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Die Töchter der Schwarzen Mamba - Teil III - Zerreißproben

Karin Welters

Die Töchter der Schwarzen Mamba

Polit-Thriller – Teil III / Zerreißproben

 

 

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Cover Layout © 123 RF, Matthijs Kuijpers 2016

Die Töchter der schwarzen Mamba Teil III © Karin Welters

Published by LitArt-World © 2018

 

 

 

 

Was bisher geschah:

 

Eine global operierende Gesellschaft, genannt die Organisation, will durch die Einführung einer einzigen, weltweit gültigen Währung die Kontrolle über den Welthandel gewinnen. Nach zweijähriger, geheimer Vorbereitungszeit beginnt im Herbst 2012 die Umsetzung des Projektes „Schwarze Mamba“.

 

Um das Ziel der Organisation zu erreichen, werden weltweit die besten Computer-Hacker entführt und in einem Haus an der Wild Coast in Südafrika eingesperrt. Gezielt haben die Organisatoren von jeder Hackergruppe einen Vertreter ausgesucht: einen White-Hat aus den USA, einen Grey-Hat aus Japan, einen Black-Hat aus England, einen Cracker aus China und einen Nerd aus Schweden. In der Bündelung der verschiedenen Kräfte und Denkansätze der Hacker sieht die Organisation die beste Möglichkeit, in einem festgelegten Zeitraum ihren Plan erfolgreich umzusetzen.

Die Aktivitäten der Organisation wurden von den internationalen Geheimdiensten zwar bemerkt, aber weder die Hintermänner noch die Absicht oder das Ziel konnten herausgefunden werden – eine alarmierende Situation.

 

Die Erzählung ist in drei Hauptstränge gegliedert:

 

Mark Richter, einer der besten Motivationstrainer Europas, der ebenfalls entführt wurde, soll aus den Einzelgängern ein Team bilden, mit dem Ziel, die chinesische Börse lahmzulegen.

Weil Mark Richter keine Ahnung von der Computerfreak-Szene hat, steht er zunächst vor dem großen Dilemma, dass die Jungs jeden Versuch seinerseits abblocken, überhaupt ein Team zu bilden oder mit ihm zu kommunizieren.

Die Aufpasser der Entführten sind Handlanger des südafrikanischen Organisators Piet van der Merwe, der Jan van Guysen mit der Aufsicht der Hacker-Gruppe beauftragte.

Marvin, der den White-Hats angehörte, weigerte sich, sich an der verlangten „Schweinerei“ zu beteiligen. Er wurde von den Aufpassern durch den Biss einer Schwarzen Mamba getötet.

Jerry Dawson, der ihn ersetzen soll gehört ebenfalls zur Gruppe der White-Hats. Gelingt es Mark, ihn zum Mitmachen zu bewegen? Schafft es die Gruppe, den Börsencomputer in Peking rechtzeitig lahmzulegen?

 

Konrad Seiffert, ein Mittelsmann des BND, wird aufgrund von Mark Richters Entführung auf den undurchsichtigen Fall angesetzt. Mit seiner Crew gelingt es ihm Marks Verlobte, Sarah Birgen, zu bewegen, ihr Detailwissen preiszugeben. Endlich haben die Geheimdienste einen Anhaltspunkt, durch den sie den Hintermännern auf die Spur kommen können.

Mit seiner Kollegin und Geschäftspartnerin Elisabeth Brinkmann, Sarah Birgen und weiteren Kolleginnen und Kollegen vom BND, Mossad und CIA reist Konrad nach Südafrika.

Er muss feststellen, dass die Gegebenheiten vor Ort komplizierter sind als erwartet. Kann er die Zulus und die Xhosas überzeugen, sich an der Befreiung Marks und der Hacker zu beteiligen? Welche Rolle spielen die schwarzen Gangs an der Süd- und Nordküste von Durban? Wie geht Sarah mit der Situation um?

 

Richard McCormack, der Wortführer der Organisation, gilt als knallharter und eiskalter Geschäftsmann, der sehr stolz auf seine Tochter Louise ist, die aber zugleich seine ‚Schwachstelle‘ zu sein scheint. Ausgerechnet sie drängt ihren Vater dafür zu sorgen, dass die Statuten der Organisation geändert werden. Sie will erreichen, dass auch Frauen als Nachfolger in der Organisation zugelassen werden. Richard sieht sich zunehmend in einem Konflikt: hin- und hergerissen zwischen den Anforderungen und Zielen der Organisation und dem zunehmenden Druck seiner Tochter, die Machtstrukturen innerhalb der Organisation zu modernisieren.

