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Gefangen

Seit etwa einem Monat wohne ich nun alleine in meiner neuen Wohnung. Es ist das erste Mal, dass ich alleine wohne, ohne meine Eltern. Die Wohnung besteht aus drei Zimmern, einer Küche und einem Bad. Es ist ideal für mich alleine. Dennoch fühle ich mich nicht wirklich wohl hier, egal was ich mache. Besonders die Nächte fürchte ich immer wieder aufs Neue. Ich will es aber niemanden erzählen, denn niemand würde mir glauben. Jede Nacht wenn es komplett still ist und ich in meinem Bett liege, höre ich seltsame Geräusche. Klopfen, Kratzen und das Knarren von Holz, aber manchmal auch ein Stampfen wie schwere Schritte. Ich ziehe mir dann immer die Bettdecke über den Kopf und versuche, es zu ignorieren aber leider ohne großen Erfolg. Durch den andauernden Schlafmangel haben sich bereits tiefe dunkle Schatten unter meinen Augen gebildet.
Eines Tages wurde mir klar, dass es so nicht weiter gehen konnte. Ich musste rausfinden, was diese Geräusche verursachte, bevor ich meinen Verstand verlor. In dieser Nacht wartete ich gespannt auf die Geräusche, die pünktlich um kurz nach Mitternacht wie immer begannen. Ich sah mich nach einer geeigneten Waffe um und entschied mich letztendlich für meinen Baseball Schläger. Gewappnet schlich ich auf Zehenspitzen durch meine Wohnung. Ich lauschte und folgte dem Klopfen bis zu einer Wand. Diese Wand war mit verzierten Holzplatten verkleidet. Als ich mir die Wand genauer ansah, merkte ich, dass eine der kunstvollen Platten etwas wackelig zu sein schien. Als ich dagegen klopfte, hörte es sich so an, als befände sich dahinter ein Hohlraum. Ich schnappte mir mein Werkzeug und beschloss, die Platte zu entfernen. Das Ganze ging leichter, als ich dachte. Dahinter kam ein dunkler Gang zum Vorschein. Das Klopfen kam eindeutig von da drin. Ich zögerte kurz, entschied mich aber dennoch dafür, in den schmalen Tunnel zu krabbeln. Nach wenigen Metern endete der Tunnel in einen großen dunklen Raum. Er war kalt und es roch nach Schimmel. Mit der Taschenlampe, die ich glücklicherweise mitgenommen hatte, leuchtete ich umher. In der Ecke stand eine große, hölzerne Kiste. Ansonsten war der Raum leer. Ich wollte mich umdrehen und wieder zurückgehen. Ich musste allerdings erschrocken feststellen, dass der Tunnel verschwunden war. Dort wo gerade eben noch der Weg zurück war, befand sich nur noch eine massive Wand. Mein Herz raste und ich bekam keine Luft mehr. Plötzlich griff eine kalte Hand auf meine Schulter. Ich fuhr erschrocken herum und blickte in ein bleiches Gesicht. Neben dieser Gestalt waren noch drei weitere Personen zu sehen. Ich konnte nicht sprechen, sondern blickte sie nur angsterfüllt an. Sie jedoch schienen mich gar nicht zu beachten und gingen an mir vorbei zu der Wand. Sie fingen an, panisch dagegen zu hämmern und zu treten. Sie kratzten wild mit den Fingernägeln und versuchten, mit aller Kraft aus diesem Raum zu entkommen.
Seitdem bin ich mit ihnen hier gefangen. Ich werde noch verrückt, ich will hier raus. Ich schlage gegen die Wand, ich trete dagegen. Doch ich kann mich nicht befreien. Ich bin eingesperrt, genau wie jene vor mir, die es wagten, diesen Raum zu betreten.

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Tag der Veröffentlichung: 07.11.2021

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