Felix
Katzen mochte ich immer, aber eher aus der Ferne. Auf wirkliche Beziehung legte ich keinen Wert und dachte, Katzen auch nicht.
Das änderte sich, als Felix kam. Er kam nicht zu mir, sondern lungerte als Winzling mit ein, zwei anderen Katzen auf der Wiese herum. Immer in der Hoffnung, etwas Nahrung zu erhaschen. Nach ein paar Tagen siegte meine Neugier, und ich wagte mich auf die Wiese, auf der er lag. Von einem Moment auf den anderen verliebte ich mich in die damals noch himmelblauen Augen. Er war winzig und unglaublich zutraulich.
Kurze Zeit später vertrieb ihn die Katze, mit der er zum Futtern kam, ziemlich ungnädig. Ich nahm ihn, den Urvertrauenden, in meine Wohnung auf. Schnell stellte sich heraus, dass Felix ein Freigänger war. Wohnung, Bett. Alles schön und gut, aber die Freiheit ist mir lieber. Nach einem unschönen Erlebnis mit der Pflegeassistentin meines Vaters verschwand er dann tagelang. Meine Verzweiflung war grenzenlos. Aber er tauchte zu meinem größten Glück wieder auf.
Dann, nach dem ersten Tierarztbesuch, kam es zum Eklat mit besagter Pflegeassistentin. Mein Vater teilte mir mit, sie würde Felix am nächsten Tag ins Tierheim bringen, weil sie mir die Verantwortung für ihn nicht zutraute. Ich werde selten wütend, aber da wurde ich richtig wütend. Es ging nicht um mich, es ging um Felix. Er war glücklich in seiner Umgebung, erkundete die Gegend. Felix und ich siegten.
Felix war ein „Draußen Kater“. Oft, wenn ich nach Hause kam, sah er mich von einem Nachbargrundstück aus und lief mir nach bzw. voraus. Muss man sich so vorstellen. Felix läuft ca. 10 m vor mir her und wirft sich dann hin. Kein geruhsames Legen, sondern von einer Sekunde auf die andere in Kuschelposition. Und das wiederholt. Wenn ich ging und er – wie meistens – draußen war begleitete er mich. Aber klugerweise wusste er, wo die Grenzen waren und blieb dann zurück.
Niemals habe ich eine Katze mit einem solchen Urvertrauen erlebt. Felix hatte vor nichts und niemandem Angst. Kann auch nach hinten losgehen. Einmal jaulte es nachts kläglich. Felix hatte auch vor einem Igel keine Angst und bekam dessen Stacheln zu spüren.
Der Grund, weshalb ich das jetzt schreibe, ist, dass Felix am 24. Oktober 2018 tot von mir aufgefunden wurde. Ich entdeckte ihn nachts im Kippfenster meines Schlafzimmers, stürzte zu ihm, wollte ihn befreien und entdeckte, dass er nicht mehr lebte. In dieser Nacht war an Schlaf nicht mehr zu denken.
In memoriam Felix. Ich werde dich nie vergessen und immer vermissen.
Cover: Von meinem Bruder
Tag der Veröffentlichung: 23.10.2019
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Felix und allen anderen Katzen, die inzwischen meine Wohnung und mich beherrschen. Und allen, die Katzen ebenfalls lieben, auch wenn sie - wie ich - manchmal überfordert sind