„Meine ehrenwerten Kollegen der Akademie zur hochenergetischen Umformung der Materie, ich gehe davon aus, dass Sie alle Bescheid wissen, weshalb ich Sie in den Hochsaal berufen habe?“
Stillschweigen. Alle Professoren saßen mucksmäuschenstill auf ihren Stühlen und versuchten, so gut es möglich war, dem Blick des Sekundanten zu entgehen. Nur Professor Naturgeist durchbrach die Stille.
„Haben wir endlich herausgefunden, weshalb sich immer noch Wasser in den Ozeanen befindet? Wenn die Erde eine Scheibe ist, so müsste das Wasser doch abfließen! Wieso aber befindet sich immer noch Wasser in den Ozeanen?“
„Mein werter Kollege.“, wandte sich Professor Zeiteisen an Professor Naturgeist „Die Antwort lautet: Regen!“
„Meine Studien haben ergeben, dass die Flüssigkeitsmenge, die durch Regen hinzugefügt wird, nicht so hoch ist, wie die Abflussmenge.“
„Und dennoch muss es so sein“, stimmte nun auch Professor Wankelmut mitein „denn stünden am Rande der Welt Wälle, so würde der Regen uns alle ersäufen.“
„Meine Rede, Kollege Wankelmut, dies ist so selbstverständlich, wie die Tatsache, dass ein jedes Ei einen Kern trägt.“
„Meine Herren, meine Herren.“, versuchte der Sekundant das eben angefachte Gespräch zu dämpfen „Regen
, ist nicht der Grund unserer Versammlung.“
„Haben wir herausgefunden wohin ein Gedanke geht, wenn man ihn zu Ende gedacht hat?“, fragte Professor Geistlos.
„Oder warum Schnee nur im Winter fällt, wo eine Abkühlung im Sommer doch wesentlich gelegener käme.“
„Nein, wir haben nicht herausgefunden wohin ein Gedanke geht und Schnee
ist ebenfalls nicht der Grund unserer Versammlung.“, sagte der Sekundant mittlerweile leicht gereizt.
„Ist der Grund unserer Versammlung möglicherweise die Tatsache, dass die Sieben Siegel der Archaischen Geschöpfe gebrochen worden sind?“
Alle Blicke richteten sich auf Professor Irrsinn.
„Die Sieben Siegel der Archaischen Geschöpfe wurden gebrochen?“, fragten mehrere Stimmen eindringlich an Professor Irrsinn gewandt.
„Ich weiß es nicht. Aber es könnte der Grund unserer Versammlung sein.
Nun richteten sich alle Blicke wieder auf Professor Willich, dem Sekundanten der Akademie. Er hatte sein Gesicht in Händen vergraben und hoffe, dass die Dummheit seiner Kollegen nicht ansteckend war.
„Nein, auch das ist nicht der Grund unserer Versammlung. Bei allen Arkanen Mächten, hat denn niemand das vierundzwanzigseitige, doppelt bedruckte Informationsschreiben gelesen?“, je näher er dem Ende seines Satzes gekommen war, umso lauter waren seine Worte geworden.
Wieder versuchten alle den Blick des Sekundanten zu meiden. Diesmal war es Professor Bücherwurm, der das Schweigen durchbrach. Er war nebenbei der Leiter der Bibliothek und ein sehr belesener Mensch. Was man ihm zu lesen gab, das verschlang er in wenigen Augenblicken.
„Doch.“, entgegnete er dem Sekundanten „Allerdings bin ich aus dem Text nicht schlüssig geworden. Was genau hätte er uns mitteilen sollen?“
Der Sekundant glaubte kaum was seine Ohren hörten. „Ich habe doch klar und ausführlich geschildert, wie es zu dem Mordfall gekommen war.“
Eigentlich waren es drei Morde, so dachte der Sekundant, doch würden seine Kollegen schon mit dem Lösen eines einzelnen Mordfalles überfordert sein, zumal er die anderen beiden Opfer nicht kannte. Seine Kollegen sogen scharf die Luft ein. Ein Mordfall!
„Ich habe alle vierundzwanzig Seiten gelesen, aber ein Mordfall wurde mit keinem Wort erwähnt!“, versuchte sich Professor Bücherwurm zu rechtfertigen.
