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Peters’ fröhliche Wissenschaft

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Dr. Georg M. Peters

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ISBN: 978-3-933537-55-3

Sich ändern heißt, noch am Leben sein.

Schmerzen oder Fußübungen?

Die meisten Menschen wollen die Gestaltung ihres Lebens dem Arzt überlassen. Doch dessen Kompetenz ist begrenzt. In diesem Abschnitt trifft jemand eine eigene Entscheidung - mit Erfolg!

Ein Rat vom Institut SPIEL

Ihnen soll hier Rat gegeben werden. Der Rat kommt vom Institut SPIEL.

Was heißt SPIEL? Das Wort steht für „Sozial-psychologisches Institut für experimentelle Lebensge­stal­tung“. Die Betonung liegt auf dem Begriff „Experimentelle Lebensgestaltung“. Machen Sie Ihr Leben zu einem Experiment! Empfohlen werden Ihnen hier bestimmte Fußübungen. Aber fragen Sie nicht, warum gerade diese Übungen. Fragen Sie nicht nach Beweisen für ihre Wirksamkeit, nach Begründungen für ihre Anwendung, sondern machen Sie die Übungen, experimentieren Sie!

Fragen Sie auch nicht die Hirnforschung nach einem Beweis, kümmern Sie sich nicht darum, welche Hirnregionen von Ihren Schmerzen betroffen sind. Schmerzen, die weg sind, sind weg – egal wo sie waren.

Richten Sie, wenn Sie wollen, alle diese Fragen an den, der diese Übungen entwickelt hat. Entwickelt hat sie der Yoga-Lehrer Christian Eggers aus Heidelberg. Aber auch der hat die Übungen nicht von einem indischen Yoga-Lehrer übernommen oder aus einer Theorie hergeleitet, sondern er hat sie am eigenen Körper ausprobiert.



Dies ist kein Ratgeberbuch

Ihnen wird hier Rat gegeben, aber dennoch ist dieses Buch kein Ratgeberbuch im eigentlichen Sinne. Denn normalerweise vermittelt ein Ratgeberbuch Kenntnisse, die in der Wissenschaft bekannt sind, und arbeitet diese Kenntnisse so auf, dass sie möglichst gut verständlich und leicht anwendbar sind. Verständlichkeit und Anwendbarkeit bestimmen auch in diesem Buch den Stil, aber die Erkenntnisse selbst sind neu. Die Übungen sind in keinem Yogabuch zu finden, und sie waren auch allen Orthopäden, mit denen ich darüber gesprochen habe, unbekannt.

Wenn Sie sofort mit den Übungen beginnen wollen, dann lesen Sie bitte auf Seite 10 weiter.



Ersparen Sie sich Einlagen in den Schuhen!

Falls Sie Einlagen tragen wegen Knick-, Senk-, Spreiz- oder Plattfuß, fragen Sie einmal Ihren Orthopäden, ob Sie nun deshalb Ihr ganzes Leben lang Einlagen tragen müssen. Schließlich machen alle diese Einlagen nach einer gewissen Zeit Ihre Schuhe kaputt. Wahrscheinlich sagt er Ihnen, dass Sie sich mit dieser Zukunftsaussicht abfinden müssen. Dann machen Sie die beschriebenen Übungen, und wenn Ihre Füße ohne Einlagen schmerzfrei sind, gehen Sie wieder hin zu dem Arzt und erinnern ihn an seine Worte.



Meine eigenen Erfahrungen mit Fußschmerzen

Meine Probleme mit den Füßen begannen während der Schulzeit in Hamburg. Der Orthopäde erkannte „Knickfuß“, verschreib Einlegesohlen und empfahl Gymnastik. Zu zwei Terminen in der Woche fand ich mich bei einer Gymnastiklehrerin ein, die mich in Haltungs­turnen und Fußgymnastik unterrichtete. Die Fußübungen waren allerdings ganz anderer Art als die hier beschriebenen. Sie waren wohl auf die Beweglichkeit und die Muskulatur der Füße abgestellt.

