck von seinem Bier nahm und schelmisch grinste. "Ich geh kurz mal rüber. Falls wir uns aus den Augen verlieren sollten, schreib mir eine SMS." Ich nickte und er ging zu diesem Kerl hinüber. Es schien, als würden sie sich kennen.
Ich wendete meinen Blick von ihnen ab und trank mein Bier aus. Danach rutschte ich von meinem Hocker und streifte mir mein Kleid glatt. Ich wollte tanzten, denn genau deshalb wollte ich auch überhaupt ausgehen. Mit etwas drücken und drängeln gelangte ich schnell auf die Tanzfläche und bewegte meine Hüften zu dem Beat der Musik. Ein Kerl tanzte mich an, aber da er mir schon nach einer Minute versuchte zwischen die Beine zu greifen stieß ich ihn von mir und tanzte alleine weiter. Ich hütete keine Abneigung für eine Nummer für zwischendurch, aber er musste mir nicht schon so schnell an die Wäsche greifen. Es war so verdammt warm in diesen Club und ich begann leicht zu schwitzen. Mein Mund wurde mit der Zeit immer trockener und ich benötigte unbedingt etwas Flüssigkeit. Durstig drängte ich mich wieder an den Menschen neben mir vorbei und ging auf die Bar zu, die zu meiner Verwunderung nicht mehr so voll wie zuvor war. Ich lehnte mich an und las mir die Cocktailkarte durch. Gerade als sich der Barkeeper in meine Richtung drehte, drängte sich ein Kerl neben mich und bestellte vor mir zwei Bier.
"Hey du!" sagte ich mit strengen Tonfall, aber es sah mich nicht an. "Hey!" wiederholte ich mich und tippte ihn an. Er riss den Kopf zur Seite und hob eine Braune. "Ich bin vergeben Zuckerwatte!" schnauzte er eingebildet. "Mach dir da mal keine Sorgen. Arschlöcher sind nicht mein Typ!" konterte ich beleidigt von seiner Bemerkung meiner Haarfarbe. Er gluckste lachend: "Ne Zicke, wer hätte es gedacht..." Der Mann hinter der Bar stellte ihm seine Getränke an die Schank und der blonde Typ vor mir bezahlte ihm. Er warf mir über seine Schulter einen Blick zu und leckte sich über die Lippen. "Was trinkst du?"
"Was?" fragte ich unglaubwürdig. Warum wollte er wissen was ich trinke? "Was. Trinkst. Du." wiederholte er lauter und beugte sich dabei an mein Ohr. Er musste gedacht haben, dass ich ihm wegen der Musik nicht verstanden hatte. "Margarita." erwiderte ich knapp und überkreuzte die Arme vor der Brust. Er bestellte meinen Drink und legte das passende Geld auf die Schank. Soll ich mich bei ihm bedanken? Nein, warum sollte ich! Der blonde, in einer Lederjacke gekleidete, Typ griff nach seinen Getränken. "Man sieht sich", sagte er noch zwinkernd zu mir, als er an mir vorbeiging und in der Menge verschwand. Wer trägt im Sommer eine Lederjacke? Außerdem hatte es bestimmt Hundert Grad hier im Club! Der musste doch bestimmt nicht dicht sein!
Mit einen Lächeln nahm ich dem Barkeeper meinen Drink ab und nippte daran. Tobi war verschwunden. Kaum zu glauben, dass es jetzt mir passiert war alleine zurückzubleiben. Kerle gab es hier wie Sand am Meer, aber keiner hatte bis jetzt meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich ließ meinen Blick durch die Meute wandern und ertappte mich doch tatsächlich dabei, als ich Ausschau nach den Typen von eben hielt. Dieses blonde leicht gelockte Haar und die blauen Augen entsprachen eigentlich nicht meinem Beuteschema. Ich mochte dunkles Haar, von der Sonne geküsste Haut und dicke pinke Lippen. Warum sah ich mich also nach diesem Kerl um? Weil er mir einen Drink spendiert hat?
Ich seufzte und sah auf meinen Drink hinab, so hatte ich mir die heutige Nacht nicht vorgestellt. Ich setzte mich auf den Hocker neben mir, stellte meinen Drink ab und schob das Glas mit Erdnüssen an mich ran. Tobi hatte mir eine Nachricht geschickt, ob es okay war, dass ich mir alleine ein Taxi nach Hause nehmen musste, da er mit Peter abgehauen ist. Peter musste der Typ von vorhin gewesen sein. Ich schrieb ihn, dass es völlig okay war und ich ihm eine heiße Nacht wünschte.
Gerade als ich beschlossen hatte mich auf den Heimweg zu machen, sah den blonden Jungen wieder. Erneut stellte er sich neben mich. Ich sagte nichts und wendete den Blick ab als ein Mädchen mit weißem langem Haar sich von hinten an ihn heran näherte und ihre Hände um ihn legte. Er drehte sich um und legte einen Arm um ihre Schulter und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn einen Kuss auf die Wange zu drücken. Sie schien winzig zu sein, vermutlich in Amaras Größe. Sollte ich mich jetzt bei ihm bedanken und ein Beziehungschaos veranstalten? Für meine Vergnügung würde es bestimmt ausreichen.
Ich biss mir in die Wange, um der Versuchung zu widerstehen, außerdem kam ich mir bescheuert vor, da ich definitiv starrte - was auch das Mädchen bemerkte und mir einen Blick zuwarf.
"Hier." hörte ich plötzlich und ich sah nach vorne. Verwirrt runzelte ich die Stirn. "Ähm ... Dankeschön?" sagte ich zu den Jungen, der mir wieder einen Margarita bestellt hatte. "Jacob, was soll das?" zischte das Mädchen unter seinen Arm. Er zuckte mit der Schulter, "Ich bin nur nett, Babe."
Plötzlich drehte sie sich um und sah mich finster an: "Bezahl dir deinen scheiß Cocktail gefälligst selbst!" Ohne dass ich überhaupt die Zeit hatte um zu antworteten, riss sie mir mein Glas aus der Hand und schüttelte es über mich. Geschockt sprang ich vom Hocker, schnappte mir das Glas Bier von diesem Kerl und tat es ihr gleich. Alle Blicke lagen auf uns, aber es war mir egal. "Miststück, was ist dein Problem!?" schrie ich sie wütend an. Sie schnaubt und holte mit ihrer Hand aus um nach mir zu schlagen, aber ihr Freund hielt sie noch davon ab indem er ihre Hand packte. "Hey, Ladys. Beruhigt euch! Ich weiß, dass ich unwiderstehlich bin, aber ihr müsste nicht vor allen eine Szene veranstalten." Die haben sie doch beide nicht mehr alle beisamen!
Wenn Blicke töten könnten, hätten wir uns beide schon umgebracht. Ihr Gesicht kam mir so verdammt bekannt vor. Die Züge, wie die Falte über ihre Stirn glitten, als sie mich sauer anschaute erinnerten mich stark an Amara. Generell sah sie ihr auf eine komische Art und weiße ähnlich, aber ihr Haar war weiß gefärbt und ihre Haut war braun von der Sonne.
"Warum klotzt du mich so an!" keifte sie laut und machte einen Schritt auf mich zu. "Du siehst aus wie jemanden denn ich kenne." erwiderte ich ihr daraufhin. Ich hatte mich wieder einigermaßen gefangen, war aber dennoch sauer darüber, dass mein Kleid klatsch nass war und nach Margarita roch. Sie zog die Luft scharf ein und sah mich höhnisch an: "Klar. Du willst doch nur vom Thema ablenken, weil die klar wurde, dass das ein Kleid von Armani ist und du es bezahlen musst!"
"Ich glaub du hast den Schuss nicht gehört!" zischte ich und tippte mir mit den Fingern auf die Stirn. "Du bekommst keinen Cent von mir, immerhin hast du mich aus erstes mit meinen Margarita übergossen!" - "Dein Margarita?! Mein Freund hat ihn bezahlt!" konterte sie energisch und zeigte auf ihn.
Ich warf die Hände in die Höhe. "Ich habe ihn nicht darum gebeten. Vielleicht solltest du es überdenken mit jemanden auszugehen, der jeder x-beliebigen Person einen Drink zahlt!" Was bildete sich dieses Weib nur ein? Ich hatte keine Schuld daran! Sie sollte ihren Freund eine Standpauke halten und nicht mir!
Sie ließ die Schulter fallen und nahm die Hand ihres Freundes. "Komm lass uns jetzt zu Cara gehen, aber ich muss mich vorher noch umziehen." Ohne mit einen weiteren Blick zu schenken, drehte sie sich auf ihren Hills und stapfte mit ihrem Freund davon. Ich sah ihnen hinter her und bemerkte wie sich dieser Jacob in meine Richtung drehte und mich amüsiert angrinste.
Dieses Arschloch! War das beabsichtigt?
Kapitel 23
Nialls Sicht
Ein Mädchen mit roter Schürze und weißer Bluse brachte uns das Frühstück an den Tisch. Hungrig aß ich mein Rührei und den gebratenen Speck. Mir war bis zu diesen Zeitpunkt überhaupt nicht aufgefallen wie hungrig ich eigentlich war. Das Geräusch von schmatzenden Gästen und klirrenden Geschirr erfüllte den Raum. Es war nett hier bei Ben's. Irgendwie hatte dieser kleine Imbiss ähnlichkeit mit den amerikanischen Diners. Eine hohe Schank, an der die Gäste auf Hocker saßen und an der anderen Seite neben den Fenstern eine Reihe von Tischen. Das Lederartige rote Material knautschte unter unseren Bewegungen. Wir saßen auf den größten Ecktisch: rechts Sean, Leon und Emily auf der einen Seite Amara, Matt und schließlich ich in der Ecke. Durch den Ecksitz hatte ich einen guten Überblick auf den gesamten Raum.
"Den gestrigen Abend sollten wir unbedingt irgendwann wiederholen." schmatze Matt neben mir. Nickend stimmten wir ihm einstimmig zu. Bis auf die Sache in der Nacht, hatten wir einen schönen Abend zusammen verbracht. Es war schön die Seele baumeln zu lassen und entspannt mit seinen Freunden an einem Feuer sitzend zu singen und zu lachen - etwas zu dem ich leider nicht oft komme. Eine anstrenge Zeit stand mir schon in näherer Zukunft bevor. Promotour, Interviews, Shootings und die Vorbereitungen für die Tour liefen bald an.
Ich schluckte und schielte heimlich zu Amara hinüber, die sich einen Löffel Joghurt in den Mund steckte, ich wusste, dass ich das mit ihr noch klären musste bevor ich keine Zeit mehr dazu habe. Kate wird heute, mit der Sprach rausrücken müssen, ich werde sie dazu drängen. Ich war mir sicher, wenn Amara endlich die Wahrheit kennt, dass eine Last von ihr fallen wird. Sie könnte sich auf ihre kleine Schwester oder ihren kleinen Bruder freuen, sich für Kate und Bobby freuen und eventuell wird ihr dann endlich mal klar, was sie von mir will. Wir haben einen speziellen Draht zueinander, man spürt es einfach. Eine art Band, das uns wie Magneten zueinander zieht. Matts räuspern lief mich beschämt auf mein Essen hinabsehen. Er hatte mich beim Starren erwischt.
Ich lauschte still dem Tischgespräch meiner Freunde, nickte ab und zu und vertilgte mein Frühstück. Die junge Frau von vorhin kam wieder an unseren Tisch, trug das schmutzige Geschirr fort und brachte uns neuen Kaffee. Ihren verstohlenen Blick in meine Richtung ignorierte ich gekonnt, in dem ich mich an Emily rechts neben mir wendete. Ich hatte die Ruhe genossen und wollte, dass diese noch ein paar Stunden anhielt. Wenn sie mich gebeten hätte ein Foto mit ihr zu machen oder ein Autogramm zu schreiben hätte ich aber nicht abgelehnt. Aber sie sagte nichts, lächelte mich nur freundlich an.
"Fuck!" fluchte Sean, als er ihr wiederholt hinterher sah und auf ihren Hintern starrte. Er war der Art von Freund, der nichts anbrennen lassen konnte. Die Schlampe der Gruppe, wenn man es so nennen will. Sean biss sich überlegend in die Unterlippe, bevor er uns wieder ansah und erneut sich wieder umdrehte. Er stand auf und ging auf die junge rothaarige zu, die sich gerade an der Kaffeemaschine beschäftigte. Charmant wie immer lehnte er sich an die Theke und warf mit Komplimenten um sich, als gebe es kein Morgen mehr. Auch Matt verließ kurz darauf den Tisch um zu den Toiletten zu gehen. Amara und Emily unterhielten sich gelassen über Promis, während Leon sich nach hinten gelehnt hatte und seiner Freundin einen Arm um die Schulter legte. Sie wurde schlagartig ganz verlegen als er ihr einen Kuss auf den Hals drückte. Emilys kichern erfüllte den Raum als er ihr etwas gegen ihr dunkles Haar wisperte. Ich senkte meinen Blick unbehaglich uns sah zu Amara hinüber, die auch mich ansah und ertappt den Kopf in die andere Richtung drehte.
"Wir gehen zur Fotobox. Kommt ihr alleine klar?" fragte Emily uns, die von Leon an der Hand hochgezogen wurde. "Ja." erwiderte ich und sie gingen. Am Eingang war und die Fotobox schon ins Auge geschossen und Emily hatte ihren Freund sofort erklärt, weswegen er unbedingt Fotos darin mit ihr machen musste. Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee. Ich wollte mit Amara sprechen, war mir aber nicht sicher was ich sagen sollte.
"Ich habe mich bescheuert verhalten. Es tut mir leid." sprach Amara zu meiner Verwunderung. "Ich dreh gerade am Rad und ich bin so eigentlich nicht Niall. Ich hoffe das weißt du." Sie sah von ihren Händen auf und in mein Gesicht. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf ihren perfekten Lippen. "Schon okay."
Sie schüttelte den Kopf. "Nein, das ist es nicht! Du hast mir gesagt, dass du mich ... na ja du weißt schon..." setzte sie stockend fort. "Liebst?" beendete ich ihren Satz und lehnte mich dabei an der Couch zurück und legte einen Arm auf die Lehne hinter mir. "Das habe ich auch so gemeint." seufzte ich.
Nun seufzte sie: "Ja, das. Ich hoffe, ich habe dich nicht allzu sehr damit verletzt, als ich aus dem Zelt gestürmt bin, aber ich hielt es nicht mehr für richtig. Ich liebe dich nicht, Niall. Für mich war es im ersten Sinne Rache." Amara schüttelte den Kopf und griff sich auf die Stirn. "Warum habe ich das getan?". Sie flüsterte den letzten Satz, vermutlich weil er nicht für meine Ohren bestimmt war.
Ich liebe dich nicht, Niall.
Ich. Liebe. Dich. Nicht. Niall. Der Satz hallte wie ein Echo in meinen Kopf. Mir wurde regelrecht schwindelig. Ich atmete laut aus und mein Mund öffnete sich. Mir fehlten die Worte, um etwas zu erwidern. Ich hatte mir das alles doch nicht eingebildet, dieses Band zwischen uns, alle diese zufälligen Berührungen, das Händchenhalten im Wald unsere verträumten küsse...
"Ich war verliebt in dich Niall..." sprach sie fast flüsternd. „Aber es ist viel Zeit vergangen und auch wenn ich dich vermisst habe, dann nur weil wir auch Freunde waren. Für unsere Familie."
Blinzelnd legte ich den Kopf zur Seite. "Das glaube ich dir nicht." Amara sah mich verwundert an und ihre Stirn schlug Falten. "Was?"
"Das glaube ich dir nicht." wiederholte ich. "Streite doch nicht ab, dass wir etwas haben. Du kannst es versuchen dir einzureden, dass du mich benutzen wolltest, aber wenn du dir ehrlich bist, wolltest du es, weil du mich magst. Liebst. Dylan kann dich doch niemals glücklich machen. Ich möchte dich zu nichts drängen, aber gehe doch tief in dich und überlege es dir."
Sie schluckte. "Niall es ist nicht meine Schuld wie es gekommen ist, wenn du dich noch daran erinnerst."
Wie könnte ich das auch nur jemals vergessen.
"Ich habe mich doch schon dafür entschuldigt und ich wollte dir auch fern bleiben, aber ich konnte nicht anders! Jeden verdammten Tag musste ich mich zusammenreißen, um nicht deine Nummer zu wählen und mich vor deine Füße zu werfen. Wenn ich könnte würde ich die Zeit zurück drehen, an den Tag, an dem wir auf Theo aufgepasst haben." Ich machte eine Pause, um Luft zu holen und sah Amara tief in die Augen. Ich mochte es sehr wie sich das Licht in ihren Augen spiegelte. "Ich hätte mein Handy ausgeschaltet und dich geküsst als wir zu den langsamen Song getanzt haben, hätte dir gesagt wie verdammt verknallt ich damals schon in dich war. Stell dir vor wie es gewesen wäre, wenn wir in London schon zusammen gewesen wären, wie deine Großmutter reagiert hätte, dass du mit einen Straßenmusiker zusammen bist und wie ausgelassen wir bei der Hochzeit unserer Eltern tanzen hätten könnte, nachdem wir ihnen von uns erzählt hätten und deine Mutter uns eine Standpauke über Verhütung gegeben hätte."
Amara lächelte verlegen auf ihre Hände hinab und ich merkte ihr an, wie sie mit den Gedanken spielte. "Das wäre sicher toll geworden, bis auf den Teil mit meiner Mum." sagte sie leise. Ohne darüber nachzudenken, nahm ich ihre Hand in meiner. Sie nahm sie nicht zurück, sondern ließ mich einfach machen. Ich rutschte näher an sie heran, um ganz nahe bei ihr zu sitzen. Meine freie Hand legte ich unter ihr Kinn, sanft drückte ich ihren Kopf hoch damit sie mich ansah. Meine Hand wanderte hinauf ihn ihr Gesicht, mit den Fingerrücken strich ich ihr über die Wange. "Siehst du ...", sprach ich ruhig und tat es erneut. "Du hast Gänsehaut." Sie blieb stumm und hörte mir aufmerksam zu. "Wie sehr musst du mich mögen, dass schon so eine einfache Berührung Gänsehaut an dir auslöst."
"Du bringst mich durcheinander." sagte sie schluckend. Ihr Blick glitt an meinen Lippen hoch in meine Augen. "Ich sollte dich nicht ausstehen könnten, so ist das doch zwischen Stiefgeschwister. Außerdem hast du mir mein Herz gebrochen. Du hast nur Glück, dass du so unausstehlich gut aussieht und deinen irischen Scham hast, sonst würde ich dich nicht mehr gernhaben." sie flüsterte den letzten Teil und ich grinste.
"Sag Dylan ab und geh mit mir aus. Ich meine es ernst." flehte ich schon beinahe. Sie biss sich auf die Lippen und strich sich eine lose Strähne aus dem Gesicht. "Das zwischen euch ist doch noch überhaupt nichts festen, deshalb wird er es auch verstehen." setzte ich bestärkend nach. Und als würde es das Schicksal wirklich mies mit mir meinen, klingelte in diesen Moment ihr Handy. Sie sah mich entschuldigend an und kramte es aus ihrer Tasche. Dylans Gesicht strahlte mir entgegen. Genervt rutschte ich weg von ihr und legte meine Hände auf den Tisch. "Willst du nicht abheben?" fragte ich sie schroff, nachdem sie Sekunden lang auf den Display starrte. Das Klingeln stoppte abrupt und ich musste mit den Augen rollen. Ich hatte null Lust ihr Gespräch mit Dylan zu verfolgen.
"Nein, will ich nicht."
Mit offenem Mund sah ich in ihre Richtung. Das Handy war aus, aber noch immer in ihrer Hand. "Komm Niall, ich möchte auch gerne in die Fotobox mit dir." ohne mich sprechen zu lassen nahm sie meine Hand und zog mich mit sich.
Habe ich gerade gewonnen?
Kapitel 24
Amaras Sicht
Er liebt mich.
Niall Horan liebt mich.
Ich zog Niall hinter mir zum Fotoautomaten, aus dem Emily und Leon gerade kichernd herauskamen. Matt warf mir einen fragenden Blick zu, als er uns Hand in Hand sah. Ich tat so, als ob ich ihn nicht gesehen hätte und drückte mich mit Niall an der Hand in den Innenraum. Es war verdammt eng und der Platz war eigentlich nur für eine Person ausgerichtet. Niall war still und lächelte mich verlegen an. Das schlechte Gewissen nagte an, aber ich schüttelte es beiseite. Niall setzte sich auf den freien Platz und zog mich auf seinen Schoss. Aus meiner Hosentasche kramte ich die passenden Münzen heraus und warf sie in den Schlitz neben den Bildschirm. Ich neigte meinen Kopf in seine Richtung und fühlte dabei wie er seine Hände um meinen Bauch legte, mich fest hielt damit ich nicht von seinen Schoss rutschte. "Bereit?" fragte ich.
Er biss sich auf die Lippe. "Moment." Mit seiner linken Hand legte er das Ende meines Pferdeschwanzes links über meiner Schulter.
"Oh, tut mir leid. Habe ich dir meine Haare ins Gesicht gedrückt?" fragte ich ihn, jedoch schüttelte er grinsten den Kopf. "Ich wollte nur den Knutschfleck verdecken." Mir rutschte das Herz in die Hose, den hatte ich schon vergessen. Meine Mum bringt mich um. Mein Gespräch mit Matt im Wagen hatte mit dir Augen geöffnet. Ich sollte die ganze Sache nicht so nahe an mich ran lassen, außerdem bin ich eine erwachsene Frau, meine Mutter hatte nicht das Recht mir meinen Vater vor zu enthaltenen und das muss ich ihr klar machen. Das werde ich ihr klar machen, zudem hat auch Niall mir seine Hilfe angeboten. Er ist viel zu nett zu mir und ich habe ich wie ein Stück Dreck benutzt. Es schmerzt mich zu wissen, dass ich ihn verletzt habe, aber so schien die Sache zwischen uns zu laufen. Ich sage ihm, dass ich ihm nicht liebe, und er zählt Dinge auf, die mein Herz zum Rasen bringen, als wäre er daraus aus mir einen Herzinfarkt zu bescheren.
"Also ... ähm. Können wir?" fragte ich Niall, mit leicht geröteten Wangen. Er nickte. Ich beugte mich nach vorne und drückte den roten Knopf. Ein Countdown begann von fünf nach unten zu zählen. Wir schnitten beim ersten Knipsen Grimassen, beim Zweiten lächelte ich in die Kamera und Niall sah mich von der Seite an, beim Dritten küsste er meine Wange und ich sah verlegen auf meine Hände hinab. Meine Wange kribbelte wie verrückt als ich seine feuchten Lippen auf ihr spürte. Er strahlte eine solche Wärme aus, dass ich Angst hatte zu schmelzen. Ich sah hoch in sein Gesicht und lächelte. Niall lächelte ebenfalls und genau in diesen Moment ertönte das letzte Knipsen. Wir bewegten uns nicht, verharrten still in unserer Position.
"Amara ich frage mich ob ... ähm ... also." er stotterte, rieb sich den Nacken und leckte sich über die Lippen. "Was denn?" fragte ich sanft nach und stieg von seinen Schoss herunter. Ich stand zwischen seinen Beinen. Niall räusperte sich, sah zu Boden und anschließend wieder mit neu gefundenem Selbstbewusstsein in meine Augen. "Willst du heute etwas essen gehen? Mit mir?"
"Ein Date?" hackte ich nach und verlagerte mein Gewicht auf mein rechtes Bein. Dieses Ich-Liebe-Dich- Nicht schien ihn überhaupt nicht abgeschreckt zu haben. Warum war er so hartnäckig? Und warum gefiel mir das? Würde ich Dylan betrügen, wenn ich mit Niall ausgehen würde? Sollte ich nicht zuerst mit ihm darüber sprechen? Auch wenn wir nicht wirklich fest zusammen sind fühlte ich mich, als würde ich zwischen zwei Stühlen stehen.
Ich kenne Niall, war, oder bin wahrscheinlich noch immer in ihn verknallt. Wir hatten unsere Differenzen, aber jedoch schafft er es immer wieder mich an seine guten Seiten zu erinnern, mich in seinen Bann zu ziehen. Er ist, auch mit seinen Fehlern, viel zu gut für mich. Hätte ich so jemand überhaupt verdient?
Dylan sieht gut aus, hat Charme und ich mag seinen Charakter. Wir kennen uns noch nicht lange, aber wir verstehen uns prächtig. Ich mag wie man mit ihm über jedes Thema sprechen kann, da er zu allem etwas weiß. Gespräche mit ihm sind nie langweilig oder ziehen sich. Sie sind informativ und interessant. Aber habe ich mich nicht mit meiner offenen Beziehung selbst ins Aus geschossen?
Offene Beziehung. Wie bescheuert! Vielleicht war Niall genau der Grund warum ich nicht einer festen Beziehung zugestimmt hatte, vielleicht wusste mein Unterbewusst sein, dass es nicht das richtige für mich war. Dass Niall der Richtige für mich war, der mich sogar noch immer auf ein Date einlädt, obwohl ich ihn den schrecklichsten Satz überhaupt an den Kopf geworfen habe, den, denn kein verliebter hören will.
Wenn ich entscheiden müsste, mit wem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte und ich die Wahl zwischen Niall und Dylan treffen müsste, wäre es...
Niall. Ein weltberühmter Sänger, der monatelange nicht zu Hause sein wird, sobald es mit seinem Album richtig losgeht.
Ich sah auf den Mann meiner Wahl, die Angst stand ihm in das Gesicht geschrieben, weil ich so lange in Gedanken versunken war. Ich nickte schüchtern: "Das würde ich gerne."
Erleichterung machte sich in seinem Gesicht breit. Niall strahlte mich förmlich an, legte seine Hände an meine Hüfte. "Du weißt überhaupt nicht wie sehr mich, das freut. Aber Amara...", er seufzte, leckte sich über die Lippe. "Ich will vor unseren Eltern nichts mehr geheim halten. Ich will das nicht mehr. Entweder sie verstehen es oder eben nicht. Kein Versteck spielen mehr zu Hause." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung und irgendwie war ich froh darüber. Niall hat recht entweder sie verstehen es, oder nicht. Eltern wollten doch eigentlich, dass ihre Kinder glücklich sind und wenn wir es sind füreinander sind, dann müssen sie es akzeptieren können.
"Dagegen habe ich nichts einzuwenden." erwiderte ich einverstanden. Er folgte mir, mit den Händen an meiner Hüfte hinaus aus der Kabine. Zum Schrecken aller musste ich feststellen, dass Emily unseren Fotostreifen schon in der Hand hielt und ihn grinsten betrachtete. "Ihr seid so süß!", schwärmte sie. Ihr Blick glitt an meine Hüfte, was ihr Grinsen nur noch verstärkte. Wir ignorierten jegliche weitere Kommentare und nahmen ihr den Streifen weg. Niall drückte eine Kopie davon noch aus und packte sie in seine Brieftasche, während ich meine in meine Tasche packte, in das äußere Seitenfach, da ich nicht wollte das er einen Knick bekam.
Am nach Hause weg mit Niall war es angenehm still zwischen uns. Von meinem Augenwinkel aus, sah ich wie er lächelte und sich versuchte zu beherrschen, wenn ich ihn ganz offensichtlich ansah. Wie kann es sein, dass ausgerechnet ich ihn so glücklich mache? Eine Frage, die ich mir einfach nicht beantworten konnte. Ich bin ein einfaches, normales Mädchen, aber dennoch. Niall lächelt wie verrückt, meinetwegen.
Ich wusste, dass ich Dylan Bescheid sagen musste, dass ich das zwischen uns falsch eingeschätzt hatte, aber ihn dennoch als Freund brauche. Er ist unser Nachbar und ich wollte nicht, dass wir wegen dieser Sachen keine Freundschaft hegen könnten. Ich hoffe nur er versteht es und ist mir nicht sauer.
Schneller als gedacht näherten wir uns dem Haus unserer Eltern. Meine Handflächen schwitzen und ich hatte ein unwohles Gefühl im Bauch. Er will es unseren Eltern sagen. O Gott! Ja, ich wollte es auch. Aber ich wusste nicht was wir ihnen sagen. Dass wir auf ein Date gehen? Dass Niall gesagt hat, dass er mich liebt? Dass wir geknutscht haben?
"Niall?"
Ich sah ihn an. "Hm." Er setzte den Blinker und bog auf die Einfahrt des Hauses ein, parkte den Wagen in der Garage ab. Niall löste den Gurt und zog den Schlüssel ab. "Wolltest du mich etwas fragen?"
Ich nickte und atmete aus. "Ja. Also wie stellst du dir das vor? Was sage wir ihnen?" Er räusperte sich, nahm seine Sonnenbrille ab und steckte sie an den Kragen seines Shirts. "Die Wahrheit." erwiderte er knapp. Die Wahrheit - was versteht er darunter?
Bevor ich noch ins Detail gehen konnte, stieg er aus, kam auf die Seite meines Wagens herüber und öffnete mir die Tür. Ich öffnete meinen Gurt und bedankte mich bei Niall. Er lächelte mir zu und anschließend holten wir uns die Sachen aus dem Kofferraum. Als ich das Chaos sah, hätte ich mir gewünscht ihm beim Einräumen geholfen zu haben. Die Rücksäcke quirlten über und die schwere Kühlbox lag auf Chipstüten, die unter dem Gewicht aufgeplatzt sind. "Na super." murmelte Niall neben mir. "Das kann man mit einem Staubsauger wieder raus saugen. Halb so schlimm", sagte ich und er nickte. Mit seinem linken Bein drückte Niall die Tür auf zum Flur des Hauses. Es war still, man hörte keine Stimmen und auch nicht den Fernseher. Wir schleppten die Sachen hinauf in den ersten Stock in das Badezimmer, in der die Waschmaschine stand. Achtlos ließ ich die Schlafsäcke auf den Boden fallen, während Niall das Zelt auf den Dachboden brachte.
Das einzige, dass ich jetzt unbedingt benötigte war eine Dusche! Ich wollte mir den Schmutz von der Haut schaffen und außerdem war es der perfekte Ort und seine Gedanken zu sortieren.
"Es ist niemand da." hörte ich Niall hinter mir. Ich drehte mich in seine Richtung. "Sind vielleicht einkaufen." - "Vermutlich." sagte er, ging an mir vorbei und schmiss einen Berg Wäschen in den Wäschekorb.
"Ich werde mich mal duschen gehen. Reden wir später? Du musst mir noch sagen, was wir heute machen und vor allem wann." sagte ich zu ihm.
Niall strich sich durch sein Haar und grinste. "Ja, das machen wir." Er strahlte über das ganze Gesicht und es machte mich auf irgendeine Art verlegen. Ich schenkte ihm mein bestes Lächeln und ging an ihm vorbei, hinaus auf den Flur und nahm die Klinke meines Zimmers in die Hand, als ich ihn erneut etwas sagen hörte: "Hast du Höhenangst?" Überrascht von der spontanen Frage runzelte ich die Stirn. "Nicht soweit ich wüsste, warum?" Niall schüttelte den Kopf und winkte ab: "Nur so."
So schnell wie nur möglich zog ich meine Klamotten aus und stellte mich unter das Wasser meine. Sofort fühlte ich mich wie neu. Es gibt nichts Schöneres als eine Dusche. Ich shampoonierte mir mein Haar und wusch meinen Körper. Vor meinem inneren Auge schrieb ich mir eine Notiz von all den Dingen, die ich in den letzten vierundzwanzig Stunden gesagt und getan hatte. Eine Plus und eine Minus List. Die Minus Seite war eindeutig länger.
Ich liebe dich nicht. Warum habe ich das gesagt? Ich mag Niall, mag ihn schon lange und ich würde das Wort Liebe auch in näherer Zukunft nie in den Mund nehmen, aber es tat mir leid. Und Dylan. Ich musste über mich selbst mit den Augen rollen. Ich hätte nie etwas mit ihm anfangen sollen. War es der Drang nach Zuneigung oder sein gutes Aussehen das mich dazu verleitet hat? Keine Frage, er war ein sehr netter Mann, aber habe ich bei unseren ersten Kuss dasselbe Gefühl wie bei Niall?
Ich will keine Dramaqueen sein, die zwei Typen an der Angel hat und sich für keinen der Beiden entscheiden kann. So bin ich nicht und das möchte ich auch nicht. Außerdem darf ich nicht außer Acht lassen, wer Niall ist. Er steht in der Öffentlichkeit die Presse würde sich das Maul darüber zerreißen und seine Fans würden mich noch mehr hassen.
Mit meiner Hand strich ich über den belaufenen Spiegel. Mein Blick viel auf den dunklen Fleck an meinen Hals. Die Erinnerung an Nialls Lippen an meinen Hals bescherte mir ein Kribbeln im Bauch. Er hat mich halbnackt gesehen, ohne Shirt. Wir sind praktisch übereinander hergefallen, genau wie willige Hunde.
Ich putzte mir meine Zähne und bürstete mein Haar. Mit einem blauen Handtuch um meinen Körper gewickelt verließ ich mein Badezimmer und suchte mir bequeme Kleidung aus meinen Kleiderschrank. Ich schlüpfte in die Jogginghose, zog mir einen Sport BH an und schlüpfte in ein schlichtes rotes Shirt. Gähnend ließ ich mich rückwärts auf mein Bett fallen. Ich liebe mein Bett, es gibt nichts Besseres als nach eine Nacht am Boden in seinem Bett zu liegen. Ich fühlte mich wie auf Wolken. Und ohne dass es mir bewusst war schlief ich ein.
Kapitel 25
Laut gähnend streckte ich mich. Mit geschlossenen Augen griff ich an das Kästchen neben meinen Bett, bis ich den rechteckigen Gegenstand ertastete, nach dem ich gesucht hatte. Ich musste einige Male blinzeln bis ich schließlich in der Lage war, die Zahlen auf meinen Bildschirm lesen zu können. Es war kurz nach drei Uhr nachmittags. Dieses Nickerchen war länger als es sich angefühlt hat.
4 verpasste Anrufe, 1 Neue Nachricht
Ich schluckte. Dylan hatte versucht mich zu erreichen. Hätte ich mein Handy nicht vorhin auf Stumm geschaltet, hätte ich es gehört. Schneller als mir lieb war setzte ich mich auf und rutschte an das Kopfende meines Bettes, um mich an die Wand anzulehnen und meinen Knie anzuwinkeln.
Hey tut mir leid, wenn ich dich störe. Wollte nur deine Stimme hören. Hoffe du verbringst eine gute Zeit mir deiner Familie. Vermisse dich.
Erneut schluckte ich. Warum ist er nur so nett? Kann er mir nicht einen schlimmen Grund geben, um ihn zu sagen, dass ich das mit und zurzeit nicht mehr vorsetzten will? Warum sind Typen immer nett zu einem, wenn sie es nicht sein sollen? Und warum sind sie Arschlöcher, wenn sie nett sein sollen? Weswegen ist das nur so? Ist das der Lauf des Lebens?
Nervös biss ich auf meiner Lippe herum, rangelte mit meinen Gewissen herum. Ich kann ihn doch nicht einfach anrufen und ihm sagen, dass aus uns nie ein richtiges uns werden wird, da ich mich jetzt doch für Niall entschieden habe, obwohl ich ihm gesagt habe, dass er nichts von Niall zu befürchten hätte. So schnell ändern sich Dinge. Einmal zusammen im Pool, einen Einkaufsbummel und eine Nacht im Wald und alles steht Kopf. Ich hatte eher die Vermutung, dass Mullingar, die Stadt, daran schuld war. Die Stadt ließ mich in Erinnerungen schwelgen. Vor einen knappen Jahr hatte die Geschichte hier begonnen, kaum zu glauben. Ich weiß noch, als ich die Treppen herunterkam und er mit den Rücken zu mir stand, mit unseren Eltern sprach. Wie nett er sich Verhalten hatte und mich mit ins Pub nahm - eine Fremde, die er noch keinen Tag kannte, seinen Freunden vorstellte. Ich habe noch immer seinen nach Bier riechenden Atem in der Nase, als er mich zu einem Tanz auffordern wollte ... Damals hätte ich es mir nie erträumen lassen zu was das alles noch führen würde.
