Karin Welters
Die Töchter der schwarzen Mamba
Teil II – gefährliche Strömungen
Polit-Thriller
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Die Töchter der schwarzen Mamba Teil II © Karin Welters
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Was bisher geschah:
Eine global operierende Gesellschaft, genannt die Organisation, will durch die Einführung einer einzigen, weltweit gültigen Währung die Kontrolle über den Welthandel gewinnen. Nach zweijähriger, geheimer Vorbereitungszeit, beginnt im Herbst 2012 die Umsetzung des Projektes „schwarze Mamba“.
CIA, MI 6, Mossad und andere Geheimdienste haben zwar Wind von einem weltumspannenden Vorhaben bekommen, finden jedoch nicht heraus, worum es dabei konkret geht – eine ungewöhnliche und alarmierende Situation.
Konrad Seiffert, ein getarnter Agent für Spezialaufträge, und seine Crew werden von einem Mittelsmann des BND auf den Fall angesetzt.
Mark Richter, ein 38jähriger, erfolgreicher Motivationstrainer verschwindet spurlos. Seine 34jährige Verlobte Sarah Birgen, Verkaufsleiterin der World-Travel AG in Köln, erhält die Aufforderung, nicht die Polizei einzuschalten, will sie ihren Verlobten lebend wiedersehen.
Mark Richter bekommt heraus, dass er mit fünf jungen Männern nach Südafrika entführt wurde. Er soll die Gruppe zu einem Team zusammenführen und dafür sorgen, dass der Computer der chinesischen Börse lahmgelegt wird.
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22. Oktober 2012 – Wanlo (Deutschland)
Niemand wusste, dass Elisabeth Brinkmann, offiziell die Assistentin des Chefs der KonSec Security, in Wirklichkeit seine Partnerin war. Und dieser Anschein sollte auch gewahrt bleiben. Sie hatte Konrad auf so manchen seiner Spezialaufträge begleitet. Mit einem schwarzen Gürtel in Karate, als austrainierte Kickboxerin und ausgebildete Scharfschützin fürchtete sie keine persönliche Auseinandersetzung mit einem Gegner. Egal mit welchem.
An diesem Montagmorgen klingelte es sehr früh an ihrer Haustür. Ein Bote in UPS-Kleidung übergab ihr einen dicken, braunen Umschlag, ließ sich den Empfang quittieren und verschwand wieder. Eine Express-Sendung. Für einen Beobachter eine unverfängliche Situation, aber Elly kannte das Gesicht des Boten. Die Tarnung als UPS-Fahrer war perfekt.
Im Umschlag fand sie eine mustergültig zusammengestellte Bewerbungsmappe: Zeugnisse, Referenzen und ein Diplom in BWL mit Schwer-punkt Vertrieb und Marketing. Außerdem ein Schlüsselbund, die Adresse ihrer Wohnung in Köln, in der sie laut Unterlagen bereits seit fünf Jahren lebte, die Kundenkarte eines Fitnessclubs, in dem sie ebenfalls seit fünf Jahren Mitglied war und Papiere, die sie als Marianne Schmitz auswiesen. Auf dem Foto in Pass und Personalausweis war sie mit einer blonden Perücke mit mittellangem Haar abgebildet. Das Geburtsdatum war um ein Jahr nach vorne verlegt. Das hieß, sie war nicht mehr 36 Jahre alt, sondern 35. Selbst das Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel fehlte nicht. Auf dem Konto dieser Marianne Schmitz, die das Konto bereits seit vier Jahren bei der Deutschen Bank besaß, befanden sich 13.578,34 Euro Guthaben. Sie war Vertriebsleiterin der Firma Trietscher, die in drei Monaten endgültig ihre Tore schließen würde. Der Inhaber Hubert Trietscher war 74jährig verstorben und es fand sich kein Firmennachfolger.
Lou hat mal wieder ganze Arbeit geleistet, dachte Elly und begann, ihre Tasche zu packen. Sie wusste, sie würde alles in der voll eingerichteten Wohnung vorfinden, was sie brauchte: Kleidung, Schuhe, Lebensmittel, Getränke. Selbst ein paar Topfpflanzen würden auf der Fensterbank stehen. Elly grinste. Ihre neue Identität konnte jederzeit überprüft werden. Niemand würde auch nur die Spur einer Lücke entdecken oder einen Verdacht schöpfen.