Behält er während einer heftigen Auseinandersetzung mit ihr die Nerven? Und weshalb hat sie eine Gruppe von Frauen um sich geschart? Was plant sie für den Tag, an dem die Organisation zusammenkommt?

 

 

 

* * * * * * * * * *

 

 

Tag 10 – 28. Oktober 2012 – Wild Coast (Südafrika)

Mark lag auf dem Rücken auf seinem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Es war noch dunkel. Seine Uhr zeigte gerade einmal 05:40 Uhr an. Er hatte kaum geschlafen und sich immer wieder in seinem Bett herumgewälzt. Das Bild des sterbenden Marvin vor seinem inneren Auge wollte nicht weichen. Hätte ich es verhindern können?, fragte er sich.

Zum ersten Mal seit seiner unfreiwilligen Ankunft erlaubte er sich, seinen Gedanken und bisherigen Eindrücken freien Lauf zu lassen.

Zeigten sich die übriggebliebenen Computerfreaks nicht genauso gefühlskalt wie die drei Aufpasser? Demonstrierten nicht beide Seiten ihre Abgestumpftheit, ihre Teilnahmslosigkeit und auch ihr Desinteresse am anderen? Hatten sie nicht beide einen Teil ihrer Persönlichkeit abgetötet – ihre Emotionalität? Und bestand nicht der einzige Unterschied zwischen den beiden Lagern darin, dass sich die einen in den Reflex des Sich-tot-Stellens geflüchtet hatten, während die anderen ihre Verrohung ungehindert auslebten?

Schmerzlich wurde Mark bewusst, dass er selbst in einen Strudel der Gefühllosigkeit geraten war, ohne es wahrzunehmen. Erst als er am Abend zuvor unter der Dusche gestanden hatte, ließ er den Stopfen, den er auf seine eigene Gefühlswelt gepackt hatte, los. Erst jetzt erkannte er die völlige Überforderung, in die er durch die Entführung und die ihm aufs Auge gedrückte Aufgabe geraten war. Auch sein Innenleben hatte auf den Überlebensmodus umgeschaltet; ihn nur noch wie eine gut geölte Maschine funktionieren lassen. Aus seiner Ausbildung wusste er zwar, dass Lebenssituationen dieser Art jegliches normal-menschliche Verhalten blockierten. Eine typische Schockreaktion. Aber in einer solchen Lebenslage hatte sich Mark bisher noch nie befunden. Wissen und Erfahrung sind nun einmal zweierlei Paar Schuhe, seufzte er in Gedanken. Und wenn er als geschulter Profi schon die Kontrolle über sein Innenleben verloren hatte, wie musste es dann erst in den Jungs aussehen? Sie hatten nie gelernt, irgendeine Art von bewusster Kontrolle auszuüben. Kontrolle setzt ja Bewusstheit voraus, schoss es ihm durch den Kopf. Und das war genau das, was bei diesen Freaks nicht vorhanden war. Sie waren sich ihrer Gefühle, ihres Innenlebens und ihrer Eigenverantwortung überhaupt nicht bewusst. Wie sollten sie dann Kontrolle darüber haben?

Durch diese Situation hier bekommen sie sogar die Bestätigung, dass sie mit ihrem Lebensmodell des Sich-Abschottens genau richtig liegen!

Was mussten sie dem also entnehmen? Sich noch mehr abzuschotten. Den Panzer noch dicker werden zu lassen. Den Kokon noch dichter zu spinnen.

Wie sollte er je ein Team daraus machen? Eine Gruppe, in der einer den anderen unterstützte? Nein. Bei den Jungs war jeder sich selbst der Nächste. Es gab niemanden sonst, der in ihrer Welt eine Rolle spielte. War das nicht genau der Trend, der sich in der ganzen Welt zunehmend zeigte? Ein hochansteckendes Virus, das sich allmählich in jeden Geist einschlich und das Individuum verseuchte? Gab es dagegen ein Mittel? Eine Art Antiserum gegen Egozentrik?

