Schwarze Spuren
Jessica Oldach
Copyright © 2014 by Jessica Oldach
Lektorat und Korrektorat: Nele Mengler
Covergestaltung: Timo Würz
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 1499267169
ISBN-13: 978-1499267167
Gelangweilt starrte ich aus dem verschmierten Fenster in die trübe Morgenlandschaft.
Wieso tue ich mir das überhaupt an?, dachte ich, völlig unterfordert mit dem Stoff, den wir im Augenblick an der High-School durchnahmen.
„Mr. Gallas, könnten Sie bitte wenigstens so tun, als würden Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Thema richten und nicht demonstrativ aus dem Fenster schauen.“ Genervt blickte ich zu der jungen, hübschen Referendarin und schenkte ihr ein gekünsteltes Lächeln.
„Wie kommen Sie denn darauf, dass ich Ihrem Unterricht nicht folge? Es ist nur so: Da ich die Grundlagen schon beherrsche, ist das für mich quasi eine Wiederholung des Stoffes.“ „Wirklich?“ Die blonde Referendarin rückte ungläubig ihre schwarze Brille zurecht. „Nun, Mr. Gallas. Dann können Sie uns mit Sicherheit auch die nächste Aufgabe der binomischen Formeln vorrechnen. Seite 53, Aufgabe Nummer zwei.“ „Natürlich Mrs. Anders, das mache ich doch gerne für Sie.“ Mein intensiver Blick ließ Sie nervös werden. Ich liebte es, mit Frauen zu spielen. Vor allem, wenn ich wusste, dass ich genau das bekam, was ich wollte.
Ich las mir die Aufgabe durch und ging nach vorne. Es war ein Leichtes für mich, die Aufgabe an der Tafel zu lösen, zumal ich in Mathe schon immer ein Ass war.
Da Mrs. Anders neu an der Schule war, konnte sie das natürlich nicht wissen.
Überrascht blickte sie auf die korrekten Berechnungen und das richtige Ergebnis. „Ich bin beeindruckt. Sie beherrschen das Thema anscheinend wirklich“, sagte sie zu mir, während ich zu wieder zurück an meinen Platz ging. Daraufhin drehte ich mich um und konnte mir die Äußerung, die mich wieder einmal zum Rektor hätte befördern können, nicht verkneifen. „Sie können sich gar nicht vorstellen, welche Talente noch tief in mir drin schlummern.“
Ich betrachtete sie von oben bis unten und lächelte ihr verschmitzt zu. Die gesamte Klasse fing an zu grölen, und erst das brachte Mrs. Anders dazu, sich wieder an den Regeln zu orientieren. „Das reicht jetzt! Mr. Gallas, Sie kommen mit mir, und zwar auf der Stelle!“ „Hmmm, mit Ihnen zusammen kommen würde ich gerne einmal.“ Genüsslich leckte ich mir über die Lippen, während Mrs. Anders rot anlief und schrie: „RAUS, ABER SOFORT!!!“
Gemütlich marschierte ich zur Tür. Mrs. Anders war mir mit ihren hochhackigen Schuhen dicht auf den Fersen.
„Ihr macht bitte die nächste Aufgabe, während ich mit Mr. Gallas zum Rektor gehe.“ Ohne auf Widerworte zu warten, knallte sie die Klassenzimmertür zu und eilte an mir vorbei.
„Jetzt können Sie sich aber auf etwas gefasst machen.“
Oh Mann, wieder eine von der hektischen Sorte, aber die sollen ja auch ganz gut abgehen, ging es mir durch den Kopf.
„Was lachen Sie denn so?“ Mrs. Anders war inzwischen stehen geblieben und wartete angespannt auf mich. „Ich habe mir nur etwas vorgestellt, wissen Sie ...“ „Ich glaube, das will ich gar nicht wissen.“ „Oh, mit Sicherheit wollen Sie das, und wie Sie das wollen.“
Mrs. Anders ging langsam auf mich zu, wirkte dabei aber sehr angespannt. „Wenn Sie nicht einer meiner Schüler wären, hätte ich Ihnen schon längst eine gescheuert!“ Ich merkte, wie sie kurz davor war, vor Wut zu explodieren. Es fehlte nur noch eine winzig kleine Bemerkung, die das Fass zum Überlaufen bringen würde. Und genau das versuchte ich jetzt. „Das weiß ich doch, Mrs. Anders. Sie stehen eben auf SM. Also scheuen Sie sich nicht davor, es herauszulassen, Sie wissen ganz genau, dass es mir gefällt.“ Ich zeigte ihr meine perlweißen Zähne und förderte damit meine volle Arroganz zutage. Doch ich hatte mich zu früh gefreut. Sie hatte sich noch immer im Griff. In einem abwertendem Tonfall flüsterte sie: „Sie widern mich an, Mr. Gallas.“ „Das nehme ich dann wohl als Kompliment.“ Ein ironisches Lachen entglitt ihr. „Sehen Sie es, wie Sie es wollen. Scheinbar sind Sie schon so tief gesunken, dass Ihnen überhaupt nicht bewusst ist, was Sie mit Ihrem Handeln alles anrichten. Wie sehr Sie damit Ihre Zukunft auf dem Arbeitsmarkt blockieren. Ja, Ihnen fällt noch nicht einmal auf, dass die Frauen von Ihnen die Nase gestrichen voll haben.“ „Das kommt daher, weil die meisten von ihnen mehr wollen als nur Sex. Aber das kann und werde ich ihnen auch niemals bieten können.“ „Mein Gott, für wen halten Sie sich eigentlich?“ „So hat mich zwar noch keiner genannt, aber das kommt mir schon sehr nahe.“
Ich streckte meine Hand aus und strich ihr sanft über die Wange. Der Blickkontakt zu ihr war elektrisierend scharf. „Sie wissen gar nicht, wie ich wirklich bin.“ Vorsichtig und zielstrebig glitt mein Arm hinunter zu ihrem knackigen Po. Die Luft war zum Ersticken knapp. Ich konnte nicht anders, als meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. „Ich bin ein kleiner Junge, der es nur auf Frauen mit gewissem Potenzial abgesehen hat, und Sie dürfen sich glücklich schätzen, dass Sie zu meinem Fang dazugehören.“ „Fang?“, kam es ungläubig von ihren prächtigen Lippen. „Ja, Sie sind ein echt guter Fang.“ In diesem Moment schnappte sich meine rechte Hand ihre linke Pobacke und drückte sie an mich ran. Mein Mund presste sich fest auf ihren. Gerade als ich die Zunge mit ins Spiel bringen wollte, riss sie sich von mir los und wollte mir tatsächlich eine runterhauen. Meine Reflexe waren jedoch viel zu gut, und so hielt ich ihren Arm genüsslich in meiner Hand. „Aber, aber Madam. Wollen Sie, dass ich Sie jetzt schon bestrafe? Hier im Flur?“ Sie schrie wie ein wild gewordenes Biest und versuchte, sich zu befreien. „Lassen Sie mich los! Was fällt Ihnen eigentlich ein?“ „Mir fallen viele Dinge ein, die man ausprobieren könnte.“ Sie zog regelrecht, um sich zu befreien, also ließ ich ihren Arm los, und sie stürzte auf den Boden. Breitbeinig saß sie nun im Flur. Ihre schwarzen Stöckelschuhe hatten leichte Spuren hinterlassen. Das beige Kleid, das sich nun etwas nach oben geschoben hatte, lieferte mir einen kurzen Einblick in die Höhle des Ungewissen. Sie trug einen dunkelblauen Slip, der ihre weiße Haut umso mehr zur Geltung brachte. Sie hatte sich schnell wieder im Griff, stand auf und scheuerte mir nun tatsächlich eine.