Die verschriebenen Einlagesohlen bestanden aus Lindenholz und halfen wirklich gegen die Schmerzen – jedenfalls solange sie neu waren. Es dauerte allerdings nie allzu lange, bis jede der Sohlen in drei Teile zerbrach.

Ich musste dann beim Anziehen der Schuhe zunächst einmal jeweils drei längliche Holzscheite einlegen – in der Hoffnung, dass sie durch den Druck der Schuhe und der Füße etwa in ihrer natürlichen Anordnung zueinander fanden. Doch nach einiger Zeit meldeten sich die Fußschmerzen wieder zurück, und daran änderten auch die regelmäßig ausgeübten Fußübungen nichts. Dann mussten neue Einlagen her.

Zum Studium zog ich um nach Hannover und mein erster Gang war der zum Orthopäden – einem sehr angesehenen Arzt in der Stadt. Der warf nur einen kurzen Blick auf meine Füße und erkannte sofort „Knickfuß“. Ich wollte meine Lindenholzeinlagen wieder haben, doch was ich bekam, das waren elastische Metalleinlagen.

Die Mitte war aufgebogen und stützte den Mittelfuß ab. Zur Stabilisierung waren auf der Unterseite der Sohlen Hartgummiklötze angenietet. Meine Skepsis war bald verflogen, denn in ihrer Wirkung waren diese Einlege­sohlen genauso gut wie die aus Hamburg.

Doch leider trägt man diese Sohlen ja nicht nur ein paar Tage, sondern monatelang und täglich. Im Laufe dieser Zeit gruben sich die Hartgummiklötze auf der Unterseite regelmäßig in die Schuhsohlen ein. Die Schuhe waren dann ruiniert.

Als ich mich wieder einmal mit dem Orthopäden unterhielt, fragte ich ihn, ob ich nun mein Leben lang diese Einlegesohlen tragen müsse. „Nein“, sagte er in seiner witzigen Art, „Sie brauchen nur dafür zu sorgen, dass in der Georgstraße das Pflaster aufgerissen und der Boden umgepflügt wird, und dann müssen Sie barfuß gehen“.

Die Georgstraße ist die Haupt­ge­schäftsstraße von Hannover, und da vermutlich nicht alle Hannoveraner unter Fußschmer­zen leiden, hatte dieser Plan wenig Aussicht auf Realisierung.

Ich studierte hier also und trug meine Einlegesohlen, bis ich eines Tages las, dass der oben erwähnte Christian Eggers, dessen Namen ich allerdings nicht kannte, in Hannover einen Einführungskurs in Yoga gab. Ich ging hin und besuchte den kostenlosen, zweistündigen Einführungskurs, in dem Herr Eggers uns Klienten sechs elementare Übungen ausprobieren ließ. Ich hatte jedoch als Student wenig Geld und keine Zeit, sodass ich den eigentlichen Kursus danach nicht besuchte.

Was ich aber bald danach hatte, das waren wieder Schmerzen in den Füßen. Die Yoga-Übungen waren schon fast vergessen, und ich maß ihnen auch keine Bedeutung bei. Doch angesichts der Schmerzen erinnerte ich mich an zwei der Übungen, die Herr Eggers uns für die Füße und als Mittel gegen Fußschmerzen empfohlen hatte. Es waren die hier beschrie­benen zwei Übungen.

Ohne große Überzeugung probierte ich sie aus, um zu sehen, ob sie vielleicht helfen würden.

Mein erster Eindruck war positiv, und ich wieder­holte die Übungen, wie empfohlen, täglich drei mal. Bald ging ich ohne Einlegesohlen und verschob den fälligen Gang zum Orthopäden erst einmal.

Und dabei ist es geblieben – für viele Jahrzehnte, bis heute. Nachdem die Schmerzen weg waren, machte ich die Übungen jeden Morgen nur noch einmal. Einlege­sohlen habe ich seitdem nicht mehr gebraucht, und ich besitze auch seit langem gar keine mehr.



Vorteile der Übungen

Diese Übungen vertreiben nicht nur die verschiedenen Arten von Fußschmerzen, sie halten auch die Füße gesund. Und sie verhindern die verschiedenen Arten von Deformationen der Füße, die mit dem Altern oft verbunden sind.