„Haben Sie auch die Fußnoten gelesen, Kollege Bücherwurm?“
„Ah.“, machte Professor Bücherwurm „Fußnoten.“
„Nun, wenn Sie die Güte hätten, Professor Willich“, richtete Professor Wirrsinn seine Worte an den Sekundanten der Akademie „so wiederholen Sie doch für Professor Bücherwurm die geschriebenen Worte in mündlicher Form, damit wir uns auch alle am gleichen Wissensstand befinden.“
Es war ein geschickter Versuch von seiner eigenen Unwissenheit abzulenken, jedoch verfehlte er seine Wirkung. Alle Augen waren nun auf Professor Wirrsinn gerichtet und da blieben sie auch. Professor Wirrsinn hatte keine Hose an.
„Werter Kollege, dürfte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass ihre Hose... nun ja... der Versammlung fern geblieben ist.“
„Oh nein, werter Kollege, das ist ein Irrtum. Ich trage eine Hose. Sie ist nur... unsichtbar. Ein Streich meiner Studenten. Ein Fluch um genau zu sein. Welche Hose ich auch tragen mag, sie entzieht sich dem Blick des Auges. Ich habe natürlich nicht nach dem Gegenfluch gefragt. Ich bin schließlich Professor, ich sollte ihn kennen! So gesehen, ging dieser Punkt an mich. Ähhh... Werte Kollegen, Sie kennen nicht zufälligerweise einen Zauber, der Hosen wieder sichtbar macht?“
„Wie! Dem! Auch! Sei!“, unterbrach sie der Sekundant scharf. „Der! Mordfall!“
„Nun, in erster Linie, sollten wir das Opfer identifizieren.“, schlug Professor Wankelmut vor.
Der Sekundant ballte die Fäuste. „Wir kennen das Opfer bereits!“
Erleichtertes Aufatmen war zu hören. „Nun, wenn wir das Opfer kennen, dann sind wir schon einen großen Schritt in der Aufklärung des Mordes vorangekommen.“ Einige schüttelten sich die Hände, andere klopften sich auf die Schultern.
„Wenn ich nun fragen darf, um wem es sich handelt?“
Wieder richteten sich alle Blicke in Richtung des Sekundanten.
Er brauchte eine kurze Pause um seine Fassung zu wahren, schließlich brach er die Spannung. „Das Opfer ist der Erzprofessor, der Primus unter uns und das Oberhaupt der Akademie.“
„Ahhh“, machten sie alle und erfreut, als sie nun endlich erfuhren wer das Opfer war und wenige Sekunden darauf: „Ohhh.“, als sie begriffen hatten, dass es der Primus war, welcher ermordet worden war. Der Leiter der Akademie! Der Professor für hochenergetische Umwandlung! Schließlich richteten sich alle Blicke auf den Stuhl in der Mitte des Saales. Er war breit und hoch und aus edlem Stoff, sodass er jedem ins Auge sprang. Und tatsächlich, er war leer.
„Und wie ist der Primus verstorben?“, fragte Professor Bücherwurm, der immer schon ein schneller Denker gewesen war. Bei dieser Frage sogen alle scharf die Luft ein und hielten den Atem.
„Er wurde erschlagen.“ Auf diese erschreckende Antwort hin, sogen alle ein weiteres mal die Luft ein und hielten sie weiterhin. Das Gespräch fand nur noch zwischen Professor Bücherwurm und dem Sekundanten der Akademie statt.
„Und wer hat den Primus erschlagen?“ Und ein drittes mal sogen alle die Luft ein und hielten den Atem immer noch. Der Sekundant machte es spannend und die Gesichtszüge mancher Professoren verfärbten sich ins Bläuliche. Schließlich brachte er es zur Sprache:
„Der Nordturm.“
Und dann verschluckten alle Kollegen die Luft, die sie eingeatmet hatten. Unklar, was sie von dieser Antwort halten sollten, starrten sie dem Sekundanten, wie ein Herde Schafe ohne Schäfer, entgegen. Dann, wie auf ein geheimes Zeichen hin, drehten sie alle ihre Köpfe in Richtung des nördlichen Fensters. Dahinter zeichnete sich, wie eh und je, der nördliche Turm der Akademie ab. Dann wandten sie alle wieder den Blick auf den Sekundanten. Kurze Pause. Schließlich unterbrach sie Professor Irrsinn.
„Ähhh... Der Nordturm... der steht noch.“
„Ja, das sehe ich selbst.“, entgegnete er dem Professor scharf und fuhr umso schärfer fort. „Aber irgendwann wird er nicht mehr stehen!“
„Wenn ich das richtig verstehe, wird der Nordturm irgendwann einstürzen und den Erzprofessor erschlagen.“
„Genau.“
„Aber wieso machen wir uns heute Sorgen, wenn der Primus erst in ein paar Jahren sterben wird?“
„Weil der Primus bereits seit gestern verstorben ist!“
Alle wandten sie wieder den Blick in Richtung des Nordfensters, als ob sie nun etwas erkennen könnten, was ihnen zuvor entgangen war.