Wahrscheinlich schaut meine Generation gerade zu, wie eine ganze Spezies sich ausrottet, dachte er. Eine echte Gemeinschaft entsteht doch nur, wenn die Beteiligten ihr 'ich' zugunsten eines 'wir' freiwillig einschränken. Freiwillig!

Ja, das war der Generalschlüssel: Der freie Wille! Aber wer in der heutigen Zeit glaubte noch daran, dass Menschen ganz freiwillig ihren Egoismus, ihre Egozentrik und ihre vermeintlichen Privilegien aufzugeben bereit waren – für ein echtes 'Wir'? Ohne etwas dafür zu verlangen? Ohne die Rechenmaschine im Hinterkopf rattern zu hören? Ohne „den Geldwechsler im inneren Tempel“ zu Wort kommen zu lassen?

Wohin ist die Menschheit gekommen? Zählt tatsächlich heute nur noch der ‚Gott des Geldes‘?

Fragen über Fragen tauchten aus Marks Innenleben auf und er ließ sie ungehindert aufsteigen.

Schon lange hatten ihn diese Fragen gequält, doch nie hatte er sich die Zeit genommen, sie in die Hand zu nehmen. Immer waren andere Dinge wichtiger. Der Alltag, die Trainings, Fortbildungsseminare, Meetings. Bei ihrem letzten Treffen hatte er mit Nils, seinem besten Freund und Kollegen, die Fragen schon einmal diskutiert, ohne befriedigende Antworten zu finden. Erneut ließ Mark sie aufsteigen.

Projizierten Politiker, Kleriker und Wirtschaftsleute ihre eigenen Denk- und Verhaltensmuster einfach auf den Rest der Menschheit? Hielten sie sich für „klüger“? Warum hielten alle Religionen das verzerrte Menschenbild vom „bösen Geschöpf Gottes“ aufrecht? Weshalb behandelten Politiker die Bürger, als wären sie ein „dummes, unwissendes Wahlvieh, das getäuscht, irregeführt und belogen werden konnte“? Wieso betrachteten viele Führungskräfte ihre Arbeitnehmer, als wären sie „hirnloses Herdenvieh, ohne jeden Verstand“? Glaubten all diese „Mächtigen“, sie könnten mit den Menschen nach Lust und Laune verfahren? So, wie es die selbsternannte Elite gerade für nötig hielt? Wozu? Um aus ihnen „wertvolle“ Menschen zu 'machen'? Oder sich an ihre eigene, 'überhöhte' Position zu klammern?

Mark seufzte. Die „klugen Köpfe“ in Politik, Religion und Wirtschaft wollen doch gar nicht sehen, was sie seit Jahrtausenden mit ihrem Menschenbild auf Erden anrichten. Der Klerus sah den Menschen seit jeher als „Sünder“. Bei der Erschaffung dieser Kreaturen war ihrem Gott offenbar ein schrecklicher Fehler unterlaufen, der jetzt vom irdischen Klerus korrigiert werden musste. Man bemühte sich zwar seit ein paar tausend Jahren, aber leider ohne den kleinsten Erfolg. Mark bemerkte den Ärger, der sich bei dem Gedanken an die Kirche lautstark meldete.

Am eigenen Leib hatte er oft genug erfahren, dass in den Chefetagen vieler großer Konzerne das Bild des „unwissenden, Arbeitnehmers“ vorherrschte, der erst einmal geschult werden musste, damit er seine vorgegebenen Aufgaben – sprich Konzernziele – erreichte. Wer sich nicht unterwirft, fliegt raus! Im Zweifelsfall werden Produktionsstätten eben ins Ausland verlegt; in Länder, wo reichlich Arbeitskräfte vorhanden sind, denen die Ausbeutung noch als ‚Wohltätigkeit‘ verkauft werden kann und die uneingeschränkte ‚Bereitschaft‘ der Unterwerfung besteht, dachte Mark und der Groll in seinem Inneren rüttelte wie ein Gefangener an den Gitterstäben seiner verriegelten Zelle.

Und welches Menschenbild trugen Politiker vor sich her? Eine Gesichtslose Masse, der man zu Wahlkampfzeiten die Hucke volllügen konnte. Ansonsten galten Lobbyismus, Steuererhöhungen und Gängelung – ja sogar Kriminalisierung ganzer Bevölkerungsgruppen.

