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1. Kapitel

“Düt Düt Düt Düt Düt”

Stöhnend wachte ich auf und versuchte so schnell wie möglich meinen Wecker auszuschalten. Leider gelang mir das nicht so ganz und der Wecker flog in hohem Bogen von meinem Nachttischschränkchen, als ich ihn mit der rechten Hand streifte. Mit einem “Dong” zersprang die Scheibe und das Tüten hörte auf. Nochmals stöhnte ich auf und ließ mich wieder in meine Kissen sinken. Das war jetzt schon der dritte Wecker diesen Monat. Nach etlichen Sekunden, in denen ich überlegte ob ich nicht einfach in meinem gemütlichen Bett liegen bleiben sollte, schwang ich meine Beine herum, setzte mich auf und blickte mich in meinem Zimmer um. Langsam ließ ich meinen Blick umher schweifen. Mein Zimmer war eigentlich ziemlich Trist, weil meine Eltern und ich erst vor kurzem hierher gezogen waren. Da meine Mutter in einem großen Unternehmen als Wissenschaftlerin arbeitete, passierte das leider alle ein bis zwei Jahre. Sehr spartanisch sah es hier noch aus. Keine Deko, nur weiße Möbel. Ein zu meinem Glück ziemlich großes Bett, ein Kleiderschrank und ein Nachttisch. Die alten Möbel hatten wir alle im alten Haus gelassen und teilweise weggegeben. Mein Blick glitt durch den Raum und landete dabei an meinem Spiegel der mir gegenüber hing. Ich ließ meine Augen über die unausgeschlafene Person schweifen die mir aus dem Spiegel entgegen schaute. Also als hässlich könnte man mich nicht bezeichnen, aber wirklich hübsch war ich auch nicht. Lange glatte blonde Haare fielen mir unordentlich und in alle Richtungen stehend bis knapp an die etwas groß geratene Brust. Blaue Augen blickten mir entgegen und ich runzelte die Stirn. Nein, hübsch waren süße kleine Mädchen mit engelsgleichen Gesichtern. Wie Mara aus meiner Klasse. Mit meinen 1,80, 90 Kilo und der etwas schiefen Nase war ich nicht unbedingt die Traumfrau eines jeden Mannes. Naja, was nicht ist kann ja noch werden. Das sagte ich mir zumindest immer, daran geändert hatte ich bisher noch nichts. Das einzige, das ich gut an mir fand, waren meine Piercings. Zehn Stück hatte ich über meinen Körper verteilt.

Vier in jedem Ohr, einen in der Lippe und einen in der Zunge. Diese waren erst vor kurzem, zum bedauern meiner Eltern ohne ihr Einverständnis, entstanden. Mein bester Freund Bastian, der in dem Ort wohnte aus dem wir gerade ausgezogen waren, hatte in einem Tattoostudio gearbeitet. Nach mehreren Wochen auf ihn einreden, bekam ich ihn dazu mir die Piercings in meinem Gesicht zu stechen. Die in den Ohren stach ich mir danach einfach mit einer heißen Nadel selber. Meine Eltern waren natürlich alles andere als begeistert, aber ausreden konnten sie es mir trotzdem nicht. Naja, bei den paar Stunden die wir uns die Woche sahen, war es auch unwichtig. Aber seit dem war unser sowieso schon nicht so gutes Verhältnis, komplett den Bach runter gegangen. Obwohl sie sich mit meinem Klamottengeschmack auch irgendwann abgefunden hatten.

Ich musste plötzlich grinsen, als ich mich daran erinnerte, wie ich das erste mal mit Bastian nach dem gemeinsamen shoppen nach Hause gekommen war. Als meine Eltern meine mit Löchern übersäte schwarze Hose und das schwarze Top mit einem sehr gewagten Ausschnitt gesehen hatten, wären sie fast auf der Stelle in Ohnmacht gefallen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich sehr zurückhalten müssen um keinen Lachkrampf zu bekommen. Die Gesichter meiner Eltern waren einfach zu komisch.