Erste Übung

Bei Beschwerden im Fuß mache man die Übung zwei oder drei mal, sonst einmal am Tag.

Dazu setzt man sich - am besten nur leicht bekleidet - im Schneidersitz auf den Boden, zieht den rechten Fuß ganz an den Körper heran und belässt ihn dort.

Der linke Fuß wird bis auf etwa Fußlänge an den Körper herangeholt, wobei man den Fuß mit beiden Händen umfasst.

Sie sitzen also in der Hocke, die Beine überkreu­zen sich und die Füße stützen sich auf dem Boden ab. Der linke Fuß befindet sich rechts vor ihnen, der rechte Fuß links vor ihnen. Der linke Fuß liegt vor dem rechten und Sie umfassen ihn mit beiden Händen, sodass die Finger unter der Sohle anliegen.

Mit diesen Fingern ziehen Sie nun den linken Fuß an den Körper heran, die Hacke bleibt auf dem Boden und Sie legen einen oder beide Daumen auf den großen Zeh.

Und nun lassen Sie zwei Kräfte in verschiedenen Richtungen wirken: Mit den Fingern ziehen sie den Fuß, wie gesagt, an sich heran und gleichzeitig drücken Sie mit dem Daumen den großen Zeh vom Körper weg.

Dieser Druck auf den Zeh muss schnell, ruckartig und kraftvoll ausgeübt werden. Normalerweise hört man dabei ein knackendes Geräusch. Keine Angst – das ist gut! Wenn Sie diese Übung täglich machen, freuen Sie sich über dieses Geräusch und bedauern, wenn das Knacken ausbleibt. Doch keine Sorge! Auch das Ausbleiben können Sie hinnehmen.

Der kräftige Druck auf den großen Zeh wird für einen Zeitraum von zehn Sekunden aufrecht­erhalten. Zählen Sie „einundzwanzig, zweiundzwanzig usw. bis dreißig!“

Bei den anderen Zehen wird genauso verfahren. Die Beugung jedes Zehs muss schnell und ruckartig erfolgen, wobei das erwähnte Knackgeräusch zu hören sein sollte.

Nach dem linken Fuß folgt die Behandlung des rechten Fußes in entsprechender Weise.

Zweite Übung

Darauf folgt eine zweite Übung, die mit der eben beschriebenen eine Einheit bildet, so dass stets beide und in dieser Reihenfolge auszuführen sind.

Man bleibt in der gegebenen Körperhaltung sitzen, zieht wieder den rechten Fuß an den Körper heran und setzt den linken etwa in Fußlängenabstand vom Körper mit der Hacke auf den Boden, so dass man die gleiche Ausgangsstellung wie bei der ersten Übung hat.

Dann beugt man den großen Zeh des linken Fußes wieder mit dem Daumen - aber nicht vom Körper weg, wie bei der ersten Übung, sondern zum Körper hin.

Man hält den Zeh in dieser Stellung fest und kann den Druck des Daumens auch durch Auflegen der anderen Hand noch verstärken - das geschieht jetzt alles ohne Ruck. Wiederum übt man diesen Druck auf den Zeh zehn Sekunden lang möglichst kraftvoll aus – wie bei der ersten Übung.

Dann werden die nächsten Zehen unter Druck gesetzt und schließlich die Zehen des rechten Fußes.


Zucker oder Zähne?

Jetzt zum Thema Zuckerkonsum.

Der Arzt kann nicht anordnen, "essen Sie keinen Zucker!" Er weiß auch garnicht, wieviel davon angemes­sen ist. Aber der Einzelne kann sagen, "ich esse keinen Zucker mehr", und ausprobie­ren, wie er sich dabei fühlt. So entsteht Selbstverantwortung.

Wiederum: Dies ist kein Ratgeberbuch

Auch hier wird Ihnen ein Rat gegeben, obwohl dieses Buch im eigentlichen Sinne kein Ratgeberbuch ist. Wie gesagt: Ein Ratgeberbuch stellt in volkstümlicher Weise das dar, was an wissenschaftlichen Erkenntnissen für die praktische Anwendung von Bedeutung ist.

