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URHEBERRECHTE

Alle Rechte für die Ideen, Texte, Gedichte, der Geschichte und des Buches selbst liegen bei der Autorin.

 

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©VANESSA MAGDALENA GÜNTZEL

 

 

Ich bitte um Verständnis.

Sterben

Sterben bedeutet Gemeinschaft

Es verbindet uns

Jeder stirbt

Sterben bedeutet Verlassen

Jemand verlässt uns

Wir verlassen jeden

Sterben bedeutet Allein sein

verlassen zu werden

alleine zu gehen

Sterben bedeutet viel

Doch es verheißt für Lebende nichts Gutes.

Ein Traum

Ich sah das Auto auf uns zukommen, wollte bremsen doch konnte nicht, ich saß nicht am Steuer.

>> Selena! Brems! << schrie ich so laut ich konnte doch sie hörte nicht auf mich, sie stand unter Schock. Der andere Wagen schlitterte immer näher auf uns zu, der Fahrer tritt die Bremse durch doch der Bremsweg ist zu lang. Nun ist der Wagen direkt vor uns ich sehe den verzweifelten Blick des Fahrers. Dieser Blick sagt Entschuldigung, doch das bringt Selena auch nicht wieder zurück. Es knallte und alles war schwarz. Nach einiger Zeit wurde es wieder hell fast grell. Ich lag in einem Krankenzimmer. Etwas Spitzes war in meinem Handgelenk. Eine Nadel. Ich wollte sie raus reißen doch etwas riss meinen Arm unsanft zurück. Eine Armschiene. Der Arzt kam ins Zimmer.

 >> Miss Railey. Sie haben großes Glück gehabt und überlebt. Dennoch unterliegen sie vielen Verletzungen. Und mit tiefstem Mitgefühl muss ich ihnen leider mitteilen dass ihre Schwester den Unfall nicht überleben konnte, sie ist noch am Unfallort verstorben, wir konnten sie leider nicht reanimieren. Mein tiefstes Mitgefühl. Es tut mir sehr leid. Wenn ich etwas für sie tun kann teilen sie es mir mit. <<

 

Mein Herz schlug immer schneller und als es drohte abzuheben, hörte es auf zu schlagen. Sterben ist friedlich. Dennoch fühlte es sich anders an als ich es mir vorgestellt hatte. Es war nicht dunkel. Es war hell und ich sah dass Gesicht eines Engels aber wie durch einen Schleier. Ich wollte sein hübsches Gesicht sehen, doch ich sah alles verschwommen. Der Engel sprach zu mir:

>> Edwina! Wach auf Schätzchen du hast wieder nur einmal geträumt. Wieder dieser Traum? << Ich war erst einmal geschockt, dass ich meine Mom für einen Engel gehalten hatte. Dann war ich froh noch zu leben und im selben Moment, wünschte ich doch tot zu sein. Im Himmel. Bei meiner Schwester. Ich fing an zu heulen wie so oft nach diesem Traum. Es sind nun fast 2 Wochen vergangen seit dem Unfall. Der Unfall hatte schlimme Folgen für mich. Ich bin nicht mehr so gut in Sport und der Arzt meinte es könnte eine Orientierungs- und Gleichgewichtsstörung auftreten. Daran musste ich mich noch gewöhnen. Ich hatte es auch schon verkraftet dass ich eine Weile im Rollstuhl sitzen musste oder eine Zeit danach nur mit Krücken und Schienen laufen konnte. Doch ich habe noch nicht verkraftet, dass ich nun eine Schwester weniger habe und dass meine Mutter und meine kleine Schwester sich verändert haben.