Wie aufs Stichwort wanderten meine Augen zu meinem jetzt kaputten Wecker und ich musste Seufzen. Wie viel Uhr wir wohl hatten. Ich drehte mich auf meinem Bett um tastete mit der Hand nach meinem Handy, das ich immer unter mein Kissen schob. Als ich es nach gefühlt endlosem herumtasten gefunden hatte sah ich, dass das blaue Lämpchen für eingegangene Nachrichten blinkte. Ich machte den Bildschirm an und musste lächeln. Zwei neue Nachrichten von Bastian. Schnell tippte ich meinen PIN ein und öffnete WhatsApp. Ich ging auf die Nachrichten und las: “Morgen Aira! :)” und darunter direkt “Ich hoffe du bist schon wach, wenn nicht hast du nämlich wieder verschlafen und kommst zu spät zur Schule, Engelchen :p”.Diesmal musste ich fett grinsen. So ein Depp und ich hasste es wenn er mich Engelchen nannte. Dann warf ich einen Blick auf die Uhr. Mit einem lauten “Fuck” sprang ich plötzlich auf. Scheiße, ich hatte ja wirklich verschlafen. Und dabei fiel mir mein Handy vom Schoß und knallte auf die kalten Fliesen zu meinen Füßen. Erschrocken schaute ich auf mein Handy am Boden. Mist, schon wieder. Schnell hockte ich mich hin und drehte es um in der Hoffnung diesmal nichts zerstört zu haben. Glücklicherweise sah es ganz aus. Ich drückte auf den Knopf und der Bildschirm sprang an. Ruckartig stand ich auf als ich die Uhrzeit sah. Schon 7.45 Uhr. Gehetzt blickte ich mich in meinem Zimmer um und flitzte zu meinem Kleiderschrank. Ich zog mir eine dunkelgraue Hose und eines meiner vielen schwarzen einfarbigen Oberteile raus. Wie man schwer erraten kann meine Lieblingsfarbe. Heute mal wieder sehr farbenfroh unterwegs, dachte ich und musste kurz grinsen. Dann beeilte ich mich mir frische Unterwäsche und die ausgesuchten Klamotten anzuziehen. Ich eilte ins Bad, putze in Rekordzeit meine Zähne und düste dann in die Küche in der ich mir einen Apfel aus der Schale auf dem Küchentisch und einen Schokoriegel aus dem Kühlschrank nahm. Meine Schultasche die ich am Tag zuvor in den Flur geworfen hatte, schulterte ich, nahm im vorbeigehen meine schwarze Fleecejacke von der Garderobe und schlug im Gehen die Tür hinter mir zu. Im Laufschritt lief ich unsere lange Auffahrt runter und bog nach rechts Richtung Schule ab. Dadurch das meine Mutter Wissenschaftlerin war, mangelte es uns nicht an Geld. Das zeigte sich sich meistens darin dass uns ihre Firma ein Haus für ein paar Jahre zur Verfügung stellte, bis wir wieder umzogen. Da mein Vater freiberuflicher Architekt war, war es ihm egal ob wir umzogen oder nicht. Die paar Tage im Monat die er mal da war, störte er sich nicht daran wo genau wir jetzt wohnten. Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und machte den Bildschirm an. 7.57 Uhr. Rechtzeitig würde ich jetzt nicht mehr kommen, da ich ca. 10 Minuten zu Fuß von unserem Haus zur Schule brauchte. Dann war es auch egal ob ich mich hetze oder nicht. Als ich daran dachte gleich vor allen die Klasse zu betreten, verzog ich das Gesicht. Ich hasste diesen Moment wenn alle Blicke auf mich gerichtet waren. Vor allem weil ich erst seit drei Wochen auf diese Schule ging. Nach weiter fünf Minuten gehen erreichte ich die Schule. Das rote, alte Backsteingebäude sah eigentlich nicht so schlecht aus. Ich betrat den Schulhof und ging langsam über den Hof zur großen Eingangstür. Mit ein bisschen Kraft stemmte ich die quietschende Türe auf. Gerade als ich sie losgelassen hatte, sah ich eine Hand im Augenwinkel, die die Tür wieder auf drückte. Eine blonde Gestalt versuchte sich zu mir in den Flur zu schieben. Da ich immer noch kurz vor der Türe stand knallte die Person direkt gegen mich. Beinahe wäre ich nach hinten umgefallen, wenn mich nicht zwei starke Hände an den Schultern festgehalten hätten. Die Person stand jetzt direkt vor mir. Als ich sie erkannte stockte mir kurz der Atem. Blaue Augen schauten auf mich hinunter und sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. “Hey sorry das ich einfach so in dich reingelaufen bin, aber ich war so in Hetze.” Wir schauten uns immer noch in die Augen. Vor lauter Schreck konnte ich gar nichts sagen, denn ich stand vor dem heißesten Jungen der ganzen Schule. Liam Veil. Blonde hochgestylte Haare und grau-blaue Augen die wohl jedes Mädchen um den Verstand gebracht hätten, strahlten mir jetzt entgegen. Plötzlich trat er einen Schritt nach hinten, wobei er wieder gegen die Eingangstür knallte. Dabei ließ er meine Schultern los und ich sah wie kurz eine süße Röte über seine Wangen streifte. Ich räusperte mich kurz um meine Stimme wieder zu finden, “Ähm, kein Problem war ja meine Schuld das ich im Weg rumstand.” Beim Reden schaute ich auf den Boden. Ich wollte mich schon wieder umdrehen und weiter gehen, als mich plötzlich etwas meine Hand festhielt. Ich drehte mich um und zuckte kurz zusammen als ich sah, dass er wieder direkt vor mir stand.

“Du bist doch die neue aus der 11b oder?”. Wieder blickten seine Augen in meine.