Aber zu dem, was hier angeraten werden wird, hat die Wissenschaft keine Meinung – auch die Hirnfor­schung noch nicht, obwohl die vielleicht mit Hilfe ihrer Messmethoden noch am ehesten zu einem eindeutigen Urteil kommen könnte.

Aber darauf sollten Sie nicht warten! Wie der Name SPIEL, „sozial-psychologisches Institut für experimen­tel­le Lebensgestaltung“, sagt, sollten Sie experimentie­ren!

Wenn Sie sich so verhalten, wie es Ihnen im Folgenden empfohlen wird, und Ihre Lebensführung entsprechend verändern, dann werden Sie die Gewiss­heit haben, dass genau diese Lebensart, die Sie auspro­biert haben, die richtige ist – ganz egal, zu welchem Urteil die Wissenschaft, etwa in Gestalt der Hirnfor­schung, kommen wird.

Die gängigen Meinungen zum Thema „Zuckerkonsum“.

In Bezug auf den Zuckerkonsum schwanken die gän­gi­gen Meinungen extrem stark hin und her. Der eine sagt, Zucker sei als Betriebsmittel für das menschliche Gehirn unbedingt notwendig. Ein anderer sagt, man solle den Zuckerkonsum einschränken. Ein Dritter will wissen, ob man ohne Zucker überhaupt leben könne. In diesem Sinne testete Frau Nina Schmidt im Fernsehen, ob sie ohne Zucker eine Woche lang leben könne, und wie sie sich dabei fühle.

Um bei der Frau Nina Schmidt zu bleiben: Sie fällt in eine extreme Haltung, indem sie im Fleischerladen beim Einkauf von Wurst die Verkäuferin bittet, ihr die Zutaten­listen für sämtlichen Produkte heraus zu suchen. Denn sie will diese Listen nach Zucker oder zuckerähn­lichen Zuta­ten durchsuchen.

Alle diese Einstellungen oder Fragestellungen sind unsinnig! Was ist denn nun richtig?



Verzichten Sie auf Zucker

Aber werden Sie nicht zum Extremisten!

Damit ist gemeint, Sie sollen auf Süßigkeiten, auf Marmelade, Gelee, auf Dessert, auf Speiseeis, auf Schokolade, auf Pralinen, auf Bonbons, auf Kekse und auf Kuchen verzichten!

Im Schlachterladen nach der Zutatenliste zu fragen?! Was für ein Unsinn! Als halbwegs intelligenter Mensch müsste man wohl unterscheiden können zwischen einer Süßigkeit und einem Leberwurstbrot oder zwischen einem Vanillepudding und einem Gemüse, das aus Dosenerbsen hergestellt wurde.

Sicher – in der Leberwurst befindet sich vielleicht etwas Zucker, auf dem Etikett der Erbsendose wird vielleicht Zucker aufgeführt. Aber diese geringen Mengen kann man ignorieren.


Irreführung durch Fernsehsendungen

In dieser Hinsicht wird man durch Fernsehsendungen oft irregeführt. Mit wissenschaftlichem Anspruch wird dann untersucht, wie viel Zucker sich in einem Glas Gurken befinde und das Ergebnis wird anschaulich gemacht durch eine Pyramide aus Zuckerwürfeln, die neben dem Glas aufgestellt wird. Die soll das Ergebnis veranschaulichen.

Der größte Teil dieses Zuckers befindet sich allerdings in dem Gurkenwasser, und wer wird sich das denn einverleiben? Das schüttet man weg. Also – solche Veranschaulichungen sind unsinnig!

Gurken, Erbsen, Leberwurst sind keine Süßigkeiten! Die kann man unbeschwert genießen, auch wenn man auf Zucker verzichten will. Aber natürlich keine Limo­na­den, keinen Fruchtjoghurt, keine Coca-Cola! Das sind quasi Süßigkeiten. Keine Süßigkeiten dagegen sind frisches Obst, Obstsaft – wenn die Silbe Saft ausdrück­lich auf dem Etikett vermerkt ist – und auch nicht Wein oder Bier.



Warum auf Zucker verzichten?