Die Veränderung

>> Ohne Selena! << fing ich meine Rede auf der Beerdigung an

>> fehlt uns allen etwas. Sie war diejenige, die uns alle auf Trab gehalten hat und uns angefeuert hat etwas Neues aus zu probieren. Unsere Familie war mit Selena keine normale Familie, aber die glücklichste. Nur bei Selena konnte man ernst bleiben und dabei Spaß haben. Und Selena war immer für einen da. Sie war verantwortungsbewusst, aber hatte trotzdem Spaß. Sie hat nie irgendwen im Stich gelassen und vor allem war ihr die Familie immer wichtiger als alles andere. Sie war ein einzigartiger Mensch. Ein Mensch den es nur einmal gab auf dieser Welt. Niemand wird sie je ersetzten können. Niemand wird uns je so viel bedeuten wie Sie. Seit Selena uns verlassen hat, hat sich unser Leben verändert, wir haben uns verändert und das nicht zum positiven. Ich glaube ich spreche für uns alle wenn ich sage, ohne Selena fehlt ein Teil von uns und dass jeder von uns sie jetzt schon vermisst. Und ich glaube ihr versteht mich wenn ich jetzt sage, dass es keine Worte gibt, die so einen besonderen Menschen beschreiben können. Ich wusste bis gestern nicht wie ich das Gefühl beschreiben sollte. Das Gefühl sie verloren zu haben. Doch ich weiß, dass Selena unser aller Lächeln mit sich genommen hat. Und ich weiß dass niemand diese Leere je ganz füllen könnte, den nur ein Mensch kann in unserem Leben niemals ersetzt werden. Und ich denke Selena war dieser Mensch für uns. Etwas besonderes. Etwas wertvolles. Etwas was uns für immer fehlen wird. Doch Selena war immer jemand der jeder Sache etwas positives abgewinnen konnte. Und so habe ich es auch versucht. Doch an dieser Sache gibt es nichts das ich als positiv bezeichnen würde. Dennoch würde sie wollen dass wir nach vorne blicken und stets positiv zu denken vermögen. Es wird schwer werden, aber wir sollten Selena in unserem Herzen weiterleben lassen. Deshalb bitte ich euch den Teil ihres Charakters zu übernehmen der sie ausmachte. Ihre stets verrückter Hang zum glücklich sein. Lasst sie durch euer Lachen weiterleben, sodass wir sie nie vergessen werden. Auf Wiedersehen Selena. Du wirst uns Fehlen.  Ich danke euch. <<

Es stimmte. Alles hatte sich verändert. Die Sonne schien jeden Tag tiefer zu scheinen. Und Meine Mutter und meine kleine Schwester Amy, haben sich verändert. Die kleine immer strahlende Amy ist nun eher schüchtern und traurig, ich glaube sogar sie verliert den Halt den sie früher hatte. Und Mom, Sie wird immer verzweifelter sie war einzigartig doch nun meint sie sie hätte alles falsch gemacht. Sie fängt sogar schon an Erziehungs-Ratgeber zu lesen, die unser Leben noch mehr durch einander bringen.

In der folgenden Nacht wurde ich wieder durch diesen einen sich wiederholenden Albtraum wachgehalten. Unsere Familien-Therapeutin denkt, dass ich mir die Schuld an dem Unfall gebe. Als ob das nicht offensichtlich wäre, dass ich an diesem Unfall Schuld bin. Es war an einem Samstagabend. Ich wollte etwas besonderes erleben, etwas verrücktes tun. Und Mit Selena zum Strand fahren. Das hört sich nun nicht sonderlich aufregend an, aber wenn man seit Jahren nicht mehr dort gewesen war, war es etwas wundervolles sich darauf freuen zu können. Selena wollte mir diesen Gedanken, diesen Wunsch schon länger erfüllen und da an diesem Abend mein Geburtstag war, ergab sich eine gute Gelegenheit. Aus irgendeinem dummen Grund wollte ich unbedingt Nachts an den Strand. Ich verstehe bis heute nicht was ich mir davon versprochen hatte. Jedoch schaffte Selena es einen ganz besonderen Abend daraus zu zaubern. Den schönsten letzten Abend den man sich vor dem Tod seiner Schwester vorstellen kann. Aber dennoch will ich mich nicht an diesen Tag erinnern. Denn immerhin war es ihr letzter. Und das werde ich immer mit diesem, wenn auch wundervollen Tag, verbinden. Wir rannten über den Strand hörten Musik und gesellten uns zu einer Surfer Party. Natürlich tranken wir nichts, ich war zu glücklich um in diesem Moment benebelt sein zu wollen. Und Selena bestand darauf zu fahren. Bevor wir zu unserem Kurztrip aufgebrochen waren, diskutierten wir welchen Wagen wir nehmen sollten. Wir entschieden uns für ihren etwas ramponierteren und mindestens 15 Jahre alten Transporter in hellgelb. Der Rost blätterte schon von den Türen und jede einzelne Radkappe war verloren gegangen. Wir hatten es im Gefühl das dies die letzte Reise in diesem Auto wäre. Allerdings dachten wir aus anderen Gründen. Auf der Rückfahrt waren wir so glücklich. Wir sangen zum zehnten mal zu unserem Lieblingssong "Jolene" und ich sang in einen noch heißen Hähnchenschenkel, den ich mir aus dem KFC-Bucket nahm. Auch diesen wundervollen Genuss fand man in unserer Gegend nur ausser Reichweite. Als wir gerade die letzte Strophe des Refrains schmetterten, fuhren wir über eine Kreuzung und alles verlief viel zu schnell. Da wir die Vorfahrt und eine grüne Ampel hatten achteten wir gar nicht auf den LKW-Fahrer, der aus der Seitenstraße der Kreuzung bretterte. Als ich die Scheinwerfer auf Selena zukommen sah schrie ich ihr zu, doch sie hörte nicht. Unser Wagen wurde an der Fahrerseite komplett eingedrückt und überschlug sich mit solch einer Geschwindigkeit, dass ich nicht verstand was passierte. Als endlich das Bild vor meinen Augen stillstand, blickte ich zu meiner Schwester. Sie war Blutüberströmt. Sie bewegte sich nicht mehr. Und gerade als ich meine leblose Schwester ansah und verstand, was so eben passiert war, riss sie die Augen auf und schaute sich suchend um. Als ihre Augen mich fanden flüsterte sie diesen einen Vers, den ich nie vergessen werde.