Erstaunt, dass er sowas wusste, konnte ich ihn nur anstarren. Bis er sich räusperte und ich merkte das ich ihn ein paar Sekunden nur angestarrt hatte. Ich merkte wie meine Wangen rot wurden und schaute schnell wieder auf den Boden. Mit einem Nicken antwortete ich ihm. Seine Hand war immer noch an meiner und als er das bemerkte zog er sie weg. Ich konnte mich nicht beherrschen und schaute ihm wieder in seine Augen. Da bemerkte ich dass auch er rote Wangen hatte. Wir lächelten uns nervös an bis er wieder weg schaute und sagte “Ich geh dann mal zu meinem Klassenraum”. Wieder nickte ich nur und er bewegte sich nach vorne an mir vorbei. Ich schloss die Augen. Gott, war das mal wieder peinlich gewesen. Plötzlich stockten seine Schritte und ich hörte wie er hinter mir stehen blieb. “Ist deine erste Stunde nicht auch Bio?” Erstaunt drehte ich mich und schaute in ein verschmitztes Lächeln. Wieder nickte ich nur. “Kannst du eigentlich nur nicken, oder auch sprechen?.” Wieder nickte ich nur, was uns beide zum lächeln brachte. “Ja” brachte ich dann nur hervor. Er drehte sich kurz von mir weg um dann wieder zu mir zu sehen. “Komm dann lass uns zusammen hochgehen, wir sind ja eh schon zu spät.” Ich blieb noch einen kurzen Moment verwirrt stehen und setzte mich dann endlich in Bewegung. Er wartete bis wir auf derselben Höhe waren und dann gingen wir still die Treppe hoch Richtung Bio-Räume. Keiner sagte ein Wort bis er an der Tür seines Klassenraumes angekommen war. Ich wusste nicht was ich machen sollte. Sollte ich stehen bleiben oder einfach nur Tschüss sagen. Er nahm es mir ab als er sich zu mir drehte und mich wieder mit seinen blauen Augen anschaute. Ein “Tschüss” brachte ich hervor und ging dann einfach weiter Richtung meines Klassenraumes. Ich hatte schon die Hand an der Türklinke als jemand plötzlich “Hey” sagte. Ich drehte meinen Kopf und sah, dass er mich immer noch anblickte. “Wie heißt du eigentlich?” fragte er. Ich runzelte meine Stirn. Weshalb wollte er das denn wissen? “Aira” antwortete ich aber trotzdem. Die Klinke drücke ich dabei schon runter. Ich sah wie sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen “Aira, ein schöner Name. Sag mal Aira, bist du immer so süß wenn du rot wirst?”. Erschrocken weiteten sich meine Augen, als er mit einem leisen Lachen seine Tür öffnete und mit einem letzten Blick auf mich dahinter verschwand. Ich fühlte wie sich wieder Hitze auf meinen Wangen breit machte. Meine Hand die sich nicht an der Türklinke befand legte ich mir auf meine linke Wange. Ich sah eindeutig aus wie eine Tomate. Plötzlich drückte jemand vom inneren des Klassenraumes gegen die Türe. Schnell sprang ich zwei Schritte nach hinten. Einen Moment später starrte ich in die Augen meines Bio-Lehrers Herr Bauer. “Können Sie mir mal erklären wieso sie vor der Tür stehen und es nicht für angemessen halten, meinem Unterricht beizuwohnen, Aira?” “Entschuldigung” raunte ich mit immer noch roten Wangen und drückte mich an ihm vorbei in die Klasse. Wie nicht anders zu erwarten starrten mich alle an als ich zu meinem Platz in der hintersten Reihe ging und mich neben meine neu gewonnenen Freundin Kim fallen ließ. Auch mein Lehrer betrat endlich wieder die Klasse und ging zu meiner Erleichterung zum Unterricht über. Ich spürte schon die ganze Stunde den neugierigen Blick von Kim auf mir, aber ich vermied es in ihre Richtung zu schauen und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Leider funktionierte das nicht so recht, denn meine Gedanken schweiften immer wieder zu Liam zurück. Endlich klingelte es zur ersten großen Pause und ich packte schnell meine Sachen ein. Kim wartete schon ungeduldig neben meinem Platz. Also stand ich auf und machte mich schon innerlich auf Fragen von Kim gefasst. Sie setzte schon zu Sprechen an wurde aber dann von meinem Lehrer unterbrochen. “Aira, kommen sie bitte mal zu mir nach vorne. Der Rest kann gehen.” Mit einem wir-sprechen-uns-später-Blick verließ Kim den Klassenraum. Ich schaute zu meinem Lehrer der über das Klassenbuch gebeugt war. “Aira, für ihr zu spät kommen muss ich ihnen leider einen Eintrag ins Kla..” fing er an zu sagen ohne mich anzuschauen, als plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir anfing zu sprechen.

2. Kapitel

“Herr Bauer, einen Stockwerk tiefer prügeln sich zwei Sechstklässler, als Vertrauenslehrer sollten sie da vielleicht mal nachschauen gehen.” Schnell erhob sich mein Lehrer von seinem Stuhl und sagte “Aira! Wir sprechen uns später.” Er packte seine Sachen und war schneller aus dem Zimmer als ich realisiert hatte, dass ich davon gekommen war. Ich drehte mich zu Liam rum, der mich nur an grinste und sagte: “Mach dir keine Sorgen, der hat gleich schon wieder vergessen das er mit dir sprechen wollte.” In diesem Moment tauchte Kims Kopf an der Tür zum Klassenzimmer auf. Sie öffnete gerade ihren Mund um etwas zu sagen. als sie Liam erblickte. Schnell schloss sie ihn wieder und ihr Blick schoss zu mir. Liam merkte das ich nicht ihn, sondern an ihm vorbei schaute und drehte seinen Kopf zu ihr. Kim wurde natürlich direkt knallrot. Ihr Blick fiel wieder auf mich und ich konnte ihre Verwirrtheit sehen. Liam schaute wieder zu mir. Also gab ich mir einen Ruck schaute ihn an und murmelte: “Danke.” Das Lächeln das ich daraufhin von ihm bekam, ließ mich erneut rot anlaufen und ich senkte den Kopf. Ein fragendes “Aira?” von Kim ließ mich jedoch wieder den Kopf heben. Mit einem “Man sieht sich.” verabschiedete ich mich von Liam ohne ihn anzuschauen und ging auf die Tür des Klassenraumes zu. Als ich an ihm vorbei ging hörte ich ein geflüstertes “Hoffentlich” von ihm. Mein Herz begann schneller zu schlagen und mir wurde ganz warm.

