Vampires of New York
Band 3
~Gefährliche Schwestern~
Kapitel 1
Lara
Es war wieder einer dieser Abende, an denen ich alleine im Black Heaven saß. Julian und Cash hatten einen neuen Club in Brooklyn für sich entdeckt. Das Wicked hatte vor ein paar Wochen neu eröffnet und war, wie das Black Heaven, ein Gothic- und Metalclub, jedoch um einiges größer. Er schien der neueste Anziehungspunkt zu sein. Was mich betraf, brauchte ich keinen neuen Club. Mir reichte das Black Heaven. Wenn es Julian da gefiel, warum sollte er nicht dort hingehen? Ich verlangte nicht, dass er jede Minute mit mir verbrachte. Außerdem hatte er sich vor Kurzem einen seiner Träume erfüllt: Er verkaufte mittlerweile seine Gemälde an eine Kunstgalerie in Chelsea. Das sollte er ruhig ein wenig feiern. Diesen Erfolg hatte er sich nach dem Tod seines Vaters, und dem Verlust seiner Schwester Cordelia an den Dark Blood Clan, wirklich verdient.
Wo meine beste Freundin Sasha heute steckte, wusste ich nicht. Sie war nach der Trennung von Cash noch immer ziemlich durch den Wind. Er hatte zwar versucht, sich mit ihr zu versöhnen, aber sie wollte nicht. Sie vertraute ihm nicht mehr, nachdem er sie mit der Vampirjägerin Angelina Dobrescu betrogen hatte. Das Ganze war nun ein halbes Jahr her. Seitdem hatten sich keine neuen Vampirjäger mehr in New York blicken lassen – und ich hoffte, dass es so blieb.
„Etwas dagegen, wenn ich mich setze?“, riss mich eine männliche Stimme aus meinen Gedanken. Ich sah auf und mir stockte kurzzeitig der Atem. Vor mir stand der wohl gut aussehendste Mann, den ich je gesehen hatte. Und er war ein Vampir wie ich. Ihn umgab eine Aura, die mir bekannt war. Doch die ähnelte weder der des Black Moon , noch der des Dark Blood oder des Craft Clans. Es war eine Aura, die ich irgendwann schon einmal gespürt hatte und die mir sehr vertraut war. Ich wusste jedoch nicht mehr, wann und wo. Denn ich hatte diesen Mann noch nie in meinem Leben gesehen. Seine Haare waren dunkelbraun, beinahe schwarz, und fielen ihm wirr ins Gesicht. Seine bernsteinfarbenen Augen funkelten, während er auf den freien Stuhl an meinem Tisch zeigte und schmunzelnd fragte:
„Also, darf ich mich setzen?“
Ich schrak aus meinen Gedanken auf - und ich musste ihn wohl mit offenem Mund angestarrt haben.
„Ja, natürlich“, erwiderte ich.
„Wartest du auf jemanden?“, wollte er wissen, nachdem er Platz genommen hatte.
„Nein“, antwortete ich und trank von meinem Whiskey.
Er nickte. „Darf ich dich nach deinem Namen und deinem Clan fragen?“
„Ich bin Lara Chase aus dem Black Moon Clan. Und du? Ich habe dich hier noch nie gesehen.“
Er lächelte und die wohl schönsten Grübchen, die ich je gesehen hatte, kamen zum Vorschein. Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss.
„Mein Name ist André Phillippe. Ich bin das Oberhaupt des Shadow Clans. Wir sind neu in der Stadt und haben gehört, dass es hier bereits einen Prinzen gibt. Lucian, den Anführer des Black Moon Clans.“
Shadow Clan? Ich konnte mich dunkel daran erinnern, diesen Namen schon einmal vor langer Zeit gehört zu haben. Er war einer der alten Clans gewesen, die damals bei der Inquistion vernichtet worden waren. Wie es schien, hatten auch von ihnen einige Vampire überlebt.
Misstrauen machte sich in mir breit. Hatte André etwa beabsichtigt, Prinz von New York zu werden? Das hoffte ich nicht. Der Dark Blood Clan reichte schon!
„Ich hoffe, ihr seid in Frieden gekommen“, meinte ich.
André lächelte.
