Dieser Sonderband ist entstanden, weil zwischen DVdEN Akt I und Akt II viele Charaktere vorgestellt und behandelt wurden, die ein viel größeres, erzählerisches Potenzial in sich tragen und ich dies würdigen wollte. Diese Hintergrundgeschichten oder tieferen Einblicke in die Strukturen der Stadtinseln hatten keinen Platz in der Hauptgeschichte. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, einen Sonderband zu erstellen, der die neueren Charaktere beleuchtet und ihnen Gewichtung verleiht.
Gleichzeitig habe ich die Chance genutzt um die erwähnten Strukturen, sowohl gesellschaftlicher als auch wirtschaftlicher Natur, zu beschreiben und das dynamische Leben auf den Stadtinseln darzustellen.
Grundsätzlich wird es zum weiteren Verständnis nicht nötig sein, diesen Sonderband gelesen zu haben – aber es kann helfen die Charaktere in ihrer Persönlichkeit und ihre Taten besser nachzuvollziehen.
Zudem werden ein paar historische Details benannt, die man aber als trivial einstufen kann.
Apropo – zwischen den Kapiteln sind Trivia Fakten eingestreut, die einen frischen, neuen Einblick hinter die Kulissen gewähren!
Auch sind Hinweise auf zukünftige Geschichten aus dem Vermächtnis-Universum innerhalb der hier vorliegenden Erzählungen versteckt.
Damit ist alles notwendige erwähnt. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!
Menschen
Ohne Zweifel hat die Menschheit das größte Comeback von allen Rassen gefeiert. Waren sie nach Beginn der Apokalypse annähernd mit einem Wisch nahe der vollständigen Auslöschung, so sind sie nun ein durchwachsener, aber stabiler Teil der Gesellschaft. Allerdings haben sie das weniger sich selbst zu verdanken – als vielmehr dem Umstand, dass ihre Blutlinien sich mit den nie durch Aphila erlösten Engeln vermischten und ihnen so ein neues, magisches Potenzial eröffnete.
Bis heute sind Menschen mit näherer Verwandtschaft zu den einstigen Urvätern – den in Menschengestalt versiegelten Engeln – die mächtigeren Astralmagier.
Verwunderlicherweise haben sie es trotz des Fakts, dass sie das schwächste Glied der Zivilisation darstellen, geschafft, sich zu integrieren und leben ein verhältnismäßig gutes Leben unter den Überwesen um sie herum.
Das größte gesellschaftliche Problem der Menschen stellt die Entführung für den illegalen Menschenfleischhandel dar. Dennoch gibt man sich genügsam, denn die meisten Menschen sehen und akzeptieren, dass die Obrigkeit gegen diesen Umstand vorgeht.
Nephilim
Die Nephilim sind in ein besonders hartes Schicksal hineingeboren. Jeder Nephil steht vor einer Wahl mit zwei Pfaden. Unauffällig durchs Leben gehend, mit dem Opfer der eigenen Flügel – oder das gegebene Machtpensum ausbauend und stur nach vorne hinarbeiten.
Nephilim sind geächtet und teilweise sogar verhasst, denn viele fürchten ihr magisches Talent und ihre Gabe mit geringem Aufwand große Macht zu erlangen.
Darum hat es Tradition, dass Nephilim, die sich für ein normales Leben entscheiden, ihre Flügel amputieren lassen. Damit legen sie optisch ihre Identität ab und es wird allgemein als ein Akt der Unterordnung zu den anderen Völkern verstanden. Natürlich entlarvt ein kurzer Blick auf die Aura und dessen Energiesignatur für das geschulte Auge nur allzu einfach einen gestutzten Nephil – aber die Geste der entfernten Flügel ist dennoch anerkannt und mildert meistens die Gemüter.
Zudem verlangt es ein gewisses Niveau ab, diese energetische Unterscheidung zu treffen und in diesen Rängen spielt der Nephilimhass eine zumindest eher reduzierte Rolle.
Trotzdem sind die Nephilim in ihrer Gesellschaftsposition die wohl tragischste Rasse – und in ihrer Moral und Weltansicht gespalten, aufgrund der gegebenen Entscheidungsgegebenheit.
Aufgrund dieser Umstände hat es sich auch ergeben, dass die Nephilim das Geheimnis ihrer Macht vorlieb in ihren eigenen Reihen halten und selbst dort nicht alle aufgeklärt sind. Über die Generationen ist somit die natürliche Stärkung durch den Verzehr von Herzen zu einem Mythos verkommen, von denen viele nicht einmal etwas wissen.
Doch gerade das führt dazu, dass jene Nephil, die darum wissen, schnell und effizient aufsteigen und ihren gewünschten Platz in der Gesellschaft einnehmen. Egal, wie viel Verachtung ihnen das einbringt. Denn dieser sind sie durch ihre Herkunft so oder so ausgeliefert.