“Was. War. Das.” sagte Kim kaum das wir auf den Flur getreten waren. “Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du Liam Veil kennst? Der sieht ja von nahem noch heißer aus.” sagte sie, leckte sich lächelnd über die Lippe und ich wusste dass sie ihn bestimmt nicht von der Bettkante stoßen würde. Ich stöhnte auf. Jetzt fing das schon wieder an. Seit ich an dieser Schule war, redeten alle Mädchen nur noch von Liam Veil. Ich muss ja zugeben er ist der gut aussehenste Kerl der ganzen Schule, aber rechtfertigt das denn dieses ständige angeschmachte von allen? “Was haben wir in der nächsten Stunde für ein Fach?” fragte ich sie in der Hoffnung das Thema umgehen zu können. “Och Aira, komm jetzt sei doch nicht so” motzte Kim daraufhin und schaute mich schmollend an.

Glücklicherweise kamen wir in dem Moment in der Cafeteria an und gesellten uns zu Tom und Anne, Kims besten Freunden. Die beiden sind ein bisschen abgedreht aber eigentlich ganz nett. Tom ist so ein typischer Skater-Boy und Anne ist brünnet, groß, sehr athletisch und lesbisch. Just in diesem Moment trat Miko, Annes Freundin zu uns an den Tisch. Sie ist eine Japanerin mit endlos langen schwarzen Haaren und hat eine Hammer Figur. Laut den Kerlen in der Schule ist es eine echte Verschwendung, dass sie lesbisch ist.

Zusammen setzten wir uns an den Tisch und Tom fing direkt von seiner letzten Stunde bei Frau Keil an zu reden, die wohl fieseste Sportlehrerin der ganzen Schule. Währenddessen blendete ich die anderen aus und hing meinen eigenen Gedanken nach. Wie kam es dass Liam mir geholfen hatte, obwohl wir uns kaum kannten? Seine grau-blauen Augen tauchten wieder vor meinen Augen auf und mich überkam eine Wärme, die durch meinen ganzen Körper zog. Als ich daran denken musste wie er mich angelächelt hatte, fing ich selber an zu lächeln und Schmetterlinge fingen an in meinem Bauch zu tanzen. Ruckartig öffnete ich die Augen wieder und sah direkt in Kims Gesicht die mich nur wissend anlächelte. Na toll, das würde nachher eine Fragerunde mit ihr geben.

Ein wenig genervt holte ich meinen Apfel aus meiner Tasche und biss genüsslich hinein. Ich liebe Äpfel einfach, obwohl meine absoluten Lieblingsfrüchte ja Erdbeeren sind. Ich liebe alles was mit Erdbeeren zu tun hat, außer Erdbeereis. Das ist mir irgendwie zu künstlich.

Als es dann leider klingelte, warf ich den Rest meines Apfels in den nächsten Mülleimer und gesellte mich zu Tom und Miko, die jetzt mit mir unseren gemeinsamen Leistungskurs Kunst hatten und gemeinsam gingen wir auf den Ausgang der Cafeteria zu. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich jemand auf mich zu bewegte. Ich erkannte die Person und versucht mich schnell hinter Miko zu verstecken, was nicht das intelligenteste war. Denn Miko war nunmal 20 Zentimeter kleiner als ich. “Hey Aira meine Süße” hörte ich die Person rufen und verdrehte die Augen. Als ich meinen Blick hob sah ich wie vermutet Kevin auf uns zukommen. Leider hatte ich mich bei der letzten Party von irgendeiner Klassenkameradin – Ich konnte mir die Namen der Menschen um mich herum leider noch nie gut merken – ein bisschen zu sehr betrunken. Ich habe dann ein bisschen mit Kevin rumgemacht und seit dem denkt er irgendwie das wir zusammen wären. An sich sieht er ja nicht einmal schlecht aus mit seinen braunen strubbeligen Haaren und seiner Stupsnase, aber er ist einfach strohdoof. Denn selbst nach mehrmaligem Abfuhren meinerseits hat er es immer noch nicht gecheckt, dass wir nicht zusammen sind. Ich kam hinter Miko hervor schaute sie und Tom an und ging einfach an Kevin vorbei ohne ihn weiter zu beachten. Als wir gerade aus der Cafeteria raus getreten waren tippte mich jemand an der Schulter an. Mit der Ahnung wieder Kevin hinter mir zu haben drehte ich mich abrupt auf der Stelle herum und schnauzte ein: “WAS?” heraus. Mit einem grimmigen Blick schaute ich die Person an, die mir gegenüber stand und musste feststellen das nicht Kevin vor mir stand, sondern Liam. Ich musste kurz die Augen schließen um meine Wut darüber runter zu schlucken, das mich ständig jemand anfassen musste. Aber als ich wieder in diese grau-blauen Augen blickte konnte ich gar nicht mehr böse auf ihn sein. “Tut mir leid das ich dich angezickt habe, aber ich habe mich ein wenig erschreckt” murmelte ich und schaute auf den Boden. Mir war es mal wieder peinlich so ausgerastet zu sein. Ich hatte mir ja eigentlich vorgenommen, nicht mehr ständig andere Leute anzuschnauzen. “Kein Problem, ich wollte dich auch nicht erschrecken, ich wollte nur fragen ob alles okay bei dir ist. Ich hab ja gesehen, dass Kevin dich nervt.” sagte Liam und ein kleines, süßes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Während er sprach hatte ich auf seine Lippen gestarrt. Wie sie sich wohl auf meinen Lippen anfühlen würden. Ob sie so weich wären wie sie aussahen. Ich biss mir auf die Lippe. Ich bräuchte dringend mal wieder ein wenig Spaß, wenn ich schon ständig an solche Dinge denken musste. Um den Moment nicht peinlicher zu machen als er sowieso schon war, lächelte ich ihn an und sagte: “Ja ist alles in Ordnung, danke. Tom, Miko lasst uns nach oben gehen. Der Unterricht fängt bestimmt bald an.”