Ich entschied mich dafür Dylan anzurufen und schon nach dem zweiten Tüten hob er ab. "Hey Amara." hörte ich seine Stimme. Er keuchte laut.
"Hab ich dich wobei gestört?" fragte ich, machte den Lautsprecher an und warf das Handy vor mich auf mein Bett.
Er lachte. "Nein, überhaupt nicht. Drehe gerade nur meine übliche Runde. Wie geht es dir?"
"Gut." log ich, da ich mir überhaupt nicht sicher war, wie ich mich im Moment fühlte. Es war, als stünde ich direkt neben einer Klippe bereit in die Schlucht zu stürzend, weil ich Dylan eine Abfuhr erteilen muss und meine Mutter und Bobby erfahren werden was ich und Niall heute vorhaben.
"Es ist langweilig ohne dich in London. Zum Glück kommst du schon übermorgen wieder zurück zu mir. Und wenn du zurück bist, mach bitte deinen Mitbewohner klar, dass die Wände unserer Wohnungen sehr dünn sind. Ich konnte die ganze letzte Nacht kein Auge zubekommen!", sagte er und ich konnte mir vorstellen wie er zu grinsen begann und mir seine süßen Grübchen zeigen würde, wenn ich bei ihm wäre. "Was haben Sophie und Tobi angestellt? Ich habe wirklich keine Ahnung." Welchen Unsinn stellen die Beiden an, wenn ich nicht zu Hause bin?
Dylan räusperte sich. "Um ehrlich zu sein, glaube ich eher, dass es sich um Tobi und seinen Besuch gehandelt hat, was es irgendwie komisch macht ..."
Ich grinste und begann zu lachen. "Warum sagt du es ihm nicht selbst? Tobi ist cool, keine Sorgen."
"Ja, klar. Ich werde einfach anklopfen uns sagen: Yo, poppt bitte leiser. Ich finde es komisch das Gestöhne zweier Kerle zu hören, wenn ich versuche zu schlafen. Amara, bitte tu mir das nicht an. Ich würde im Erdboden versinken."
"Na gut. Ich werde mein bestes Versuche." sagte ich, um seiner Bitte nachzukommen. Ich stellte mir Bildlich vor, wie Dylan an unsere Tür klopfen würde, um sich bei Tobi zu beschweren weil er und sein 'Date' zu laut sind.
"Hör auf zu lachen!" beschwerte sich Dylan plötzlich. Ich hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass ich zu lachen begonnen hatte. Ich und meine Fantasie ...
Kurz darauf fiel mir der Grund ein. Der Grund, warum ich überhaupt zurückgerufen hatte. Ich strich mir durch mein Haar und sah auf dem Display meines Handys herab. Es zeigte ein Foto von ihm. Sein perfektes Lächeln und die schönen wild abstehenden dunklen Haar. "Dylan?"
"Hm?", er seufzte und ich hörte wie er einen Schluck von etwas machte. Vermutlich von einer seiner Mineralwasserflasche, die er immer mitnahm, wenn er Laufen ging. "Du bist so ruhig. Ist was passiert?"
"Ich muss dir etwas sagen." begann ich nervös zu sagen. Mein Herz schlug wie verrückt und ich war mir nicht sicher, ob ich das Richtige tat. Am Telefon Schluss zu machen ist doch genauso mies wie per SMS, oder nicht? Oder zählte es hier nicht als Schluss machen da wir keine 'normale' Beziehung führten - wenn man das überhaupt als Beziehung bezeichnen konnte, da es nur ein paar Tage lief. Er würde es doch sicher auch noch nicht als Beziehung interpretieren. Wir waren schließlich nur auf einen Date und haben geknutscht, mehr ist nicht passiert. Wie damals mit Matt. Genau!
Ich atmete tief aus und sagte schüchtern: "Kannst du dich noch an diesen einen Tag erinnern, an dem du zu mir ins Café gekommen bist?"
"Du meinst den Tag, an dem ich dich gebeten habe meine Freundin zu sein?" hakte er nach obwohl ich wusste, dass er wusste, wovon ich sprach. Ich nickte, bis mit einfiel dass er mich nicht sehen konnte. "Ähm, ja. Der Tag." Es war still am anderen Ende der Leitung. Dylan schien abzuwarten, was ich ihm zu sagen hatte. "Also ..." fuhr ich fort und raufte mir mein Haar. "Ich hatte in den letzten Tagen Zeit darüber nachzudenken, was ich da getan hatte. Eine offene Beziehung vorzuschlagen, war ein großer Fehler. Ich wäre nie für so etwas gemacht, für das bin ich sicher viel zu Eifersüchtig." gestand ich ihm. Er lachte leise: "So etwas habe ich mir schon gedacht. Du hast mich damit wirklich sehr überrascht."
"Ja, wohl war." Ich legte mich auf den Bauch uns stützte meinen Kopf mit meinen Händen ab, während ich Dylans Foto ansah. Wie soll ich es bloß sagen? Ich sollte es einfach geradeaus sagen und mir nicht so viele Gedanken machen. Es wäre für uns Beide das Beste. "Ich denken wir sollten nur Freunde sein. Und es tut mir leid, dass ich das am Telefon mit dir kläre, aber ich und Niall ..." Er unterbrach mich: "Niall!?"
"Dylan hör zu ich ..."
"Ich weiß wirklich nicht was ich sagen soll Amara und ich will das auch nicht am Telefon klären. Wenn du zurück bist reden wir darüber. Mach's gut."
Mit geöffnetem Mund starrte ich auf den Display, an dem ich sah, dass Dylan den Anruf beendet hatte. Ich war mir nicht sicher, ob er sauer war oder nicht. Mach's gut. Er wird verletzt sein und das tat mir auch leid, aber ganz ehrlich? Es waren nur ein paar Tage, ein Fehler. Wie hätte ich das auch ahnen sollen, dass es hier so ablaufen würde? Vor zwei Monaten hatte ich gehofft Niall nie wieder sehen zu müssen - obwohl er mir irgendwie gefehlt hatte und mit diesen Gefühl hätte ich leben können.
Bitte sei mir nicht sauer.
Ich tippte die Worte und drückte auf senden. Dass er mir vermutlich nicht antworten würde, war mir klar. Anschließend steckte ich mein Smartphone an das Ladekabel und legte es an dem Kästchen eben mir ab, sprang vom Bett auf und ging auf den Flur hinaus. Es war merkwürdig still. Während ich die Treppen hinunter ging band ich mir meine trockenen Haare zusammen.
"Ich möchte, dass ihr versteht, dass ich sie wirklich gern habe."
Abrupt blieb ich auf der vorletzten Stufe stehen. Es war Niall der in ruhigem Ton sprach. Mit wem redet er da? Er tat gerade nicht wirklich das, woran ich gerade dachte oder?
"Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ihr beide zusammen?" Mein Herz machte einen Satz als ich die Stimme meiner Mutter hörte. "Niall du führst ein solch außergewöhnliches Leben, mit dem du Amara in Verbindung bringen würdest. Ich möchte nicht, dass mein Kind in das Blitzlichtgewitter gedrängt wird, verfolgt von Paparazzo und Fans, die verrückt nach dir sind. Ich will nur das Beste für sie." fuhr sie seufzend fort. Mich wunderte es, dass sie so ruhig geblieben ist. Und warum zur Hölle führt Niall dieses Gespräch ohne mich?
"Kate, du kennst mich. Ich würde sie nie verletzten. Amara ist mir wichtig. Außerdem versuche ich mein Privatleben nie großartig ins Rampenlicht zu rücken", versuchte Niall sie von seinen guten Absichten zu überreden.
"Du würdest sie nie verletzten?" wiederholte ihm meine Mutter spöttisch. "Wir wissen wohl Beide dass du das bereits getan hast." - "Kate, Niall hat sich dafür schon entschuldigt. Ich glaube meinen Sohn. Meinen Segen habt ihr." hörte ich Bobby plötzlich sagen. Er ist ein großartiger Vater. Mum seufzte laut: "Wenn es Amara auch will, möchte ich euch nicht im Weg stehen. Aber sie ist mein ein und alles. Bitte versprich mir dass du sie so behandelst, wie sie es verdient."
"Ich verspreche es Kate." Ich konnte mir ein Lächeln nicht unterdrücken, als ich Nialls Worte hörte. Ich hatte mir dieses Gespräch viel schlimmer vorgestellt. Niall räusperte sich: "Und wenn wir schon darüber sprechen, sie so zu behandeln wie sie es verdient, dann möchte ich loswerden, dass du Amara etwas über ihren Vater erzählen musst." Stocksteif riss ich die Augen auf und hielt die Luft an. "Amara ist am Boden zerstört darüber, dass ihr noch ein Kind bekommt."
"Was?" fragte meine Mum unglaubwürdig nach. "Sie freut sich nicht für uns? Ich dachte sie würde sich freuen." - "Sie ist am Boden zerstört?" wiederholte auch Bobby seinen Worte.
Ich konnte mir vorstellen das Niall wohl gerade nickte. "Ja und das dürft ihr Amara auch nicht übel nehmen. Ich denke es hat nichts mit dem Baby zu tun, aber eben mit dem Fakt, dass sie nicht weiß wer ihr Vater ist. Kate, warum verschweigst du es ihr? Was ist mit ihren Vater? Ist er ein Verbrecher oder warum soll sie nichts von ihm erfahren?" Niall klang ernst und seine Stimme hob sich etwas. Er versuchte ihr Druck zu machen.
"Ne- Nein. Das ist er nicht." erwiderte meine Mutter stotternd. "Ich wusste nicht, dass ihr das so nahe ging. Sie hat mich schon ewig nichts mehr über ihn gefragt, ich habe gedacht das Thema sei gegessen ..." Jetzt meldete sich auch Bobby zu Wort: "Schatz du hast auch mir noch nie etwas über ihren Vater erzählt. Sie ist erwachsen, sie verdient zu wissen wer ihr Vater ist."
"Ich möchte einfach nicht dass sie Kontakt mit ihm hat!" stellte meine Mutter klar. Warum sagt sie so etwas? Es ist ja wohl mein Recht! "Er hat mir schon ein Kind weggenommen und ich möchte nicht, dass er mir jetzt auch noch meine Amara wegnimmt!" Sie wurde laut und ich konnte deutlich hören dass sie zu weinen begann. Sie schluchzte.
Unglaubwürdig rutschte ich mit den Rücken die Wand herunter und setzte mich auf die Stufe. Wovon sprach sie? Welches andere Kind hat er ihr weggenommen? Sie hatte doch nur mich, oder nicht?
Kapitel 26
"Rede mit ihr Kate." - "Bobby ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll."
"Hey." sagte der Ehemann meiner Mutter beruhigend. "Egal was damals passiert ist, erkläre es ihr. Es wird Zeit und wir wollen doch beide dass dieses Thema uns nicht im Weg steht glücklich mit unseren Kindern zu sein." Sie schluchzte. "Okay. Du hast Recht."
Ich hörte das Rücken von Möbel und das Quietschen der Couch. Irgendetwas in mir löste Panik aus. Ich drückte mich von der Stufe hoch und versuchte so leise wie möglich wieder hoch in mein Zimmer zu gelangen. Oben drückte ich die Tür leise zu und ließ mich auf mein Bett fallen. Ob sie jetzt hoch kommt? Ich rutschte nach oben uns setzte mich im Schneidersitz hin. Minuten vergingen die mir wie Stunden vorkamen, bis es plötzlich an der Tür klopfte. "Herein." rief ich und tat so als sei ich mit meinem Handy beschäftigt, als hätte ich auf den Treppen gesessen und gelauscht.
"Amara, du bist ja endlich wach." sagte meine Mutter als sie eintrat und die Tür hinter sich schloss. Ihre Augen waren rot und geschwollen, man konnte deutlich sehen, dass sie geweint hatte. Mir fiel auch ein weißer Umschlag in ihrer Hand auf, den sie versuchte hinter ihren Rücken zu verstecken. Ich nickte: "Ja, der Boden hat meinen Rücken nicht sonderlich gutgetan." Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Als ihr Blick an meinen Hals glitt, schwang ich meinen Kopf, um mit meinen Haaren den Fleck zu verdecken. "Darf ich mich setzten?" fragte sie und zeigte dabei auf das Ende meines Bettes. Ich nickte und sah auf meine Hände hinab, ließ das Handy auf meine Decke fallen.
"Wir hatten gerade ein Gespräch mit Niall im Wohnzimmer." begann sie. Sie sprach ruhig und langsam, als müsse sie sich erst vergewissern, ob ich etwas dagegen hätte über das Thema zu sprechen. "Um was ging es?" hackte ich nach und sah hoch.
"Um dich.", sie schüttelte den Kopf. "Euch.", sie machte eine Pause und atmete ein und aus. "Bobby hat die Wahrheit von ihm erfahren. Alles was vorgefallen ist und irgendwann kam er an den Punkt, an dem er uns gesagt hat, dass er dich noch immer mag und dich heute auf ein Date eingeladen hat. Ich bin zwar skeptisch ob das wirklich richtig ist, aber wenn ihr beide das wollte, will ich euch nicht im Weg stehen." Ich bedankte mich kleinlaut bei ihr und malte kleine Kreise auf die Bettdecke. "Ich liebe dich. Du bist meine Tochter und ich würde alles für dich tun. Ich hoffe du weißt das." setzte sie nach. Ich nickte und sah ich zu wie sie sich den Bauch strich. "Hier." sagte sie und überreichte mir den Umschlag, den sie zuvor auf den Boden gelegt hatte. Verwirrt nahm ich ihr ihn ab. "Was ist das?"
Sie presste die Lippen zusammen und strich sich eine Strähne hinter ihr rechtes Ohr. "Alles was ich über deinen Vater habe. Ich werde jetzt das Zimmer verlassen, damit du dir in Ruhe alles ansehen kannst." Sie beugte sich nach vor und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Die Matratze hob sich und die Tür viel ins Schloss. Ich brauchte ein bisschen bis ich verstand was ich da in meinen Händen hielt. Den Schlüssel zu den Informationen, die ich unbedingt herausfinden wollte. Wie gelang es Niall mit so einfachen Worten meine Mutter zur Vernunft zu bringen? Ich hatte schon lange Reden gehalten, um zu überzeugen, aber sie gab nie nach.
Meine Hände zitterten als ich den Umschlag öffnete und den Inhalt des A4 Umschlages auf mein Bett fallen ließ. Ich fand ein Foto von einem Mann, der seinen Arm um die Schulter einer Frau gelegt hatte - meine Mutter. Sie hatte einen großen Bauch und war somit schwanger als dieses Bild geschossen wurde. Es war keine gute Qualität, aber es reicht für diesen Moment vollkommen aus. Tränen stiegen mir in die Augen die ich versuchte weg zublinzeln. Er hatte kurzes braunes Haar und trug einen Dreitagebart. Er wirkte älter als meine Mutter. Ich drehte das Foto, um mir das Datum anzusehen, aber stattdessen stand darauf: Connor und Kate.
Ich legte es ab und kramte weiter, dabei fand ich einen Zettel, dessen Farbe gelblich war. Eine Geburtsurkunde wie sich herausstelle. Man konnte fast nichts mehr darauf lesen, denn durch die Zeit, die vergangen war, war die Farbe der Schrift verblast. Auch diesen Zettel legte ich ab und dann fiel mein Blick auf ein anderes Foto, das verkehrt da lag. Ich schluckte, denn der Tag, an dem das Bild geschossen wurde, war mein Geburtstag: der dreizehnte Juli achtundneunzig und darunter stand: Amara und Valerie.
Meine Mutter lag im Bett eines Krankenhauses und hielt zwei Babys in ihren Armen. Ich war nicht dumm und konnte mir eins und eins zusammen rechnen, aber ich musste sie trotzdem fragen, ob ich das richtig verstand. Es schockte mich nicht so sehr wie ich es eigentlich gedacht hatte. Unter mir tat sich kein Untergrund auf in dem ich am liebsten gefallen wäre, dennoch war seltsam. Auch dieses Bild legte ich zu Seite. Stirnrunzelnd betrachtete ich das Logo der Bank, bei der wir früher waren. Es war ein Sparbuch und auf der ersten Seite stand mein Name in großen schwarzen Buchstaben. Haufenweise Buchungen waren eingetragen worden von höheren Geldsummen - Seitenweise. Ich war beinahe an meiner eigenen Spucke erstickt als ich auf der letzten Seite den Endbetrag sah: 253940 Euro. Das war so verdammt viel Geld, woher kam das? Gehörte das alles mir? Da musste es sich doch um einen Fehler handeln! Mum und ich hatten nie so viel Geld und wenn, dann hätten wir es benutzt - immerhin hätten wir es bitter nötig gehabt.
Überfordert sprang ich von meinen Bett auf, nahm mir das Foto von Mum im Krankenhaus ebenfalls mit, und sprintete die Treppen hinunter. "MUM!" rief ich lauthals. "Du musst mir das erklären!", ich schmiss ihr das Sparbuch und das Bild auf den Wohnzimmertisch. Die Blicke von Niall und Bobby ignorierte ich. Auch ihre Blicke klebten an den Foto. "Bin ich ein Zwilling?" sprach ich die Wörter aus, die sich nicht falscher in meinen Mund hätten anfühlen können.
Sie zögerte nickte aber: "Ja und Connor hat deine ... Schwester. Ihr Name ist Valerie. Ich wollte es dir schon lange sagen, aber ich wusste nicht wie. Außerdem hatte ich Angst dich auch an ihn zu verlieren, sobald du herausfindest wie wohlhabend er ist."
Ich sah sie blank an: "Mir ist egal ob er wohlhabend ist oder nicht! Es kümmert mich nicht, aber ich kann es nicht fassen, dass du immer behauptet hast, dass er uns keinen Cent zukommen lässt, obwohl er es doch getan hat!" schrie ich sie an. "Schau dir da an! Das ist nicht nichts!" ich hob das Sprachbuch vom Tisch auf, schlug die letzte Seite auf und hielt es ihr vor das Gesicht. "Wir hätten das Geld gut gebrauchen können!" Mum wendet den Blick ab und seufzte. "Aber dieses Geld war nie für mich bestimmt. Es ist dein Geld und ich wollte es für dich aufbewahren damit deinen Zukunftsplänen nichts im Weg steht. Ich wollte es dir zu deinen Achtzehnten Geburtstag sagen, wirklich. Ich wollte alle Karten auf den Tisch legen, ich konnte es einfach nicht übers Herz bringen." Ihre Stimme wurde heiser und brüchig. Sie begann erneut zu weinen, was auch mich zum Weinen brachte. Bobby zog meine Mum an sich und rieb ihr sanft über den Rücken, während ich da stand und mir meine Tränen von den Wangen wischte. Niall schenkte mir ein mitfühlendes lächeln, aber ich war nicht in der Stimmung dafür.
"Kannst du mir jetzt endlich sagen, was passiert ist?" wendete ich an meine Mutter. Sie schniefte und nickte langsam, wischte die Tränen weg, die ihr Make-Up verschmierten: "Connor war ein Kunde meines Vaters. Dad hat unzählige Gebäude für ihn in London bauen lassen und da habe ich ihn kennengelernt. Meine Eltern hatten keine Ahnung davon. Es war eine Affäre und ich wusste ja nicht, dass er verlobt damals verlobt war." Sie schüttelte den Kopf und nahm sich ein Taschentuch, das ihr Bobby reichte. Mum tupfte sich die Tränen weg. "Ich wurde schwanger von Zwillingen und es dauerte nicht lange bis ich das mit seiner Verlobten raus bekam. Er wollte euch beide haben, weil er meinte es wäre besser wenn beide Kinder bei ihm und seiner Frau aufwachsen würde, weil er euch alles bieten könnte ... und ich eben nicht. Ich hatte keine Ausbildung, zu dem Zeitpunkt keinen Job und wohnte auf der Couch einer Freundin. Ein Gericht hätte mir nie das Sorgerecht überlassen und das wusste er. Zu seinem Bedauern hatte ich einiges über seine Firma erfahren, einige Details, die niemand hätte erfahren dürfen und mit diesem Wissen habe ich ihm schlussendlich bestochen. Ich wollte meine Kinder nicht hergeben! Aber ich wusste, dass ich zwei Kinder niemals hätte ernähren können, daher kamen wir zu einer Übereinstimmung. Er behielt Valerie und ich dich. Glaub mir es war keine leichte Entscheidung ..." Mum schnaufte verächtlich. "Er glaubte wohl, dass ich sein Geld annehmen würde, aber diese Almosen hatte ich nicht nötig. Ich habe es auch so geschafft dich groß zu ziehen und genau das werde ich auch dieses Mal schaffen." Ihr Blick glitt an ihren Bauch hinunter und Bobby legte seine Hand auf ihn, schenkte ihr ein warmes mitfühlendes Lächeln.
In mir drehte sich alles. Es war so viel Information, die ich erst einsickern lassen musste. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Soll ich ihr verzeihen? Soll ich überhaupt böse sein? Ich wusste es einfach nicht. Wie soll ich reagieren und was soll ich tun? Kann mir das niemand beantworten?
"Ich glaube Amara sollte sich das alles erst durch den Kopf gehen lassen." merkte Niall plötzlich an. Ich sah wie er aufstand und nach meiner Hand griff. Es war komisch vor unseren Eltern Händchen zu halten, denn das hatten wir noch nie gemacht. "Danke für deine Ehrlichkeit Mum. Ich danke dir für alles was du für mich getan hast. Aber ich möchte ihn gerne kennenlernen und ich hoffe du wirst mir dabei helfen. Außerdem willst du doch bestimmt auch Valerie von ihren neuen Geschwisterchen erzählen, oder nicht?" Ich versuchte ein Lächeln aufzusetzen. "Ja, das würde ich gerne." erwiderte sie still. "Ich glaube, dass auf irgendeinen Zettel seine Telefonnummer noch steht. Ruf ihn an. Er wird sich sicher freuen."
"Herzlichen Glückwunsch noch euch beiden. Ich glaube nicht, dass ich euch noch nicht gratuliert habe." sagte ich zaghaft und spürte wie Niall seine andere Hand auf meinen Rücken legte.
Still gingen wir nach oben in mein Zimmer. Niall sagte nichts, legte seine Arme um mich und umarmte mich fest. Ich vergrub meinen Kopf in seiner Brust. Mir war nach weinen zu mute, aber es war als hätte ich keine Flüssigkeit mehr in mir. An diesem Wochenende hatte ich so viel geweint wie schon lange nicht mehr. "Ich bin eine Heulsuse.", murmelte ich gegen seine Brust. Auch Niall war duschen und hatte sich umgezogen, denn sein Shirt roch nach Pfirsich. "Bist du nicht. Es ist verständlich, ich würde genauso reagieren wie du."
"Willst du, dass wir unser Date verschieben? ... Ich könnte es verstehen wenn du nicht mehr in der Stimmung dazu bist. Wir können auch in London etwas zusammen machen." fragte er nach einiger Zeit. Ich löste den Griff um ihn und legte meine Arme auf seine Schulter, um ihn anzusehen. "Nein, ich will mit dir ausgehen. Ich möchte nicht, dass das Telefonat mit Dylan vorhin wegen nichts gewesen ist." Er zog eine Augenbraue hoch. "Du hast mit Dylan telefoniert?"
Ich nickte. "Ja, ich habe ihn gesagt, dass wir nur Freunde sein sollten." erzählte ich. Er grinste mir etwas zu schief als er fragte: "Was hat er gesagt?"
"Naja ..." ich seufzte und verlagerte mein Gewicht auf mein linkes Bein. "Es war komisch und er hat aufgelegt. Er will mit mir sprechen, wenn ich wieder in London bin."
Niall beugte sich herab zu mir: "Da hat er aber Pech, wenn er jetzt noch glaubt, dass ich dich von der Angel lasse." Er grinste selbstsicher und drückte mir einen sanften Kuss auf die Wange.
Kapitel 27
In meinem Zimmer sah es aus wie auf einen Schlachtfeld. Mein Bett war irgendwo unter den Berg von Klamotten, die ich über meine Schulte hinweg nach hinten schleuderte. Wenn ich gewusst hätte, dass ich auf ein Date gehen würde für das ich misch Schick anziehen soll, hätte ich auch etwas Passables eingepackt. Ich hatte noch knappe zwei Stunden bis Niall mich von meiner Zimmertür abholen wird. Wenn ich bei Sophie und Tobi wäre, könnte ich die Beiden um Rat bitten. Sophie hätte sicher etwas Passendes in ihren Kleiderschrank, das sie mir borgen könnte. Ich war am überlegen, ob ich sie anrufen sollte, aber entschied mich dagegen. Der Anruf würde nur in einer Telefonkonferenz enden, in dem ich ihr alles erklären müsste und für das hatte ich gerade eigentlich keine Zeit. Ich fühlte mich noch immer als wäre mein Leben innerhalb einer Stunde auf den Kopf gefallen. Ich meine, ich habe eine Zwillingsschwester! Ich hatte immer angenommen, dass ich ein Einzelkind bin und diese Zwillingsgefühle fühle ich auch nicht. Ich dachte mir immer, dass Zwillinge gefühlsmäßig miteinander verbunden sind - zumindest kam es in Filmen immer so rüber. Als könnten sie die Gedanken der anderen Lesen, aber mehr als Leere und Verwirrung fühlte ich in diesen Moment nicht. Das Date mit Niall kam mir wie gelegen, es war die perfekte Ablenkung. Genau wie es meine Mutter gesagt hatte, fand ich tatsächlich eine Telefonnummer auf einen Stück Papier. Ich speicherte sie ein, rief aber nicht an. Vermutlich war diese Nummer überhaupt nicht mehr aktuell und ich würde jemanden Fremden erreichen. Ich werde anrufen, aber nicht heute, denn für heute hatte ich schon genug von diesen Drama.
Niall war so nett mir zu sagen, dass er einen grauen Anzug anziehen wird, damit ich mich nach ihm richten konnte, wenn ich es wollte. Ich drehte mich um, stieg über einen Berg von Klamotten und ging den Flur hinaus und wie gerufen lief mir meine Mutter über den Weg. "Um Mum?" Sie blieb stehen, lächelte mich an. "Ja?"
"Ich ähm ... ich habe mich gefragt ob ... vielleicht du etwas hättest, das ich zu dem Date heute anziehen könnte." fragte ich sie zögernd. Ich war mir nicht sicher, wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte.
Mum nickte und zeigte auf die Tür ihres Schlafzimmers. "Ja, wir werden sicher etwas finden. Komm mit." Ich folgte ihrer Aufforderung und betrat hinter ihr das Schlafzimmer von ihr und Bobby. Bis jetzt war ich glaub ich noch nie in ihrem Zimmer. Ich hatte mal einen Blick hereingeworfen, aber betreten hatte ich es glaub ich noch nie. Was sollte ich hier drinnen auch tun?
Ein flauschiger hellblauer Teppichboden befand sich im Raum, ein großes Fenster mit Tür zum Balkon und ein Himmelbett. "Also..." hörte ich sie murmeln, als sie die Schranktür aufzog. „Was brauchst du Amara? Ich weiß ja, dass du nicht der größte Fan von Kleidern bist."
Ich schluckte und räusperte mich: "Ja, genau. Ähm na ja, Niall meinte ich soll mich schick machen. Er wird einen grauen Anzug tragen. Ich schätz ein Kleid wäre für diesen Anlass okay." Sie wendete sich den Kleidern in ihren Schrank zu: "Mit dieser Information können wir schon mal was anfangen." Es war seltsam. Meine Mum und ich waren immer ein Team. Ja klar, ab und zu hatte sie auch ihre Momente, aber wir waren ein Herz und eine Seele. Sie war immer wie eine Freundin für mich und seitdem wir hierhergezogen sind, hat sich alles verändert.
"Mum?"
Sie nahm ein Kleid aus ihrem Schrank und drehte sich zu mir. "Ja, Schatz?"
"Ich will nicht, dass es so eigenartig zwischen uns ist. Wir waren doch immer so nahe, aber jetzt ist alles anders." sagte ich und ließ die Schultern fallen. Sie verzog die Lippen, kam auf mich zu und legte mir eine Hand auf die Schulter. "Amara, das will ich doch auch nicht. Das alles tut mir wirklich sehr leid. Es war einfach sehr schwer für mich über dieses Thema mit dir zu sprechen, da ich vergessen wollte, dass ich ein Kind verloren habe. Es gibt nichts Schlimmeres für eine Mutter."
"Warum hast du nicht versucht Kontakt mit ihm zu halten und mit Valerie?" fragte ich. Sie schüttelt den Kopf: "Das ist nicht so einfach gewesen. Er wollte dich mir auch wegnehmen. Außerdem wollte ich nicht dass meine Eltern irgendetwas davon erfahren. Das hätte meiner Mutter gerade noch so in den Kram gepasst, wenn ich ihr erzählt hätte, dass meine Kinder von einem Kunden von Dad sind, der auch noch verlobt ist. Du kennst sie doch, sie ist schrecklich. Ich musste dich auch noch von ihr retten."
Ich musste seufzend: "Da hast du recht." Ihr Lächeln wurde größer, sie nahm ihre Hand von meiner Schulter und hielt mir ein blaues Kleid vor den Körper. Sie verzog das Gesicht, drehte sich um und hängte das Kleid zurück. "Wenn wir schon von meiner Mutter sprechen, hast du auch eine Einladung erhalten?"
"Ja, ich habe ihr zugesagt. Immerhin ist es doch irgendwie Pflicht für mich. Sie hat mir extra noch auf die Einladung rauf schreiben lassen, dass sie es kaum erwarten kann, wenn ich ihr von der Uni erzähle." erzählte ich meiner Mum, die mit den Rücken zu mir stand. Ich wippte ungeduldig mit den Beinen vor uns zurück.
"Wie konntest du zusagen! Du willst dich wirklich in die Höhle des Löwen begeben? Soll ich schon mal für deine Beerdigung anzahlen?" sagte sie sarkastisch, drehte sich zu mir und zwinkerte. "Sie zahlt für mein Studium, wie soll ich ihr das abschlagen?" hackte ich nach. Mum zuckte mit den Schulter: "Sag ihr einfach ab. Ich werde an diesem Wochenende eine Lebensmittelvergiftung vortäuschen." Ich musste lachen und zog meine Augenbrauen hoch: "Du bist unglaublich. Ich soll ihr einfach absagen? Als ob das jemals funktioniert hätte. Sie würde mich persönlich abholen lassen." Während sie immer wieder ein Kleid herausnahm und es an meinen Körper hielt, verschränkte ich die Arme vor der Brust. War ich so hässlich, dass mir kein Kleid passte? Ich wusste doch warum ich Kleider ebenfalls nicht leiden konnte, aber war tut man nicht alles für diesen einen Mann.
"OH MEIN GOTT! DAS! DAS IST ES!" ihre Stimme wurde unnormal hoch, als sie ein graues Kleid aus ihrem Schrank fischte. Ich betrachtete es skeptisch. "Soll ich wirklich auch etwas Graues tragen? Würde das nicht seltsam rüber kommen? Also ob ich mich wirklich mit ihm abstimmen wollte." Meine Mutter verzog den Mund: "Warum glaubt du sonst hat er dir gesagt was er trägt. Wenn du willst, kann ich auch zu ihm gehen und ihn fragen was du anziehen sollst."
"Was! Nein. Bitte nicht, das wäre peinlich! Er würde denken, dass ich mir nicht mal selbst die Klamotten aussuchen kann", ich warf die Hände in die Höhe. Sie begann zu kichern und erst jetzt fiel mir ein, dass es schon eine Weile her war das ich sie lachen hörte. Ich nahm ihr das Kleid dankend ab. Es war ein dünner Spitzenstoff mit langen Ärmeln, schulterfreier Ausschnitt und Knielang. Das Kleid war sehr Taillen betont, schlicht aber dafür wunderschön. Perfekt! "Es ist wunderschön Mum. Danke."
Sie nickte zufrieden und klatschte in die Hände. "Nach husch, zieh es an. Wir müssen noch deine Haare und dein Gesicht in Schale bringen, bevor Niall an deiner Tür steht."
Es fühlte sich komisch an die kalte Luft zwischen meinen Beinen zu spüren. Ich war es einfach nicht gewohnt ein Kleid zu tragen, obwohl ich es sehr gut nachvollziehen konnte, warum Frauen es liebten Kleider anzuziehen. Meine Mum trug mir Make-up auf, drehte mir meine Haare ein und überdeckte kommentarlos, obwohl ich ihr ansehen konnte, dass ihr etwas auf der Zunge lag, meinen Knutschfleck ab. Sie half mir auch das Chaos in meinen Zimmer zu beseitigen und versteckte sich hinter der Tür als Niall daran klopfe. Ich war so verdammt aufgeregt. Meine Knie zitterten und ich musste ein uns aus atmen, um mich zu beruhigen. "Du schaffst das schon!" sprach mir meine Mutter Mut zu.
Ich öffnete die Tür und strahlte in ein paar wunderschöne blaue Augen. O Gott! Er sah so verdammt gut aus. Er trug, wie er es gesagt hatte, einen grauen Anzug, ein weißes Hemd, das bis nach oben zugeknöpft war und eine dunkelblaue Krawatte mit gelben Pünktchen. Ich sah ihm, an das er etwas sagen wollte als ich aus meine Zimmer kam, sein Mund öffnete sich, aber es kamen keine Worte raus. Stattdessen begann er wild zu lächeln, leckte sich über die Lippen uns sah auf seine Schuhe hinab. "Du ... du siehst", stotterte er und hob seinen Blick "Wow."
Ich musste mir in die Wange beißen. Er bekam rote Bäckchen. "Meine Mum hat mir geholfen." erklärte ich und lächelte. "Du siehst sehr gut aus Niall." bemerkte ich und als würde er es zum ersten Mal hören wurde er noch roter als ohnehin schon. "Ach." er winkte verlegen ab. Ich machte einen Schritt auf ihn zu und nahm seine Hand. "Doch Niall. Glaub mir."
Wie zwei verrückte standen wir da und lächelten uns an. "Wollen wir?" fragte Niall mich schließlich und ich nickte. Wir gingen Hand in Hand die Treppen hinunter und gingen zu Nialls Wagen, den er schon aus der Garage gefahren hatte. Ganz Gentlemanlike öffnete er mir die Tür des Beifahrersitzes.
"Was machen wir eigentlich?" fragte ich, nachdem Niall auf seinen Sitz saß und den Motor startete. Ich hoffe doch, dass wir etwas Essen fahren, denn ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen.
"Zuerst gehen wir etwas Essen. Ich hoffe du hast Hunger." Ich nickte und wie aufs Wort begann mein Magen zu grummeln. Zum Glück war es nicht so laut und Niall konnte es wegen des Radios nicht hören. Das wäre mir peinlich gewesen. "Du hast ja keine Ahnung", erwiderte ich und er grinste mich von der Seite an. Ich konnte nicht anders, als während der Fahrt immer wieder einen Blick auf Niall zu werfen. Er sah so gut aus und ich konnte es nicht fassen, dass er sich meinetwegen so herausgeputzt hatte. In solchen Momenten wollte ich mich immer selbst kneifen, wenn mit wieder einfiel neben wem ich da eigentlich saß. Mit wem ich da eigentlich ausging und wie viele mich dafür umbringen würden, nur um mit mir den Platz zu tauschen. Niall ist einfach so Bodenständig das man vergisst wie berühmt und erfolgreich er eigentlich ist. Es fiel mir erst wieder ein, als wir außerhalb von Mullingar, in einen Ort, den ich nicht kannte, vor einem schicken Restaurant zum Halten kamen und ein Mann in schwarzen Anzug mir die Tür öffnete. Niall kam zu mir herüber und ergriff prompt meine Hand, während der Mann im Anzug mit Nialls Wagen weg fuhr. Still ließ ich Niall mich an der Hand in das Restaurant ziehen.