„Kommen Sie mit.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren folgte ich ihr. Mrs. Anders führte mich die Treppen hinab zum Zimmer des Rektors. Ihr war scheinbar nicht bewusst, dass ich die Rektorin der Schule bereits um meinen Finger gewickelt hatte, daher war vorauszusehen, dass meine Strafe sehr geringausfallen würde.
Doch als Mrs. Anders die Tür zum Rektorzimmer öffnete und mich freudestrahlend hineinbat, verschlug es mir die Sprache. Hinter dem riesigen Eichentisch saß ein sehr stämmig gebauter Mann, der grimmig hinter seinen dicken Brillengläsern hervorblickte, da er mitten in seinem Papierkrieg durch einen unangekündigten Besuch gestört wurde.
„Darf ich Ihnen vorstellen, Mr. Gallas: der neue Rektor der Schule.“ „Was gibt es denn so Wichtiges, Mrs. Anders, dass Sie mich mitten in meiner Arbeit unterbrechen müssen?“ „Nun, Sir, Mr. Gallas hat den Unterricht gestört, da er den Stoff bereits kennt und er daher denkt, dass er nicht aufpassen müsste.“ „Das stimmt doch überhaupt nicht, Mrs. Anders, oder wollen Sie behaupten, dass ich mich geweigert hätte, die Aufgabe mit den binomischen Formeln an der Tafel zu lösen?“, unterbrach ich sie bedacht.
Typisch, die Sache im Flur lässt sie natürlich weg. Obwohl es wahrscheinlich eher mir schaden würde als ihr, also muss ich ihr eigentlich dankbar sein.
Mrs. Anders ignorierte mich auf eine Art und Weise, die mir nicht gefiel. Sie tat so, als würde ich mich gar nicht im Raum befinden. „Des Weiteren hat der Schüler mir gegenüber diverse sexuelle Anspielungen gemacht, die sehr beleidigend und provokativ waren.“
Scheiße, jetzt ist es raus.
„Beleidigend? Also, Mrs. Anders, welche Andeutung war denn bitteschön beleidigend für Sie? Ich habe Ihnen nur gesagt, wie sehr sich Ihr Körper nach mir sehnt und wie scharf ich Sie finde, weiter nichts.“
Mrs. Anders blickte nur geradewegs zum Rektor, während ihre rechte Handfläche zu mir hindeutete. „Sehen Sie, was ich meine, Mr. Lang! So geht das schon die ganze Zeit!“ „Lassen Sie uns bitte allein, Mrs. Anders, ich regel das mit Ihrem Schüler.“
Die Tür fiel ins Schloss, und nun saß ich nur noch mit dem Rektor im Zimmer. „Sagen Sie mal, was denken Sie sich eigentlich dabei? Meinen Sie etwa, die Frauenwelt liegt Ihnen zu Füßen?“, sprang der Rektor aufbrausend aus seinem bequemen Ledersessel auf. Ich zuckte mit den Schultern und nickte. „Ja, irgendwie schon.“ Mr. Lang schüttelte den Kopf. „Jetzt hör mal gut zu, Sunnyboy. Ich weiß zwar nicht, was in deinem Hirn so vor sich geht, aber eines ist klar: Mrs. Anders steht mit Sicherheit nicht auf dich. Du solltest es vielleicht einfach akzeptieren, dass nicht jede Frau auf arrogante Poser steht! Und damit ich es dir noch ein bisschen näher bringen kann, schreibst du mir bitte über das hier eine Inhaltsangabe.“ Er drückte mir eine 30-seitige Lektüre über die Ökologie der Pflanzen in die Hand. „Was? Aber da sitz ich ja den ganzen Tag dran!“ „Das ist ja auch Sinn und Zweck der Sache, Mr. Gallas. Sie bleiben bei mir im Büro sitzen, damit ich Sie überwachen kann, bis Sie die letzten Zeilen Ihrer Inhaltsangabe fertig geschrieben haben.“
Völlig genervt setzte ich mich auf das Sofa mit dem Beistelltisch. „Was ist eigentlich aus der Rektorin geworden?“, fragte ich neugierig.
„Sie wurde gefeuert. Es stellte sich heraus, dass sie gegen eine ernst zu nehmende Regel verstoßen hatte. Ich denke, Sie wissen ganz genau, wovon ich spreche.“ „Ja, Sir, das tue ich.“
Ich wusste zwar, dass die Rektorin in Sachen Sex nicht wirklich einen guten Ruf an der Schule hatte, aber dass es so krass war, hatte ich nicht geahnt. Mich schauderte es, wenn ich an den Tag zurückdachte, als sie mir an die Wäsche wollte. Sie war einfach nicht mein Typ gewesen. Viel zu dick und zu hässlich.
„Mr. Gallas?“, riss mich der Rektor aus meinen Gedanken. „Ja?“ „Könnten Sie bitte anfangen“, drängte er. „Ja doch, aber ohne Block und Schreibgerät kann ich nichts tun.“ Er reichte mir einen Spiralblock und einen blauen Kugelschreiber. „Jetzt fangen Sie endlich an, und seien Sie froh darüber, dass ich Sie wegen dieser Aktion nicht von der Schule geschmissen habe. Ich gebe Ihnen noch eine einzige Chance, vermasseln Sie‘s nicht.“ Grimmig setzte sich Rektor Lang wieder auf seinen Platz.
Oh Mann. Bei dem hab ich echt verschissen. Jetzt muss ich mich wirklich anstrengen.
Ich begann also mit dem Lesen und wartete sehnlichst darauf, dass dieser schreckliche, nicht enden wollende Tag zuneige ging.
Vollkommen gerädert verließ ich um 20.00 Uhr das Büro des Rektors. Mein gesamter Tag war nun vollkommen ruiniert, und das nur, weil ich mal wieder nicht meine Klappe hatte halten können.
Ich ärgerte mich über mein Verhalten, als ich das Gebäude verließ und war gleichzeitig überrascht, dass es schon so spät war. Ich hatte die Schule bisher nur vollkommen überfüllt in Erinnerung. Scheinbar war Rektor Lang der Einzige, der hier zu später Stunde noch beschäftigt war.
Draußen sog ich die kalte Nachtluft tief in meine Lungen, um den Druck in meinen Kopf etwas zu mildern. Leider half auch das nicht sonderlich viel. Träge begab ich mich auf den Heimweg.
Das grelle Geräusch der Klingel an der Haustür sorgte nicht wirklich dafür, dass es mir besser ging. Als meine Geschwister wild und schreiend zur Tür gerast kamen, um mir freudestrahlend die Tür zu öffnen, lagen meine Nerven völlig blank. Ein Gedränge und Geschubse, wer mir nun zuerst die Tür öffnen durfte.
„Es reicht!“, schrie eine ohrenbetäubende Stimme aus der Küche hinaus. Durch die milchige Glasscheibe an der robusten Haustür konnte ich erkennen, wie meine ältere Schwester mit ihrem kleinen Jungen auf dem Arm im Türrahmen der Küche erschien.
„Lukas, würdest du bitte so freundlich sein und deinem Bruder die Tür öffnen?“ Endlich öffnete sich die Tür. Lukas, mein kleinster Bruder, schaute mir mit seinen großen, braunen Augen entgegen. „Wieso kommst du so spät?“ Widerwillig machten mir meine restlichen fünf Geschwister den Weg frei, damit ich eintreten konnte.
„Ich hatte noch was zu erledigen, Kleiner. Dein Bruder ist sehr beschäftigt, weißt du …“ Ich strich ihm sanft über sein dunkles, glattes Haar. Ein lautes Lachen ertönte. „Seit wann bist du denn beschäftigt? Wohl eher mit den Frauen!“ Wieder blickte ich in das Gesicht meiner älteren Schwester Kelly. „Muss das jetzt sein?“, fragte ich genervt.