Mit einem letzten Blick auf ihn drehte ich mich um und ging hinter Tom und Miko die Treppe hoch. Bis Liam plötzlich neben mir auftauchte und sagte: “Ich schließe mich euch einfach mal an, da ich ja in dieselbe Klasse muss.” Stimmt ja, er war ja auch in meinem Kunstkurs. Er war auch der Grund weshalb fast alle Mädchen in der Klasse sich nicht mehr auf den Unterricht konzentrieren konnten und ihn den ganzen Unterricht mit Argusaugen beobachteten. Ohne etwas zu sagen gingen wir zusammen die Treppen hoch. Als wir in den Klassenraum gingen, dachte ich eigentlich dass ich jetzt endlich für mich alleine wäre aber falsch gedacht. Liam hatte sich genau neben mich gesetzt. Ich schaute ihn irritiert an und er schaute einfach zurück. Keiner sagte etwas, also zuckte ich irgendwann mit den Achseln und schaute in Richtung des Lehrers, der gerade den Raum betreten hatte. Die Unterrichtsstunde verlief eigentlich ziemlich ruhig, bis auf die Tatsache dass Liam mich ständig anschaute. Ich versuchte ihn nicht zu beachten und sprach lieber mit Miko über unser heutiges Thema. Surrealismus. Miko war eine begnadete Zeichnerin und schwärmte mir schon von den vielen Ideen vor die in ihrem Kopf rumschwirrten. Unser Lehrer hatte uns heute zwei Stunden für die Ideenfindung gegeben. Kurz vor Ende der Stunde forderte er uns aber auf still zu sein. “So hört mal kurz zu alle miteinander. Da ihr euch jetzt Gedanken gemacht habt, habe ich eine Aufgabe für euch. Ihr sollt nämlich zu zweit ein Bild zeichnen” Überall öffneten sich schon Münder um zu protestieren, aber unser Lehrer hob nur den Finger und befahl allen noch mal kurz still zu sein. “Damit es keine Probleme gibt, habe ich euch alle schon eingeteilt.” Und dann las er eine Liste mit unseren Namen vor.

3. Kapitel

 

Ich hörte neben mir nur ein Stöhnen als ich Mikos Namen zusammen mit unserem Klassenclown hörte. Da ich wusste dass sie ihn nicht leiden konnte, musste ich mich echt beherrschen um nicht zu grinsen. Bis der Lehrer meinen Namen sagte.

“Aira, Sie sind zusammen mit Liam in einer Gruppe.” Mein Herz blieb kurz stehen und mein Blick zuckte direkt zu Liam. Als ich ihn ansah fing es langsam immer schneller wieder an zu schlagen. Auf seinem Gesicht hatte sich ein wunderschönes kleines Lächeln gebildet. Ich spürte wie meine Wangen rot wurden und wandte schnell meinen Blick ab. Warum hatte dieser Kerl so eine heftige Wirkung auf mich? Ich war noch nie das zurückhaltende, schüchterne Mädchen gewesen. Die meisten Initiativen waren sogar von mir ausgegangen. Also warum brachte mich dieser Junge so aus dem Konzept? Völlig auf meine Gedanken konzentriert merkte ich nicht, dass Liam näher an mich ran gerückt war. Alle Schüler hatten sich schon zu ihren neuen Partnern gesellt. Aber er sagte nichts. Er schaute mich einfach nur mit diesen Augen an. Es war zum verrückt werden. Also versuchte ich mir ein bisschen meiner Coolness zu bewahren und setzte mich so in meinen Stuhl, dass mein Kopf höher war als seiner. Ich räusperte mich. “Ähm, ja dann sollten wir mal anfangen.” sagte ich und schaute ihn dabei an. Aber er sagte nichts und schaute mich nur weiterhin an. Irritiert räusperte ich mich nochmal. “Liam?” fragte ich. Bei seinem Namen zuckte er plötzlich zusammen und schien zu merken, dass er mich die ganze Zeit angestarrt hatte. Wieder sah ich kurz eine Röte über seine Wangen huschen, die ich schon bei unserer ersten Begegnung bemerkt hatte. Um zu verbergen dass es ihm peinlich war, setzte er sich betont langsam auf und schaute sich dabei in der Klasse um. Dann schaute er wieder zu mir und sagte “Und hast du schon irgendwelche Ideen für das Bild?”. Ich erklärte ihm ein paar Ideen die ich vorher mit Miko gehabt hatte. Zusammen einigten wir uns auf das ungefähre Thema und jeder von uns sollte mal ein bisschen scribbeln und am Ende der Stunde könnten wir uns ja auf ein Motiv einigen. Also setzte ich mich an meinen Tisch und fing an auf meinem Block ein paar Skizzen zu zeichnen. Bis zum Ende der Stunde konzentrierte ich mich darauf nicht in Liams Richtung zu sehen, der direkt neben mir mit seinen eigenen Zeichnungen beschäftigt war. Als es zum Ende der Stunde klingelte, erhob mein Lehrer mal wieder die Hand um uns vom rausstürmen aufzuhalten. “So, da ich die ganze nächste Woche auf Klassenfahrt bin, fallen zwei Doppelstunden auf. Am Besten trefft ihr euch dann mal in eurer Freizeit, damit ihr rechtzeitig fertig werdet. Bis in zwei Wochen dann.” Miko tauchte neben mir auf “Na toll, wenn ich Pech hab muss ich den Idioten jetzt auch noch in meiner Freizeit sehen.”

