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Umschulung – Tierpfleger

Mittwoch Morgen. Auf dem Weg zur Arbeit. Es ist dunkel, kalt und glatt. Ich stapfe durch den Schnee und bekomme eine volle Ladung Streusand ab. Na schönen Dank auch an den Räumdienst. Das reicht. Ich fasse einen Entschluss. Ich schule um. Zum Tierpfleger.
Das klingt erst einmal nicht besonders klever, ist es aber. Tierpfleger haben es gut. Ich glaube, es ist der beste Beruf überhaupt.
Aber man muss es richtig anstellen. Es kommt ja nicht darauf an, zu erlernen, wie man Rehe füttert, wie man Gorillas entlaust, oder die Gottesanbeterin zum Tierarzt bringt, sollte sie mal in Ekstase von ihrem Ast herunterfallen. Das sind alles Sachen, die kann man den Profis überlassen, die darin jahrelang geübt sind. Man muss das alles nicht können, wenn man die richtige Wahl bei der Spezialisierung trifft. Da gibt es für mich nur eins. Ich werde Pfleger für die Höhlenbären im Zoo.
Nachdem ich die Lebensweise der unterschiedlichen Arten erkundet habe, ist völlig klar, kein Tier lässt sich besser pflegen. Besonders in der Zeit von November bis März. Da ist Ruhe. Absolute Stille. Winterschlaf. Für den Tierpfleger das Beste überhaupt. Das bedeutet nie mehr morgens im Dunkeln los. Kein Ausrutschen im Matsch, nicht das Problem mit vergessenen Handschuhen und steif gefrorenen Fingern. Die Arbeit beginnt erst wieder wenn der Frühling naht.
Und dann wird es richtig schön. Die Bären haben ein wunderbares Gelände. Bei gutem Wetter ist man an der frischen Luft, kümmert sich um das Spielzeug mit dem die Tiere beschäftigt werden, hält sich am Besen fest, mit dem man vorgibt, die Anlage sauber zu halten und lässt sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Die Bären gelten als gefährliche Raubviecher, deshalb kommt kaum mal ein Kollege vorbei, der bei dieser schönen Arbeit stört. Und tatsächlich sind Bären sehr robust. Solche Albernheiten wie Fell bürsten oder Kufen reinigen sind bei ihnen nicht nötig, ja geradezu verpönt. Sie verabscheuen es und lassen für solche Sachen keinen an sich ran. Das erleichtert die Pflege zusätzlich. Einzig die Futterbeschaffung ist bei großen Tieren aufwändig. Doch mit etwas Geschick, verlegt man die Bestellungen auf die Regentage. Dann sitzt man im Büro am Computer, tippt das Lieblingsessen dieser Tiere ein und vereinbart mit den Produzenten die Lieferung bis zum Höhleneingang.
So vergehen Frühjahr und der Sommer. Im Herbst darf man nicht verpassen, genug Bücher für den Winter zu kaufen. Sonst wird es ab November langweilig. Ich bin sicher, das kriege ich hin.


Impressum

Texte: Grafik: O.Kra2010
Tag der Veröffentlichung: 04.11.2011

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Widmung:
Endlich. Mein Traumberuf.

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