„Was denn? Ich sag doch nur die Wahrheit.“ „Was meint Kelly mit den Frauen?“, zupfte mir Clark am T-Shirt, neugierig darauf, was nun als nächstes folgen würde. Er war gerade mal sechs Jahre alt, obwohl er durch seine Größe zwei Jahre älter aussah und um einiges reifer war. Blickte man ihm jedoch ins Gesicht, konnte man ihm seine Kindlichkeit klar und deutlich ansehen.
„Na toll hast du das gemacht! Wolltest du das damit erreichen? Dass ich dir meine Storys hier vor meinen Geschwistern erzähle?“ Ich war sowieso noch wegen der Strafarbeit geladen, und jetzt nervte mich meine Schwester mit solch einem unnötigen Zeug. Wütend fixierte ich Kelly.
„Siehst du, du gibst es sogar zu! Streitest es noch nicht einmal ab! Sag mal, schämst du dich denn nicht?“ „Wofür sollte ich mich denn schämen? Ich hab doch gar nichts getan!“ „Willst du jetzt wieder das Unschuldslamm spielen?
Das klappt vielleicht bei Mom, aber nicht bei mir!“ Verständnislos schüttelte ich den Kopf, ging an meinen Geschwistern vorbei und wollte gerade meinen rechten Fuß auf die Holztreppe setzen, als mich Kelly erneut aufhielt. „Wo willst du hin!?“ „In mein Zimmer, wenn du es erlaubst!“, blaffte ich zurück. „Ich bin noch nicht fertig mit dir!“ „Ich erinner dich nur ungern daran, aber du bist nicht Mom!“ „Das weiß ich!“, keifte sie zurück. „Gut, dann weißt du mit Sicherheit auch, dass ich dir keine Rechenschaft schuldig bin!“
„Aber mir.“ Meine Mutter schritt aus der Küche hinaus und blieb kurz vor mir stehen. Sie hatte ihr einst strahlend schwarzes Haar zu einem Knoten zusammengebunden, und einige graue Strähnen lösten sich leicht aus ihrer Frisur. Mit einer dreckigen, mehligen Schürze stand sie misstrauisch vor mir.
Sie backt mal wieder, dachte ich.
Das tat sie immer, wenn sie an Vater denken musste.
„Guten Abend, Mom.“ Ihre Gesichtszüge wurden etwas weicher. Sie zog mich zu sich und schenkte mir eine liebevolle Umarmung. „Ich hab mir Sorgen um dich gemacht.“
Beruhigend klopfte ich ihr auf die Schulter. „Das brauchst du nicht. Wie du siehst, ist mir nichts passiert.“ Sie löste sich aus der Umarmung. „Eine Mutter macht sich immer Sorgen um ihre Kinder. Du hättest dich wenigstens mal melden können. Ein Anruf hätte genügt, aber nein, du hältst es wieder mal nicht für nötig, dich bei uns zu melden. Ist es dir zu peinlich vor ihnen?“
„Was? Nein. Außerdem musste ich nachsitzen.“ „Lüg mich nicht an!“ Der Ton meiner Mutter wurde energischer. Ich lächelte kopfschüttelnd. „Ist ja lustig, dass einem noch nicht einmal geglaubt wird, wenn man die Wahrheit sagt. Kelly, das hast du ja echt gut hinbekommen.“ „Ich?“ „Jetzt tu nicht so unschuldig. Wer hat denn Mom diese Geschichten eingetrichtert!? Ist es der Neid? Oder der Hass auf mich, weil dein Macker dich mit dem Kind hat sitzen lassen? Ich kann ihn verstehen. Wenn ich so eine wie dich am Bein hätte, würde ich auch eher die Flucht ergreifen, als bei dir zu bleiben.“
„Neythen! Es reicht!“, schrie mich meine Mutter an. Kellys Augen füllten sich mit Tränen. Verletzt blickte sie mir in die Augen und verschwand mit ihrem Kleinen auf dem Arm in der Küche. Meine anderen Geschwister folgten ihr, böse Blicke auf mich gerichtet. Selbst Lukas wandte sich von mir ab. Nun stand ich allein mit meiner Mutter im Flur.
„Musste das jetzt sein?“ „Was denn? Kelly hat doch damit angefangen“, verteidigte ich mich. „Sie hätte es mit Sicherheit nicht so weit getrieben“, erwiderte meine Mom. „Nur weil ich es verhindert habe“ war alles, was ich darauf entgegnete.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Neythen, wie lange willst du denn noch so leben?“ „Mom, ich bin 20. Ich kann also tun und lassen, was ich will.“ Sie nickte. „Wenn du das so siehst, lässt du mir keine andere Wahl.“ „Welche Strafe hast du dir diesmal ausgedacht?“, fragte ich gelangweilt. Gleich darauf bereute ich meine Reaktion, da ich meine Mutter in eine Richtung gelenkt hatte, die mir gar nicht bewusst war. „Ich gebe dir noch einen Monat Zeit, dann bist du hier raus.“ „Was?“, schrie ich völlig entsetzt.
„Du hast mich schon richtig verstanden. Ich schmeiße dich raus. Vielleicht lernst du dann, auf eigenen Füßen zu stehen.“ „Ach, und Kelly hat ihr Leben voll im Griff!? Wenn es danach ginge, müsstest du sie als erste raus schmeißen. Sie ist 22, war verliebt über beide Ohren, wollte den Kerl sogar heiraten, lässt sich schwängern von ihm und plötzlich: aus der Traum.
Er verlässt sie wegen einer anderen und lässt sie sitzen. Und dann sagst du, ich soll auf eigenen Beinen stehen!? Und was macht sie? Sie lässt sich hier durchfüttern!“
„Das ist etwas ganz anderes, und das weißt du auch. Sie ist vollkommen fertig wegen der Trennung von Joe und völlig überfordert mit der Situation. Keiner von uns hat gedacht, dass es einmal so enden würde mit den beiden.“
„Du redest ja davon, als wären sie jahrelang zusammen gewesen. Mom, es war vielleicht gerade mal ein Jahr, und dass es keiner geahnt hätte, stimmt auch überhaupt nicht. Ich hab die ganze Zeit gesagt, dass er sie nur verarschen würde, aber nein, auf mich hört ja keiner. Ich bin das schwarze Schaf in der Familie. Und jetzt hasst sie mich, weil sie weiß, dass ich recht hatte und weil ich mich mit den Frauen so gut verstehe.“ Ein fieses Grinsen zeichnete sich über meinen Lippen ab.
„Du hast dich verändert, Neythen, das fällt allen hier in der Familie auf. Lukas vielleicht noch nicht. Er ist aber auch erst vier. Doch bald wird selbst er sich von dir abwenden, wenn du so weitermachst! Willst du das wirklich?“
Ich drehte mich um und stieg ein paar Stufen die Treppe hinauf. „Ich geh auf mein Zimmer.“ „Neythen! Bitte versuch doch, mich zu verstehen“, flehte meine Mutter.
„Ich hab dich verstanden. Ist schon klar. Ich bin in vier Wochen hier raus. Aber von einer Sache kannst du ausgehen“, ich drehte mich noch einmal zu meiner Mutter: „Ich werde nicht mehr hierher zurückkommen.“
„Ach, mein Junge, das sagst du doch jetzt nur so.“ „Sehe ich etwa so aus, als würde ich scherzen?“ Meine Miene war eiskalt. „Was hält mich denn noch großartig hier, seitdem Vater nicht mehr hier ist? Außer Lukas nichts mehr.“
Nun protestierte meine Mutter: „Du musst dich endlich damit abfinden. Er wird nicht mehr zurückkehren. Er ist tot.“ „Danke, dass du mich nochmal daran erinnerst.“
„Neythen, bitte. Für jeden von uns ist es nicht leicht, auch jetzt noch, nach eineinhalb Jahren. Aber wir haben versucht weiterzuleben.“
„Das habe ich auch“, sagte ich resigniert.