Der Blutrausch-Instinkt
Das Wissen um das Erbe der Nephilim ist über die Jahrhunderte zu einer Legende verkommen. Nur noch Wenigen ist bewusst, was es damit aufsich hat. Die Ironie daran ist, dass die verächtliche Angst der anderen Völker aufgrund des Machtpotenzials der Nephilim bestehen blieb. So haben sie einen mysteriösen, gar okkulten Ruf erlangt.
Das Geheimnis ihres Erbes liegt darin, dass sie durch den Verzehr von Herzen jedweder Sorte gesteigerte Macht erhalten. Die Steigerung hängt dabei vom magischen Niveau des Opfers ab.
Nephilim verfallen durch den Verzehr des Herzens, aber auch bei Notlagen, in einen instinkthaften Zustand. Sie werden schneller, stärker und eben instinkthafter. Von Nephil zu Nephil unterschiedlich ausgeprägt, kommt auch ein animalisches Verhalten dabei durch. Innerhalb dieses Zustandes sind sie in der Lage die wahren Absichten und die „wahre Gestalt“ eines Lebewesens zu erkennen. Allerdings verfallen untrainierte Nephil auch schnell der Gier nach mehr Herzen.
Der Schlüssel zur Beherrschung dieser gefürchteten Macht liegt in der Kontrolle über die eigenen Gefühle. Mit der Erweckung des Instinkts geht auch ein emotionaler Schub einher, der zu einem hitzigen und aggressiven Verhalten führt. Schafft der Nephil dies zu bändigen und zu lenken, kann er den Blutrausch-Instinkt, ohne in Raserei zu verfallen, nutzen.
Engel
Eine tiefe Spaltung hat sich zwischen den Engeln der alten und neuen Ordnung ergeben. Dieser zieht sich sowohl durch die Gesellschaft als auch durch ihre Moralansichten.
Die Engel der alten Ordnung sehnen sich im Kollektiv nach den früheren Zeiten, als sie Gott noch nah waren. Gleichzeitig ging ihr Vertrauen in ihn teilweise zu Bruch, nachdem er sich ihnen in seiner neuen Gestalt offenbarte – nur um danach wieder abzutauchen.
Durch die Äonen gab es immense Verluste unter den Engeln der alten Ordnung und die Überlebenden haben sich an die neue Gesellschaft angepasst, auch wenn es manchen von ihnen schwerfällt.
Sie werden als konservativ und erhaben eingeschätzt, jedoch muss man auch hier, wie bei jeder der Rassen, zwischen dem kollektiven Gesamtbild und dem Individuum unterscheiden.
Die Engel der neuen Ordnung haben nur eine lose Bindung zu ihrem Schöpfer.
Vielleicht aber gerade deshalb fühlen sie mit den Menschen mit die, wie sie, kaum etwas von Gott hatten.
Tatsächlich haben sie sich gut in die Gesellschaft integriert und leben, wie Gott es als Neuanfang wollte, mit den Menschen zusammen.
Anders als die alte Ordnung, haben sie keine Berührungsangst vor der Fortpflanzung gehabt.
Daher gibt es sie in allen Altersklassen.
Worunter beide Engelsordnungen gleichermaßen leiden ist der Handel mit ihrem Fleisch im Untergrund. Es ist eine begehrte Delikatesse, wenngleich die Beschaffung dessen fast immer in die Illegalität verläuft.
Neo-Angels
Die schwarzgefiederten, humanoiden Dämonenwesen, die als „Neo-Angels“ bekannt wurden, stellen das jüngste der Völker dar. Im Chaos der apokalyptischen Abläufe entstanden und nach kurzer Zeit unter Meister Methos' Herrschaft vereint, unterscheidet sich ihr gesellschaftliches Verständnis von den herarchieüberzeugten Ordnungen der Engel. Anders als die Himmelsdiener, hat es für die Neo-Angels und ihren direkten Verwandten – den klassischen Dämonenstämmigen – keine Bewandtnis woher sie stammen oder welcher Moral sie folgen.
Ironischerweise litt ihr Volk über die Zeit verteilt immer wieder unter dem gelebten Rassismus der anderen Völker ihnen gegenüber. Sowohl die Engel, als auch die Menschen taten sich immer wieder mehr als schwer damit, sie in ihrer Mitte zu akzeptieren. Nicht zuletzt eben, weil Neo-Angels aufgrund ihres dämonischen Ursprungs als hinterlistig, gierig und egoistisch galten.
Im Laufe der neuen Weltgeschichte mussten sie sich darum besonders beweisen.
Das gelang ihnen auch soweit, dass die Einsicht über ihren gesellschaftlichen Nutzen – als Aasfresser in einer durchgehend von offenen Straßenkämpfen geprägten Zivilisation – dem Argwohn überwog.
Sie sind zumeist egogeprägte Individuen, die aber durchaus den Stärkevorteil einer Gruppierung verstehen. Auch stehen sie nicht selten ihren Wurzeln nahe, haben also Kontakt zu Dämonen.
Allerdings bindet sie dabei kein Einheitsgefühl, wie die Engelsriegen es als kollektiv notwendig betrachten.
