Hey! Mein Name ist Zayn Jawaad Malik. Ich sitze gerade in der Maske und bereite mich auf meinen großen Auftritt vor. Die Tiegel, Dosen, Bürsten, Pinsel und natürlich Haarsprays gucken mir entgegen. Ich grinse sie an, denn ohne meine liebsten Freunde wäre ich verloren. Ach ja, ich habe noch gar nicht erwähnt, dass ich Mitglied der britischen Band "One Direction", kurz "1D" bin. Vor etwa einem Jahr bewarb ich mich als damals 17 Jähriger bei der Casting Show "X-Factor". Und wie es das Schicksal und Nicole Scherzinger wollten, landete ich im Bootcamp zwischen meinen neuen Bandkollegen. Wenn ich sie euch kurz vorstellen darf: Harry Styles, Liam Payne, Niall Horan und last but not least Louis Tomlinson. Als Sieger sind wir aus der Show zwar nicht hervorgegangen, aber letzten Endes wurden wir gute Dritte.
Die Tür öffnet sich und meine Visagistin (ja, ich besitze eine ganz persönliche nur für mich) steckt den Kopf durch den Türspalt.
"Zayn, dein Auftritt beginnt in 10 Minuten und deine Kollegen warten schon!"
Wie immer, wenn ich das Wort "Auftritt" höre, ballen sich meine Finger zu Fäusten und werden an den Innenflächen ganz nass. Ich rutsche auf dem Stuhl hin und her und betrachte mich im Spiegel. Meine schwarzen Haare sind wie immer perfekt nach oben gestylt. Aus meiner Umhängetasche, die von der Stuhllehne baumelt, hole ich mein McBook hervor. Leises Summen erfüllt den Raum und ich rufe den Browser auf. Lampenfieber ist schon immer mein größtes Problem gewesen. Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass ich es jemals besiegen werde. Aus Neugierde gebe ich meinen Namen bei Google ein und warte auf die millionenfachen Ergebnisse. Es ist immer noch unglaublich, wie explosionsartig und steil die Karriere von "One Direction" an die Weltspitze geschossen war.
"♥Zayn♥love you♥4ever♥", das ist ganz klar die Kategorie "Kreischender Fan", der vielleicht noch in Ohnmacht fällt, wenn er mich sieht. " Ich scrolle weiter nach unten, die Augen zusammengekniffen und lese weiter: "Zayn hat die beste Stimme von allen. Und das größte Potenzial". Das klingt schon besser, Fans, die auf mich zugehen und mit mir reden wollen, würden das schreiben. Deutlich die beste Kategorie aller Fans. Ich will das Internet schon wieder schließen, da springt mir noch eine weitere Botschaft ins Auge: "Er ist so hot, nicht zum Aushalten. Ich vergöttere ihn. Einfach unwiderstehlich". Tja, diese Leute würden keinen einzigen Ton rausbekommen, wenn sie wirklich vor mir ständen. Ich fahre den PC runter und verstaue ihn wieder in der Tasche. Die Zustimmung meiner Fans hat meinen Puls nach unten fahren lassen. Ich stehe auf und schreite auf die dünne Holztür zu. Mein iPhone gibt ein lautes Pling von sich. Ich halte inne und frage mich, wer das jetzt noch sein kann. Ich ziehe das Gerät aus der Hosentasche meiner Jeans und beginne die SMS zu lesen:
"Ich wünsche dir gaaaanz viel Glück, mein Brüderchen. Drück dir Däumchen. Du schaffst das. Küsschen Doniya".
Neuer Mut überkommt mich und ich mache mich auf den Weg zur Bühne. Dabei muss ich über Doniyas Art zu schreiben lachen, das "chen" am Ende der Wörter war ihr Markenzeichen. Jetzt ist es nur wenige Meter bis zum größten Auftritt meines Lebens. Doch bevor ich das Mikrofon in die Hand nehmen werde (welches ich sogar als Tattoo am rechten Unterarm trage), erzähle ich euch meine Geschichte. Der Weg von fünf ziemlich normalen Jungs zu den größten Superstars unserer Zeit-und das soll nicht eingebildet klingen. Es war ein schwerer, erfahrungsreicher und lustiger Weg. Unsere Freundschaft wurde auf die Probe gestellt und manchmal wusste ich noch ein noch aus. Ich will euch nicht länger auf die Folter spannen und fange jetzt an, meine eigene 1D-Geschichte vorzustellen. Ich hoffe, sie gefällt euch. Liebe Grüße Zayn ♥
Ich stand vor dem schillernden Spiegel im weißgefliesten Badezimmer unserer WG. Eine Penthousewohnung mitten im Herzen Londons. Der Straßenlärm dröhnte durch das halbgeöffnete Fenster, woraufhin ich das Radio lauter drehte.
"What goes around, goes around, goes around. Comes all the way back around" sang die Stimme von Justin Timberlake aus den Lautsprechern und ich stimmte dem Gesang mit ein. Tänzelnd rutschte ich mit meinen karierten Socken auf dem glatten Boden und verlor dabei das eine oder andere Mal fast den Halt. Ich kramte ein Modemagazin aus dem Zeitschriftenstapel. Natürlich ganz unten. Louis hatte seine Football-Zeitschriften mal wieder in unendliche Höhen darüber gestapelt. Ich drückte den letzten Rest Haargel aus der Tube und machte mich ans Werk. Das Ergebnis: eine ganz akzeptable Kopie von Justin Timberlake. Die ganze Mühe hatte ich mir schließlich nicht umsonst gemacht. Ich bleckte mir über die weißen Zähne, die mich strahlend anfunkelten. Vor 20 Minuten hatte ich sie frisch geschrubbt. Meine on/off-Freundin Perrie und ich hatten ein Date. Alle Zeichen standen wieder auf *on*, was meine Laune in die Höhe schießen ließ.
"Perrie, komm doch rein. Sowas Bezauberndes lassen wir doch nicht draußen stehen", Harrys misslungener Flirtversuch drang in das Bad ein und setzte sich zwischen den Fliesenfugen fest. Mein Grinsen wurde noch breiter. "Zayn ist gleich fertig. Setz dich doch. Wir können uns ja noch so lange unterhalten", ging es draußen weiter. Schnell verschwanden alle Dosen in ihren Schränken und meine Socken in super bequemen Adidas-Sneakers. Von der Limited-Edition hatte ich noch das letzte Stück ergattert. Ich drückte die Türklinke nach unten und betrat die moderne Wohnküche. Die blanken Theken blitzten im Sonnenlicht. Ein deutliches Indiz, das hier nicht oft gekocht wurde. Lediglich meine Mum hatte den Herd angeschmissen, als sie meine heiß geliebte Lasagne für mich kochte. Selbstbewusst und mit geraden Schultern marschierte ich auf das weiche Chesterfieldsofa (eben typisch britisch) zu. Im Gegensatz zu den Arbeitsflächen glänzte Perrie kein bisschen. Verwirrt blickte ich zu Harry, der abwesend seine Finger durch die Locken drehte.
"Hey", brachte ich heraus.
"Zayn, wir müssen reden!", Perrie schaute mich ernst an.
"Ich verzieh mich dann mal", kam es von Harry und er verschwand hinter seiner Zimmertür.
"Willst du dich nicht setzen?", einladend zeigte meine Freundin auf die Couch. Ich war unfähig mich zu bewegen und blieb wie angewurzelt stehen. Was sollte das Ganze? Ein Räuspern war zu vernehmen und meine Augen wanderten zurück in Richtung der blondhaarigen Frau, die mir auf einmal so fremd erschien.