„Ja, aber wie? Du lässt dich hängen, folgst dem Unterricht nicht und bringst dich nur noch in Schwierigkeiten, gerade was deine Frauengeschichten angeht. Meinst du, das hätte dein Vater gewollt?“
„Meinst du, Vater hätte gewollt, dass du dir nach einem Jahr schon nen Neuen angelst?“ Sie verstummte. „Genau! Ganz bestimmt nicht. Und jetzt stehst du hier und fragst mich, wieso ich so geworden bin, wie ich jetzt bin.“ Langsam ließ ich meine Worte auf sie wirken. „Kannst du es dir denken, oder soll ich es dir ins Gesicht sagen?“
Sie hielt erschrocken ihre Hand vor den Mund. Ich drehte mich um und stieg einige Stufen hinauf. „Du hast die restliche Zeit, die du hier unter diesem Dach verbringst, Hausarrest!“, rief mir meine Mutter hinterher. „Auch gut. Das ändert trotzdem nichts daran, dass allein nur du die Schuld dafür trägst, wie ich heute geworden bin!“
Geschafft ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte zur Decke. „Was für ein scheiß Leben. Kann es eigentlich noch schlimmer kommen?“, redete ich mit mir selbst. Ich dachte an die Zeit zurück, als mein Vater noch lebte, als alles noch in Ordnung war. Wie glücklich unsere Familie einmal war. So etwas wie Streit hatte es bei uns fast nie gegeben. Als wäre es erst gestern gewesen, erschien vor meinem geistigen Auge der Tag, der alles verändert hatte. Sie sagten, es wäre ein Arbeitsunfall gewesen.
Ob das stimmt oder nicht, kann ich ihn jetzt nicht mehr fragen.
Die Radladerschaufel hat ihm den letzten Atem geraubt. Sie war wohl nicht richtig verriegelt worden, und ohne dass er es bemerkt hatte, war die Schaufel auf ihn heruntergedonnert. Auf seinen gesamten Körper. Er war sofort tot. Das war die einzig erfreuliche Nachricht, dass er nicht hatte leiden müssen.
Tief in Gedanken versunken trieb mich meine Müdigkeit langsam in das Land der Träume.
Ich hatte weder sonderlich viel noch gut geschlafen, aber trotzdem fühlte ich mich fit.
An diesem Morgen machte ich mich besonders früh für die Schule fertig, damit ich im Flur keinem über den Weg lief.
Das Essen kaufe ich mir am besten in der Schule, bevor Mom mir in der Küche auflauert.
Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl, als ich mein Elternhaus verließ. Es war eigentlich nicht wegen der derzeitigen Situation, sondern irgendetwas anderes bereitete mir Sorgen. Nachdenklich lief ich die lange, dunkle Straße entlang.
Pünktlich kam ich am Haus meines Freundes Jack an, der gerade das Haus verließ. „Hey, Alter! Was machst du denn schon hier?“ „Frag nicht.“ „Stress zu Hause?“ Ich nickte. „Kenn ich. Meine Alten lassen mich auch einfach nicht in Ruhe. Wie war dein Nachsitzen?“
„Scheiße. Wusstest du, dass wir nen neuen Rektor haben?“ „Jepp, du etwa nicht?“ „Nö, das hättest du mir ruhig mal sagen können. Unsere alte Direx hätte ich sofort um den Finger wickeln können. Da sie ne Schwäche für mich hatte, wäre es ein Kinderspiel geworden, aber so musste ich acht Stunden Strafarbeit schreiben. Er ist mir nicht einmal von meiner Seite gewichen.“
Etwas verwundert schaute ich an Jack vorbei geradewegs zum Haus. Irgendjemand schien sie am Fenster zu beobachten, zumindest bewegten sich die Gardinen leicht hin und her.
„Du, Jack ...“ „Hm?“, murmelte er. „Beobachtet uns da etwa jemand aus deiner Familie?“ Jack ließ genervt einen Seufzer von sich. „Meine Mom. Sie steht immer mit mir auf, macht mir das Brot und so weiter. Das ist echt voll peinlich. Komm, lass uns von hier verschwinden, bevor meine Mutter noch auf die Idee kommt, uns hier draußen Gesellschaft zu leisten.“ Wir machten uns auf den Weg und bogen an der nächsten Straßenecke links ab, um Hendrik einzusammeln.
Jack und Hendrik waren meine besten Kumpels. Ohne sie ging ich nirgendwo hin. Sechs Jahre waren wir nun befreundet, aber mir kam es vor, als würde ich die beiden schon mein Leben lang kennen. Hendrik wohnte in einer nicht allzu freundlich aussehenden Gegend.
Man musste sich hier immer vor Schlägern hüten. Hendrik selbst bezeichnete diese Gegend als Gosse, zumal er auch nicht sonderlich begeistert von seinem Zuhause und dem dort herrschenden Familienleben war. Seine Mutter war drogensüchtig und sein Vater Alkoholiker.
Nicht wirklich ein wünschenswerter Zustand, aber Hendrik versuchte, daraus das Beste zu machen. Er ging nach der Schule arbeiten, um seine Familie mit seinen zwei kleinen Geschwistern über Wasser zu halten. Hinzukam, dass er in der Schule ein richtiger Streber war, aber nicht die Art von Streber, wie man sie sonst kannte. Er zog einfach sein Ding durch, um später einmal Medizin studieren zu können.
Er hatte irgendwie diesen Helferkomplex. Steckte jemand in Not, musste man keine Bange haben, Hendrik war immer zur Stelle. Und Jack war eben Jack.
Etwas kräftig gebaut, aber groß und mit braunen langen Locken. Er hatte, genauso wenig wie ich Zukunftspläne. Genau wie bei mir drehte sich bei ihm momentan alles um Frauen, nur dass er es schwerer hatte, welche abzubekommen.
Ihm fehlten immer die Worte, wenn er vor einer Frau stand. Ich hatte ihm schon so oft versucht, Tipps zu geben, aber es war alles zwecklos. Er vergisst immer einfach alles wieder, und das macht ihn zu einem richtigen Trottel.
Wir erreichten Hendriks Häuserblock. Er stand schon davor, weil er keine Lust darauf hatte, dass wir direkt vor seinem Wohnzimmerfenster auf ihn warten würden. Er hatte uns noch nie zu sich eingeladen. Aber ich gebe zu, ich war auch nicht wirklich scharf darauf. „Hey, Neythen! Was ist denn mit dir los? Bist du aus dem Bett gefallen?“
Hendrik, mager, wie er war, kam uns entgegen. „Dasselbe hab ich ihn eben auch gefragt“, antwortete Jack daraufhin. „Hab etwas Stress zu Hause.“ Hendrik blieb vor mir stehen und beäugte mich streng. „Was ist denn?“
„Sag mal, willst du dir eigentlich nicht mal nen gescheiten Haarschnitt zulegen? Schau dir nur mal mein Haar an, dann weißt du, was sich gehört“ „Was hast du denn gegen meinen Haarschnitt? Etwas länger, aber nicht zu kurz. Gerade noch richtig zum Gelen.“ „Da hast du aber ganz schön viel zu tun, wenn du deine ganze Mähne gelen willst.“ „Natürlich nicht alles, nur die Spitzen.“
Ich lachte. „Allemal besser als dein Haarschnitt. Die sind so kurz, da bekommt man ja gar keine Frisur mehr hin“, foppte ich Hendrik. „Ich brauch mich nicht zu kämmen, das ist das Beste daran.“ „Frag mich mal einer“, mischte sich nun auch Jack ins Gespräch ein.
„Bis ich meine Haare gekämmt habe, vergeht bestimmt ne Viertelstunde.“ Hendrik und ich fingen beide an zu lachen. „Was ist denn daran so lustig?“ Hendrik versuchte, es in Worte zu fassen.
„Naja, allein die Vorstellung, wie du vorm Spiegel stehst und fünfzehn Minuten nichts weiter machst, als dir die Haare zu kämmen, ist voll der Brüller.