>> Was mit Liebe begann,

Die Familie verraten,

Mit Hass besiegelt,

Durch den Herrscher verbannt,

Sucht er auf Erden,

Mit Flüchen verdammt,

Ein Kuss verändert,

Des Lichten Erbe,

Doch bringt der Tod die Dunkelheit,

Die Wandlung wird vollendet sein. <<

Bei den letzten Worten riss sie die Augen noch weiter auf und schrie fast. Es war unheimlich so hatte ich sie noch nie gesehen, es war fast als hätte etwas von ihr Besitz ergriffen. Ich streckte meine Hand nach ihr aus und berührte sie an der Schulter. Sie blinzelte ein paar mal und schaute mich durch glasige Augen an. Dann lächelte sie mich an.

>> Ich liebe dich, Schwesterchen. Kämpfe um die Familie. <<

 

Ihre Lider flatterten und dann schlossen ihre Augen sich ganz und ihr Kopf kippte sanft zur Seite und in diesem Moment war mir klar dass ich meine Schwester verloren hatte.

Dann blickte ich auf meine Hände. Ich hielt den Eimer mit den Hähnchenteilen fest umklammert. Unversehrt und unberührt. Unfair. Dieser Bucket hatte keinen Kratzer abbekommen, keine Hot Wings verloren. Und Selena? Sie sitzt direkt neben mir, ihre Beine in einem eigenartigem Winkel verdreht und sie hatte so viel Blut verloren. Wieso musste diese wundervolle Nacht so enden? Ich hatte nie einen schlimmeren Geburtstag gehabt.

 

Das piepsende Handy holte mich zurück in die Realität. Tränen dieser Erinnerung liefen meine Wangen hinunter und ich trocknete sie mit meinem Schlafanzugärmel. Doch es liefen immer neue Tränen nach. Ich war schuld gewesen, hätte ich den Geburtstag einfach wie jedes Jahr zu Hause verbracht mit einem Filmeabend, dann wäre alles nicht passiert. Hätte ich nicht darauf bestanden am Abend zu fahren, währe dieser dämliche LKW-Fahrer nicht in unseren Wagen gekracht. Auch als die Polizei herausfand das der Fahrer betrunken war, wusste ich das ich trotzdem die Schuldige war. Als die Erinnerung an diesen Unfall langsam nachliesen, versiegten auch die Tränen.

 Ich kann nun sowieso nicht mehr schlafen, also stand ich gleich auf. Da ich noch über zwei Stunden Zeit hatte, entschied ich mich dann für einentspannendes Bad, ich schnappte mir mein Lieblingsbuch und machte es mir in der Wanne gemütlich, um mich abzulenken. Ich las ein Viertel des Buches. Dann trocknete ich mich ab und cremte mich mit meiner neuen Bodylotion ein. Amy stand auf und kam zu mir ins Bad, als ich gerade beim Zähneputzen war.

>> Morgen Teddie! << sie stellte sich auf die Zehenspitzen versuchte mich auf die Backe zu küssen, schaffte es nicht und gab auf. Ich bückte mich und gab ihr ein Küsschen. 

>> Morgen Kleine! <<

>> Ich bin nicht mehr klein, Teddie! Heute ist mein 6. Geburtstag, ab heute bin ich groß verstanden! << Ich musste grinsen. Meine kleine Schwester, welche mich seit sie zwei Jahre alt ist Teddie anstatt Eddie nennt, soll groß sein. Erwachsen. Unglaublich.