Am Empfang führte uns eine junge Frau zu unseren Tisch. Er war etwas abgelegen von den anderen und das gedimmte Licht und das Flackern der Kerzen an den Tischen gaben den ganzen einen Romantischen Touch. Der Tisch war rund und ein langes weißes Tischtuch, das fast bis zum Boden hinab hing, lag darauf. Es war nett hier und nicht sonderlich überfüllt. Mir fiel auch eine durchsichtige Vase am Tisch auf in der eine rote Rose steckte. "Ich habe die Blumen vergessen. Mist!" murmelte Niall und legte dabei seine Hand auf seine Stirn. "Ich wollte doch, dass alles perfekt ist!" Ich fand es süß von ihm dass er sich darüber Gedanken gemacht hat. Er wollte dass alles perfekt ist. Niedlich. "Niall ich brauche keinen Blumen. Es ist alles toll!"
Er fuhr sich mit seiner Hand durch das gestylte Haar: "Ich hätte aber daran denken müssen. Zu einem Date nimmt man Blumen mit." Ich musste zu kichern beginnen. Die Sache mit den Blumen wird ihn noch Kopfschmerzen bereiten." Hey." ich zog das Wort in die Länge und legte meine Hand auf seine, die er auf den Tisch gelegt hatte. "Es ist alles okay. Ehrlich."
Ein Kellner kam an unseren Tisch und gab jeden von uns Speisekarten und fragte uns nach unseren Getränken. Niall bestellte eine Flasche Weißwein und Mineralwasser für uns. Er hatte mich zuvor noch gefragt, ob das für mich okay sei und sagte mir auch, dass ich mir auch etwas anderes bestellen könnte, wenn ich wollte. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, das passt." Der Kellner verließ kurz darauf den Tisch und ließ uns in Ruhe die Speisekarte studieren. "Ist es normal, dass hier keine Preise stehen?" fragte ich Niall verwirrt. Er gluckste: "Wenn man das vorhinein mit dem Restaurant klärt schon." Ich warf ihn eine Blick zu und sagte: "Warum? Weswegen hast du das getan?
Er zuckte mit den Schultern: "Ich wollte das du dir bestellt was du willst. Du sollst dabei nicht auf den Preis achten. Denn wie ich dich kenne, würdest du dir alles zusammenrechnen und mir am Ende des Tages Geld zustecken und das kommt heute nicht infrage!"
"Du kennst mich schon viel zu gut Horan." Ich biss mir auf die Lippe und schüttelte den Kopf. Heute hätte ich es nicht gemacht, aber ich wusste schon immer gerne was man für mich ausgab. Niall lachte und zwinkerte mir zu. Allein sein Blick löste Bauch-kribbeln in mir aus - kaum zu glaube wie schnell er mich wieder um seinen Finger gewickelt hat. Es war ein Anblick, der ein Foto wert wäre, wie das Feuer der Kerze sich in seinen Augen spiegelte und dazu den verträumten Blick, wenn er mich ansah. "Aber gut. Heute werde ich dir kein Geld zustecken, wenn dich das glücklich macht."
Gerade als ich mich für etwas entschieden hatte und die Karte zuklappte, kam der Kellner mit unseren Getränken zurück. Er stellte die Weingläser vor uns ab und die Flaschen an den Rand des Tisches, damit sie uns nicht in der Sicht standen. Danken gaben wir ihm unsere Speisekarten mit und bestellten unser Essen. Niall füllte mein Glas bis zur Hälfte mit Wein auf und bei seinem Tat er dasselbe. Im Gegensatz zu ihm füllte ich den Rest des Glases noch mit Mineralwasser auf.
Ich liebte jede Sekunde die ich mit Niall an diesen Tisch verbrachte. Er erzählte mir viel über sich und seine Arbeit, aber auch über die anderen Mitglieder von One Direction. Es war schön in Ruhe über alle diese Dinge sprechen zu können, es schien mir als würde ich ihn dadurch nur noch mehr ins Herz schließen. Niall hatte einen absoluten guten Riecher wenn es um Restaurants ging. Das Essen schmeckte hervorragend und alle waren so nett. Die Atmosphäre und die Lage des Tisches, ich hätte es nicht besser aussuchen können. Ich wünschte dieser Abend würde nie vorübergehen.
Niall bezahlt die Rechnung, indem er mit den Kellner zu einen Pult ging. Er wollte wohl nicht dass ich die Endsumme zu hören bekam. Beim Verlassen des Restaurants hackte ich meine mein in seiner ein, dabei hatte ich die ganze Zeit Nialls Duft in der Nase. Ich muss unbedingt herausfinden was er sich da immer rauf sprüht! Wie aufs Stichwort wurde Nialls Wagen vorgefahren, erneut öffnete er mir zuerst die Tür. "Jetzt kommen wir zum zweiten Teil unseres Dates." sagte er und warf mir einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. "Der zweite Teil?" hackte ich neugierig nach. Niall nickte grinsend: "Ich hoffe das es dir gefallen wird." Ich verzog den Mund: "Hm. Ich werde mich einfach überraschen lassen."
Wir verblieben in angenehmer Stille. Ich beobachtete die Häuser an denen wir vorbei fuhren. Es war noch einigermaßen hell, weil es noch nicht sonderlich spät war, da die Dämmerung im Sommer später war. Wir verließen den Ort und Niall bog auf eine Landstraße mit großen Feldern ab. Ich frage mich was er wohl vorhat. Hat es etwas mit seiner Frage bezüglich meiner Höhenangst zu tun? Es könnte gut möglich sein.
Ich sah nach vorne und erblickte in der Ferne etwas. Es musste riesig sein und hatte Ähnlichkeit mit einer Glühbirne. "Was ist das da vorne?" fragte ich Niall. Er bremste leicht und setzte den Blinker um abzubiegen. "Das ist unser Ziel."
Ohne auf Niall zu warten stieg ich aus dem Fahrzeug aus. Mehrere größere Wagen standen geparkt in einer Reihe und einige Personen gingen am Platz herum. Damit hätte ich nie gerechnet. "Ich hoffe du hast Lust." sagte Niall, als er auf meine Seite herüberkam. "Ja klar." erwiderte ich ohne in anzusehen, ich war einfach zu überrascht von dem ganzen hier. Der Ballon des Heißluftballons glühte in einem stechenden Gelb. "Das kann am auch am Morgen machen, wenn die Sonne aufgeht, aber ich dachte mir, dass wir um diese Uhrzeit sicher lieber im Bett liegen. Daher habe ich mich für den Sonnenuntergang entschieden."
Von der Seite aus bekam ich mit wie Niall mit einem Mann sprach, der anscheinend für das alles hier verantwortlich war. Wir mussten einige Minuten warten, bis wir in den Korb steigen durften. Ich schmiegte mich an Niall, als der Ballon abhob. Es war eine wacklige Angelegenheit. Nur Niall, ich und ein Mann der für den Ballon zuständig war, befanden uns im Korb. Der Mann, der sich als Thomas herausstellte, beantwortete einige meiner Fragen zu diesem Ballon und einige andere. Die Aussicht war atemberaubend! Und ich hätte mir am liebsten selbst in den Hintern gebissen, als mir auffiel das ich mein Smartphone im Auto vergessen hatte. "Niall kann ich mir dein Telefon ausborgen? Meines liegt in deinem Auto."
Er biss sich auf die Lippe, aber gab es mir nach kurzem Zögern doch. "Bitte lass es nicht fallen." sagte er etwas panisch. Ich schoss ein paar Bilder von der Aussicht und zum Schluss war Thomas noch so nett ein Bild von mir und Niall zu machen. Man sah nicht viel von uns, aber dafür vom Sonnenuntergang hinter uns.
Ich lehnte mich gegen den Korb uns sah gerade aus. Niall stand neben mir und ich konnte deutlich seinen Blick auf mir ruhen fühlen. "Ich muss dir noch danken Niall." sagte ich, ohne meinen Blick vom Horizont zu nehmen.
"Für was?" fragte er ruhig. "Das mit meiner Mum." antwortete ich im selben Ton. Er machte einen Schritt auf mich zu, legte seine Arme auf meine Taille. Er flüsterte ein: "Gern geschehen." gegen mein Ohr und drückte mir einen anschließend einen Kuss auf mein Haar. "Ich habe noch etwas für dich."
Neugierig drehte ich mich in seine Richtung: "Achso?" Niall leckte sich über die Lippe und nickte. Er nahm seine Hände von mir und holte etwas aus seiner Innentasche heraus. Eine kleine schwarze Box. Mir war durchaus bewusst dass es eine Schmuck-box war.
"Amara, ich will nur klar stellen, dass ich das schon vor ein paar Monaten besorgt hatte und nicht nur wegen heute. Ich will es dir endlich geben." Ich sagte nichts, wartete darauf dass er die Box öffnete. "Schau nach vorne." bat er mich und ich gehorchte. Ich spürte etwas Kaltes an meinen Hals. Sofort griff ich danach und sah mir den Anhänger der Kette an. Es war der Buchstabe A.
"Für Amara." erklärte Niall, obwohl es mir klar war. "Dreh den Buchstaben doch mal um." setzte er nach. Ich drehte den Buchstaben um uns sah, dass noch etwas darauf eingraviert war. Ganz klein, aber durch das bisschen Licht konnte ich noch deutlich ein "Niall" darauf erkennen.
Sprachlos und überrumpelt drehte ich mich zu ihm und sah ihn mit offenen Mund an. "Ich ..." ich seufzte, und begann erneut, "Ich... ich weiß nicht was ich sagen soll. Niall du bist ..."
Sein Lächeln verschwand schlagartig und er hob die Hände: "Gefällt es dir nicht? War ... war es viel zu früh. Amara das tut mir lei-" Erst als ich meine Lippen auf seine drückte war er still. Wir lächelten beide in den Kuss hinein und ich vergas dabei komplett dass wir nicht alleine waren. Nach unseren Kuss umarmten wir uns. Wir sprachen nichts, sahen zu wie die Sonne am Horizont verschwand und die Sterne am Himmel zu funkeln begannen.
Kapitel 28
Ich lag im Bett und lächelte in mich hinein. Der Tag gestern war wohl einer der merkwürdigsten in meinen Leben. Ich wachte in einen Zelt neben Niall auf, nachdem ich in der Nacht zuvor fast einen Fehler begangen hätte, mich anschließend bei ihm ausgeheult hatte und schließlich irgendwie erfuhr dass mein Leben auf einer großen Lüge basierte. Dieses Date mit Niall gestern schien mir ein Traum gewesen zu sein. Es kam so unerwartet, aber der eineinhalb groß Buchstabe mit der Gravierung an der Rückseite überzeugte mich vom Gegenteil. Es war kein Traum. Es war wirklich geschehen.
Ich nahm das Kettchen vom Nachttisch neben mir und sah mir den silbernen Anhänger genauer an. Er glänzte so sehr, dass ich mich verschwommen in ihm wieder spiegelte. Während die Rückseite rau und mit Nialls Schriftzug versehen war. Er hatte mir gestern noch erklärt, warum er kein "N" genommen hatte, da er nicht wollte, dass ich dachte, dass er Besitzergreifend wäre. Ich musste bei seiner Bemerkung zum Schmunzeln beginnen, denn ich hatte eher daran gedacht, dass es Außenstehende sofort raus bekommen würde für was dieser Buchstabe stehen könnte und das Drama seinem Lauf nehmen würde.
Zum ersten Mal seit langen fühlte ich mich nicht vollkommen ausgelaugt nach dem Schlafen, sodass ich ohne weiteres aus dem Bett kam. Schwunghaft kam ich auf die Beine, legte mir die Kette um und machte mein Bett. Auch wenn ich mich schon darauf freute nach Hause zu Sophie und Tobi zu kommen, wusste ich, dass ich diesen Ort hier sehr vermissen werde. Mullingar war so familiär für mich im letzten Jahr geworden, dass es mich wunderte, warum ich meine eigene Heimatstadt nie wirklich vermisste hatte. Lag es daran, dass ich damals schon nur von London und meinen Studium geträumt hatte? Oder war es der weit entfernte Abstand zu meiner Großmutter? Was meine Großeltern wohl dazu sagen werden, wenn sie erfahren, dass ich eine Zwillingsschwester habe?
Valerie. Wie sie wohl ist? Nach Mums Rede nach dürfte unser Vater wohl eine Menge Geld besitzen, was wohl bedeutet, dass sie in guten Verhältnissen aufgewachsen ist, vermutlich total verwöhnt wurde. Das waren genau solche Kinder über die Sophie und ich uns immer lustig gemacht hatte, da diese Kinder meisten blond und dumm sind. Es sind die Personen, die Chefpositionen bekommen, keinen Finger rühren und null Ahnung von nichts haben.
Ich sollte aufhören in Schubladen zu denken. Das musste ja noch lange nicht heißen dass auch Valerie so ist. Vielleicht ist sie wie ich und wird vollkommen überrascht sein, wenn sie erfährt dass es mich gibt. Ob sie wohl so aussieht wie ich? Wir es sein als würde ich in einen Spiegel schauen? Was wird wohl Connor dazu sagen, wenn ich einfach dort anrufe?
Connor.
Schon ein verdammt komisch Zufall das Connor, der Gast aus unserem Café, denselben Namen hat. Ja, es ist nur ein Name, aber es war verdächtig. Er gab mir seitdem ersten Tag, an dem wir uns dort gesehen hatten immer haufenweise Trinkgeld, suchte den Kontakt und das Gespräch mit mir. Ich sollte mich nicht beirren lassen, in meinen verwirrten zustand reimte ich mir doch sicher nur Hirngespinste zusammen, versuchte Verbindung zu finden, die es überhaupt nicht gab.
Nach der täglichen Morgenroutine und in Alltagsklamotten ging ich nach unten in die Küche. Wie erwartet saß Bobby mit seiner Zeitung am Tisch, während meine Mum den Geschirrspüler ausräumte. "Hey." grüßte ich die Beiden und nahm mit eine Tasse Kaffee. In letzter Zeit trank ich viel zu viel von diesen Zeug. Was war noch mal mit meiner Latte Macchiato Fasse passiert? Eine Tasse am Tag? Heut zu Tage trank ich Eimer voll von diesen schwarzen Getränk.
"Wie ist es gestern gelaufen?" fragte mich meine Mutter etwas zu schnell. Sie presste die Lippen aufeinander und schloss kurz die Augen. Sie hob die Hände: "Tut mir leid. Reden wir überhaupt darüber? Ich weiß nämlich nicht ob das irgendwie unangebracht wäre..."
"Ich habe damit kein Problem. Das liegt ganz bei unseren Kindern." hörte ich Bobby sagen, obwohl ich mir sicher war, dass meine Mutter mit mir gesprochen hatte. Ich lächelte ihm dankbar zu und setzte mich zu ihm an den Tisch. "Es war sehr schön. Niall und ich hatten eine Menge Spaß." erwiderte ich ohne viele Informationen durchsickern zu lassen.
Die Adleraugen meiner Mutter erspähten die Kette um meinen Hals. Sie kam auf mich zu und begutachtet den Anhänger in ihren Händen. "Süß." kommentierte sie lächelnd. "Willst du etwas essen?" fragte sie kurz darauf, aber ich verneinte. "Mit meiner Tasse Kaffee bin ich vollends zufrieden.", erwiderte ich und nahm vorsichtig einen Schluck davon. Mein Blick wanderte immer wieder zum Flur. Wo steckt Niall eigentlich?
"Er holt Nutella und Gewürzgurken für deine Mum."
Stirnrunzelnd drehte ich mich zu Bobby hinüber. Seine Lesebrille saß am Ende seiner Nase während er sich auf die Zeitung in seinen Händen konzentrierte. "Wie bitte?"
"Niall. Er holt Nutella und Gewürzgurken für deine Mum.", wiederholte er für mich, sah von seiner Zeitung auf und lächelte mich an. Sofort konnte ich spüren wie meine Wangen rot wurden. War es so offensichtlich dass ich nach ihm Ausschau hielt?
"Wann ist es eigentlich soweit?" richtete ich das Wort an meine Mutter um vom Thema abzulenken. sie lehnte sich gegen die Küchentheke und biss von einem grünen Apfel ab. "Am 14. Februar. Valentinstag."
"Wenn das kleine Monster in die länger ausharrt, könnte es an eurem Hochzeitstag zur Welt kommen." sagte ich euphorisch und rüttelte Bobby gespielt aufgeregt an der Schulter.
"Was heißt hier Monster!" brummte meine Mutter und Bobby schüttelte kichernd den Kopf. Meine Freude war noch immer begrenzt, aber ich muss und werde es akzeptieren. Ich kam auch immer gut mit Theo zurecht und den habe ich schon am ersten Tag ins Herz geschlossen. Wenn mein Geschwisterchen nur halb so knuffig wird, werden wir kein Problem haben. Hoffe ich zumindest. "Was ist euch eigentlich lieber? Ein Junge oder ein Mädchen?" fragte ich nach einiger Zeit.
"Das ist egal. Hauptsache gesund.", sagte beide fast gleichzeitig. Der Standardsatz, obwohl ich mir sicher war, das dieser Satz eine große Lüge war. Ich persönlich würde mich mehr über ein Mädchen freuen. "Ihr seid langweilig!" schmollte ich und stütze meinen Kopf mit meinen Händen.
Und plötzlich hörte ich die Tür. Niall. Mein Herz machte beinahe einen Sprung als er mit einer braunen Tüte die Küche betrat. Unsere Blicke trafen sich augenblicklich. Jedoch stellte sich meine Mutter zwischen unseren Blick. Ich lehnte mich etwas weiter an meinen Stuhl nach hinten.
"Danke Niall! Du bist ein Lebensretter!" lachte meine Mum und nahm ihm die Tüte ab. Beim Auspacken sah ich was er alles gekauft hatte. Drei Gläser Nutella, Gewürzgurken, Schokoriegel Eis, Pralinen, Chips, Karotten ...
Niall rieb sich den Nacken als ihn meine Mum mit erhobenen Augenbrauen ansah. "Ich wusste nicht was Schwangere Frauen alles so essen, da habe ich Greg angerufen und der hat mir gesagt, was er erste kürzlich alles für Denise besorgt hat."
"Das hättest du nicht alles kaufen müssen. Vielen Dank." Es war schön zu sehen dass es keine unangenehme Spannung mehr zwischen ihnen gab. Meine Mutter gab sich sichtlich Mühe und dafür war ich ihr dankbar.
Ich konnte mir das angewiderte "Ew." nicht verkneifen, als meine Mutter das Glas mit den Gewürzgurken öffnete und es in das Nutella tunkte. Sie schloss während des Kauens die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Es wirkte als ob sie ihre Lieblingsspeise essen würde.
"Wie bekommt man das runter?" fragte ich mit starrem Blick. Bobby begann leise neben mir zu lachen und schenkte mir sein bestes Lächeln. "Warte nur ab bist du irgendwann mal in dieser Lagen bist."
"Bobby." ich seufzte und spürte Nialls Blick deutlich an mir, der sich inzwischen gegenüber von uns hingesetzt hatte. "Ich werde das bestimmt nicht essen. Schon alleine von der Vorstellung wie das schmeckt, könnte ich mich übergeben." Und als hätten sie sich abgesprochen, kam meine Mutter mir einer Gewürzgurke an den Tisch, tunkte sie in das Nutellaglas und fütterte Bobby damit.
"Okay. Das ist mein Stichwort." vor ekel schüttelte es mich. Ich stand auf, stellte die leere Tasse in die Spüle und ging zum Türrahmen in dem ich stehen blieb und mich noch Mals umdrehte. "Kommst du mit?" fragte ich Niall, der augenblicklich von seinen Stuhl aufsprang. Als er bei mir ankam wendet er noch das Wort an seinen Vater: "Amara hat recht. Das ist wirklich eklig." Das Lachen unserer Eltern hallte im Flur.
"Findet Dorie?" Niall zog eine Augenbraue hoch. Ich ließ die Schultern fallen und neigte den Kopf. "Ja, warum nicht? Hast du etwas gegen Dorie?" Belustig bis sich Niall auf die Lippe und schüttelte den Kopf: "Nein, wie könnte ich."
"Wenn dir der Film nicht gefällt könnten wir uns auch Magic Mike anschauen. Channing Tatum ohne Shirt ... da hätte ich nichts dagegen. Da könntest du dir schon ein paar Moves abschauen für deine Tour. Die jungen Mädchen in der ersten Reihe werden es mir danken ...", versuchte ich Niall aufzuziehen, als ich sah wie er mit den Augen rollte. Kichernd drehte ich mich um und legte die Blu-ray ein. Mit der Fernbedienung in der Hand ließ ich mich neben Niall am Boden, am Ende meines Bettes nieder. Wir hatten im Vorhinein noch sämtliche Polster an die Holzwand des Bettes gelehnt und eine Decke auf den Boden platziert.
Der Film lief schon eine halbe Stunde als ich merkte, wie sich meine Zimmertür öffnete. Sie würde mit größter Vorsicht geöffnet, als wollte jemand verhindern dass es überhaupt auffiel. Aber mir fiel es auf, da ich öfter zu Niall sah, als auf den Bildschirm. Auch wenn ich versuchte die geöffnete Tür zu ignorieren störte es mich. Warum zur Hölle wurde sie überhaupt geöffnet? Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn jemand in mein Zimmer platzt und anschließend nicht die Tür schließt. Man konnte es mir doch nicht schlimm anrechnen, dass ich ein Freund von Privatsphäre bin, oder?
Genervt stand ich auf, stieg über Nialls Beine hinüber und drückte die Tür zu. Wie in einen schlechten Film wurde die Tür nur wenige Sekunden später wieder geöffnet, gerade in den Moment, als ich mich wieder setzten wollte. "Das kann ja nicht wahr sein!", brummte ich genervt. Niall sah mir kommentarlos zu wie ich erneut die Tür schloss. Doch dieses Mal blieb ich einen Schritt entfernt stehen. Ich hatte schon eine gewisse Vorahnung.
Die Tür öffnete sich langsam, daher riss ich grob am Türgriff und öffnet die Tür komplett. Meine Mutter sah mich ertappt und erschrocken zu gleich an. "Was soll das?" fragte ich sie schroff und stirnrunzelnd. "Frische Luft." erwiderte sie knapp und strich sich anschließend eine Strähne ihrer Haare von der Stirn. "Frische Luft?" wiederholte ich sie. "Mum, wenn ich frische Luft in meine Zimmer brauche, öffne ich ein Fenster. So wie es jeder normale Mensch tun würde." Ihr Blick glitt an mir vorbei zu Niall, der auf pause gedrückt hatte. Ich warf Niall einen Blick zu und sah anschließend wieder meiner Mum. Der Groschen war gefallen. "Was denkst du eigentlich was wir hier machen, wenn die Tür zu ist? Wir schauen uns nur Findet Dorie an! Das ist ein Kinderfilm, bei dem wir sicher nicht übereinander herfallen!"
Etwas entsetzt sah sie mich an und schnaubte: "Amara!" Sie stampfte dabei mit den Fuß.
"Mein Name." Was sollte das alles schon wieder? Ich dachte es sei alles in Ordnung? Liegt es eventuell an den Stimmungsschwankungen der Schwangerschaft, dass sie anscheinend nicht wusste was sie von Niall und mir hielt? Warum konnte die uns nicht einfach vertrauen? Immerhin war ich schon lange kein kleines Kind mehr, das am Rockzipfel seiner Mutter klammerte. "Obwohl..." ich hob eine Hand. „Vielleicht ist das ja überhaupt nicht mein Name. Vielleicht bin ich eigentlich Valerie, weil ihr uns vertauscht habt. Bei Zwillingen kommt so etwas doch gelegentlich vor." Meine Mutter sah mich verblüfft an, als wüsste sie nicht, was ist darauf antworten sollte. Ich wollte sie damit nicht irgendwie verletzten oder beleidigen, aber ich wollte einfach nur dass sie ruhe gab. Immerhin sahen wir uns wirklich nur einen Film an.
"Lass eben ein Stück offen, wenn uns deine Mutter nicht traut. Wir fernsehen doch nur." warf Niall hinter mir ein. Ich sah ihn an: Das-ist-nicht-dein-ernst. Aber er winkte ab. Meine Mutter schien es mehr als nur zu freuen dass ich tatsächlich nachgab und die Tür einen Spalt offen ließ, den Spalt, den sie nach kurzer Zeit noch weiter öffnete.
"Ich hätte gewonnen, wenn du mir nicht in den Rücken gefallen wärst." schmollte ich und zog eine Schnute. "Ah, lass ihr doch den Spaß. Morgen sind wir sowieso weg und in London kann uns keiner verbieten die Tür zu schließen.", erwiderte Niall locker. Ich stieg über seine Beine, als er es wohl witzig fand und mich an meinen Beinen fest hielt. "Komm her." sagte er leise und sah zu mir hoch. Seine blauen Augen begutachteten mich von Kopf bis Fuß.
Nialls Hände wanderten an meine Hüfte hoch, an der er mich auf seinen Schoss zog. Ich saß rittlings auf seinen Beinen, während mein Blick auf die Tür gerichtet war. "Nur weil jetzt die Tür ein Stück offen ist, heißt es nicht, dass ich nicht das hier machen würde..." Niall umfasste mein Gesicht mit seinen warmen Händen, drehte mich zu sich und drückte mir seinen Lippen auf. Reflexartig legte ich meine Hände um seinen Nacken, vergrub meine Finger in seinem weichen Haar. Es war als würde sich ein Schalter in mir umschalten und ich vergaß ein Auge auf die Tür zu werfen.
Nialls Hände wanderten von meinem Gesicht, hinunter über meinen Rücken, an dem er mich näher an sich drückte. Ich spürte wie er begann gegen meine Lippen zu grinsen und mich anschließend in den Hintern kniff. Ich stöhnte auf. Egal wie klischeehaft es in diesen Augenblick wohl war, versuchte Niall genau in diesen Moment den Kuss noch mehr zu vertiefen in dem er seine Zunge benutzte. Es war das erste Mal das Niall mich so küsste. Er hatte es nicht mal in Erwägung gezogen als wir beinahe miteinander geschlafen hätten. Was mich wieder an das alte Lied erinnerte - er hat gesagt, dass er mich liebt und ich hatte es nicht erwidert, ihn von mir gedrückt und die Flucht ergriffen. Aber trotzdem saß ich jetzt auf seinen Schoss und genoss die Intimität zwischen uns, versuchte in jeder seinen Berührung dahin zu schmelzen. Unsere Lippen lösten sich voneinander und wir schnappten beide nach Luft. Niall Stirn ruhte auf meiner, sein warmer Atem steifte meine Haut.
"Ich habe das nicht so gemeint", flüsterte ich und unterbrach dabei den Augenkontakt. Ich sah auf seine Brust hinab, zumindest auf den Ansatz, den sein verrutschtes Shirt freigab. Eigentlich konnte ich mir nie vorstellen dass ich auf Männer mit Brusthaaren stehe würde, aber bei Niall störte es mich nicht. Ich nahm in genauso wie er wahr und er tat aus meiner Sicht dasselbe.
"Darf ich fragen, wovon du sprichst?" fragte er sichtlich verwirrt. Er nahm seine Stirn von meiner und sah mich an. Seine Hände hatte er inzwischen auf meinen Oberschenkeln platziert, während ich noch immer auf seinen Schoss saß.
"Du weißt schon..." seufzte ich und drückte mit dem Zeigefinger gegen seine Brust. “Amara du musst schon mit verständlichen Worten mit mir sprechen." Niall grinste als er bemerkte, dass ich leicht verlegen wurde. Ich wollte die Wörter nicht noch einmal wiederholen. "Das tue ich doch." murmelte ich und wollte dabei von seinen Schoss rutschen aber Niall hielt mich fest. "Wo willst du hin?" Er grinste schief. "Die Tür", sagte ich leise und nickte nach rechts.
"Ja und? Was soll damit sein? Wir sind alt genug um schlimmere Dinge zu tun, als hier zu sitzen und uns zu küssen." Er leckte sich über die Lippe und beugte sich nach vor um mir einen Kuss auf die Wange zu drücken. Jede dieser kleinen Berührungen löste eine Art Welle der Emotionen in mir aus. Ich fühlte mich wie Wackelpudding in seinen Händen. Sofort musste ich zu lächeln beginnen. Ich biss mir auf die Lippe und nickte: "Ja, du hast recht. Es ist aber noch ein wenig seltsam und du hast ja meine Mutter gerade gesehen."
Niall lehnte sich nach hinten an mein Bett. "Die wird sich schon daran gewöhnen. Außerdem wie oft haben wir die Beiden schon beim Rummachen erwischt, was wesentlich komischer war." Niall lächelte noch immer und raufte sich sein Haar: "Also und jetzt zurück zum Thema." Ich räusperte mich und rutschte verlegen an seinem Schoss herum.
Niall zischte plötzlich auf und kniff die Augen zusammen. "Amara! Bitte, höre auf damit!" Ich brauchte eine Sekunden bis ich verstand was er meinte. Es war nicht meine Absicht ihn hart zu machen. "Sorry.", murmelte ich und fühlte dabei wie ich rot wurde. Niall lachte leise als er bemerkte wie sich meine Gesichtsfarbe änderte. "Du musst nicht rot werden, Babe."
Babe.
Ich brauchte einige Minuten bis ich mich wieder fing. Ich seufzte laut und begann Niall zu erklären was ich meinte: "Ich habe es nicht so gemeint. Du hast es zu mir gesagt und ich habe dich von mir gedrückt, aber nur weil ich nicht damit gerechnet hatte. Außerdem hatte ich in dieser Nacht andere Absichten und ich kann mich nur wiederholen, aber das tut mir leid. Es muss dich doch verletzt haben." Niall sah mich für einen kurzen Augenblick an, nickte aber schließlich. "Wir haben fast ein halbes Jahr nicht miteinander gesprochen und plötzlich warst du vor meiner Haustür... Es ging alles so schnell. Ich hätte nie damit gerechnet, dass du und ich uns wieder so nahe kommen. Du hast gesagt, dass du mich liebst und ich konnte einfach nicht darauf reagieren. Mein: ich liebe dich nicht, war das erste das mir in den Sinn kam. Und diese Meinung werde ich jetzt auch nicht so schnell ändern." Ich sah Niall genau an, ich wollte versuchen seine Gedanken zu lesen - was mir aber nicht gelang. Daher platzierte ich meine Hände an seiner Schulter. "Ich mag dich Niall, sehr sogar. Ich hoffe das reicht dir für den Augenblick. Liebe ist so ein großes Wort und ich will dir nicht sagen, dass ich es tue, wenn es vielleicht doch nicht so ist. Außerdem habe ich das noch nie zu einem Jungen gesagt. Daher will ich auch, dass wenn ich es sagte, ich es auch so meine."
Er strahlte mich mit seinen verträumten blauen Augen an und begann zu lächeln. "Ich wollte dir dieses Wort nicht aufzwingen. Es ist mir so herausgerutscht. Aber ich bin mir sicher.", sagte er ruhig. Dabei bewegte er seinen Kopf auf meinen zu und drückte mir einen Kuss auf die Wange: "Ich", flüsterte er, drückte mir einen weiteren Kuss auf meinen Mundwinkel "Liebe", flüsterte Niall erneut gegen meine Haut. "Dich." Zum Schluss küsste er mich am Hals, an der Stelle, an dem der fast verschwunden Knutschfleck war. Niall hörte nicht auf, verteilte kleine Kuss an meinen Hals, bis zu einer Stelle unter meinem Ohr. Ich drückte meine Lippen zusammen, um nicht zu stöhnen, zu beginnen. Er machte mich verrückt!
"Niall..." stöhnte ich, aber er hörte nicht auf. „Die Tür." ich biss die Lippen zusammen und hörte wie er gegen meinen Hals lachte. Ein Klopfen an meiner Tür riss und beide auseinander. Unelegant viel ich auf den Platz neben Niall, der mich regelrecht fallen ließ vor Schreck als plötzlich Bobby seinen Kopf in das Zimmer reckte. "Essen wäre fertig", teilte er uns kurz und bündig mit. Er zwinkerte uns zu, als wüsste er genau was wir gerade getan hatten. Vielleicht verrieten es aber auch unsere zerzausten Haare und unsere unregelmäßige Atmung. "Wir kommen gleich." antwortete Niall außer Atem und sein Vater nickte wissend.
Spielerisch schlug ich Niall an seinen Oberarm. "Du hast mich fallen lassen!" Er hob seine Arme abwehrend hoch: "Ich dachte es sei deine Mutter! Tut mir leid", sagte er amüsiert.
"Ich dachte wir seien alt genug, um schlimmere Dinge zu tun?" wiederholte ich ihm süffisant von vorhin. Er verdrehte die Augen und schenkte mir anschließend ein warmes Lächeln. "Sind wir auch, aber ich will es mir nicht verscherzen."
Er stand auf, klopfte sich seine Knie ab und half mir hoch in dem er mir seine Hand reichte, an dessen Ende er seine andere Hand um mich schlang und mich erneute auf die Lippen küsste. "Meine neue Lieblingsbeschäftigung", stellte er klar und ich wurde, schon wieder, rot.
Niall sah auf mich hinab, legte seine linke Hand auf meine Wange: "Bist du jetzt eigentlich meine .... Freundin? Oder nicht? Ich weiß, dass du und Dylan doch erste eine ... na ja. Art von Beziehung geführt habt - die zu meinen Glück nicht von langer Dauer war." fragte er mich wie aus dem nichts. Er grinste am Schluss und ich sah einen Schimmer von Hoffnung in seinen Augen aufblitzen. Eine Art von Beziehung - super Schlussfolgerung.
Es sprach so vieles gegen eine Beziehung mit ihm. Er ist mein Stiefbruder, hat mich schon über das Kreuz gelegt und ist dazu noch berühmt. Mir reichte der Hass, den ich nur als seine Stiefschwester schon bekam. Aber als Freundin? Außerdem ist er bald viel Unterwegs, wird so gut wie nie bei mir sein und ich beginne mein Studium. Wir werden keine Zeit füreinander haben.
>Er liebt dich< sprach plötzlich eine Stimme in meinen Kopf. Niall liebt mich. Und warum hätte er keine Chance verdient? Dylan bekam auch eine, obwohl ich ihn noch nicht so lange kannte. Ich hasse es Entscheidung zu treffen! Ich schloss meine Augen und murmelte ein "Okay."
"Okay?!" fragte Niall aufgeregt mit hoher Stimme nach. Ich musste zu lachen beginnen als ich in sein Gesicht sah. Er sah so glücklich aus dass es auf eine gewisse Weise unheimlich aussah. Niall packte mich an meiner Hüfte und hob mich hoch. Ich legte meine Hände um seinen Nacken und lachte. "Wir sollten runtergehen", versuchte ich ihm lachend klar zu machen. Ich möchte nicht wissen was sie sonst denken was wir machen...
"Gleich Babe. Lass mich dich erst noch küssen."
Das Essen verlief ruhig, bis Niall die frohe Botschaft überbrachte, dass er mich jetzt seine feste Freundin nennen darf. Ich fand es so süß wie er die ganze Zeit in meine Richtung lächelte. Als würde er mein Einverständnis dazu brachen um es unseren Eltern zu sagen. Nachher verschwanden die Männer auf die Terrasse, um ein Bier zu zischen, während meine Mutter im Ernst noch versuchte mir das mit den Blumen und den Bienchen einzutrichtern. Dass dieser Zug schon vor meinem achtzehnten Geburtstag abgefahren war, erzählte ich ihr nicht. Sie hätte mir sicher den Kopf abgerissen und mir wieder gesagt, dass sie mit achtzehn schwanger wurde und mich alleine großziehen musste. Ich war heilfroh als Niall und Bobby wieder zurückkamen und uns am Tisch Gesellschaft leisteten.