Begriffen all diese kranken Hirne nicht, dass der Wille des Menschen immer frei sein würde? Ganz egal, wie sehr sie ihn außer Kraft zu setzen versuchten? Dass die Würde des Menschen unantastbar und das höchste Gut der Menschheit bedeutete, das in den Mittelpunkt jeder Über-legung, jeder Entscheidung und jeder Handlung zu stellen war? Dass es keine höhere Priorität gab? Weder in Politik noch in der Religion noch in der Wirtschaft?

Marvin hatte Mark eine Lektion erteilt, die er niemals mehr vergessen würde. Selbst in Millionen von Jahren nicht. Der Junge hatte sich nicht einschüchtern lassen. Er hatte seiner Angst nicht nachgegeben.

Ja, das Mittel, das die Mehrheit der Führungskräfte einsetzte, war das... Angstmachen. Es galt, die niedrigsten Instinkte, das Überleben des Individuums – ja der ganzen Spezies, ständig anzukitzeln und am Köcheln zu halten. Es ging um Macht. Um nichts anderes. Diese Leute, die sich Führungskräfte nannten, hatten immer noch nicht begriffen, dass der Geist des Menschen nicht zu töten, der freie Wille nicht auszuschalten war. Ja, Marvin hatte wieder einmal bewiesen, dass nur Körper zerstört werden konnten. Aber der Geist? Niemals! Nein, an den kam keiner ran. Weder mit Bomben noch mit Drohungen.

Mark war wütend. Wütend auf die Typen, die ihn mit Gewalt festhielten. Wütend auf die Jungs und wütend auf sich selbst.

Er hielt inne. Wut ist stets ein sekundäres Gefühl, schoss es ihm durch den Kopf.

Dahinter steht immer ein tieferes, primäres Gefühl.

Er ließ die Empfindung hochkommen.

Ja, es war die Hilflosigkeit, die ihm zu schaffen machte. Dieses Ausgeliefertsein, die Machtlosigkeit, die Schwäche. Sie schnürte ihm den Hals zu, lähmte ihn, ließ ihn rumlaufen wie ein Zombie.

Alles in ihm wehrte sich gegen diese Gefühle.

Er erinnerte sich an einen Ausspruch von Julien Green: Wir Älteren sind alle mitschuldig an diesem Verbrechen. Wir haben das Schicksal der Erde intellektuell und moralisch unzulänglichen Menschen anvertraut. Haben uns nicht beizeiten gewehrt.

Was sollte er jetzt tun? Er wollte nicht länger mitschuldig sein. Er wollte aus diesem schrecklichen Gefühl raus!

Und was ist mit der Wissenschaft?, hörte Mark sich fragen.

Sofort kam ihm der Ausspruch Bertrand Russels in den Sinn: Alle Dinge, die von Rechts wegen das Gefühl angehen, liegen außerhalb des wissenschaftlichen Bereichs.

„Reiß dich zusammen!“, hörte er sich knurren. Nein, er konnte mit dem Durcheinander in sich nichts anfangen. Keiner der Gedanken brachte ihn auch nur ein Stückchen näher an eine Problemlösung heran.

Und ich will ein Trainer sein? Einer, der anderen zeigt, wie sie Probleme lösen?

Mark stöhnte auf. Was war ich doch für ein Schwätzer! Nein, er wusste nicht mehr, wer er war, was er tun sollte und schon gar nicht wie.

Langsam dämmerte der Morgen heran und er hatte immer noch keine Ahnung, welche konkreten, wirksamen Schritte er unternehmen sollte.

Er beschloss, es zunächst mit dem Entzug von „Pizza und Cola“ zu versuchen, ein geflügeltes Wort, das Marvin ihm erklärt hatte: „Gib uns Pizza, Cola, einen Computer und eine Aufgabe, die uns reizt. Mehr brauchen wir nicht. Dann sind wir zufrieden.“

Mark wollte sehen, was passierte, wenn die Jungs ein paar Tage auf Sprudelwasser und trockenes Brot gesetzt würden. Gleichzeitig würde er ihnen ein „Belohnungssystem“ in Aussicht stellen.