„Keine Angst, Lara. Wir sind nicht wie der Dark Blood Clan. Wir wollen Lucian nichts Böses – solange er uns nichts Böses will.“
„Solange ihr euch benehmt, tut er euch auch nichts.“
Eine Weile herrschte Schweigen, dann sagte André:
„Du bist sehr schön, Lara...“
Ich spürte, wie ich errötete – obwohl ich von Männern ja bereits gewohnt war, dass sie mich hübsch fanden. Und obwohl ich sonst recht wenig darauf gab, war das bei André irgendwie anders. Er schaffte es, irgendetwas in mir auszulösen, von dem ich nicht wusste, was es genau war.
„Hast du einen Freund, Lara?“
Ich verschluckte mich beinahe an meiner eigenen Spucke und musste mich räuspern.
„Ja, das habe ich“, sagte ich schließlich.
Enttäuschung schien sich auf seinem markanten Gesicht breit zu machen.
„Oh, das ist sehr Schade.“
Ich lächelte verlegen. Was zur Hölle war denn nur mit mir los? Warum benahm ich mich in seiner Nähe wie eine verdammte Idiotin? Ich wies mich selbst in Gedanken zurecht, die Fassung zu wahren.
„Aber wenn du einmal frei bist, dann weißt du, wo du mich findest“, lächelte er und schob mir eine Visitenkarte zu.
SHADOW
Night Club
10 Delancey St
New York City, NY
Inhaber: André Phillippe
„Das ist mein Club, den ich gerade eröffnet habe. Wenn du willst, dann schau einmal vorbei“, sagte er und zwinkerte.
„Was ist das für ein Club?“, wollte ich wissen.
„Eine Rock- und Metalbar – genau wie das Black Heaven, nur ein wenig größer.“
Ich grinste.
„Genauso wie das Wicked. Das hat auch erst vor Kurzem geöffnet.“
„Ich habe davon gehört. Das ist nun mal der Wettbewerb“, meinte André lächelnd und stand von seinem Stuhl auf. „Hat mich gefreut, dich kennen zu lernen, Lara...“
Dann nahm er meine Hand und ich erschrak innerlich, denn ich hatte nicht damit gerechnet. Er führte sie zu seinen Lippen und hauchte einen Kuss auf meinen Handrücken. Das Gefühl seiner Lippen ließ sich meinen ganzen Körper wie elektrisiert anfühlen.
„Dann sehen wir uns hoffentlich bald, meine Schöne...“
Die Art, wie er das aussprach jagte mir einen Schauer den Rücken hinunter. Wo hatte ich das schon einmal gehört? Ich kramte verzweifelt in meinen Erinnerungen.
„Meine Schöne. Du hast nach mir gerufen. Also bin ich gekommen.“
Ich stockte. Adrian? Ja, jetzt erinnerte ich mich! Er hatte mich immer so genannt. Aber die Art, wie André es aussprach war anders. Angenehmer. Nicht so besitzergreifend.
Ich sah ihm nach, als er in Richtung Ausgang lief. Ich spürte mein Herz bis zum Hals schlagen. Puh! Was für ein charismatischer Mann!
Lara!, ermahnte ich mich selbst. Du bist mit Julian zusammen!
Und ja, ich liebte Julian sehr. Ich liebte ihn noch viel mehr seit ich mit Sicherheit wusste, dass er die Reinkarnation von Dorian war. Das Schicksal hatte uns wieder zusammengeführt, nachdem Dorian im viktorianischen Zeitalter einer Vampirjägerin zum Opfer gefallen war. Und ich war unendlich dankbar dafür.