Dennoch gab es ein paar persönliche Sachen, die sie mitnehmen würde. Eine Sporttasche fiel nie auf. Vor allen Dingen nicht, wenn sie in einem Trainingsanzug unterwegs war. Sie hatte dieselbe Notausrüstung wie Konrad und konnte genauso gut mit einem Survivalmesser umgehen wie er.
Jetzt musste sie nur noch ihren Lebenslauf auswendig lernen, damit ihr beim Vorstellungsgespräch bei der World-Travel AG kein Fehler passierte. Nein, Schnitzer dieser Art würden ihr nicht unterlaufen.
Elly trug ihr dunkles Haar sehr kurz geschnitten. Das ermöglichte ihr, jederzeit andersfarbige Perücken zu benutzen. Sie stiefelte in ihren Keller, kramte die Kiste mit der Aufschrift Weihnachts-dekoration heraus und entnahm ihr eine zum Pass-foto passende Perücke aus einer der durchsichtigen Plastiktüten. In dem Karton Schrauben und Nägel fand sich schnell die dazu passende Schminktasche, mit deren Inhalt sie ihre Augenbrauen, Makeup- und Lippenstiftfarben dem Typ anpassen konnte. Jetzt fehlten nur noch die farbigen Kontaktlinsen und sie war perfekt vorbereitet, in die Person der Marianne Schmitz zu schlüpfen. Ihre katzengrünen Augen würden sich in ein warmes Braun wandeln.
Um 08:15 Uhr verließ Elly das Haus, stieg in das Taxi und ließ sich zum Bahnhof nach Rheydt bringen. Von dort nahm sie den Regionalexpress nach Köln, wo sie um kurz nach halb zehn eintraf. Erneut nahm sie ein Taxi und fuhr zu der Adresse, die ihr neues Zuhause sein würde.
Sie hatte reichlich Zeit, sich umzusehen, ihre Garderobe zu inspizieren und sich auf das Interview vorzubereiten. Das Vorstellungsgespräch war für 15:00 Uhr angesetzt. Nachdem sie den Fahrplan des Öffentlichen Nahverkehrs ausgiebig studiert hatte, widmete sie sich dem Lebenslauf.
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Im anthrazitfarbenen Kostüm mit weißer Bluse und High Heels betrat Elly um zehn Minuten vor drei das große Bürogebäude. Es war eines von diesen modernen, unpersönlichen und kalten Häusern, in denen es nur um Business, Zahlen und Gewinnmaximierung ging. Sie steuerte auf den Empfangscounter zu und ließ sich sagen, auf welcher Etage sie die World-Travel AG finden würde. Der gutaussehende Mann am Empfang schaute sie mit kühlem Blick an. „Einen Moment, bitte“, meinte er. „Ich melde Sie an.“
Als sie aus dem Fahrstuhl in der siebten Etage aus-stieg, wurde sie bereits von einer jungen Frau erwartet. „Frau Schmitz?“
„Ja.“
„Kommen Sie, Frau Birgen erwartet Sie schon.“
Elly folgte der jungen Frau einen langen Gang ent-lang. Trotz der echten Gemälde, die die Wände des Ganges zierten, wirkte auch der Flur kalt und funktionell.
Die Empfangsdame klopfte an eine Tür, vor der Elly das Schild lesen konnte: Sarah Birgen, Verkaufsleiterin. Das Herein hörte sie kaum. Elly betrat den Raum. „Frau Birgen?“
„Ja. Kommen Sie herein, Frau Schmitz. Nehmen Sie Platz“, sagte die Verkaufsleiterin und zeigte auf eine kleine Sitzecke bestehend aus drei Leder-sesseln. Elly sah die dunklen Ränder unter den Augen der Frau. Der Kugelschreiber in Ellys Jackeninnentasche vibrierte, ein untrügliches Zeichen, dass es im Büro dieser Frau eine oder mehrere Wanzen gab. Man hörte also alles mit, was Sarah Birgen sagte.
Nach dem Austausch einiger oberflächlicher Floskeln begann das Interview.
„Bitte entschuldigen Sie, Frau Schmitz. Normalerweise führt unser Personalchef diese Interviews. Aber er bat mich, das Erstgespräch mit Ihnen zu führen. Zuerst möchte die Geschäftsleitung wissen, ob die fachlichen Voraussetzungen für die Stelle gegeben sind. Deshalb sind Sie bei mir gelandet.“
Elly zeigte Verständnis. „Das kann ich gut nachvollziehen.“ Sie sah, dass sich ihr Gegenüber anstrengen musste, konzentriert zu bleiben. Kein Wunder, dachte sie. Bei dem, was sie verkraften muss.
