Cover

Schicksal

Es wird erzählt, dass ein Wald viele Geheimnisse verbirgt. Manche seien wunderbar und fast magisch, andere dagegen gefährlich und dunkel. Ein dichter Wald ist nahezu undurchdringlich, aber der richtigen Seele soll er den rechten Weg weisen. Ein Wald kann ein Zufluchtsort, ein zu Hause sein und etwas Neues beginnen lassen, oder aber das Ende bedeuten.

Am Rande eines Reiches existiert genau solch einen Wald. In alten Geschichten heißt es, dass dieser einst voller Leben und Wunder gewesen sein soll. Wer den Wald betrat, konnte die Energien der Pflanzen und Tiere darin spüren. Alte Lieder berichten von wundersamen Wesen und Kräften, von Menschen die Heilung in Quellen erlebt haben und von Licht. Dieses Licht, heißt es, reflektierte das Leben und das Schicksal des Waldes. Solange die Menschen den Wald respektierten und nicht für sich allein beanspruchten, würde das Licht weiterhin scheinen.

Doch mit der Zeit vergaßen die Menschen. Sie vergaßen, was das Licht des Waldes bedeutete und hörten auf an den Zauber und das Wundersame zu glauben. Die Menschen wurden gierig. Sie drangen tief in den Wald ein und begannen ihn zu zerstören. Der Zauber des Waldes schwand und mit der Zeit auch das Licht. Und mit dem Namen des Waldes längst vergessen, bekam er einen Neuen.

Heute traut sich kaum einer mehr in die Nähe des Waldes. Gerüchte sagen, dass dort etwas dunkles und Gefährliches lauert und nur auf ein Opfer wartet. Wer sich dennoch hineintraut, ob aus Neugierde oder aber Notwendigkeit, der sollte nie wieder herauskommen.

Jedoch verbarg der Wald ein letztes Geheimnis. Ein letztes Wesen, weder Schatten noch Licht. Einen Beschützer.

1. Nachts

Der Wald war dicht bewachsen und ließ selbst am Tage kaum einen Sonnenstrahl durch die dichten Baumkronen und bewirkte damit eine bedrohliche Dunkelheit im Finsterwald. „Ein passender Name.“, wie Rheon dachte und ritt jetzt sogar bei Nacht durch den Wald, was ihn nicht weniger bedrohlich wirken ließ. Ganz im Gegenteil, denn die vielen tiefen Äste und die langen Schatten spielten seinen Augen immer wieder Streiche. Die Geräusche des Windes und der herumschleichenden Tiere machte das Ganze nicht besser, und so war Rheon schon mehrmals gewillt gewesen sein Pferd anzutreiben, um so schnell wie möglich aus diesem Wald verschwinden zu können. Doch er war sich sicher, dass sein Pferd eher stolpern und sich verletzen, oder er an einem Ast hängen bleiben würde, als schnell und sicher an sein Ziel zu gelangen. Somit blieb ihm nichts Anderes übrig, als zu versuchen dem schmalen Pfad zu folgen und ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Ebenso musste er auf seine wertvolle Fracht aufpassen, die er aus der Stadt mitgebracht hatte. Eigentlich hatte er in der Stadt nur seine Kräuter- und Salbenmischungen verkaufen und neue Fläschchen und Phiolen kaufen wollen, doch als er an diesem alten Laden vorbeikam, konnte er sich nicht daran hindern, hinein zu gehen. Drinnen hatte es nach Leder und Staub gerochen, nach altem Papier und Tinte. Er liebte Bücher und ließ normalerweise keine Möglichkeit aus, um neue Wälzer zu entdecken. Doch diese Bibliothek war ihm noch nie aufgefallen, was wohl an der recht unscheinbaren Lage des Ladens lag.

In einiger Entfernung konnte Rheon endlich das Ende des Waldes ausmachen und war froh, heil durch den Finsterwald gekommen zu sein. Er wusste zwar wie er sich durch den Wald bewegen musste, wo er sich aufhalten durfte, aber der Wald war unberechenbar. Heute hatte er wieder Glück gehabt. Sein Pferd schien ebenfalls erleichtert und schnaubte einmal kräftig, woraufhin leichte Nebelschwaden um die Schnauze des Pferdes erschienen. Rheon tätschelte ihm den verschwitzen Hals und rieb dann seine Hände aneinander, um sie etwas aufzuwärmen. Zuhause würde er seinem Pferd eine Decke auflegen müssen, damit es sich nicht erkältete. Es würde bald Winter werden, und obwohl die Bäume immer noch Blätter trugen, war es nachts schon bitter kalt.

Plötzlich tauchte aus den Schatten, am Rande des Weges, eine Gestalt auf. Rheon stieß einen überraschten Laut aus und sein Pferd stieg und buckelte vor Schreck, so das Rheon sich nur mit größter Mühe oben halten konnte. Erst als sein Pferd halbwegs ruhig stand, konnte er erkennen, dass die Gestalt vor ihm ein Mann war, der aus großen Augen zu ihm hochschaute. Dieser streckte eine Hand in seine Richtung aus und Rheon konnte noch ein leises „Hilfe“ hören, bevor der Fremde zusammenbrach. Rheon sprang von seinem Pferd und eilte zu dem Fremden. Als er ihm näherkam, konnte er nicht fassen, was er sah. Im Rücken des Mannes steckten mehrere Pfeile, warmes Blut bedeckte seinen gesamten Rücken und bildete eine kleine Lache am Waldboden. „Was ist nur passiert?“ fragte er leise, doch er bekam keine Antwort. Der Mann schien bewusstlos zu sein. Rheon überlegte nicht lang, hob den Fremden unter einigen Mühen auf sein Pferd und fixierte ihn etwas, so, dass dieser nicht herunterfallen konnte und machte sich auf den Weg zu seiner Hütte am Rande eines kleinen Dorfes, dass sich in einiger Entfernung zum Wald an einem Berg erstreckte.

2. Erwachen

Vorsichtig legte Rheon den Mann auf sein Bett und entfernte sein ohnehin zerrissenes Hemd, sehr darauf bedacht die Pfeile nicht zu berühren. Dann entzündete er einige Kerzen, holte eine Schüssel mit warmen Wasser und einige frische Tücher und begann die Pfeile unter größter Vorsicht zu entfernen, die Wunden zu säubern und zu versorgen. Als endlich kein Pfeil mehr im Rücken des Mannes steckte, fing er an ihn zu waschen und zu verbinden. Dabei musste er ihn auf den Rücken drehen und Rheon hoffte, dass seine Salben und Verbände den größten Schmerz lindern würden, wenn dieser wieder aufwachte.

Nachdem er das Blut und den Schmutz weggewaschen hatte, betrachtete Rheon den noch immer bewusstlosen Mann. Dessen Gesicht, mit der wohlgeformten Nase und den vollen Lippen, umrahmt von noch feuchten dunkel braunen Haaren, den schlanken Hals, die wohldefinierte Brust, die sich bei jedem Atemzug leicht hob und senkte, den flachen Bauch, der trotz der Verbände beeindruckende Muskeln aufwies. Wie gerne würde er jetzt die Hand ausstrecken und mit den Fingerspitzen über die Brust fahren, die Linien der Bauchmuskeln nachzeichnen bis hin zum… Rheon wandte den Blick ab und musste einmal tief Luft holen, weil er diese bis eben angehalten hatte. Er konnte nicht glauben, was er eben fast im Begriff war zu tun. Der Mann war verletzet, Herr Gott! Wie konnte er da solche Gedanken hegen. Eilig räumte er die Sachen zusammen, die er für die Behandlung gebraucht hatte, zündete den Ofen an und baute sich ein provisorisches Bett auf dem Boden auf. Es war mittlerweile weit nach Mitternacht und er wollte noch etwas Schlaf bekommen, bevor die Sonne wieder aufging und er sich um seine Kräuter kümmern musste. Er brauchte dringend mehr von seinen Salben, wenn er dem Fremden helfen wollte. Da er selbst nie viel brauchte, war sein eigener Vorrat fast verbraucht. Erschöpft legte Rheon sich auf sein Lager und wartete auf den erlösenden Schlaf, der gnädiger Weise nicht lange auf sich warten ließ.

Am nächsten Morgen wurde Rheon durch ein unbekanntes Geräusch geweckt, welches nicht zuordnen konnte. Erst als er ein langgezogenes Stöhnen wahrnahm, erinnerte er sich an seinen Gast und war mit einem Mal hellwach. Er stand auf und streckte seine steifen Glieder, die es ihm übel nahmen die Nacht halb auf dem Boden verbracht zu haben, und trat an sein Bett. Das letzte Mal, dass ein Mann in seinem Bett gelegen hatte, war schon lange her und hatte damals kein gutes Ende genommen. Ein erneutes Stöhnen holte ihn aus seinen düsteren Gedanken. Er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Dieser Mann brauchte seine Hilfe, denn er schien Fieber zu haben, was nicht weiter verwunderlich war, bei diesen Verletzungen. Mit einem feuchten Lappen, der in einer Schale mit Wasser neben dem Bett stand, tupfte er ihm das Gesicht vorsichtig ab und träufelte ein paar Tropfen Wasser auf dessen Lippen. Als Rheon ihn erneut musterte, viel ihm etwas in dessen Hosentasche auf. Er griff danach und hätte es vor Schreck fast wieder fallen gelassen. Es konnte nicht sein, dass ein einfacher Mann so etwas mit sich herumtrug. Das Siegel des Königs war etwas, dass nur wenigen Auserwählten gegeben wurde und den Schutz und den Segen des Königs persönlich bedeutete. Wer also war dieser Mann?