Darla
Darla schlich über die dunklen Gänge der New York University. Sie wollte in der Bibliothek, in der Victor Radulescu als Bibliothekar arbeitete, und gleichzeitg der Berater der beiden getöteten Vampirjägerinnen Angelina Dobrescu und Alena Lupascu gewesen war, ein altes Buch über Vampire stehlen. Sie hoffte, darin Aufzeichnungen des Ordens über den Verbleib eines ganz bestimmten uralten Artefakts zu finden. Es war ein sehr mächtiges Amulett, das einst Lilith, der mächtigsten Vampirhexe aller Zeiten, gehört hatte. Lilith war die Oberhäuptin des Blood Witch Clans gewesen und besaß einst die größte Macht über alle Vampire, was sie zur Herrscherin über alle Clans gemacht hatte. Jedoch war Liltih in den Zeiten der Inquistion und der Säuberung durch die Vampirjäger im Mittelalter, auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Es hieß, ihr Amulett – das mächtige Vampirpendel – sei von dem Feuer, das Lilith zu Asche verbrannt hatte, unversehrt geblieben. Doch es war vom Orden der Vampirjäger an einen geheimen Ort gebracht worden, sodass niemand mehr dessen Macht missbrauchen konnte. Es war offensichtlich, was Darla vorhatte:
Sie wollte das Pendel finden und dadurch die größte Macht unter den Unsterblichen erlangen. Sobald sie diese Macht besaß, würde sie zur Herrscherin über alle Clans aufsteigen – und Lucian würde keinen blassen Schimmer davon haben. Sie grinste siegessicher.
Als sich Darla der Bibliothek näherte, sah sie, dass noch Licht darin brannte. Victor Radulescu musste noch arbeiten. Dann würde ihr nichts Anderes übrig bleiben als ihn aus dem Weg zu räumen, um an die Aufzeichnungen des Ordens zu gelangen.
Sie betrat die Bibliothek und Victor, der am Schreibtisch über einem Buch saß, sah auf.
„Wer sind Sie?“, fragte er irritiert. „Und wie kommen Sie hier rein?“
Darla trat lasziv auf ihn zu. Sie trug einen schwarzen, engen Lederanzug und hatte ihre schwarzen langen Haare zu einem Zopf zusammengebunden. Sie lächelte und Victor konnte deutlich ihre Vampirzähne sehen.
„Ich möchte mir nur ein Buch ausleihen“, sagte sie mit einem fiesem Unterton in der Stimme. Victor stand auf und zückte einen Metallpflock.
„Komm nicht näher, Vampir!“
Darla ließ sich nicht irritieren. Sie kam trotzdem näher und stand bald darauf vor seinem Schreibtisch. Sie sahen sich eine Weile in die Augen. Ehe er sich versah, packte Darla ihn an der Kehle und ihre spitzen Fingernägel bohrten sich in seine Haut.
„Glauben Sie etwa, ich habe Angst vor Ihnen, Sie Schwächling?! Sie sind nichts weiter als ein Bibliothekar – und kein ausgebildeter Jäger des Ordens! Was wollen Sie mir schon anhaben?!“
Sie drückte fester zu. Victor japste nach Luft und ließ den Pflock fallen. Darla stieß ihn heftig auf seinen Bürostuhl zurück, sprang mit einem Satz über den Schreibtisch und stürzte sich direkt auf Victor Radulescu, um ihre Reisszähne in seinen Hals zu jagen. Sie saugte ihn bis auf den letzten Tropfen aus und er sank tot in seinem Stuhl zusammen.
„Das hätten wir“, murmelte Darla, während sie sich die Lippen leckte. Jetzt musste sie sich auf die Suche nach den Aufzeichnungen machen. Sie durchsuchte alle Regale im Hinterzimmer der Bibliothek, denn die Chroniken über die Vampire und andere paranormale Ereignisse fand man nicht unter den üblichen Büchern. Schließlich hatte Darla gefunden, was sie suchte. Das Buch war groß und ledergebunden. Auf dem Einband stand in großen Buchstaben:
DIE CHRONIK DER VAMPIR CLANS
Darla klemmte es sich unter den Arm und verließ die New York University.
ξ
Zuhause setzte sie sich ins Wohnzimmer und blätterte das Buch durch. Sie stieß auf die Chroniken aller Clans und deren Oberhäupter. Darin befanden sich Zeichnungen von Pandeia, Lucian, Luna, Erik und sogar von ihr selbst. Und von dieser uralten Vampirin, der Lara Chase so verdammt ähnlich sah. Darla konnte sich noch immer nicht erklären, wie das möglich war. Die Porträts stammten aus dem frühen Mittelalter.
„Sie haben mich gut getroffen“, murmelte Darla.