Mit einem Ruck setzte sich Mark aufrecht. Bin ich damit nicht genauso verlogen und hinterhältig wie diejenigen, die ich soeben verteufelt habe? Dann mach ich genau dasselbe! Er seufzte. Aber... wenn er jetzt nichts unternahm, würde sich die Gewalt und die Grausamkeit der Aufpasser steigern. Nein. Er durfte jetzt nicht weiter zuschauen, wie sich die Jungs selbst gefährdeten. Lieber würde er versuchen, sie tatsächlich zur Zusammenarbeit zu manipulieren.

Jeder Einzelne sollte seine Versuche, in den chinesischen Börsencomputer einzudringen, genau aufschreiben. Jeden einzelnen Schritt. Dann sollte er notieren, wo er steckenblieb, wo es hakte und wo er auf ein Hindernis stieß, das er bisher nicht überwinden konnte.

Diese Notiz sollte er vier Mal ausdrucken und in einen Postkorb legen, der für jeden Hacker eingerichtet wurde. Und zwar physisch! Nicht nur virtuell. Am Abend würde jeder einen Stapel mit in sein Zimmer nehmen und über eine Problemlösung nachdenken. Wurde ein Problem tatsächlich und nachweislich gelöst, würde die ganze Truppe am Abend ihre „Pizza und Cola“ bekommen.

Je eher das Problem eines Einzelnen gelöst würde, desto schneller würden Sprudelwasser und Brot für alle durch Normalkost ersetzt.

Es war ein Schritt. Ein Experiment. Ein Versuch.

Immer noch besser als gar nichts zu unternehmen.

*

*

*

Tag 10 – 28. Oktober 2012 – Bournemouth (England)

Nach dem Start vom Airstrip in Tampa genossen alle ein erlesenes Dinner an Bord. Louise war froh, dass sie mit ihrem Vater nicht allein war. In Anwesenheit von Freunden und Bekannten würden sie sich beide zusammenreißen. Aber sie wusste, dass sie in naher Zukunft mit ihm aneinandergeraten würde. Viel zuviel hatte sich in ihrem Inneren an Ärger und Wut angesammelt. Aber nicht während des Fluges!, ermahnte sie sich.

Bei Kaffee und Cognac entspann sich zwischen den anderen ein lockeres Gespräch. Es drehte sich hauptsächlich um Europa und die Mentalität der Europäer.

„Gibt es überhaupt eine europäische Mentalität?“ Helen Wynberg runzelte die Stirn. „Nach meinem College-Abschluss bin ich drei Monate kreuz und quer durch Europa gereist. Ich finde, es gibt riesige Unterschiede.“

Louise konnte an Helens Gesichtsausdruck ablesen, wie ihre zukünftige Schwägerin in die Erinnerung tauchte.

„Die Mentalität der Spanier ist mit der der schwedischen absolut nicht zu vergleichen“, fuhr Helen fort. „Oder nimm die deutsche und die englische. Da liegen doch Welten zwischen.“

„Das weißt du, Helen, weil du es hautnah erlebt und gefühlt hast“, bestätigte Louise. „Aber der Durchschnittsamerikaner hat davon doch gar keine Ahnung.“

„Der kann sich solche Reisen gar nicht leisten“, mischte Brenda sich ein.

Louise schüttelte den Kopf. „Wir sind ein Volk, das gar nicht über den Tellerrand hinaussehen will. Wir glauben, wir allein wüssten, was richtig und falsch ist, wie andere zu denken, was sie zu glauben und zu fühlen haben.“

„He!“ Michael wehrte heftig ab. „Das klingt nicht gerade patriotisch.“

„Patriotisch?“ Louise beugte sich vor und fühlte, wie sich die Wut in ihrem Inneren meldete. Sie hielt ihr Gefühl zurück. Nein, der Ärger musste noch warten. „Ist dir schon einmal aufgefallen, Bruderherz, dass dieses Wort von ‚Pater‘, also ‚Vater‘ abstammt?“

Sie sah Richard an.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: © Karin Welters / LitArt-World / 2018
Bildmaterialien: © 123 RF, Matthijs Kuijpers
Cover: © Karin Welters
Tag der Veröffentlichung: 20.04.2016
ISBN: 978-3-7396-4970-2

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