"Ich muss dir was sagen", stotterte sie und ich bekam einen dicken Kloß im Hals, der mir alle Luft zum Atmen nahm. Zusätzlich fühlte ich einen tiefen Stich in der Herzgegend. Wollte sie etwa Schluss machen? Als wären die Gedanken laut ausgesprochen worden, wehte jeder einzelne Buchstabe in gedehnter Geschwindigkeit in mein Ohr. "Calvin und ich. Also wir." Ich hob die Hand und brachte sie so zum Schweigen.
"Ich will es gar nicht hören", schrie ich, wobei gleichzeitig etwas in meinem Inneren zerbrach. Die scharfen, spitzen Scherben stachelten eine unglaubliche Wut in mir an. Meine Hände begannen zu beben, ich riss die schwarze Lederjacke von der Garderobe und stürmte aus der Wohnung.
"Zayn!!! Warte!", doch ich ließ Perries Stimme nicht mehr in meinen Kopf. Die Londoner Stadthäuser verschwammen vor meinen Augen und ich biss mir einmal kräftig auf die Lippe. Der metallische Geschmack von Blut ergoss sich auf meiner Zunge und ich spuckte kräftig an den Straßenrand.
"Unmöglich, wie sich die jungen Leute benehmen!", eine tiefe Stimme hallte von der anderen Seite herüber. Eine undurchsichtige Gestalt stierte mich an. Ich vergrub meine Fäuste in den engen Jackentaschen und beschleunigte meine Schritte in Richtung Tiefgarage. Passenderweise war ein lautes Grummeln zu hören und erste Regentropfen versammelten sich in den Vertiefungen des Asphalts zu großen Pfützen.
Das große schlammfarbende Tor kam in Sichtweite. Mit einem ächzenden Knarren offenbarte es meinen Bentley. Die Echos meiner Schritte hallten durch die große Halle und verloren sich in der Leere. Neben meinem Auto stand lediglich Louis schwarzer Porsche Boxter. Bei der Farbe hatten wir den gleichen Geschmack bewiesen. Dunkle Autos waren einfach die edelsten. Ich drehte eine Runde um mein Prachtstück und fuhr mit der Hand über den Metalliclack des Spoilers, der wie ein Flügel am Heck thronte. Ein Glück war ich im Januar 18 geworden und durfte die Straßen unsicher machen. Ich stieg in den Wagen ein und machte es mir auf dem roten Ledersitz bequem. Einen letzten Gedanken verschwendete ich noch an Perrie, bevor ich die gesamten 318,65 km/h Fullspeed aus dem Motor rausholte. Dieser war: "Perrie, du kannst mich mal!!!." Ein lautes Röhren war zu hören und ich hatte das Gefühl, dass mit den Abgasen auch Perrie aus meinem Kopf verschwand.
Das Auto heizte die Straßen entlang und kam bei der Tankstelle zum Stehen, wo ich Stammkunde war. Mit einem überheblichen Drift parkte ich den Bentley zwischen den Zapfsäulen. Das Negative an dem guten Stück war der unbändige Hunger nach Sprit. Als ich ausstieg, stieg mir der charakteristische Geruch von Benzin in die Nase. Mit einem wehleidigen Ausdruck in den Augen, verfolgte ich, wie die Preisanzeige nach oben schnellte.
"Peace Zayn, altes Haus. Was machst du denn hier?" Ich bewegte mich auf den Verkaufstresen zu, wo Shane mich mit seinen vergilbten Zähnen anlächelte. Irgendwie war mir der Kerl ans Herz gewachsen.
"Hey! Wenn du mir ne Packung Camel rüberschiebst, bleib ich noch auf ein kleines Pläuschen." Lautes Lachen dröhnte durch den stickigen Raum.
"Pläuschen?", Shane begann zu husten. "Das hast du jetzt nicht echt gesagt oder? Und seit wann rauchst du wieder?"
"Mir ist einfach danach", antwortete ich und Shane war so gut, nicht weiter nachzuhaken. Für ein paar Minuten lehnte ich mich noch an mein Auto und inhalierte genüsslich den Tabak. Meine Fans würden mich umbringen, wenn sie das sehen würden.
Ich verabschiedete mich von Shane und nahm auf dem Fahrersitz Platz. Mein iPhone erschreckte mich, als der Klingelton plötzlich losging. Es war "Moves Like Jagger", welches ich ausgesucht hatte, weil es mich an Harry erinnerte und ich ihn immer damit aufzog. Doch der Anrufer war nicht Harry, sondern Liam. Ich hatte keine Lust auf seine Ratschläge und drückte ihn weg. Mit einem Schwall kamen die Erinnerungen von vorhin wieder zurück und ich krallte meine Hände fester in das Lenkrad. Bevor ich den Schlüssel ins Zündschluss stecken konnte, piepte mein Handy erneut. Ich stieß einen Fluch aus. Wieso konnte mich keiner in Ruhe lassen!?Der kurze Text flimmerte vor meinen Augen auf:
"Ey, Zayn mach' kein Scheiß! Wenn du reden willst, melde dich! Gruß Harry."
Doch mir war nicht nach reden zumute und mein nächstes Ziel war The Dove. Ein angesagter Pub direkt am Themseufer. Die Wellen leuchteten golden im fahlen Licht der Straßenlaternen. Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen und ich musste mir keine Sorgen um meine Frisur machen. Die tropisch feuchte Luft hielt die Regentropfen für einen kurzen Moment gefangen, ehe sie auf den Boden fliehen konnten. Leise Jazzmusik drang aus der Tür. Ich trat ein und setzte mich auf den nächstgelegenen Barhocker. Ein Blick durch die Kneipe sagte mir, dass ich nicht der Einzige war. Überall lungerten andere Gäste herum, die auf ihre Getränke warteten oder schon am Leeren der Gläser waren. Schwere Eichenbalken hingen von der niedrigen Decke und in einer Ecke prasselte ein wärmendes Kaminfeuer.
"Was kann ich dir anbieten?", die Barkeeperin stockte kurz. Sie schien nachzudenken und ihr Gesicht hellte sich auf. "Du, du bist doch der von 1D", flüsterte sie mir zu. Mist, eigentlich wollte ich unerkannt bleiben. Ich nickte und fügte hinzu:
"Ja, ich bin Zayn. Aber bitte, sag das hier keinem."
"Das bleibt unser Geheimnis", zwinkerte sie mir zu und wackelte auf ihren High Heels davon. Wenig später servierte sie mir einen Bacardi Rum. Der feurige Geschmack des Alkohols brannte in der Kehle und betäubte meine Sinne.
"Noch einen!", diese Forderung sprach ich fortan den ganzen Abend aus. Der Blick wurde immer verschwommener und der Kopf immer schwerer.
Das grelle Licht der Sonne weckte mich am nächsten Morgen. Ich wollte aufstehen, aber alles drehte sich und ich vergrub den Kopf in meinem Kissen! Wie war ich nach Hause gekommen? Und wo war ich gestern gewesen?
"Oh Mann, ey!!!", stöhnte ich und raffte mich schwerfällig auf. Meine Füße drückten und ich sah, dass ich es nicht mal geschafft hatte, meine Schuhe auszuziehen. Auf dem Weg zur Tür passierte ich den Spiegel an dem weißen Kleiderschrank. Zombieaugen starrten mich unverwandt an. Schnell tapste ich weiter, bis der blanke Türgriff in Sicht kam. Leider schien er sich immer wieder von links nach rechts zu bewegen. Ich brauchte zehn Anläufe, um die Klinke zu erfassen und nach unten zu drücken. Stimmen drangen in mein Ohr ein. Sie kamen mir unnatürlich laut vor und brachten meinen Kopf fast zum platzen.
"Zayn!!! Wie viel von dem Zeug hast du gestern eigentlich gesoffen?", fragte mich Harry, der am Tisch saß und in ein fettes Sandwich biss, aus dem die Remoulade nur so raus tropfte.