Warum schneidest du sie dir denn nicht einfach ab?“ „Die Frauen lieben es!“, grinste er. „Siehst du, und gerade deshalb schneide ich mein Haar auch nicht ab. Der Schnitt ist in und zieht Frauen magisch an.“ Ich strich elegant durch mein schwarzes, offenes Haar. „Ihr immer mit den Frauen“, verdrehte Hendrik genervt seine Augen.
Als wir die Schule erreichten, hatte der Gong gerade die erste Stunde angeläutet. Wir ließen uns noch etwas Zeit und warteten, bis keiner mehr in der Vorderhalle war, dann gingen wir hinein.
„Ach ja, wie war eigentlich dein Nachsitzen?“, fragte mich Hendrik wissbegierig. „Ich musste ganze acht Stunden eine Inhaltsangabe schreiben, ohne Pause.
Meine Hand tut mir jetzt noch weh. Das hab ich allein dieser blöden Schnepfe Mrs. Anders zu verdanken“, schimpfte ich. „Tja, es ist schon heftig für dich, dass du dir selbst eingestehen musst, dass mal eine Frau nichts von dir will“, versuchte mich Hendrik aufzuziehen.
„Wie kommst du denn darauf? Es gibt die eine Sorte von Frauen und eben die andere. Einfache Frauen sind sehr leicht zu durchschauen, bei den Schwierigen dauert es eben etwas länger.“ „Aha, ´etwas länger´ meinst du also. Das ist deine Erklärung für Frauen, die nicht auf dich stehen?“, frotzelte er.
„Warts ab. Ich werd`s euch beweisen, und dann lasse ich sie voll abblitzen, diese dumme Kuh.“ „Na dann streng dich jetzt mal in Mathe an“, erinnerte mich Jack an die kommende Stunde.
Ich ließ mich schlapp neben der Klassentür zu Boden sinken. „Oh nein. Ich bräuchte eigentlich dringend ne Pause von dieser widerspenstigen Zicke.“ Hinter mir hörte ich, wie Stöckelschuhe plötzlich zum Stillstand kamen.
„Wovon brauchen Sie eine Pause, Mr. Gallas?“ Ich atmete tief durch, richtete mich auf und wandte mich zu Mrs. Anders. „Lauschen Sie immer bei Privatgesprächen?“
„Sind Sie immer so unpünktlich in der Klasse?“, konterte sie. Ich setzte zu einem weiteren Satz an, doch Mrs. Anders unterbrach mich. „Behalten Sie Ihre Gedanken lieber für sich, Mr. Gallas, oder wollen Sie noch einmal zum Rektor marschieren?“
Ich verstummte. Mrs. Anders ging weiter mit der Anweisung, ihr zu folgen. Meine Kumpels konnten sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Alles klar, Alter. Sie steht voll auf dich.“, flüsterte mir Jack belustigt zu. „Was gibt es da zu lachen?“, fragte Mrs. Anders. „Nichts, was für Ihre Ohren bestimmt wäre, Mam!“ Beleidigt drehte sie sich um und setzte ihren Weg fort.
Mein Gott, wie ich diese Frau hasse. Aber ´nen geilen Arsch hat sie trotzdem.
Wir schlenderten in den Klassenraum, setzten uns auf unsere Plätze, und Mrs. Anders begann mit dem Unterricht. Ich blickte zwar nach vorne, war mit meinen Gedanken allerdings ganz woanders.
Ein Monat ohne Sex trieb einen Mann an seine Grenzen. Ich überlegte tatsächlich, ob ich mir lieber leichte Beute an Land ziehen sollte. Doch als meine Blicke in der Klasse umherschweiften und ich mir die Mädels anschaute, die mich vergötterten, wurde mir augenblicklich schlecht. Entweder waren sie so hässlich, dass sogar eine Papiertüte über ihrem Kopf nichts bringen würde, oder es war einfach viel zu leicht, sie rumzukriegen.
Dann halte ich esl ieber noch etwas länger aus, bevor ich mich an diesen Kreaturen vergreife.
Zum Glück war der Unterricht schnell vorüber, in wenigen Stunden war endlich Wochenende. Gerade als ich aus der Klasse flüchten wollte, rief mir jemand hinterher. „Mr. Gallas! Würden Sie bitte noch einmal zu mir nach vorne kommen?“ Ich schluckte meinen Zorn herunter und drehte mich mit einem gezwungenen Lächeln zu Mrs. Anders: „Was gibt es denn noch?“ „Ich hoffe, Ihnen war der gestrige Nachmittag eine Lehre. Sie haben hoffentlich verstanden, wieso ich zu solchen Mitteln greifen musste?“ „Schon klar. Kann ich jetzt endlich gehen?“ So langsam wurde es ziemlich schwierig für mich, meine Wut zu kontrollieren, und genau darauf war Mrs. Anders aus.
Sie wollte mich zur Weißglut treiben, um mich erneut dem Rektor vorzuführen.
Dieses Biest.
„Sind Sie etwa angesäuert?“ Sie lächelte amüsant. Ich schlug meine Hände auf ihr Pult, meine Nerven lagen blank.
„Das wissen Sie ganz genau, und gerade deshalb rufen Sie mich nach vorne. Ihnen macht es wohl Spaß, andere zu schikanieren?“
Sie war keineswegs eingeschüchtert, sondern spielte das Spielchen mit.
„Genauso gerne wie Sie. Wie finden Sie das? Ich schlage Sie mit Ihren eigenen Waffen.“
„Falsch. Ich habe Ihnen regelrecht Komplimente gemacht“, entgegnete ich. „Na, dann haben Sie aber eine wirklich seltsame Art, jemandem Komplimente zu machen.“ „Jeder hat eben seine eigene Art. Und sagen Sie mir nicht, es hätte Ihnen nicht gefallen. Das hat es, ich habe es gemerkt.“ „Sie sind ganz schön überzeugt von sich“, staunte sie.
„Wenn ich es nicht wäre, hätte ich auch nicht so viel Erfolg bei den Frauen. Darf ich jetzt endlich gehen?“ Wieder grinste sie mich an. Ihr Zeigefinger strich nachdenklich über ihre Lippen, dabei malte sie mit ihrer rechten Hand, in der sie den Kugelschreiber hielt, Kreise auf ein Blatt Papier. Sie wechselte ihre Sitzposition und schlug ihr linkes Bein über ihr rechtes. Dabei rutschte ihr Rock etwas höher.
Ich schluckte schwer.
Verdammt, sie spielt mit mir. Wie eine kleine, wehrlose Ratte. Sie weiß scheinbar genau, wie nötig ich es im Moment habe. Lass ich mich darauf ein? Ja …nein … ja …nein …
Aber das wäre wohl gelacht, bisher hatte ich immer die Zügel in der Hand, und so soll es auch bleiben.
„Der Direktor hat mir Ihre Strafarbeit ausgehändigt. Sie ist gar nicht mal so schlecht. Allerdings fehlt Ihr Name auf jeder Seite. Deshalb würde ich Sie bitten, diesen nachträglich hinzuzufügen.“
Sie hielt mir auffordernd ihren Kugelschreiber entgegen. Ich nahm den Stift aus ihrer Hand, und obwohl ich ihr kaum näher kam, sorgte diese kleine Bewegung dafür, dass ich ihren süßlichen, geschmackvollen und mir eindeutig bekannten Duft wahrnehmen konnte. Ein Geruch, den ich immer wieder aufs Neue erkennen würde. Er beschleunigte meinen Puls, aber ich beherrschte mich und begann, meinen Namen auf die Blätter zu schreiben.
Intensive Szenen verirrten sich in meinem Kopf, und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
„Was ist so lustig?“, riss mich Mrs. Anders aus meinen Gedanken. Erschrocken blickte ich sie an.