Auf der nächsten Seite stieß sie auf die Aufzeichnungen über Lilith und den Blood Witch Clan. Sie entdeckte eine Zeichnung, auf der Liltih zusammen mit Lucian zu sehen war. Die Chronik über Lilith besagte Folgendes:
Lilith
Bekannt als die mächtigste Vampirhexe aller Zeiten, Anführerin des Blood Witch Clans und Herrscherin über alle Vampir-Clans. Ihre Waffe war das Vampirpendel, ein mächtiges Amulett, das seinem Träger übernatürliche Kräfte verleiht. Bei der Säuberung durch den Orden der Vampirjäger wurde sie als Hexe verbrannt und ihr gesamter Clan ausgelöscht. Das Vampirpendel wurde vom Orden in eine geheime Schatzkammer auf Schloß Bran in Transsylvanien, Rumänien, gebracht, damit es nie mehr Schaden anrichtet. Sollte das Pendel gefunden werden, setzt es seine Kraft nur in einer bestimmten Vollmondnacht frei – dem 30. April, auch bekannt als Beltane. Das Pendel setzt seine Macht nur frei, wenn die Absicht, in der man es einsetzt, rein ist. Dann wird es demjenigen helfen. Wenn es jedoch in falsche Hände fällt, dann wird es eine furchtbare Waffe sein.
Darla schlug das Buch zu. Sie hatte alles erfahren, was sie wissen musste. Ihre Absicht war rein, reiner als rein. Diese Absicht hieß Macht. Bis zur Beltane-Nacht waren es noch etwa zwei Wochen. Darla sollte keine Zeit verlieren.
Julian und Cash
Julian und Cash standen an der Bar im Wicked und tranken Alkohol. Etwas Anderes gab es hier nicht. Die Barkeeperin fragte die beiden, wie es ihnen hier im Club gefiel.
„Ziemlich gut“, erwiderte Julian.
Dann erzählte die blonde Barkeeperin, die sich ihnen als Nicki vorstellte, von den beiden Geschäftsführerinnen des Wicked. Sie hießen Kate und Kathryn Smith. Die beiden Schwestern gehörten zu den reichsten Leuten hier in Brooklyn und besaßen eine riesige Villa auf Long Island. Zudem waren sie die Anführerinnen des Blood Witch Clans.
„Blood Witch Clan?“, fragte Cash an Julian gewandt, als sich die Barkeeperin wieder ihrer Arbeit hinter dem Tresen widmete. „Davon haben wir schon einmal gehört. Das ist der Clan der Vampirhexen. Man dachte, sie seien alle verschwunden.“
„Kate und Kathryn Smith? Sag mal, sind die beiden mit dir verwandt, Cash?“, wollte Julian wissen.
„Nicht, dass ich wüsste.“
„Auf jeden Fall ist es interessant zu wissen, dass wieder einer der Clans aufgetaucht ist, von dem alle dachten, dass sie ausgerottet worden seien“, erwiderte Julian.
Cash nickte. „Das ist in der Tat wahr. Ich glaube, Luna hat das sogar vorausgesagt, dass mehr Clans kommen werden.“
„Ich frage mich nur, warum es sie alle nach New York zieht?“, überlegte Julian.
„Das ist eine gute Frage. Lucian ist hier und der Black Moon Clan ist der Herrscherclan. Es kann nur mit ihm zu tun haben. Der Dark Blood Clan kam zurück und wollte an die Macht. Der Vampirhexen-Clan stand einst an der Spitze. Es könnte sein, dass das Auftauchen des Blood Witch Clans mit Ärger verbunden ist.“
„Wollen wir das mal nicht hoffen“, meinte Julian und ließ seinen Blick durch den Club schweifen. Gegenüber an einem Stehtisch stand eine Gruppe von vier jungen Frauen und alle sahen sehr sexy aus. Sie waren Vampirinnen, die eine mysteriöse Aura umgab. Julian war überzeugt, dass auch sie Vampirhexen waren. Eine blonde Frau fiel ihm besonders auf. Sie war die Hübscheste von allen. Die Knöpfe ihrer enganliegenden schwarzen Bluse waren soweit geöffnet, dass ihr Spitzen-BH hervorblitzte. Ihre langen, schlanken Beine steckten in knallengen Lackhosen. Sie hatte eine Superfigur. Die Blonde bemerkte, dass Julian sie anstarrte und erwiderte seinen Blick. Ihre roten Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und sie kam auf ihn zu. Julian spürte, wie er nervös wurde.
Die junge Frau zückte eine Zigarette.
„Hat mal einer von euch Feuer?“
Julian verneinte.