Neo-Angels sind hin und wieder auf den Verzehr von menschlichem Fleisch angewiesen, um bei Kräften zu bleiben. Der notwendige Bedarf dessen wird zwar von den Straßenkämpfen grob abgedeckt – aber so manchen hungrigen und einflussreichen Neo-Angel giert es nach frischer Ware.
Gerade in der Moderne der Stadtinseln hat sich diese Nachfrage im Untergrund zu einem florierenden Schwarzmarkt entwickelt.
Man munkelt, dass dieser verbotene Handel von hoher Hand geleitet wird, da selbst die höchsten politischen Ränge mit dieser Problematik zu kämpfen haben.
Trotzdem hat sich die Ablehnung gegenüber ihrem Volk mittlerweile beruhigt, da die Nephilim als potenzielle Bedrohung im Macht- und Ränkespiel eine Ablenkung dazu bieten.
Wer jedoch mit Sympathie und Mitgefühl für die Nephilim rechnet, hat das Wesen der Neo-Angels nicht verstanden.
???? w. WZ. d. M.
(während Weltherrschaftszeit des Methos)
Der Tempel lag in einem zivilisationsleeren, begrüntem Tal. Morgens kämpfte sich die Sonne ihren Weg die - das Tal umschließende - Bergkette hoch und beschien sowohl den Wald als auch den großen, in einen Felsen gehauenen Tempel.
Die ursprüngliche Verwendung der weitläufigen Räumlichkeiten war längst vergessen. Wandreliefs unterschiedlicher Epochen und Kulturen zeugten vom Wechsel der Völker, die diesen Ort beansprucht hatten.
Heute Nacht wurde er von Besuchern heimgesucht. Gäste, gänzlich in pechschwarze Kutten gewandet, trugen unter hallenden Gesängen rituelle Opfergaben zusammen. Utensilien okkulter Natur wurden bereitgelegt.
Die Stimmung hatte einen feierlichen Anklang, doch der in der Luft liegende Geist des Tempels wusste das Flüstern der kaum hörbaren Angst im Rhythmus der Herzschläge der Kuttenträger zu hören.
Sie waren als Kreis aufgestellt mit einem ausschweifend gestikulierendem Mann, der seine Ansprache mit großen, leeren Worten füllte.
Macht, Herrschaft, den Tod besiegen. All diesen Quatsch.
Sterbliche Gesinnungen, die der Tempel allesamt überdauert hatte.
Die Gruppe begann ihr Ritual. Es sollte Stunden dauern. Am interessantesten war ihr Anführer zu beobachten. Er wich hier und da immer wieder in winzigen Nuancen vom gleichschwingendem Atem seiner Anhänger ab und verlieh sich damit augenscheinlich gänzlich unbemerkt die Position, den magischen Vorgang im Resultat zu lenken.
Für wenige Stunden war der Tempel wie zu alter Zeit mit lebhaften Gesängen, mitschwingenden Wünschen und egoistisch-kleingeistigen Erwartungen gefüllt.
Vielleicht hatte aber doch jemand etwas geahnt. Wusste vom dunklen Fleck in der Gesinnung ihres Anführers. Denn als der sein Überraschungsmanöver beging und alle Anwesenden von der entfesselten Macht seiner Worte – gebündelt von ihren eigenen Gebeten – in den Tod gerissen und die Seelen in den Strudel der Dunkelheit gezwungen wurden, um selbst als wiedergeborene Schattenwesen daraus hervorzugehen und seinem Wort folgeleistend in kleine Keramikfläschchen versiegelt wurden – da widerstrebte sich einer der im wirbelnden Chaos herumfliegenden Dämonen. Er brach, trotz des gebärenden Kommandos des Astralmagiers, aus dem Strudel aus und besetzte ihn.
Die restlichen Dämonen landeten dennoch in den Fläschchen und waren gefangen.
Ihr triumphaler Kumpane scherte sich nicht um sie.
Er genoss seine neue Position auf Erden, die Möglichkeiten seiner Magie und ward nie wieder in diesem Tal gesehen.
So vergingen viele, viele Jahre mit Reih um Reih verschlossenen Keramikfläschchen, schön drapiert und vergessen auf dem mitgebrachten Altartisch stehend.
Dunkel. So... dunkel. Eng. Erstickend eng.
Verwirrung und Verzweiflung jagten einander mal ums mal im endlosen, sich nie ändernden Strudel aus finsterer Leere. Doch wie konnte ein Strudel da sein, wenn es nur Leere gab? Diese Frage bohrte an Shiranei heute wie schon vor.... wann auch immer dann war, als sie es sich zum ersten Mal fragte.
Man sollte meinen, wenn man einen Zustand nur lang genug immer gleichbleibend erfährt, müsste er irgendwann gewohnt sein. So war es leider nicht. Nicht in dieser orientierungslosen Enge aus purer Schwärze. Vielleicht war sie schon lange verrückt geworden. Doch das war sie nicht imstande zu beurteilen. Sie wusste hier keinen Maßstab für Verrücktheit zu setzen. War es verrückt, hier Angst zu haben oder war es noch verrückter sich der Lethargie hinzugeben und diese fürchterliche Existenz hinzunehmen?