"Hast du alles verstanden Amara? Verhütung ist das A und O!"
"Ja Mum." antwortete ich mit zusammengebissenen Zähnen. Ich wünschte das sich ein Abgrund unter mit auftun würde, in dem ich verschwinden könnte.
"Was ist da A und O?" hackte Bobby nach, der meine Mutter einen Kuss auf den Haaransatz drückte. Auch Niall nahm neben mir Platz und nahm automatisch meine Hand in seine.
"Verhütung." erwiderte sie schlicht.
Ich sah wie Niall die Augen aufriss und mich unglaubwürdig ansah. Ich nickte. Jap, das musste ich mit anhören als ihr uns alleine gelassen habt. Ich hoffte, dass mein Blick alles sagte und er wusste, dass ich ihm und seinen Vater verfluchte.
"Niall? Bobby hat doch hoffentlich auch schon dieses Gespräch mit dir geführt, oder? Oder soll ich es für dich noch einmal wiederholen. Ich kann euch auch gerne Zeigen wie das mit den Kond-" begann sie ohne Punkt und Komma und ohne auch nur eine Spur von röte in ihrem Gesicht zu zeigen.
"Das ist wirklich nicht notwendig, Kate. Aber danke." Niall versuchte das Gespräch meiner Mutter damit zu beenden. Sie nicke und rührte in ihrem Kaffee, bis ihr noch etwas einfiel: "Bist du schon recht erfahren? Ich frage nur weil Amara..."
"MUM!" rief ich ihr ins Wort und schüttelte den Kopf. "Was soll das? Hör auf damit! Du bist mega peinlich!" Sie schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. "Warum ist das bitteschön peinlich? Das ist doch nur eine normale Frage." Seufzend vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Warum sind Eltern so peinlich und wissen es nicht mal? Ich war froh als Nialls Telefon zu läuten begann und das Thema gegessen war. Ich sah ihm nach wie er den Raum kurz verließ und ich wünschte er hätte mich nicht alleine gelassen.
"Hey Amara haben wir heute Abend schon Pläne? Weil Matt mich gefragt hat, ob wir heute mit der Truppe ins Pub gehen." Wir - wie sich das anhörte. "Das hört sich gut an Niall." - "Dann schreibe ich ihm das wir kommen."
Nachdem ich mich noch eine knappe halbe Stunde belehren lassen musste, ging ich und Niall wieder in mein Zimmer hoch. Findet Dorie weiter ansehen. Was zumindest der Plan war. Niall konnte einfach nicht seine Finger von mir lassen und küsste mich ständig - was mich nicht im Geringsten störte. Seine Lippen waren perfekt auf meinen und der leichte Geschmack von Bier störte mich auch nicht. Wir verbrachten den restlichen Nachmittag knutschend in meinem Zimmer und rissen gegenseitig dumme Witz um den anderen zum Lachen zu bringen.
Ich saß am Boden meines Zimmers uns sah mich in den Spiegel meines Kleiderschrankes, während ich mir Wimperntusche auftrug. Ich wollte zumindest versuchen, als frisch gebackene Freundin von Niall Horan gut auszusehen, obwohl wir noch überhaupt nicht darüber gesprochen hatte, was wir den anderen sagen würden. Vielleicht nahm es sowieso an, dass ich es ein öffentlich nicht zeigen wollte, oder er dachte das Gegenteil und würde in der Menge nach meiner Hand suchen. Seitdem er das Zimmer verlassen hatte male sich mein Gehirn verschiedenste Szenarien aus wie die Leute um uns wohl reagieren würden, wie Sophie reagieren wird oder sogar Tobi. Noch schlimmer: meine Großmutter!
Das Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. "Herein." rief ich, legte die Wimperntusche ab und kramte in meiner Make-up Tasche nach einen passenden Lippenstift. Im Spiegel sah ich das Niall das Zimmer hinter mir betrat. Er trug ein hellblaues Hemd und eine dunkle Jeans, dazu nach einem hellbraunen Hut.
"Ich bin gleich fertig."
Er nickte und setzte sich auf mein Bett von dem mir aus beobachtete. Ich presste meine Lippen aufeinander und verteilte den leicht rosanen Lippenstift noch ein bisschen. Mit meinen Finger korrigierte ich den äußeren Rand meiner Oberlippe anschließend noch. Als ich mit meinen Aussehen zufrieden war, räumte ich alle Kosmetik Artikel, die ich noch neben mir am Boden verteilt liegen hatte wieder in meine Tasche und stand auf um die ins Badezimmer zurückzutragen. "Von mir aus können wir los." sagte ich zu Niall, der nickte und von meinem Bett aufstand. "Willst du dir nicht noch irgendetwas überziehen? In der Nacht wird es frisch."
Ich hielt inne und sah an mich herab. Ich trug ein schwarzes Croptop und eine schwarze High waist Hotpants. "Na gut. Vielleicht hast du Recht." Aus meinen Kleiderschrank nahm ich mir die erste schwarze Weste die ich erwischte und zog sie mir an.
Wir gingen Hand in Hand nach unten in die Garage und ich schlug vor, dass ich dieses Mal den Fahrer spielen würde. Mein Freund sah mich skeptisch an: "Bist du dir sicher? Ich kann auch fahren."
Ich hob den Finger. "Nein, ich will fahren. Für was habe ich denn überhaupt ein Auto?" Ich entriegelte das Auto mit meinen Schlüssel und legte meine Handtasche auf den Rücksitz. Während der Fahrt erzählte mir Niall als mögliches technisches Zeugs über mein Auto und dabei ließ er es sich nicht nehmen mir verschiedene Funktionen aufzuzählen.
"Ich bin beeindruckt an was Bobby und meine Mum alles gedacht haben, als sie mir den Wagen gekauft haben. Dieser ganze Schnick Schnack und nur für meine Sicherheit." sagte ich sarkastisch und warf Niall einen kurzen Blick zu.
"Ähm, ja. Das haben sie gut gemacht.", bemerkte Niall beiläufig. Er wollte es nicht zugeben. Aber ich war mir noch immer sicher, dass er diesen Wagen gekauft hat. Jetzt als mein Freund kann er es doch ruhig zugeben. "Danke Niall." Er drehte seinen Kopf zu mir." Wofür bedankst du dich?" - "Na für den Wagen."
Er blieb kurz stumm, überlegte was er sagen sollte: "Deine Mum hat ihn ausgesucht. Und sie hat Geschmack. Ich finde das Auto toll! Aber das singende Bierglas, das ich von dir zu Weihnachten bekommen habe, hat mir auch sehr gefallen." Er lachte und begann das Lied zu summen, das das Glas von sich gab wenn man daran nippte. 'We are the champions'
Schon vorm Pub standen junge Erwachsene mit Biergläsern in der Hand und Zigaretten im Mund. Ich werde wohl nie verstehen was an diesen Krebsstängel so besonders ist. Sie kosten nur Geld uns sind ungesund. Ich parkte mein Auto ab und zog den Schlüssel ab. Niall stieg aus erstes aus, während ich noch zwischen den Sitzen nach meiner Tasche angelte. Danach stieg ich ebenfalls aus und schloss mein Auto ab. Ich wusste nicht, ob ich nach seiner Hand greifen sollte oder nicht, aber da er einfach losging, war die Frage für mich beantwortet. Niall hielt mir die Tür zum Pub auf und meine Augen suchten automatisch nach den tätowierten, schwarz köpfigen jungen Mann.
"Amara!" hörte ich jemanden rufen. Ich warf einen Blick durch den Raum und sah Sean, der sich auf seinen Sitz extra groß machte und uns zuwinkte. Heute war es nicht sonderlich voll um Pub, was mich auch gewundert hätte immerhin war es mitten unter der Woche.
"Hey." grüßte ich und hob meine Hand zum Gruß. Auch Niall grüßte seine Freunde nach mir.
"Ich hab dir schon eine Cola bestellte, ich hoffe das war okay." fragte mich Matt und deutete mir dabei neben ihm Platz zu nehmen. Er rutschte auch extra noch ein Stück naher an das Fenster. Da es ein vierer Tisch war setzte sich Niall neben Sean - gegenüber von mir. "Ja, das passt." antwortete ich Matt. "Sind Leon und Emily heute nicht da?"
"Die müssen morgen früh raus." hörte ich Sean antworteten. Eine Kellnerin kam an den Tisch und stellte Niall ein Bier vor die Nase und mir meine Cola, in der eine Scheibe einer Zitrone schwamm. Als sie sich wegdrehte nahm ich einen Schluck von meinem Glas und stellte es wieder ab.
"Hattet ihr auch so Rückenschmerzen? Beim nächsten Mal muss ich mir unbedingt eine dieser Campingmatratzen besorgen." sagte Matt und verzog dabei die Miene. Ich nickte: "Ja, ich glaube, dass ich die Nacht darauf noch nie so gut geschlafen habe, wie an diesen Tag. Sonst liege ich immer stundenlang wach im Bett."
"Ich weiß gar nicht was ihr habt, so schlimm war es auch wieder nicht." fügte Sean hinzu und zog die Augenbrauen. "Sean hat Recht. Mein Rücken hat auch nicht gemeckert.", stimmte Niall seinen Sitznachbarn zu, die darauf die Gläser zusammen soßen und einen Schluck von ihren Getränken nahmen. Daraufhin legte Matt spielerisch einen Arm um meine Schulter. "Nächstes Mal schläft Amara bei mir auf meiner Matratze und ihr dürft euch den Boden teilen." Ich biss mir auf die Lippe und nahm den Blick von Niall wahr, den er auf Matt warf. Ich lächelte Matt an und sagte schlicht: "Jap."
Unerwartet aber doch füllte sich das Pub so langsam. Die Billardtische waren Besetzt und eine Gruppe stand beim Dartbrett. Die Musik dudelte aus den Lautsprechern die an den Wänden hingen und einige tanzten dazu. Die Jungs waren schon leicht beduselt, auch Niall Augen hatten schon einen roten Stich. Kein Wunder! Während ich bei meiner Cola und meinen Mineralwasser blieb, leerten sich die Jungs ein Glas Bier nach dem anderen runter. Ich versuchte dem Gelalle der Jungs noch zu folgen, aber sie lachten ständig und mit ihrem strengen Dialekt verstand ich fast kein einzelnes Wort.
Ohne mich vom Tisch zu entschuldigen stand ich auf und ging zu den Toiletten. Zwei Mädchen standen am Waschbecken und lästerten anscheinend über eine andere. Ich ging an ihnen vorbei und öffnete die Kabine. Während ich da saß, lass ich das Gekritzel an den Wänden. Alle möglichen Namen und Telefonnummer standen in schwarz an den Wänden, aber auch Beschimpfungen und Namen von Kerlen die in Herzchen eingekreist waren. Die Stimmen der Beiden Mädchen verschwanden als eine Tür ins Schloss fiel und jemand spülte.
Ich tätigte die Spülung ebenfalls und sperrte meine Kabine auf. Doch als ich gerade aus zum Waschbecken sah, hielt ich inne. Und auch Holly warf mir einen Blick durch den Spiegel zu. Einen Blick, den ich nicht deuten konnte.
"Amara, auch wieder in der Stadt?", fragte sie schon fast zu freundlich.
Natürlich musste ich gerade auf sie treffen. Die eine Person, auf die ich am meisten verzichten könnte.
Kapitel 29
"Amara, auch wieder in der Stadt?", fragte sie schon fast zu freundlich. Ich wendete den Blick vom Spiegel ab und ging auf das Waschbecken neben ihr zu. "Sieht wohl so aus." murmelte ich und drückte mir Seife am Seifenspender runter. Ich musste ein paar Mal vor dem Sensor des Wasserhahns herumfuchteln, bis endlich Wasser lief. Holly nahm währenddessen einen Lipgloss aus ihrer Tasche und verteilte ihn auf ihren Lippen. "Es hat mir sehr gewundert dich hier zu sehen mit Niall." fuhr sie fort. Ich drehte mich währenddessen zur Seite und trocknete meine Hände ab. "Warum?" Was war so komisch daran dass ich mit Niall in der Stadt bin. Schließlich leben unsere Eltern hier.
Sie drehte ihren Kopf zu mir und lächelte: "Versteh mich nicht falsch, aber ich habe einfach nicht mit dir gerechnet. Niall hat erwähnt, dass er zu Besuch kommt, aber dein Name fiel nicht. Ich dachte du bist in London und mit deinen neuen Leben beschäftigt." Holly legte ihren Kopf etwas zur Seite und kniff die Augen zusammen: "Außerdem habe ich gedacht, dass ihr euch noch immer aus dem Weg geht. Ich meine dieser Streit ... weil er und ich, du weißt schon." Ich sah sie starr an, was Holly zum Kichern brachte. Augenblicklich stopfte ich das Stück Handpapier in den Mülleimer und stürmte an der blöden Kuh vorbei.Niall hat erwähnt, dass er zu Besuch kommt. Entweder Holly hat mich gerade angelogen, um mich auf die Palme zu bringen oder Niall hat mir ins Gesicht gelogen, als er uns erzählt hat, dass er Holly nicht mehr gesehen hat seit der Hochzeit. Aufgebracht drängte ich mich durch die Menge um wieder an den Tisch zu gelangen. Doch als ich dort ankam, saß schon Amber auf meinen Platz neben Matt und verteilte kleine Gläser mit einer weißen Flüssigkeit. Sie stießen die Gläser zusammen und kippten den Alkohol wie Wasser in ihre Münder. Ihr schwarzer Schopf drehte sich zu mir. Sie winkte mir zu. "Amara!", schrie sie laut und die Jungs begannen zu jubeln.
Kurz war ich am überlegen, ob ich einfach meinen Kram nehmen sollte und nach Hause fahren, aber ich tat es nicht. Ich wollte Niall nicht hier lassen bei Holly und Amber. Die Beiden arbeiteten doch nur gegen mich. Und gerade als ich an Holly dachte, ging sie an mir vorbei an unseren Tisch. Sie stellte sich neben Niall und zwang die ihn und Sean nähern zusammen zu rutschen damit sie noch an ihrer Bank Platz bekam. Ich schnaubte. Ich hasse Holly!
Vom Nachbartisch nahm ich mir einen freien Stuhl und setzte mich an den Rand unseres Tischs. Matt schob mir mein Glas Cola zu. Dankend nahm ich es und nahm erst Mal einen Schluck. Ich musste die Wut in mir runterschlucken und versuchen mir nichts anmerken zu lassen, dabei mied ich Nialls Anblick. Wenn ich ihm jetzt angesehen hätte, wäre ich vermutlich in die Luft gegangen.
"Niall du musste versuchen öfter nach Hause zu kommen. Die letzten zwei Monate sind viel zu langsam vergangen." kicherte Holly heiter neben mir. Niall erwiderte nichts darauf. "Holly jetzt befummle Niall nicht immer so! Wir sind in der Öffentlichkeit", zischte Matt sie an und wieder kicherte sie: "Ups. Das ist mir überhaupt nicht aufgefallen." Vermutlich weil sie in einer Traumwelt lebt, in der sie auf Einhörnern reitet.
Amber bestellte eine weitere Runde Shots, die kurz darauf schon am Tisch ankamen. Auch mir wurde ein Glas vorgesetzt. "Ich bin mit dem Auto da", stellte ich klar und schob das Glas weg von mir, klammerte meine Hand an das Glas Cola vor mir. "Dann lass es stehen. Für was gibt es Taxis?" fragte Amber und zog dabei eine Augenbraue hoch, aber ich blieb bei meiner Meinung. Ich hatte nicht vor mein Auto hier stehen zu lassen, außerdem geht morgen Mittag der Flug zurück nach London und den wollte ich nicht mit einem Kater verbringen.
Sie stoßen wieder an und kippten den Alkohol runter. Amber schnappte sich nach ihrem Glas auch noch meines. Nach der sechsten Runde lehnte ich mich mit gekreuzten Armen an der Rückenlehne meines Stuhles an. Mein Glas war schon lange leer und ich hatte die Nase gestrichen voll. "Amara! Wills'te tanzen m'mit mir?" nuschelte Sean neben Niall. Ich schüttelte den Kopf. "Ach komm." Er hickste: "Dein brit...ischer Freund wird schon 'nix dagegen hab'm."
Mein britischer Freund. Kaum zu fassen! Als ich nach Mullingar gereist bin, hatte ich noch einen britischen Freund und kaum ein paar Tage später war ich mit einem irischen Jungen zusammen. Ich erkenne mich selbst nicht mehr. "Na gut."
Er hob die Hand, um mit Niall einzuschlagen, aber der sah ihn nur wortlos an. Sean zuckte mit der Schulter und kletterte elegant über Nialls und Hollys Schoss. Er zog mich mit seiner Hand vom Stuhl hoch und nahm mich mit auf die Tanzfläche. Unsere Tanzkünste ließen zu wünschen übrig, aber es waren sowieso alle hacke dicht, die würden sich überhaupt nicht mehr daran erinnern können mich tanzen zu sehen. Er wirbelte mich herum und fiel dabei fast über seine eigenen Füße. Sean behielt aber stets Abstand zu mir, damit es nicht irgendwie komisch oder unangebracht wurde. Der Song endete und somit auch unser tanz. Als wir zum Tisch zurückgingen beglichen die Jungs gerade die Rechnung. Gehen wir endlich?
"Es ist gleich um die Ecke", sagte Holly und Amber nickte hastig. Sie hob die Hand: "Ja, wir sind gleich da. Da sind wir endlich unter uns." -"Ich weiß, wo Holly wohnt", erwiderte Niall schnippisch und Matt nickte ebenfalls. Was ist los?
"Yo, wo gehen wir hin?" frage auch Sean verwirrt.
"Zu mir", antwortete Holly schlicht. "Ihr kommt doch auch mit, oder?"
Ihr wäre es sicher recht gewesen, wenn ich abgesagt hätte, deshalb nickte ich. Ich wollte nicht, aber wenn Niall ging, blieb mir nichts anderes übrig.
Mit lautem Gegröle verließen wir das Pub. Sichtlich betrunken schwangen die Jungs hin und her beim Gehen. Das lag bestimmt von dem durcheinander trinken. Ich ging hinter der Gruppe, während Matt, Sean, Amber, Niall und Holly eine Linie bildeten und sich gegenseitig stützen.
Nach einer Viertelstunde kamen wir endlich vor einen Haus an. Holly zückte einen Schlüssel und öffnete die Haustür für uns. Wie ich es mir gedacht habe lebte die Anwaltstochter nicht schlecht. Die Einrichtung war modern und hell. Es war schön - leider.
"Meine Eltern sind nicht da", teilte Holly mit, die ihre Handtasche auf die Couch war und in die Küche verschwand um nur wenig später mit einer Flasche Wodka und Bier zurückzukommen. Während sie alle noch mehr Alkohol hinunter leerten saß ich still schweigend neben ihnen. Ich hatte meine Beine übereinander gelegt und stütze meinen Kopf mir meiner rechten Hand, die an der lehnte des Sessel lag.
"Lasst und doch was spielen." grinste Amber angeheitert. "Flaschendrehen!" rief sie begeistert. Ich dachte wir wären schon aus dem Alter, in dem man Flaschendrehen spielt.
"Ich bitte euch. Das ist doch nicht euer ernst?" fragte Niall und ich war überrascht davon. Er sah mich kurz an und räusperte sich. Aber Amber deutete mit dem Finger auf ihn. "Hast du etwa schiss, Horan? So kenne ich dich gar nicht."
"Nein, aber das ist doch kindisch."
"Sagt der Schisser." zog Amber ihn auf und kicherte. Und genau dann hatte sie ihn am Hacken. Er spielte mit. "Amara du spielst doch auch mit, oder?" fragte sie mich, bevor die die Bierflasche am Tisch drehte. Ich rollte mit den Augen. Mit mir gab es zumindest eine Chance mehr, dass Niall nichts mit Holly tun musste. "Die Regeln sind klar, oder? Der, der dreht, darf denjenigen auf den die Flasche zeigt, etwas auftragen oder eine spezielle Fragen stellen. Die natürlich wahrheitsgemäß beantwortet werden muss", erklärte Amber und begann die Flasche zu drehen.
Sie hielt bei Sean an, der einen Schluck aus seiner Bierflasche nahm. "Sean", begann Amber und biss sich auf die Lippe. "Mit wem von uns Mädchen hier würdest du am liebsten schlafen? Sie so richtig ... durchnehmen." Er grinste, setzte die Flasche wieder erneut an seinen Lippen an und nickte dann tatsächlich in meine Richtung.
Diese Information musste ich nun wirklich nicht wissen. Schon alleine die Vorstellung daran, zu wissen, was er von mir hielt, machte mich wirr im Kopf. Ich sah zu Niall, der wiederum Sean ansah. Nun war Sean an der Reihe und die Flasche blieb auch Holly stehen. Sie und Amber mussten sich einen Zungenkuss geben, was Sean zum Jubeln brachte. Matt verzog das Gesicht angewidert und Niall sah zu mir.
Mein Herz begann zu pochen als ich sah, wie die Flasche zu mir zeigte und Holly mich angrinste. Warum spielte ich hier überhaupt mit? Warum bin ich überhaupt mitgekommen? Das ist doch lächerlich! "Amara geht mit Sean hoch. Erste Tür rechts. Ihr habt zehn Minuten für euch."
Ich biss die Zähne zusammen und stand von meinem Platz auf, während Sean hinter mir nach torkelte. Sean brauchte länger als ich beim Stufen steigen. Was soll das bitteschön bezwecken? Glaubt sie im ernst, dass wir jetzt übereinander herfallen? Da hat sie sich aber geschnitten!
Wir befanden uns wohl in einen Gästezimmer. Ein großes Bett mit hellgrüner Bettdecke stand im rechten Teil des Zimmers. Ein großes Fenster, ein Schreibtisch und ein kleiner Fernseher gab es auch noch. Ich setzte mich auf den Schreibtischstuhl und Sean ließ sich auf das Bett fallen.
Ich drehte mich im Stuhl und begann die Schubladen zu öffnen, in denen sich nichts befand. Sean lag nur am Bett und starrte derweil die Decke an. Ich fand es klasse, dass er nichts versuchte und keinen blöden Spruch losließ.
Nach zehn Minuten gingen wir wieder nach unten und setzen uns zurück an unsere Plätze. Wir ignorierten die Fragen von Holly und Amber. Genervt drehte ich die dämliche Flasche, die auf Matt liegen blieb. Ich wusste sowieso nicht was ich ihn anschaffen sollte, deshalb stellte ich ihm einen schlichte Frage: "Welches deiner Tattoos gefällt dir am besten?"
Amber zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. Matt zeige auf den Totenkopf auf seinen Arm. Wir spielten noch eine Runden, in dem ich erzählen musste, dass ich keine Jungfrau mehr war, Amber Sean einen Knutschfleck verpasste, Matt sein Shirt ausziehen musste, Niall und Matt sich küssen mussten und Niall zugeben musste, dass er sein erstes Mal mit Holly hatte, die knallrot wurde und wie verrückt kicherte. Weil das alles ja so witzig war, vermutlich hätte sie noch gerne alle Detail verraten. Bitte, spar es dir!
Amber war wieder am Zug und drehte die Flasche, die auf Niall zeigte. Ich musste immer mit den Augen rollen, wenn ich in ihr Gesicht schauen musste und mitbekam wie sie grinste. "Ich habe ne klasse Idee Niall..." begann sie, stand auf und zog Holly auf ihre Beine die beide anschließend in die Küche verschwanden.
Sie kamen zurück und stellten einen Salzstreuer, geschnitten Zitronen-spalten und Tequila auf den Tisch. Holly legte ihr Haar auf einen Seite und setzte sich wieder zu Niall. "Von ihrer Brust Niall. Du kennst dich aus, oder?"
Niall verzog die Lippen und nickte. Er füllte sich ein Schnapsglas mit Tequila auf und nahm sich eine Zitrone, die er vor sich auf den Tisch legte. Anschließend beugte er sich auf Holly zu und leckte ihr über die Brust, es war als ob sie mit Absicht ein Shirt mit weitem Ausschnitt anhatte.
Er leckte ihr über die Brust!
Danach streute er Salz über die Feuchte stelle und nahm sein Glas in die linke Hand und die Zitrone in die rechte. Niall leckte Holly erneut ab, stürzte den Tequila hinunter und biss in die Zitrone. Holly lachte, fand das alles lustig. In mir brodelte es! Niall hätte nein sagen sollen! Mir ist es egal ob das nur ein Spiel ist oder nicht! Wir sind doch erst seit ein paar Stunden zusammen und jetzt dieser Mist!
Entschlossen zu gehen, stand ich auf, nahm meine Tasche und ging ohne etwas zu sagen. Wenn er mir jetzt nicht hinterherläuft, was das.
Ich drehte mich nicht um, ging den Weg zurück zu meinem Auto. Vielleicht rege ich mich jetzt viel zu sehr auf, aber in meinen Augen ging das so nicht! Ich kramte meinen Schlüssel aus meiner Tasche und entriegelte mein Auto. Ich war einen letzten Blick über meine Schulter, aber Niall war nicht zu sehen.
Ich schimpfte, fluchte und schlug einige Male wütend gegen das Lenkrad. Warum kann nicht einmal alles glatt bei uns laufen? Ständig drängte sich etwas zwischen uns! Als würde das Universum uns etwas versuchen zu sagen. Vielleicht sind wir einfach nicht füreinander gemacht und sollten das Ganze auf dieses Wochenende belassen. So viel schien ich ihm ja nicht zu bedeuten, immerhin kam er nicht, um nach mir zu sehen.
Ich drückte scharf auf die Bremse und fuhr einen Gartenzwerg in der Einfahrt nieder. Das Auto krachte, als ich über die Figur fuhr und den Wagen in der Garage ab parkte. Die Lichter im Haus waren aus, deshalb tastete ich mich vorsichtig mit meinen Händen an der Wand entlang und tapste die Treppen hoch in mein Zimmer. Dort machte ich das Licht an, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. Ich hob meinen Reisekoffer von meinem Kleiderschrank, öffnete ihn und legte ihn auf den Boden. Im Kleiderschrank suchte ich erste überhaupt nicht nach den Klamotten, die ich mitgenommen hatte, sondern nahm einfach stoßweise alles heraus und warf es in den Koffer. Ich musste mich rauf setzten um ihn schließen zu können. Und während ich noch Kleinigkeiten, wie mein Ladekabel einpackte, rief ich mir ein Taxi an und schrieb einen Zettel für meine Mum, den ich ihr unten auf die Pinnwand hing.
Vermutlich war es nicht die beste Idee sofort zu flüchten, wenn einmal etwas anders lief als es mir recht war, aber ich wollte nicht diskutieren und Holly ist sowieso ein rotes Tuch für mich. Sie war eigentlich ganz okay - zumindest als ich sie kennengelernt hatte, aber wehe Niall war da, dann ging es nur noch um ihn und das kotze mich an. Für mich schien es, als, obwohl es ihm vielleicht überhaupt nicht bewusste war, er noch immer an ihr hing. Warum zum Teufel hatte er sonst Kontakt mit ihr und leckte ihr Salz von der Brust?! Ganz ohne zu zögern. Das macht man doch nicht nur wegen einen Spiel.
Ich befand mich bereits am Straßenrand und saß auf meinen Koffer. Das Taxi müsste gleich hier sein und mich zum Flughafen bringen. Den Mittagsflug hatte ich schon storniert und mir dafür einen etwas überteuerten für den frühen Morgen gebucht. Es war kurz vor ein Uhr und der Flug ging um sechs. In meinen Nachrichten suchte ich nach Nialls Namen. Ich biss mir auf die Lippe und war kurz und dran ihn eine gepfefferte SMS zu schreiben, aber beließ es dabei. Meine Gefühle spielten gerade Achterbahn und ich wollte es nicht übertreiben. Ich habe nichts getan, er war derjenige, der es übertrieben hat. Sollte er sich gefälligst bei mir melden. Obwohl. Eigentlich wollte ich jetzt nicht mit ihm sprechen. Soll er doch bei Holly bleiben!
Von weitem sah ich die Scheinwerfer eines Autos leuchten. Mein Taxi. Zu meinem Glück saß eine Frau am Fahrersitz. Ich mochte es nicht mit Männern, um diese Uhrzeit zu fahren, dabei hatte ich immer ein ungutes Gefühl. Und als hätte Niall gewusst, dass es jetzt seine Pflicht war mich anzurufen, sah ich wie sein Name auf meinem Telefon aufleuchtet. Ich drückte ihn weg.
Die Fahrerin stieg aus und räumte meinen Koffer in den Kofferraum, während ich mich auf die Rückbank setzte. Auf der Autobahn sahen wir nur selten andere Autos. Der Radio dudelte leise vor sich hin und die Fahrerin sah mich immer wieder mal durch den Rückspiegel an. Was wohl daran lag dass ich zu weinen begonnen hatte und versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken. Niall hatte mich noch zwei weitere Male angerufen, aber ich ging nicht ran. Ich biss die Zähne zusammen und wischte mir mit meinen Handrücken die Tränen von den Wangen. "Fräulein. Darf ich Ihnen ein Taschentuch anbieten?", fragte sie mich mitfühlend.
Ich nickte. "Ja ... bitte.", es war eine leise Antwort mit gebrochener Stimme. Sie reichte mir eine Packung Tempos nach hinten und ich bedankte mich. Sie fragte nicht was los war, sondern reichte mir die Fahrt über immer wieder Taschentücher.
Die Rechnung war wegen der langen Fahrt ins Unermessliche gestiegen, aber ich war in den Zustand, in dem mir so etwas wie Geld egal war. Ich bezahlte den Betrag einfach mit Karte und gab ich noch Trinkgeld. "Für die Taschentücher..." murmelte ich und versuchte zu lächeln.
Am Flughafen in Dublin war es ruhig. Wartende Passagiere saßen oder lagen sogar auf den Bänken des Flughafens. Ich schob meinen Koffer hinter mir nach und drückte mir zuerst einen Becher Kaffee an einen Automaten herunter und ließ mich schließlich auf eine freie Bank fallen.
Erschrocken suchte ich mein Telefon als ich meinen Klingelton hörte. Das Herz rutschte mir in die Hose. Ich war einen Blick auf das Display und ließ augenblicklich die Schultern fallen.
Matt.
Zögernd strich ich über den grünen Button und klemmte mir das Telefon zwischen Schulter und Ohr. "Matt?", fragte ich. Es war kurz still und ich hörte ein Rascheln.
"Amara! Wo zum Teufel steckst du!" Es war Niall. Er klangt aufgebracht." Warum hebst du nicht ab, wenn ich dich anrufe?"
Das ist jetzt nicht sein Ernst! "Wo ich stecke geht dich überhaupt nichts an! Und du weißt genau warum ich nicht abhebe!" brüllte ich ins Telefon. Die fremden Leute um mich sahen mich erschrocken an.
"Du bist meine Freundin! Natürlich geht mich das etwas an! Ich weiß wirklich nicht was du hast. Das war doch nur so ein scheiß Spiel! Ich will nichts von Holly!", versuchte er sich zu erklären. Ich schüttelte den Kopf und seufzte: "Genau, ich bin deine Freundin! Und das erst seit einem halben Tag und da musstest du schon...", ich stoppte mitten im Satz. Für meine Verhältnisse hatte ich schon zu viel Zuhörer. Die genauen Details wollte ich ihnen ersparen. ."... Ich hasse Holly und das weißt du genau! Du hättest nein sagen sollen!". Ich atme tief ein und aus und sprach ruhiger weiter: "Du bist mir nicht mal gefolgt als ich gegangen bin."
"Das ist nicht wahr." Sein Tonfall war ebenfalls ruhiger geworden. "Ich bin aufgestanden und dir hinterher gegangen. Amber und Holly haben mich am Arm gepackt und da bin ich sauer geworden, hab versucht sie von meinen Armen zu schütteln. Dabei ist Amber hingefallen und hat sich den Kopf an einen Schrank verletzt. Sie hat geblutet und wir mussten die Rettung rufen. Die haben sie ins Krankenhaus gefahren. Ich schwöre es Amara. Ich bin wollte dir hinterhergehen."
"Oh." sagte ich irgendwie erleichtert. Ich wusste nicht, was ich sonst darauf erwidern sollte, denn sauer war ich noch immer.
"Also, wo bist du? Ich bin mit Matt bei uns zu Hause und da bist du nicht?", fragte Niall. Ich leckte mir über die Lippe und sah mich am Flughafen um. "Ich bin am Flughafen."
"Ich hole dich ab", sagte Niall prompt und ich hörte das Geräusch von Schlüsseln.
"Nein. Du hast getrunken, du kannst so nicht Autofahren", erinnerte ich ihn.
"Ich nehme ein Taxi."
"Nein, ich will dich gerade nicht sehen. Ich warte auf meinen Flieger. Wir sehen uns in London wieder. Machs gut." Ich legte auf und nahm mein Telefon vom Ohr. Amber hatte sich verletzt. Karma ist ne Bitch. Gehört ihr, immerhin war sie diejenige, die hinter der Idee mit diesem bescheuerten Spiel steckte. Mir wäre noch auf der Zunge gelegen, ob Holly recht hatte, dass sie Kontakt hatten, aber ich wollte mir noch etwas aufheben für den Zeitpunkt, an den er morgen an meine Tür klopfen wird.
Ich trank meinen Kaffee aus und entsorgte den leeren Becher in einen Mülleimer nicht weit weg von meiner Bank. Die Zeit des Wartens nütze ich, um meine Gedanken zu sammeln und mir über einige Dinge klar zu werden. Still und Heimlich hatte ich auch gehofft, dass Niall tatsächlich hier auftauchen würde. Das tat er aber schon nicht. Entweder ich schraubte meine Vorstellungen von ihm als mein Freund zu hoch oder er tat zu wenig.
Der Flug verging ruhig und ich war froh, als ich endlich in London ankam. Ausgemacht war das Tobi mich vom Flughafen zu Mittag abholen sollte, aber da ich mich nicht bei ihm gemeldet hatte, da ich ihn so früh am Morgen nicht wecken wollte, nahm ich mir wieder ein Taxi.
Ich musste meinen vollgepackten Koffer in den zweiten Stock hochhieven und dabei musste ich an den Tag denken, als ich hier eingezogen bin. Tobi und ich waren schon einige Male die Treppen auf und ab gestiegen, davon bekam ich Seitenstechen und machte ein Päuschen auf einer Treppe im ersten Stock. Dylan kam mir zur Hilfe und obwohl er mich noch überhaupt nicht gekannt hatte, reichte er mir ein Glas Wasser und half uns anschließend.
Ich hielt kurz inne und warf einen Blick zur Dylans Tür. Bitte, komm jetzt nicht heraus. Ich biss mir auf die Lippe und steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch, ich drehte ihn und hörte das Klicken. Erleichtert öffnete ich die Tür und zog meinen Koffer nach drinnen. Ich schlüpfte aus meinen Sneakers und hing die schwarze Weste an einen freien Hacken an der Kommode auf. Ich war tot müde und wollte einfach nur in mein Bett fallen, keine einzige Minute Schlaf hatte ich diese Nacht bekommen. Meinen Koffer ließ ich ihm Flur stehen, er würde schon niemanden stören. Doch als ich das Wohnzimmer betrat, zuckte ich erschrocken zusammen. Ich schluckte und sah den Fremden mit geöffnetem Mund an. "Ähm... Wer bist du?"