"Hä???, eben war Harry doch noch am Mülleimer!?", verwirrt schaute ich mich in der Küche um. Und tatsächlich, Harry saß einmal kauend am Tisch und ein zweites Mal stopfte er irgendwelche hässlichen Socken in den Abfalleimer.
"Zayn, willst du dich nicht setzten?", kam es von hinten und ich spürte einen Arm auf meiner Schulter. Unsanft wurde ich auf den Stuhl gedrückt. "Ich hol dir mal ne Kopfschmerztablette. Das geht hier ja so nicht mit dir", aha, das war also Louis gewesen. Wenigstens spukte von ihm kein Klon herum. Ich ließ meinen Kopf nach unten hängen und starrte auf die marmorierte Tischplatte. Die Konturen des Steinmusters waren mir noch nie so genau aufgefallen. Ich erschrak, als jemand ein Wasserglas vor mir abstellte. Der Krach schien meine Nerven an ihre Grenzen zu bringen.
"Trink, erst mal!", wurde mir befohlen. "Ein Geheimrezept meiner beiden Twinsisters Daisy und Phoebe." Louis und seine Schwestern, mit vier auf einen Streich, hatte er es aber noch eine Nummer schlimmer getroffen, als ich. Würgend schluckte ich das ekelerregende Gebräu herunter. Neben der Tablette schmeckte ich noch andere bittere Stoffe.
"Bäh, was ist das?", wollte ich wissen.
"Tja, die einzige Möglichkeit, dich wieder nüchtern zu kriegen", die Harrys schauten mich eindringlich an. Mein Augapfel bewegte sich hin und her. Jeder Zentimeter ihrer Gesichter wurde unter die Lupe genommen.
"Sag' ma Zayn? Hast du noch was anderes genommen?", Harry links von mir sprach. Moment, wieso hatte er Liams Stimme?
"Wieso siehst du aus wie Haaarryyy?", stotterte ich gedehnt.
"Äh, ich bin es, Liam!!!", kam als Antwort.
Louis wandte sich mir zu: "Gestern war seine gute Bekannte Issy hier. Und du musst wissen, sie ist eine Haargöttin und hat dem lieben leee-am eine neue Frisur verpasst." Jetzt wurde mir alles klar und auch das Wundermittel von Daisy und Phoebe schien seine Wirkung zu zeigen. Dier Erinnerung an den gestrigen Tag kam schlagartig zurück: Der Absacker in der Bar, das Rauchen an der Tanke, die Fahrt mit dem Bentley, das Aus mit Perrie wegen diesem Calvin. CALVIN!!! Dieser Schnösel hatte seine Wohnung direkt unter uns, dadurch hatten sich die Zwei anscheinend auch kennengelernt. Meine Beine hielten mich keine Sekunde länger auf dem Stuhl und ich stürmte wie vom Blitz getroffen in das Treppenhaus. Meine Finger klingelten Sturm, bis die genervte Visage von Calvin vor meinen Augen erschien. Er wollte etwas sagen, aber ich war schneller.
"Du!!!", das Wort spuckte ich ihm gnadenlos vor die Füße. Meine Hände verformten sich zu Fäusten und holten zum Schlag aus. Nicht umsonst hatte ich seit der Jugend Boxtraining genommen. Doch ehe ich den ersten Treffer mitten in Calvins Gesicht landen konnte, wurden meine Arme nach hinten gerissen und auf dem Rücken verknotet.
"Sorry, Calvin für die unangenehme Störung. Kommt nicht wieder vor", säuselte Harry und schloss die Tür direkt vor Calvins ungläubigem Blick. Ich wurde nach oben geschleift und auf das Chesterfieldsofa geschmissen.
"Spinnst du?!", kam es von den Dreien.
"Willst du dir ne Strafanzeige wegen Körperverletzung einfangen?", fügte Louis hinzu. Ich schüttelte benommen den Kopf. Was war bloß mit mir los? Liam klopfte mir auf den Oberschenkel und holte Playstation-Controller, die in unserem antiken TV-Board untergebracht waren, hervor.
"Zocken hilft immer", sein Augenzwinkern entlockte meiner Kehle ein leises Lachen. Wir spielten das neue FIFA und die Zeit verging wie im Flug.
"Danke Leute. Das habe ich gebraucht", ich guckte jedem der drei ins Gesicht.
"Dafür sind wir doch da. Ablenkung ist die beste Medizin", versicherte mir Harry. Die Wut über Perrie war fast verflogen.
"Sie ist es einfach nicht wert", freundschaftlich legte mir Louis einen Arm um die Schultern.
"Niall müsste gleich skypen!", rief Harry aufgeregt. "Mal gucken, ob er noch all seine Beißerchen hat." Wir tummelten uns um mein McBook und warteten, bis Nialls blaue Augen und seine strohblonden Haare erschienen.
"Hey, was geht?", begrüßter er uns.
"Alles in bester Ordnung", gab Liam zurück und ich war dankbar, dass alle mein peinliches Verhalten akzeptiert und so schnell vergessen hatten.
"Wann kriegst' du denn endlich die Drahtschlinge?", wollte ich wissen und zeigte Niall mein allerschönstes Lächeln.
"Übermorgen wird sie eingesetzt." Wir erkundigten uns noch ein bisschen nach seinem Befinden und er versprach in den nächsten Tagen wieder bei uns in London zu sein.
Mit einem "Möge die Zahnfee dir beistehen", verabschiedeten wir uns. "Was wollen wir jetzt machen?", Louis Stimme hallte durch die Runde.
"Was essen!!!", schlug Harry vor. Seit Nialls Abwesenheit war er zu dessen gebürtigem Nachfolger als Fressmaschine geworden.
"Scheiße!!!", entfuhr es mir. "Mein Bentley!" Kurze Panik überkam mich, ehe sie mir von Louis Worten "Der steht sicher und trocken neben meinem Porsche" genommen wurde. Ich musste grinsen: "Leute, ihr seid echt die besten Kumpels, die man sich wünschen kann."
"So, wer hat ne Idee, als was wir uns heute verkleiden können?", fragte Harry und grinste mich breit an. Umstyling war mein Spezialgebiet. Ich schleppte die Jungs in unseren gemeinsamen Ankleideraum. Meterhohe Regale rankten sich bis unter die Decke, vollgestopft mit allem Möglichen, was man als Kleidung bezeichnen konnte.
"Mhm", ich legte mir einen Finger auf die Lippen und schwenkte meinen Kopf durch den engen Raum. "Liam, komm' du doch mal her! Ich hab' schon eine Vorstellung, was wir mit dir machen können." In wenigen Minuten hatte er sich in einen Streber verwandelt: Gegelte Haare, die in einem tiefsitzenden Zopf endeten, eine Hornbrille, ein karierter Pullunder mit passender Krawatte und glänzende Lederschnürer. Aus Louis zauberte ich einen Gangster-Rapper. Er schaute mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
"Zayn!!! Die Dollarkette hätte auch nicht sein müssen." Ich duldete keine Widerrede und wendete mich an Harry. Seine wirren Locken verschwanden unter einer Baseballcape und seine Muskeln schienen in der breiten Sweatjacke gewachsen zu sein. Für mich selbst, hatte ich einen Anzug bereitgelegt.
"Wo wollen wir überhaupt hin?", Louis drehte sich mit einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel wieder zu uns.
"KFC!!!", schlug ich vor.
"Ist das noch Fastfood?", kam es wie aus einem Mund von den Anderen.
"Ein Geschäftsmann bei KFC", lachte Liam, als ich mir einen Aktenkoffer schnappte und zusammen mit den Dreien zur Tiefgarage schlenderte. Da wir nur zu viert waren, konnten wir alle in meinem Bentley Platz finden. Ich reihte das Gefährt hungrig in den Londoner Stadtverkehr ein. Es ging nur sehr schleppend voran und immer wieder hielten uns rote Ampeln zurück. Der Imbiss befand sich an der A100. Wir stellten das Auto in einem angrenzenden Parkhaus ab.