Wenn man vom Verrückt sein, verrückt wurde – war man dann wieder normal?
Schon viel zu oft war sie alles davon durchgegangen. Zu oft, aber hier blieben ihr nichts als diese Gedanken, sodass es ein „zu oft“ gar nicht gab.
Eine Erschütterung des Flaschenbodens löste sowohl tiefes Erschrecken, als auch eine kaum zuordnungsbare Freude aus. Ihre Empfindungen zu einer Wahrnehmung außerhalb ihres Kosmos waren ihr ebenso fremd wie verzückend. Noch nie waren da neue Gefühle angeregt worden. Was war dieses neu?
Beinahe wollte sie sich der Frage widmen, was die Ursache dieser Bewegung gewesen war – als ihr klar wurde, dass das Bild vor ihrem geistigen Auge in dunkles Nichts stürzte und erlosch. Sie wusste nichts von außerhalb der dunklen Enge.
Alles was ihr blieb, war die Erinnerung an einen Moment der Andersartigkeit.
Gab es wirklich nichts anderes? Wenn diese Empfindung von woanders herkam und sie nicht die Ursache war, dann musste es zwangsläufig etwas geben.
In der nächsten Zeit wurde ihr Geist immer wieder von wesentlich kleineren, aber existenten Erschütterungen in schieres Staunen versetzt. Ihre Neugier brannte sich gefühlt einen Weg durch die dunkle Leere, ohne je irgendwo anzukommen.
Die Bewegungen um die Flasche und mit der Flasche wurden immer ausführlicher und direkter. Shiranei glaubte mittlerweile einer anderen Verrücktheit verfallen zu sein, einer spaßigen Verrücktheit!
Sie fand gefallen an dem Hin-und Her einer Bewegung, die nicht vom finsteren Strudel abhängig war und auch nicht davon beherrscht wurde. Es war zwar unbegreiflich, aber sie genoss es sehr und saugte alles an Empfindungen, Gefühlen und Wahrnehmungen abseits ihrer immerwährenden Norm detailliert auf. Selbst die Angst, dass es wieder aufhören könnte und sie wieder in unbeweglicher Leere verblieb, war ihr willkommen, weil sie neu war.
Plötzlich setzte sich einfach alles in Bewegung. Die Flasche, die Leere, der Strudel, sie selbst und alles was sie kannte und darüber hinaus. Eine wahnsinnig schnelle Empfindung als sei sie in einen viel, viel größeren Strudel geraten, der sie herumwarf.
Dann zerbrach das versiegelte Fläschchen am Tempelboden vor der Frau, die es im Versehen bei den Transportvorbereitungen umgeworfen hatte.
Ein neuerlicher, überaus überwältigender Schock durchfuhr Shiraneis dämonische Substanz bei ihrer Freisetzung. Aufgrund ihres eigentümlichen Zeitempfindens war die Szenerie für sie wie ein Standbild in dem nur sie sich natürlich vorkam. Ihre Aufmerksamkeit galt zuerst den herumfliegenden Scherben des Fläschchens. Da sie es immer nur von innen in tiefster Dunkelheit erlebt hatte, war ihr der Schluss aus dieser zu stammen, gar nicht gewahr. Auch wenn der Anblick der Scherben den Hauch eines Funken Ahnungs hervorrief. Doch da war kein ausformulierter Gedanke oder gar eine Schlussfolgerung ihrerseits.
Ihre Aufmerksamkeit wanderte empor. Von der Rauchschwade, die sie selbst war – das Ich-Verständnis besaß sie, da es bis dahin ihr einziges Empfinden gewesen war – schaute sie zu der Person vor ihr.
Dieses Etwas stand starr und unbeweglich dort. Shiranei überkam Mitgefühl und Sympathie – zwei faszinierende, aber auch seltsame Gefühle. Sie glaubte, dass dieses Etwas genau wie sie in einer Art von unendlicher Gefangenschaft festsaß und darum zwar lebendig, aber auch unfähig zur Wahrnehmung Shiraneis war.
Schlecht getroffen hatte es das Etwas ja nun nicht. Im Vergleich zu Shiraneis Verbleib wirkte ihr dieses Gefäß unvorstellbar riesig und gemütlich.
Sie wagte sich näher heran, schwebte sanft empor zum vermeintlichen, runden Eingang.
Ein Sog war zu spüren.
Shiranei wurde benebelt, es war wie ein paradiesischer Traum, der sie rief. Wie ein sich windendes Bedürfnis, dass die Erfüllung erfuhr.
Sie wusste nicht, wo das alles herkam. Nichts davon hatte ihr in dem dunklen Strudel Beistand geleistet.
Trotzdem „wusste“ sie, dass es ihre Natur war.
Es ging rasend schnell. So schnell, dass sie glaubte ohnmächtig zu werden, ähnlich der kurzen Dauer einer erlösenden Lethargie-Phase. Die Rauchschwade ergab sich dem Sog des fleischlichen Gefäßes und Shiranei entdeckte was ihre Besessenheitsfähigkeit bedeutete.