„Nichts. Gar nichts“, sagte ich und setzte meine Arbeit fort. „Belügen Sie mich nicht, Mr. Gallas.“ Wieder musste ich grinsen. „Glauben sie mir, Mam. Es ist besser für Sie, wenn ich es Ihnen nicht sage.“
Erbost sprang sie hinter ihrem Pult auf. „Was führen Sie im Schilde?“
„Ich? Gar nichts. Es geht eher um das, was sie vor circa fünfzehn Minuten getan haben“, provozierte ich sie. „Was? Ich habe gar nichts getan. Ich war die ganze Zeit über hier und habe unterrichtet.“
Ich hatte die Blätter nun vollständig mit meinem Namen versehen, sortierte sie und übergab sie Mrs. Anders. „Dann ist ja gut“, antwortete ich ihr und wollte den Raum verlassen. „Sie werden erst gehen, wenn Sie mir gesagt haben, was ich angeblich getan haben soll.“
„Okay, wenn Sie es sagen!“ Ich schaute ihr tief in ihre hellblauen Augen. „Ich werde es Ihnen sagen, aber nur unter der Bedingung, dass Sie mich nicht zum Rektor bringen.“
„Gut, abgemacht.“ „Hand drauf.“ Sie reichte mir ihre rechte Hand. Ich nahm sie entgegen wie ein Gentleman und küsste ihren Handrücken. Dabei atmete ich den Geruch, den die Hand versprühte, tief ein und zog sie zu mir. Sanft flüsterte ich in ihr Ohr:
„Den Geruch, der auf ihrer Haut liegt, würde ich immer wieder erkennen. Nur hätte ich nicht gedacht, dass Sie sich vor der gesamten Klasse befriedigen würden, aber wie ich sehe, ist das Pult so robust, dass es wirklich keiner mitbekommt. Sie sind ganz schön heiß, wissen Sie das. Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht. Ich nehme an, dass ich Sie mit meiner Art doch beeindruckt habe.“ Ich leckte über ihr Ohrläppchen, sie zuckte leicht zusammen. Als ich ihr in die Augen blickte, starrte sie mich ungläubig an. Ihr hatte es dir Sprache verschlagen, ich hatte also voll ins Schwarze getroffen.
Frauen sind so leicht um den Finger zu wickeln.
„Keine Angst, ich werd`s nicht verraten. Zumindest nicht dem Rektor.“ Ich grinste triumphierend, Mrs. Anders saß nach wie vor ausdruckslos an ihrem Pult.
Wortlos verließ ich den Klassenraum.
„Du hast was?“, fragten Hendrik und Jack gleichzeitig. „Ja, ihr habt richtig gehört. Ich hab sie quasi auf frischer Tat ertappt.“
„Nee, das glaub ich jetzt nicht.“ Fassungslos ließ sich Jack in dem weichen blauen Sandsack in meinem Zimmer nieder. „Ich hab`s euch doch von vornherein gesagt, dass sie scharf auf mich ist.“ Hendrik lehnte gelassen an der Tür und tat so, als würde ihn das alles nicht sonderlich interessieren. „Schön, jetzt weißt du es, und nun?“, sprach Hendrik und schaute desinteressiert in meine Richtung.
Gelassen ließ ich mich auf mein Bett fallen. „Jetzt folgt Schritt zwei. Das Ignorieren.“ „Du willst sie also doch noch flachlegen!“, erfreute sich Jack. „Mal sehen.“ „Das ist mal wieder typisch für dich“, sagte Hendrik. „Ich weiß nicht, was mit dir los ist? Wieso hast du keine Lust auf Sex?“, entgegnete ich.
„Das hab ich nicht gesagt. Ich hasse nur Personen, die es auf diese Weise treiben, wie du es tust. Man sollte sich den Sexakt für den Menschen aufheben, den man liebt.“ Jack und ich prusteten vor Lachen los. „Alles klar, dann warte mal weiter“, sagte Jack herablassend.
„Ein Monat ohne Sex ist einfach zu lang für mich. Ich muss mal wieder Dampf ablassen. Sei es nun mit Mrs. Anders oder sonst einer anderen geilen Eroberung.“ Hendrik verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, sagte aber nichts weiter dazu.
„Und, was machen wir jetzt mit dem angefangenen Abend?“, fragte Jack neugierig, während er sich unruhig im Sitzsack hin und her bewegte. „Sorry, Leute, ich kann nicht weg. Hab Hausarrest.“ „Seit wann interessiert dich denn so was?“, schaute mich Hendrik irritiert an.
„Seitdem mich meine Mutter rausschmeißen will.“ „Was?“ Ein zweiter Schock für meine Kumpels. Beide standen sie nun kerzengerade vor mir. „Ich hab euch doch gesagt, dass ich Stress zu Hause hab.“ „Ja, aber was geht denn ab?“ Jack fehlten die Worte. „Ich hab keinen Bock, drüber zu reden. Das Ganze geht mir eh schon tierisch auf den Sack.“ „Na, wenn sie dich eh rausschmeißen, wieso zögerst du noch? Willst du dich jetzt die restlichen Wochen hier zu Tode langweilen? Und falls sie dich früher rauskicken wollen, dann kommst du halt zu einem von uns.“
„Sorry, da muss ich passen. Nichts gegen dich, Neythen, aber glaub mir, wenn du meine Bude siehst, würdest du lieber auf der Straße schlafen wollen.“ „Ist okay, Hendrik.“ „Aber bei uns wäre das bestimmt kein Problem. Meine Mom mag dich.“ „Ja, das kann ich mir vorstellen“, spielte ich mein Casanova lächeln aus. „Wenn du so lachst, heißt das nichts Gutes. Was willst du mir damit sagen? Dass du meine Mom etwa auch …?“, fragte er angewidert.
„Oh Gott, nein, die ist viel zu alt für mich. Ich will nur sagen, dass das bei mir jawohl kein Wunder ist. Welche Frau mag mich denn nicht?“
Ich stellte mich vor den Spiegel und betrachtete meinen makellosen Körper. „Also manchmal bist du echt ein eingebildetes Arschloch.“ Hendrik schubste mich beiseite und ahmte mich vor dem Spiegel nach. Ich boxte ihn in die Seite, und das Gerangel auf dem Boden ging los.
Jack saß genervt im Sitzsack und schüttelte den Kopf. „Was ist denn jetzt, Leute? Gehen wir heut Abend noch weg oder nicht?“ Hendrik und ich ignorierten ihn. Wir waren beide viel zu sehr damit beschäftigt, den anderen zu besiegen. Hendrik war zwar schlank, aber er hatte trotzdem sehr viel Kraft.
„Hallo? Könnt ihr vielleicht mal mit dem Kindertheater aufhören?“ Wir lösten uns voneinander und stellten uns ihm schwer atmend entgegen. „Hast du denn schon was geplant, oder wieso fragst du so?“, wollte ich wissen. „Na, was glaubt ihr denn!? Hier in der Nähe steigt ne riesen Party. Ne Schaumparty. Affengeil.“
„Ne Schaumparty im Herbst? Das wird ja ne kalte Angelegenheit“, kam es unbeeindruckt von Hendrik. „Kalt, aber oho. Was meinste, was man da alles rausholen kann ...“
Ich rieb mir freudig die Hände. „Gar nicht auszudenken, wie viel Weiber sich oben rum freimachen würden bei so ner Veranstaltung.“ Schlagartig sackte ich auf mein Bett. „Aber was mach ich mit dem Hausarrest? Wenn meine Mom das rauskriegt, schmeißt die mich wirklich raus.“ „Ich klär das heut Abend noch ab und rede mit meinen Eltern. Ich geh stark davon aus, dass das in Ordnung geht, und dann wird gefeiert“, versicherte mir Jack. „Okay, machen wir das so. Ich warte auf deinen Anruf“, zwinkerte ich Jack zu, während er mit Hendrik das Zimmer verließ. „Worauf du dich verlassen kannst.“
Es dauerte keine halbe Stunde, und meine Mom brachte mir das Festnetztelefon ins Zimmer. Jack gab mir von seinen Eltern das Okay.