Sarah Birgen blätterte in den Bewerbungsunterlagen, während Elly aus ihrem Leben als Marianne Schmitz erzählte. Gegen Ende des Gesprächs erkannte Elly, dass die Frau ihr gegenüber nur noch mühsam ihre Rolle als dynamische Verkaufsleiterin aufrecht halten konnte.
„Bitte entschuldigen Sie, Frau Birgen. Ist Ihnen nicht gut? Sie sind bleich wie eine Wand. Soll ich Ihnen einen Kaffee besorgen?“
„Verzeihen Sie, Frau Schmitz, dass ich Ihnen noch keinen angeboten habe.“ Sie griff zum Telefon und bestellte zwei Tassen, die kurze Zeit später gebracht wurden.
In der Zwischenzeit hatte Elly auf ihren Block geschrieben: Können wir uns außerhalb des Büros weiter unterhalten? Es geht um Mark. NICHT ERSCHRECKEN! Tun Sie so, als würden Sie mich zu einem kleinen Imbiss einladen. Ich erkläre Ihnen alles – aber NICHT hier!
Elly fing einen dankbaren und gleichzeitig furchtsamen Blick auf. Sarah erhob sich. „Ich würde Ihnen gern noch ein paar Fragen stellen. Aber, ich habe noch nichts gegessen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mit mir eine Kleinigkeit essen zu gehen? Dann könnten wir uns weiter unterhalten. Ihre Zeugnisse sind wirklich ausgezeichnet.“
Erneut traf Elly ein ungläubiger und ängstlicher Blick. Sie legte den Zeigefinger senkrecht über ihre Lippen. Sanft schob sie Sarah Birgen aus der Tür. Am Empfang erklärte Sarah kurz: „Ich geh mit Frau Schmitz eine Kleinigkeit essen. Ich weiß nicht, wann wir zurück sind.“
Bevor die Empfangsdame reagieren konnte, waren Elly und Sarah im Aufzug verschwunden. Jetzt wollte Sarah Birgen etwas sagen, doch Elly machte ihr durch Handzeichen klar, dass sie still bleiben sollte. Auch im Aufzug spürte Elly das Vibrieren ihres Kugelschreibers in der Jackentasche.
Als die beiden Frauen auf dem Bürgersteig standen, hörte das Vibrieren auf. „Bitte wundern Sie sich nicht, Frau Birgen“, sagte Elly. „Ich erkläre Ihnen gleich alles. Wo ist hier ein Café oder Bistro?“
„Gleich gegenüber“, erwiderte Sarah. Elly sah, dass die Frau kalkweiß im Gesicht war.
„Halten Sie durch, Frau Birgen“, ermunterte Elly sie. „Gleich geht’s Ihnen besser. Glauben Sie mir. Und vertrauen Sie mir. Tun Sie jetzt so, als würden Sie mit mir weiter über World-Travel reden.“
Elly sah, wie es in Sarah arbeitete. Erleichtert hörte sie sie sagen: „Ja, bei World-Travel können wir gute Außendienstler gebrauchen und Ihre Qualifikationen sind wirklich ausgezeichnet.“
„Danke, Frau Birgen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Ihnen beweisen dürfte, dass Ihr in mich gesetztes Vertrauen gerechtfertigt ist.“
Sie hatten das kleine Bistro erreicht. Ein Gefühl der Vorsicht meldete sich bei Elly. Sie hielt an. „Gibt es noch ein anderes Café oder Bistro in der Nähe?“, wollte sie wissen.
„Ja“, erwiderte Sarah. „Allerdings ein paar Straßen weiter. Warum?“
„Sind Sie öfters hier? In diesem Bistro?“
„Fast täglich“, bestätigte Sarah.
„Kommen Sie. Wir gehen in das andere Café. Ich folge Ihnen einfach.“
Als sie das etwas weiter gelegene Bistro erreichten und in einer Ecke Platz genommen hatten, schaltete Elly ihr Handy aus und bedeutete Sarah, das gleiche zu tun. Sie holte ihren Kugelschreiber heraus und vergewisserte sich, dass ihr Gespräch nicht abgehört wurde.