"Ey, Leute!!! Schaut euch das heiße Teil an!", Liam deutete auf ein neongrünes Motorrad, was nur wenige Meter von meinem Bentley entfernt, abgestellt worden war.
"Das ist eine Kawasaki Ninja 2x-10r. Der Traum aller Biker", kommentierte Louis die Szene und erntete erstaunte Blicke. Der KFC-Laden befand sich unter der Erde. Bevor wir die Treppen nach unten erklommen, nahm ich noch einen tiefen Atemzug aus der diesigen Londoner Stadtluft. Am südwestlichen Horizont ragten die Türme des Tower Of London in den Himmel und spiegelten sich auf der Wasseroberfläche der Themse. Harry besetzte einen der weißen Plastiktische, um den sich rote Stühle reihten.
"Was nehmt ihr?", warf ich auf dem Weg zum Verkaufstresen ein.
"Also ich hab Bock auf die Filetbox", antwortete Liam. Bevor Louis oder ich etwas ergänzen konnten, gab es ein lautes Rumpsen. Ein Tablett voll beladen mit Keksen segelte auf den schmierigen Fußboden.
"Du Idiot!!! Keine Augen im Kopf!?", fuhr eine ca. 18-Jährige herum und stierte Louis feindselig an. Besonders auffällig waren ihre türkisfarbenen Haare, die an den Spitzen ins Blaue übergingen und sanft auf ihre schmalen Schultern fielen. Alle Besucher drehten neugierig ihre Köpfe in unsere Richtung. Innerlich gab ich ein Fluchen von mir. Wir mussten in unseren schrägen Outfits aussehen, wie die letzten Deppen.
Louis stammelte nach Worten: "DDDaass woollte ich nicht."
"Wär ja noch schöner, wenn es Absicht gewesen wäre", gab das Mädchen zurück, knallte das Tablett wieder auf den Tisch und nippte an ihrem Strohhalm, der in einem Pappbecher mit der Aufschrift "Schoko-Kaffee" steckte. Wir setzten uns wieder in Bewegung und bestellten bei einer völlig überforderten Verkäuferin.
"Dreimal den Brazer, aber einmal ohne Salat", versuchte ich ihr gerade klarzumachen.
"Ungegart?!, angewidert schaute sie mich aus ihren wässrigen Augen an.
"OHNE SALAT!!!, schrie ich zurück. Letztendlich bekamen wir aber drei Brazer mit Salat, so musste sich Harry das Grünzeug selbst aus dem Burger rupfen. Genüsslich stopften wir die Kalorien in uns hinein. Liam berichtete gerade von einer Mail, die unser Manager Simon Cowell gestern verschickt hatte. Es ging um den anstehenden Videodreh von "What makes you beautiful" (unsere erste richtige Single!!!).Wir landeten in einer regen Lästerei über Simon, der bei uns allen nicht wirklich beliebt war. Ich steckte mir salzige Pommes in den Mund und schielte zu Louis herüber. Er hatte als Einziger nicht an der Konversation teilgenommen und auch von seinem Essen hatte er noch nicht viel angerührt.
"Was ist los? Du bist so schweigsam?, ich tippte ihm auf die Schulter, woraufhin er erschrocken zusammenzuckte.
"Was hast du gesagt?" Moment, ich folgte seinen Augen und erkannte wieder die türkisen Haare, die aus Allem in dem stickigen Laden hervorstachen. Louis schien meine Gedanken gelesen zu haben. "Ich hab' mich gar nicht richtig bei ihr entschuldigt und für die Kekse bin ich auch nicht aufgekommen", jammerte er.
"Dann geh' hin und lade sie auf eine neue Portion ein!" Schneller, als die Worte gesprochen waren, stand Louis bei dem jungen Mädchen. Ich beobachtete die Darbietung. Anfangs war das Gesicht der Türkishaarigen versteinert. Ich konnte das Wort "Keks" von Louis Lippen ablesen und ein XXL-Grinsen erschien auf dem Gesicht seiner Gesprächspartnerin.
"So, wenn ich euch Cony vorstellen darf", präsentierte er sie uns. "Und wir sind. Also ich bin Louis, das ist Zayn und hier sitzt HHH", er stockte und guckte uns verzweifelt an. Liams Tritt gegen sein Schienbein war einige Sekunden zu spät gewesen. Ich stöhnte auf und verdrehte die Augen. Jetzt musste er dieser Kekstante noch verraten, wer wir sind. Es war schon ungewöhnlich genug, dass sie bei KFC dieses Krümelzeug fraß. Aber wie immer gab es etwas für Jedermann.
"Ihr seid also One Direction, die von X-Factor", schlussfolgerte Cony. "Keine Sorge, von mir erfährt keiner was", fügte sie hinzu. "Bei den Outfits wird euch kein Weiterer erkennen." Louis bestellte einen großen "Entschuldigungskeks", den Cony mit wenigen Bissen verschlungen hatte. Wir zahlten und machten uns zusammen mit dem Krümelmonster auf ins Parkhaus. Ich entsperrte meinen Bentley und war im Begriff die Tür zu öffnen.
"Die gehört dir!?", hörte ich Liams und Harrys Stimmen.
"Mhm, das ist mein gutes Stück", zwinkernd setzte sich Cony ihren Helm auf.
"Auf so einem Teil wollte ich schon immer fahren", gab Louis kleinlaut von sich und fummelte verlegen am Dollarzeichen seiner Kette.
"Ich kann dich mitnehmen. Wie wär's mit einer Spritztour durch London?"
"Wirklich??? Das wäre der Hammer."
"Klar, steig auf. Ich hoffe, du kannst schnelle Geschwindigkeiten vertragen?" Wir winkten den beiden hinterher, als sich die Kawasaki knatternd aus dem Parkhaus verabschiedete. Liam, Harry und ich machten uns anschließend alleine auf den Rückweg.
(Ihr müsst sie euch nur alle verkleidet vorstellen ne'? und Niall sitzt noch beim Onkel Doktor.Interpretiert Cony da rein!!!)
Im stockenden Abendverkehr krochen wir langsam zu unserer Penthousewohnung zurück. Hinter den Fenstern brannte noch kein Licht, was bedeutete, dass Louis und Cony immer noch auf dem Zweirad unterwegs waren. Ich suchte im Badezimmer nach einer Gesichtsmaske. Die schwarze Dose war ganz nach hinten in den Schrank gerutscht. Ich schwörte auf die Lavamaske mit zusätzlichen hochwertigen Mineralien aus dem Meer.
"Zayn! Du Schönling", kommentierten Liam und Harry, als ich mit meinem weißen Gesicht an ihnen vorbeiging. "Du siehst aus wie ein Schneemann!", rief mir Harry hinterher.
"Macht euch ruhig lustig. Morgen ist meine Haut frei von Unreinheiten, während sie bei euch noch die abgestorbenen Hautzellen herunter reiben müssen." Auf diese Aussage konnten die beiden nicht kontern und widmeten sich wieder ihrem Videospiel zu. Meine bequeme Ledercouch lud zum Verweilen ein. Ich machte es mir gemütlich und griff nach meinem Songtext, der auf dem Schreibtisch lag. Ich hatte Probleme, mir die Worte meiner eigenen Strophe zu merken. Und da Morgen unser großer Tag war- der Videodreh von "What makes you beautiful", musste der Text sitzen.
"So c-come on. You got it wrong. To prove I'm right I put it in a song. I don't know why. You're being shy. And turn away when I look into your eyes."
Gefühlte tausend Mal ging ich die Zeilen durch und versuchte jedes einzelne Wort in meinen Gehirnzellen zu verankern.
