Neulich, in der Parfümerie meines Vertrauens:
Ich betrat das Geschäft, um für einen Geburtstag einen Geschenk-Gutschein zu besorgen. Es waren zwei Verkäuferinnen anwesend, von denen die eine gerade mit einer Kundin an der Kasse beschäftigt war. Und die andere –nennen wir sie Frau Sommer- hatte zwei junge Mädels vor ihre Theke stehen.
Erst vor kurzem hatte mich besagte Frau Sommer sehr nett beraten, als ich für mich nach einem neuen Duft suchte. Wir waren seinerzeit in eine interessante Diskussion geraten über Parfümherstellung, Kopfnote, Herznote... aber ich will nicht abschweifen. Man ist ja immer schon dankbar, wenn solche Menschen überhaupt Fachkenntnisse besitzen.
Ich stellte mich also in ihre Blickrichtung und sie grüßte mich; deutete an, ich möge mich einen Moment gedulden. Tat ich doch gerne. Und lauschte dem Verkaufsgespräch...
"Was suchen Sie denn genau für einen Duft? Welche Duftrichtung soll es denn sein?"
Frau Sommer versuchte gerade, Licht ins Dunkel des Parfüm-Dschungels zu bringen.
"Weiß isch nisch. Keine Ahnung!" meinte das dunkelhaarige Mädel.
Darauf ihre Freundin, ein misslungen blondiertes überdosiert geschminktes Etwas: "Ey, nisch so'n Asi-Zeug, ne, oder?"
Aha. Das war soweit klar.
Frau Sommer warf mir einen leicht verzweifelten Blick zu, der anzudeuten schien, wie sehr sie sich in diesem Augenblick eine Unterhaltung wie die unsrige letztens zurück wünschte.
"Mögen Sie es denn eher frisch oder lieber einen schweren Duft, der vielleicht in die orientalische Richtung geht?"
Frau Sommer hatte diese "Der Kunde ist König, auch wenn ich diese zwei dämlichen Gören gerade erwürgen könnte!" - Körpersprache...
Ich konnte mich eines leichten Schmunzelns nicht erwehren.
"Sach ma, wie hieß dat, wat die Nadine da hatte? Weiße dat eine, wo der ihr Typ so geil von war?"
"Boah, ja, ey, weiß isch jetz auch nich mehr... Aber, Sie, dat war so wat, wat Sie vorhin gesacht haben, so orientalisch, so Moschus oder so..."
Frau Sommer blieb freundlich. "Ich werde Ihnen mal was zu ausprobieren geben, was in die Richtung geht, ja? Da hätte ich diese zwei Markendüfte hier, die könnten Ihnen gefallen."
Sie besprühte die Teststreifen und die jungen Damen rochen daran.
"Boah, nääää, voll Asi, riesch mal..."
"Nä, geht garnich!"
Mein Schmunzeln wurde breiter.
"Und wie ist der andere Duft, könnte das etwas sein für Sie?"
Die beiden zogen die Teststreifen wie eine Line Koks unter ihren Nasen her.
Mein Kopfkino lief auf Hochtouren!
Wieder nichts, der Duft gefiel den "Damen" auch nicht.
Ich konnte es nicht lassen:
"Ach, Entschuldigung, grüße Sie Frau Sommer! Ich will mich ja nicht einmischen, aber ich denke gerade, der Duft, den Sie mir letztens empfohlen hatten, vielleicht wäre der etwas für die jungen Damen?"
Leicht irritiert sah Frau Sommer mich an: "Was meinen Sie?"
"Na dieser, wie hieß der noch... Blö de Gans...?" Natürlich hatte ich das sehr französisch ausgesprochen.
Frau Sommer sah mich an und versuchte verzweifelt ihre Mimik unter Kontrolle zu halten, aber sichtbar dankbar für die Schützenhilfe.
"Oh... ähm, der ist nicht mehr da, tja, wäre wirklich passend gewesen..."
Dann wandte sie sich wieder den Mädels zu: "Wissen Sie was, ich gebe Ihnen einige Proben für zuhause mit, dann können Sie das in aller Ruhe ausprobieren, ja? Gut, ich schau mal..."
Die sind doch eh nur auf Gratis-Proben scharf, dachte ich im Stillen.
Und in null Komma nichts waren die beiden auch zufrieden und verließen den Laden
– gerade noch rechtzeitig vor Frau Sommers Lachanfall, in den die restlichen Anwesenden herzhaft mit einstimmten!
Texte: Orelinde Hays
Tag der Veröffentlichung: 25.07.2012
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