Jetzt zitiere ich doch einmal eine wissenschaftliche Erkenntnis, aus der bisher aber keine Konsequenzen gezogen worden sind. Die Kariesbakterien in den Zäh­nen brauchen Zucker, um zu überleben. Wenn sie den nicht bekommen, dann sterben sie innerhalb von sechs Wochen ab.

Es ist völlig belanglos, ob Sie wenig oder viel Zucker zu sich nehmen. Ein Zuckerkörnchen pro Tag reicht aus, um die Bakterien am Leben zu erhalten.

Es geht dabei allerdings nur um Zucker, der in Form einer Süßigkeit eingenommen wird. Das bisschen Zu­cker, das in Gurken, Erbsen und Leberwurst aufgenom­men wird, steht immer in Verbindung mit einer ausreichenden Zahl von Fermenten, die für seinen Abbau sorgen.

Aber der andere Zucker erhält nicht nur die Karies­bakterien am Leben, sondern wirkt auch im gesamten Kör­per als Eindringling, der dort zerstörerisch wirkt.


Meine eigenen Erfahrungen mit Zuckerentzug

Ich hatte das Gefühl, alt zu werden

Während meines Studiums war es für mich wichtig, ins Café gehen zu können und dort zu arbeiten – zu lesen oder zu schreiben. Dazu gehörten stets eine oder mehrere Tassen Kaffee und natürlich ein Stück Apfel­ku­chen oder ein Fürst-Pückler-Eis oder ein Cassata-Eis. Das musste sein – genau wie die Zigaretten, die dazu gehörten. .

Als wissenschaftlicher Assistent an einem Lehrstuhl hat man einige Verpflichtungen. Aber ich hatte doch als Assistent soviel Freiheit, dass ich die Tradition der Café­haus-Besuche fortsetzen konnte.

Doch mein Studium hatte sich in die Länge gezogen, weil ich mir meinen Lebensunterhalt als Student selbst verdienen musste. So war ich als Assistent schließlich schon vierzig Jahre alt. Dabei machte ich eine unangenehme Erfahrung. Ich hatte nämlich das Gefühl, alt zu werden.

Mein Körpergewicht nahm zu, was für mich neu war. Ich bekam das Gefühl, dass das Rauchen mir schadete; auch das war ein neues Gefühl. Und obendrein hatte ich Schmerzen.

Es waren wohl Zahnschmerzen, aber ich konnte nicht erkennen, ob ein oberer oder ein unterer Zahn die Ursa­che war. „Auf der linken Seite“ – mehr konnte ich zur Lokalisierung nicht sagen. Der Zahnarzt röntge, aber er sah auf dem Bild keinen Defekt. Folglich konnte er nichts tun und gab mir lediglich eine Schmerztablette mit auf den Weg.

Es folgten mehrere Zahnarztbesuche mit dem glei­chen Ergebnis. Die Tabletten halfen wenig, und jeden Tag gab es mindestens einen Anfall, bei dem die Schmerzen mich so stark anfielen, dass ich nicht sitzen bleiben konnte, sondern im Zimmer hin und her lief. So starke Schmerzen hatte ich noch nicht kennengelernt.

Wehmütig dachte ich an die Zeit, in der ich schmerzfrei leben konnte. Das war offenbar die Jugend gewesen, und jetzt begann das Alter.

Ein Schritt zur Selbsttherapie

Plötzlich erinnerte ich mich, vor längerer Zeit den Bericht gelesen zu haben, aus dem ich oben zitiert habe, in dem es also um den Zuckerbedarf der Kariesbak­terien ging. Ich vermutete, dass meine Schmerzanfälle von einer Kariesinfektion herrührten, die sich unter einem Zahn oder einer Füllung verbarg. Wenn ich die durch einen sechswöchigen Zuckerentzug aushungern könnte, wäre ich vielleicht meine Schmerzen los. Das wollte ich ausprobieren.

Nun war mir allerdings klar, dass der Zuckerkonsum so sehr Gewohnheit für mich geworden war, dass der Verzicht nicht leicht fallen würde.

Den Entzug unterstützen durch Führen eines Protokolls

Ein Protokoll zu führen, ist die Vorbedingung für jede Verhaltensänderung.