"Zayn!!! Kannst du mal etwas leiser sein. Wir haben das Gefühl, dass du aus unserem Fernseher sprichst. Außerdem kommt gleich der Pizzabote vorbei", drang es von nebenan an mein Ohr. Ich seufzte. Konnte man denn nie in Ruhe seinen Text üben? Da die Zeit zum Einwirken der Maske sowieso vorüber war, kehrte ich ins Bad zurück. Wenig später hatte sich der würzige Duft verschiedener Pizzasorten in unserer Küche verbreitet, fast so, als hätten wir hier wirklich gekocht. Mein Lieblingsstück einer Pizza Etna lag schon auf dem Teller. Schmatzend verdrückten wir unser Abendessen.
"Ich hab gar keine Lust, morgen so früh aufzustehen", nörgelte ich und schob die Krümel auf meinem Teller hin und her. Dementsprechend früh gingen die Lichter unserer WG aus und wir bereiteten uns auf den Flug in das ferne Kalifornien vor. Mein Wecker riss mich um 5:00 Uhr aus dem Schlaf. Ich quälte mich auf die Füße und schlurfte in die Küche. Liam bereitete schon Frühstück vor und werkelte fleißig am Wasserkocher.
"Was machst du da und was sollen die ganzen Thermokannen", ich zeigte auf die silbernen Behälter, die neben der Spüle aufgereiht waren.
"Beruhigungstee", kam als knappe Antwort.
"Du hast Flugangst", stellte ich fest und musste lachen.
"Das ist nicht lustig. Das werden 11 Stunden Horror für mich sein", wütend knallte Liam eine der Kannen auf den Tisch.
"Sorry", ich flüchtete in Richtung der Badezimmertür. Nach einer frischen Dusche saßen wir zusammen am Tisch. "Wo ist eigentlich Louis?", wollte ich gerade fragen, als dieser verschlafen aus seinem Zimmer torkelte.
"Morgen", murmelte er und blinzelte in das Licht der aufgehenden Sonne.
"Was ist denn mit dir passiert?" Louis ließ sich auf einen Stuhl plumpsen.
"Cony hat wir wohl zu viele ihrer Caipirinha-Plätzchen angeboten. Die waren einfach zu lecker."
"Schon wieder ein Katerchen", sagte Harry und prustete los.
"Wir müssen uns beeilen. Um acht geht der Flug", ich räumte die Teller in den Geschirrspüler ein und drehte mich zu meinen Freunden um.
"Ich geh' noch schnell ins Bad", Louis machte sich sofort auf den Weg. Gegen 7:15 Uhr setzten wir uns in Begleitung der schweren Koffer in Bewegung Richtung Londoner City Airport. Er gehörte eher zu der kleinen Größe, aber da Simon einen Privatjet für uns beordert hatte, war mir das gerade recht. Das schwere Gepäck wurde aus dem Kofferraum eines engen Taxis gehievt und wir peilten den Haupteingang an.
"Liam!!!", schrie eine Stimme hinter uns. Ich bliebt stehen und versuchte die Person auszumachen, die Liam eben gerufen hatte. Neben einem schwarzen Van erkannte ich Issy, die wild mit ihren Händen fuchtelte. Wir gingen zu ihr und ich schaute sie eindringlich an. Mit den lila-schwarzen Haaren, hätte ich sie fast nicht widererkannt. Sie änderte ihre Haarfarbe fast so oft wie ein Chamäleon seine Farbzellen auf der Haut.
"Ihr seid doch starke Jungs oder?"
"Klar", gab Harry von sich und hielt seinen schmalen Bizeps nach oben.
"Na, dann packt mal an!"
"Sind das alles deine Koffer?", Louis zeigte verwirrt auf einen riesigen Berg Reisegepäck.
"Als eure persönliche Stylistin muss ich perfekt ausgerüstet sein." Unter schwerem Muskelaufwand schleppten wir alles bis zur Flughafenkontrolle. Ein blonder Haarschopf, der von Weitem über den Köpfen der Anwesenden hervor schillerte, entpuppte sich als Niall. Nach einer freundschaftlichen Begrüßung beorderten wir unsere Koffer durch den Zoll. Lediglich Issy blieb zurück. Sie wurde vom ständigen Piepen der Metalldetektoren festgehalten, der ihre zahlreichen Scheren nicht passieren lassen wollte. Wütend hielt ihr der Beamte die Schneidewerkzeuge unter die Nase.
"Keine Genehmigung?",bellte er los.
"Jetzt mal ganz gechillt", griff Liam ein. "Unser Privatjet will in 5 Minuten starten und Sie haben hier nichts Besseres zu tun, als uns unnötig aufzuhalten?!" Der rundliche Mann schien eingeschüchtert und zeigte sich fortan kooperativer. Mit zehn Minuten Verspätung saßen wir schließlich alle angeschnallt auf unseren Plätzen und ich beobachtete fasziniert, wie alles immer kleiner wurde und in Playmobilgröße zusammenschrumpfte. Issys Aufgabe bestand darin, Liam mit ihrem unbändigen Geplapper zu beruhigen und ihn vergessen zu lassen, in welcher Höhe wir uns befanden. Louis und Harry saßen mir gegenüber und waren in ein Rennspiel auf ihrem Smartphone vertieft.
"Willst du auch?", kauend hielt mir Niall seine Chipstüte vors Gesicht. Er war ganz klar die gigantischste Fressmaschine auf Erden. Da das Frühstück schon einige Stunden hinter uns lag, war ich aber nicht abgeneigt und griff großzügig in die Plastiktüte.
"Oh Harry!!! Schon wieder ein Crash! Es wird Zeit, dass du endlich deinen Lappen bestehst." Ich schaute vergnügt zu den beiden Streithähnen.
"Jaja, ist ja schon gut. Zayn, möchtest du auch mal eine Runde driven?" Mir wurde das schmierige Handy gereicht und ich startete meine Rennen. Gegen Nachmittag überbekam uns eine große Müdigkeit. Ich schielte nach rechts und sah als erstes Niall, der schon bei seiner vierten Portion Chips angelangt war. Gegenüber auf der anderen Seite des Ganges redete Issy immer noch auf Liam ein. Sie gestikulierte mit ihren Händen und faselte irgendetwas von der diesjährigen Frisuren- Kollektion.
"Multicolor-Strähnchen und Bobfrisuren sind die Megatrends." Alles sprudelte wie ein Wasserfall aus ihrem Mund und sie schien gar nicht bemerkt zu haben, dass Liam bereits eingenickt war. Ich verdrehte nur die Augen und stöpselte meine Kopfhörer ins Ohr. Zusammen mit Chris Browns "Don't Judge Me" rüstete ich mich für den Landeanflug auf Los Angeles.
In L.A. angekommen, traten wir unsere Reise nach Malibu an. Dort stellte sich unser 5-Sterne Hotel in geschwungenen Lettern mit seinem Namen vor: "Malibu Beach Inn". Die Nachmittagssonne verlieh dem sandfarbenen Gebäude einen goldenen Touch.
"Das ist ja der Wahnsinn!", rief Niall und bekam vor Begeisterung seinen Mund nicht mehr zu. Elegant gekleidet, mit schwarzem Polohemd und dunkel getönter Sonnenbrille, wartete unser Manager Simon Cowell vor einem plätschernden Springbrunnen, dessen Fontänen kleine Wassertropfen auf dem Marmorboden verteilten.
"Herzlich Willkommen in Malibu, ihr Sechs!", wie immer wortkarg, begrüßte er uns. Auf seinem Kopf trug er einen Strohhut, der ihn wie eine Vogelscheuche aussehen ließ . Ich musste ein Grinsen unterdrücken.
"Zackig!!! Zackig!!! An der Rezeption bekommt ihr eure Karten und dann wird ausgepackt. Zum Abendessen um 18:30 Uhr seid ihr bitte alle pünktlich auf der Terrasse."