Auch er schien überrascht von meiner Anwesenheit zu sein: "Peter", antwortete er. Es würde vielleicht nur halb so komisch sein, einem Fremden im eigenen Wohnzimmer zu begegnen, wenn er zumindest mehr als nur eine Kochschürze tragen würde. Er war nackt darunter - ohne irgendetwas. Peter war braun gebrannt und hatte kurzes braunes Haar. Seinen Körper nach zu urteilen trieb er viel Sport.
"Darf ich fragen was du hier machst Peter?", fragte ich ihn, denn ich konnte mir nicht erklären was er um diese Uhrzeit, halbnackt hier trieb. Von Sophie und Tobi war auch nichts zu sehen. Er wird doch kein Stripper sein oder doch? Haben die im ernst eine Party geschmissen als ich nicht hier war?
"Tobias ist Brötchen holen gegangen. Ich sollte hier warten", erzählte er und rieb sich beschämt den Nacken. Ich nickte und wendete den Blick von ihm ab. "Verstehe." Tobi war also der Übeltäter. Es musste sich wohl bei diesem Kerl um das Gestöhne handeln, von dem Dylan am Telefon erzählt hat. Ich räusperte mich: "Ich bin übrigens Amara, Tobis Mitbewohnerin. Tut mir leid, dass ich so reingeplatzt bin. Ich hätte eigentlich erst später anreisen sollen. Wenn er zurück ist, kannst du ihn dann bitte in mein Zimmer schicken?"
Er nickte und begann in kleinen Schritten zu Tobis Zimmertür zu gehen, aber so, dass er seinen nackten Hintern nicht in meine Richtung drehen musste. Als er im Zimmer verschwand, holte ich meinen Koffer aus dem Flur und schob in ihn meine Zimmer. Obwohl mich die Müdigkeit drückte ging ich noch duschen. Ich fühlte mich verschwitzt und wollte unbedingt den Geruch loswerden.
"Amara?" Ich kniff die Augen zusammen und stellte den Wasserhahn ab. War da was?
"Amara?", hörte ich erneut. Jemand klopfte gegen meine Badezimmertür.
"Einen Moment!", rief ich zurück und stieg aus der Dusche. Ich wickelte mir ein großes Handtuch um den Körper und öffnete die Tür.
"Hey. Ich hoffe Peter hat dich nicht zu sehr erschreckt.", fragte Tobi keck und lehnte sich am Türrahmen an.
Schmunzelnd drehte ich mich um und stellte mich vor meinen Spiegel: "Diesen Anblick werde ich nie wieder vergessen. Für eine Sekunde dachte ich, dass er ein Stripper wäre. Er trug nur eine Kochschürze! Was habt ihr bitteschön angestellte, als ich nicht hier war?"
Tobi öffnete die Lippen, grinste und schüttelte leicht den Kopf. Ich hob die Hand: "Okay, ich glaube, ich will es überhaupt nicht wissen." Er lachte und ich begann mir meine nassen Haare zu bürsten.
"Die bist viel zu früh wieder zurück. Ist was passiert?", wollte er wissen und ich ließ meine Hand sinken.
Seufzend nickte ich. "Ja, aber ich muss erst darüber nachdenken was ich als nächstes mache. Ich erzähle es euch später. Wo ist eigentlich Sophie?"
Tobis stieß sich vom Türrahmen ab, ließ die Hände in seine Taschen gleiten und kam auf mich zu. "Gestern hat wieder die eine Frau angerufen. Ich hab nicht genau nachgefragt, Sophie hat nur irgendwas von einen Poolhaus gestammelt und hat ihre Sachen gepackt. Sie kommt heute Abend wieder zurück."
"Diese Davina scheint voll auf Sophie abzufahren. Ich freue mich für sie.", sagte ich ehrlich und lächelte Tobi an. Er zuckte mit den Schultern: "Scheint so. Aber ich hoffe, sie wird nicht eines dieser Magermodels! Denn wenn das passieren sollte, schiebe ich ihr höchstpersönlich einen Schokoriegel in ihren Mund!" Wir begannen beide lauthals zu lachen. Ach Tobi, ich habe ich so gern.
"Also..." er atmete laut aus. „Ich habe frische Brötchen geholt. Hast du Hunger?"
"Ja, hätte ich. Aber lass mich zuerst etwas anziehen. Nur weil ich deinen Peter fast nackt gesehen habe, werde ich nicht dasselbe für ihn tun."
Tobi hob grinsend die Augenbrauen: "Ich glaube nicht, dass er dich recht angaffen würde, immerhin steht er auf Kerle." Ich schüttelte den Kopf lachend und schubste Tobi aus meinem Badezimmer. Ein Vorteil meines Zimmers war mein fast eigenes Badezimmer. Warum nur fast? Weil dieses Badezimmer zwei Türen hatte. Es war mit meinen und Sophies Zimmer verbunden und Tobi nutze das Badezimmer, dessen Tür am Flur war.
Beim Frühstück mit Tobi und seinen Freund, erfuhr ich, dass Peter der Streifenpulli Typ war. Peter war nett und höflich. Er erzählte mir auch, dass er in einer Redaktion jobbte und in einer eigenen Wohnung ein paar Straßen weiter wohnte. Irgendwann mitten beim Essen rief mich meine Mutter bestürzt an. Sie hatte meine Zettel gefunden. Ich ließ mir eine Ausrede einfallen und wimmelte sie ab. Ich hätte nur liebend gern mit jemand darüber gesprochen, hätte wirklich gerne jemanden um Rat gebeten, wie ich mich jetzt Niall gegenüber verhalten sollte. Ich wollte mit meiner besten Freundin darüber sprechen, aber die war ja nicht da. Tobi hätte mir auch zugehört, aber ich wollte mit Sophie darüber sprechen. Von Mädchen zu Mädchen.
Nach dem Frühstück legte ich mich auf Ohr. Ich hatte mir den Wecker so eingestellt, dass er in drei Stunden läuten würde, weil ich wusste, dass ich sonst bis am Abend schlafen würde. Mein Tag-Nacht Rhythmus wäre dann im Arsch.
Mein Wecker klingelte und ich konnte mich noch genau an meinen Traum erinnern. Es war eine Welt in dem Tier die Herrscher waren. Ich war der Diener einer Katze und wollte einen Aufstand anhetzen. Ich strecke meine Arme aus und gähnte. Genau in diesen Moment müsste Nialls Flieger landen. Er wird vermutlich bald hier aufschlagen. Normalerweise wäre ich jetzt aufgestanden, hätte mich hübsch gemacht und würde auf ihn warten. Aber das hatte er nicht verdient. Ich werde genauso belieben wie ich bin! In Schlafklamotten und ungeschminkt.
Um mir die Zeit zu vertreiben stand ich auf und holte mir den Umschlag mit den Infos meines Vaters. Ich sah mir die Bilder an und fragte mich, wie es wohl gewesen wäre, wenn meine Eltern zusammen gewesen wären, geheiratet hätten. Eines stand fest: alles würde anders sein. Ich würde nicht hier sitzen und sauer auf Niall sein, denn ihn würde ich überhaupt nicht kennen. Ich hätte sein Gesicht nur von Medien gekannt. Ich hätte auch eine Schwester, mit der ich mich hoffentlich gut verstanden hätte. Und wer weiß, vielleicht werden wir uns gut verstehen, sobald wir uns treffen.
Ich hatte mir vorgenommen diese Wochen noch bei ihm anzurufen und meinem Glück eine Chance zu geben. Den Umschlag legte ich in die Schublade meines Schreibtisches auf den, die noch immer verpackte, Kamera meiner Mutter stand. Es war eine teuer. Ich verstand wirklich nicht wie sie auf die Idee kam mir so etwas zu kaufen. Nur weil ich sie früher immer Fotografieren musste, hieß es nicht dass ich das als mein Hobby bezeichnete.
Es klopfte an meiner Tür. Ich seufzte, band mir beim Gehen noch meine Haare zusammen und öffnete die Tür. Ich öffnete sie nur einen Spalt und lehnte mich danach an ihr an. "Hey." sagte er und hob seinen Arm. Ein Bund rosa Rosen lächelte mir entgegen. "Sind für dich." erklärte er das offensichtliche. Ich sah Tobi im Wohnzimmer stehen. Er sah mich mit großen verwirrten Augen an und auch Peters Mund stand offen.
"Dankeschön.", sagte ich knapp und nahm in den Bund ab.
Niall räusperte sich. "Können wir reden?"
Ohne zu antworten machte ich die Tür weiter auf um ihn in mein Zimmer zu lassen. "Ich war noch nie in deinen Zimmer.", sagte er und drehte sich zu mir. Ich schloss die Tür und legte die Rosen an meinen Schreibtisch ab. Bei seinen letzten unerwarteten Besuch war er bei uns im Wohnzimmer und mit mir am Balkon. Wir hatten und zu diesen Zeitpunkt vertragen. "Du bist auch erst das zweite Mal hier.", stelle ich schließlich fest.
"Mein Verhalten von letzter Nacht tut mir leid. Ich wusste nicht, dass es dich so auf die Palme bringen würde. Ich bin dumm, hätte nein sagen sollen. Hätte erst überhaupt nicht mitgehen sollen.", er kam einen Schritte auf mich zu. "Ich habe versucht mich normal zu verhalten. Und ohne Freundin, hätte ich keinen Grund mich wegen so etwas aufzuregen."
Ich legte meine Hand auf meine Brust. "Aber ich bin deine Freundin. Ja, ich verstehe es, dass wir das nicht öffentlich zeigen sollten, aber Niall ... das geht so nicht. Du hast mich damit verletzt."
Niall legte seine Arme auf meine Schultern: "Amara, es tut mir wirklich leid. Ich werde es jetzt auch nicht auf den Alkohol schieben, denn ich war mir bewusst was ich da tue. Ich will dass das mit uns funktioniert. Vergib mir, bitte."
Die Art wie er mich ansah und vergib mir sagte, ließ alle meine Wut in Schmetterlinge verwandeln. Weswegen hat er so einen Effekt auf mich? Ich kann ihm nicht mal lange böse sein. Schrecklich! "Niall ich...", ich schluckte. Er legte seine Hand auf meine Wange: "Vergib mir, bitte." wiederholte er in einen flüstern. Wie in Trance nickte ich, legte meine Hände um seinen Nacken und ließ mich von ihm küssen. Sanft und leidenschaftlich. Niall zog mich hoch und ich legte meine Beine um seine Hüfte. Langsam trug er mich auf mein Bett, auf dem er mich legte und sich über mich stützte. Fordernd begann ich an seiner Unterlippe zu saugen. Ich legte meine Hand gegen seine Brust und drückte sanft, wollte ich klar machen dass ich die Position wechseln wollte, aber er nahm meine Hand weg und löste seine Lippen von meinen. "Ich bin dran mit Entschuldigen.", grinste er verschmitzt. Niall wendete sich meinen Hals zu, er schien meine Empfindliche Stelle schon zu kennen, denn Zielbewusst begann er genau da mich zu küssen. Ich reckte meine Hals zur Seite und biss die Zähne zusammen. Verdammt!
Bei unseren Bewegungen rutschte mein Shirt hoch, so dass Niall es gleich ausnutze und mit seiner Hand das untere Ende nahm und es mir über den Kopf zog. Er lächelte mich an, warf einen Blick auf meinen BH und legte sich neben mich, den Kopf mit seiner Hand gestützt. Ich biss mir auf die Lippe. Was ging ihm gerade durch den Kopf? Etwas irritiert beobachtet ich ihn, wie er sich seinen Zeigefinger in den Mund steckte, in befeuchtete und anschließend unter meinen Hals positionierte. Meine Haut kribbelte als ich fühlte wie er mit seinem feuchten Finger eine gerade Linie zwischen meinen Brüsten bis zu meinen Hosenbund zog. Niall beugte seinen Kopf zu meinen, küsste mich und ließ seine Zunge mitwirkend, während seine freie Hand meinen Oberschenkel entlang strich. Ich fühlte mich wie Butter unter seinen Berührungen. Es war wie in einen Rausch aus Gefühlen. Ich stöhnte, als ich fühlte wie er seine Hand über den Stoff meiner Mitte gleiten ließ. Mit gleichmäßigen Kreisen begann er dagegen zu reiben. Ich musste den Kuss beendeten um mir auf die Lippe zu beißen. Niall lachte selbstischer und wisperte mir ein "Shhh.." ins Ohr. Er legte sich wieder zur Seite, machte aber mit seiner Arbeit weiter.
Doch plötzlich stoppte er und ich öffnete meine geschlossenen Augen. Er kann doch jetzt nicht einfach aufhören! "Niall...", flüsterte ich, wollte es aber nicht aussprechen. Er grinste, leckte seinen Zeigefinger erneut ab, legte seine Hand auf meinen Bauch und ließ sie langsam bis zum Bund meiner Schlafhose gleiten in die er seine Hand schob.
Ich ballte meine Hand zur Faust und biss mir in den Finger. Schon alleine zu wissen wo er gerade seine Finger hatte, ließ mein Herz rasen. Er zog die Luft scharf ein und ich sah das euch er schwerer Atmete. "Fuck.", keuchte er mir ins Ohr und küsste mich auf die Wange. Er rieb an mir, küsste meinen Hals und atmete mir auf die erhitze Haut. Mein Becken spannte sich automatisch an, als würde es von alleine mit bewegen wollen. Es dauerte nicht lange bis meine Beine zu zittern begannen und mich eine Welle überkam.
Kapitel 30
Meine Brust hob und senkte sich. Diese Entschuldigung hatte ich nicht erwartet. "Das kam..." ich atmete aus, "Unerwartet?" beendet er meinen Satz und ich nickte grinsend. „Ich habe dir doch gesagt, dass wir in London schlimmere Dinge tun können." sagte er süffisant und betonte dabei das Wort "Dinge" extra. Ich schlug ihn spielerisch gegen die Brust. Niall lachte und legte seine Arme um mich. Ich fühlte seinen Atem an meinen Nacken. Am liebsten würde ich für immer in diesen Moment verweilen. Ich mochte es, wie er sich an mich schmiegte, mir kleine küsste auf die Schulter drückte und mit der Hand kleine Kreise auf meine Haut malte.
Ich wollte den Moment nicht zerstören, den wir gerade teilten, aber diese eine Frage brannte mir einfach zu sehr auf der Zunge. Ich brauchte Gewissheit. "Niall, du hast damals gesagt, dass du keinen Kontakt mit Holly hattest, während wir nicht miteinander gesprochen haben. Holly hat was anderes behauptet. Sie hat es mir regelrecht unter die Nase gerieben." Er stöhnte genervt auf und setzte sich auf.
"Was hat Holly gesagt?" Niall war sichtlich genervt von meiner Frage.
"Naja...", jetzt setzte ich mich auch auf. "Eben, dass du ihr erzählt hast, dass du nach Mullingar zurückkommst." Ich zuckte mit den Schultern. Niall hob eine Braue und fuhr sich mit seiner Hand durch das Gesicht: "Sie hat mich mal angerufen. Ich habe nicht auf den Display geschaut und da war es schon zu spät. Wir haben nur zwei Minuten miteinander gesprochen. Es war wirklich nichts Besonderes", erklärte er nüchtern.
Ich nickte, stand von meinem Bett auf und griff nach meinem Shirt, das am Boden hinter meinem Bett lag. "Weißt du...", ich schlüpfte hinein. „Während meines Fluges nach Hause habe ich mir eine lange ausführliche Rede einfallen lassen, mit allen Gründen warum ich Holly und Amber nicht ausstehen kann. Und auch mit allen Gründen warum ich dich anschreien sollte wenn du vor meiner Tür stehst."
Er blieb stumm und begann an seinen Finger herumzukauen. Ich rollte mit den Augen und nahm die Rosen vom Schreibtisch. "Du hast echt Glück dass du so heiß bist." Ich hörte wie er erleichtert aufatmete.
"Es tut mir leid." sagte Niall und stand auf. Er kam auf mich zu und legte seine Hände an meine Hüfte.
Ich erwiderte seinen Blick nicht, sondern richtete meine Aufmerksamkeit auf den Bund Rosen in meiner Hand. "Du entschuldigst dich ständig und manchmal frage ich mich, ob du das überhaupt ernst meinst. Denn ich muss zugeben, dass ich mir niemals gedacht hätte, dass du so kompliziert bist. Du tust ständig etwas Dummes und entschuldigst dich bei mir, sagst mir wie leid es dir tut. Hör doch einfach mit dem Unsinn auf, dann musst du dich auch nicht mehr bei mir entschuldigen und wir können zusammen glücklich sein."
"Ich verspreche mich zu bessern. Für dich."
Ich sah auf in sein Gesicht. Er schien es ernst zu meinen - hoffe ich zumindest. Ich flüsterte ein okay, stieg auf meine Zehenspitzen und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. Danach ließ ich von ihm ab und ging mit dem Bund Rosen hinaus um eine Vase zu holen. Niall ging mir hinterher und ließ sich derweil auf den Couchsessel neben Tobi fallen, der wiederum neben Peter auf der Couch saß.
"Willst du was trinken?", rief ich meinen Freund zu, als ich die Vase aus dem oberen Schrank nahm. "Ja, bitte", hörte ich ihm antworten. Ich öffnete den Kühlschrank und eigentlich wie immer herrschte in meinen Fach gähnende leer. Bis auf eine Dose Cola befand sich nicht für mich im Kühlschrank.
"Ich hoffe Cola ist okay, ich hab sonst nichts", sagte ich zu Niall, der nickte. "Wie wär es mit einkaufen?", neckte er mich stattdessen amüsiert. Ich zog die Augen zusammen und setzte mich auf die Lehne seines Stuhls.
"Amara hat vorhin beim Essen von eurem neuen Geschwisterchen erzählt. Freu mich für euch", sagte Tobi zu Niall. Niall nickte: "Ja, kam aber sehr überraschend. Wir hatten nicht damit gerechnet. Stimmst?" Ich fühlte, dass er seine Hand auf meinen Rücken gelegt hatte. "Ja auf alle Fälle", stimmte ich ihm zu. Mein Blick fiel auf Peter, der mit leicht geöffnetem Mund neben Tobi saß und Niall anstarrte, als würde er überlegen von wo er ihn kennt. Plötzlich begann sein Telefon zu läuten und er kramte es aus seiner Hosentaschen. Er biss sich auf die Lippen und sah zu Tobi. "Mein Taxi ist da." Tobi nickte und sagte, dass er Peter nach unten begleiten würde.
"Es hat mich gefreut euch kennenzulernen", sagte Peter noch und winkte und zum Abschied. "Mich auch", erwiderte ich daraufhin und winkte zurück.
Im selben Moment als die Tür ins Schloss fiel, legte Niall seine Hände um meine Taille und zog mich auf seinen Schoss, vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge. Ich begann zu kichern da mich seine Haare kitzelten. "Niall...", lachte ich. "Ich will dich immer in den Armen halten", hörte ich ihn sagen. In meinen Bauch schlugen die Schmetterlinge Purzelbäume. Er nahm seinen Kopf wieder weg und strich mir das Haar zur Seite um in mein Gesicht sehen zu können. Niall begann seine Finger in meinen Haaren einzudrehen. "Ich hoffe du verstehst, warum wir das nicht in die Öffentlichkeit bringen sollen", sagte er leise und ich nickte. "Natürlich verstehe ich das Niall." Er nickte erleichternd: "Ich will nur nicht, dass du denkst, dass ich mich irgendwie für dich schäme und es darum nicht in der Öffentlichkeit zeigen will. Ich will nur, dass sie dich in Ruhe lassen."
Ich lehnte mich gegen seine Brust und legte meine Arme um ihn. Wie kann es sein das er mir gehört? Dass dieser Junge sich mein Freund schimpft? "Es ist so verdammt schön gerade...", wisperte er und strich mir dabei am Oberarm auf und ab. „Ich will dich nicht verlassen." Überrascht von seinen Worten setzte ich mich wieder auf und sah ihn an: "Mich verlassen?"
Niall nickte: "Ja, ich muss am Wochenende nach New York arbeiten. Ich werde erst in zwei Wochen wieder kommen." Ich weiß, dass er arbeiten muss, will ihn aber dennoch nicht für zwei Wochen aus den Augen verlieren. "Sieh mich bitte nicht so an...", sagte er leise und ich begann noch mehr zu schmollen. „Du könntest doch mitkommen", verkündete Niall schlagartig aber ich schüttelte den Kopf. "Das geht nicht, ich muss ebenfalls in die Arbeit. Schon vergessen, ich wohne hier nicht mietfrei", sagte ich und hob meine Hand um auf die Wohnung im Allgemeinen zu deuten. Dennoch fand ich Niall Einladung sehr nett.
"Lös doch das Sparbuch ein."
Ich sah ihn blank an. "Das Sparbuch?", wiederhole ich ihn. "Das kommt nicht infrage! Ich kann doch nicht einfach das Geld von einem Fremden ausgeben, vielleicht will er es wieder zurück und was dann? So viel Geld habe ich nicht."
Niall sah mich fragend an. "Warum sollte er das? Er hat es doch für dich einbezahlt. Du solltest es verwenden."
"Das will ich aber nicht."
Niall verzog das Gesicht nachdenkend: "Hm, wenn du das nicht willst, wäre die einzige Lösung... dass du bei mir einziehst."
Ich gab ihn einen Klaps gegen die Schulter: "Den Gedanken streichst du besser schnell mal wieder. Das kommt ebenfalls nicht infrage!" Wir sind gerade mal einen Tag zusammen, hatten schon einen Streit und nun wollte er, dass ich bei ihm einziehe?! Wie kam er immer nur auf so einen Unsinn?
Er zuckte mit der Schulter. "Ah, ich fände es schon, wenn ich wüsste, dass immer jemand zu Hause ist der auf mich wartet. Der mir über den Hals fallen würde in den Moment, in dem ich zur Tür hereinkomme."
Ich seufzte und senkte den Kopf. "Ich finde es jetzt schon schrecklich zu wissen, dass du Ewig weg sein wirst."
Er küsste meinen Kopf: "Ja, es wird eine Herausforderung werden, aber wir werden es schaffen. Ich spüre das."
Ob wer wohl Recht behalten wird?
Kapitel 31
Heiß!", zischte ich und ließ das Stück Pizza zurück in den Karton fallen.
"Ja, klar. Was dachtest du denn?", fragte Tobi mich spöttisch und biss danach vorsichtig von seiner Pfefferoni-Pizza ab. Niall hatte sich vor über einer Stunde von mir verabschiedet, nachdem er mir noch zwei weitere Male einen Einzug in sein Apartment schmackhaft machen wollte. Warum wollte er, dass ich unbedingt bei ihm mit einzog? Wir sind nur einen Tag zusammen, das wäre doch viel zu überstürzt. Außerdem ist Sophie extra hier hergezogen und so schnell werde ich sie und Tobi sicher nicht verlassen. Ich öffnete die mitgelieferte Cola dose und nahm einen Schluck. Ich hoffe Sophie kommt bald nach Hause, immerhin hatte ich mir nur ihretwegen eine Gemüsepizza genommen, weil ich wusste, dass sie diese am liebsten isst. Jetzt wäre sie noch heiß und lecker. Ich mag aufgewärmte Pizza, nämlich überhaupt nicht. Wieder nahm ich mir das Stück von vorhin und begann mit kleinen Bissen etwas von der Pizza abzubeißen.
Ich vertilgte schon das zweite Stück, als ich hörte wie die Wohnungstür aufging. Sophie trat mit schnellen Schritten auf uns zu uns ließ sich Wortlos, aber mit wütender Miene, neben mir nieder. Sie überkreuzte die Arme vor ihrer Brust und sah starr geradeaus.
"Hey. Alles okay?", frage ich besorgt und legte das Stück Pizza zurück in den Karton und wischte mir meine Hände an einer Serviette ab.
"Ich hasse die Alte!", sagte sie prompt, löste ihre überkreuzten Hände und nahm sich ein Stück von meiner Pizza. Neugierig richtete sich auch Tobi auf. "Wasn' los?", fragte er und leckte sich anschließend seine Finger ab.
Sophie seufzte und biss von ihrem Stück Pizza ab. Während sie aß, sprach sie: "Ach, es hat sich nur herausgestellt dass meine 'Kollegin' die Tusse aus dem Club ist. Die, die mich mit meinem Drink beschüttet hat."
Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. Jemand hat ihr einen Drink über geschüttet? Warum das? "Was ist passiert?", fragte ich und sah sie bestürzt an, aber sie schüttelte den Kopf. "Ach, schon gut. Ich will nicht mehr daran denken. Erzählt du mal", sagte sie und richtete sich etwas auf. Sophies Lächeln kam zum Vorschein. "Wie war's in Mullingar?"
"Na ja, ich ähm...", stotterte ich und rieb mir verlegen den Nacken. Mit was soll ich bloß beginnen? Soll ich sofort mit der Tür ins Haus fallen und ihnen von mir und Niall erzählen? Er würde doch sicher nichts dagegen haben, wenn ich es meinen Freunden erzähle, oder? "Meine Mum ist schwanger", platze es zuerst aus mir heraus. Vermutlich ist es besser das aus erstes zu erzählen.
Sophie sah von ihrem Pizzastück auf. "Alles klar mit dir?", fragte sie besorgt nach. Wir hatten schon damals, bevor wir nach Mullingar gezogen sind, über dieses Szenario gesprochen, daher wusste sie auch, dass ich da so meine eigene Meinung hatte.
Schultern zuckend griff ich nach meiner Cola dose. "Um ehrlich zu sein, bin ich ein klein bisschen ausgerastet und habe Niall damit ein klein bisschen niedergemacht. Aber ich habe es akzeptiert, immerhin hat Mum mir etwas über meinen Dad erzählt. Sie hat mir sogar einen ganzen Umschlag mit Sachen von ihm gegeben. Da war auch eine Telefonnummer dabei und ...", ich stoppte und sah auf meine Hände hinab. Sophie und Tobi lauschten dabei neugierig meinen Worten. "Und?", wiederholte Tobi mich. Räuspernd erwiderte ich dass ich eine Zwillingsschwester habe.
"Du hast was?!", schrie Sophie schon fast und ich wiederholte meine Worte. "Oh mein Gott! Eine Schwester?! Und du hast auch eine Telefonnummer?! Hast du schon angerufen?!"
"Nein, habe ich noch nicht", antworte ich ruhiger als sie es tat. "Los! Ruf ihn an!", forderte sie stattdessen. "Nein, heute nicht. Ich werde es machen, aber nicht heute, dazu bin ich nicht in der Stimmung." Verständnisvoll nickten beide. Natürlich wollte ich es tun, aber heute hatte ich einfach keine nerven mehr dazu. Der Streit mit Niall hatte mir heute schon gereicht und dazu hatte ich auch etwas Bammel davor ihn anzurufen. Nur ungern rufe ich freiwillig Fremde Leute an, auch wenn es sich dabei um meinen leiblichen Vater handelt, den ich noch nie zuvor gesehen habe.
"Erzähl und doch mal warum Niall heute mit Rosen hier aufgetaucht ist", sagte Tobi plötzlich und ich verschluckte mich an meinem Getränk. Hustend klopfte ich mit gegen die Brust. "Niall war hier?", hörte ich Sophie sagen. Da war ja noch etwas...
"Ja und es war merkwürdig", flüsterte Tobi unserer Mitbewohnerin zu, aber es war laut genug das ich es hören konnte. Ich räusperte mich einige Male, um den Klos in meinen Hals zu beseitigen.
"Also?". Sophie sah mit hochgezogener Augenbraue an und legte das Stück Pizza ab. Sie seufzte: "Muss man dir heute wirklich alles aus der Nase ziehen?"
Ich zog scharf die Luft ein und rutschte an meinen Platz hin und her: "ichundniallsindzusammen." Die Gesichter der beiden verzogen sich und gleichzeitig fragten sie "Was?"
"Niall und ich sind ...", ich atmete aus, "zusammen." Für einen kurzen Augenblick war es still zwischen uns und ich konnte ihnen ansehen, wie sie die Information in sich aufnahmen. "Was ist mit Dylan?", war Tobis erste Frage an mich.
"Ich habe ihn gesagt, dass ich nur Freundschaft möchte."
Auch Sophie wirkte überrascht von meinem plötzlichen Geständnis. "Du und Niall? Wie ist das passiert?". Ich biss mir auf die Lippe und wurde rot als ich den beiden von meinen letzten Tagen erzählte. Ich erzählte ihnen jedes Detail. Von Anfang bis Ende, an dem ich im Flieger gelandet bin.
"Du hast ihn einfach vergeben? Scheiß doch auf die Rosen!", schimpfte Sophie sofort. Ich winkte ab: "Nein, die Rosen sind zwar hübsch, aber nur deshalb habe ich ihm nicht vergeben. Wir haben gesprochen und er hat sich ... bei mir entschuldigt."
Spöttisch hob Tobi eine Augenbraue: "Entschuldigt? War die Entschuldigung der Anlass für sein verwuscheltes Haar?" Für einen kurzen Moment blieb mir der Atem weg. War ich so. laut? Dass sie es gehört haben oder lag es wirklich nur an seinen Haaren, dass er so etwas annahm? Gott, wie peinlich wäre das denn bitte, wenn er und Peter mich gehört hätten?!
Abrupt hüpfte Sophie von ihrem Platz auf und machte sich vor mir groß: "Amara! Habt ihr?! Ich will jedes Detail wissen! Ich muss jetzt sofort alles wissen! Hat er einen großen Pe."
"Wir haben nicht!", unterbrach ich sie mitten im Satz. Schon alleine der Gedanke daran, dass sie dachte ich würde ihr seinen Penis beschreiben und vermutlich auch noch unsere Stellung ließen mein Gesicht noch roter werden als es ohnehin schon war.
"Dann hat er dich mit seiner Zunge beglückt?", hackte Sophie nach. Ich übertriebenes Grinsen ließ sie wie eine Psychopathien wirken. Sie lehnte sie zu mit herab und begann an meinen Schultern zu rütteln. "Los sag schon! Ich habe es dir damals auch erzählt!"
Ich schielte zu Tobi hinüber, dessen Gesichtsausdruck alle Sorten von Emotionen zeigte. Er lächelte, dann zog er die Brauen zusammen und anschließen rieb er sich über die Stirn. Ich konnte mir vorstellen, dass er nicht, so wie Sophie, genau Details hören wollte.
"Okay, aber bitte lass mich los!", lallte ich und Sophie tat mir den Gefallen. Sie setzte sich im Schneidersitz wieder auf ihren Platz zurück. Ihre Augen leuchteten förmlich. Für sie wirkte das ganze vermutlich wie aus einer Serie oder einen Buch. "Wir sind und ein bisschen näher gekommen. Es war schön, aber ich will jetzt nicht jede Handbewegung erklären müssen."
Seufzend legte sie ihren Kopf zu Seite: "Jede Handbewegung? Er geht es langsam an, so ein Gentleman", schwärmte sie. Langsam? In der Situation im Zelt kam mir das Ganze nicht so langsam vor und wäre ich nicht übergeschnappt hätten wir schon. Ganz sicher.
Es war schwer Sophie abzuwimmeln, denn die konnte nicht aufhören mir Fragen zu stellen. Sogar Tobi setzte sich für mich ein und sagte ihr, das es genug sei, aber die ließ ihn links liegen und machte weiter. Sie konnte es einfach nicht lassen über mich und Niall zu sprechen, dabei hätte ich gerne über meinen Vater oder meine Schwester gesprochen. Deshalb verdrückte ich mich auch schon bald in mein Schlafzimmer.
Die Nacht verging viel zu schnell. Ich merkte förmlich wie erschöpft mein Körper war und die Erinnerung an die Szene mit Niall heute in meinem Bett beschwerten mir schöne Träume. Sein Geruch lag auf meinem Bett und ließen ihn mich sofort vermissen. Es war schon so lange her seitdem ich das letzte Mal ein Bett mit ihm geteilt hatte, er seine Arme um mich legte und mit am Morgen einen Kuss auf die Stirn drückte. So lange...
Zum Frühstück schmierte ich mir ein Marmeladenbrot und trank eine Tasse Tee. Von Sophie war nichts zu hören oder zu sehen und Tobi kam gerade, als ich fertig war mit essen, verschlafen aus seinen Zimmer. Er trug Boxershorts und Socken. Seine Locken hingen ihm ins Gesicht und seine Stimme war heiser. "Morgen", grüßte ich ihn. "Hey. Schon wach?", hörte ich ihn sagen, danach gähnte er und hielt sich die Hand vor den Mund. Vom Tresen aus beobachte ich ihn wie er zum Kühlschrank ging, die Tür öffnete und den Inhalt studierte. "Ja, ich muss gleich zu meiner Schicht ins Café. Außerdem habe ich mir deine Marmelade ausgeborgt", sagte ich und hob das Glas das noch bei mir stand. Wieder gähnte er: "Okay." Heute nach der Arbeit musste ich unbedingt etwas einkaufen. Mein Abteil im Kühlschrank war ein einziges Trauerspiel.
Mit dem Bus erreichte ich später meine Arbeitsstelle. Martin lächelte mir entgegen als er mich sah. "Na, ist die Urlauberin auch wieder im Land?"
"Sieht so aus", erwiderte ich ihm und lächelte. Ich ging am ihm vorbei und zog mich in unserem Personalraum um. Das schwarze Shirt und die dazu passende Schürzte. Ich schlug meinen Schrank zu ging und band mir meine Haare zusammen. "Amara!", hörte ich eine bekannte Stimme rufen. Es kam aus der Küche. "Hey Lydia", begrüßte ich sie. Lydia bestreute gerade Cupcakes mit Streusel. "Die sehen köstlich aus."
Lydia lächelte. "Vielen Dank. Ich habe noch Teig in der Schüssel, willst du ihn wieder essen?"
"Was für eine Frage! Natürlich.", ich setzte mich auf einen Hocker und begann mit meinem Finger den Teig aus der Schüssel zu essen. Ich war sowieso zu früh dran. Dabei erzählte ich wie es bei meiner Mutter und Bobby war. Die präsenten Sachen ließ ich aber aus.
Im Verkaufsraum herrschte normaler betrieb, das einzige, das anderes war, war das Lola hier war. Kev war heute schon wieder krank. "Dieser Kerl macht mich verrückt! Ich kann mir nichts vornehmen! Warum feuert mein Vater ihn nicht?", beschwerte sich der Rotschopf neben mir und ich zuckte mit den Schultern: "Ähm, keine Ahnung." Martin hatte sich wieder in sein Büro zurück verzogen während wir den Betrieb beim Laufen hielten. "Er nervt mich!", setzte sich nach.
Ich wusste nicht wirklich was ich dazu sagen sollte, weil ich mich nicht einmischen wollte. Ja, ich konnte es nachvollziehen, dass es ihr auf die Nerven ging, aber sollte sie das nicht mit ihrem Vater besprechen? Er ist immerhin der Chef. Er müsste ein Machtwort sprechen.
Lola lief mir regelrecht nach, um mir ihre Gedanken mitzuteilen, sogar als ich eine Bestellung an den Tisch brachte. Dass die Gäste alle hören schien ihr egal zu sein oder sie war sich der Sache nicht bewusst, dass sie laut sprach. Mit dem leeren Tablett ging ich wieder mit ihr im Schlepptau hinter die Theke. ".. Hauptsache er geht ständig feiern! Ich habe Ferien! Eigentlich sollte ich auf Partys abhängen und nicht hier hocken!"
Nickend drehte ich mich zu ihr: "Ja, schon klar. Vielleicht solltest du mit deinen Vater darüber sprechen, denn ich kann da auch nichts machen Lola."
Sie rieb sich den Nacken. " Vielleicht. Habe ich dich damit genervt?", fragte sie schließlich. Ich schüttelte den Kopf. "Nein ... Es geht. Ich kann es ja verstehen. Mich würde es auch nerven."