Meine Idee war, dass ich über meine Gewohnheiten ein Protokoll führen wollte. Heute gibt es zahlreiche Angebote für solche Protokolle – in Papierform oder in digitaler Art. Aber diese Angebote gab es damals noch nicht, mein Vorhaben war etwas Neues.

Mir war auch klar, worin der Sinn eines solchen Protokolls besteht. Dieser Sinn ist psychologischer Art. Ich dachte auch daran mit meinem exzessiven Tabak­kon­sum aufzu­hören. Mehrere Versuche hatte ich in den letzten Jahren bereits unternommen – aber die waren alle vergeblich gewesen.

Ein Entzugsversuch und ein Protokoll, die gehören zusammen. Denn wenn ich mir am Silvesterabend oder irgendeinem anderen Tag sage, morgen höre ich auf zu rauchen, dann verläuft das immer nach dem gleichen Mechanismus. Am nächsten Tag stehe ich vor der Entscheidung, entweder halte ich mich an meinen Vorsatz und verzichte jetzt – oder ich verstoße gegen meinen Vorsatz. Schließlich kann ich ja auch morgen mit dem Rauchen aufhören, oder in einem Monat oder in einem Jahr. Es ist eigentlich gleichgültig.

Anders ist es, wenn ich Protokoll führe. Dann muss ich heute Abend entweder hinschreiben, wie viel ich geraucht habe, oder ich mache den Eintrag „nicht geraucht“ – und das bleibt für alle Zeiten erhalten. Es ist dann nicht mehr gleichgültig, ob ich heute damit aufhöre oder später.

Ich brauchte also ein Protokoll, und deshalb fuhr ich von Hannover nach Osnabrück, setzte mich dort in ein Café – natürlich mit Zigaretten, Kaffee und Kuchen – und entwarf einen Fragebogen, den ich in Zukunft jeden Abend ausfüllen wollte.

Nicht mehrere Vorsätze auf einmal fassen!

Ein elementarer Lebensgrundsatz!

Auf diese Weise würde ich mein Körpergewicht kontrollieren, meinen Zigarettenkonsum, die Menge meiner Nahrungsmittel und den Zuckerkonsum festhalten.

Ich wusste, dass ich nicht mehrere Entzugsleistungen gleichzeitig vollbringen könnte. Und so setzte ich mir Termine. Zuerst zwei Termine für den Zuckerkonsum, denn ich wollte die Schmerzen los werden. Ab sofort wollte ich auf Kuchen und Süßigkeiten jeder Art verzichten – ausgenommen alle Arten von Speiseeis. Für deren Entzug gab ich mir zwei Wochen Zeit.

Nach zwei weiteren Wochen, also vier Wochen nach dem Beginn meiner Entzugsbe­mühungen hörten die Zahnschmerzen auf. Sie blieben auch fort.

Auch mit dem Rauchen habe ich – unterstützt durch das Protokoll – aufgehört, und mein Körpergewicht reduzierte sich auf ein Maß, das ich akzeptierte, und das dann konstant blieb.

Ein Verstoß gegen mein Gesetz

Mir ist durchaus bewusst, worauf ich verzichte. Nachdem ich bereits zehn Jahre ohne Zucker gelebt hatte, besuchte ich mit meiner Freundin Usch ein Eiscafé in der Nähe von Nürnberg.

Meine Gewohnheit war damals, in ein Café zu gehen, und den Wirt zu fragen, ob er seine Schlagsahne mit oder ohne Zucker bereite. Bei den Italienern war die Sahne stets ohne Zucker, bei den Deutschen meistens mit. Wenn es ein Italiener war, fragte ich dann, ob er mir eine rohe Banane servieren könne mit einer Portion Sahne darauf. Für die Italiener war das nie ein Problem. Sie servierten das und berechneten dafür einen akzep­tab­len Preis. Falls ich das gleiche in einem deutschen Café versuchte, gab es meist Probleme – entweder, wie gesagt, weil die Sahne mit Zucker bereitet war, oder der Wirt wusste nicht, was er dafür berechnen sollte.