Issy stöhnte neben mir: "Wegen der beknackten Zeitverschiebung krieg' ich doch keinen Happen mehr runter. Außerdem muss ich noch meine ganzen Koffer hier rein tragen und alles auspacken."
"Selbstverständlich wird sich das Personal um euer Gepäck kümmern und wenn du nichts essen willst, dann bleib doch auf deinem Zimmer!", wütend machte Simon auf dem Absatz kehrt und öffnete die gläserne Eingangstür. In der Lobby erwartete uns eine klimatisierte Atmosphäre und am Empfangstresen eine Barbiepuppe. Die Frau hatte es mit der Schminke eindeutig zu gut gemeint.
Mein Raum hatte die Nummer 214 und den aparten Namen "Queen Ocean Front". Neben mir konnte ich sehen, wie Liams Koffer in der benachbarten Suite verschwanden. Beeindruckt pfiff ich durch die Zähne, als das riesige Doppelbett, die Minibar, der Plasmafernseher und der Balkon mit einer gigantischen Aussicht auf den Ozean in mein Blickfeld gerieten. Unser Management hatte an nichts gespart. Im Umkleideraum verfrachtete ich den großen Koffer und begann mit dem Auspacken. Vergnügt stellte ich fest, als ich die unzähligen Haarspraydosen im Badezimmer abstellte, dass sich auf dem untersten Regalbrett bereits Pflegeprodukte von "Molton Brown" befanden. Diese versprachen den höchsten Luxus für meine Haare. Bis zum Treffen mit Simon war es noch gut eine Stunde. Ich machte es mir auf dem Balkon bequem und spürte den Drang nach einer Zigarette. In der Zimmeranweisung sprang mir jedoch ein knallrotes "Rauchen verboten"-Schild in die Augen. Vielleicht half das ja, wieder von der Nikotinsucht loszukommen. Auf dem Nachttisch lockte mich eine Porzellanschale voller Pralinen an. Genüsslich ließ ich mir die auserlesen Köstlichkeiten schmecken und schaltete den Fernseher ein. Gelangweilt zappte ich durch die Programme und blieb bei irgendeiner Vorabendserie hängen. Das Streitgespräch einer vierköpfigen Familie wurde von einem donnernden Klopfen an der Tür unterbrochen.
"Wer kann das denn sein?!", genervt hievte ich meine Beine auf den Boden und schlurfte in Richtung Eingang. Louis erwartete mich oder viel mehr gesagt meine Suite.
"Boah!!! Du hast ja auch ein geiles Zimmer abbekommen. Ganz so, wie es sich für eine Queen gehört!" Ich verdrehte die Augen, war ja klar, dass er einen Kommentar in Bezug des Zimmernamens abgegeben musste. Gegen 18:15 Uhr steuerten wir die große überdachte Terrasse an. Überall waren Zweiertische mit Korbstühlen verteilt. Liam und Issy saßen bereits in der Nähe des Geländers und genossen den orangefarbenen Sonnenuntergang. Wir nahmen neben ihnen Platz. Wenig später waren alle versammelt und bekamen die Speisekarten vorgelegt. Genau wie Issy hatte ich kaum Hunger und entschied mich für einen mediterranen Salat, der leider nur aus fünf kargen Blättchen und ein paar geraspelten Paprikastücken zusammengesetzt war. Simon besprach mit uns noch die wichtigsten Fakten für den morgigen Videodreh und entließ uns gegen 23:00 Uhr auf unsere Zimmer.
Der anstrengende Flug machte sich in meinem Körper bemerkbar, doch angenehm schlafen konnte ich nicht. Die Matratze war viel zu hart und ständig störten mich Möwen, die auf meinem Balkon eine Rast einlegten.
Völlig verschlafen stopfte ich mir zum Frühstück zwei Pancakes in den Mund und als Energiekick holte ich mir einen Milchkaffee. Ein Chauffeur in einem protzigen Geländewagen fuhr vor und transportierte uns zum "Billionaire Beach", der nur wenige Fahrminuten von unser Residenz entfernt war.
"Na, dann mal los in die Maske!", forderte Simon und scheuchte uns aus dem Wagen. Die Outfits hingen schon am Kleiderbügel bereit. Ich quetschte mich in eine beige Leinenhose und stülpte ein weißes T-Shirt über. Die Haare stylte ich mir größtenteils selber, für den Feinschliff durfte Issy noch einmal ran. Der Kameramann wies uns an die richtige Position. Wir sollten auf Kommando Steine von den Klippen ins Wasser werfen. Als ich die reißenden Wellen tief unter mir an die rauen Felsen schlagen sah, überkam mich eine leichte Übelkeit.
Mit den Worten "Und Action" verdrängte ich meine Höhenangst. Louis durfte den alten VW-Bus fahren und wir anderen mussten auf sein Ankommen warten. Die Szene gestaltete sich schwieriger, als sie eigentlich war, denn Louis kam immer viel zu schnell und mit quietschenden Reifen neben uns zum Stehen.
"Und Cut!!! Alles auf Anfang! Ihr geht wieder an die Klippen und Louis bitte etwas langsamer!" Danach sollten wir am Strand spazieren gehen und Liam war der erste, der seinen Text als Playback zum Besten gab. Ab und zu mussten wir uns die Dünen hinauf quälen, was mich sichtlich aus der Puste brachte und eine ganze Ladung Sand in meine grauen Sneakers spülte. Zum Refrain gesellten sich drei zickige Mädchen zu uns, die wirklich an Allem was auszusetzten hatten. Und "beautiful", wie wir sie in unserem Song besangen, waren sie auch nicht.
"Allenfalls nur Durchschnitt", flüsterte Harry, ehe wir eine weitere Szene auf Grund von Beschwerden der Drei noch einmal wiederholen mussten.
"Als nächstes bitte ins Wasser!", kam es von der Regie.
"Scheiße!!!", ging es mir durch den Kopf. Als Kind hatte ich nie einen Schwimmkurs besucht und auch so mied ich jeglichen Kontakt zu tiefem Wasser. Ein Glück sollten wir aber nur bis zur Hüfte ins kühle Nass. Vor meinem anstehenden Part spürte ich große Nervosität.
"Zayn? Gibt es irgendetwas Besonderes, was wir hier einbauen können?" Ich überlegte angestrengt. Im VW-Bus fand ich einen Fußball und mir kam eine blendende Idee. Gekonnt zauberte ich ein paar Moves und bekam großes Lob von der Regie.
"Streber!", rief mir Niall zu und wir mussten lachen.
"Ernst bleiben!", fuhr uns Simon an. Die Stunden zogen sich in die Länge und es dämmerte langsam. Zum Schluss stand der Dreh am Lagerfeuer an. Wir bekamen alle eine Wunderkerze in die Hand gedrückt.
"Aua! Kannst du nicht aufpassen, du Vollidiot!!!, schrie eine hysterische Stimme. Leider war Harrys Wunderkerze den Haaren eines der Mädchen etwas zu nahe gekommen und der Geruch nach Verbranntem stieg mir in die Nase.
"Issy, kommst du mal schnell!", rief der Regisseur. Statt mit geplanten offenen Haaren, mussten die angekohlten Spitzen in einem Pferdeschwanz versteckt werden.
Wir waren unheimlich froh, als Harrys "But That's What Makes You Beautiful" gemimt wurde und wir endlich unsere Rückreise zum Hotel antreten konnten.
Der nächste Tag begann mit dem Packen unserer Koffer. Nur widerwillig gab ich die Zimmerkarte wieder an der Rezeption ab. Auf Wunsch von Louis und Niall würden wir heute in den Osten der USA fliegen, genauer gesagt nach Ohio.
"Morgen, Zayn", begrüßte mich Liam.
Sein Gesichtsausdruck verriet deutlich, dass er sich nicht sonderlich darauf freute, die sichere Erdoberfläche wieder zu verlassen.