Lola hob die Hände. "Na gut. Themawechsel. Was machst du am Samstag?" Was ich am Samstag mache? Hoffentlich noch ein paar Stunden mit Niall verbringen, bevor er mich für mehrere Tage verlässt. "Weiß ich noch nicht."
Das Grinsen in ihrem Gesicht ließ mich nicht Gutes ahnen. Meine Antwort war definitiv die Falsche gewesen. Sie klatschte ihre Hände zusammen. "Sehr gut! Genau die Antwort, die ich hören wollte. Du, ich, Tobi und dein Freund, wenn du willst, kannst du auch Sophie einladen, damit sie nicht alleine zurückbleibt, gehen feiern!"
"Mein Freund?", war das erste das ich darauf zu sagen hatte. Von wo wusste sie von mir und Niall? Das kann doch überhaupt nicht möglich sein.
"Glaubst du echt ich hätte die Szene mit dir und den Sunnyboy letzten nicht gesehen?", sie hob den Kopf amüsiert. "Dylan war glaub ich sein Name wenn ich mich recht erinnere. Der Typ mit den Bauchmuskeln." Ich schlucke und drehte mich von ihr weg. Mit dem Schwammtuch wischte ich die Oberflächen ab. "Dylan und ich sind nicht zusammen."
"Ach nein? Ich war mir ganz sicher. Ich habe ihn auch schon am Wochenende gefragt ob er mitkommt. Er ist mir in der Stadt über den Weg gelaufen." Na ganz toll. "Seit ihr dann Freund plus oder wie? Ich habe euch knutschen sehen.
Ich hielt inne und drehte mich zu ihr: "Das bestimmt nicht. Wir passen nicht zusammen, ich bin in jemand anderen verliebt und das ist mir erst bewusste geworden, als ich etwas Zeit mit ihm verbracht habe. Dylan und ich sind Nachbarn und ich hoffe, dass wir auch Freunde sein können. Er ist wirklich nett und ich mag ihn."
Lola nickte: "Aso." Aber das wäre doch dann eine gute Gelegenheit um einen Freundschaft mit ihm zu knüpfen. Ich werde auf dich aufpassen und wenn er dich irgendwie anbaggern will, werde ich mich um ihn kümmern. Mir wird er sicher nicht widerstehen können, wenn er mich in meinem kürzesten Kleid sieht." Selbstbewusst wie eh und je wackelte die lachend mit ihren Augenbrauen. Sie hatte vielleicht recht, zudem könnten wir miteinander sprechen und wenn andere Personen dabei sind wir es sicher nicht zu einer Eskalation kommen.
Zumindest wäre es der erste Schritt in die richtige Richtung um ihn durch diese Sache nicht zu verlieren. Ich wusste doch immer tief in mir, dass ich Niall nicht ewig böse sein konnte. Dazu hatte er mich damals schon viel zu sehr um seinen Finger gewickelt.
Kapitel 32
Millionen Gedanken schossen mir durch den Kopf und die meisten davon waren fragen. Was soll ich ihm sagen? Was ist, wenn er überhaupt nicht mit mir sprechen will? Wie sollte ich darauf reagieren? Vielleicht hebt sogar seine Frau ab oder noch komischer Valerie. Was würde ich dann tun? Soll ich einfach locker sagen was mein Anliegen ist? Ich weiß nicht...
Die Waschmaschine unter mir begann gerade im Höchsttempo zu schleudern und machte dabei laute Geräusche, die sie bestimmt nicht machen sollte, dennoch blieb ich weiterhin auf ihr sitzen. Ich war nur froh, dass sich sonst niemand außer mir in der Waschküche des Hauses befand. Es gab acht Waschmaschinen und acht Trockner. Der Raum war nicht sonderlich groß und die Wände bestanden aus Backstein. Bis jetzt war ich eigentlich immer mit Tobi hier unten, weil ich es alleine gruselig fand. Aber es war der perfekte Ort um alleine zu sein. Auch wenn ich oben mein eigenes Zimmer hatte, meisten stürmte immer jemand herein und wollte etwas.
Ich löffelte den Joghurtbecher aus und stellte ihn anschließend auf die benachbarte Waschmaschine ab. Ich mache mir viel zu viele Gedanken darüber. Ich sollte es einfach wagen, ihn anrufen und sehen wie es läuft. Im schlimmsten Fall lege ich einfach auf. Genau, so mache ich es.
Die Nummer hatte ich mir bereits eingespeichert. Ich drückte auf den grünen Knopf und hielt mir mein Telefon zum Ohr. Es piepte. Ich konnte den Puls in meinen Hals fühlen und mein Magen drehte sich vor Nervosität. Was tue ich da gerade, vielleicht sollte ich es doch la..-
"Davis Photographics. Miranda Vellow. Was kann ich für Sie tun?" Eine Frau mit hoher Stimme meldete sich.
"Ähm... ja, Hi", bin ich hier richtig? Davis Photographics - noch nie davon gehört. "Mein Name ist Amara Julien und ich..."
"Wie kann ich Ihnen helfen Ms Julien?", unterbrach sie mich. Entweder sie war von mir genervt oder ich bildete es mir ein.
"Ich würde gerne Connor sprechen. Und es .. es tut mir leid, ich habe diese Nummer bekommen. Es hieß, dass ich ihm damit erreichen würde. Aber im Moment bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt richtig bin", erklärte ich hektisch. Ich konnte doch nur falsch sein, oder?
Sie seufzte: "Ms, ich kann Ihnen nicht sagen ob Sie falsch sind, wenn sie es selbst nicht wissen. Welchen Connor wollen Sie sprechen?"
"Den Nachnamen bitte", fügte sie nach, nachdem ich nicht sofort geantwortet hatte. Den Nachnamen, den Nachnamen. Habe ich denn überhaupt irgendwo gelesen? Ich hätte mir die Unterlagen nochmals durchsehen sollen, aber ich ja auch nicht damit gerechnet anscheinend bei seiner Arbeit anzurufen oder wo auch immer ich mich gerade in der Leitung befand.
"Den weiß ich leider nicht. Er hat eine Tochter namens Valerie, falls das etwas hilft." Ich hörte ein Rascheln am anderen Ende.
"Einen Moment bitte", hörte ich die Frau sagen und wurde in die Warteschleife geschmissen. Aufgeregt schloss ich meine Augen und pustete Luft aus. Ich wusste, dass ich nicht zu viel erwarten sollte, aber ich hoffte doch dass er mich überhaupt sprechen wollte. Seufzend öffnete ich meine Augen wieder und begann an meiner Unterlippe zu kauen. Das Warten war eine reine Folter!
"Connor Davis", meldete sich plötzlich eine tiefe Stimme. Vor schreckt, fiel mir mein Telefon auf den Schoss. Zitternd drückte ich es wieder gegen mein Ohr. "Hallo?"
"Ähm. Hallo", grüßte ich schüchtern. Das Herz pochte wie verrückt gegen meine Brust. Das ist er? Das ist mein Vater? Mein Dad? "Ich ... ich bin Amara Julien", drückte ich hervor.
Ohne zu zögern, hörte ich ihn sanft sagen: "Amara, es freut mich von dir zu hören.", es entstand eine kurze Pause. Ich glaube uns beiden fehlten die Worte. Was soll ich nun sagen?
"Ich muss mich bei dir entschuldigen ...", hörte ich ihn sagen und schluckte. "Ich weiß, dass ich nie für dich da war, aber ich habe immer an euch gedacht." Ich wollte keine Entschuldigung von ihm. Mir würde der Kragen platzen, wenn er mir jetzt erklären wollte, wieso und weshalb. Wenn er wirklich immer an uns gedacht hat, warum hat er sich nie gemeldet? In der heutigen Zeit ist das doch überhaupt kein Problem?!
Ich schob den Gedanken zur Seite: "Also, ich war nur neugierig wer mein Vater ist. Ich hoffe, ich habe nicht gestört."
"Was? Nein! Natürlich nicht." Es war seltsam. Seine Stimme kam mir so verdammt vertraut vor. Als hätte ich sie schon einmal gehört. Er lachte leise und es wurde wieder still zwischen uns. Ich frage mich was ihm wohl gerade durch den Kopf geht. Bereut er es den Anruf entgegengenommen zu haben? Oder freut er sich wirklich von mir zu hören - immerhin hat er mich die letzten zwanzig Jahre auch nie wirklich vermisst, er hat nie angerufen, um sich nach mir zu erkundigen.
Connor räusperte sich: "Ich bin nicht mit Absicht so ruhig, nur weiß ich wirklich nicht was ich sagen soll."
"Mir geht es genauso", gab ich nickend zu und lächelte. Connor Davis - das war also sein Name. Ob er mit Valerie unterwegs ist?
"Warum kommst du nicht morgen zu mir und meiner Familie? Wir könnten zu Mittag essen. Ich wette dass du Valerie Kennenlernen möchtest. Hab ich nicht recht?", fragte er, dabei konnte ich sein lächeln schon regelrecht hören. Zu ihm und seiner Familie - von der ich kein Teil war.
"Klingt gut." Meine Neugier war einfach zu groß um überhaupt nur über ein Nein nachzudenken. Trotzdem wunderte mich etwas ..." Wo wohnt ihr?"
"Am Rand von London. Ich werde dir die Adresse auf diese Telefonnummer schicken. Falls nötig kann ich auch einen Fahrer zu deiner Adresse kommen lassen. Er kann dich abholen und später nach Hause bringen. Wenn du das willst."
"Nein, das geht schon. Ich werde jemanden bitten mich zu fahren ... oder ich nehme den Bus. Mir wird schon etwas einfallen.", erneut nickte ich, bis mir klar wurde, dass er mich nicht sehen konnte. Das ergab doch überhaupt keinen Sinn? Von wo wusste er es? "Von wo weißt du ... wo ich bin? Von wo weißt du, dass ich ihn London bin?" Hat er jemanden beauftragt mich mein Leben lang zu verfolgen, weil er mich in der Tat vermisste? Ist er ein Stalker? Oder war es wirklich nur ein blöder Zufall? "Erkennst du mich nicht?", fragte er. Verwirrt kniff ich die Augen zusammen. Woher sollte ich ihn bitteschön erkennen? "Ich dachte du wüsstest es... Ich bin es Connor."
Das kann aber nicht wahr sein! "Connor aus dem Café?", fragte ich mit erhobener Stimme und er bejahte. "Aber warum hast du mir nicht gesagt, wer du bist? Woher wusstest du überhaupt dass ich es bin? Ich bin mir ziemlich sicher dass es noch mehr Mädchen auf der Welt gibt die Amara heißen!"
"Glaub mir, es war für mich auch eine Überraschung dich da zu sehen. Ich konnte nicht ... wusste nicht, ob du mich überhaupt kennenlernen wolltest. Du hast schließlich nichts Gutes über deinen Vater erzählt und ich hatte Angst dass du mich vielleicht wegschicken würdest." Da hatte er Recht. Vielleicht hätte ich so etwas wirklich getan. Damals wusste ich schließlich nicht was Sache war. "Und um deine zweite Frage zu beantworten: du und Valerie seid Zwillinge. In kleinen Detail unterscheidet ihr euch schon, aber es ist kein großartiger unterschied." Zumindest konnte ich schon behaupten ihn ein bisschen zu kennen. Darum gab er mir also immer so viel Trinkgeld: Gewissensbisse. "Ich hoffe doch du willst morgen noch immer vorbeikommen?"
Ich pustete Luft aus und rutschte von der Waschmaschine hinunter, an die ich mich schlussendlich anlehnte. "Ja, das möchte ich schon." Während ich da stand und an die Tür starrte, sah ich wie sich die Klinke nach unten bewegte.
"Okay, ich werde dir die Adresse schicken. Ich freue mich schon auf morgen", hörte ich Connor erleichtert sagen. "Ähm, ja. Ich mich auch. Bis morgen.", ohne weitere Worte legte ich auf und ließ die Hand mit meinem Telefon sinken.
"Na, dein neuer Lover?"
Kopfschüttelnd drehte ich mich zur Seite, um seinen Blick auszuweichen. Musste er ausgerechnet jetzt auch seine Wäsche machen? Es war mir klar, dass ich ihn nicht ewig aus dem Weg gehen könnte, aber ich wollte es zumindest versuchen. Es tat mir noch immer weh dass ich ihn verletzt hatte. Ich hätte mir länger Zeit lassen sollen, als Niall vor meiner Tür stand um sich mit mir zu versöhnen. Aber ich wollte damals wirklich nur befreundet mir Niall sein. Nicht mehr und nicht weniger. Ich wollte ihn aus meinem Kopf verbannen und mich mir Dylan ablenken.
Mit seinem Wäschekorb in den Armen trat Dylan neben mich und stellte den Korb auf die benachbarte Waschmaschine ab. Er öffnete die Luke zu der vor ihm und stopfte seine Kleidung hinein.
Fünfundzwanzig Minuten dauert die Wäsche noch. Ich weiß, ich könnte einfach gehen und meine Wäsche zurücklassen, aber da Tobi mir erzählt hatte das seine Wäschen hier schon mal gestohlen wurde, weil er darauf vergessen hatte, wartete ich immer hier. Meistens mit einer Zeitschrift und etwas zu essen. Oft kamen auch Tobi oder Sophie mit und wir verwandelten den grässlichen Raum in einen von uns ausgedachten Ort, an denen wir im Weltraum waren oder Sophie ihre Gesangskünste zum Besten gab. Kann nicht einer der beiden nach unten kommen und mich retten? Wo sind Freunde wenn man sie braucht?
Während ich in Gedanken versunken war stellte Dylan die Waschmaschine an und setzte sich anschließen darauf. "Wie geht es dir?"
Etwas verwundert über seine Frage drehte ich meinen Kopf zu ihm. Ich hatte eher damit gedacht, dass er mich sofort auf das wesentliche ansprechen würde, was er aber nicht tat. "Ganz okay. Schätze ich.", ich zuckte mit den Schultern.
"Tut mir leid. Der Kommentar von vorhin war etwas unangebracht von mir", entschuldigte er sich. Dabei presste er die Lippen etwas zusammen und legte den Kopf zur Seite. Seufzend ging ich einige Schritte rückwärts und setzte mich auf den Trockner gegenüber. Ich zog meine Beine hoch und setzte mich im Schneidersitz nieder. "Schon okay. Ich habe eigentlich fiesere Kommentar verdient."
"Da hast du recht.", er lachte und ich konnte nicht anderes, als bei seinen Lachen zu lächeln zu beginnen.
"Ich hatte das wirklich nicht geplant Dylan. Als du mich gefragt hast, war ich davon überzeugt, dass nichts zwischen mir und ihm läuft. Ich schwöre es.", ich hob meine Hände. "Wirklich."
Dylan senkte seinen Blick. "Also du gesagt hattest, dass du eine offene Beziehung willst, dachte ich mir schon dass das einen Grund hat. Und um ehrlich zu sein bin ich auch überhaupt nicht der Typ für so eine Art von Beziehung. Ich habe nur wegen dir ja gesagt. Wir hätten uns noch Zeit lassen sollen, mehr zusammen unternehmen." Er sah mich an uns zog eine Braue hoch: "Dann hättest du gesehen was du an mir hast. Es wäre sicher einfach gewesen, als das was du mit ihm haben wirst. Doch trotzdem will ich dass du glücklich bist."
"Dylan es kam wirklich überraschend ich ...", er ließ mich nicht aussprechen, sondern redete einfach weiter.
"Du wirst nie seine Hand halten können, wenn ihr in der Öffentlichkeit unterwegs seid, wirst ich ihn nie in der Öffentlichkeit küssen können, außer ihr legt es darauf an und du bekommst zum Schluss den ganzen Hass seiner Fans ab. Dazu kommt noch das Geläster, weil ihr Stiefgeschwister seid. Denk doch mal nach was die ganzen Leute über euch sagen werden ..." Dylan stoppte seine Rede und rutsche von der Waschmaschine herunter. Er ging an mir vorbei und ich drehte mich in seine Richtung als er die Tür öffnete. Er sah über seine Schulter in meine Richtung. "Viel Spaß."
Er ging und ließ mich mit meinen Gedanken zurück. Hat er Recht? Verdammt! Musste er mir das wirklich eintrichtern?!
Kapitel 33
Still saß ich auf der Rückbank und betrachtete die Gegend die an mir vorbei zog. Der typische Londoner Verkehr mit allen seinen Macken und Lücken. Die großen Werbeplakate und die Touristengruppen die durch die Stadt marschierten. Es war einfach nur faszinierten und erinnerte mich wieder daran warum ich unbedingt hier studieren wollte. Es war einfach der Londoner Zauber der mich in seinen Bann zog. Die Menschen, die Kultur und ihre Vergangenheit. Außerdem mochte ich den Britischen Akzent.
"Hat er gesagt wenn er zurück sein wird?" fragte ich und legte dabei den Kopf zur Seite.
"Das weiß ich leider nicht. Er hat mir nur gesagt, dass ich dich abholen soll", antwortete Marc mir. Niall hatte mir geschrieben, ob ich heute zu ihm kommen möchte und als ich dies bejahte meinte er, dass Marc mich abholen würde weil er noch bei einer Besprechung ist. Ich sollte bei ihm zu Hause auf ihn warten. Es war schon so lange her das ich bei ihm zu Hause war, deswegen freute mich seine Einladung umso mehr. In Gedanken kamen mir dabei Dylans Worte durch den Kopf. Vielleicht will Niall mich auch einfach nicht persönlich abholen damit uns keiner zusammen sieht. Nein, oder? Er und ich sind doch schon des Öfteren zusammen unterwegs gewesen, zwar die meiste Zeit davon in Mullingar, aber das zählt doch auch. Auch dort gab es immer genug Fremde, die uns ablichteten hätten können. Mir war durchaus bewusst dass London ein anderes Kaliber war an der an jeder Ecke irgendwo ein Paparazzo lauerte, aber auch das hielt Niall nicht davon auf uns an den Badesee zu folgen oder einfach vor meiner Tür aufzutauchen.
Ich saß bestimmt noch eine weitere Stunde unten im Keller auf der Waschmaschine und ließ mir das Telefonat durch den Kopf gehen. Wie konnte ich es nicht mitbekommen dass Connor mein Vater ist. Hätte ich das nicht spüren müssen? Irgendwie Ähnlichkeiten bei ihm finden, die auch auf mich passten? Bei dem Gedanken seine Familie und Valerie morgen zu treffen wurde mir etwas mulmig.
Kurz darauf sah ich das schon mir bekannte grau-gläserne Haus. Auch im inneren hatte sich nichts verändert. Der schwarze Boden glänzte genauso wie beim letzten Mal und auch die Gemälde hingen noch an Ort und Stelle. Von Marc bekam ich die Schlüssel zum Hochfahren. Ich bedankte mich bei ihm und er fuhr wieder weg. Ich hatte mir eigentlich immer gedacht dass Marc sein Bodyguard war, aber es schien mir jetzt als wäre er der Mann für alles.
Ich steckte den Schlüssel in das Schlüsselloch neben der acht und fuhr ins Nialls Stockwerk hoch. Es fühlte sich seltsam an, als ich sein Apartment ganz ohne ihn betrat. Den Schlüssel und meine Handtasche legte ich auf den Wohnzimmertisch ab, während meine Augen über den Raum glitten. Das einzige dass sich verändert hatte in diesen Raum, war der weiße Flügel, der neben der Fensterfront glänzte. Mit kleinen Schritten näherte ich mich den Flügel und ließ meine Fingerspitzen über den Deckel der Tasten streifen. Was er hier wohl komponiert hat?
Neben den Stuhl befand sich ein blauer Papierkorb der bis oben hin voll war mit zerknülltem Papier. Neugierig wie ich war musste ich natürlich ein Papierstück herausnehmen. Niall Handschrift erkannte ich sofort darauf. Die erste Zeile war lesbar, aber die zweite war mehrmals durchgestrichen geworden: Now we've got to make up for all the wasted time
Voller Neugier um was es in diesen Song gehen könnte schnappte ich mir das nächste Stück Papier, aber auch hier wurden alle Zeilen durchgestrichen. Ich zerknüllte die Papierstücke wieder und warf sie zurück in den Papierkorb. Ob er mir sein Album jemals vorspielen wird bevor es veröffentlicht wird? Immerhin bin ich seine Freundin, sollte das nicht drinnen sein?
Da es mir zu ruhig war stelle ich den Radio an, während ich einen Rundgang durch sein Apartment machte, mir alle Auszeichnungen und Schallplatten ansah. Ich ging auch den Flur hinunter und warf einen Blick in das Gästezimmer das ich mir damals mit Sophie geteilt hatte. Dort an der Tür sitzend hatte ich mir eingestanden dass ich in ihn verliebt war. Das modere Badezimmer, aus dem ich nur mit einen Handtuch bekleidet verlassen hatte. Ich musste mir in die Wange beißen als ich mich an Nialls Blick erinnerte. Er hatte Recht, es wäre sicher toll gewesen, wenn wir damals schon zusammen gewesen wären. Wir hätten uns sein Bett teilen können und ich wäre jeden Morgen mit ihm zusammen aufgewacht und hätte immer seinen Duft in der Nase gehabt. Ich bedauere es zutiefst wie es damals gekommen ist. Alles hätte anders sein können. Als ich an Nialls Schlafzimmertür vorbei ging musste ich mich beherrschen nicht hineinzusehen. Immerhin reichte es schon dass ich in der restlichen Wohnung geschnüffelt hatte. Seufzend ließ ich mich auf dem Sofa nieder und nahm mein Handy heraus. Ich las mir den üblichen Tratsch auf Twitter durch und beantwortet Tweet die mir verschiedene Mädchen geschickt hatte. An diesen Ansturm von Tweets an mich werde ich mich sicher nie gewöhnen. Kaum sendete ich einen Tweet ab, kamen hundert antworten zurück. Und irgendwann hörte ich etwas vom Vorraum. Ich erschreckte mich dabei etwas und ließ mein Handy auf das Sofa fallen, schaltete den Radio mit der Fernbedienung aus und drehte mich im Sitzen um und sah Niall. Er lächelte mich augenblicklich an. "Hey."
Ohne zu zögern, sprang ich vom Sofa auf und lief auf ihn zu, während er die zwei Stufen nach unten kam, um mich in seinen Armen zu empfangen. Er hob mich an meiner Taille hoch und ich legte meine Arme um seinen Nacken als ich ihn küsste. Ich weiß nicht warum, aber es war als hätte ich ihn schon ewig nicht mehr gesehen - obwohl es keine vierundzwanzig Stunden her war. Ich konnte sein Lächeln gegen meine Lippen spüren. "Da hat mich wohl jemand vermisst", grinste Niall, als er seine Lippen von meinen löste und mich langsam wieder auf den Boden hinab stellte. Meine Arme lagen noch immer um seinen Nacken während seinen an meiner Hüfte liegen blieben. "Sag nur du hast mich nicht vermisst?", fragte ich empört. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht zu lächeln. Als Antwort drückte er mir einen Kuss auf die Nase. "Doch."
Niall nahm meine Hand, verschränkte unsere Finger ineinander und zog mich mit in die Küchennische. "Hast du dir schon etwas zum Trinken genommen?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich wollte nicht einfach an deine Sachen gehen." Niall hob eine Augenbraue und sah mich über seine Schulter hinweg an. "Du darfst dich in meiner Küche bedienen wie du willst, mach dir darum mal keine Sorgen."
"Ich werde es mir merken", grinste ich. Niall nahm sich eine Dose Red Bull aus dem Kühlschrank und reichte mir eine Dose Cola, die ich danken annahm. Es zischte als wir beide fast gleichzeitig die Dosen öffneten. Anstatt zum Sofa zu gehen, lehnte Niall sich an der Theke hinter ihm an und ich setzte mich auf die Gegenüberliegende Arbeitsfläche und lies meine Füße in der Luft baumeln.
"Wie war dein Tag heute?"
"Gut schätze ich", erwiderte ich und nahm einen Schluck von meinem Getränk. Die Kohlensäure brannte mir die Röhre runter.
"Schätzt du?" Niall zog seinen Augen zusammen und ich zuckte mit den Schultern. "Ich habe mit Connor telefoniert... und Dylan-"
"Moment!", unterbrach er mich. "Du hast mit deinen Dad telefoniert?!" Seine Augen wurden groß und er stellte seine Dose ab. "Was hat er gesagt? Wie hat er reagiert? Ist alles okay?"
Auch ich stellte meine Dose beiseite. Mit meiner Handfläche strich ich mir über die Stirn. "Ja, ich habe es einfach getan. Ich glaube die Telefonnummer war von seiner Firma. Eine Frau hat mich durchgestellt. Es war ...", mir fehlten die Worte, um diesen Moment zu beschreiben. "Na ja, jedenfalls hat sich herausgestellt, dass ich ihm schon im Café kennengelernt habe. Er hat mir Unmengen an Trinkgeld gegeben."
"Muss ich mir Sorgen machen? Das kann doch kein Zufall gewesen sein", sagte Niall und sah mich dabei besorgt an. Er kam auf mich zu und stützte sich mit seinen Händen links und rechts von mir ab.
"Nein, das musst du glaube ich nicht. Er hat mich morgen zu sich nach Hause eingeladen. Ich werde hingehen. Ich möchte wissen wie er lebt und wie der Rest seiner Familie ist. Wie Valerie ist."
"Das kann ich verstehen und ich freue mich für dich", sagte Niall in ruhigen Ton. Er lehnte seinen Kopf nach vorne und seine Lippen strichen über mein Kinn und landeten anschließend auf meinen Lippen. Ich weiß nicht warum, aber es scheint mir, als würde er mich gerne küssen. Er küsste mich ständig, egal ob es meinen Lippen sind, meine Wange, meine Stirn oder sogar meine Nase.
Er löste sich wieder von mir. "Was wolltest du noch sagen? Ich habe dich glaube ich vorhin unterbrochen", sagte er ohne mir in die Augen zu sehen, da seine Augen noch immer auf meinen Lippen lagen. Es war, als müsste er sich zurückhalten, um mich nicht erneut zu küssen - was mich nicht gestört hätte.
"Ich habe heute mit Dylan gesprochen.", kaum kamen die Worte aus meinem Mund gekommen, verfinsterte sich seine Miene und er sah mir in die Augen. "Was habt ihr geredet?"
"Nicht viel. Er hat hauptsächlich gesprochen."
"Und was?"
Ich schluckte und leckte mir über die Lippen. "Zu Beginn dachte ich, dass er mir seine Freundschaft anbieten würde. Unsere Unterhaltung begann ziemlich locker, endete aber damit, dass er mir unter die Nase reiben musste, dass wir beide nie ein Wir in der Öffentlichkeit sein könnten. Quasi das ich mit ihm besser dran wäre." Ich seufzte: "Er hatte ja recht mit dem was er gesagt hat. Es war nicht gelogen."
"Du ... du willst mich doch nicht verlassen? Amara bitte nicht.", jetzt war es Niall der den Blick senkte. Seine Stimme klang traurig und ich hasste es ihn so zu sehen. Ich legte meine rechte Hand auf seine Wange. "Das werde ich nicht Niall."
Er atmet erleichtert aus, hob seinen Kopf und küsste mich sofort wieder. Ich wusste doch, dass er süchtig nach meinen Lippen ist. Zu Beginn war der Kuss sanft, aber schon bald begann er an meiner Hüfte zu ziehen, sodass ich meine Beine öffnete damit er noch näher an mich heran treten konnte. Niall drückte seine Lippen so hart an meine, dass ich mich mit einer Hand abstützte musste, um nicht auf der Arbeitsfläche zu liegen. Es fühlte sich toll an, wie er mit seiner Zunge an meiner Lippe leckte um nach Einlass zu fragen. Ich gab mich ihn hin, ließ die Finger meiner freien Hand in seine Haare wandern und zog an seinen Spitzen.
Außer Puste lösten wir uns voneinander. Wir atmeten beide heftig, während sein Kopf an meiner Stirn lehnte. Nialls Augen waren geschlossen, aber ich sah ihn genau an. Seine Lippen sah so geschwollen aus und die leichte röte in seinen Gesicht stand ihm ausgezeichnet.
"Ich liebe dich", sagte er und öffnete seine Augen um mich anzusehen. Seine blauen Augen strahlen auf mich herab. Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu sagen, aber es kam nichts. Stattdessen lächelte ich. Warum kann ich es nicht sagen? Warum wollen diese bescheuerten Worte nicht über meine Lippen kommen?
"Schon okay", wisperte er, als er merkte, dass ich nicht antworten konnte. "Irgendwann wirst du es sagen."
Ich gab ihm einen Kuss auf seinen Mundwinkel. "Danke."
Niall ging beiseite, damit ich von der Arbeitsfläche rutschten konnte. Danach folgte ich ihm mit meiner Cola Dose zurück auf die Couch. Während er sich einfach hinsetzte, musste ich auf den Flügel sehen. "Niall spielst du mit etwas vor? Bitte."
Er sah meinen Blick auf den Flügel und nickte. "Nur für dich." Erfreut über seine Antwort lächelte ich von Ohr zu Ohr und folgte ihm. Ich setzte mich neben ihn und sah ihn zu wie er, die Klappe öffnete und mit seinem Finger einige Tasten drückte die augenblicklich eine wunderschöne Melodie ergaben. "Willst du etwas von mir hören?" Ich nickte mit großen Augen. "Ja, das würde ich gerne."
Niall presste die Lippen zusammen, lächelte aber auch, bis er zu spielen begann und sein Gesichtsausdruck ernst wurde:
Looking back through changes where we started from
Don't know about you but I knew it wasn't wrong
You know I kept a place for you in my mind
And I know you did the same 'cause you're just that kind
We've known since we were young
So why did it take so long?
You know you make me feel loved
Make me feel like I'm home
So if we knew all along
Why did it take so long?
....
Während des gesamten Songs lagen meine Augen auf Niall. Ich sah ihm genau zu als er seine Lippen bewegte und versuchte den ernsten Blick zu halten.
Kapitel 34
Am nächsten Morgen wachte ich doch tatsächlich in Nialls Bett auf. Ich vernahm seinen Duft im Kopfkissen und fühlte seinen warmen Atem im Nacken. Seine Hand lag über mir und streichelte sanft meinen Handrücken auf und ab. Nachdem er mir den Song am Klavier vorgespielt hatte durfte ich mir endlich sein Album anhören, als ich ihn schmollen darauf hinwies, dass auch Sophie schon einige Lieder davon gehört hatte. Zu Beginn lachte er nur, aber er nickte und spielte mir das gesamte Album an seiner Anlage vor. Er sang laut mit und spielte mit der Luftgitarre die Akkorde nach. Er war einfach nur süß. Zum Schluss endeten wir am Sofa und sahen uns einen Film an, so vergingen die Stunden und es wurde Nacht. Niall bestand regelrecht darauf dass ich hier bleiben sollte - wie hätte ich es ihn abschlagen können? Ich wollte es doch auch. Außerdem fliegt er übermorgen für drei Wochen weg und schon alleine bei den Gedanken daran änderte sich meine Stimmung. Er wird nicht an meinen ersten Uni Tag hier sein.
Ich befand mich jetzt seit drei Monaten in London. Damals hätte ich mir nie träumen lassen wie sie mein Leben auf den Kopf stellen würde am Ende des Sommers. Ich wohne in einer WG mit einem netten Kerl und meiner besten Freundin, bekam einen Job in einen Café, vertrug mich mit Niall, fing eine sehr kurze Romanze mit dem Nachbars jungen an, erfuhr das meine Mutter ein Baby erwartete, kam mit Niall zusammen und nun werde ich meinen Vater kennenlernen und meine Zwillingsschwester.
Ich musste schon seit einigen Minuten dringen auf die Toilette, wollte aber Niall nicht wecken. Ich hatte gehofft dass er aufwachen würde, was er aber nicht tat. Ganz sanft nahm ich seinen Arm von mir und legte ihn auf die Seite. Sein Bett war so weich dass jede Bewegung die Matratze zum Schaukeln brachte. Ich drückte mich vorsichtig mit den Händen hoch und stieg genauso vorsichtig aus dem Bett hinaus. Niall Klamotten schlabberten an meinen Körper herum, weil sie mir viel zu groß waren. Auf Zehenspitzen verließ ich das Zimmer und ging auf die Toilette am Ende des Flurs. Ich warf beim Händewaschen automatisch einen Blick in den Spiegel. Meine Haare sahen aus als würde ein Vogel gerade ein Nest bauen und an meiner rechten Wange konnte man den Abdruck des Kissens erahnen. Seufzend verlagerte ich das Gewicht meines Körpers auf meinem linken Bein. Ganz toll, ich hatte nicht mal eine Haarbürste dabei, geschweige denn eine Zahnbürste.
Wenn ich genauso offen wäre wie Sophie hätte ich nun kein Problem. Sie trägt immer eine dieser einklappbaren Bürsten mit sich und eine Einwegzahnbürste. Meine Hände trocknete ich mir an einen kleinen Handtuch ab. Anschließend beschloss ich meine Haare zu einem Knoten zusammenzubinden, damit es wenigstens so wirkte als sei dieses Chaos so gewollt. Im Bad fand ich schon eine Haarbürste aber es war Nialls und ich wollte nicht so frech sein und sie benutzen. Das war einfach eine Sache, die ich nicht wollte. Ich kann es nicht ausstehen meine Haarbürste mit jemand zu teilen und ich ging davon aus das es auch andere Leute nicht mochten. Es gehörte sich nicht, aber ich musste mir einfach eine Zahnbürste aus Niall Schrank herausnehmen. Er hatte mindestens zehn verpackte herumliegen und wenn er darauf besteht werde ich ihm diese eine ersetzten.
Danach ging ich ins Wohnzimmer und nahm mir mein Handy. Ich hatte vergessen Sophie oder Tobi zu schreibe dass ich nicht nach Hause kommen würde - was eigentlich überhaupt nicht meine Art war. Wie erwartete hatte ich neun neue Nachrichten. Fünf von Sophie und vier von Tobi und es stand in jeder so ziemlich dasselbe: Wo bist du!?
Ich schrieb Sophie zurück dass sie sich keine Sorgen machen musste, weil ich die Nacht über bei Niall war. Es dauerte nicht lange bis sie mir antwortete: Es waren drei Zwinkersmileys. Ja, ich konnte mir schon denken, woran sie wohl gerade dachte, aber zwischen uns lief nichts.
"Da bist du!", hörte ich plötzlich Niall sagen, der sich verschlafen über das Gesicht rieb. "Ich dachte schon dass du abgehauen bist. Du hast mich zu Tode erschreckt!"
Kichernd legte ich mein Handy auf den Tisch und ging auf Niall zu. "Ich schleiche mich doch nicht einfach raus. Wie denkst du von mir?" Er lächelte verschmitzt und kratze sich an seiner Wange. Ich zog mir meine Unterlippe in den Mund legte meine Hand auf seine nackte Brust. Er sah so heiß aus ohne Shirt und seine Haare. Kann er nicht immer so aussehen? Mein Herz begann zu rasen und ich biss mir in die Wange. Sanft strich ich Nialls Brust auf und ab und er sah mir dabei zu, zog die Luft scharf ein. Ich sah hoch in sein Gesicht und sah, dass er sich auf die Lippe biss. Mit seiner linken Hand fasste er nach meiner, die noch immer auf seiner Brust ruhte, er nahm sie weg, zog mich an sich und küsste mich kurz. Danach ließ er von mir ab und fragte ganz leise: "Kaffee?"
"Mhm.". Ich nickte und setzte mich auf die Couch, während er die Kaffeemaschine einschaltete und zwei Tassen aus dem Regal ober ihm nahm.
Dankend nahm ich ihn die Tasse ab als er zu mir kam und sich neben mich setzte. Mit einem Klick auf der Fernbedienung schaltete er den Fernseher ein und lehnte sich zurück. Ich umfasste die Tasse mit beiden Händen und pustete in die heiße Tasse.