Das erwähnte Eiscafé, das ich mit Usch besuchte, gehörte einem Italiener, und der sah in meinem Extrawunsch kein Problem. In den meisten Cafés, die ich damals besuchte, war ich bekannt und bekam dann auch das, was ich haben wollte. In diesem Lokal allerdings war ich nicht bekannt, und der Wirt wollte es besonders gut machen. Und so bekam ich meine Banane zwar mit Sahne, aber darüber hatte er den dunkelroten Saft von Maraschinokirschen gegossen.

Da meine Freundin mit mir war, habe ich die angebotene Portion mit Todesverachtung – so kam es mir vor – verzehrt. Ich hatte nun seit zehn Jahren nichts Süßes mehr gegessen, und deshalb erlebte ich den Geschmack der Kirschen ganz besonders intensiv. Das war ein so intensiver Genuss, dass ich heute noch davon zehre.

Ich weiß also, worauf ich verzichte – aber das ist es mir wert.

Inzwischen sind weitere dreißig Jahre seit diesem Cafébesuch verstrichen. In dieser Zeit bin ich einmal in Hinsicht auf das Rauchen in Versuchung geführt worden. Im Traume bot mir jemand eine Zigarette an. Und meiner jahrzehntelangen Gewohnheit entsprechend habe ich abgelehnt. Doch nach dem Aufwachen ärgerte ich mich darüber. Denn im Traum hätte ich doch schließlich eine rauchen können.

Meinen Kindern biete ich Süßigkeiten an. Ich weiß schließlich noch, wie wichtig Süßigkeiten für mich als Kind waren. Ich genieße dann den Anblick oder den Geruch der Pralinen, des Marzipans oder der Schokolade - aber so ähnlich, als wären es Blumen. Bei denen komme ich auch nicht auf die Idee, hinein zu beißen. Auch beim Rauchen genieße ich im Geiste mit und ziehe den Duft ein. Gerne sah ich früher Helmut Schmidt zu, wenn er bei einer Fernsehdiskussion seine Zigaretten genoss. Es war nur schrecklich, wenn er sich eine neue Zigarette anzünden wollte, aber durch den eigenen Redefluss daran gehindert wurde, sie anzuzün­den. Dann litt ich Qualen, weil ich so lange nicht im Geiste mitrauchen konnte.

Der erste Gang zum Zahnarzt

Ich hatte zuerst, während der Schulzeit. gar keine Probleme mit den Zähnen. Ich dachte, so etwas wie Zahnschmerzen spare ich mir für das Alter auf, wenn ich überhaupt darüber nachdachte.

Ein unangenehmer Traum

Ein Traum, der richtungsweisend ist.

Ein unangenehmer Traum riss mich aus dieser Illusion heraus. Ich wachte auf, und hatte ein unangenehmes Gefühl im Mund. Ich fühlte mit den Fingern und stellte fest, dass die Zähne weich waren. Mit zwei Fingern konnte ich den oberen Teil des Zahnes abnehmen. Ich spuckte den Bruchteil auf den Boden und genauso verfuhr ich mit den anderen Zähnen.

Ich war entsetzt. Ich saß bei dieser Prozedur auf meinem Bettrand mit den Zahnresten vor meinen Füßen. Um mir den Schaden anzusehen, ging ich über den Flur ins Badezim­mer, knipste das Licht an und sah mir die Zähne im Spiegel an. Es waren von allen Zähnen nur noch die Stümpfe vorhanden, die kegelförmig und spitz aus dem Zahnfleisch emporragten. Schmerzen hatte ich nicht. Was sollte ich machen? Mich fror, ging wieder ins Bett und deckte mich zu. Ich konnte nichts machen, und so versuchte ich wieder einzuschlafen.

Um mich noch einmal von dem entsetzlichen neuen Tatbestand zu überzeugen, fasste ich wieder an meine Zäh­ne, doch statt der erwarteten, spitzen Zahnstümpfe ertastete ich harte, normale Zähne. Was war das?

Ich hatte meine Zähne noch! Soeben hatte ich etwas anderes erlebt. Ganz langsam machte ich mich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 20.05.2017
ISBN: 978-3-7438-1344-1

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meiner lieben Tochter Tonja gewidmet, zum Dank für ihren Rat und ihre tätige Mithilfe.

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