"Morgen", nuschelte ich und hievte meinen Koffer zur Eingangstür.
"Nehmt euch noch etwas zu Essen für den Flug mit!", rief Simon durch die Eingangshalle.
Manchmal hielt er uns wirklich für die letzten Vollidioten, die an nichts dachten.
"Bin schon auf dem Weg", meine zickige Antwort ließ ihn kopfschüttelnd zurück.
Am großen Frühstücksbuffet schnappte ich mir zwei Körnerbrötchen und ein paar saftige Pancakes, die ich am liebsten sofort verdrückt hätte.
Der schwarze Van brachte uns wieder zum Flughafen und wenig später hatten wir Kalifornien unter uns gelassen.
"Hat noch jemand was zu essen?", jammerte Niall und schaute mich aus großen Augen an.
War ja klar, dass er schon alles vor unserem Einstieg in den Flieger aufgefressen hatte. Ungern gab ich ihm einen der Pancakes.
"Zayn, du bist der Beste!!!", quiekte mein Sitznachbar und kramte in seinem Rucksack nach einem bunten Prospekt. Vorne war eine riesige Achterbahn abgebildet.
"Wo soll es eigentlich genau hingehen?", fragte ich neugierig.
"In den Cedar Point Amusement Park. Er ist mit 17 Achterbahnen einer der größten Freizeitparks der Welt", schwärmte Louis und erntete große Zustimmung von Niall und Harry.
Verstohlen guckte ich zu Izzy und Liam. Die beiden konnten die fulminante Vorfreude anscheinend auch nicht so ganz nachvollziehen.
"Wir werden gleich landen. Bitte befestigt eure Gurte!", Simons Stimme hallte durch den Innenraum. Ich hatte fast schon verdrängt, dass er noch immer unser Begleiter war.
Mit einem gigantischen Blick auf den Eriesee, der im Sonnenschein funkelte wie ein polierter Diamant, stiegen wir aus dem Privatjet. Eine angenehm kühle Brise wehte uns um die Nase. Unser Chauffeur klimperte mit den Schlüsseln, um zu zeigen, dass wir wieder im Van Platz nehmen sollten. Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten und schließlich standen wir in der langen Warteschlange an der Kasse.
"Kriegen wir keine Sonderbehandlung?", Niall kickte ungeduldig ein paar Kieselsteine durch die Gegend.
"In den USA sind wir leider noch nicht ganz so bekannt", sagte Louis und reckte seinen Kopf in die Höhe.
"Aber lange müssen wir hier nicht mehr ausharren." Und er hatte Recht, wenig später hielten wir die Eintrittskarten in der Hand und versuchten uns mit einem Plan einen Überblick über den fast 150 ha großen Park zu verschaffen.
Harry tippte mit seinem Finger auf das Papier: "Millenium Force. Da müssen wir als erstes hin!!!"
Also machten wir uns auf den Weg. Izzy zog hinter mir scharf die Luft ein und auch ich guckte geschockt auf die fast 95m hohe Bahn, aus der uns ein ohrenbetäubendes Kreischen entgegen drang.
"Da gehen wir nicht rein!", protestierte Liam.
Doch Niall und Louis hatten sich bereits angestellt. Ich wurde am Arm gepackt und ebenfalls in ihre Richtung gezogen.
"Du sitzt neben mir!", Harry grinste mich an und hüpfte auf und ab wie ein aufgedrehtes Kleinkind.
Mit verschreckten Gesichtern kamen auch Liam und Izzy, die sich an seiner blauen Jacke festgekrallt hatte, hinter uns zum Stehen. Die beiden ersten von uns ergatterten die Plätze ganz vorne, der Rest stieg im Mittelfeld ein. Mit einem lauten Knarren setzte sich die Bahn in Bewegung. Meine Nerven waren bis aufs Äußerste angespannt. Wie in Zeitlupe bewegte sich der Waggon die Steigung hinauf. Mein Herz pochte, als der Abgrund weit unter mir auftauchte. Während Harry seine Arme in die Luft riss, kniff ich die Augen zusammen und begleitete das Geschrei von Liam und Izzy hinter mir. Ein wahnsinniger Druck prasselte auf mich ein, der aber so schnell wieder verging, dass ich mich zu einem kurzen Blinzeln durchdrang.
"Du bist so ein Angsthase, Zayn!!!, schrie Harry mich unter dem quietschenden Abbremsen des Zuges an.
Zur Beruhigung waren die nächsten beiden Station weniger nervenaufreibend. Als erstes ließen wir uns im "Windseaker" hin und her schaukeln und dann klammerte wir uns im freien Fall des "Power Towers" an den Sicherheitsbügeln fest.
"Oh, ich hab' einen Bärenhunger", tatsächlich hörte man ein leises Grummeln aus Nialls Magengegend.
"Muss das sein?!", stöhnte Izzy, die immer noch ganz kreidebleich um die Nase war. "Ich glaub' bei mir bleibt nichts drin, wenn ihr so weiter macht."
"Komm' schon!", Louis schob sie vorwärts und wir genossen knusprige Pommes und einen pompösen Westernburger.
"Wo wollen wir jetzt hin?", kauend blickte uns Harry ins Gesicht.
"Auf dem Hinweg habe ich eine geile Wasserbahn gesehen. "Snake River" war glaub' ich der Name", gab Louis zur Auskunft.
Das "Fall" im Namen war ihm leider entfallen und mit einem zusammengekniffenen Magen warteten wir im Anschluss auf unser Boot.
"Für sechs Personen, das passt ja", Niall winkte uns zu sich und ich setzte meinen Hintern auf ein schmales Holzbrett.
Liam hatte sich und Izzy seine Regenjacke über den Kopf gestülpt und die beiden kauerten geduckt ganz vorne. Wir setzten uns in Bewegung, wobei mir das Schild mit der Aufschrift "110% Garantie nass zu werden" ins Auge sprang und so verabschiedete ich mich schon im Voraus von meiner perfekt gestylten Frisur. Sachte plätscherten wir durch einen engen Kanal. Von weitem konnte man die donnernden Wassermassen hören, die immer näher kamen. Das Boot senkte sich nach unten und das nächste, was ich spürte, war einfach nur kalte Nässe.
"Oh Mann, Zayn, dich hat's aber echt erwischt", neidisch beäugte ich die trockene Lockenpracht von Harry.
Auch die anderen waren größtenteils verschont worden. Tja, die 110% trafen wohl nur auf meinen Sitzplatz zu. Schwermütig erhob ich meine feuchten Beine und musste mich am Holzgeländer festhalten, um nicht auf dem glitschigen Boden auszurutschen. Wenigstens waren am Ausgang Haartrockner angebracht. Unter dem belustigten Grinsen der anderen Besucher, versuchte Izzy meine platte Mähne wieder in Ordnung zu bringen. Louis' Handy piepte.
"Simon erwartet uns in einer halben Stunde zurück, damit wir die Heimreise nach London antreten können."
In der einsetzenden Dämmerung suchten wir unser letztes Ziel auf, den "Iron Dragon". Liam und Izzy verzogen sich bei dem Anblick der frei schwebenden Wagen der Stahlachterbahn und begleiteten eine farbenfrohe Parade. Wir anderen Vier wollten den Drachen bezwingen und quetschen uns eng zusammen. Während der zweiminütigen Fahrt wurde mein Mageninhalt hin und her geschleudert. Um nicht gänzlich als Weichei dazu stehen, machte ich gute Miene zum bösen Spiel.
"Zayn, unechter geht es nicht", ertappte mich Niall und wir prusteten los.
Am Ende sammelten wir noch den Rest der Truppe ein, der sich aus einer Umarmung von Snoopy befreite und stapften sichtlich erschöpft in Richtung Ausgang.