„Bedaure.“
„Hier!“, meinte Cash und reichte ihr sein Feuerzeug.
„Vielen Dank“, erwiderte sie lächelnd.
Sie zündete ihre Zigarette an und beobachtete Julian dabei. In ihrem Blick lag etwas Betörendes, Anziehendes. Er konnte es nicht in Worte fassen. Sie gab Cash das Feuerzeug zurück und kehrte zu ihren Freundinnen zurück, die nicht weniger attraktiv als sie selbst waren.
„Scharfe Geschosse, was?“, meinte Cash und trank von seinem Bier. Er hatte bemerkt, dass Julian unentwegt zu ihnen hinüber starrte.
„Ich bin mit Lara zusammen – das weißt du“, entgegnete Julian und drehte sich zum Bartresen um.
„Fragt sich bloß, wie lange noch. Du hast ja gesehen, wie schnell es mit Sasha und mir vorbei war.“
„Oh, das glaube ich nicht. Ich betrüge Lara nämlich nicht.“ Julians Stimme klang ein wenig barsch. „Und schon gar nicht mit einer Vampirjägerin.“
„Hey, was willst du von mir? Ich habe die ganze Sache mit Angelina mehr als bereut. Es war die dümmste Entscheidung meines Lebens, mich mit ihr einzulassen. Es hat mich meine große Liebe gekostet: Sasha.“
Julian nickte zustimmend. Sein Blick schweifte nochmals zu der Vampirhexen-Gruppe. Die blonde Vampirin stand immer noch da und sie bemerkte seinen Blick auf ihr. Sie zwinkerte ihm zu und lächelte.
Kathryn und Kate
Kate stieg aus dem Swimmingpool, der in einem Raum im Ergeschoß ihrer großen Villa eingebaut war. Sie griff nach dem Handtuch auf der Liege und trocknete sich ab. Dann wurde die Tür geöffnet und ihre Schwester Kathryn kam herein.
Die beiden Schwestern sahen sich zum Verwechseln ähnlich – sie waren Zwillinge. Sie beide hatten lange dunkle Haare. Kate trug ihre Haare meistens zu einem geflochtenen Zopf und Kathryn ließ ihre Haare offen über ihren Rücken fallen. Kathryn nahm auf der Liege neben der von Kate Platz.
„Unser Club macht sich wirklich gut“, meinte Kathryn.
„Schön“, erwiderte Kate. „Das sollten wir feiern!“
Sie stand auf und ging zur Poolbar, um zwei Gläser mit dem erlesensten Champagner zu füllen. Dann kehrte sie zu Kathryn auf die Liege zurück und beide stießen auf ihren Erfolg an. Kathryn nahm einen großen Schluck, dann sagte sie:
„Du weißt, dass wir nicht nur hergekommen sind, um einen Club zu eröffnen.“
Kate nickte.
„Wir sind gekommen, um Lucian, den Prinzen, vom Thron zu stoßen.“
„Und dazu brauchen wir Liliths Vampirpendel“, fügte Kathryn hinzu.
„Lucian war einst mit Lilith zusammen. Ich nehme an, er weiß etwas darüber“, meinte Kate.
Kathryn grinste geheimnisvoll.
„Wir wissen sehr viel mehr, meine liebste Schwester...“
Kate sah sie fragend an. „Was meinst du?“
„Nun...ich habe neulich Nacht einen kleinen Ausflug in die New York Universtiy gemacht. Wir wissen alle, dass der Orden der Vampirjäger überall auf der Welt seine Ableger hat. Und Victor Radulescu ist ein Gesandter des Ordens, der in der New York University in der Sektion für Paranormale Ereignisse arbeitet – verdeckt selbstverständlich. Den Bibliothekar habe ich in einen kleinen Schlafzauber versetzt und mich in der Zeit in der Bibliothek ein wenig umgesehen. Ich bin auf eine interessante Chronik über uns Vampire gestoßen. Darin war alles über Lilith aufgezeichnet. Und rate mal, was noch darin stand?“
Kates bernsteinfarbene Augen weiteten sich.
