1.Was ist Tay-Sachs und Sandhoff?
Das Tay-Sachs Syndrom und die Sandhoff Krankheit sind fast identische verheerende Fettstoffwechselkrankheiten, die bis heute leider unheilbar sind und in wenigen Jahren zum Tod führen.
Beide Krankheitsbilder sind fortschreitende, neurologische Erbkrankheiten, welche durch ein defektes Gen verursacht werden.
Die beiden Hauptprobleme dabei sind zu wenig oder gar kein HEX-A Enzym (Tay-Sachs) bzw HEX-B Enzym (Sandhoff), und am Ende zu viel GM2 Abfall.
Kurz gesagt kann der Stoffwechsel das Enzym HEX-A (Tay-Sachs) bzw HEX-B (Sandhoff) nicht ausreichend produzieren, und ist dadurch nicht in der Lage die Stoffe, die die Zellen nicht mehr benötigen, aus dem Körper abzutransportieren. Daher wird dieser "Müll" (GM2 Abfall) in den Zellen eingelagert, und in Fett verwandelt. Die Zellen werden regelrecht zu gefettet und verlieren nach und nach ihre Funktionen, bis sie dann absterben.
Kinder mit Tay-Sachs oder Sandhoff verlieren nach und nach alle bereits gelernten Fähigkeiten wie sehen, lachen, sitzen, sich bewegen, weinen. Sie werden blind, taub und bekommen schwere epileptische Anfälle, bis sie dann meist an einer Lungenentzündung sterben.
Zurzeitgibt gibt es keine Behandlungsmöglichkeiten und keine Chance auf Heilung. Die Schulmedizin kann lediglich die Symptome behandeln.
Es gibt 3 verschiedene Formen der Krankheiten.
Verlauf
Die Kinder verlieren durch den Enzymmangel und dem damit verbundenen, immer größer werdenden Schaden im Gehirn, immer mehr bereits erlernte Fähigkeiten. Das Alter mit dem diese Verluste einhergehen, variiert je nach Typ.
Prognose
Die Kinder versterben in der Regel aufgrund einer wiederkehrenden Lungenentzündung.
Kinder mit Typ 1 - Infantiler Form versterben meist im Alter von 3 Jahren.
Kinder mit Typ 2 - juveniler Form versterben meist im Alter von 15 Jahren.
Kinder mit Typ 3 - adulter Form können meist noch lange Beschwerdefrei leben, Typ 3 ist in der Regel nicht tödlich.
Ich bin 27 Jahre jung und habe eine wunderhübsche fast sechs Jahre alte Tochter namens Haylie. Man würde meinen, ich würde meine Zeit damit verbringen am Spielplatz Haylie’s Schaukel anzuschubsen oder mit ihr gemeinsam Sandburgen in der Sandkiste zu bauen, doch die Realität mit einer Krankheit wie Tay-Sachs sieht leider anders aus. Spielplätze meiden wir schon seit langem, da es einfach zu weh tut Kinder in Haylie’s Alter unbeschwert spielen zu sehen. Es tut weh zu hören, wenn Sie ihren Müttern zuflüstern, dass sie sie liebhaben, oder auch nur, dass sie noch nicht nach Hause wollen, und gleichzeitig zu wissen, dass man selbst diese Worte niemals von seinem Kind hören wird.
Den Kontakt zu den Mamis mit denen wir in Haylie‘s erstem Lebensjahr fast täglich spazieren gegangen sind, oder gemeinsam im Seebad von Mondsee gepicknickt haben, haben wir größtenteils fast komplett abgebrochen. Diese anderen Mütter sind tolle Menschen und es ist keineswegs ihr Charakter oder ähnliches der uns dazu brachte uns zu distanzieren – Nein, es tut einfach zu weh. Zu sehen wie Kinder die gleich alt sind wie Haylie herumtollen, und zu wissen, dass das eigene Kind, wäre es gesund, wahrscheinlich gemeinsam mit diesen Kindern herumtollen würde, auf die Klettergerüste klettern oder die große gelbe Rutsche hinabschlittern würde. Wäre Sie nur gesund. Ein Gedanke den wir Eltern von Kindern mit Tay-Sachs jeden Tag mindestens einmal denken.