Meine Mom stand misstrauisch im Türrahmen. „Wieso ruft dich Jack an, wenn er doch eben gerade hier war? Was führt ihr im Schilde?“ „Nichts, wir gehen heute Abend weg.“ „Dir ist klar, dass du Hausarrest hast!“ „Jepp, ist alles schon geregelt.“
Ich stellte mich vor meine Mutter und bedachte sie mit einem kalten Blick. „Und solltest du mich daran hindern wollen, indem du mich rausschmeißt, werde ich die restlichen Wochen bei Jack wohnen, das liegt ganz bei dir.“
„Du schreckst wohl vor nichts zurück, was!?“, brüllte meine Mutter empört. „Du kannst mich nicht wie ein Tier im Käfig gefangen halten, merk dir das.“ „Mir bleibt keine andere Wahl, Neythen.“ „Ist gut, ich bin sofort draußen, wenn du willst.“
Ihre Haltung veränderte sich und ihre Gesichtszüge zeigten, wie sehr ich sie verletzt hatte. Sie schüttelte wortlos den Kopf, während sie die eine Hand vor ihren Mund hielt. Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen. Mitfühlend nahm ich sie in die Arme.
Sie erwiderte die Umarmung, und Tränen flossen widerwillig ihre Wangen hinab. „Ich will nicht, dass du gehst. Du lässt mir nur keine andere Wahl. Ich möchte, dass du was aus dir machst. Einen Beruf lernst, studieren gehst, heiratest, eben ein ganz normales Leben führst. Ist das denn so schwer zu verstehen?“ „Mom, bitte beruhig dich doch. Ich versuch mich zu ändern, wirklich.“
Sie löste sich von mir. „Ich gebe dir noch eine allerletzte Chance, dich zu bessern. Bitte enttäusche mich nicht.“
Sie warf mir noch einen letzten hoffnungsvollen Blick zu, bevor sie mein Zimmer verließ.
Nervös lief ich im Raum umher und dachte intensiv über die Worte meiner Mutter nach.
Ich muss mich ändern. Das ist meine letzte Chance.
Scheinbar habe ich meine Mutter ganz schön verletzt, ohne es mitzubekommen.
Das Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. „Ja!?“, rief ich. Sachte und knarrend öffnete sich die weiße Holztür, und Lukas Gesicht erschien. „Darf ich reinkommen?“ „Na klar, Kleiner, komm her.“
Einladend klopfte ich auf mein Bett, und Lukas stürmte freudig herein und ließ sich auf die eingelegene Matratze fallen. „Was machst du heute noch?“, fragte er neugierig. „Ich geh heute mit meinen Freunden weg.“ „Darf ich mitkommen?“
Fröhlich lag er mit dem Bauch auf der Decke und baumelte mit seinen Füßen wild umher. „Nein, dafür bist du noch zu jung.“ „Was macht ihr denn dort?“ „Wir gehen feiern.“ „Und wieso kann ich nicht mitfeiern?“ „Das hab ich dir doch schon erklärt, du bist zu jung dafür. Wenn du etwas älter bist, nehme ich dich gerne mit. Ich glaube, du wirst einen bleibenden Eindruck bei den Frauen hinterlassen.“
Mit Lukas´ Fröhlichkeit war es schlagartig vorbei. Er schaute mich plötzlich mürrisch an. „Neythen, wieso warst du gestern so fies zu Kelly? Sie hat die ganze Nacht geweint.“ Mein Magen verkrampfte sich. „Weißt du, Lukas, Kelly war auch böse zu mir.“ „Aber du hast mal zu mir gesagt, man soll einen nicht mit den gleichen Waffen schlagen!“ Ich stand vom Bett auf und lief zu meinem nussbaumfarbenen Kleiderschrank.
„Das stimmt auch, aber wenn einem keine andere Möglichkeit bleibt, dann muss man notfalls darauf zurückgreifen.“
Ich holte mir eine dunkelblaue Jeans und ein weißes, enges Sweatshirt, das meine Muskeln betonte, aus dem Schrank. „Trotzdem hättest du dich entschuldigen sollen. Du warst richtig fies. Wenn du so bist, dann mag ich dich nicht.“ Lukas sprang vom Bett auf und stürmte aus dem Zimmer.
„Lukas, warte!“, rief ich ihm hinterher, aber er war bereits die Treppen hinunter gerannt. Ich ließ einen tiefen Seufzer von mir. Schlecht gelaunt zog ich mich um, gelte mir die Haare und legte mir mein bestes Aftershave auf. Mein Handy klingelte. „Bin gleich unten“, sprach ich in den Hörer und legte auf. Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich mein Zimmer verließ. Gelassen schlenderte ich die Treppen hinab. Unten stand Kelly mit verschränkten Armen und starrte mich schnippisch mit zu Schlitzen verengten Augen an.
„Na sieh mal einer an. Ist Mom schon wieder weich geworden? Das hätt ich mir ja denken können.“
In diesem Augenblick machten sich die Schuldgefühle in mir breit. Ich zog sie in meine Arme und tat das, was ich bisher noch nie bei meiner Schwester getan hatte. Ich entschuldigte mich. „Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe.“ Dann schritt ich zur Haustür und drehte mich noch einmal zu ihr. Kelly hielt sich wie versteinert am Treppengeländer fest.
„Ich werde mich ändern, verlass dich drauf.“
Entschlossen ging ich in die kalte Herbstnacht hinaus. „Endlich, Alter. Wir frieren uns hier den Arsch ab“, hauchte Jack fröstelnd. Ich lachte. „Und du willst zu ner Schaumparty? Weichei.“ „Auf der Party ist das was anderes. Dort könnte man andere Beschäftigungen in Erwägung ziehen, um sich aufzuheizen. Außerdem halten die vielen Menschenmassen einen warm, man bewegt sich, und es macht einfach viel mehr Spaß, als hier zu stehen und auf dich zu warten.“
„Ist gut. Ich bin ja jetzt da. Wir können also los.“
Ganze zehn Minuten lang liefen wir schweigend nebeneinander her.
Ich muss michwirklich ändern, zumindest in der Schule. Wenn ich dort punkte, lässt mich meine Mom endlich in Ruhe, und ich kann mich weiterhin um dieMädels kümmern.
Gedankenversunken malte ich mir wilde Szenen aus und grinste dreckig. „An was denkst du denn jetzt schon wieder?“, riss mich Jack aus meinen Gedanken. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir schon längst die S-Bahn-Station erreicht hatten. „Nichts, was dich was angehen würde.“
Die Fahrt zur Party ging schnell vorüber. Wir bezahlten den Eintritt und betraten das mit Schaum überfüllte Zelt. Die Menge grölte und tanzte zu dem lauten Partybeat. Ich ging mit meinen Kumpels an die Theke und bestellte drei Bier. Dann versuchte ich, in der Menge ein Opfer ausfindig zu machen. Als ich die Lage gecheckt hatte, kippte ich mein Bier hinunter und sagte: „Jungs, ihr entschuldigt mich.“
Hendrik ließ einen genervten Seufzer von sich.„Sag mal kannst du deinen Kopf auch mal für was anderes einsetzen als für Sex!?“ „Sorry, ist einfach schon viel zu lange her“, war alles, was ich dazu zu sagen hatte.
Mein Blick richtete sich geradewegs auf eine Blondine mit einem engen, kurzen, schwarzen Rock und einem Glitzer-Top. Wie sie ihre schulterlangen, glatten Haare nach hinten wirbelte und ihren Po im Rhythmus umher schwang, strahlte ihr Körper den Sex aus, den ich im Moment nötig hatte. Ich gesellte mich zu ihr und fing an, sie von hinten anzutanzen.