„Aber wenn der Primus erst sterben wird, wie kann er dann schon seit gestern tot sein?“
„Indem er gestern in die Zukunft gereist ist!“
Eine kurze Pause. Das mussten die Professoren erstmal verarbeiten. Und schließlich schien Professor Wankelmut es begriffen zu haben. „Ahhhh... jetzt verstehe ich.“, sagte er. Dann machte er eine weitere kurze Überlegungspause. „Nein doch nicht.“
Es dauerte einige Minuten und schließlich hatte es selbst Professor Naturgeist begriffen.
„Und was gedenken wir in diesem Fall zu unternehmen?“
„Zuallererst suchen wir nach dem Motiv!“
„Das ähh... das... Mo~dif?“
„Das MoTiv!“
„Ahh. Das Motiv. Und wo finden wir es? Das Motiv.“
„Das finden wir... ähhh.“, erstmals wusste der Sekundant nicht, wie er auf diese Frage antworten sollte. „Ach vergesst das Motiv! Suchen wir nach einem Grund, wieso man den Primus ermorden könnte.“
„Der Grund liegt doch klar auf der Hand.“, sagte Professor Naturgeist „Jemand ist auf seinen Posten scharf. Das hat der Primus doch selbst auch gemacht, als er noch gewöhnlicher Tertiär gewesen war. Da hat er doch auch, naja, Ihr wisst schon... Jeder ist auf den Platz des Erzprofessors scharf.“
Professor Naturgeist hatte ausgesprochen, was sich alle gedacht hatten. Jeder der Anwesenden würde gerne seinen Hintern auf dem Kissen des Erzprofessors betten. So gesehen, hatte jeder ein Motiv. Oder genauer gesagt: Einen Grund, warum man den Erzprofessor beseitigen könnte. Nur der Sekundant war davon ausgeschlossen, da dieser aufgrund seiner Position des Sekundanten nicht in die Position des Primus aufsteigen konnte.
„Aber mittlerweile gibt es ein Gesetz, welches besagt, dass der Geist des Primus nicht von seinem Körper gelöst werden darf.“
„Nun, der Mörder wird schnell gefunden sein.“, warf Professor Geistlos ein „Derjenige welcher sich als nächstes auf den Stuhl des Primus setzt, wird der Mörder sein.“
„Somit“, vollendete der Sekundant den Gedankengang von Professor Geistlos „ist der Mörder einer von Ihnen, meine Kollegen. Denn ich bin der Sekundant und gerade ich kann keinen Vorteil aus dieser Situation ziehen.“
„Aber wie sollen wir weiter vorgehen? Der Mörder wird jetzt sicherlich nicht mehr den Versuch unternehmen, sich auf den Stuhl des Erzprofessors zu setzen. Die Akademie aber braucht einen Primus.“
Der Sekundant lächelt in sich hinein, denn nun war seine Stunde gekommen. Wie als träge er einen Rucksack gefüllt mit Steinen am Rücken, erhob er sich von seinem Stuhl.
„Wie ich bereits erwähnt habe, bin gerade ich derjenige, welcher nicht zum Primus ernannt werden kann und somit können wir uns sicher sein, dass gerade ich nicht derjenige bin, welcher der Mörder ist.“ bejahendes Nicken „Doch hat Kollege Wirrsinn richtig erkannt, dass die Akademie einen Nachfolger braucht.“, wieder zustimmendes Nicken „Drastische Zeiten, erfordern drastische Maßnahmen und so werde ich mich, wohl oder übel, auf den Stuhl des Erzprofessors setzen müssen.“
„Welch glänzende Idee.“, pflichtete Professor Wankelmut ihm bei.
„Meine Rede, meine Rede.“
„Aber“, sagte Professor Zeiteisen nun mit erhobener Stimme „wenn nun genau das
, die Absichten des Mörders sind? Ist der Mörder womöglich am Ende gar kein Tertiär, sondern ein Sekundant?“
Alle Blicke richteten sich in schierem Entsetzen auf den Sekundanten.
Verdammt, der Vertreter der Akademie hatte sein Ass zu früh ausgespielt, jetzt ward es mit einer Tarotkarte gestochen worden. Er musste sein Vorgehen ändern.
„Meine Herren, mit gegenseitigen Beschuldigungen kommen wir keinen Schritt weiter.“
„Könnten wir nicht den Erzprofessor wiederbeleben, sodass er uns Auskunft über seinen Mörder gibt?“, fragte Professor Bücherwurm.