In den nächsten Tagen änderte sich der Zustand seines Gastes nicht. Das Fieber wollte nicht sinken und so verbrachte Rheon seine Tage abwechselnd damit die Wunden zu versorgen und Salben herzustellen. Nach fünf Tagen fing das Fieber jedoch an zu sinken und am sechsten Tag schaute Rheon beim erneuten Verbandswechsel plötzlich in zwei olivgrüne Augen. Der geheimnisvolle Fremde war aufgewacht.

3. Flucht

Elias wusste, dass ihm im Notfall nichts Anderes übrigblieb, als in den Finsterwald zu reiten, doch aus Erfahrung wusste er auch, dass er dort alles andere als sicher war. Er schaute sich noch einmal um, suchte nach jener Person, die schon sein halbes Leben lang an seiner Seite war, nach der einzigen Person, der er trauen konnte. Doch er konnte ihn in diesem Chaos nicht finden. Zwischen den gefühlt hundert schwarzen Gestalten blitzte nur selten das Silber der Rüstungen der Soldaten des Königs auf. Elias hörte, wie Metall immer wieder auf Metall stieß, Rüstungen in Stücke schlug und Fleisch durchschnitt. Plötzlich stürmte eine der schwarzen Gestalten auf ihn zu, Schwert in der rechten Hand und bereit ihn zu töten. Elias richtete sich auf, spannte seine Muskeln an und hob ebenfalls sein Schwert, parierte den ersten Schlag und wich dem Zweiten des Angreifers aus. Einen Schritt nach vorne setzend holte er aus und traf seinen Angreifer mitten ins Herz, der daraufhin zusammensackte und reglos am Boden liegen blieb. Weitere Attentäter stürmten auf ihn zu, ebenfalls zu allem bereit. Dann stand die einzige Person, die alles für Elias war, neben ihm und bereit ihm zur Seite zu stehen. Aus den Augenwinkeln konnte Elias Ravens schmale, aber trainierte Gestalt erkennen, sein schwarz glänzendes Haar und sein markantes Gesicht. Ravens dunkler Blick ruhte auf ihm, liebevoll und warm. Sie verstanden sich ohne Worte, wussten, was der jeweils andere dachte und handelten synchron. Raven hatte zwei Pferde auftreiben können und reichte ihm nun einen Zügel. Beide stiegen sie auf, doch anstatt den Angreifern entgegen zu reiten, stellte Raven sich ihm in den Weg. „Nein, Ihr müsst verschwinden. Reitet in den Wald und bringt Euch in Sicherheit.“ Im Ersten Moment verstand Elias nicht, was er von ihm wollte und rührte sich nicht. Erst als plötzlich Pfeile auf sie niederfielen, sie nur knapp verfehlten und Ravens Stimme durch seine Starre drangen, setzte er sich in Bewegung in Richtung Wald. Er trieb sein Pferd immer weiter an, schoss durch die Menge weiterer Angreifer hindurch und konnte sehen, wie Raven dicht bei ihm war. Doch nur den Wald und Fluchtweg im Auge behaltend, bemerkte er zu spät, dass es einigen Attentätern gelungen war, Raven vom Pferd zu holen. Mit einem Aufschrei stürmte Elias nun auf diese zu, wollte Raven helfen, der sich anscheinend nur mit größter Mühe aufrichten konnte. Doch Elias war zu langsam. Eine schwarze Gestalt tauchte hinter Raven auf, packte ihn am Kopf und schnitt ihm die Kehle durch. Elias‘ Schrei konnte nicht das gurgelnde Geräusch Ravens übertönen und selbst das Chaos um ihn herum konnte ihn nicht von dessen vor Entsetzen weit geöffneten Augen ablenken. Mit einem dumpfen Geräusch fiel der Körper seines Geliebten zu Boden und regte sich nicht mehr. Tränen rannen Elias über das Gesicht, verklärte seine Sicht, doch tat er das einzig Richtige, fliehen. Er ritt in den Wald, seine Angreifer im Rücken wissend. Pfeile flogen nur knapp an ihm vorbei, tiefhängende Äste zerrten an seiner Kleidung und rissen sie auf. Ein plötzlich stechender Schmerz im Rücken ließ ihn erneut aufschreien. Weitere Pfeile trafen seinen Rücken und Elias war kurz davor vor Schmerz, Erschöpfung und Trauer sein Bewusstsein zu verlieren.

Irgendwann wusste er nicht mehr, wie lange er nun schon durch den mittlerweile dunkeln Wald ritt, geschweige, denn wo er war, doch seine Verfolger waren fort. Er wägte sich in Sicherheit, als plötzlich sein Pferd vor Erschöpfung zusammensackte. Halb unter dem Pferd begraben, dachte Elias daran, einfach liegen zu bleiben und aufzugeben. Doch dann hörte er das Geräusch eines schnaubenden Pferdes in der Nähe. Unter größter Anstrengung rappelte er sich auf, schleppte sich dem Geräusch entgegen und trat auf einen schmalen Waldweg. Bevor ihm endgültig schwarz vor Augen wurde, erkannte er noch einen Reiter vor sich, der ihn erschrocken ansah.

4. ungewollte Hilfe

Halb über ihn gelehnt, konnte Rheon den Blick im ersten Moment nicht von

diesen Augen abwenden, die ihm so unergründlich erschienen. Doch er besann sich, richtete sich auf und legte das Verbandszeug und die Salben, die er eben noch hatte verwenden wollen, beiseite. Doch bevor er irgendetwas sagen konnte sprang der Mann mit einem Schrei aus dem Bett, stürmte auf Rheon zu und schlug wild um sich. Rheon trat vor Schreck einige Schritte zurück und stieß gegen den kleinen Tisch in der Mitte des Raumes. Gleichzeitig sprang der Andere auf ihn zu und ihr gemeinsames Gewicht ließ den Tisch unter ihnen brechen. Sämtliche Fläschchen, Schüsseln und Bücher landeten mit lautem Klirren und Gepolter auf dem Boden, brachen oder zerrissen an den Scherben. Rheon selbst landete mit dem Rücken genau in einiger dieser Scherben und spürte, wie sie sich in sein Fleisch schnitten. Er stöhnte auf vor Schmerz und wand sich unter seinem plötzlichen Angreifer. „Lasst mich los! Ich habe Euch nichts getan!“, schrie Rheon verzweifelt und mit der Hoffnung, dass man von ihm ablassen würde. Doch der Andere knurrte nur bedrohlich und hielt ihm eine der zerbrochenen Scherben an die Kehle. Mit der freien Hand hielt er Rheons Hände über dessen Kopf so fest, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. „Wer bist du?“, fragte ihn der Fremde leise, doch bedrohlich. Rheon spürte warmes Blut an seinem Rücken und versuchte sich erneut zu befreien. Doch er wurde nur unnachgiebiger festgehalten und er hatte das Gefühl, dass seine Handgelenke jeden Moment brechen mussten. Einen Schrei unterdrückend, konnte Rheon seine Stimme nur unter Aufwand all seiner Beherrschung dazu bringen, verständliche Worte zu formen. „Mein Name ist Rheon Erason. Ich bin Heiler und habe Euch im Wald gefunden. Ihr ward schwer verletzt und ich wollte Euch helfen.“, beeilte Rheon sich zu erklären, denn er wollte nicht wissen, zu was sein Gegenüber noch fähig war. Die Antwort schien vorerst zu genügen, denn der Druck an seinen Handgelenken wurde weniger, die Scherbe blieb jedoch an seiner Kehle. „Wo bin ich?“, wurde er erneut gefragt. „Ihr seid in meinem Haus, in einem Dorf nahe dem Finsterwald.“, brachte Rheon mühevoll hervor. „Lügner!“, knurrte er Rheon bedrohlich an und die Glasscherbe wurde enger an seine Kehle gedrückt. Rheon konnte spüren wie es seine Haut durchschnitt und ihn bluten ließ. „Bitte, ich will Euch nur helfen.“, flehte Rheon und hoffte, dass der Mann zur Vernunft kam. „Ihr müsst nur…“ „Ich muss gar nichts! Es gibt kein Dorf am Rande des Waldes und ich habe nicht um deine Hilfe gebeten!“ knurrte er erneut und verstärkte den Griff um Rheons Handgelenke wieder schmerzlich fest. Rheon stöhnte vor Schmerz auf, hörte jedoch auf sich zu wehren. Das gab’ ihm die Möglichkeit den Fremden etwas zu mustern. Es wunderte ihn nicht, dass sein Dorf scheinbar nicht existierte. Es war nicht das erste Mal. Was ihn jedoch überraschte, war die Wut in dem Fremden. Sie war ihm bekannt. Jedoch hatte er nur helfen wollen. Jetzt musste er sich so behandeln und als Lügner bezeichnen lassen, weil die Menschen die andere Seite des Waldes scheinbar vergessen zu haben scheinen.

Als Heiler war es zwar seine Pflicht zu helfen, aber er hätte ihn auch der Dorfältesten überlassen und die Pflicht somit abgeben können. Jedoch hatte Rheon ihn bei sich zu Hause aufgenommen und gepflegt. Für diesen Mann, der das königliche Siegel bei sich trug, hatte er auf sein Bett verzichtet, seine teuren Salben verwendet und hatte auf seine regelmäßigen Stadtbesuche verzichten müssen, nur um jetzt bedroht und in einen Scherbenhaufen gedrückt zu werden. Womit hatte er das verdient? Resigniert schaute er zu dem Mann auf und wartete auf die nächste Reaktion.