„Wo das Pendel hingebracht wurde?“
„Exakt! Es wurde in eine geheime Kammer auf Schloß Bran in Transsylvanien gebracht“, erzählte Kathryn weiter. „Und deshalb müssen wir schon bald dorthin aufbrechen, um es uns zu holen.“
„Sehr gut, Kathryn! Dann kehrt das Vampirpendel bald wieder in unsere Hände zurück. Es gehört unserem Clan. Lilith war einst unsere Clan-Oberhäuptin und wir gehörten dem Herrscherclan an. Wir beide waren die mächtigsten Vampirhexen an Liliths Seite. Nach ihrem Tod ging die Hetzjagd auf die anderen Vampirhexen los und wir mussten untertauchen.“
„Doch nun sind wir zurückgekehrt – und wir holen uns das zurück, was unser war! Der Black Moon Clan ist nicht der rechtmäßige Herrscherclan!“, erwiderte Kathryn entschlossen.
Lara
Als ich vom Black Heaven nach Hause kam, war Julian noch nicht da. Ihm schien es wohl ziemlich gut im Wicked zu gefallen. Nachdem ich meine Lederjacke an die Garderobe gehängt hatte, warf ich meine Tasche auf die Couch. In dem Moment sah ich, wie die Visitenkarte von André Phillippes Club auf den Boden fiel. Ich hob sie auf und betrachtete sie. Irgendwie musste ich lächeln, wenn ich an ihn dachte. Ich würde mit Sicherheit einmal in seinem Club vorbeischauen.
Ich tapste ins Badezimmer und ließ mir Wasser in die Wanne ein. In der Zwischenzeit entledigte ich mich meiner Kleider. Meine schwarzen langen Locken hatte ich mir hochgesteckt. Dann stieg ich ins warme Wasser. Es fühlte sich toll auf meiner nackten Haut an. Für einen Moment dachte ich daran, wie es wohl wäre, mit André hier zusammen zu sitzen. Ich erschrak über meine Gedanken.
„Lara, hör auf damit!“, schalt ich mich selbst.
Irgendwie ging mir dieser Mann nicht mehr aus dem Kopf. Er hatte eine unglaubliche Ausstrahlung, geradezu betörend. Doch ich durfte nicht an so etwas denken. Ich war mit Julian zusammen und ich liebte ihn sehr.
ξ
Später kam Julian nach Hause. Ich saß auf dem Bett und bürstete meine Haare.
„Hi, Süße“, meinte er, als er ins Schlafzimmer kam und gab mir einen Kuss.
„Hey. Wie war´s im Wicked?“
„Es war super. Wie immer.“
„Ach, weißt du...Es könnte sein, dass ich mir demnächst auch mal einen anderen Club ansehe – das Shadow“, sagte ich grinsend.
„Shadow?“, wiederholte Julian mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ja – ein neuer Club in der Delancey Street. Ich habe heute im Black Heaven den Inhaber kennengelernt. Sein Name ist André Phillippe.“
„André Phillippe?“
Ich nickte. „Ja, er ist wie gesagt der Besitzer des Shadow und das Oberhaupt des Shadow Clans.“
Julian sah mich verdutzt an.
„Noch ein neuer Clan?“
„Offensichtlich. Dorian erzählte mir einst davon“, erwiderte ich.
Julian schien eine Weile zu überlegen.
„Erzählte er dir auch vom Blood Witch Clan? Sie sind nämlich auch hier.“
Meine Augen wurden riesig.
„Was? Wirklich? Woher weißt du das?“
„Nun ja. Die Besitzerinnen des Wicked sind rein zufällig die Oberhäuptinnen des Blood Witch Clans – Kate und Kathryn Smith“, erlärte Julian. „Die Barkeeperin hat es Cash und mir erzählt.“
„Kate und Kathryn Smith? Noch nie gehört. Aber der Blood Witch Clan ist mir durchaus ein Begriff. Sie waren früher der Herrscherclan, angeführt von Lilith.“
„Denkst du, es könnte Ärger bedeuten, dass der Hexenclan wieder aufgetaucht ist?“
Ich hob die Schultern.
„Ich weiß leider zu wenig darüber.“
„Wie steht es mit dem Shadow Clan?“
„André sagte mir, dass sein Clan Lucian nichts Böses will – solange er ihnen nichts Böses will. Ich weiß leider nicht, was das zu bedeuten hat. Auf jeden Fall sollten wir Lucian davon unterrichten, dass zwei der alten Clans zur gleichen Zeit aufgetaucht sind.“
Julian nickte.