>> Okay. Alles Gute. Feierst du heute? <<

>> Nein, ich darf erst am Wochenende hat Mami gesagt. Weil ich noch lernen soll für Mathe. Kannst du mir da helfen? <<

>> Klar doch. Wir können heute nach der Schule ja auch einkaufen gehen für deine Feier. Einverstanden? <<

>> Ja Teddie. Danke << 

Ich wusch mir noch schnell das Gesicht und betrachtete mich im Spiegel. Ich sah etwas blass aus aber dass war mir egal. Meine Blonden langen Locken umschmiegten mein Gesicht und meine Augen waren etwas geschwollen. Also ging ich in die Küche und legte zwei Löffel in den Kühlschrank was sowohl meine Mutter verwunderte aber auch meine Augen etwas abschwellen lies. Ein bisschen Wimperntusche dachte ich könnte ich am ersten Schultag schon benutzen, man möchte ja auch einen guten Eindruck hinterlassen. Ich ging zu meinem Schrank und suchte mir eine Jeans und einen türkisen Lieblingspullover raus und zog es mir über. Schnappte meine Umhängetasche mit den Büchern und ging zu meinem neuen Auto. Es war ein türkises Cabrio, eigentlich ist der BMW M3 nicht in türkis im Handel, aber mein Vater hat ihn mir nach-träglich geschenkt und ihn gleich in meiner Lieblingsfarbe umlackieren lassen. Eigentlich steh ich nicht auf protzige Sachen, aber da Auffallen eines der Hobbys meines Vaters ist, bekomme ich immer extravagante Dinge geschenkt. An der Schule angekommen schnappte ich irgendeinem Typen den Parkplatz weg und merkte erst einmal nicht dass er mir hinterher lief.

>> Sag mal spinnst du eigentlich? Bist du immer so eingebildet oder was? <<

>> Sorry aber stand auf dem Parkplatz dein Name? Nein ich denke nicht."

 >> Nein aber wahrscheinlich nur nicht weil ich neu hier bin. Das Schild wird bestimmt gerade angefertigt. <<

Ich musste lachen. Dennoch lief ich schneller und lies ihn einfach auf dem Parkplatz stehen. Ich setzte mich in der Klasse neben Mary, ich kenne sie schon seit dem letzten Schuljahr. Sie ist die einzige von meinen besten Freunden, die nicht vor mir geflüchtet ist, als meine Trauerphase wegen meiner Schwester einfach nicht enden wollte. Mrs. Stevens betrat schon nach kurzer Zeit den Klassenraum und stellte uns den mir schon bekannten Mr. Parkplatz vor. Er hieß allerdings David eigentlich ein ganz netter Name. Ich schaute mir David noch mal genauer an und er kam mir auch sehr bekannt vor, ich wusste nicht woher, aber ich hatte ihn definitiv schon einmal gesehen! 

Das tolle an Mrs. Stevens ist, sie ist immer freundlich zu mir und versucht es mir recht zu machen, da ich die Klassenbeste bin. Doch heute als sie es wieder gut gemeint hatte, ging etwas schief. Der einzig freie Platz war natürlich neben mir, da immer 3 Schüler an einer Bank sitzen. So musste David direkt neben mir sitzen.  Den Rest der Stunde versuchte ich ihn zu ignorieren, was kein großes Problem wäre, wenn es mich nicht so aus der Rolle werfen würde, dass ich genau merkte wie er mich die ganze Stunde anstarrte. Ich stand auf und packte meine Tasche zusammen. Ich fasste mir Mut und stellte ihn zur Rede.

>> Was schaust du mich so an? << 

>> Wieso sollte ich das nicht tun? <<

Das brachte mich so aus der Fassung dass ich das Gleichgewicht verlor und direkt  auf ihn drauf fiel.

>> Sag mal, ist dir eigentlich nichts besseres eingefallen, mir näher zu kommen? <<

>> Nein, tut mir leid. Ich stoße heute irgendie nicht auf meine Kreative Ader. Ich kann mich dafür nur entschuldigen. <<

Das lies ihn für einen Moment sprachlos und so konnte ich meinen eleganten Abgang doch noch vollführen. Ich war zufrieden und ging stolz indie Cafeteria, wo kein Platz auf mich wartete. Mary schaute mich entschuldigend an, sie hatte mir keinen Platz freigehalten.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 05.10.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An meine Familie und an all diejenigen die mir gute und schlechte Erfahrungen gebracht haben. Ihr habt mich zu dem gemacht was ich bin.

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