5. Ähnlichkeiten

Seine Träume waren wirr und durcheinander. Vor seinem geistigen Auge konnte er verschwommene Personen und Gebäude erkennen, Landschaften, von denen er glaubte sie zu kennen, zogen an ihm vorbei. Doch das Bild wurde klarer und Elias erkannte Raven, der ihn liebevoll durch seine dunklen Augen ansah und nach seiner Hand griff. Elias fühlte die Wärme, die von Raven auf ihn überging und sofort stieg das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit in ihm auf. Er war glücklich. Er hatte in diesem einen Moment alles, was er je gewollt hatte, ihm jedoch nicht gewährt wurde. Wut stieg in Elias auf und zusammen mit ihr veränderte sich das Bild. Ravens Blick wurde leer, seine Haut blass und kalt, der Griff um Elias‘ Hand wurde klammernd und unangenehm fest. Hinter Raven tauchte plötzlich eine schwarze, gesichtslose Gestalt auf, packte ihn am Hals und schnitt Raven die Kehle durch. Elias schrie, doch kein Laut entwich seinem Mund, er wollte fliehen, doch seine gefühllosen Beine und der klammernde Griff Ravens hinderten ihn daran. Raven sackte zu Boden, den starren Blick noch immer auf ihn gerichtet. Die schwarze Gestalt kam jetzt mit schnellen, geschmeidigen Bewegungen auf Elias zu, um nun auch ihn zu töten. Erneut schrie Elias, unbändige Angst stieg in ihm auf und aus einem Reflex schloss er seine Augen. Doch nichts passierte, er hörte und fühlte nur, dass sich etwas, oder jemand, neben ihm bewegte. Elias öffnete seine Augen und blickte in ein Gesicht, dass ihm so bekannt war, wie kein anderes. Die gleichen dunklen Augen. Die gleichen sinnlichen Lippen und das gleiche schwarze Haar. Doch das war nicht möglich, er hatte Raven sterben sehen! Er musste noch immer träumen, es konnte nicht real sein. Diese Erkenntnis ließ seine Angst zurückkehren und mit ihr die Wut. Durch Verzweiflung und Trauer getrieben, stürmte Elias mit einem Schrei auf das Ebenbild Ravens zu und krachte mit ihm auf den Tisch, der in der Mitte brach. Der Andere wand sich unter ihm, doch Elias hielt ihn fest in seinem Griff, während der Andere beteuerte, ihm nur helfen zu wollen. Doch die Tatsache, dass dieser Rheon Erason nicht Raven war, machte ihn wütend. Nach einiger Zeit hörte Rheon auf sich zu wehren und blieb einfach ruhig liegen, funkelte ihn allerding böse an. In diesem Moment spürte Elias die Wunden an seinem Rücken und sackte etwas zusammen. Doch zögerte er noch einen Augenblick. Konnte er diesem Mann trauen? Er hatte schlechte Erfahrungen damit gemacht. Doch wenn dieser Rheon ihn hätte töten wollen, hatte dieser viel Zeit dazu gehabt. Hatte er dann andere Absichten? Wusste Rheon, wen er hier beherbergte? Allerdings hatte er keine andere Wahl, als Rheons Hilfe anzunehmen. Er wusste nicht wo er sich im Augenblick befand. Ein Dorf am Rande des Finsterwaldes? Unmöglich. Aber bis in die Stadt Radscha würde er es wahrscheinlich ohnehin nicht schaffen. Er musste sich vorerst geschlagen geben und seine Möglichkeiten abwägen.

Keine andere Möglichkeit sehend, erhob Elias sich schließlich und ging hinüber zum Bett, setzte sich und wandte dem Anderen seinen Rücken zu. Die Scherbe jedoch noch immer in der Hand haltend, ließ er Rheon nicht einen Moment aus den Augen. Dieser erhob sich nach kurzem Zögern scheinbar unter Schmerzen, um nach frischem Verbandzeug und nach noch heilen Salbenfläschchen zu suchen. Dann widmete Rheon sich nach kurzem Zögern Elias Verletzungen und legte einen neuen Verband an. Als er fertig war, brachte er ihm etwas Suppe und Brot, doch wieder zögerte Elias. „Ihr müsst etwas essen, wenn Ihr wieder zu Kräften kommen wollt. Ihr habt seit sechs Tagen nichts gegessen.“, forderte Rheon kühl und hielt ihm den Teller hin. Nur zögerlich nahm Elias ihn entgegen und fing an zu essen.

6. Schuldfrage

Während er aß, konnte er Rheon aus den Augenwinkeln dabei beobachten, wie er das entstandene Chaos wieder aufräumte. Dabei stellte Elias fest, dass Rheons Haare, anders als Ravens, lang und zu einem Zopf zusammengebunden waren. Sie glänzten ein wenig und wirkten seidig. In Elias stieg das Verlangen auf, nach diesen Haaren zu greifen und den Zopf zu öffnen, nur um zu fühlen, ob sie sich so seidig weich anfühlten, wie sie wirkten. Nur um zu fühlen, ob sie sich wie Ravens anfühlen.

Dieser Gedanke brachte die Traurigkeit und Einsamkeit, die er für kurze Zeit verdrängt hatte, wieder an die Oberfläche seiner Gefühle und Elias hatte das Bedürfnis, zu schreien. In seinem Leben schien im Moment nichts richtig funktionieren zu wollen. Es schien, als hätte sich alles und jeder gegen ihn gewandt, um ihn fallen zu sehen. Selbst das Glück hatte ihn, mit Ravens Tod, verlassen und die einzige Person, die sich gerade um ihn scherte, war dieser Rheon, der Elias mit seiner Ähnlichkeit zu Raven regelrecht zu verhöhnen schien. Wahrscheinlich half er Elias auch nur aus Pflichtgefühl, als Heiler hatte er schließlich einen Eid zu erfüllen.

Elias hasste sein Leben, so oft hatte er es beenden wollen und doch siegte jedes Mal der Wille in ihm zu leben, sich nicht dem Schmerz nicht hinzugeben, sondern gegen ihn anzukämpfen und sein Schicksal selbst zu bestimmen. Raven war seit Jahren sein einziger Grund gewesen. Doch was sollte er jetzt tun, Raven war tot. Sollte er sein Leben nun beenden, um der Schuld zu entgehen, Raven nicht gerettet zu haben? Die Alternative hieß, mit dieser Schuld zu leben und zu hassen. Das zu hassen, was er nie würde bekommen können - Frieden.

Verzweiflung bahnte sich einen erneuten Weg an die Oberfläche seiner Gefühle und drohte ihn zu ersticken. Mit einem Schrei warf er seinen Teller quer durch den Raum, verfehlte Rheon, der sich erschrocken zu ihm umgedreht hatte, nur knapp und schlug auf die Wand neben ihm ein. Er stand auf und fing an, wild um sich zu schlagen und riss sich dabei seine Verbände ab. Er brauchte ein Ventil für all seine Gedanken und Gefühle, die er nicht fassen konnte. Dann stand plötzlich Raven vor ihm. Elias blinzelte verwirrt, doch dann erkannte er Rheon, der etwas zu sagen schien. Doch Elias hörte ihn nicht, das Rauschen in seinen Ohren übertönte Rheons Worte. Dieser kam jetzt langsam auf ihn zu und griff nach seiner linken Hand, in der sich noch immer die Glasscherbe befand. Elias hatte seine Hand zu einer Faust geballt und schnitt sich dadurch selbst. Ein dünnes Rinnsal an Blut trat hervortrat und tropfte kontinuierlich auf den Boden. Die Berührung Rheons fühlte sich wie viele kleine Stiche auf seiner Haut an und er wollte dem entfliehen. Mit routinierten Bewegungen befreite er sich aus Rheons Griff, drehte diesen mit dem Rücken zu sich herum und hielt ihn mit der freien Hand an dessen Zopf fest und zog ihn ein Stück rückwärts runter. So konnte er ihm direkt in die vor Schreck weit geöffneten Augen sehen. Elias verspürte so etwas wie Genugtuung bei diesem Anblick, doch er war noch nicht fertig. Er ignorierte Rheons Flehen und zog ihn stattdessen noch ein Stück tiefer. Dessen Kehle war nun vollkommen entblößt. Elias könnte Rheons Leben mit einer schnellen Bewegung einfach beenden. Doch dann tauchte Ravens Bild vor seinem geistigen Auge auf und er zögerte. Das Gefühl der Verzweiflung brodelte über und mit einem Aufschrei zog er Rheon wieder nach oben, drehte ihn herum und schnitt mit fließenden Bewegungen seine langen Haare durch. Er ließ ihn los und Rheon stolperte rückwärts und landete auf seinem Hintern. „Raus!“, knurrte Elias, „Ehe ich mich vergesse!" Tatsächlich rappelte Rheon sich auf, schnappte sich seinen Umhang und floh aus der Hütte. 