Mit einem Seufzen setzte sie sich auf die Tischkante neben mir und wartete bis ich meine Tasche fertig gepackt hatte.”Na komm, lass uns in die Cafeteria gehen.” sagte ich zu Miko und drehte mich um. Und knallte prommt in jemanden rein. “Sorry”. Wieso musste ich in letzter Zeit eigentlich ständig gegen Leute rennen? Ich wollte gerade einen Schritt zurück gehen als mich zwei Hände an den Schultern. “Wir laufen echt oft ineinander findest du nicht? hört ich Liams Stimme sagen. Ich trat schnell einen Schritt zurück um ihm nicht so nahe sein zu müssen, denn meine Hormone spielten schon wieder verrückt. “ähh” brachte ich nur heraus und provozierte dadurch ein Grinsen von ihm. “Aira?” “Ja?” antwortete ich. “Wäre es okay wenn wir uns wegen dem Bild die Tage mal bei dir treffen? Bei mir ist es momentan etwas schwierig.” Ich nickte nur weil ich nicht wusste was ich sagen sollte. Er wollte zu mir kommen? Bald? Oh Gott. “Okay, ich muss dann auch mal wieder zu meinem nächsten Kurs, die Pause ist ja gleich schon wieder rum.” sagte er. Er betrachtete mich noch ein letztes Mal mit einem Lächeln, drehte sich um und ging aus dem Klassenraum. Völlig benebelt stand ich immer noch im Klassenraum. Miko hatte das  ganze Gespräch mitgehört und stand grinsend neben mir. “Oha, wenn das Kim erfährt.” Ich erwachte aus meiner Starre und schaute Miko wütend an. Mit erhobenem Zeigefinger sagte ich “Wenn du das Kim erzählst …!” und wedelte mit meinem Finger vor ihrem Gesicht rum. Ich wusste nämlich genau das Kim mich dann nicht mehr in Ruhe lassen und alles erfahren wollen würde. Miko erhob nur wie zum grinsend die Hände und versuchte mich zu beruhigen. “Keine Angst ich erzähle ihr nichts.” sagte sie lachend “Komm lass uns gehen.” Zusammen gingen wir aus dem Klassenraum und trafen auf Tom und Anne die gerade an dem Raum vorbei gingen und über irgendetwas am diskutieren waren. Miko lief direkt neben Anne und nahm ihre Hand. Ich musste lächeln. Die beiden waren einfach so süß. Trotz vieler Anfeindungen vor allem von ihren Eltern waren sie glücklich miteinander und es schien sich in der Schlule auch keiner mehr daran zu stören, dass sie ihre Liebe so öffentlich zeigten. So wurde ich abgelenkt und verbrachte die restlichen Stunden entspannt mit den anderen. Als es dann nach der zehnten Stunde endlich klingelte, war ich überrascht wie schnell die restlichen Stunden vorbei gegangen waren. Auf dem Schulhof verabschiedete ich mich von den anderen, die mit dem Bus fahren mussten und machte mich auf den Heimweg. Dabei wollte ich einen Umweg gehen, den ich vor kurzem entdeckt hatte und der an einem kleinen Park vorbei führte. Ja, ich liebte die Natur einfach und versuchte so oft wie möglich in einen Park zu flüchten, denn der nächste Wald war 3 Kilometer entfernt. Gemächlich ging ich den Weg entlang.

Die Sonne verschwand langsam hinter den Bäumen. Es war Anfang Frühling und die Sonne ging immer noch etwas früh unter. Ich kuschelte mich in meine Fleecejacke, denn ohne Sonne fröstelte man schon ein wenig. Ein kühler Wind war aufgekommen. Ich spazierte an ein paar Jugendlichen vorbei die auf einer Bank saßen und eine Zigarette rumgaben. Ich rümpfte die Nase. Ich mochte keine Zigaretten, dieser Duft war einfach unerträglich. Irgendwann bog ich vom Weg ab und lief ein Stück weiter zwischen Bäumen entlang. Hier konnte mich keiner sehen. Ich lief noch ein Stück weiter und blieb dann stehen. Ich schloss meine Augen und genoss das Gefühl des Windes auf meinem Gesicht. Es roch hier so viel besser als in der Stadt. Nach Wald einfach, frisch und perfekt um mal alles um sich herum zu vergessen. Eine Weile stand ich so da und entspannte mich immer mehr. Es wurde nur immer kälter und langsam zitterte ich vor Kälte. Ich öffnete meine Augen wieder. Die Sonne war jetzt beinahe ganz untergegangen und man sah nur noch ein paar Strahlen durch die Baumwipfel schimmern. Ich seufzte. Es war wohl Zeit nach Hause zu gehen.

4. Kapitel

 