"Hast du morgen schon was vor?", fragte er mich nach einigen Minuten.
Ich stellte die Tasse ab und setzte mich im Schneidersitz hin. "Ich bin mit Lola, Tobi und Sophie morgen unterwegs. Da hat sich erst gestern in der Arbeit so ergeben." Lola hatte auch Dylan eingeladen, aber das wollte ich jetzt nicht unbedingt erwähnen. Ich wollte nicht, dass Niall vielleicht ein großes Drama daraus machte.
"Oh", sagte er. "Das ist schade, denn ich bin morgen mit Harry unterwegs und hätte gedacht, dass ich ihn dir vorstelle. Aber da du schon war vorhast..."
"Was?!" sagte ich etwas zu laut und warf die Hände in die Höhe. "Du ... du wolltest mir Harry vorstellen. Ach ne.", ich legte den Kopf zur Seite und seufzte. "Ich möchte jetzt kein Arschloch sein und in letzter Minute absagen. Verdammt!"
Da bekommt mal einmal die Chance Harry Styles zu treffen und man ist selbst schuld, dass es nicht geht. Wenn ich das nur früher gewusst hätte, hätte ich abgesagt.
"Dann eben ein anderes Mal.", als wäre es nichts zuckte er mit der Schulter und widmete sich wieder seinen Kaffee. "Und schon nervös?"
Ich sah ihn kurz starr an bis mir einfiel, wovon er sprach. "Ähm. Nein, im Moment bin ich vollkommen gelassen." Ich sollte vielleicht noch schauen wie ich überhaupt dorthin komme. Ich nahm mir mein Handy und tippte das Maps Symbol an.
"Suchst du etwas?", fragte Niall mich und neigte seinen Kopf um einen Blick auf mein Handy er ergattern. "Ich muss noch schauen wie ich da überhaupt hinkomme."
Er schnalzte mit der Zunge: "Ach, gib mir einfach die Adresse ich werde dich hinfahren. Heute habe eh nichts vor außer meinen Koffer zu packen. Und wenn du von dort weg willst rufst du mich an und ich hole dich ab."
"Echt? Das würdest du tun?"
Er nickte. "Natürlich."
Später nahmen Niall und ich jeweils noch eine Dusche und zogen uns um. Er fuhr mich noch rechtzeitig nach Hause damit ich mich umziehen konnte. Während er bei Sophie und Tobi einen kurzen Verhör unterzogen wurde, zog ich mir neuen Klamotten an. Eine schlichtes helle Jeans und eine ärmelloses blaues Shirt, dazu noch Sneakers und meine Haare ließ ich offen.
"Hat er den Eignungstest bestanden?", fragte ich grinsend als ich mein Zimmer verließ und auf meine Freunde zuging. Niall wirkte sofort erleichtert als er mich sah. Ein unausgesprochenes "Endlich." lag in der Luft.
"Ich hoffe ich habt meinen Freund nicht zu sehr belästigt", richtete ich das Wort an Tobi und Sophie und sah sie mit hochgezogener Augenbraue an.
"Ach, das würden wir doch nie. Du kennst uns doch", meinte Sophie und winkte ab.
"Ja, genau deshalb frage ich auch.", ich schüttelte lächelnd den Kopf und legte Niall eine Hand auf die Schulter, die auf der Couch vor mir saß. Er sah zu mir auf und lächelte mich an. "Bereit?" Zögernd nickte ich und biss die Zähne zusammen. Kann man für so einen Moment jemals bereit sein? Ich führte nicht.
"Ich fasse es ja noch immer nicht. Der Typ war die ganze Zeit dein Vater!", hörte ich Tobi sagen, während Niall aufstand und sich sein Hemd gerade strich.
"Wem sagst das." Ich nickte ihm zu. Es war einfach nur ein riesiger Zufall, der komischer nicht hätte sein können. Es gab sicher tausende von Cafés hier in dieser Stadt aber er kam gerade in das in dem ich zu arbeiten angefangen hatte.
Gerade als ich mich zu Niall drehen wollte, fiel mir Sophie um den Hals. Sie umarmte mich fest. "Alles Gute oder was man auch immer bei so etwas sagt", nuschelte sie mir dabei ins Ohr. Ich bedankte mich bei ihr und drückte sie ebenfalls zurück. Sophie zog den Kopf zurück um mich ansehen zu können. Während ihr Hände noch immer auf meinen Oberarmen lagen, sagte sie: "Wie gerne würde ich mitkommen um ihm genau zu erzählen was der Kerl die letzten zwanzig Jahre verpasste hat, als er nicht gesehen hat, wie du groß geworden bist. Reibe es ihm ja unter die Nase!"
Ich nickte und schluckte den Klos in meinen Hals runter. Sophies Worte ließen mich ein klein wenig sentimental werden. "Werde ich."
Tobi hob die Hand zum Abschied und ich tat es ihm gleich.
Während der Fahrt sagte ich kein einziges Wort, sondern ging in Gedanken eine mögliche Konversation mit meinem Vater und Valerie durch. Aufgeregt zappelte ich mit meinem Bein erwischte mich dabei, als ich an meinen Fingernagel zu kauen begann - womit ich sofort aufhörte, als ich Niall Hand auf meinen Oberschenkel spürte. Alleine diese kleine Geste von ihm ließ mich ruhiger werden. Es war, als würde er dieses erdrückende Gefühl von mir nehmen. Genau wie bei "The Vampire Diaries" wenn Stephen Elena den Schmerz nimmt.
Ich legte meine Hand auf seine und drückte sie sanft. Er sah mich an. Er sah konzentriert auf die Straße, um uns beide nicht umzubringen, aber dennoch merkte er wie ich nervös neben ihm am Beifahrersitz zappelte. Das Blau in seinen Augen leuchtet durch die Sonne heute besonders schön. Ich möchte seinen kurzen gepflegten Bart, er stand ihm verdammt gut - auch wenn es beim Knutschen etwas stachelig sein konnte. Und im Moment konnte ich mir Niall mit blonden Haaren überhaupt nicht mehr vorstellen. Ich liebe ihn genauso wie er ist. MOMENT!
"Habe ich was im Gesicht?"
Sofort sah ich leicht beschämt auf unsere Hände hinab. Ich wollte nicht, dass er merkt, wie ich ihm gerade genau beobachtete hatte. Peinlich.
"Nein", antwortete ich und biss mir auf die Lippe. Ich hob meinen Blick und spürte die röte in meinen Wangen. "Ich habe nur gerade darüber nachgedacht wie gut du aussiehst."
Seine Lippen formten ein Lächeln. Er bremste wegen einer roten Ampel und sah dann zu mir. "Du auch." Verlegen sah ich wieder auf unsere Hände hinab.
"Bist du sicher dass ich nicht mit kommen soll"? fragte er mich durch das geöffnete Fenster. Ich drehte mich um und warf einen Blick auf das Haus hinter mir.
"Nein, ich muss das alleine machen. Außerdem, wie würde es aussehen, wenn ich einfach mit meinem Freund aufkreuze, der noch dazu berühmt ist."
Er kratzte sich das Kinn. "Du hast vermutlich Recht. Okay, aber ruf mich an, falls etwas ist und du da weg willst. Ich werde derweil irgendwo etwas trinken gehen."
Ich lehnte mich nach unten und gab ihn einem flüchtigen Kuss auf die Lippen. "Okay. Pass aber auf das dich nicht wieder eine Horde Fans verfolgt." Er hob wissend eine Braue. "Das passiert mir nicht wieder."
Ich bezweifelte es stark, dass er damit Recht behalten wird. "Na genau. Rede es dir ein."
"Amara?"
"Hm?"
Niall sah an mir vorbei und zeigte mit dem Finger auf das Haus hinter mir. "Los, auch wenn ich wirklich liebe mit dir zu reden, du wirst da drinnen erwartet."
Seufzend stieß ich mich vom Wagen ab." Bis später."
Niall verabschiedete sich beim mir und brauste die Straße hinunter. Die Gegend war voll mit großen Villen und protzigen Autos. Bis jetzt hatten wir noch keinen einzigen Passanten gesehen. Vermutlich wollen normale Bürger hier nicht durchgehen, da sie sonst ihr Leben infrage stellen.
DAVIS stand in goldenen Großbuchstaben an der Mauer neben der Gartentür. Die Gartentür war hoch und gekachelt. Ich drückte den Knopf und machte anschließend einen nervösen Seufzer und einen noch größeren Schritt zurück. Während ich wartete, sah ich an mir herab und überlegte, ob ich mit diesen schlichten Klamotten mich schon ins Aus geschossen habe. Hätte ich mich für diesen Anlass nicht ein bisschen schicker machen sollen? Ganz zu schweige davon dass diese Familie hier in einen Palast lebt. Ich bin jetzt schon davon überzeugt, dass alles da drinnen protzig und teuer sein wird. Egal ob Kleidung, Fernseher, Mikrowelle oder Waschmaschine.
Der Türriegel knackste plötzlich. Langsam sah ich zu wie sich die Tür von selbst öffnete. Ich atmete ein letztes Mal tief durch und ging in den Garten. Das Haus war erhöht und ich musste erst an einen Weg durch den Rasen gehen. Die grüne Wiese zeigte keine einzigen Anzeichen von Vertrocknung, obwohl es Hochsommer war und die Grade täglich an der dreißig Grad Marke kratzen. Hier waren sicher täglich mehrere Gärtner am Werk, den die Hecken waren perfekt zugeschnitten und die Blumen und Sträucher strahlten genauso sehr wie der Rasen.
"Du musst Amara sein." Ich drehte mich nach vorne uns sah wie eine Frau mit blonden Bob die Tür öffnete und mich musterte. Sie trug ein dunkelblaues anliegendes Kleid mit den passenden Pumps. Ihre Halskette glitzerte.
"Ähm, ja. Hallo." In kleinen Schritten ging ich die drei Stufen hoch und reichte ihr höflich die Hand.
"Ich bin Davina, Connors Frau", stellte sie sich vor. Davina öffnete die Tür für mich und ließ mich eintreten. Wie erwartet sah es innen genauso edel aus wie auch außen. Der Raum hatte eine Rundung, an der eine Treppe nach oben führte. Die Wände hatten einen cremigen Touch und waren sehr hoch. Davina und ich sahen uns für einen kurzen Augenblick nur stillschweigend an - zumindest wusste sie dass ich vorbeikomme. Was sie wohl gerade von mir denkt?
Ich hörte aus der rechten Seite Schritte und gleich darauf sah ich wie Connor auf uns zukam. Während des Gehens band er sich noch seine Krawatte. "Amara.", er strahlte mich an.
"Hallo", brachte ich nur schüchtern heraus. Es war einfach komplett anderes als im Café mit ihm zu quatschen. Er war nur ein Gast und nicht mein Vater. Es war das erste Mal dass ich ihn ohne Anzug sah, aber feingemacht hatte er sich trotzdem - oder war das sein Alltagslook? Auch er reichte mit freundlicherweise die Hand. "Ich freue mich sehr dich zu sehen."
Ich nickte. "Ich freue mich auch."
Räuspernd wendete sich Connor an seine Frau: "Hast du ihnen gesagt, dass sie runterkommen sollen?" Davina nickte. Anschließend ging zu zum Treppenanfang und rief hoch: "Nick! Valerie!"
Es dauerte nur ein paar Wimpernschläge als plötzlich ein Junge die Treppen herunterkam. Er war vielleicht ein kleines Stückchen größer als ich. Er trug ein zu großes Tank Top und dazu eine dunkle Jeans Hose. Seine schwarz-goldene Kappe trug er verkehrt auf seinen Kopf, gepaart mit einem paar dunkeln Sonnenbrillen, die seinen Augen überdeckten. Ich nehme an dass das Nick sein muss.
An seiner Kopfbewegung allein, wusste ich, dass er mit den Augen rollte als er mich sah. Er verschränkte die Arme und nuschelte ein: "Nicht noch so eine."
Nett.
"Nick! Sei höflich." rügte seine Mutter ihn. Anschließend wendet sie sich an mich: "Das ist Nick unser Sohn. Dein Halbbruder." Noch ein Bruder, als würde ich nicht schon genug Drama mit Niall haben. Sarkasmus aus.
Er sah aus, als würde er Justin Bieber in seinen Bad Boy Jahren nachspielen. Fehlten nur noch die Unmengen an Tattoos und die dicken goldenen Halsketten.
Ich hörte wie Connor laut ausatmete. "Er will Rapper werden, deswegen sein aussehen. Aber damit wird nichts!", den letzten Teil sagte er mit hochgezogener Augenbraue direkt zu Nick. Nick schnauft und drehte den Kopf zur Seite. "Ich darf nicht Rapper werden, aber Hauptsache Ms Perfect darf Model werden....", warf dieser scharf zurück und erntete einen strengen Blick seiner Eltern. Diese Familie schien auch nicht perfekt zu sein.
"Genug jetzt!", sagte Connor und augenblicklich war Ruhe eingekehrt. Während wir anscheinend auf Valerie warteten erfuhr ich das Nick siebzehn war, Connor eine Fotoagentur besaß, bei der Davina die Außenaufträge erledigte, was eine breite Spanne war, und für Models verantwortlich war. Fotoshootings für Kampagnen, Models für Musikvideo, Make-Up, Schuhen, Handtaschen, ... alles von A bis Z. Dabei kamen wir auch ein klein bisschen näher ins Gespräch und ich wurde mir klar das diese Davina die Davina war von der Sophie immer sprach.
"Die Welt ist wirklich klein.", stimmte ich Davina zu. Davina lächelte und strahlte mich mit einen perfekten Lächeln an. Es ist wirklich kaum zu glaube dass diese Familie schon irgendwie mit meinen Leben verbunden war, obwohl ich keinen Schimmer davon hatte.
Ein dumpfes Geräusch von Absätzen hallte plötzlich von oben herab. Schon an den obersten Stufen sah ich Schuhe. Es waren helle High Heels. Aufgeregt beobachtete ich die ich von Stufe zu Stufe mehr von ihren freigelegten Beinen sah. Sie waren definitiv dünner als meine. In meiner Aufregung vergaß ich zu atmen und schnappt anschließend kurz nach Luft. Valerie kam die Treppen herunter und hielt inne als sich unsere Blicke trafen. Es fühlte sich an, als wären wir in diesen Moment komplett alleine im Raum. Alles um mich drehte sich um die eigene Achse. Sie hielt sich am Geländer an und trat die letzten Stufen herunter. Ich konnte mich irren, aber sie wirkte genauso aufgeregt wie ich.
Valerie stelle sich genau vor mich und sah mich von Kopf bis Fuß an - was ich ebenfalls tat. Sie hatte definitive die gleiche Nase wie ich, ihre Augen waren grün und nicht wie bei mir mit einen Stich braun vermischt und durch ihre High Heels war die einen halben Kopf größer als ich. Valeries Haar war blondiert, fast weiß und ich konnte den brauen Haaransatz an ihren Kopf erkennen. Sie trug ein weißes Spitzenkleid dass ihr bis zu den Knien reichte. Mit den braunen Haaren sah sie sicher aus wie ich. Oder ich wie sie? Hm.
Sie legte den Kopf zur Seite, stemmte ihre Hände gegen ihre Hüfte und zeigte mir ihre Zähne. "Na Schwesterchen. Endlich lerne ich dich kennen!" Ohne eine Warnung nahm sie mich in die Arme und drückte mich fest, dabei nahm ich den Geruch ihres Parfums war. "Es freut mich wirklich Amara.", sagte sie noch als sie mich wieder los ließ.
"Ich mich auch Valerie.", gab ich schüchtern zurück.
"Lasst uns doch hinaus in den Garten gehen. Ich hoffe du magst Steaks Amara.", sagte Connor und nickte mit den Kopf dabei nach links zu einen Durchgang. Seine Augen glänzten und er blinzelte oft. Vermutlich um nicht zu weinen zu beginnen.
"Ja, danke.", heute würde ich bestimmt alles essen, nur um keinen schlechten Eindruck zu hinterlassen. Valerie wich nicht von meiner Seite als wir durch den langen Flur gingen und uns an einen Tisch im freien setzten. Der Bereich war überdacht und bat eine schöne Aussicht in den hinteren Teil des Gartens. Ich machte mich am Sessel etwas groß um über den Blumentopf schauen zu können. Sie hatten einen großen Rechteckigen Pool der unter einen Glasdach versteckt war. Der Liege Bereich gleich nebenbei war mit dunklen Holz gepflastert.
"Ihr habe es hier wirklich schön."
"Danke, aber das verdanken wir nur unseren Angestellten, denn die sind es, die alles im Schach halten wenn wir verreist sind, was ziemlich oft vorkommt.", erklärte Davina mir. Wie aufs Stichwort kam eine mit dreißig Jahre Frau mit einem Tablett mit Gläsern und Getränken aus dem Haus. Ihre schwarzen Haare hatte sie streng nach oben gebunden.
Jeder bekam ein Glas und wir füllten unsere Gläser mit den Getränken auf. Ich entschied mich für Mineralwasser. Schon alleine zu sehen wie dünn Valerie war im Gegensatz zu mir ließ mich die Coladosen der letzten Tage bereuen.
"Ich hoffe du bist gut hergekommen." Ich drehte mich in Connors Richtung und nickte. "Ja, danke. Mein Stiefbruder hat mich gefahren."
Valerie verschluckte sich als ich das Wort Stiefbruder in den Mund nahm. "Niall Horan war vor unserm Haus?!", ihre Augen wurde dabei richtig groß. Hätte ich das besser nicht erwähnen sollen? Zumindest habe ich ihn nicht aus Versehen meinen Freund genannt. Im schlimmsten Fall hätten sie ihn kennen lernen wollen.
"Du kennst ihn?", fragte ich nach und rieb mir den Nacken.
Schlagartig nickte sie heftig. "Ja, sicher. Wer kennt ihn nicht!"
"O Gott! Können wir bitte über was anderes reden! Dieser Kerl interessiert doch keinen!", schnaufte Nick genervt von seinen Platz gegenüber von mir und rutschte etwas an seinen Stuhl hinunter. Er verschränkte die Arme und drehte den Kopf zur Seite.
"Ach ruhe da! Du bist kein Mädchen und verstehst das nicht. Nervensäge.", sagte sie ihrem Bruder. Danach wendete sie sich wieder an mich. "Hör nicht auf ihn. Ich will alles wissen. Du musst mir unbedingt erzählen wie er so drauf ist. Er ist der eine von One Direction den ich noch nicht kennen gelernt habe.", sie hielt inne und sah zu Davina. Valeries Augen formten einen Schlitz. "Und du bist schuld. ICH hätte in seinem Musikvideo mitmachen sollen. Du hast es mir versprochen! Stattdessen hast du diesen Newbie genommen. Sie stand mir letztens nur um Weg herum!" Genervt verschränkte sie die Arme vor der Brust und rollte mir den Augen.
"Du warst selbst schuld, Valerie. Außerdem weis ich wirklich nicht was du hast Sophie macht doch einen super Job. Sehr schade dass ihr euch nicht versteht."
Mein Mund klappe auf. "Dann bist du wohl die ...", das Wort Bitch wollte ich nun wirklich nicht laut sagen, aber mit diesem Wort hat Sophie sie mir beschrieben. "Dann bist du wohl dieses Mädchen von dem Sophie mir erzählt hat." Valerie zog die Augenbrauen interessiert zusammen. "Sie ist meine beste Freundin.", erklärte ich.
"Ich verstehe wirklich nicht was du an der findest.", erwiderte sie und griff nach ihrem Glas Wasser in dem eine Scheibe Gurke und eine Scheibe Zitrone schwamm. Ob das überhaupt einen Geschmack hat? Ich bezweifle es.
"Wenn du sie in näherer Zukunft besser kennen lernst wirst du es verstehen."
Sie nickte nur und verzog die roten Lippen. Valerie nippte an ihrem Glas und überraschenderweise hinterließen ihre roten Lippen keinen Abdruck. "Okay. Themawechsel.", sagte sie und sah mich daraufhin verschmitzt an. "Hast du einen Freund?"
Im Augenwinkel sah ich wie auch Connor und Davina ihre Ohren spitzen. Ich räusperte mich verlegen. Was soll ich sagen. Theoretisch ja, aber wir wollen nicht dass es jemand weiß? Das würde sicher Fragen aufwerfen. Lügen wollte ich auch nicht und falls sie mehr über hin wissen wollen kann ich ja sagen dass es noch sehr frisch ist und wir unsere Zweisamkeit noch alleine genießen. Ergibt das Sinn? Vermutlich nicht. "Ja."
Valerie klatsche die Hände zusammen. "Toll! Ich auch. Sein Name ist Jacob. Wir könnten doch mal auf ein Doppeldate gehen?"
"Vielleicht.", erwiderte ich und lächelte sie an. Natürlich will ich das nicht und eigentlich will ich jetzt überhaupt nicht über mein Liebesleben reden. Mich würden ganz andere Sachen interessieren.
"Wusstest du von mir?"
Von meiner plötzlichen Frage sah mich Valerie kurz mit hochgezogenen Brauen an. "Ja, sicher. Dad hat mir alles erzählt.", sie kniff die Augen zusammen. "Du etwa nicht?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein. Ich wusste überhaupt nichts. Mum hat mir nie etwas über euch erzählt, bis diese Woche. Niall hat auf sie eingeredet, weil ich ein bisschen fertig mit den Nerven war. Sie bekommt übrigens noch ein Kind, somit wird du Halbschwester Valerie."
"Kate ist schwanger?", unterbrach mich Connor.
"Ja, ist sie."
"Wie geht es ihr? Wie geht es Kate?", fragte er mich daraufhin und ich lächelte leicht.
"Sie ist sehr glücklich mit Bobby. Er tut ihr wirklich gut und ist einer der nettesten Menschen den ich jemals kennenlernen durfte."
"Gut." antwortete Connor schlicht. Davina schwieg während unserer Unterhaltung. Es muss seltsam für sie sein, ständig mit diesen Ausrutscher ihres Mannes konfrontiert zu werden. Von meiner Mutter wusste ich, dass die beiden damals verlobt waren. Ich kann es auch überhaupt nicht verstehen warum sie ihn trotzdem geheiratet hat. Würde Niall das mit mir machen, würde ich ihn...
"Heeey.", kam es von Valerie. Sie sah in die Luft und wickelte sich eine Haarlocke um den Finger. "Wenn du die Stiefschwester von Niall bist, bin ich es doch auch. Ich meine, ich bin deine Zwillingsschwester daher..."
"Du bist fremd für ihn Valerie. Und wer zum Teufel möchte schon freiwillig dein Bruder sein? Ich sicher nicht! Und dieser Boybandfutzi sicher auch nicht!", neckte Nick sie und warf ihr einen Strohhalm zu. Sie verzog das Gesicht. "Du bist doch nur neidisch!"
"Mr und Mrs Connor das Essen wäre angerichtet." Ich drehte mich um und sah die Frau mit den schwarzen Haaren. Connor klatschte die Hände zusammen. "Vielen Dank Susen.", er erhob sich vom Stuhl. "Kommt, lasst uns etwas essen."
Kapitel 35
Ich genoss die Gesellschaft von Connor und seiner Familie. In kleinen Momenten verglich ich sie mit Mum, Bobby Niall und mir. Aber in geheimen stellte ich mir vor, wie es wohl gewesen wäre, wenn Connor und Valerie mit Mum und mir aufgewachsen wären. Würden wir dann auch in so einem Haus leben? Hätten wir noch andere Geschwister?
Das Gespräch am Tisch war angenehm, ich erzähle ihnen davon, dass ich bald zu studieren beginnen werde. Connor schien begeistert zu sein und auch Davina nickte mir lächelnd zu. Dabei fiel mir etwas ein. Nachdem das Geschirr abgeräumt wurde und wir uns wieder auf den Tisch im Garten begeben hatten, zog ich etwas aus meiner Tasche und reichte es Connor über den Tisch. Skeptisch nahm er es an sich und warf einen Blick darauf. Es war das Sparbuch.
"Amara? Warum gibst du mir das?" Er runzelte die Stirn.
"Ich kann es doch nicht einfach so behalten", erklärte ich und lehnte mich gegen die Rücklehne meines Stuhles. Es fühlte sich nicht richtig an, zudem wollte ich es ihm eines Tages nicht schuldig sein.
Connor legte es flach auf den Tisch und schob es mir zu. "Es gehört dir. Das war schon immer für dich gedacht. Bitte denke nicht, dass ich dich jemals vergessen hätte. Ich wollte sichergehen, auch wenn ich dich nicht kennenlernen sollte, dass du trotzdem deine Träume erfüllen kannst. Und dieses Sparbuch war ein kleiner Teil davon, von mir für dich."
"Nimm es, Amara. Immerhin wirst du es sicher für die Uni brauchen. Solche Studienplätze sind alles andere als günstig", setzte er ausdrücklich nach.
"Ich weiß nicht was ich sagen soll ...", ich wollte mich sträuben es anzunehmen, aber unter den Blicken von ihm und seiner Familie nahm ich es wieder an mich und verstaute es in meiner Tasche. Es war eine Menge Geld und Niall hatte Recht, wenn ich es an mich nehmen würde, müsste ich nicht länger arbeiten gehen. Ich könnte mich komplett meinem Studium widmen, was sicher super wäre. Auf der anderen Seite hatte ich wirklich nichts dagegen für Martin und Lydia zu arbeiten. Ich mochte die beiden und ihre Tochter. Außerdem liebte ich es den Teig zu naschen. "Danke." Ich hoffe nur, dass ich das in der Zukunft nicht bereuen werde.
Valerie faltete die Hände zusammen. "Nachdem wir das nun geklärt haben, entführte ich euch meine Schwester. Ich will sie auch noch ein bisschen für mich alleine haben bevor sie uns wieder verlässt." Sie stand auf und schob den Stuhl dabei nach hinten. "Komm schon, Amara. Lass uns noch ein bisschen plaudern", sagte sie zu mir. Nickend stand ich ebenfalls auf. Eigentlich wäre ich lieber hier sitzen geblieben um auch mit Connor, Davina und den stummen Nick sprechen zu können. Bis jetzt hatte Nick noch keine zehn Worte mit mir gewechselt.
Stumm folgte ich ihr ins Innere des Hauses. Ihre weiße Haarpracht hüpfte regelrecht hin und her als wir die Treppen in den ersten Stock hochgingen und der Absatz ihrer Schuhe klackerte auf dem hellen Fließen des Bodens. Wie auch unten hatten auch oben die Wände diesen cremigen Ton. Vereinzelt hingen Bilder an den sonst kahlen Wänden und fast neben jeder Tür, an der wir vorbeigingen, stand eine Vase mit Grünzeug. Wir gingen an unzähligen Türen vorbei und ich fragte mich wie viele Zimmer die hier hatten. Vermutlich hatte jeder zusätzlich noch ein eigenes Hobbyzimmer und ein Gästezimmer, das würde vielleicht alle Räume erklären. Schlussendlich hielten wir an einer Tür an. Valerie sah über ihre Schulter des Flurs hinunter, als würde sie sicher gehen, ob uns niemand gefolgt war. Danach kniete sie sich auf den Boden, hob die bunte große Vase neben ihrer Tür an und nahm einen Schlüssel von darunter. "Nick liebt es in meinen Zimmer zu gehen und nach meinen Tagebuch zu suchen", erklärte sie schlicht als sie den Schlüssel in das Schlüsselloch steckte. So etwas kannte ich nicht. Ich musste nie befürchten dass sich jemand auf die Suche nach meinen Tagebuch macht - was auch sinnlos gewesen wäre, dann ich hatte bis jetzt noch nie ein Tagebuch geführt.
Es klickte und Valerie öffnete die Tür. Ihr Zimmer war groß, viel großer als das, was ich in Mullingar hatte und damals dachte ich schon dass es groß wäre. Die gesamte linke Seite war von Boden bis zur Decke mit einen Regal verstellt. Unzählige Schuhe und die dazu passenden Handtaschen standen in dem Regal. Wer braucht so viele Schuhe? "Du hast zu jeden Paar Schuhe auch eine passende Handtasche?"
Sie nickte und zuckte mit der Schulter. "Ja. Wenn du willst, darfst du dir gerne mal was borgen." Ohne zu antworten, ging ich auf das Regal zu und ließ meine Augen über die Taschen schweifen. Eine teure Markentasche nach der anderen und erneut fragte ich mich für was man so viele Taschen und Schuhe benötigt. Ich war mir sicher dass sie noch nie alle getragen hatte.
"Ganz ehrlich?", ich drehe mich zu meiner Schwester um. "Wenn ich du wäre, würde ich mir vorkommen als ob ich in einen Schuhgeschäft leben würde."
Valerie begann zu kichern. "Ach, das sind doch nur meine Lieblingsschuhe und Taschen. Das sind doch nicht viele."
Ich sagte nichts darauf und widmete mich nun der anderen Seite ihres Zimmers. Ihr Bett war groß und Rund. Sehr viele Kissen in verschiedenen Größen lagen am Kopfende und in der Mitte saß ein brauner Bär, der ein rotes Herz in der Hand hielt. Sie besaß auch ein Bücherregal, das auch von oben bis unten mit Büchern vollgestopft war, vermutlich eine Eigenschaft, die sie von unserer Mutter geerbt hat. "Ich nehme an du liest gerne?", fragte ich sie und zog ein Buch dabei heraus, drehte es um und warf einen Blick auf die Rückseite.
Sie folgte meinen Blick und lächelte anschließend. "Man mag es nicht glauben, aber ja. Ich lese sehr gerne. Früher bin ich viel mit meiner Mum gereist und wenn sie bei einen Meeting war, habe ich währenddessen ein Buch gelesen. Ich schätze deshalb." Sie zuckte mit den Schultern.
Ich stellte das Buch wieder auf seinen Platz zurück und drehte mich um. "Das hast du sicher von Mum geerbt. Sie liest auch unheimlich gerne. So ziemlich das erste, das sie gemacht hat, als wir in Mullingar angekommen sind, war sich sofort nach dem nächsten Buchclub umzusehen."
Mit großen Augen sah sie mich plötzlich an, schmiss sich auf ihr Bett und klopfte auf den Platz neben ihr.
"Erzähl mir mehr. Bitte."
Ich biss mir auf die Lippe und strich mich einen lose Strähne hinter mein rechtes Ohr. "Na gut." Ich ließ mich neben ihr nieder. Das Bett wackelte hin und her als sei es mit Wasser gefüllt - was es wohl auch war. "Und was soll ich dir erzählen?"
Valerie stützte ihren Kopf mit ihren Händen ab, während sie flach auf den Bauch vor mir lag. "Ich will mehr über sie wissen, über euch. Wie ist deine Mum so ... ähm unsere leibliche Mum?" Ja natürlich, sie müsste genauso neugierig wie ich sein, immerhin ging es ihr doch wie mir. Wir beide kannten unseren jeweiligen anderen Elternteil nicht.
Ich begann zu lächeln und sah auf meine Hände hinab. "Mum ist ... ein Fotojunkie. Sie hält wirklich alles mit einer Kamera fest, egal ob es angemessen ist oder nicht. Sie konnte es sich nicht mal verkneifen mich nicht mit meinem ersten Kater zu knipsen. Mum ist eine Meisterköchin, wenn es um Braten geht, und sie lieb Kaffee. Ich glaube sogar, dass sie sich am liebsten in einer Badewanne voll mir Kaffee setzten würde, darin ertrinken könnte, ohne das es ihr etwas ausmachen würde. Außerdem liebt sie Bücher. Es gibt kein Genre, das sie nicht lesen würde, aber am liebsten sind ihr Romanzen mit viel Erotik und so ..." Valerie strahle mich die ganze Zeit über an und kicherte: "Da habe ich auch einige. Sie muss mir unbedingt mal, welche vorschlagen."
Es freute mich zu sehen wie sich Valerie über viele Ähnlichkeiten mit Mum freute. Ich zeigte ihr Fotos von der Hochzeit, aber auch ältere Bilder, bevor wir nach Mullingar gezogen sind. Fotos von mir und meinen Großeltern, Fotos von mir und Sophie, ... Valerie war sehr interessiert an allem was ich ihr zu erzählen hatte und ich freute mich darüber. Wir schienen uns wirklich zu verstehen und das machte mich glücklich.
Doch das Beste an allem war ihr Gesicht zu sehen als ich unsere Mutter anrief und sie ihre Stimme zum ersten Mal hörte. Tränen flossen und es wurde geschluchzt. Valerie und Mum schienen sofort einen Draht aufgebaut zu haben, dabei dauerte es nicht lange bis das Gespräch auf verschiedene Bücher umschlug und ich nicht mehr mitreden konnte. Die fünf Bücher, die ich bis jetzt gelesen hatte waren hier nicht von Bedeutung.
"Ich kann es kaum erwarten dich zu treffen, Valerie", schniefte unsere Mutter am anderen Ende der Leitung. Schluckend wischte sich Valerie über ihre feuchten Wangen. "Ich mich auch.", ihre Stimme war dabei nicht lauter als ein Wispern.
Ich musste den Klos in meinen Hals nach unten Schluck um überhaupt sprechen zu können. Das Ganze war einfach viel zu emotional. "Mach's gut Mum. Grüß Bobby von mir."
"Mache ich. Tschüss meine Zwei Mäuse.", ihre Stimme brach ebenfalls.
Der Anruf wurde beendet und für einen kurzen Augenblick sahen wir uns einfach nur sanft an. Dieser Tag heute wird sich nicht nur für mich für immer in das Gedächtnis einbrennen, sondern auch bei meiner Schwester und unseren Eltern. Es war ein ganz besonderer Tag.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich jetzt schon sechs Stunden hier war. Niall wartete schon die ganze Zeit auf mich. Ein schlechtes Gefühl machte sich in mir breit.
"Was ist los, Amara?"
"Ich muss dann los. Niall wartet auf mich. Er holt mich ab." Augenblicklich verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht. "Jetzt schon?"
Ich presste die Lippen aufeinander und nickte. "Ja. Wir können doch mal was zusammen machen", schlug ich fuhr und hielt ihr dabei gleichzeitig mein Telefon hin.
Ohne zu zögern, speicherte sie ihre Nummer ab. "Du könntest am Samstag mit mir und meinen Freund auf eine Party gehen", sagte Valerie und gab mir mein Handy zurück. Irgendwie will diesen Samstag einfach jeder etwas mit mir unternehmen. Zuerst Lola, dann Niall und nun Valerie.
"Das würde ich wirklich gerne, aber ich bin bereits mit Freunden verabredet. Wir gehen in einen Club.", erwiderte ich entschuldigend.
Valerie legte ihren Kopf zur Seite. "Lasst den Club sausen und kommt alle mit uns mit. Es wäre eine gute Gelegenheit um uns besser kennen zu lernen."
"Ich weiß nicht ...", seufzte ich. Ob das eine gute Idee sein würde? Ja, ich wollte schon etwas mit ihr unternehmen, aber ich wusste doch, dass sie und Sophie sich nicht verstanden. Zudem wird auch Dylan dabei sein und das bereitete mir jetzt schon Bauchschmerzen.
"Amara! Bitte. Ihr werdet auf dieser Party bestimmt nicht auffallen. Es werden so viele Leute da sein, dass es komplett egal sein wird, ob einer oder zwei mehr da sind.", sie schob schmollend die Unterlippe nach vorne. Ich schnalzte mit der Zunge. "Okay. Ich werde meine Freunde fragen."
Während wir die Treppen nach unten gingen schrieb ich Niall eine Nachricht, ob er mich abholen könnte. Ich hoffte nur, dass er nicht sauer auf mich war, weil ich ihn so lange warten ließ.