Inzwischen befanden wir uns wieder über dem Atlantik und erste Landfetzten von Europa tauchten in der Tiefe auf. Um mich herum war das Dauergeräusch von drei schnarchenden Menschen zu hören. Der Akku meines iPods war bis auf den allerletzten Ladebalken geschrumpft und so drückte ich mir aus Verzweiflung ein Nackenkissen gegen meine Ohren. Leider zeigte das nicht die gewünschte Wirkung und bis zum Landeanflug auf London hatte ich kein Auge zu bekommen.
Mit dem Van wurden wir vor unserer Wohnungstür abgesetzt.
"Ich melde mich dann in den nächsten Tagen bei euch", waren Simons letzte Worte ehe er wieder in das Auto stieg.
Ich war froh, dass wir einige Tage Ruhe vor ihm hatten.
"Oh, ich bin so gerädert", jammerte Liam und winkte ein letztes Mal Izzy zu, die bei Simon im Van geblieben war. Zu dieser späten Stunde hörte man nur ein gedämpftes Rauschen, das von den Hauptstraßen zu uns herüber drang. Es war deutlich zu merken, dass die Stadt schlief. Nichts lieber als das wollte ich in dem Moment auch. Louis fummelte mit dem Schlüssel und nach einem Klicken des Türschlosses konnten wir endlich unsere verlassene Wohnung betreten.
"Macht doch einer mal das Licht an!", erklangen Harrys Worte in der Dunkelheit.
"Weiß überhaupt jemand wo der Lichtschalter ist?", drang Nialls Stimme irgendwo links in den Raum.
"Kkkkeine Ahnung" stammelte ich und erschrak, als plötzlich grelles Neonlicht unsere Küche durchflutete. Niall hatte den Kühlschrank als Lichtquelle benutzt und sich gleichzeitig noch ein Sandwich geschnappt.
"Ist das denn noch haltbar?" fragte Louis, der mittlerweile den Lichtschalter ausfindig gemacht hatte. Angewidert warf ich einen Blick auf das Salatblatt, das an den Rändern schon bräunlich verfärbt war und torkelte in mein Zimmer.
Den Koffer beförderte ich in die hinterste Ecke und ließ mich in mein weiches Bett fallen.
Der nächste Tag begann keineswegs besser. Liam und ich litten unter der extremsten Sorte von Jetlag. Den ganzen Vormittag kauerte ich auf dem Chesterfieldsofa und warf eine Tablette nach der anderen ein.
"Hat irgendeine bei dir schon gewirkt?", Liam zeigte auf den Verpackungsstapel und kam schwankend wie ein Flugzeug, das kurz vor einer Bruchlandung war, auf mich zu. Benommen schüttelte ich den Kopf und fuhr mir mit den Fingern durch meine schwarzen Haare, die bestimmt noch mehr an meiner Stirn klebten, als nach der Fahrt im 'Snake River Fall'.
Lautes Motorengeräusch dröhnte durch das Küchenfenster.
"Harry!!! Nicht so schnell! Die Hauswand ist dichter vor deiner Motorhaube, als du denkst", Louis aufgebrachte Stimme veranlasste meine Neugier mich vom Sofa zu quälen und aus der Scheibe in den Innenhof zu gucken. Dieser war so groß, dass man wie in diesem Fall sogar mit dem Auto darin fahren konnte.
"Was'n da los?", murmelte Liam und die dunklen Ringe unter seinen Augen stachen im Tageslicht noch mehr hervor. Mir fiel ein, dass Harry heute seine Fahrprüfung hatte und so machte das Szenario da unten auch einen Sinn. Neben einer dunkelgrünen Hecke erkannte ich Nialls Haarschopf. Letzterer fuchtelte wild mit den Armen und schien Harry irgendwelche Anweisungen zu geben. Ich konnte mein Lachen nicht unterdrücken, als Niall einmal im Auspuffqualm verschwand und ein anderes Mal mit einem Seitensprung dem herannahenden Porsche ausweichen musste.
"Ich meinte Rückwärtsgang, nicht Vorwärtsgang!", schrie Louis sichtlich angenervt.
"Oh Mann, das kann ja noch was werden", kommentierte Liam die Szene und ich stimmte ihm mit einem Nicken zu.
Wenig später wünschten wir Harry gutes Gelingen und zeigten ihm unsere gedrückten Daumen, als er in den Fahrschulwagen stieg.
Für die darauffolgende Zeit schloss ich mich im Badezimmer ein und versuchte mit einem Entspannungsbad wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ich musste schon einige Stunden eingenickt sein, als es gegen die Tür donnerte.
"Zayn!!! Kommst du heute nochmal da raus oder bist du ertrunken?", ließ Niall mich hochschrecken. Die Uhr zeigte späten Nachmittag.
"Verdammt", schnell erledigte ich den Rest meines Wellness-Programms, schnappte mir meine Sachen und erschien etwas verschrumpelt in der Küche. An Harrys breitem Grinsen konnte ich sofort ablesen, dass er bestanden hatte. Wir schlossen ihn alle noch einmal in einer festen Umarmung ein. Doch damit wurden die Autoschlüssel für heute noch nicht aus der Hand gelegt.
"Wie wär's mit ner kleinen Spritztour?", fragte Louis und bekam sofort Zustimmung von Niall und Harry. Nur Liam und ich hatten mal wieder das Nachsehen. Zu meinem Pech wurde ich auch noch dazu auserkoren, der Renngegner von Harry zu sein. Zusammen mit Liam und Niall machte ich es mir in meinem Bentley bequem. Sachte streichelte ich dem guten Stück über das Lederlenkrad.
"Zeig' Harry dem Anfänger, wer hier die Straße beherrscht!", rief Niall vom Rücksitz und ich war mir nicht sicher, ob er mich oder das Auto meinte.
Wir starteten vor der 'London Bridge' und jagten mit Höchstgeschwindigkeit über der Themse entlang. Reifen an Reifen lieferten wir uns ein ebenbürtiges Duell. An der St. Clements Church konnte sich, der von Harry gelenkte Porsche wenige Meter absetzten und driftete quietschend um die enge Kurve.
"Na, ich weiß nicht, wie lange der noch seinen Führerschein behält", zweifelte ich und drückte fester auf das Gaspedal. Im Windschatten hatte ich mich wieder an das Heck unseres Gegners geheftet und dank meiner erfahrenen Fahrkünste, verschaffte ich mir den entscheidenden Vorsprung. Vergnügt beobachtet ich Harrys verbissenes Gesicht und Louis, der ihn anzuschreien schien. Ich richtete meinen Blick wieder nach vorne und trat mit aller Kraft auf die Bremse.
Stotternd kam der Wagen zum Stehen und an Liams Fenster konnte man einen schwarzen Schatten vorbeirauschen sehen.
"Spinnst du!!! So kannst du ihnen den Sieg ja gleich schenken", brüllte Niall wütend. Ich war gar nicht in der Lage ihm zu antworten und starrte weiterhin aus der Windschutzscheibe. Liam folgt meinem entsetzen Blick. Vor uns ragte ein riesiges Plakat in die Höhe. Niemand anderes als wir selbst grinsten uns da entgegen.
Auf einer roten Leuchtschrift, die unter dem Bild entlanglief, konnte man folgendes lesen: 'One Direction's *What makes you beautiful* reached Number 1 on UK Top 40'.
Ich musste noch einige Augenblicke lang blinzeln, um zu realisieren, was sich dort vor meinen Augen bewegte. Liam gewann als erstes wieder an Fassung: "Leute, wir sind ganz oben in den Single Charts."
In diesem Moment wusste noch keiner so recht, was das für unsere Zukunft zu bedeuten hatte.
Tag der Veröffentlichung: 06.04.2013
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Ich widme "Live while we r young" allen Fans von 1D ♥,meinen Bookrix-Lesern,Freunden,Familie etc.Hab euch lübb