„Du bewegst deine Hüften wirklich gut“, flüsterte ich ihr ins Ohr. „Ich zeig dir, wie es noch besser geht.“
Ich umfasste ihre Hüften und zog sie näher an mich heran.
Sie genoss die Reibungen an ihrem Po, als ich, dicht an sie gepresst, meine Hüften im Takt mit ihren kreisen ließ. Erregt roch ich an ihrem Hals. Dann drehte sie sich zu mir um, und mir klappte vor Schock die Kinnlade nach unten. Schlagartig löste ich mich von ihr.
„Mrs. Anders!“ Sie lächelte. „Überrascht, mich zu sehen?“ Ich nickte völlig überrumpelt. „Das kann man wohl sagen. Was machen Sie denn hier?“, fragte ich kleinlaut.
„Heißt das, nur weil ich Referendarin bin, darf ich nicht feiern gehen?“ „Nein, natürlich nicht. Nur dachte ich nicht, dass Ihre Feier gerade hier stattfinden würde. Bitte verzeihen sie die … Störung.“
Ich verbeugte mich kurz und wollte mich wieder auf den Rückweg zu meinen Kumpels machen, die mich vollkommen entgeistert anstarrten. „Seit wann denn so höflich?“, hielt mich Mrs. Anders auf, indem sie sich mir in den Weg stellte.
„Ich habe meine Lektion gelernt. Also werde ich Sie nicht mehr belästigen. Wenn Sie mir nun bitte den Weg frei machen würden?“ „Wo wollen Sie hin? Etwa eine andere Frau belästigen?“ „Es ist zwar keine Belästigung, aber wenn Sie es so bezeichnen wollen, bitteschön.“ Ich wollte an ihr vorbeigehen, doch sie hielt mich am Arm fest. Ich schaute ihr verführerisch in die Augen.
„Haben Sie es sich etwa doch anders überlegt? Dann bleib ich hier und tanze mit Ihnen, bis wir schließlich von hier verschwinden.“ Sofort ließ sie meinen Arm los. „Träumen Sie weiter.“ Sie drehte mir hochnäsig den Rücken zu. Relaxt ging ich zurück zu meinen Kumpels.
„Das glaub ich jetzt nicht. Die Anders? Hier? Wie hart ist das denn!?“, amüsierte sich Jack. „Unfassbar, dass du gerade Mrs. Anders angetanzt hast!“ Hendrik schüttelte unglaubwürdig den Kopf. „Ich kann`s auch kaum glauben. Die wollt mich eben auch gar nicht mehr loslassen.“ „Die will dich, sag ich dir. Die will dich“, rieb sich Jack gierig die Hände. „Jetzt geht das wieder los. Ich hol mir noch ein Bier.“ Hendrik ging mit seinem leeren Glas zur Theke.
„Ich weiß, aber so langsam geht sie mir auf die Nerven. Ich brauch ne neue Herausforderung. Bevor die mir wieder Ärger macht, angle ich mir lieber ne Neue.“ „Ist dein Ding, Alter. Ich würd sie flachlegen.“ „Dann versuch doch dein Glück. Dann hängt sie mir wenigstens nicht mehr am Arsch.“ „Da sag ich doch nicht nein. Bis später.“
Jack machte sich sofort zum Angriff bereit und versuchte, Mrs. Anders um den Finger zu wickeln. Ich lachte vergnügt.
Ob das mal gut geht?
Währenddessen schaute ich in die Menschenmasse und wählte mir zwei, drei Mädels aus, bei denen ich mein Glück versuchen wollte.
Nach über zwei Stunden und sechs vergeblichen Fehlversuchen ließ ich mich schwermütig an der Theke nieder und bestellte mir einen Schnaps. „Kein Glück heute Abend?“
Urplötzlich stand Mrs. Anders neben mir und lächelte mich an … oder lachte sie mich etwa aus?
Der Mann hinter der Theke händigte mir den Schnaps aus.
„Kommt ganz darauf an, was Sie mir jetzt antworten werden.“ Ich kippte den Obstler in einem Zug hinunter und knallte das Glas auf die Theke. „Drei Euro, bitte.“ Ich reichte dem Barmann das Geld und wandte mich an Mrs. Anders.
„Wie soll ich Ihnen antworten, wenn Sie mir noch keine Frage gestellt haben.“ „Sie wissen ganz genau, dass ich das schon getan habe, aber ich kann`s auch nochmal wiederholen. Wollen wir von hier verschwinden?“
Sie schien tatsächlich überrascht zu sein. „Ich bin Ihre Lehrerin.“
„Ja und? Wen stört`s? Mich nicht, im Gegenteil …“ Spielerisch bewegte ich meine Augenbraue. Sie zögerte einen kurzen Moment.
„Wir treffen uns draußen … in fünf Minuten.“ Ich strich ihr zart über die Wange. „Na bitte. Das hättest du auch schon viel früher haben können.“
Triumphierend und gleichzeitig etwas gedemütigt verließ ich die Party, während ich meinen Kumpels wild gestikulierend klar machte, dass ich die Feier verlassen würde.
Wie konnte ich heute Abend nur so versagen, und das auch noch bei sechs Frauen!
So etwas ist mir noch nie passiert. Und jetzt greife ich zurNotlösung.
Naja, besser als gar nichts.
Sie sah heute Abend aber auch unglaublich gut aus.
Mit ihrem kurzen, schwarzen Rock und ihrem roten engen Glitzertop, das ihre großen Brüste umso mehr zur Geltung brachte. Einfach verlockend.
Es dauerte nicht lange und Mrs. Anders erschien am Eingang und hielt suchend nach mir Ausschau. Ich lehnte im Dunkeln an einem riesigen Kastanienbaum. Ich gab ihr ein Handzeichen, und sie kam auf mich zu. Sogar ihr Gang hatte eine so erotische Wirkung auf mich, dass er mein bestes Stück dazu veranlasste, sich eindeutig bemerkbar zu machen. Ich zog sie zu mir. Unsere Lippen waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt.
„Nicht hier, lass uns irgendwo anders hingehen“, hielt sie mich auf. „Stehst wohl nicht auf Abenteuer, was?“
„Das schon. Ich steh nur nicht darauf, mit einem meiner Schüler erwischt zu werden.“ Ich ließ nicht locker.
„Noch nicht mal einen Kuss?“
Sie stieß mich von sich. „Du kriegst schon noch das, was du willst.“ „Okay, wo sollen wir hingehen?“ Ich konnte es kaum noch erwarten. „Am besten in das Hotel dort drüben.“
„Ins Hotel? Hast du ne Ahnung, wie teuer das wird!?“ „Nicht, wenn wir die ganze Nacht dort bleiben. Außerdem übernehme ich die Rechnung.“ „Na dann, worauf warten wir.“
Mrs. Anders reservierte ein Doppelzimmer im vierten Stock.
Wir betraten den Aufzug, und kaum hatten sich die Türen geschlossen, fielen wir übereinander her. Es dauerte nicht lange, bis der Aufzug das Stockwerk erreicht hatte.
Wir stürmten zum Zimmer, schlossen es hektisch auf, und das Vorspiel ging weiter. Stürmisch zog ich ihre Klamotten aus. Ihre nackten, weißen Brüste, waren das Erste, was ich in meinen Mund nahm und liebkoste. Anschließend drückte sie mich aufs Sofa und riss mir die Hose herunter.
„Jetzt ist der Zeitpunkt endlich gekommen“, freute sie sich gierig. Ich blicke ihr verwirrt ins Gesicht, sah aber nur, wie geil sie darauf war, mich zu besteigen.
Sie begann einen sagenhaften Ritt auf
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Jessica Oldach
Lektorat: Nele Mengler
Tag der Veröffentlichung: 03.05.2014
ISBN: 978-3-7368-0752-5
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