„So“, begann Elly. „Jetzt kann ich Ihnen erklären, worum es geht, Frau Birgen. Sie haben sehr gut reagiert. Prima! Also... sowohl Ihr Büro als auch der Fahrstuhl sind verwanzt. Und ich vermute, dass auch im Bistro gegenüber jedes Gespräch abgehört werden kann.“
Sarah Birgen sah sie fassungslos an. „Aber... aber... wieso denn?“
„Ich vermute“, erwiderte Elly, „dass man Sie bereits seit einiger Zeit beschattet und überwacht. Wer immer diese Wanzen in Ihrem Umfeld angebracht hat, hat mit Sicherheit etwas mit Marks Verschwinden zu tun.“
Elly sah, dass Sarahs Augen sich mit Tränen füllten. „Wer sind Sie? Und was wissen Sie von Mark?“
„Sie kennen mich als Marianne Schmitz. Und dabei sollten wir es auch belassen. Es geht darum, dass ich von Ihnen erfahren muss, was mit Mark passiert ist. Und dazu wäre es am besten, wenn ich in Ihrer Abteilung einen Job bekäme.“ Elly zögerte und log: „Es gibt einen Plan, wie wir Ihren Verlobten aus den Händen der Entführer befreien können.“
Auch wenn dieser Plan erst im Entstehen war, wusste Elly, dass sie die Informationen von Sarah Birgen nur bekommen würde, wenn sie die Angst der Frau in Hoffnung umdrehen konnte.
„Meinen Sie das ernst?“, fragte die Verkaufsleiterin ungläubig. „Einen Plan? Was denn für einen Plan? Wo ist Mark? Geht' s ihm gut?“
Mit wenigen Worten weihte Elly die Frau in das Nötigste ein. Nur gerade so viel, dass sie der Ver-lobten von Mark Richter glaubhaft machen konnte, dass sie Hilfe bekam.
Als hätte Sarah nur auf diesen Moment gewartet, sprudelte sie alles aus, was ihr seit dem vorigen Freitag widerfahren war. Nun ließ sie auch die Tränen zu, die sie bisher nicht geweint hatte.
„Frau Birgen“, tröstete Elly die Frau, „bitte versuchen Sie, Ihren Schmerz noch ein klein wenig zurückzuhalten. Ich möchte mit Ihnen in ein Restaurant fahren, von dem ich weiß, dass wir wirklich vollkommen ungestört reden können. Meinen Sie, das geht?“
Elly sah, wie die Frau schluckte und sich bemühte, ihre Fassung zurückzugewinnen.
„Rufen Sie im Büro an“, fuhr Elly fort. „Sagen Sie, dass Sie heute nicht mehr ins Büro kommen werden. Ist das Okay?“
Sarah folgte der Empfehlung und schaltete anschließend ihr Handy wieder ab. Das vom Bistrobesitzer angeforderte Taxi erschien und brachte die Frauen zum „Olympia“, einem Restaurant, in dem abhörsichere Gesellschaftsräume zur Verfügung standen. Es war eines der 'Insider-Restaurants', wie Konrad diese Treffpunkte nannte.
Als Elly mit Sarah den Gesellschaftsraum Rhodos betrat, wartete Konrad Seiffert bereits auf die bei-den.
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„Ist euch jemand gefolgt?“, war seine erste Frage.
„Ich hab zwar aufgepasst“, erwiderte Elly, „aber ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen.“
Sie zögerte. „Mir ist jedenfalls nichts aufgefallen.“
Konrad schüttelte Sarah Birgen die Hand und erläuterte in kurzen Worten, welche Aufgabe er und Elly übernommen hatten.
„Er ist also wirklich entführt worden?“ Sarah konnte es offensichtlich noch immer nicht fassen. „Aber warum?“
„Wir vermuten“, erklärte Konrad, „dass sein Job etwas damit zu tun hat.“
„Was können Sie uns dazu sagen?“, hakte Elly nach.
„Nicht allzu viel. Mark ist einer der besten Trainer, den ich kenne. Die Söder GmbH bekommt europaweit
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: © Karin Welters / LitArt-World 2018
Bildmaterialien: © 123RF, Matthijs Kuijpers
Cover: © Karin Welters
Tag der Veröffentlichung: 09.03.2016
ISBN: 978-3-7396-4230-7
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