7. Familienbande

So eine Angst hatte Rheon noch nie in seinem Leben gehabt. Er war nie besonders Mutig gewesen, doch hatte er sich nie kleinlich verkrochen, oder war weggelaufen. Doch der Mann, dem er wirklich nur hatte helfen wollen, nachdem Rheon ihn im Wald gefunden hatte, jagte ihm wirklich Angst ein. Rheon fürchtete sich jedoch nicht vor dem, was ihm dieser Mann angetan, oder angedroht hatte. Vielmehr war es der Blick in dessen Augen gewesen, in denen so viel Schmerz und Wut lag, die eine solche Mordlust ausgestrahlt hatten, dass Rheon die Flucht ergriffen hatte. Was war ihm widerfahren, dass er solche Gefühle in sich trug und so leiden musste?

Am liebsten wäre Rheon zurück ins Haus gegangen und hätte mit ihm geredet, aber Rheon war sich sicher, dass das nichts bringen würde. Außerdem musste er sich endlich um seinen Rücken kümmern, in dem sich noch immer mehrere Glassplitter befanden. Rheon wusste auch schon ganz genau, zu wem er da gehen konnte.

 

Wenige Minuten später klopfte Rheon an die Tür eines kleinen Hauses, das mitten im Dorf lag. Über die Jahre hatte es ein wenig an Glanz verloren. Die Mauern waren leicht bröckelig, die Fenster milchig und das Dach leicht schief. Dennoch fühlte er sich, als wäre er zu Hause angekommen. Als kleines Kind ist er hier täglich ein und ausgegangen, hatte sich an den warmen Ofen gesetzt und den Geschichten der Welt gelauscht, die ihm die Person erzählt hatte, die seit Jahren seine einzige Familie gewesen war.

Die Tür wurde geöffnet und eine kleine alte Frau mit langen weißen Haaren schaute zu ihm auf und ihre großen mintgrünen Augen fingen an zu strahlen. „Hallo, Nona. Wie geht es dir heute?“, fragte Rheon sie und beugte sich hinunter, um sie auf die Wange zu küssen. „Bestens, bestens. Komm doch herein und iss etwas mit mir.“, bat sie und zog ihn ins Innere des Hauses. Dort roch es alt, nach Staub und Holz. Der Fußboden unter seinen Füßen knarrte etwas, war an einigen Stellen leicht rissig. Rheon schaute sich um und fühlte, wie ihm warm ums Herz wurde, seit Jahren hatte sich nichts mehr in diesem Haus geändert. Der Tür gegenüber standen zwei Sessel vor einem großen Kamin, in dem ein herrliches Feuer brannte. Links in der Ecke des Raumes stand ein großes Holzbett mit mehreren Decken und Kissen darauf, daneben ein kleiner Tisch mit einer Kerze und einer Vase mit Herbstblumen. Auf der rechten Seite befanden sich die Kochstelle und ein kleiner runder Tisch mit drei Stühlen. Ansonsten standen noch unzählige Regale und Schänke im Raum, die allesamt mit Büchern, Kräutern, Salben und mit allem möglichen Kram vollgestellt waren.

Nona eilte auf die Kochstelle zu, auf der sich ein großer Topf mit Suppe befand und wirklich köstlich duftete. Sein Magen fing augenblicklich an zu knurren, doch seinen Hunger musste er erst einmal hinten anstellen. „Nona, warte. Kannst du mir vielleicht bei etwas helfen?“ Schon mit einer Hand am Topf, drehte sie sich wieder zu ihm um und musterte ihn neugierig. Rheon drehte ihr den Rücken zu und legte seinen Umhang ab. Nonas erschrockenes Keuchen, als sie seinen Rücken sah, konnte nichts Gutes heißen, es schien schlimmer auszusehen, als Rheon zunächst gedacht hatte. Denn das Blut musste mittlerweile getrocknet und auf den dunklen Sachen kaum zu sehen sein. Jedoch schien Nona wohl nicht seine Verletzungen gemeint zu haben, sondern vielmehr seine abgeschnittenen Haare, die nun wirr auf seiner Schulter lagen. „Das bekommen wir wieder hin.“, meinte sie, drückte Rheon auf einen Stuhl und begann sich um seine Verletzungen, sowie seine Haare, zu kümmern.

8. Traum

Rheon betrachtete sich in dem kleinen Handspiegel, dem Nona ihm vorhielt und begutachtete seine neue Frisur. Nachdem Nona seinen Rücken versorgt hatte, hatte sie sich über den grauenhaften Zustand seiner Haare beschwert und gemeint, dass sie seine langen Haare eh nicht gemocht hatte. Ihm hätte das angeblich nicht gestanden. So gingen ihm seine Haare jetzt nur noch knapp bis zu den Schultern. Vorne waren sie kurzgehalten und umrahmten somit sein Gesicht, im Nacken waren sie länger und bildeten ein V. Wenn er ehrlich war, vermisste Rheon seine langen Haare nicht, so wie jetzt, gefiel es ihm sogar besser. „Gefällt es dir?“, fragte Nona ihn, während sie ihm noch einmal durch die Haare strich. Rheon schüttelte leicht den Kopf, schaute auf und grinste Nona über die Schulter hinweg an. „Es ist perfekt. Ich danke dir, Nona.“ Sie atmete erleichtert aus und begann die Sachen, die sie benutzt hatte, wieder in die ganzen Regale und Schränke einzuräumen. Rheon lehnte sich derweil im Sessel zurück und war froh, dass Nona eine schmerzlindernde Salbe auf seine Wunden aufgetragen hatte.

Rheon betrachtete das Feuer, dass knackend und knisternd den ganzen Raum erfüllte und fühlte, wie die Anspannung der letzten Tage von ihm abfiel. Während Nona sich um ihn gekümmert hatte, hatte Rheon ihr alles erzählt. Sie hatte ihm geduldig zugehört und ihn hinterher für nichts verurteilt. Sie hatte ihm lediglich geraten, dem Fremden etwas Zeit für sich zu geben und dann in Ruhe mit ihm zu sprechen. Vielleicht würde er so einen Zugang zu diesem Mann finden können.

Doch jetzt wollte er sich noch nicht damit beschäftigen, nicht darüber nachdenken, was er als nächstes tun sollte. Er wollte einfach einen Moment der Ruhe. Rheon schloss seine Augen, lauschte dem Rauschen des Windes draußen und dem Knistern des Feuers. Seine Gedanken schweiften ab und nach kurzer Zeit schlief er ein.

Rheon begann zu träumen. Im Traum selbst befand er sich in einem Wald, am Rande einer Lichtung. Die Sonne schien warm von oben auf ihn herab, Wind wehte leicht um ihn herum und der Duft des Waldes kitzelte in seiner Nase. Es war ein Ort, an dem Rheon sich ewig aufhalten könnte, doch plötzlich wurde das friedliche Bild gestört. Aus dem Schatten des Waldes stürmte eine, in einen Umhang gehüllte, Gestallt hervor. In der rechten Hand ein Schwert haltend, stolperte die Person auf die Lichtung und drehte sich suchend und gehetzt in alle Richtungen um. Dann stürmten schwarze gesichtslose Gestalten auf die Lichtung, deren Pferde schwer schnaubend auf den Fremden in der Mitte zusteuerten. Instinktiv wusste Rheon, was er zu tun hatte. Er lief zu dem Mann in der Mitte und stellte sich an seine Seite, ebenfalls ein Schwert in der Hand haltend. Woher er dieses plötzlich hatte, wusste er nicht, jedoch wusste er es einzusetzen, um den Mann an seiner Seite zu schützen. Aus einem Impuls heraus musste er lächeln und drehte sich zu dem anderen herum. Rheon erkannte ihn als jenen, der in diesem Moment in seiner Hütte war, als den, den Rheon im Wald gefunden hatte. Dieser lächelte jetzt ebenfalls, streckte eine Hand nach ihm aus und streichelte ihm über die Wange. „Raven, bleib an meiner Seite.“, flüsterte er Rheon zu. Doch bevor Rheon auch nur zu einer Reaktion fähig war, spürte er einen stechenden Schmerz in seinem Rücken, gleichzeitig hörte er den Anderen etwas rufen, doch Rheon verstand ihn nicht mehr.

Rheon öffnete die Augen. Den tatsächlichen Schmerz in seinem Rücken ignorierend, konzentrierte er sich auf die Erinnerung an den Traum und die Botschaft dahinter. Nun wusste er, was dem anderen passiert war, warum dieser so durcheinander war und warum er Rheons Nähe mied. Der Mann hatte seinen Liebsten verloren.

9. Einsamkeit

Nachdem Rheon regelrecht aus dem Haus geflohen war, hatte Elias alles in seiner Reichweite kurz und klein geschlagen. Er hatte seiner Trauer und der Wut, über sein eigenes Versagen, freien Lauf gelassen. Elias hatte geschrien und den Teufel verflucht, obwohl er wusste, dass Raven allein durch seine Schuld gestorben war. Er hätte Raven nie dazu überreden dürfen, mit ihm zu kommen.

Jetzt saß er auf dem zertrümmerten Bett, wusste nichts mehr mit sich anzufangen und versuchte sich zu beruhigen. Nach einer Weile hatte er bemerkt, dass seine Wunden wieder angefangen hatten zu bluten und Elias hatte versucht, sich selbst einen Verband anzulegen. Doch seine Hände hatten so stark gezittert, dass er nicht in der Lage dazu gewesen war und nach einiger Zeit aufgegeben hatte. Auf dem Bett sitzend hatte er dann durch das Fenster die Welt draußen betrachtet, die so friedlich wirkte und nichts von der harten Realität vermuten ließ, die das Leben mit sich brachte.

