Cover

It's your life- So live it

 

Die Töne verstummten und die Saiten hörten auf lustig hin und her zu schwingen. Es war so schön hier fand sie. Auf dem Flachdach des Meerfamilienhauses. Von hier aus konnte sie die ganze Stadt sehen.

Die Sonne ging gerade unter und am Himmel war mit vielen Farben ein wunderschönes Bild gemalt.

Wieder begann sie  zu spielen. Die leichten Klänge der Gitarre hamonierten perfekt zu ihrer sanften Stimme. Sie war in einer anderen Welt; In ihrer Welt.

Ihre Musik wurde von dem Klingeln ihres Handy's unterbrochen. Eine SMS.

 

'Was fällt dir ein einfach wegzugehen?! Deine Großeltern sind da, komm sofort wieder!'

 

Schwer seufzend stand sie auf und machte sich auf den Weg zu der Treppe, die sie von ihrem Lieblingsplatz in ihre persönliche Hölle führte.

Das Schloss klickte leise, als sie es aufschloss. Schnell huschte sie in ihr Zimmer und versteckte ihre geliebte Gitarre in das gewohnte Versteck.

Ihre lässige Bluse streifte sie ab und zog stattdessen einen ihrer vielen, unbequemen Blazer an. Und statt die bequemen Chucks anzubehalten, zog sie ihre schicken High Heels an. Ihre Haare band sie zu einem strengen Dutt und fertig war die perfekte Tochter. Bevor sie ihre Zimmertür öffnete, setzte sie ihr geübtes Lächeln auf. It's Showtime, dachte sie und stöckelte auf ihren viel zu hohen Schuhen in den modernen Wohnbereich der Wohnung, wo ihre lang nicht gesehenen, spießigen Großeltern saßen.

Sie lächelte noch breiter, weil sie musste. Lieber würde sie erbrechen. Die alten Leute schauten auf und lächelten ebenfalls. Kein echtes Lächeln. Ihre Eltern blickten hochnäsig und genervt auf ihr Kind hinab. Als die Älteren jedoch ihren Blick wieder auf ihre Schwiegertochter und ihren Sohn schweifen ließen, lächelten sie wieder künstlich.

Elegant setzte sie sich auf einen der harten, unverschämt teuren Stühle, bedacht jeden Schritt richtig und keine unangebrachten Fehlschritte zu machen. Denn so musste sie sein, so wurde sie erzogen.

Langweilige Gespräche wurden geführt, über alle möglichen Themen. Das Thema des jetzigen Gesprächs war sie.

Ihre Mutter schwärmte von den guten Noten ihrer Tochter und das sie damit ganz toll ein Abitur absolvieren konnte um danach Jura zu studieren.

Sollte sie es wagen? Sollte sie ihrer Mutter vor ihren wohlhabenen Großeltern widersprechen?

Als ihre Mutter aber plötzlich erzählte, dass sie die Kanzlei übernehmen werde, wurde es ihr zu bunt.

 

„Das werde ich nicht Mutter.“ sagte sie lächelnd, jedoch mit Ernst in der Stimme.

 

Verwunderte bis zu empörte Blicke straften sie.

Schnell fingen sich alle. Das mussten sie können.

 

„Hast du etwas gesagt mein Schatz?“ flötete ihre Mutter mit drohenden Unterton, den warscheinlich nur sie bemerkte.

 

Sollte sie..? Sollte sie sich gegen sie stellen?

Ja.

 

„Ja das habe ich Mutter. Ich werde weder die Kanzlei übernehmen noch Jura studieren, geschweige denn Abitur machen. Ich werde Musikerin.“

 

Sagte sie ernst. So ernst das die alten Leute am Tisch erschrocken die Augen aufrissen. Die Angesprochene und ihr Ehemann jedoch, blickten unglaubwürig und wütend in das Gesicht ihrer Tochter.

 

„Entschuldigt ihr uns drei kurz?“ Sagte ihr Vater nun freundlich.

 

Die zwei nickten und schon begaben sich ihre Mutter ihr Vater und sie in den Nebenraum.

Zwei wütende Gesichter starrten sie an, nachdem die Tür geschlossen wurde.

 

„So hast du nicht mit deiner Mutter zu reden! Nicht vor deinen Großeltern geschweige denn vor anderen!“ Zum Ende hin wurde er immer lauter.