Ich wand mich um und ging den Weg der zurück führte entlang. Plötzlich sah ich etwas in den Büschen rechts von mir glänzen. Ich ging näher heran um zu erkennen um was es sich handelte. Ich hockte mich davor und schob ein paar Blätter zur Seite. Es war eine alte, kleine Truhe. Ich betrachtete sie genauer. Vorsichtig strich ich noch ein paar Blätter weg. Sie sah sehr mitgenommen aus. Die Truhe war wohl mal braun bemalt gewesen, aber die Farbe blätterte schon ab. Es war ein Schloss davor angebracht, das sehr mitgenommen aussah, als ob jemand versucht hatte es aufzubrechen. Vorsichtig hob ich die Truhe auf und drehte das Schloss auf den Kopf. Auf der Rückseite war in Schnörkeln etwas draufgeschrieben, aber ich konnte es nicht entziffern. Plötzlich knisterte es in meiner Hand, es machte “klick” und ich hatte das Schloss in der Hand. Wohlgemerkt das ganze Schloss. Es war nämlich noch zu aber nicht mehr an der Truhe befestigt. Verwirrt drehte ich es wieder um, aber es war nichts zu sehen. Hatte ich mir nur eingebildet, dass es an der Truhe befestigt war? Ja, das wäre logisch aber irgendwas stimmte hier nicht. Ich legte das Schloss neben mich auf die Wiese und widmete mich der Truhe. Da es zwar kalt aber nicht nass war setzte ich mich auf den Boden und nahm die Truhe auf meinen Schoß. Vorsichtig schob ich den Deckel der Truhe nach oben. Dabei gab die Truhe sehr beunruhigende knackende Geräusche von sich. War wohl nicht mehr sehr funktionstüchtig. Mein Blick schweifte zum Inhalt der Truhe. Und was ich dann sah brachte mich dazu zischend die Luft um mich herum einzuatmen. Auf weißem Samt lag dort ein blaues Ei. Es leuchtete und glänzte von allen Seiten. Das übrig gebliebene Licht spiegelte sich darin und es sah aus als ob die Oberfläche aus tausend einzelnen Saphiren bestand. Vorsichtig strich ich mit meiner Hand über das etwa handgroße Ei. Es sah einfach wunderschön aus. Und es war unerklärlicherweise warm! Was war das für ein Ei?

Bestimmt war es irgendwo gestohlen worden und war ein Vermögen wert. Aber wer ließ sowas denn einfach im Wald liegen?

Mit einem Mal spürte ich Tropfen auf meinem Arm und schaute nach oben. Der Himmel hatte sich verdunkelt und es zogen weitere Wolken in meine Richtung. Schnell schloss ich die Truhe wieder und stand auf. Es fing immer heftiger an zu regnen und ich klemmte mir die Truhe unter den Arm und lief Richtung Ausgang des Parks. Ich würde sie morgen der Polizei übergeben. Die konnten sich dann darum kümmern, wo sie gestohlen worden war. Obwohl ich nur fünf Minuten bis zu unserem Haus brauchte, war ich als ich dort ankam bis auf die Haut durchnässt. “Shit” fluchte ich. Meine total durchnässten Schuhe lies ich im Flur liegen und rannte direkt ins Bad. Die Truhe stellte ich auf die Ablage neben dem Waschbecken. Ich zog mir schnell alle Klamotten aus und verschwand in der Dusche, denn ich zitterte am ganzen Körper. Sobald das heiße Wasser auf mich nieder rieselte konnte ich mich endlich entspannen. Als ich wieder aufgewärmt war stellte ich die Dusche ab und zog die Kabine auf. Mein erster Blick fiel natürlich sofort auf die Truhe, die immer noch auf der Ablage stand. Sie war immer noch auf dem selben Platz an dem ich sie abgestellt hatte. Ich schnaubte. Wäre ja nicht so als ob sie davon hüpfen würde oder sowas.