Connor und Davina saßen im Wohnzimmer auf der Couch. Der Tisch war voll mit Mappen. "Amara wird jetzt aufbrechen.", verkündete Valerie als wir den Raum betraten. Beide erhoben sich von ihrem Platz und kamen mit offenen Armen auf mich. "Es hat mich sehr gefreut dich kennenzulernen.", sagte Davina als sie mich kurz drückte. "Mich auch.", erwiderte ich ebenfalls.
Connor seufzte schwer als er mich in den Arm nahm. Seine Umarmung war fest, als wollte er mich nicht mehr loslassen. Der Geruch seines Aftershaves lag mir in der Nase. "Amara ... du kannst dir überhaupt nicht vorstellen wie sehr ich immer auf diesen Tag gehofft hatte.", wisperte er mir ins Ohr. Aber da lag er falsch, ich konnte es mir sehr wohl vorstellen.
"Doch, das kann ich."
Er machte einen Schritt weg von mir, strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. Er musste sich bemühen ein Lächeln aufzusetzen. Seine Augen glänzten. "Ich würde mich freuen, wenn du mich nächste Woche im Studio besuchen kommst. Ich kann dir eine Tour geben." Ich nickte sanft. "Das klingt gut." Anschließend verabschiedete ich mich noch angemessen von meiner Schwester, die mir immer wieder sagte, wie sehr sie sich schon auf Samstag freute. Von Nick fehlte jede Spur. Mein Halbbruder schien nicht an mir interessiert gewesen zu sein.
Ich drehte mich ein letztes Mal um und winkte ihnen zu, bevor ich zu Niall in den Wagen stieg und wir davon brausten. Während der Fahrt sah er mich immer wieder erwartungsvoll an, als würde er warten dass ich endlich anfangen würde zu erzählen, was ich schlussendlich auch tat. Er hörte mir aufmerksam zu und unterbrach mich kein einziges Mal.
*
Aus meinem Augenwinkel aus sah ich wie mich Dylan die ganze Zeit über ansah. Ich wusste es, ich hätte mir etwas anderes anziehen sollen. Der Stoff des Kleides war so dünn und durch den rückenfreien Teil fühlte ich mich nackt. Und abgesehen davon, konnte ich Kleider nicht ausstehen. Wie konnte mich Tobi damals überreden dieses Kleid zu kaufen?
"Bist du sich das wir hier richtig sind?" fragte Tobi mich, der mir eine Hand auf meine Schulter legte.
"Ja. Ich bin mir sicher." erwiderte ich nickend. Wir befanden uns vor einem sehr hohen Gebäude. Es ähnelte den von Niall in gewissen Zügen und Baustil.
"Bin gespannt, wohin uns deine Schwester bringen will. Hoffentlich war es, es wert die Clubtour sausen zu lassen", meckerte Lola. Der leichte Wind ließ ihre roten Haare wehen und die Armreifen an ihrer rechten Hand raschelten. Sie trug einen karierten Mini Rock, High Heels und ein bauchfreies Netztop, durch das man ihren dunklen BH sah. Ob Martin und Lydia wussten wie ihre Tochter aus dem Haus ging?
"Deine Schwester", motze Sophie und verzog die Lippen. "Warum ist dieses Biest deine Schwester! Ich kann sie nicht ausstehen! Und damit du es gleich weißt, ich bin nur deinetwegen mitgekommen. Ganz bestimmt nicht ihretwegen!"
"Und dafür bin ich dir dankbar", seufzte ich wissend. Ich sah die leicht lächelnd an und klimperte mit meinen Wimpern. Hoffentlich kann einer der beiden nachgeben damit dem Frieden nichts im Weg steht.
"Also ich finde es cool dass ich auch mitkommen durfte. Bin gespannt was für eine Fete das wohl ist. Hoffentlich gibt es Freigetränke", meldete sich Peter zu Wort. Wie auch Tobi war er sehr schick gekleidet und ich war mir sicher dass sich die Beiden abgesprochen hatten. Ein schwarzer Audi mit getönten Fenstern hielt plötzlich neben uns an. Der Motor wurde abgestellt und die Türen öffneten sich.
"Amara!", rief meine Schwester aufgeregt und lief sofort auf mich zu. Ich taumelte einige Schritte rückwärts als sie mich umarmte, dabei vernahm ich Sophie seufzten. Über Valeries Schulter sah ich einen Typen aussteigen. Er war groß, trug eine schwarze Lederjacke und hatte sehr helles Haar. Ich hätte schwören konnten, dass ich ihm schon einmal gesehen habe.
Valerie ließ von mir ab und drehte sich zu meinen Freunden. "Hi, ich bin Valerie Davis. Amaras Zwillingsschwester. Und wer von euch ist Amaras Freund?"
Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spuck und begann zu husten. Sophie klopfte mir zwischen die Rückenblätter und stürzte mich. "Das ... das sind alles nur meine Freunde. Mein ... mein fester Freund hatte heute keine Zeit.", erklärte ich stockend. Dylan warf mir einen komischen Blick zu, als würde er mir sagen wollen: "Habe ich es dir nicht gesagt."
"Schade.", sie drehte einen Haarlocke in ihren Finger ein. "Also ... der Schönling neben mir ist mein Freund Jacob.", stellte Valerie ihn vor. Er hob die Hand. "Hey." Er kam mir so verdammt bekannt vor. Ich kniff nachdenklich die Augen zusammen.
Ich sah zu Sophie, die die Zähne zusammendrückte und mit angespanntem Kiefer die beiden begutachtete. "Alles klar?", flüsterte ich ihr zu.
"Er hat mir den Drink gezahlt den mir sie dann übergeschüttet hat.", erklärte Sophie mir. Ihr Blick war tödlich. "Ich kann beide nicht ausstehen!"
"Valerie, Jacob. Ich möchte dass ihr euch bei Sophie entschuldigt."
Alle Augen lagen schlagartig auf mir. Valerie kniff die Augen zusammen. "Amara, sie hat meinen Freund angemacht. Ich werde mich nicht entschuldigen. Ich werde sie dulden, aber Frieden wird wohl nie zwischen uns herrschen. Sie soll sich bei mir entschuldigen!"
Ich stemmte die Hände gegen meine Hüfte und legte den Kopf zur Seite. "Ach ja? Soweit ich weiß hat dein Freund ihr einen Drink gezahlt. Wenn sie ihn angemacht hätte, wäre es andersherum gewesen."
Valerie presste die Lippen aufeinander und sah zu Jacob. Für einen Moment tauschten sie Blick aus. Jacob rieb sich den Nacken. "Es war doch nur ein Drink, Val. Beruhig dich." Valerie schnauft und überkreuzte die Arme vor der Brust. Sie drehte sie zu Sophie. "Tut mir leid. Er liebt es mich auf die Palme zu bringen."
"Deswegen war es noch immer kein Grund so zu reagieren. Immerhin war es nicht meine Schuld und ich hatte ihn auch nicht um einen Drink gebeten. Wenn du deinen Bad Boy nicht zähmen kannst, solltest du dir einen anderen suchen.", schnauzte Sophie sie an. "Aber okay, ich nehme deinen Entschuldigung an. Für Amara." Dankbar lächelte ich ihr zu. Ich wollte das Frieden zwischen uns allen herrschte.
Jacob, der inzwischen seine Hände in die Hosentaschen gleiten ließ, zuckte mit der Schulter und sah zu Boden: "Dann muss ich mich wohl auch dafür entschuldigen. Ich habe mir wirklich nichts dabei gedacht, als ich dir einen ausgegeben habe. Du warst allein und ich wollte nett sein."
"Nett sein? Du hast mich wegen meiner Haarfarbe aufgezogen!", warf Sophie schließlich ein und zeigte mit dem Zeigefinger auf ihn. Passanten warfen uns bereits neugierige Blicke zu.
"Tja", er schnalzte mit der Zunge, "So bin ich eben."
"Nachdem wir nun alles geklärt haben, könnten wir doch endlich los und etwas Spaß haben. Was meint ihr?", sagte Valerie und Blicke zu den anderen, die Wortlos die Diskussion verfolgt hatten.
"Ja, dann mal los!" kam es euphorisch von Tobi. "Zuerst mal ... Ich bin Tobias, aber alle nennen mich Tobi." Lola, Peter und Dylan stellte sich auch anschließend der Reihe nach vor. Ich war nur dankbar darüber dass Dylan nicht so ein Arsch war und irgendetwas über Niall erwähnt hatte. Er hätte damit alles kaputt machen können. Außerdem wussten auch Lola und Peter davon nichts und das sollte auch im Moment so bleiben.
"Tobi, Peter, Lilly ähm Lola und Dylan. Ich glaube ich hab's", testet Valerie ihr Gedächtnis. Sie nahm Jacobs Hand. "Dann folgt uns mal nach oben."
Wie gewollt folgten wir den Zweien ins Innere des Gebäudes. Es gab eine Art Lobby mit Rezeption und daneben befanden sich drei Aufzüge mit glänzenden Türen. Im Aufzug checkte ich noch ein letztes Mal mein Make-up während wir nach ganzen oben fuhren. Irgendwie war ich nervös, denn ich hatte absolut keine Idee auf was für einen Party ich mich da eingelassen hatte. Ich hoffte, dass es wirklich keine kleine Private war, auf der wir sofort auffallen würden. Das wäre einfach nur peinlich und unangenehm.
Ein langer Flur mit vielen Türen erstreckte sich vor uns. An der rechten Seite unter einem Gemälde knutschte ein Paar wild auf einer Couch. Unsere Anwesenheit schien sie überhaupt nicht zu jucken.
"Die sollen sich ein Zimmer nehmen", formte Lola neben mir mit ihren Lippen und zwinkerte. Nickend grinste ich sie an.
"Es wird euch bestimmt gefallen", meinte Valerie und grinste uns dabei breit an. Ich nickte wieder, Sophie murrte etwas Unverständliches und vom Rest kam keine Antwort. Die Jungs liefen hinter uns nach und ich hörte wie Dylan und Jacob über die vergangene WM redeten. Wir sahen bestimmt aus wie eine Clique. Valerie die weißhaarige, Lola die rothaarige, ich die braunhaarige und neben mir Sophie die mit den pinken Haar. Und im Schlepptau unsere Jungs Es fehlte nur noch die dramatische Musik.
Am Ende des Flurs vernahmen wir schon den Bass der Verstärker, Musik dudelte laut vor sich hin. Ohne zu klopfen, drückte Valerie die Klinke nach unten und öffnete die dunkle Doppeltür. Das Licht im Raum vor uns war gedämmt. Personen mit Gläsern in den Händen bewegten ihre Hüften zum Beat und rieben sich an den Nächsten neben ihnen. Der Raum war riesig und hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Club. Hohe Wände, fast nur Fenster und in der linken Ecke stand ein Jakusie in dem sich gerade mehrere Personen miteinander vergnügten. Eine junge Frau mit bleichen Haar und einen Tablett Shots ging an uns vorbei.
"Wir hätten gerne einen!", rief ihr Valerie hinterher und die Dame machte kehrt. Valerie drückte mir eines der kleinen Gläser in die Hand und ich konnte nicht anderes, als verlegen auf den Boden zu schauen. Die Blonde trug einen schwarzen Slip und eine Umhängetasche, an der ein Knüppel befestigt war, während ihre nackten Brüste frei herum hingen. Eine schlichte dunkelblaue Krawatte befand sonst noch um ihren Hals. Auf was für einen Party hat uns meine Schwester geschleppt?
"Ist da eine Stripperin oder eine Kellnerin?", fragte mich Sophie als sich die Frau wieder entfernt hatte. Ich zuckte mit der Schulter. "Ich habe absolut keine Ahnung!"
"Vermutlich beides.", zwinkerte Jacob mit einen schiefen Grinsen zu.
"Gibt es sowas auch in männlichen Format?", fragte Tobi belustigt. Empört schlug Peter gegen seinen Oberarm. Süß die Beiden.
"Auf neue Freundschaften!", hob Valerie das Glas. Wir taten es ihr gleich und stießen die Gläser zusammen. "Auf neue Freundschaften!"
Ich kippte die brennende Flüssigkeit in mich und schüttelte den Kopf. Mein Rachen brannte wie Feuer und ich wünschte mir dass ich den Geschmack mit Wasser nachspülen könnte. Die leeren Gläser stellten wir einfach an einen kleinen Tisch neben uns ab, dabei sah ich wie Jacob etwas in Valeries Ohr flüsterte. Sie biss sich auf die Lippe und begann danach zu kichern. "Wir gehen tanzen. Kommt ihr mir?", fragte sie.
Tobi und Peter waren die ersten die bejahten, während Lola Dylan am Arm packte und an ihnen vorbeistürmte. Sehr gut, soll sie ihn ruhig fern von mir halten.
"Amara und ich holen uns noch etwas zu trinken.", beantwortete Sophie für uns beide. Ich hatte zwar nichts davon gesagt, dass ich mir etwas holen wollte, aber auch gut. Sie wusste, dass ich für das Tanzen im nüchternen Zustand nicht geschaffen war.
"Okay. Wir sehen uns dann." Valerie schenkte und ein letztes Lächeln und verschwand schließlich mit Jacob auf der Tanzfläche.
"Sollen wir uns was holen?", fragte ich Sophie, die starr an meiner Schulter vorbei sah. Was hat sie denn jetzt? "Sophie?"
"Amara.", sie schluckte, sah mich aber noch immer nicht an. "Jetzt nicht durchdrehen aber ... da ... da hinten ist Taylor fucking Swift!!", plötzlich wurde ihre Stimmer etwas höher und sie begann auf und ab zu hüpfen. Wenn ich das mit ihren Schuhen machen würde, würde ich mir beide Beine brechen.
Sie ließ mich keine Zeit etwas zu sagen, sondern rempelte mich an und stürmte schlagartig auf die Blonde Sängerin zu. Ich rieb mir schmerzerfüllt den Oberarm und folgte ihr, um die Sängerin von meiner besten Freundin zu schützen.
"Könnten wir ein Foto zusammen machen?!", quickte sie gerade und nahm ihr Telefon zwischen ihren Brüsten heraus. Ja, genau da hatte sie es nämlich, weil sie heute ausnahmsweise keine Tasche benutzen wollte. Peinlich berührt versuchte ich sie von Taylor wegzuzerren. "Sophie! Hör auf!" Ich versuchte ihr etwas Vernunft einzutrichtern, aber sie ließ nicht locker. "Bitte TayTay!"
Taylor runzelte die Stirn, brachte aber noch ein Lächeln über die Lippen. "Ähm, ja okay."
Nachdem Sophie ihren Willen bekam, nahm ich meine Hand von ihr und schüttelte den Kopf. Sie sollte wirklich an ihr arbeiten. Bei Niall schaffte sie es inzwischen doch auch. Ich vernahm ein leises Lachen und drehte mich um. Braune Locken, Grübchen, Ärmel voll mit Tattoos und leuchtend grüne Augen.
Harry Styles.
"Taylor! Da bist du!", sagte er erfreut und ging an mir vorbei. Taylor nahm den Arm von Sophies Schulter und drehte sich auf Harry zu der ihr einen Kuss auf die Wange drückte. Sophie nahm den Moment mit ihrem Handy auf.
Es war tatsächlich Harry. Der Harry von One Direction. Der Harry, den ich vor zwei Monaten live mit Tobi gesehen hatte. Der Harry, der mit Niall heute unterwegs sein sollte. Was wohl bedeutet ... dass Niall auch hier ist?
Suchend drehte ich mich einmal im Kreis. Zu meiner Enttäuschung war von meinen Freund nichts zu sehen. Aber er hatte mir doch gesagt, dass er heute etwas mit Harry unternehmen wollte. Komisch.
"Harry! Können wir ein Foto machen?!", ertönte Sophies Stimme neben mir. Das war doch typisch!
Harry räusperte sich. "Ja. Aber du solltest danach dein Handy verschwinden lassen, denn damit wirst du dir hier keine Freunde machen. Wer bist du überhaupt?" Er klang nicht verärgert oder harsch, er sprach ganz normal.
Hastig nickend begann sie zu sprechen: "MEIN NAME IST SOPHIE LUNZ. ICH ARBEITE FÜR DAVINA DAVIS UND HABE SCHON IN EINEM MUSIKVIDEO MITGEMACHT. ES IST NOCH NICHT VERÖFFENTLICHT ABER ES STIMMT WIRKLICH! BITTE FOLGT MIR BEIDE AUF TWITTER. MEIN NAME IST ...."
"Sophie! Du blamierst uns!", zischte ich möglichst leise und packte sie am Oberarm. Sie machte mich fertig. Diese Seite an ihr, war einfach nur anstrengend und peinlich. Ich möchte überhaupt nicht wissen, was die Beiden von uns denken.
Harrys Blick lag nun auf mir. Ich hatte wohl doch etwas zu laut gesprochen. Er kniff die Augen zusammen. "Und wer bist du?"
"Ich ähm...", ich rieb mir verlegen den Nacken.
"Das ist Amara Julien. Die Stiefschwester von Niall.", antwortete Sophie anstelle von mir. Sie legte mir vergnügt einen Arm um die Schulter.
"Du bist die Stiefschwester." Harry betonte das Wort Stiefschwester etwas seltsam und hob seinen Kopf dabei. Er grinste und zeigte uns seine niedlichen Grübchen. Ob er wusste, dass wir nicht nur Stiefgeschwister sind? Immerhin ist er einer seiner besten Freunde. Ich habe Sophie und Tobi auch eingeweiht, also warum sollte er es nicht tun?
"Niall holt sich gerade etwas zu trinken mit Hailee. Wenn du also Hallo sagen willst...", er hob fragend eine Braue und zwinkerte mir zu.
Ich nickte. "Ja, ich glaube ich werde das mal tun. Kommst du mit Sophie?"
Sophie zog den Kopf zurück und schüttelte ihn anschließend. "Harry und ich müssen noch ein Foto machen. Geh ruhig Amara. Ich werde mir schon eine Beschäftigung ohne dich finden. Husch, husch geh ihn suchen.", sie stieß mich dabei schon regelrecht weg von ihr. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass sie auch weiterhin Harry und Taylor nerven würde. Taylor nächster Diss Song wird wohl an Sophie gerichtet sein.
Ich drängte mich durch die Menge, schubste die Fremden Leute beiseite und kämpfte mir meinen Weg durch bis ich an einer Bar ankam. Dahinter stand wieder eine dieser Halbnackten Kellnerin die Drinks mixte. Ein Kerl lag mit seinen Kopf auf der Bar und schlief augenscheinlich, während ein Paar neben ihn rummachte und wieder ein anderer Mann kotzte gerade in eine Vase.
Und dann sah ich ihn, sah ich Niall. Er hielt ein Glas in der Hand und lachte über etwas, dass das Mädchen mit den braunen Haaren vor ihn gesagt hatte. Sie war wirklich sehr hübsch. Ihr roter Lippenstift ließ ihre perfekten Zähne strahlen und ihre Locken lagen wie angegossen über ihre Schultern. Ihr Haar glänzte, und ich fragte mich, wie es sich wohl anfühlen würde.
"Hey Niall.", grüßte ich ihn. Erschrocken fiel ihm beinahe das Glas aus der Hand. Sein Blick glitt an meinen Körper entlang. Er hob ihn aber schnell wieder, damit es niemand sah. Tja, das Kleid war wohl schuld.
"Amara! Was machst hier?!", ich konnte seine Gesichtszüge nickt wirklich deuten. Freute er sich mich zu sehen, oder nicht?
Ich fühlte mich leicht überrumpelt als er mir einen Kuss auf die Wange gab und seinen Arm über meine Schulter legte. "Hailee das ist Amara meine ...", er hielt für einen kurzen Moment inne. "Sie ist meine Stiefschwester."
Wie gerne hätte ich mich jetzt auf meine Zehenspitzen gestellt und ihm zur Begrüßung geküsst. Er sah so gut aus. Und wieder trug er ein Hemd, dessen oberste Knöpfe offen waren. Ich liebe die hellblaue Farbe seines Hemdes, den es passte perfekt zu seinen Augen.
Hailee begann breit zu lächeln und streckte einen Arm aus. "Hallo Amara! Ich habe schon so viel von dir gehört! Aber natürlich nur gute Dinge. Ich bin..."
"Hailee Steinfeld. Ja, ich kenne dich natürlich. Mein beste Freundin und ich haben uns alle Pitch Perfect Filme angeschaut.", ich unterbrach sie mitten im Satz. Wir schüttelten Hände. Ihre Hand war so weich wie die Haut eines Neugeborenen. Kaum zu fassen! Vorhin lief ich Taylor Swift und Harry Styles über den Weg und nun Hailee Steinfeld. Wessen Party ist das nur und vor allem wie kam Valerie hier her?
"Du hast noch nichts zu trinken?", bemerkte die Amerikanerin. Sie sah zu Niall. "Niall sei doch so nett und bring deiner Schwester etwas. Und mir kannst du dasselbe wie ihr mitbringen."
Niall nahm seinen Arm von mir und stellte sein Glas ab. Nur zögernd entfernte er sich von uns, denn er warf uns immer wieder Blicke über seine Schulter zu. Hailee streckte die Zunge raus und deutete ihm, dass er endlich gehen sollte. Kichernd wendete sich schließlich an mich: "Ach herrje, er lässt den großen Bruder raushängen. Vermutlich hat er Angst dich alleine bei mir zu lassen.", sie hob die Hand. "Das kann ich überhaupt nicht verstehen! Ich bin doch absolut brav! Bei Taylor und Harry müsste er sich sorgen um dich machen, aber nicht bei mir!"
Ich seufzte lächelnd. "Er meint es sicher nur gut." Ganz abgesehen davon dass ich es entzückend fand, aber das konnte ich nicht laut sagen.
"Ja, da hast du bestimmt recht.", sie nickte und strich sich anschließend durch ihre braunen Haare.
"Wie lange kennt ihr euch schon?" Eigentlich wollte ich diese Frage nicht fragen, aber sie kam mir wie von selbst über die Lippen. Ich verspürte kein Gefühl von Eifersucht - so wie es bei Holly immer war, neugierig war ich aber trotzdem. Man sah ihnen an, dass sie sich gut verstanden und warum sollten Frauen und Männer nicht auch nur Freunde sein können?
"Ich weiß nicht...", sie legte den Finger an die Lippe. „Ein paar Jahre. Wir sind uns mal bei irgendeiner Show über den Weg gelaufen. Ich habe ihn und die Jungs um ein Foto gebeten und so muss unsere Freundschaft irgendwie entstanden sein."
"Redet ihr gerade über mich?", leicht erschrocken drehte ich mich um. Niall wieder zurück. Er drückte mir ein Glas mit einer orange-roten Flüssigkeit in die Hände. Einige Eiswürfel schwammen darin herum. "Aperol.", erklärte er mir anschließend. Für Hailee hatte er dasselbe mitgenommen, genau wie sie es wollte. "Erklär mir doch mal wie du hier hergekommen bist. Ich dachte du gehst mit deiner Schwester irgendwo hin."
Ich sah auf mein Glas hinab und strich mit dem Finger den Rand des Glases nach. "Naja, das bin ich auch. Sie hat uns hierher mitgenommen."
"Sie ist auch hier?"
Ich nickte. "Ja, sie müsste irgendwo mit ihren Freund am Tanzen sein. Ich kann sie dir später vorstellen. Sophie belästigt Taylor und Harry im Moment. Tobi und Peter müssten auch am Tanzen sein, genauso wie Lola und Dylan."
Niall hob fragend eine Braue. "Dylan?" Ein leicht mürrischer Blick zischte über sein Gesicht. Ich biss mir auf die Lippe als er sich die braune Flüssigkeit in seinem Glas mit einem Ruck hinunterkippte.
"Dein Freund?", fragte Hailee seelenruhig.
"Nein.", antwortete Niall anstelle von mir. Sein Tonfall war hart und ich sah in Hailees Gesicht dass auch sie es gemerkt hatte.
Ich versuchte möglichst glücklich zu klingen. "Mein Nachbar. Wir sind Freunde."
"Ah okay." Sie lächelte und vertiefte das Gespräch um Dylan nicht mehr. "Es war schön dich mal in Person zu treffen Amara. Ich muss mich jetzt leider verabschieden. Muss morgen früh raus. Wir werden uns bestimmt mal wieder sehen und dann darfst du mir mehr über diesen 'Nachbarn' erzählen."
"Was? Nein mich hat es gefreut! Ähm... ja klar." Ich wusste nicht recht, was ich darauf sagen sollte. Sie dachte bestimmt dass da was lief und Niall überfürsorglich um seine Stiefschwester wäre. Was eigentlich ein bisschen seltsam wäre, immerhin bin ich kein kleines Mädchen das noch mit ihren Puppen spielt.
Hailee umarmte Niall noch, flüsterte etwas in sein Ohr und winkte uns zum Abschied. Als sie schließlich aus unserem Blickfeld verschwand, drehte Niall sich zu mir und lecke sich über die Lippen. "Du sieht wirklich gut aus. Hat dich Sophie dazu gezwungen?"
"Nein hat sie nicht." Ich legte den Kopf zur Seite und wippte mit den Füßen nach vorne. "Das habe mich mal gekauft als ich mit Tobi shoppen war. Eigentlich hat es sogar er ausgesucht."
Niall machte einen kleinen Schritt auf mich zu und senkte seinen Kopf. Seine Lippen waren nur Zentimeter von meinem Ohr entfernt. Ich konnte seinen warmen Atmen auf meiner Haut spüren und sofort ließ mit ein Schauer über den Rücken. "Ich will es dir später ausziehen."
Ich folgte seinen Blick, als er seinen Kopf wieder entfernte. Er grinste mich keck an und ich erwischte mich doch wirklich dabei, wie ich auf meine Unterlippe biss. Wenn wir in diesen Moment nicht in der Öffentlichkeit gewesen wären, hätte ich mich auf ihn gestürzt. Schon alleine um mein Verlangen nach ihm zu lindern. Irgendetwas an ihm schien mich förmlich an ihn zu bannen. Ich wusste nicht, ob es an seinem Aussehen lag, den irischen Akzent, seiner wundervollen Stimme oder gar etwas anderes. Nur eines wusste ich, ich mochte ich nicht wegen seines Geldes oder seinen Statuts.
Ohne es zu merken, fasste ich nach seinem Gesicht und strich ihm das Haar zur Seite. Wie in Trance sah ich auf seine Lippen und wollte ich schon auf die Zehenspitzen stellen um die Entfernung zwischen uns zu verringern. Erst als er mich mit großen Augen ansah, zuckte ich zusammen und nahm sie wieder weg. Peinlich berührt sah ich nach unten und nahm einen Schluck aus meinem Glas. Der Aperol schmeckte ein bisschen bitter. Ich schluckte ihn runter und versuchte meinen Mund nicht zu verziehen. Hailee hatten ihren nicht mal wirklich angerührt und an den Stehtisch neben uns abgestellt - was ich nun auch tat.
"Soll ich dir meine Schwester vorstellen?", fragte ich nach einigen Sekunden der Stille. Niall nickte. Auf den Weg zurück liefen wir bei Taylor, Harry und Sophie vorbei. Taylor und Harry hatten sich auf einen Couch gesetzt, auf der nur für zwei Personen Platz war. Sophie war das egal, sie setzte sich auf die Lehne neben Harry und schien den beiden aus ihrem Leben zu erzählen. Beinahe hilfesuchend streckte Harry die Hand in die Höhe und winkte uns zu.
"Na Kumpel, alles klar?" fragte Niall im leicht neckend. Er wusste genau wie meine beste Freundin sein konnte.
"Ja, sicher." erwiderte Harry. Es waren keine weiteren Worte notwendig damit wir wussten dass es nicht so war. Er tippt Sophie an. "Sieh mal Sophie. Da ist Niall. Willst du nicht mit ihm reden? Er macht auch bestimmt Fotos mit dir."
Sophie winkte uns zu und sah dann wieder zu Harry. "Ach nein. Niall kenne ich doch schon. Ich unterhalte mich lieber mit euch beiden. Wie wär’s?! Wir könnten ein Foto zusammen auf Instagram hochladen. #Haylor!"
Ich hielt mir die Hand vor meinen Mund um nicht zu lachen zu beginnen. Niall legte seine Hand auf meinen freien Rücken. "Lassen wir die drei doch noch ein bisschen in Ruhe." Er zwinkerte mir zu.
"Damit habe ich kein Problem." Harry und Taylor warfen uns noch einen vielsagenden Blick zu als wir sie mit Sophie alleine ließen.
Wir gingen durch die Menschenmasse hindurch und suchten nach Valeries hellem Haar. Mit ihrer weißen Farbe sollte sie sich eigentlich aus der Masse abheben - dachte man zumindest. Stattdessen liefen uns Lola und Dylan, sowie Tobi über den Weg. Peter befand sich zur diesen Zeitpunkt auf der Toilette, zumindest nach Tobis Aussage nach.
Augenblicklich würden Niall Gesichtszüge wieder härter und auch Dylan starrte Niall finster an. Ich hätte schwören können, dass ich Funken gesehen hätte.
"Niall du bist ja auch da! Hätten nicht damit gerechnet dich hier zu treffen.", es war Tobi der sprach.
"Das war eine spontane Idee von Harry. Wir waren bei Liam und Cheryl und haben Bear mal unter die Lupe genommen."
"Bear? Sie haben ihr Kind so genannt? Ich wusste nicht mal, dass Cheryl das Baby schon bekommen hat." Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich den beiden meine Glückwünsche ausgerichtet.
Mein Freund nickte bekräftigend. "Ja, habe ich das nicht schon mal erwähnt? Ich dachte du hättest es gewusst. Cheryl hat übrigens nach dir gefragt Amara. Sie möchte mal einen Kaffee trinken gehen."
"Ehrlich?", ich freute mich darüber, was auch der Grund war, dass meine Stimme höher wurde.
"Ja, ehrlich."
Als ich mich freute und dabei fast einmal um mich selbst drehte, sah ich meine Schwester. Sie kam geradewegs auf uns zu und hielt ihren Freund am Oberarm fest, fast, als müsste sie ihn zu uns schleifen.
"Da seid ihr! Ich dachte ihr wärt ohne uns abgehauen.", sie verstummt plötzlich. Ihr Blick lag auf Niall. Tobi zwickte sie in den Oberarm. "Aua!"
"Du bist also Valerie. Ich bin Niall." Niall reichte ihr die Hand. Sie grinste übertrieben breit und reichte ihm ebenfalls die Hand. "Ich bin Valerie Davis. Schön dich kennenzulernen. Du hast schon mit meiner Mutter Davina Davis gearbeitet."
"Ja, für mein Musikvideo. Du bist ihre Tochter? Wow, die Welt ist wirklich klein.", er lachte und kratze sich am Nacken.
Sie lachte kurz. "Eigentlich ist sie meine Stiefmutter. Amaras Mum ist auch meine leibliche, aber ja. Es ist alles ein bisschen verdreht."
Zusammen, auch mit Taylor, Harry und Sophie, tranken wir noch etwas, vergnügten uns auf der Tanzfläche und genossen unsere gegenseitige Gesellschaft. Niall und Dylan duldeten sich zum Glück und gerieten nicht aneinander. Was mich aber etwas überraschte war, dass Valerie und Sophie doch einige Ähnlichkeiten aufwiesen und leicht beschwipst sogar über die schlechten Witze von Tobi Lachen konnten.
*
Zu Hause fand ich es wesentlich angenehmer. Lag wohl daran, dass wir uns hier nicht vor Sophie und Tobi verstecken mussten. Wir saßen am Tisch, aßen Chips und tranken Sekt und Bier. Ich mochte es, wie Nialls Hand auf meinen Oberschenkel ruhte und ich mich mit meinen Kopf an seiner Schulter anlehnen konnte. Mein Herz war voll mit Glücksgefühlen. Zudem war ich höchst erfreut noch etwas Zeit mit ihm verbringen zu können bevor er für die nächsten Wochen auf Promotour ist. Kaum vorstellbar dass ich ihn die nächsten Wochen nicht zu Gesicht bekommen werde, außer auf Bildern im Internet.
Ich sah leise seufzend auf um mir seine Gesichtszüge einzuprägen. Er lächelte und lachte über etwas das Tobi gesagt hatte. Alleine sein Lächeln ließ auch mich lächeln.
Ein Blitz blendete mich. Blinzend setzte ich mich auf und sah zu Sophie, die mit breitem grinsend den Display ihres Handys anstarrte. "Ihr seid so süß!", schmachtete sie und dreht das Handy in unsere Richtung. Sie hatte doch tatsächlich den perfekten Moment eingefangen. Ich biss mir auf die Lippe und merkte wie Niall mir einen Kuss auf die Schläfe drückte. Augenblicklich errötete ich.
"Wohin ist eigentlich Peter so plötzlich verschwunden?", fragte Sophie beiläufig. Sie drehte ihr Telefon wieder zurück in ihre Richtung und ich konnte ihr dabei zu sehen wie sie es mir per Nachricht schickte.
Tobi nahm sich eine der Knabberstangen und tunkte damit in die Käsesoße. "Er hat irgendwas von 'nen Notfall erzählt. Ich soll mir aber keine Sorgen machen.", verzog die Lippen und biss anschließend ab. Käsesoße tropfte dabei auf den Tisch, die er mit seinen Zeigefinger wegwischte.
"Ich hoffe dass es wirklich nichts schlimmes ist.", warf ich ein. Ich nahm meinem Glas in die Hand und nahm einen Schluck. Auch Sophie stimmte mir zu, die zur selben Zeit noch fixiert auf ihrem Display starrte und tippte.
"Er ist nett. Du hast einen guten Fang gemacht. Sagt man das so?", Niall begann schüchtern zu lachen.
Tobi zwinkerte. "Das gleiche kann ich nur zurückgeben."
Niall drehte sich zu mir, presste grinsend seine Lippen aufeinander und übte leichten Druck auf meinen Oberschenkel dabei aus. Er tat es nicht um mir weh zu tun - was er auch nicht tat. Ich konnte es nicht in Worte fassen, aber ich wusste einfach was er mir sagen wollte. Ich spürte es.
Ein räuspern entwich den Lippen meiner besten Freundin. „Es tut mir leid euren Moment gerade zu unterbrechen aber..." Irritiert über ihre Wortwahl sahen wir beide zu ihr. Erneut hielt sie uns ihr Telefon zu. Für eine Sekunde setzte mein Atem aus und ich schloss die Augen.
Das konnte doch nicht sein.
Niall schien dasselbe zu denken, denn er schoss von seinen Stuhl, aber mit so einer Wucht dass der Stuhl zu Boden viel. Er riss Sophie schroff das Handy aus der Hand. "Das war doch bestimmt er! Er will das zwischen uns kaputt machen! So sicher nicht!" Er klang zornig - was er sonst nie war. Mir blieb nicht mal genügend Zeit um etwas zu sagen, da warf er Sophie ihr Handy zu und schon stürmte er zu Eingangstür hinaus. Ich hatte einen leisen verdacht wo er jetzt hinwollte.
"Niall jetzt warte doch. Es waren so viele andere Personen auf dieser Party. Es könnte wirklich jeder gewesen sein." Meine Worte prallen regelrecht an ihm ab. Der Alkohol und der bestehende Groll gegen Dylan, schienen seinen Zorn nur zu verstärken. Er hämmerte gegen die Tür meines Nachbarn. Ich hoffe, dass genau dieser die Tür jetzt nicht öffnen würde, ich wollte uns dieses Drama einfach ersparen. Gerade Niall sollte sich so etwas nicht leisten. Streit am Hausflur - das wollte ich einfach nicht riskieren. "Niall. Lass uns wieder zurück-."Genau im diesen Moment ging die Tür auf und Dylans Gesicht kollidierte mit Nialls Faust.
Es war alleine meine Schuld. Hätte ich nicht diese dumme Geste gemacht, hätte niemand ein Foto von uns gemacht. Dieses Mal habe ich es vermasselt und nicht er.
ENDE DES ZWEITEN TEILS.
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2018
Alle Rechte vorbehalten