Nun war es der Sekundant, der die Luft scharf einzog. Er musste schnell nachdenken, ansonsten würde ihm der Stuhl des Erzprofessors durch die Finger gleiten.
„Mein lieber Kollege Bücherwurm, welch interessanter Gedankengang. Doch absolut nichtig. Der Primus würde keineswegs erfreut sein, wenn wir ihn, in das Reich der Lebenden zurückholen. Man denke nur an den Zustand in welchem sich sein Körper befindet. Nach dem Einsturz des Nordturmes...“ Zustimmendes Gemurmel. „Doch können wir den Mordfall präventiv lösen.“
„Pre-ten-tief?“, wiederholte Professor Irrsinn.
„Ja.“, bestätigte der Sekundant. „Einige von uns müssen in die Vergangenheit reisen.“
„Mit Verlaub, Kollege Willich“, richtete Professor Naturgeist seine Worte an den Sekundanten „aber wieso sollen wir in die Vergangenheit reisen, wenn der Mord in der Zukunft geschieht?“
„Liegt das denn nicht klar auf der Hand?“, fragte der Sekundant nun leicht erzürnt. „Wenn wir in die Vergangenheit reisen und den Mörder schon vor dem Mord fassen, so würde auch der Primus nicht sterben.“
Erfreute Rufe waren zu hören. Der Sekundant hatte einen solch klaren Verstand, wie die Gläser einer blank geputzten Brille.
„Und die diejenigen, welche in die Vergangenheit reisen, werden Professor Zeiteisen und Professor Bücherwurm sein. Da diese beiden Kollegen mit einem äußerst hellen Verstand gesegnet sind.“ Und weil ich diese beiden Torfköpfe dann endlich los bin, fügte er im Gedanken hinzu. In der Zwischenzeit würde er die Akademie leiten, da er derjenige war, welcher dem Amt des Primus am nächsten kam und nach kurzer Zeit würde er alle Aufgaben des Erzprofessors übernommen haben, bis er selbst Primus war. Dass die beiden Torfköpfe ihm in die Quere kommen könnten war ausgeschlossen. Würde man Dummheit wiegen können, so gäbe es keine Waage, die ihrem Gewicht stand hielt.
„Und wann genau sollen wir in die Zeit eingreifen?“, fragte Professor Bücherwurm seinen Kollegen Zeiteisen.
Sie hatten gerade das Arcanum betreten und standen vor dem Zeitfenster.
„Natürlich zu jenem Zeitpunkt, an welchem der Turm verflucht wurde, oder man auf ihm eine Rune hinterlassen hat.“
„Ja, das ist mir schon klar. Aber, wann
ist dies geschehen?“
Professor Zeiteisen überlegte. Er überlegte lange. Schließlich hatte er einen Entschluss gefasst. „Wir könnten versuchen das Zeitfenster auszutricksen. Wir geben einfach keine genaue Zeitangabe an, sondern umschreiben den Zeitpunkt, wie: ,Der Tag, an dem der Mond von der Sonne geküsst wurde.‘, oder ,Die Stunde, in welcher sich die Sterne am Firmament nicht mehr festhalten können.‘“
„Welch glänzender Vorschlag, Kollege Zeiteisen, und wie wollen wir in diesem Falle vorgehen?“
„Ich denke ,Der Zeitpunkt, an welchem der Schlussstein für des Primus Tod am Nordturm gelegt wurde‘, müsste unseren Anforderungen entsprechen.“
„Möglicherweise sind wir in der Zeit falsch abgebogen.“, stellte Professor Zeiteisen fest.
Die Professoren Bücherwurm und Zeiteisen, waren nach weiteren Überlegungen endlich durch das Zeitfenster gekrochen und standen bereits seit geraumer Zeit vor dem Nordturm, allerdings hat sich niemand sehen lassen.
„An das habe auch ich bereits gedacht, werter Kollege, aber könnte es nicht sein, dass unsere Zeitangabe zu... nun ja... unpräzise
gewesen ist? Oder, dass sie zu wörtlich
genommen wurde. Vielleicht sind wir einfach nur an den Zeitpunkt gereist, an dem der Schlussstein des Nordturmes selbst gelegt wurde, nicht aber der Mörder seine Tat begangen hat.“
„Aber das Zeitfenster hätte unsere Bitte doch verstehen müssen. Wir haben unsere Worte doch mit einer Goldwaage gemessen.“
„Und wenn das Zeitfenster eine andere Betrachtungsweise als wir hat? Denn, gäbe es den Nordturm nicht, könnte er den Erzprofessor nicht erschlagen. Somit könnte das Zeitfenster den Nordturm als den wahren Übeltäter ansehen und nicht den Mörder.“
„Aber werter Kollege, der Nordturm steht hier schon seit eh und je. Wenn dies der Fall wäre, so können wir unsere Zeitangabe so präzise wie möglich gestalten, wir würden stets irgendwann hier erscheinen. Unsere Chancen stehen eins zu einer Million, dass wir den Mörder hier vorfänden, wenn nicht geringer!“
„Und für dieses Problem ist mir auch schon eine Lösung gekommen.“
Der Professor betrachtete seinen Kollegen mit Erstaunen.