Schnell griff ich mir eins der Handtücher die neben mir hingen und wickelte es um meinen Körper. Dann ging ich langsam wieder auf die Truhe zu. Sollte ich sie nochmal öffnen? Aber irgendwie würde ich mir komisch vorkommen wenn ich so etwas wertvolles jetzt nackt im Badezimmer öffnen würde. Also hob ich die Truhe wieder auf und ging durch den Flur in mein direkt an das Bad angrenzende Zimmer. Ich stellte sie auf meinen Nachttisch und zog mir schnell Unterwäsche, eine kurze Sporthose und eins meiner alten Bandshirts über. Dann setzte ich mich im Schneidersitz auf mein Bett und zog die Truhe auf meinen Schoß. Langsam öffnete ich den Deckel. Das Ei lag darin, noch schöner als ich es in Erinnerung hatte. Vorsichtig hob ich das Ei mit meiner rechten Hand aus der Truhe und stellte sie vorsichtig neben mich auf das Bett. Es war immer noch warm. Wie war das möglich? Es war immer noch warm. Ehrfürchtig drehte ich es in meiner Hand und hielt es dann näher an mein Gesicht. Die kleinen Steine die die Oberfläche des Eies bedeckten sahen wirklich aus wie kleine Saphire. Da jetzt kaum Licht auf die Oberfläche traf konnte man erkennen, dass sie nicht ebenmäßig war, sondern dass alle Steine unterschiedliche groß waren. Als es plötzlich an meinem Oberschenkel vibrierte, zuckte ich zusammen und das Ei rutschte mir aus der Hand. Es rollte über mein Knie Richtung Bettkante. Ich versuchte noch es vorher aufzufangen aber meine Finger streiften nur leicht die Oberfläche. Es glitt über die Bettkante und mit einem “knack” schlug es auf dem Boden auf. Vor Schreck wurde mir erst nach einigen Sekunden klar, was da gerade passiert war. Ein geflüstertes “Oh nein” kam über meine Lippen. Ich löste schnell meinen Schneidersitz und rutschte auf meinen Knien zur Bettkante. Ängstlich linste ich über die Bettkante. Das Ei lag auf einem schwarzen Teppich der neben dem Bett lag. So wie es aussah hatte er das Ei vor Schäden bewahrt. Ich wollte schon einen erleichterten Seufzer ausstoßen als ich bemerkte, dass etwas neben dem Ei lag. Es sah aus als wären ein paar der Steine von der Oberfläche abgesplittert. Panik machte sich in mir breit. Was wäre wenn ich es beschädigt hätte. Meine Gedanken rasten. Es wusste keiner dass ich das Ei mitgenommen hatte, also konnte mich auch keiner dafür verantwortlich machen. Zittrig atmete ich aus. Ich setzte mich an den Rand meines Bettes und beugte mich vor. Langsam drehte ich das Ei auf dem Boden um. Der Punkt an dem es aufgeschlagen war, war komplett eingedellt. An der Stelle klebte eine komische grüne Substanz. Was wenn ich es zerstört hätte. Das könnte ich doch niemals bezahlen! Aber es wusste ja zum Glück keiner das ich das Ei mitgenommen hatte, also wer konnte mich schon anschwärzen. Solange ich keinem davon erzählte würde es mein Geheimnis bleiben. Aber was war das für eine komische grüne Substanz die aus dem ein rauslief? Ich nahm es vorsichtig hoch und drehte es so, dass die Delle nach oben zeigte. Diesmal legte ich es neben mich aufs Bett und beugte mich vor in der Hoffnung mehr sehen zu können. Plötzlich bewegte sich wieder etwas und vor Schreck zuckte ich zurück. Etwas lebte im Innern des Eies. An der Stelle an der das Ei kaputt war und die Flüssigkeit austrat konnte man Bewegungen erkennen. Irgendetwas versuchte aus dem Ei rauszukommen. War es vielleicht wirklich ein Ei und ich hatte eine seltene Spezies entdeckt? Auf einmal splitterten Saphire ab und fielen neben das Ei auf mein Bett. Eine kleine Pfote schob sich aus dem Innern des Eies und versuchte weitere Saphire wegzuschieben. Es wirkte aber zu schwach und es tat sich nichts. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und strich mit meinen Fingern ein paar Reste der Eierschale zur Seite. In dem Moment in dem ich das Ei berührte zuckte die Pfote zur Seite und zog sich in das Innere des Eies zurück. “Keine Angst Kleines, ich tue dir nichts” flüsterte ich und versuchte es damit ein wenig zu beruhigen. Mittlerweile war ich mehr als neugierig auf das Tier in dem Ei. Vorsichtig nahm ich auch noch eine zweite Hand hinzu und strich so die letzten Reste zurück, sodass ein immer größeres Loch entstand. Dann lehnte ich mich gespannt zurück und wartete. Nach einigen Sekunden hörte ich ein Rascheln im Innern des Eies und kurz darauf sah ich kleine Öhrchen die sich gespitzt aus dem Loch hervor schoben. Das Fell hatte die Farbe von Sand aber darin waren noch hunderte anderer brauntöne. Dann schoben sich zwei Augen über die Kante. Strahlend blaue Augen, wie die Saphire des Eies, schauten mich wachsam an. Ich versuchte mich nicht zu bewegen um es nicht zu verschrecken. Langsam schob sich eine Pfote hervor und versuchte das Loch im Ei zu vergrößern. Ein paar der Saphire fielen ab und bald schon hatte es sich ein Loch gemacht, das groß genug war um den ganzen Kopf aus dem Ei zu schieben. Es verlor mich dabei nicht aus dem Blick und ich musste mich sehr zusammenreißen um nicht laut loszulachen, denn es sah urkomisch aus wie nur der Kopf aus dem Ei lugte. Bald darauf splitterten die nächten Teil des Eies auseinander und dann fiel es auseinander. Jetzt konnte ich sehen dass das Tier Ähnlichkeit mit einer kleinen Katze hatte. Es hatte jedoch Punkte auf dem Fell die eher dem Fell eines Leoparden ähnelten. Aber Katzen waren Säugetiere und schlüpften nicht aus einem Ei. Es hatte mich wohl nicht als Bedrohung eingestuft und fing nun an sich den restlichen grünen Schleim vom Fell zu lecken. Ich hatte Taschentücher auf dem Nachttisch liegen und beugte mich langsam zur Seite um sie zu holen. Die Katze stellte ihre Ohren auf und betrachtete mich mit wachsamen Augen. “Ich will dir nur helfen dein Fell sauber zu machen” sagte ich etwas lauter und klaubte die Taschentücher vom Nachttisch. Langsam setzte ich mich wieder hin und holte ein Taschentuch aus der Verpackung. Mit einer Hand näherte ich mich der Katze, die daraufhin anfing ihre Zähne zu zeigen. Und die sahen beachtlich scharf aus. “Ich will dir nur helfen” sagte ich und schaute in diese alles durchdringenden blauen Augen. Die Katze schaute auf meine Hand und nickte mit dem Kopf. Sie nickte? Ich muss wohl verrückt geworden sein. Katzen nickten doch nicht. Aber das war wohl die Erlaubnis, denn sie zog ihre Zähne zurück und fing wieder an sich zu lecken. Also hob ich meine Hand und näherte mich vorsichtig ihrem Fell, immer darauf bedacht mich schnell zurück ziehen zu können falls sie mich kratzen oder beißen sollte. Kurz bevor ich das Fell berührte schaut ich nochmal zu ihrem Gesicht, aber sie putzte sich einfach weiter das Fell. Also streckte ich mich noch etwas und berührte mit dem Tuch ihr Fell. Ich sah wie sie sich kurz anspannte, es aber geschehen ließ. Ich versuchte einen großen grünen Glibberflecken von ihrer Schulter zu holen aber es klebte am Fell fest. Also nahm ich meine Hand und wollte es so vom Fell ablösen. In diesem Moment wurde mir schwarz vor Augen und das letzte was ich sah waren die blauen Augen der Katze die mich neugierig betrachteten.



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Tag der Veröffentlichung: 10.01.2017

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