Unser normaler Tagesablauf beinhaltet keine Schaukeln oder gelben Rutschen mehr, stattdessen beinhaltet er die Gabe ekelhafte Medikamente gegen die, ohne medikamentöse Behandlung, möglicherweise sogar tödlichen epileptischen Anfälle. Er beinhaltet mehrfaches Windelwechseln bei einem Kind, das wäre es gesund, schon längst rein wäre. Er beinhaltet das frisch kochen ihrer Mahlzeiten, die dann fein säuberlich püriert werden, damit sie den dünnen Schlauch der Magensonde nicht verstopfen. Er beinhaltet viermal tägliches sondieren, weil Haylie durch die Schluckstörung nicht mehr schlucken kann. Er beinhaltet tägliche Sorge ob Sie genügend Gewicht hat, und tägliche Zugabe von kaloriensteigernden Nahrungsergänzungen.
Statt das Kind in den Kindergarten zu bringen beinhaltet unser normale Tagesablauf mindestens sechs Mal täglich mit Kochsalzlösung und Medikamenten zu inhalieren, da sich durch das viele Liegen und die einseitige Belüftung der Lunge sehr viel Schleim ansammelt. Und würde man nicht inhalieren würde man eine Lungenentzündung riskieren.
Leider beinhaltet er oftmals auch erbrechen. Erbrechen weil die Kraft fehlt um den Schleim wie ein gesunder Mensch abzuhusten, und erbrechen die reflexartige Hilfestellung in einer solchen Situation ist. Erbrechen wiederrum geht oftmals automatisch in einen epileptischen Anfall über, bei dem Haylie die Luft anhält, blau anläuft und zu ersticken droht. Unser Leben mit Tay-Sachs verlangt uns in solchen Situationen ab Ruhe zu bewahren, gezielt zu helfen, nicht in Panik zu geraten.
Unser Tag beinhaltet auch oft stundenlanges Klopfen ihres Rückens, weil Sie selbstständig die angesammelte Luft nicht wieder loswird, und die Schmerzen die diese Luft verursachen wiederum zu Anfällen führen können.
Statt sich über den Bescheid zur Schuleinschreibung zu freuen, bedeuten manche Tage für uns Verzweiflung und Trauer. Weil einem manchmal mehr als sonst bewusst wird was dem Kind alles entgehen wird. Was es alles nicht mehr erleben wird.
Unser Tag beinhaltet rund um die Uhr Überwachung und keinen Augenblick aus den Augen lassen. Er beinhaltet Physiotherapie – oder anders gesagt die Gliedmaßen, die sie nicht mehr selbst bewegen kann, durchzubewegen um Spastiken und Lähmungen so lange wie möglich hinauszuzögern.
Er beinhaltet vollkommene Hilfe beim Sitzen, da die Muskeln des Kindes den Kopf, geschweige denn den Rumpf nicht mehr halten können. Er beinhaltet seinem Kind Geschichten vorzulesen, solange es noch hören kann, und Dinge zum Fühlen in die Handflächen zu geben, damit es zumindest etwas von der Welt erfassen kann, wenn es schon nicht mehr fähig ist zu sehen.
An manchen Tagen beinhaltet er Tränen, Wut und Angst.
Wut auf eine Welt, ein Universum, einen Gott der einem kleinem unschuldigen Kind so etwas antun kann. Tränen, weil man sich manchmal auch bemitleidet für das Leben das man gezwungen ist zu führen. Und Angst.
Angst vor einer
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 19.02.2016
ISBN: 978-3-7396-3849-2
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