Irgendwann war die Sonne untergegangen und hatte den Raum in ein dunkles gelb getaucht, bis die Sonne gänzlich hinterm Horizont verschwand und Elias in der Dunkelheit der Nacht zurückließ. Und mit einem Mal, hatte Elias das Gefühl, ganz allein zu sein, niemanden an seiner Seite zu haben. Er fühlte sich an seine Kindheit erinnert, an die langen und dunkeln Zeiten in einem kleinen Raum ohne Licht. Wenn Elias nicht gehorcht hatte, oder aufsässig wurde, hatte sein Vater ihn immer in eine kleine Kammer gesperrt. Elias hatte jedes Mal seinen Vater angefleht, ihn nicht einzusperren und alles versucht, um sich ihm zu entziehen. Doch all das Flehen und Schreien hatten seinen Vater nie erweichen können und oft wurde er erst nach Tagen wieder rausgelassen, nachdem Elias sich regelrecht die Kehle aus dem Leib geschrien hatte. Irgendwann hatte Elias nachgegeben, hatte das getan, was sein Vater von ihm verlangt hatte und wurde somit dessen Werkzeug. Elias hatte danach nicht mehr gelebt, er hatte nur noch funktioniert. Die Finsternis des kleinen Raumes und die seines Vaters hatten sich in ihm festgesetzt und ihn innerlich zerfressen. Doch dann traf er Raven, der eine Ausbildung zum Soldaten begonnen hatte. Raven war damals genauso alt gewesen wie Elias und durch ein gemeinsames Training hatten sie sich schnell angefreundet. Zusammen mit dieser Freundschaft wurde ein Teil des Schattens aus Elias‘ Herzen vertrieben.

Seitdem verbrachten sie viel Zeit miteinander, teilten Geheimnisse und die engsten Wünsche miteinander.         

Nach einiger Zeit bemerkte Elias, dass er begann, anders über Raven zu denken. Er hatte Fantasien, die über die reine Freundschaft hinausgingen, doch Angst diesen nachzugeben, weil er Raven an seiner Seite nicht missen wollte.

Eines Nachts, nachdem Elias nach längere Zeit wieder einmal in der Kammer eingesperrt worden war, schlich er sich zu Raven. Elias fühlte sich innerlich zerbrochen und suchte Trost und Halt bei seinem Freund, was dieser auch bereit gewesen war, zu geben. Und noch mehr. Raven hatte Elias gezeigt, dass auch er etwas anders über ihre Freundschaft dachte. In dieser Nacht hatte Elias zum ersten Mal erfahren, was Zuneigung und Lust bedeutete, wie es sich anfühlte, geliebt zu werden und jemanden an seiner Seite zu haben, der einem all das geben konnte. Seitdem waren Elias und Raven unzertrennlich gewesen. Doch jetzt, mit Ravens plötzlichem Tod, kehrten die Schatten seines Herzens zurück und fraßen ihn innerlich auf.

Er war allein, er hatte niemanden mehr und er hatte alles verloren das ihm lieb und teuer gewesen war. Sein Leben war ein einziger Trümmerhaufen, für den es nicht mehr wirklich lohnte zu leben. Wofür also all den Schmerz und das Leid ertragen? Warum nicht einfach aufgeben?

10. Verschwinden

Als Rheon Nonas Haus wieder verließ, war es bereits dunkel und die nächtliche Kälte kroch ihm unter die Kleider. Er freute sich auf sein Bett vor einem warmen Ofen und etwas Ruhe. Der Traum schwirrte Rheon jedoch noch immer im Kopf herum.

Durch ihn hatte er zwar verstanden, was dem Anderen widerfahren sein musste, jedoch konnte Rheon sich das widersprüchliche Verhalten und die Reaktionen nicht erklären. In dem Mann steckte so viel unterdrückte Wut und Misstrauen allem gegenüber, dass Rheon das Bedürfnis hatte, all dies aus der Welt zu schaffen. Um ihm zu helfen musste er jedoch sein Vertrauen gewinnen. Allerdings hatte er nicht die geringste Ahnung, wie er das anstellen sollte. Schließlich wurde er am Nachmittag schon aus seinem eigenen Haus gejagt, obwohl er nur die Verletzungen hatte versorgen wollen.

 

Etwas später stand Rheon vor seiner Tür und zögerte, hineinzutreten. Er wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte, wie der Andere reagieren würde. Ob er ihm wieder drohen und davon jagen würde? Oder vielleicht wieder auf ihn losging? Rheon fürchtete sich ein wenig vor der möglichen Reaktion des Anderen und der leicht pochende Schmerz in seinem Rücken rief unschöne Erinnerungen vom Nachmittag hervor. Er musste jedoch dringend mit ihm reden. Rheon hatte ein paar Fragen, die geklärt werden mussten. Nach einem tiefen Atemzug trat er schließlich ein.

Im Haus war alles dunkel und ruhig. Er schaute sich um, doch in der Dunkelheit konnte er nicht viel erkennen. Rheon erkannte lediglich die Umrisse seiner Einrichtung, die jedoch merkwürdig schief zu stehen schienen.

Mit langen Schritten ging er zur Kochstelle, holte eine Kerze hervor und entzündete sie. Das Licht der Kerze tauchte den Raum augenblicklich in ein warmes flackerndes Licht. Schatten tanzten an der Wand entlang und folgten Rheons Bewegungen, während er sich zum Raum hindrehte. Von dem Fremden fehlte allerdings jegliche Spur. Sein Blick streifte den zerbrochenen Tisch am Boden, sein zerwühltes provisorisches Schlaflager vor dem Ofen und zuletzt sein schief und in sich zusammengefallenes Bett. Rheon zog verwundert die Augenbrauen hoch. Hatte er etwa Termiten im Haus? Rheon stellte die Kerze auf ein nahe stendes Regal und ging zu seinem Bett. Doch als er die Decken und Kissen runter nehmen wollte, taumelte Rheon vor Schreck zurück und die möglichen Termiten waren vergessen. Überall auf seinem Bett waren Spuren von Blut, die sich sogar bis auf den Boden zogen. Rheon fand ebenfalls Reste von verschmutztem Verband. „Er musste versucht haben, sich einen Verband anzulegen.“, überlegte Rheon laut. „Doch was war dann passiert?“

Plötzlich hatte Rheon eine Erkenntnis. Er drehte sich zur Tür, die bei seinem Eintreten bereits offen gestanden hatte. „Er wird doch nicht wirklich…?“ Rheon eilte zur Tür und versuchte etwas in der tief schwarzen Nacht zu erkennen. Doch da war natürlich nichts. Nur der gleiche bedrohlich wirkende Wald in der Ferne. Was hatte er auch erwartet? Dass der Mann zurückkommen würde? Unsinn! Doch wenn er wirklich gegangen war, würde er das in seinem Zustand nicht lange überleben. Rheon lief es bei diesem Gedanken kalt den Rücken runter und sein Herz blieb ihm stehen. Draußen war es eisig kalt und der Andere trug nichts weiter als seine Beinkleider am Leib. Wenn er also nicht an seinen Verletzungen erlag, würde die Kälte alles Weitere übernehmen. Rheon musste ihn finden. Er würde es sich selbst nicht verzeihen, wenn ihm etwas zustoßen würde. Ohne noch weiter zu zögern schnappte Rheon sich seinen Umhang und eine Decke und stürmte hinaus in die kalte Nacht. 

11. Entscheidung

Schmerz. Das Einzige, was er im Moment fühlen konnte. Sein Herz in Stücke gerissen, hatte es nur Leere hinterlassen. Die Finsternis hatte sich da eingenistet, wo die Liebe zu Raven sie vorher verdrängen konnte. Der Glaube an Freiheit hatte diese Liebe entfacht, seine eigene Schwäche ihr gegenüber, sie zerstört.

Es war seltsam zu wissen, dass man jemanden nie wieder sehen würde. Nie wieder die Nähe und Wärme des anderen fühlen zu können. Elias hatte sich, seit er Raven kennengelernt hatte, kein Leben mehr ohne ihn vorstellen können. Er hatte an eine Zukunft mit Raven geglaubt.

Doch jetzt, am Rande einer Klippe, wusste er, dass sein Schicksal anders aussehen würde, als er es sich vorgestellt hatte. Er wollte wieder bei Raven sein. Wenn dies also bedeutete, ebenfalls zu sterben, würde er diesen Weg bestreiten. Elias müsste nur einen einzigen Stritt tun und alles wäre vorbei. Der Schmerz, das Leid und die Schuld wären von ihm genommen und er könnte wieder glücklich sein. Glücklich mit Raven. „Nur einen Schritt", murmelte Elias, starrte in das schwarze Wasser unter ihm und ließ sich fallen.