„Der Mörder wird den Nordturm in seine Gewalt bringen und ihn einstürzen lassen. So viel wissen wir. Ich sage, wir schlagen ihn mit seinen eigenen Waffen. Wir werden auf den Nordturm eine Rune zeichnen, die ihn zuvor schon zum Einsturz bringt. Nur werden wir den Einsturz auf den Mörder lenken.“
„Welch glänzende Idee. Somit ist nicht nur der Erzprofessor gerettet, sondern auch der Mörder zu Fall gebracht.“
„Nur dummerweise habe ich meine Kohlenstifte in der Gegenwart zurückgelassen. Haben Sie vielleicht ein Schreibgerät zur Hand?“
„Mein lieber Kollege, wer braucht denn schon Kohlenstifte, wir bedienen uns einfach der Magie.“
„Ach ja, stimmt, das hatte ich für einen Augenblick vergessen.“
Gleich, nach diesem kleinen Missverständnis, begann Professor Zeiteisen mit dem Zeichnen der Rune. Diese besagte, dass der Turm einstürzen soll, sobald sich derjenige darunter befand, welcher am Tode des Erzprofessors die Schuld trägt. Professor Bücherwurm hatte die Rune auch noch unsichtbar gemacht, sodass niemand sie erkennen konnte.
„Und nun, lass uns in jene Zeit reisen, in welcher der Nordturm einstürzt.“
„Allerdings sollten wir die Zeit so wählen, dass wir eine kurze Zeitspanne zuvor eintreffen, schließlich wollen wir auch wissen wer am Tode des Primus die Schuld trägt.“
„Meine Rede, Kollege Bücherwurm. Ich denke ,250 Atemzüge bevor der Nordturm einstürzt und den Mörder des Erzprofessors unter sich begräbt‘, müsste die richtige Zeitangabe sein.“
„Wir müssen schon wieder falsch abgebogen sein!“
Die Professoren Zeiteisen und Bücherwurm hatten vor kurzem das Zeitfenster verlassen und mussten mit Entsetzen feststellen, dass der Nordturm zwar noch stand, aber der Erzprofessor gerade im Begriff war, sich darunter zu stellen.
„Wie ist das möglich? Der Mörder muss unsere Rune erkannt haben und hat sie womöglich verändert oder ausgetauscht.“
„Aber wie ist er an den Nordturm herangekommen?“
„Das weiß ich nicht. Das ist jetzt auch egal! Alles was zählt, ist, dass wir den Erzprofessor schleunigst von hier wegbekommen. Wie viele Atemzüge sind bereits verstrichen?“
„Ich habe nicht mitgezählt. Aber wir sollten aufhören zu sprechen und uns schleunigst in Bewegung setzen, wenn wir den Primus hier lebend herausbekommen wollen.“
„Meine Rede, Herr Kollege.“
Schreiend und brüllend liefen sie los, dem Erzprofessor entgegen. Dieser betrachtete seine Kollegen wie zwei Gespenster, denen man das Laken weggezogen hatte. In solcher Aufruhr hatte er sie noch nie erlebt.
„Erzprofessor, sie müssen sofort von hier verschwinden!“, sagte Professor Zeiteisen keuchend.
Sein Kollege Bücherwurm allerdings, hatte in dieser Schreckenssekunde etwas begriffen: Ihre Zeitenangaben am Zeitfenster waren allesamt richtig gewesen. Zuerst wollten sie an den Zeitpunkt reisen, an dem die Rune gezeichnet wurde und dahin hatte sie das Zeitfenster auch gebracht. Und nun hatte sie das Zeitfenster in jene Zeit gebracht, in welcher der Mörder unter dem Nordturm begraben wird.
Der Nordturm bekam hunderte und aberhunderte Risse und stürzte schließlich über sie zusammen. Immerhin hatten sie den Fall gelöst. Jetzt wussten sie wer am Tod des Erzmagiers die Schuld trägt. Mit Stolz in der Brust und einem Lächeln auf den Lippen, erstrahlte die Miene des Professors. Dann wurde es schwarz.
Ende
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2013
Alle Rechte vorbehalten