 

„Du bist ein so undankbares Stück!“ schrie ihre Mutter schon fast.

 

„Ich soll dankbar sein? Wofür? Dafür, dass ich bis ich acht war eine Tagesmutter hatte, weil ihr nie Zeit für mich hattet? Oder, dass ihr alles tut ohne auf mich Rücksicht zu nehmen? Oder, dass ich keine Leute in meinem Alter kennenlernen darf, weil die ja schlechter Umgang für mich sind, oder...“

 

Klatsch.

 

Von einer Ohrfeige ihres Vaters wurde sie unterbrochen. Er hatte sie geschlagen. Er hatte sie tatsächlich geschlagen. Eine Träne voller Schmerz und Entsetzten bahnte sich den Weg aus ihrem Auge ,über ihre pochende Wange, bis zum Kinn, wo sie abtropfte. Weitere folgten. Sie beobachtete durch ihren Tränenschleier, wie ihr Vater nicht eine Miene verzog und noch immer wütend auf sein weinendes Kind starrte. Er bereute nicht einmal. Und sie beobachtete überrascht, wie ihre Mutter geschockt und ebenfalls mit Tränen in den Augen dastand. Ihre...ihre Mutter weinte wegen ihr?

Ihr Vater bemerkte auch, dass seine Frau auch kurz vorm Weinen war.

 

„Weinst du etwas wegen diesem ungezogenen Blag? Sie verdient das. Niemand stellt sich gegen uns!“ Zischte er bestimmend.

 

Sie wusste nicht das ihr Vater so ein Mistkerl war. Sie kannte ihren eigenen Vater nicht! Ihre Mutter anscheinend genauso wenig, denn sie hätte nie gedacht, dieser Frau überhaupt etwas zu bedeuten.

 

Die Tränen wollten nicht aufhören zu fließen und mittlerweile zitterte sie ein wenig. Sie wusste nicht ob sie ihrer Stimme vertrauen konnte, dennoch versuchte sie so deutlich wie möglich zu sprechen.

 

„Du kannst mich mal!“ Zischte sie doch sehr weinerlich, bedacht nur zu ihrem Vater, denn mit ihrer Mutter hatte sie komischerweise Mitleid.

 

Sie rannte aus dem Raum, schnell in ihr Zimmer um sich ihre Gitarre zu schnappen und dann aus der Wohnung. Sie hörte wie sich ihre Eltern stritten.

Raus aus diesem Haus! Dachte sie. Hastig lief sie so schnell es auf den hohen Schuhen ging die Treppe runter. Fest in ihrer rechten Hand, hatte sie ihre Gitarre. Fast rannte sie ein paar Menschen mit großen Kisten um, die sie komisch anschauten. Sie stieß die Tür auf und atmete tief durch um frische Luft durch sich fließen zu lassen. Ihre Tränen hörten auf zu fließen und sie entspannte sich ein wenig. Nun nahm sie die Aufruhe vor dem Wohnhaus war. Ein großer Umzugswagen stand vor dem Grundstück und viele Arbeiter huschten hektisch hin uns her. Noch mehr solcher Schnösel, dachte sie sich.

 

Würde sie jetzt auf eine richtige Schule gehen, hätte sie bestimmt eine beste Freundin, mit der sie über alles reden könnte. Aber sie bekam Privatunterricht und kannte so gut wie keine Leute in ihrem Alter. Wenn sie welche kannte, waren das reiche Söhne oder Töchter die glattgestriegelt waren und in der Zukunft die Geschäfte ihrer Eltern weiterführen würden. Eigentlich müsste sie das auch tun. Sie wollte nicht! Von nun an ließ sie sich nicht mehr hin und her schubsen! Ihr größter Traum war die Musik und diesen würde sie auch leben, egal was alle sagten.

 

Mittlerweile war sie im Park angekommen. Sie bemerkte, dass sie sich hier kaum auskannte, obwohl sie hier ihr lebenlang wohnte. Ihre Füße schmerzten und sie hatte es satt diese hohen Dinger anzuhaben. So zog sie die unbequemen High Heels aus und nahm sie in eine der beiden Hände.