Er spürte den Wind, während er fiel. Die Kälte auf seiner Haut schmerzte und doch fühlte Elias sich lebendig. Mit geschlossenen Augen genoss er das Kribbeln unter seiner Haut, den freien Fall und die baldige Erlösung. Doch dann hielt ihn plötzlich etwas fest. Etwas hielt ihn auf, versuchte ihn im Leben zu halten. Elias wollte jedoch nicht, er wollte diesen Schmerz nicht mehr ertragen! Mit einem Aufschrei versuchte er sich loszumachen und bemerkte, dass eine Hand fest seinen Arm umschlossen hatte. Sein Blick folgte dem Arm hinauf, zu einer Schulter und weiter zu einem schlanken Hals, hinauf in ein Gesicht, dass er kannte. Im ersten Moment glaubte er, wieder Raven vor sich zu sehen, doch schnell wurde ihm bewusst, dass es Rheon war. Dieser sah, aus vor Schreck und Angst geweiteten Augen, zu ihm hinunter. Wovor hatte Rheon Angst? Um ihn? Wohl kaum. Wahrscheinlich eher um seinen Ruf als Heiler. Natürlich konnte er nicht zulassen, dass jemand unter seiner Obhut starb. „Was willst du? Lass mich los!“, keifte Elias ihn an und zappelte herum. „Das werde ich nicht“, entgegnete Rheon mit Nachdruck. „Lass mich einfach in Ruhe!“ „Was ist es, dass dich dazu drängt, unbedingt sterben zu wollen?“ Er wollte einfach nur sterben. Es konnte doch nicht sein, dass dieser Rheon, Elias letzter Halt, nicht verstehen wollte, dass er nicht mehr konnte. Es machte ihn wütend. „Das kann dir doch gleichgültig sein, Fremder!“, brüllte er Rheon an und versuchte abermals sich Rheons Griff zu entziehen. Dadurch rutschte Rheon selbst ein Stück ab, wobei ihm sein Umhang von den Schultern rutschte und in die Tiefe fiel. Allerdings fand er schnell wieder Halt an einem Stein. „Es ist mir aber nicht gleichgültig. Und ich kann dir mit Gewissheit sagen, dass Raven das mit Sicherheit auch nicht gewollt hätte!“ „Woher…?“ „Ich kann deinen Schmerz und Kummer verstehen. Aber ich kann dir sagen, dass der Tod nicht der richtige Weg ist.“ „Woher willst du wissen, wie ich mich fühle?!“, schrie Elias ihn abermals an. „Auch ich habe jemanden verloren, den ich sehr geliebt habe. Daher kann ich deine Trauer und deine Wut verstehen", entgegnete Rheon traurig. Während Rheon gesprochen hatte, hatten sich Tränen in seinen Augen gesammelt und waren auf Elias Gesicht getropft. Sie hatten Elias Wut augenblicklich verblassen lassen. Das Nass der Tränen zeigte Elias, dass Rheons Gefühle in diesem Moment echt waren. Rheon zeigte ihm seine schwächste Seite, seinen Schmerz und seine Trauer. Und einen Weg. Einen Weg, um zu leben und zu kämpfen für das, was ihm am wichtigsten ist.

12. Lüge oder Wahrheit

Als sie wieder bei Rheons Hütte ankamen, löste der anbrechende Tag bereits die Nacht ab. Die ersten Sonnenstrahlen kämpften sich über den Horizont und tauchten die Landschaft in ein mystisches Licht.

Nachdem Rheon Elias retten konnte, hatte dieser ihn in seine Arme geschlossen und beruhigend über Elias Schultern gestrichen. Im ersten Moment hatte Elias nicht gewusst, was diese Geste bedeuten sollte, doch gleichzeitig stieg das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit in ihm auf. Gefühle, die er lange nicht spüren durfte.

Diesem Umstand war es auch zu verdanken, dass Elias sein Misstrauen und seine Vorsicht kurz beiseiteschieben und sich in die Umarmung fallen lassen konnte. Er wusste nicht so recht warum, doch er hatte das Gefühl gehabt, Rheon in diesem Moment vertrauen zu können.

Doch als Rheon ihn nach seinem Namen fragte, hatte er gezögert. Elias war sich nicht sicher gewesen, ob er ihm so einfach erzählen konnte, wer er wirklich war. Es war zu gefährlich. Im schlimmsten Fall sogar für sie beide, wenn seine Verfolger immer noch nach ihm suchten.

„Mein Name ist Eli“, brachte er dann schließlich rau hervor. Gewissermaßen war es sogar die Wahrheit, denn seine Mutter hatte ihn früher oft bei diesem Kosenamen gerufen. Die Frage war nur, wie lange diese Lüge gut gehen würde. Vorerst blieb Elias jedoch keine andere Möglichkeit als zu warten, bis seine Verletzungen verheilt waren. So lange musste er darauf achten, sich nicht zu verraten. Und das machte ihn ungemein nervös.

 

Am frühen Abend stand Elias am Fenster und beobachtete die Landschaft, die sich in weiten Wiesen und Feldern vor ihm erstreckte. In der Ferne konnte er noch das Gebirge erkennen, dass die natürliche Grenze des Landes bildete. Vor zwei Jahren war er dort einmal mit seinem Vater und Raven gewesen, um die Grenzposten zu inspizieren. In der Nacht hatte er sich dann heimlich mit Raven in den Stall geschlichen, um etwas Zweisamkeit genießen zu können, da Elias Vater ihn seit einiger Zeit mit Argusaugen beobachtete.

Eine Berührung an seinem Rücken riss Elias aus seinen Gedanken. Er schreckte herum und wäre dabei fast mit Rheon zusammengestoßen, der dicht hinter ihm stand. Diese plötzliche Nähe hatte Elias nicht erwartet und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Die Hand noch immer nach ihm ausgestreckt, schaute Rheon ihn einen Moment lang irritiert an, bis er seine Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln hob, dass traurig anmutete. „Euch scheint meine Nähe unangenehm zu sein, bitte verzeiht. Doch es wird langsam Zeit, einen neuen Verband anzulegen. Darf ich?“ Zur Verdeutlichung seiner Worte zeigte Rheon ihm das Verbandsmaterial in seiner Hand. Elias nickte schwach und folgte Rheon dann zu einem Stuhl, auf dem er sich falsch herum niederließ, damit Rheon besseren Zugang zu seinem Rücken hatte. Doch als Rheon begann, ihm den Verband anzulegen, zuckte er unter dessen leichten Berührungen zusammen. Das Gefühl der warmen Hände auf seiner Haut rief Erinnerungen an Raven hervor, die ihn wieder nahe an den Abgrund der Verzweiflung brachten. Rheon schien dies zu bemerken, allerdings falsch zu verstehen. „Verzeiht. Ich werde nicht lange brauchen. Danach werde ich Euch nicht mehr zu nahe kommen.“ Elias wollte etwas darauf erwidern, doch der durch die Erinnerungen erneut hervorgerufene Schmerz ließ ihn schweigen. Und so ließ er die Prozedur über sich ergehen, ohne ein Wort zu sagen und hoffte, dass sie schnell vorüber war.

13. Stadtbesuch

Am nächsten Morgen war Rheon schon mit dem ersten Sonnenstrahl des neuen Tauf den Beinen, um seine teils zerstörte Einrichtung wieder zu reparieren. Das Bett hatte er bereits am Vortag notdürftig zusammengeflickt, damit Eli auf diesem schlafen konnte. Doch nun musste er feststellen, dass die Materialien, die ihm noch zur Verfügung standen, nicht ausreichten. Mit diesem Rest würde er noch nicht mal mehr einen Stuhl wieder zusammenbauen können. „Ich werde also in die Stadt reiten müssen“, murmelte er. Doch konnte er Eli solange alleine lassen? Normalerweise brauchte Rheon mindestens zwei Tage, um seine Besorgungen zu machen, da die nächste Stadt mehr als einen halben Tagesritt entfernt war. Und Nona zu schicken, wie er es die Tage zuvor gemacht hatte, kam auch nicht in Frage. Sollte er ihn also mitnehmen? Ein Blick zu Eli, der noch immer etwas geschwächt und mit dem nackten und verwundeten Rücken auf dem Bett lag, wurde Rheon klar, dass er dies nicht konnte.

Doch dann viel ihm eine Lösung ein. Sein Freund aus dem Nachbardorf war ebenfalls Heiler und Rheon konnte ihn fragen, ob er auf Eli Acht geben könnte. Asato schuldete ihm eh noch einen Gefallen.

Er ging zu dem Bett hinüber und streckte eine Hand nach Eli aus, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Doch bevor Rheon ihn an der Schulter berühren konnte, knurrte dieser ihn feindselig an: „Was willst du?“ „Ich…“, setzte Rheon an. „Ich wollte nur…“, „Was willst du!? Sag es endlich, oder verzieh dich! Ich kann dich gerade nicht ertragen!“ Rheon wich verdattert einen Schritt zurück. Er verstand nicht, warum der Andere plötzlich sauer auf ihn war, warum Eli ihm so feindselig gegenüber stand. Er hatte ihm doch nichts getan, verdammt! Im Gegenteil. Rheon hatte ihm sogar schon zwei Mal das Leben gerettet. „Ich wollte dir nur sagen, dass ich jetzt in die Stadt reiten werde, um Materialien zu kaufen, damit ich meine Einrichtung reparieren kann, die du zerstört hast!“, fuhr Rheon ihn an und vergaß in seiner Wut glatt die Höflichkeitsform. Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand samt Satteltaschen durch die Tür nach draußen. Schnellen Schrittes ging er auf den kleinen Stall neben seinem Haus zu, sattelte sein Pferd und kaum das er fertig war, schwang er sich gekonnt auf den braunen Wallach und trieb diesen zu einem schnellen Galopp an. Wenn er bis eben noch gedacht hatte, er wäre diesem Fremden ein Stück näher gekommen, hatte er sich gewaltig geirrt. Dieser Mann wollte nicht, dass man ihm näher kam und Rheon sollte es nur Recht sein.