Dann kam er näher und zog mich an sich.
„Aber das hat doch sicher bis morgen Zeit“, sagte er schelmisch und zupfte am Knoten meines Bademantels.
Ich grinste ihn an.
„Das denke ich auch...“
Kapitel 2
Luna
Veränderungen stehen uns bevor. Veränderungen nie gekannten Ausmaßes. Was kann es nur sein?
Luna meditierte vor ihrem Altar der Mondgöttin Selene und spürte, dass bald etwas geschehen würde. Doch die Bilder vor ihrem geistigen Auge waren verschwommen und nicht klar zu erkennen. Wie ein undurchdringbarer Nebel...
Es werden mehr Clans kommen. Neue und solche, die längst verloren geglaubt schienen. Sie alle werden kommen. Die Einen werden kommen, um Unheil zu stiften. Die Absichten der Anderen liegen im Verborgenen. Nichts ist so wie es scheint.
Luna öffnete die Augen. Was hatte das nur zu bedeuten? Was wollte Selene ihr mitteilen? Ihre Visionen waren in letzter Zeit nicht mehr klar zu deuten. Als die Vampirjäger aufgetaucht waren, waren Lunas Vorsehungen glasklar gewesen. Doch in letzter Zeit konnte sie sich nicht mehr eindeutig auf ihre Visionen verlassen. Sie waren unklar und verworren. Luna hatte nur das nagende Gefühl in sich, dass dem Black Moon Clan eine neue Bedrohung bevor stand. Zuvor hatte sie bereits öfter die Vorahnung gehabt, dass andere Clans aus der alten Zeit wieder auftauchen würden. Der Dark Blood Clan war zurückgekommen und ebenfalls der Assassin Clan. Luna fragte sich, welcher der alten Clans die große Säuberung im Mittelalter noch überlebt haben mochte? Damals hatte es zwei weitere mächtige Clans gegeben: Den Blood Witch Clan, den Clan der Vampirhexen. Und den Draconian Clan, die allesamt starke Vampirkriegerinnen gewesen waren. Beinahe hatte sie den Shadow Clan vergessen. Letzterer war zu Zeiten der Inquistion vollkommen ausgerottet worden. Nur einer von ihnen hatte überlebt und sich einst dem Black Moon Clan angeschlossen. Doch dieser Jemand war vor langer Zeit durch Lucian zum Tode verurteilt worden. Luna war sich sicher, dass der Shadow Clan vollkommen vernichtet worden war.
Luna schrak aus ihren Gedanken auf, als es an der Tür klopfte.
„Herein.“
Lucian betrat den unterirdischen Tempel der Mondgöttin, der Lunas Reich in Lucians Anwesen war. Hierhin zog sie sich zurück, wenn sie Ruhe brauchte und der Göttin huldigen wollte.
„Luna. Lara ist hier. Sie möchte uns etwas berichten.“
Luna spürte, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte.
„Ich komme sofort.“
Lara
„Lucian. Luna. Es sind zwei weitere Clans aufgetaucht.“
Die beiden Ältesten des Black Moon Clans saßen mir gegenüber auf dem Sofa und sahen mich erwartungsvoll an.
„Ich hatte soeben eine Vision, als ich unten war“, sagte Luna. „Aber sie war leider nicht klar und eindeutig. Sie sagte nur, dass mehr Clans kommen werden. Alte und Neue.“
„Wer ist es, Lara?“, fragte Lucian.
„Zum Einen der Blood Witch Clan und...“, erwiderte ich, doch ich kam gar nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, da mich Lunas und Lucians Mienen innehalten ließen. Ihre Augen waren in einer Mischung aus Entsetzen und Ungläubigkeit geweitet. Sie sahen sich einen Moment lang an, dann richteten sich ihre Blicke wieder auf mich.
„Bist du dir ganz sicher, Lara?“, wollte Lucian wissen.
„Julian und Cash gehen neuerdings des öfteren in einen neuen Club, der Wicked heißt. Die beiden haben gestern von der Barkeeperin erfahren, dass die Besitzerinnen des
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG Tag der Veröffentlichung: 05.08.2017 Alle Rechte vorbehalten Widmung:Impressum
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