 

Sie beobachtete, wie viele Jugendliche in ihrem Alter auf den Wiesen zu mehreren saßen, lachten, ein Bier tranken oder sogar eine Zigarette rauchten. Die  Jugendlichen sahen so sorgenfrei und unbeschwert aus. Sie wollte auch so sein! Sie wollte sorgenfrei mit Freunden etwas unternehmen und Spaß haben. Sie wollte normal sein!

Deprimiert setzte sie sich auf eine Bank. Schon das zweite mal an diesem Tag liefen ihr die Tränen aus den Augen. Das Mädchen saß da auf der Bank und weinte und keinen interessierte es oder bemerkte etwas. Sie waren alle mit sich selbst beschäftigt. Niemand war da , der sie in den Arm nehmen konnte. Sie fühlte sich allein, war allein.

 

Sie befreite ihre Haare von dem Zopfgummi, dass ihre Haare zusammen hielt, und wuschelte sie durch. Ihre braunen langen Haare fielen durcheinander auf ihre Schultern. Der Blazer wurde auch ausgezogen.

Sie musste ein komisches Bild abgeben. Ein junges Mädchen saß am späten Abend mit barfuß, einem einfachen Top, verwuschelten Haaren, verschmierter Schminke und einer Gitarre auf einer Parkbank.

Um etwas ordentlich auszzusehen, richtete sie ihre Haare halbwegs und wischte die schwarzen Mascararänder unter ihren Augen weg. Sie musste ja nicht wie ein Grufti durch die Gegend laufen.

 

Es war stockdunkel, als sie sich auf den Weg machte. Sie wollte nicht nach Hause, sondern auf ihren Lieblingsplatz, wo sie niemand störte und wo sie sich wohlfühlte.

Sie tapste mit schnellen Schritten, barfuß den Weg entlang, wo sie schon nach kurzer Zeit an ihrem Wohnhaus war. Das Mädchen huschte leise die Treppen hoch, bis zu dem 'nicht betreten' Schild. Sie kletterte wie immer über die Leine und lief die letzten Treppen hoch und öffnete oben die schwere Metalltür. Kalter Wind blies ihr entgegen. Sie setzte sich an  die Stelle wo sie immer saß und saß erst einmal einfach nur da.

 

Nach ein paar Minuten, nahm sie ihre Gitarre und stimmte das Lied 'Impossible' von James Athur an.

 

 

I remember year's ago....

 

….and you where strong and i was not,

my illusion my mistake....

 

 

 

….And now when all is done There is nothing to say

You have gone and so effortlessly

You have won You can go ahead tell them...

 

 

Jetzt kam ihr liebster Teil des Liedes, der Refrain. Sie konnte ihrer Meinung nach all ihre Gefühle in diesem Lied widerspiegeln.

...Tell them all I know now

Shout it from the roof tops

Write it on the sky line

All we had is gone now

Tell them i was happy

and my heart is broken

All my scars are open

Tell them what i hoped would be …

 

Als sie zum ersten 'impossible' ansetzte, erschrak sie sich so sehr, dass sie sich fast verschluckte. Da stand jemand etwas weiter von ihr weg und sang mit ihr mit. Und anstatt aufzuhören, sangen beide weiter. Er kam immer näher und sie konnte erkennen, dass es ein Junge etwa ihren Alters war. Er sah gut aus, dachte sie.

Er war so nah gekommen, dass er sich nun neben sie setzte und sie beim singen anlächelte. Sie lächelte wirklich ehrlich zurück. Ihre Stimmen hamonierten perfekt miteinander.

Ihr Herz schlug immernoch im Rekord, da sie noch immer so erschrocken war, aber die Musik beruhigte sie.

 

Die Saiten der Gitarre verstummten. Und der magische Moment war plötzlich am Ende des Liedes zerbrochen. Von ihr aus hätten sie Stunden zusammen singen können. Die beiden schwiegen eine Weile und er lächelte sie an, während sie ihm schüchtern zurück lächelte. Bis er das Wort ergriff.

 

„Hey ich bin Lukas und bin gerade hier eingezogen. Und wer bist du?“

 

„Ich bin Carly.“

 

Impressum

Texte: Songtext- James Athur- Impossible. Sonst alle Texte von mir.
Bildmaterialien: Cover von Google.
Tag der Veröffentlichung: 02.12.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Kurzgeschichte, meiner tollen Besten Freundin Viktoria :) ♥

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