 

Als Rheon am späten Nachmittag endlich in der Stadt ankam, blieb ihm nicht mehr viel Zeit, um all seine Besorgungen zu erledigen. Asato hatte ihn zu lange aufgehalten, nachdem Rheon ihm seine Bitte vorgetragen hatte. Er wollte alles über Eli wissen, hatte Rheon regelrecht ausgefragt. Doch da Rheon nichts über ihn wusste, außer, dass er dem König nahestehen musste, da er ein Siegel des Königs bei sich trug, konnte er Asato nichts erzählen. Dieser war erst etwas enttäuscht darüber, hatte aber Rheons Bitte zugestimmt und gemeint, dass er sich so selbst ein Bild vom Anderen machen konnte.

Jetzt ritt Rheon, dem Strom aus Menschen und Tieren folgend, die steinerne Straße in Richtung Marktplatz entlang. Rechts und links von ihm erhoben sich die Häuser, deren leichter Verfall und die abgeblätterte weiße Farbe vom Alter der Stadt zeugten. Zu ihrer Glanzzeit wurde die Stadt Radscha auch „die weiße Stadt“ genannt, doch mittlerweile wirkte sie nur noch alt und grau. Einzig der mächtige Palast des Königs in der Mitte der oval aufgebauten Stadt erstrahlte noch in einem makellosen Weiß. Trotzdem fühlte Rheon sich hier wohl und irgendwie zu Hause. „Ich bin wieder da“, flüsterte er, stieg ab, band sein Pferd an einem Balken am Rande des Platzes an und begab sich in das Gewirr aus Stimmen.

14. Gesellschaft

Der Markt war voll und laut. Von überall her hörte man die Stimmen der Händler, die lautstark ihre Waren anpriesen. Rheon hörte Kinder, die sich lachend über den Platz jagten, gelegentlich gefolgt von einem Hund und irgendwo wieherte ein Pferd.

Ein paar Stände vor ihm konnte Rheon ein kleines, in seinen Augen, viel zu dünnes Mädchen in alter, dreckiger und zerschlissenen Kleidung dabei beobachten, wie dieses einen Laib Brot vom Stand eines Bäcker stibitzte. Jedoch bemerkte der Bäckersmann es und bekam das Mädchen am Arm zu fassen, bevor diese sich davonmachen konnte. Das kleine Mädchen wehrte sich, versuchte dem Griff des Mannes zu entkommen, doch sie war zu schwach und wahrscheinlich zu entkräftet vor Hunger. Rheon hörte, wie der Mann anfing das Mädchen zu beschimpfen. Dabei packte er so fest zu, dass die Kleine das Gesicht schmerzlich verzog.

Ohne darüber nachzudenken, was genau er tat, ging Rheon auf den Stand zu, trat an das Mädchen heran, legte diesem beschützend eine Hand auf die Schulter und die Freie auf die des Bäckers. Die Kleine schaute ihn aus großen Augen verwundert an, doch Rheon ging nicht darauf ein, sondern wandte sich direkt an den Bäcker: „Verzeiht, aber würdet Ihr die Freundlichkeit besitzen meinen Schützling nicht so grob anzufassen. Ich sehe es nicht gern, wenn sie verletzt wird.“ Rheon hatte mit ruhiger Stimme gesprochen, ließ sein Tonfall jedoch keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte. Augenblicklich wurde das Mädchen freigegeben, die sich schnell hinter Rheon in Sicherheit brachte und sich an seinem Umhang festhielt. „Wer seid Ihr?“, blaffte ihn nun der Bäcker an. „Und das soll Euer Schützling sein? Die ist nichts weiter als eine kleine Diebin, die seit Tagen immer wieder versucht mir eines meiner Brote zu stehlen!“ Die Stimme des Mannes wurde immer lauter, je länger er gesprochen hatte. Doch Rheon ließ sich dadurch nicht beirren. „Mein Name ist Rheon Erason. Und ich würde Euch bitten, mich nicht so anzugehen. Das kann ich nicht leiden!“ Der Bäckersmann stutzte. Anscheinend war ihm nicht bewusst gewesen, wen er vor sich hatte. Rheon war in dieser Stadt nicht gerade jemand Unbekanntes. Zudem waren seine Salben und Heilmittel ziemlich begehrt. Jedoch machte er sich das ungern zunutze, da es ihm nicht wirklich behagte, im Mittelpunkt zu stehen. Doch um dem verängstigten Mädchen den Hungertod zu ersparen, nutzte er diesen Umstand dieses Mal aus. „Was schuldet sie Euch, für die letzten Brote?“, fragte Rheon ruhig, holte etwas Geld hervor und reichte es dem Mann. Dieser zählte es und nickte dann kurz. Es schien genug gewesen zu sein. Damit wandte Rheon sich zum Gehen und zog das Kind hinter sich her. Dieses folgte ihm ohne zu Zögern bis an den Rand des Marktplatzes.

„Wie ist dein Name?“, richtete Rheon dann das Wort an seinen neuen Schützling. „Delia.“, kam zögerlich und leise zurück. „Hast du einen sicheren Platz zum Schlafen, Delia?“, fragte Rheon weiter. Nach kurzem Zögern schüttelte sie den Kopf. Rheon überlegte kurz. Er wollte Delia nicht wieder zurück ins Elend schicken. Irgendwie hatte er das Gefühl, sie beschützen zu müssen. Ihm kam eine Idee. „Hör zu, ich habe noch einige Besorgungen zu machen, bei denen ich deine Hilfe gebrauchen könnte. Danach bekommst du etwas Anständiges zu Essen und ein Bett zum Schlafen. Und morgen sehen wir dann weiter. Was hältst du von dieser Idee?“ Delia schaute ihn aus großen braunen Augen erstaunt an, nickte dann aber schnell. Ihr schien die Idee zu gefallen. Rheon lächelte sie zufrieden an. Anscheinend hatte er nun etwas Gesellschaft. Er nahm sie bei der Hand, was sie zuließ, und führte sie zurück zum Marktplatz und zu einigen Geschäften, um seine restlichen Besorgungen zu erledigen. 

15. Vernunft und Verlangen

Dank der Kleinen konnte Rheon tatsächlich alle Besorgungen am Abend von seiner Liste streichen. Denn wie Rheon mit Erstaunen festgestellt hatte, konnte Delia so gut lesen, dass er ihr eine Liste mit kleinen Dingen geben konnte, die sie in den verschiedensten Läden und Ständen kaufen sollte. Und tatsächlich kam sie einige Zeit später zum vereinbarten Treffpunkt und übergab Rheon stolz kleine Fläschchen und Schüsseln, herrlich duftende Seife, bunte Tücher und verschiedenste Kräuter und Gewürze. Zusammen mit den Dingen, die er besorgt hatte, beauftragte er einen Boten, alles zu ihm nach Hause zu bringen. Dieser war von dem weiten Weg nicht begeistert, machte sich aber dennoch sofort auf den Weg.
Rheon war derweil mit Delia in einem kleinen Gasthaus eingekehrt und sie hatten etwas zu Abend gegessen. Jetzt lag Delia satt und friedlich schlafend in einem riesigen weichen Bett im angrenzenden Raum. Rheon hatte beschlossen, auf der, in der Mitte des Raumes stehenden Couch zu schlafen. Auf dieser saß er nun im Licht einer fast heruntergebrannten Kerze, die Ellenbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in seinen Händen vergrabend. Er war erschöpft und müde, doch in seinem Kopf wirbelten die verschiedensten Gedanken umher, so, dass er einfach keine Ruhe finden konnte. Er dachte darüber nach, was er mit dem Mädchen anstellen sollte, wie er über den Winter kam und ob er seine Vorräte bis dahin noch ausreichend auffüllen konnte. Doch ein Thema war präsenter als alle anderen zusammen. Eli. Den ganzen Tag bekam er diesen Mann nicht aus dem Kopf. Rheon fragte sich ständig, welches Geheimnis er verbarg. Dies erinnerte ihn wieder an das Siegel des Königs, welches Eli bei sich trug. Es gab nicht viele Leute, denen es vergönnt war, dem direkten Schutz des Königshauses zu unterstehen. Wer also war dieser Mann?
Er erinnerte sich an seinen Traum, in dem er Eli auf der Lichtung getroffen hatte. Er hatte elegante schwarze Kleidung getragen, die sich wie eine zweite Haut an ihn geschmiegt hatte. Seine dunklen Haare hatten im Wind leicht geweht, seine Haltung hatte stark und selbstsicher gewirkt. Als könnte ihn nichts erschüttern, nichts ihn aufhalten, wenn er sich zu etwas entschloss. Und der fast glühende Blick aus diesen wunderbaren grünen Augen sorgte für ein angenehmes Kribbeln in seiner Magengegend und für ein leichtes Ziehen in seinem Unterleib. In Gedanken streckte er die Hand nach ihm aus, legte sie an dessen Wange, führte seine Hand am sehnigen schlanken Hals entlang, hinunter zu Elis Brust und konnte dort selbst durch die Kleidung die Muskeln fühlen. Dann schmiegte er sich an den warmen Körper und spürte, wie ihn zwei starke Arme unnachgiebig umfingen. Angenehm warmer Atem streifte seinen Nacken und eine Hand verlor sich in seinem Haar, die andere wanderte seinen Rücken auf und ab, streichelte ihn liebevoll. Dann hob Rheon seinen Kopf, blickte in diese grünen Augen, die ihn vom ersten Moment an fasziniert hatten und überbrückte die kurze Distanz zwischen ihnen und küsste Eli.
Rheon spürte, wie er bei dieser Vorstellung hart wurde und unterdrückte ein Stöhnen, da es in seinen Beinkleidern unangenehm eng wurde. An seinen Vorstellungen festhaltend, lehnte er sich auf der Couch zurück, führte seine Rechte in seinen Schritt und begann gemächlich sein Glied durch den Stoff zu reiben. Mit der freien Hand streichelte er sich selbst, fuhr mit den Fingerspitzen um seine Brustwarzen herum und steigerte damit seine Erregung noch weiter. Den letzten Grad an Vernunft beiseiteschiebend, löste er die Schnüre seiner Beinkleider, zog sie ein Stück über seine Hüften und stöhnte gleichzeitig auf, als sein schmerzhaft erigiertes Glied endlich aus dem engen Gefängnis befreit wurde.
In seiner Vorstellung war es nun Elis Hand, die seinen Schwanz fest packte und in einem schnellen Takt auf und ab fuhr. Rheon wand sich unter dieser Berührung, zerging fast vor Lust und spürte schließlich, wie er sich anspannte, sich alles in seinem Körper zusammenzog und er sich über seiner Hand ergoss.
Erschöpft und befriedigt viel Rheon in sich zusammen. In seinem Kopf herrschte eine angenehme Leere und bescherte ihm den ersehnten traumlosen Schlaf.