Wie eine zweite Geburt rasten Eindrücke eines menschlichen Lebens in sie hinein, an ihr vorbei, aus ihr heraus und wieder hinein. Ordnung, wie im schlimmsten Chaos, auf sie einbrechend. Farben, Dimensionen, Bilder, Erinnerungen, Charakterzüge, Marotten, Gefühle, Sex, Kampf, Wissen, gesellschaftliches Verständnis.
Sie wollte schreien und hörte ein Krächzen aus dem Hals, spürte die Vibration von Stimmbändern. Ein schlagendes Herz. Nervenstränge mit winzigen, aber wichtigen Impulsen durch das Gehirn und den Körper jagend.
Zittrig auf den Beinen, spreizte sie die Finger vor sich aus um den Luftwiderstand zu fühlen.
Die Frau war Chefarchitektin eines Projekts diesen Tempel zu restaurieren. Die elendige Achterbahn, der sie ihre Existenz ausgesetzt sah, beruhigte sich allmählich. Ihre Identität setzte sich auf die Seele der Frau und das Leben dieser ergoss das Verständnis über die Welt in Shiraneis zwar überreizten, aber willigen Geist.
Eine kleine Träne löste sich von ihrem Auge und hielt sich mit letzter Kraft an ihrem Augenlid fest. Sie wischte es mit ihrer Hand weg.
Shiranei wurde sich wieder bewusst. Ihre Erinnerungen waren ausgelöscht, doch war sie sich jetzt klar, dass sie ein Besetzungsdämon war. Diese Frau in der sie war, hatte sich aufgrund ihrer sozialen Ader entschieden in ihrer Pause bei den Jungs auszuhelfen und war ungeschickt gegen eine Reihe von unverpackter, antiker Fläschchen gekommen.
Shiraneis Magen – oder vielmehr der, der Frau – zog sich arg zusammen, als sie sich vorsichtig herunterbeugte und die zerstreuten Scherben und kleinen Splitter des Fläschchens begutachtete. Sie nahm einen davon in die Hand und schaute mit purer Faszination, aber auch tiefer Abscheu darauf.
Diese Abscheu stammte sowohl von ihr selbst, die ihr altes Zuhause voraussichtlich niemals vermissen würde – aber auch vom Gemüt der unterdrückten Seele der Frau, die sich selbst dafür verfluchte so unverantwortlich unvorsichtig mit gefährlichen Artefakten in der Nähe gewesen zu sein.
Apropo...
Shiranei stand auf und besah sich des Altartisches.
Da waren sie. In Reih und Glied – schon mal auf eine schmale Ablagefläche gestellt – standen da die Fläschchen mit ihren Leidensgenossen darin.
Sie war im Begriff nach ihnen zu greifen – auch ihnen neue Freiheit zu schenken – als ein Name gerufen wurde. Ihrer. Nein, der der Frau – der Chefarchitektin.
Die sie jetzt war.
Ein junger Mann Mitte Zwanzig trat an sie heran.
Er musterte sie besorgt: „Geht es Ihnen gut, Frau Doktor?“
Sie rieb sich die Schläfe: „Ich habe gerade keine Ahnung, was ich hier tue.“
Der Mann schmunzelte: „Oh, das kenne ich, so geht es mir auch oft genug.
Sie haben bestimmt zu wenig Wasser getrunken. Das passiert in dieser fleißigen Kollektivarbeit schnell. Meine Frage bezieht sich auch bloß auf eine dieser Checklisten hier...“
Sie täuschte Interesse vor, doch hatte keinerlei Ahnung, was der Papierfetzen vor ihrer Nase bedeuten sollte.
Als er die Überforderung in ihrem Gesicht sah, meinte er: „Sie sind ja wirklich sehr neben der Spur. Trinken Sie erstmal etwas. Die Liste kann warten.“
Sie nickte zustimmend, warf einen letzten flüchtigen Blick auf die Fläschchen auf dem Podest und dachte mitfühlend an ihre Mitdämonen in ihren Gefängnissen.
Den Schein zu wahren wollte auch außerhalb des Tempels nicht einfacher werden – diese Leute hatten ein ganzes Archäologie-Lager aufgebaut und wuselten geschäftig umher.
Shiranei wurde flau im Magen. Irgendwie hatte sie flüchtig nach dem Wissen ihres Wirts gegriffen, aber darauf war kein Verlass. Sie befand sich in einer fremden Situation unter Menschen, die „sie“ kannten, doch andersherum herrschten allerhöchstens gestohlene Ahnungen vor.
Sie fühlte sich orientierungslos, watschelte gefühlt von Zelt zu Zelt. Anders als in der einsamen Dunkelheit, verlor sie sich hier in der Fülle der Welt. Für ihre geschärften Sinne war die geschäftige Vielfalt um sie herum zu viel. Mit Schweiß auf der Stirn rief sie innerlich nach Hilfe. Ein sanfter, kaum merkbarer Windzug streifte ihre Wange und gab eine Richtung vor. Ihre Füße folgten dem und bald stand sie vor einem Zelt, das ihr einen Stich versetzte. Nein, nicht ihr...
Dies war das Zelt ihrer Wirtin. Sie betrat es und suchte nach der nächstbesten Sitzgelegenheit. Was in diesem Fall ein überraschend weiches, breites Bett war. Auch ein teuer anmutender Kommodentisch mit Spiegel drauf stehend fiel ihr direkt ins Auge.
Mit der Chefarchitektin hatte sie ganz offenbar jemanden Wichtiges und Wohlhabenden besetzt.
Doch was hieß das überhaupt für sie?
Die Dunkelheit war aufgebrochen und Shiraneis Selbst hatte sich in diese Welt ergoßen. Ein tiefsitzender Instinkt hatte bei der Frau Zuflucht gesucht und jetzt war sie in diesem Körper und lebte das Leben dieser Person. Sie wusste nicht, ob sie ohne Körper überleben konnte. Vielleicht war sie darum, ohne darüber nachzudenken, dem Instinkt nachgegangen.
Selbst wenn es nicht so war, hatte die Welt sich ihr damit erschlossen. Ihre leere Unbedarftheit wurde mit Grundverständnis gefüllt. Diese Frau teilte ihr Wissen mit ihr. Obwohl auch das nur eine Teilwahrheit war. Shiranei griff mit ihrer unwissenden Dunkelheit zum Licht der Seele in ihr, um das Wissen zu erfassen.
Es tat gut. Wenn diese bunten Bilder aus dem Licht in sie hineinsproßen. Es war wie aufatmen oder eine Art Sättigung von einem Hunger, den sie nicht verstand. Sie hatte im Fläschchen nie verspürt, dass sie der Hunger plagte, aber jetzt, mit den Erinnerungen und Gefühlen ihrer Wirtin in sie fließend – jetzt merkte sie es.
Der Hunger nach mehr Eindrücken. Der Hunger nach der Energie dieses Menschens.
Hunger
Es durchzuckte sie, als Bilder der Kindheit und des Studiums in sie hineinfuhren. Sie hatte soeben einen Funken Seele verzehrt. Noch verwirrt darüber, ob das gut war, fasste sie Mut – ja leise Euphorie. Es weckte eine unbekannte Stärke in ihr. Ja, es tat ihr gut...
Die Zeltwand wurde aufgeschoben.
Ein Jüngling linste verlegen hinein: „Entschuldigung, Frau Doktor. Sie werden bei der Besprechung im Ratszelt verlangt!“
Sie antwortete: „Ist gut, ich komme gleich!“
Auch wenn sie noch keine Ahnung hatte, wo dieses Zelt war, zu dem sie gerufen wurde.
Ein flüchtiger Blick in den Spiegel, bevor sie hinausging, bescherte ihr den Blick einer Mitte Zwanzigjährigen. Brünette, zum kurzen Pferdeschwanz gebundene Haare, natürliche Lippen mit dezentem Lippenstift, eine stupsig anmutende Nase mit hochragender Spitze. Braune Augen, die Shiraneis dunkle Essenz dahinter umrahmten.
Ein eckiger Wangenknochenverlauf, der sich in eine sanfte Rundung im Ausdruck verlief.
Die cremefarbene Jacke stand ihr gut, erinnerte aber mehr an ihre Archäologie-Kollegen, als an ihren Stand als Chefarchitektin. Außer, dass sie in beidem bewandert war.
Der Gedanke flog wie direkt aus dem Spiegel zu ihr herüber und sie erschrak heftig.
Sie wandte sich aufgewühlt ab und verließ das Zelt.
Zu ihrer Erleichterung hatte der Jüngling in pflichtbewusster Haltung, fast schon unterwürfig, auf sie gewartet um sie zum Rat zu eskortieren.
Eine Erinnerung sickerte zu ihr durch, dass das mit mindestens einem Vorfall von vorurteilhafter Autoritätsleugnung zu tun gehabt hatte.
Ihre Position konnte man ihrem hübschen Gesicht eben nicht entnehmen, aber sehr wohl tölpelhafte Schlüsse daraus ziehen.
Shiranei wunderte sich langsam, wie gesprächig die Seele in ihr wurde – als sie am richtigen Zelt angekommen waren. Sie nickte dem Jüngling noch anerkennend zu, der ihr das Zelt aufhielt und fand sich in einem äußerst großzügigem Zelt mit langem Tisch wieder. An diesem Tisch saßen hauptsächlich Männer verschiedener Altersgruppen und Expertise. Eine neutrale, konzentrierte Stimmung empfing sie.
Ein besonders schick angezogener Mann stand auf und begrüßte sie: „Ah, da sind Sie ja Frau Doktor! Wir warten sehnsüchtig auf Ihre Eindrücke und Rückschlüsse zu dieser Anlage! Nehmen Sie bitte Platz!“
So suchte Frau Dr. Chefarchitektin und Archäologin sich einen freien Platz und versuchte den ihr zugewandten Blicken gerecht im Auftreten zu werden.
Der Mann, der sie empfangen hatte, setzte sich wieder und begann zu reden.
Er fasste zusammen: „Dieser Fundort bietet eine reichhaltige Geschichte, deren Rätsel uns vielversprechende Erkenntnisse über gleich mehrere verschiedene Epochen liefern könnte. Ein bedeutender Schritt unserer Forschungsrichtung, wenn wir es entschlüsselt bekommen...“
Eine Pause trat ein.
Shiranei merkte, dass stillschweigend auf etwas gewartet wurde und traute sich vorsichtig in die Runde zu schauen. Sie alle klebten gespannt an ihren verdutzten Lippen.
Der Redner fuhr fort: „Hm, heute keine spontanen Vortrags-Ausbrüche Frau Doktor? Sonst lassen Sie mir in Ihrem Eifer doch kaum Gelegenheit für dieses allzu trockene Resümee?“
Unwohle Beklemmtheit legte sich auf ihre Brust. Direkt zu Beginn war sie durch Fehlen einer schwer vorauszusehenden Charaktereigenschaft aufgefallen. Die Sorge um den weiteren Verlauf in dieser Scharade nahm zu.
Möglichst natürlich meinte sie: „M-Mir ist heute nicht so nach einer feurigen Rede. Es ist sehr warm und staubig und ich habe zu wenig getrunken. Mein Kopf spielt nicht ganz mit!“
Die Handgeste einer der Männer reichte und jemand stellte einen Becher vor sie hin und befüllte ihn mit Wasser.
Sie nickte dankend und trank das erste Mal, so weit ihre Erinnerungen reichten, Wasser.
Es war nicht so erfrischend, aber es war okay.
Unweigerlich wanderte ihre Aufmerksamkeit auf die Seele und stellte zufrieden fest, wie ein Schwall lichtener Funken in ihre Substanz überging.
Das tat gut!
Der schicke Mann überflog eine dünne Mappe mit Bildern und kurzen Berichten, ehe er meinte: „Nun, auch wenn der Mund etwas fusselig sein mag, hoffe ich doch, dass Sie uns mit Ihrem geschulten Blick und gewohnter Tatkraft etwas zu den geborgenen Artefakten und Skeletten zu Boden der Tempelanlage sagen können?“
Wieder verharrte die Aufmerksamkeit auf Ihr und ein unangenehmes Zucken verdeutlichte die Dringlichkeit, diesen Männern eine Antwort zu liefern. Dummerweise ohne einen Schimmer, was diese Unterlagen aussagten oder was sie für eine Schlussfolgerung erwarteten.
Sie versuchte sich erstmal naiv rauszuretten: „Ganz schön...alt das ganze Zeug. Wissen wir denn, wie viel Zeit zwischen dem Vorfall durch den die Körper zu liegen kamen und unserer Entdeckung liegt?“
Betreffendes, angestrengtes Schweigen am Tisch. Augenpaare suchten irritiert einander um sich gegenseitig unausgesprochene, aber wahrnehmbare Fragezeichen zuzuwerfen.
Wieder setzte der Mann an: „Also...wir schwanken noch zwischen den Jahrhunderten, aber... jetzt beginne ich mir doch Sorgen um Ihren Zustand zu machen. Bei allem Respekt, Frau Doktor, waren Sie die Erste, die eilig eine ungefähre Datierung vornahm und das auf ehemalige Funde Ihrer anderweitig, hinreichend bekannten Standorte zurückführten. Eventuell sollte ein möglicher Sonnenstich ausgeschlossen werden, ehe...“
Für Shiranei verschwammen seine Worte, bis sie gänzlich verstummten. Eine panische Dunkelheit rauschte vor ihren Augen empor und betäubte ihre Ohren.
Sie würde auffliegen. Das war klar. Es gab keine Rettung mehr. Die Dunkelheit packte nach ihr und riss sie hinfort. Zurück in den einsamen Strudel aus nichtiger Leere und Finsternis...
Das fremde Herz in der ebenso fremden Brust pochte wild. Als schlage es um sich, nach der größer werdenden Angst. Nichts von ihr blieb ungerührt angesichts des Sturms in ihrem Inneren.
Kollaps, Offenbarung, Hölle. Das ereilte sie nun bald.
Sie schrie in sich hinein. In diesen Körper. Die Seele in Geiselhaft erschütternd.
Resonanz...
Ein, zwei, drei lichtene Wellen pulsierten aus der Seelenkugel hervor und schmückten Shiraneis Essenz mit Wissen.
„...Daher kann man davon ausgehen, dass die nummerische Übereinstimmung der Fläschchen und Skelette in direktem Zusammenhang stehen. Ferner weisen die geringen, aber vorhandenen Kleidungsstoffreste auf eine Kulthandlung hin, die entsprechende Handlungen in der Potenz unterstreichen“, hörte sie sich selbst sagen.
Ihr Bewusstsein kehrte zurück und leicht perplex registrierte sie, dass sie stand und offenbar sehr leidenschaftlich gestikuliert hatte.
Die Augen ihrer Kollegen leuchteten anerkennend. Dafür, dass sie zunächst einen Totalausfall hingelegt hatte, war ihr gebannt gelauscht worden.
Noch ganz von ihrem Auftritt eingenommen, nuschelte der schicke Mann: „Ich würde sagen, das war eine aufschlussreiche Analyse. Als Nächstes, hat unser getreuer Priester Makabre um das Vortragen einer Bitte seinerseits gebeten.“
Am Tisch erhob sich ein alter Mann in rotem Stoff. Ihm hing das Ende seines gewickelten Turbans leicht seitlich ins, vom Alter gezeichnete, Gesicht. Denkfalten hatten sich wie Accessoires auf seiner Stirn abgelegt und verdeutlichten ein Leben in tiefer Gesinnungsfindung. Unterstrichen wurde das von einem gräulich melierten Bart, der Wangen und Kinn umrahmte. Shiranei hatte ein seltsames Gefühl beim Anblick seiner sehr schattig gelegten Augen, die er auch nur knapp zum Schlitz geöffnet hielt.
Zum Reden aufgestanden, stemmte er seinen Gehstock mit Nachdruck auf den Zeltboden.
Er plädierte: „Als ein Mann des Glaubens und des Anstands muss ich an die Herzen dieser Expedition appellieren; erlaubt mir zeitnah mit der ordentlichen Beerdigung dieser armen Seelen im Tempel zu beginnen. Auf hartem Stein und mit Sand zwischen den Gerippen, warten sie schon so lange auf ihre geheiligte, letzte Pforte. Bei allem Forscher-Eifer, sollte das Gedenken an die Toten bei den Barmherzigen immer Vorrang haben.“
Ein anderer Herr erhob sich zum Gegenwort: „Bei allem Respekt – sowohl gegenüber Euch, Priester Makabre, als auch den Toten des Tempels – aber die liegen jetzt so lange da, wie Ihr schon sagt, dass ein paar Tage oder Wochen für unsere Untersuchungen da auch nicht mehr viel Unterschied machen. Außerdem gibt es keine Hinweise für verweilte Seelen. Man könnte ja nach Himmelspforten-Öffnern schicken lassen...“
Auf einmal brach über dieses Thema eine rege und kontroverse Diskussion aus.
Shiranei mochte diese Aufregung zwar nicht sonderlich, aber immerhin war ihr selbst damit vergönnt durchzuatmen.
Mittlerweile spürte sie ein Kribbeln bis zu ihren Fingerspitzen durchgehend, wie sie die Seele der Frau aufsog und sich die Seelenessenz aufgebrochen in sie ergoss. Auf gedachte Fragen schossen ihr Antworten entgegen. Auf Anfragen zu Lebensabschnitten folgten bebilderte Erinnerungen.
Sie lächelte triumphal.
Die Männer kamen in der Beerdigungsfrage nur zum Ergebnis einer Aufschiebung, bis der genauer definierte Zeitraum für die Wünsche des Priesters festgelegt würde.
Bis dahin wurde wie geplant weiter ergründet, was dort eigentlich Sache war.
Zu Shiraneis Verwunderung erhoben sich anschließend alle zu einem Rats abschließenden Gebet, angestimmt vom alten Priester.
Abgesehen davon, dass auch ihr neuer Zugang zum Seelenfundus nichts zu dem Gebetstext beitrug, merkte sie eine andere – ganz neue Empfindung.
Erst war es nur ein kurzes Stechen in der Magengegend nach beendetem Absatz des Gebets. Mit tiefergehender Begeisterung und Betonung des Priesters für die Segnung seiner Schafe, wurde Shiranei immer unwohler. Das vorherige, angenehme Kribbeln schlug in brennendes Jucken unter der Haut um.
Ihr Atem schlug in schwefelige Fäule um, dass sie selbst nur unter Beherrschung davon nicht aufwürgte.
Der schicke Mann sah besorgt zu ihr herüber und veranlasste sie mit einer stillen Geste, sich unter die Nase zu wischen.
Schwarzes Blut.
Das Gebet fand sein Ende und viel länger hätten Shiraneis zitternde Beine das Spektakel auch nicht mitgemacht.
Sie hatte etwas gelernt. Der Priester und seine heiligen Worte waren gefährlich
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Akandor Andor
Cover: zerox.808.art auf Instagram
Lektorat: Akandor, Ina, Akisius
Tag der Veröffentlichung: 08.02.2023
ISBN: 978-3-7554-3188-6
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Mein Dank geht, wie immer, an erster Stelle an meine treuen Testleser Aki und Ina, die mir fleißig bei der Korrektur halfen und mit weiterführenden Fragen (hoffentlich) alle möglichen Verständnislücken geschlossen haben.
Ein besonderer Dank gilt meiner guten Freundin Zerox, die mir das Cover für diesen und einen weiteren Sonderband zur Verfügung gestellt hat.
https://www.instagram.com/zerox.808.art/