16. Einsicht

Seufzend setzte Elias sich auf und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Er hatte es schon wieder getan. Ohne Grund hatte er Rheon angeschrien und ihm Dinge an den Kopf geworfen, die er bereits bereute. Doch er hatte in der Nacht kein Auge zugetan und sich immer wieder an die sanften und vorsichtigen Berührungen Rheons erinnert, die denen Ravens so ähnlich schienen. Genau wie er selbst. Rheon sah Raven auf eine so beängstigende Art und Weise ähnlich, dass Elias nicht wusste, wie er darauf reagieren soll. Dies überspielte er dann mit Wut und verletzenden Worten, so wie er es immer getan hatte. In seiner Position konnte er es sich nicht erlauben, tiefere Gefühle zu zeigen. Dabei war er dankbar für die Hilfe, die ihm zuteil wurde. Er fühlte sich sicher und geborgen, aber genau das machte ihm Angst.
Er betrachtete das Siegel in seiner Hand, dass auf dem kleinen Tische neben dem Bett gelegen hatte und seine Position am Hofe vorwies. Elias wusste aus einem unerfindlichen Grund, dass Rheon ihm nichts böses wollte. Dies hatte er deutlich gesehen, als Rheon ihn vor dem sicheren Tod an der Klippe bewahrt hatte. In dessen Augen hatte deutlich ein Schmerz gestanden, der tiefer und fester saß, als Ravens Tod bei ihm. Und doch misstraute er ihm, hatte ihm Unrecht getan und tat es mit seinem abweisenden Verhalten noch immer. Es war so tief in ihm verankert.
Mit einem weitern Seufzer stand er vom Bett auf und nahm seine Umgebung erstmals wirklich wahr: In der Ecke hinter dem Bett stand ein kleiner Ofen, leicht staubig und rußig. Davor befand sich ein Haufen aus Fellen und Decken. An den Wänden rechts daneben befanden sich Bretter als Ablagefläche mit mehreren Fläschchen, Beuteln und Schüsseln darauf. Allesamt mit irgendwelchen Flüssigkeiten, Salben oder Kräutern gefüllt. Zwei der insgesamt sechs Bretter hingen allerdings schief. Jene, die Elias während seines Wutanfalls halb von der Wand gerissen hatte. Genau wie das Regal, dass an der gegenüberliegenden Wand neben der Tür stand. Die herausgefallenen Bücher wurden wieder einsortiert, doch es wirkte willkürlich, als würde keines der Bücher am richtigen Platz stehen. Am anderen Ende des Raumes, leicht versteckt hinter einer Trennwand, befand sich die Kochstelle. Auch hier befanden sich Regale an den Wänden, bestückt mit Geschirr und Kochtöpfen. Darunter auch wieder einige Bücher. Bei genauerem Hinsehen erkannte Elias, dass es sich dabei um Kräuterbücher handelte. Eines davon lag aufgeschlagen auf den anderen. „Verwendung richtiger Heilkräuter bei Stichverletzungen“, laß er leise. Den Rest konnte er allerdings nicht entziffern, da es in einer anderen Sprache geschrieben war. Der Text wurde nur von einigen Zeichnungen verschiedener Pflanzen unterbrochen, die Elias nie zuvor gesehen hatte. Interessiert blätterte er einige Seiten weiter, fand hier und da Zeichnungen von Pflanzen die er kannte, jedoch als Unkraut bezeichnet hätte.
Über seine eigene Unwissenheit den Kopf schüttelnd, legte er das Buch zurück. Dabei viel ihm ein Kochkessel in der Ecke auf und bei dem Gedanken an etwas zu Essen, knurrte sein Magen. Doch was er im Kessel vorfand, sah nicht wirklich essbar aus. Es sollte dem Geruch nach wohl ein Maisbrei sein, doch die Farbe und die Konsistenz erinnerten eher an Lehm. Angewidert trat er einige Schritte zurück und sah sich nochmals um. Doch er konnte nichts essbares finden. Dabei viel ihm ein, dass er Rheon noch nicht einmal hatte essen sehen. Gut, er hatte nicht wirklich darauf geachtet, aber das wäre ihm doch sicher aufgefallen? Und er selbst hatte doch etwas gegessen.
Einer wagen Idee folgend ging er nach draußen, wo er, wie vermutet, ein Beet vorfand. Doch dieses war nicht bestellt. Selbst das Kleinere, dass dem Anschein nach ein Kräuterbeet war, war leer. Hatte Rheon etwa alles jemandem gegeben, der seine Hilfe ablehnte und ihm auch noch Unrecht antat? „Was bin ich doch für ein Idiot“, murmelte er. „Das habe ich ihm auch gesagt und gemeint, er solle dich zum Teufel jagen. Doch Rheon ist einfach zu gutmütig. War er schon immer“, sagte plötzlich jemand hinter ihm und Elias fuhr herum und erblickte einen groß gewachsenen Mann in einem langen schwarzen Umhang.

17. ungebetener Gast

Der Tag neigte sich bereits dem Ende zu, doch Rheon war noch immer nicht zurück. Hatte dieser nicht gesagt, dass er nur ein paar Dinge in der nächsten Stadt besorgen wollte? Diese dürfte nicht einmal einen halben Tagesritt entfernt sein. Warum brauchte Rheon dann so lange, es nervte ihn.
Doch etwas, besser gesagt jemand, nervte Elias ebenso.
Der Mann, der am Morgen so plötzlich erschienen war, hatte sich ihm als Asato, einen Freund Rheons, vorgestellt. Danach hatte dieser ihn, ohne ein weiteres Wort, einfach stehen lassen und war im Haus verschwunden. Nach ein paar Minuten der Verwirrung war Elias ihm gefolgt und beobachtete seit dem, wie Asato, einem Sturm gleichkommend, durch das kleine Haus fegte, hier und da für Ordnung sorgte, kleinere Reparaturen vornahm und am Abend schließlich sogar etwas zu Essen kochte. Während der gesamten Zeit sprachen sie nicht ein Wort miteinander. Asato schien ihn gänzlich zu ignorieren, wenn man denn von den gelegentlich feindseligen Blicken absah. Elias wusste nicht, was er tun, oder auch nur sagen konnte, um dieses unangenehme Schweigen zwischen ihnen zu lösen. 

Im Endeffekt war es jedoch Asato, der es löste. „Was ist das für ein Siegel?“ Elias zuckte zusammen. Er hatte das Siegel noch immer in der Hand! Was sollte er jetzt tun? Es jetzt einfach verschwinden zu lassen und einen auf unwissend zu tun, wäre zu auffällig. Wie also sollte er das jetzt erklären? Sollte er die Wahrheit sagen und sich zu erkennen geben? Nein, dass konnte er nicht. Wer er war und was er tat musste außerhalb der Mauern geheim bleiben. Andererseits könnte man sich durch ihn einen Vorteil verschaffen, der zu schwerwiegendem Schaden im Reich führen kann. Vielleicht konnte er sich auch mit einer Lüge dieser Situation entwenden? 

Aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, dass Asato ihn noch immer fragend an sah, da Elias nicht antwortete. Er hatte einfach schweigend auf das Siegel geschaut. 

Mit unschuldiger Miene schaute Elias nun zu Asato auf und zuckte leicht mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Es muss einem meiner Angreifer gehört haben. Wahrscheinlich habe ich es diesem im Kampf abgenommen, und ich habe es nicht bemerkt. Rheon muss geglaubt haben, es sei meines.“ Er schüttelte leicht den Kopf, um sein Unglauben auszudrücken und hielt dem Blick seines Gegenübers stand. Nun hoffte Elias, dass Asato ihm diese Geschichte abnahm. Ansonsten wüsste er nicht, wie er es erklären sollte.

Asato Augen wurden plötzlich schmal, als er antwortete: „Ein Soldat trägt während eines Angriffes dieses Siegel bei sich? Sehr ungewöhnlich.“ Doch er ging nicht weiter darauf ein, sondern widmete sich wieder dem Kochtopf über der Feuerstelle, in dem sich, dem Geruch, der sich in der ganzen Hütte verbreitet hatte, nach zu urteilen, eine Suppe befand.

 

 

(Rest folgt)

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 14.02.2017

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /