Cover

Ein tragischer Unfall

Es war ein Irrglaube, dass Tage, die schrecklich endeten genauso angefangen hatten. Oft waren es die schönsten Tage, die ins Unglück führten.

Meine beiden Mütter Hanna und Lea hatten beide frei gehabt, deshalb waren wir zum Einkaufen gefahren. Wir hatten einen lustigen Tag miteinander verbracht, wahllos Klamotten und Schuhe anprobiert, Eis gegessen, hunderte Fotos geschossen, dabei viel gelacht und eine Menge Geld ausgegeben. Solche Tage waren selten, umso mehr genossen wir sie jedes Mal.

Es war später Nachmittag, als wir uns auf den Heimweg machten. Ich saß mit unserem Hund Kimba auf der Rückbank, sah mir die neuesten Meldungen bei Facebook an und überlegte gleichzeitig, was ich von meinen neuen Klamotten am nächsten Tag in der Schule anziehen konnte.

Es herrschte eine friedliche entspannte Stille im Auto, beinahe so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm.

„Pass auf, Hanna! Da vorne sitzt eine Katze“, hörte ich plötzlich Leas aufgeregte Stimme.

Alarmiert lehnte ich mich ein Stück zur Seite und sah die schwarz-weiße Katze auf der Straße sitzen. Im selben Moment trat Hanna auf die Bremse, stellte aber fest, dass sie das Auto nicht rechtzeitig zum Stehen bringen konnte. Hanna hupte, um die Katze dazu zu bringen weg zu laufen, aber die Katze war offensichtlich so geschockt, dass sie wie gelähmt wirkte.

Hanna, die nun keine andere Möglichkeit mehr sah, wich aus. Dabei übersah sie den LKW, der auf der anderen Straßenseite immer näher kam.

Der LKW Fahrer konnte nicht mehr bremsen und mit einem gewaltigen Schlag prallten die Autos aufeinander. Unser Auto wurde von der Fahrbahn geschleudert, überschlug sich zweimal und blieb im Straßengraben liegen. Ich hatte mich die ganze Zeit an Kimba, unsere Kuvasz Hündin, geklammert.

Sofort versammelten sich Schaulustige, doch davon bekamen wir nichts mehr mit. Wenig später traf der Krankenwagen ein, der von irgendjemandem verständigt worden war.

Der LKW Fahrer war unverletzt. Er stand lediglich unter Schock, konnte aber nach einer Weile weiterfahren, nachdem er der Polizei den Unfallhergang geschildert hatte.

Für Hanna kam jede Hilfe zu spät. Sie konnte nur noch tot aus dem Auto geborgen werden. Lea war noch am Leben, als der Krankenwagen eintraf, sie verstarb jedoch kurz darauf noch am Unfallort.

Ich wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, bekam davon aber nichts mit, weil ich bewusstlos war.

Die Einzige, die den Unfall unbeschadet überstanden hatte, war Kimba.

Wahrheit

„Ich glaube, sie wacht auf“, hörte ich eine fremde Stimme ganz in meiner Nähe.

Langsam öffnete ich die Augen, schloss sie aber schnell wieder, denn ich wurde von grellem Licht geblendet. Kurz darauf startete ich einen zweiten Versuch und musste feststellen, dass das Licht immer noch vorhanden war. Konnte das denn nicht mal jemand ausschalten? Offensichtlich kam niemand auf die Idee. Ich musste mich also wohl oder übel an das Licht gewöhnen.

Als ich endlich richtig sehen konnte, blickte ich mich um. Neben meinem Bett standen mehrere fremde Menschen, einige von ihnen trugen weiße Kittel.

„Wo bin ich?“, flüsterte ich.         

Eine junge Frau, die neben meinem Bett auf einem Stuhl saß, antwortete mir: „Du bist im Krankenhaus. Du hattest einen Unfall.“

„Wo sind Hanna und Lea?“

„Sie sind...“, setzte die Frau zu einer Antwort an, wurde allerdings von einem Mann unterbrochen. „Hanna und Lea geht es gut. Sie werden dich bestimmt bald besuchen“, versicherte er. „Nun solltest du dich aber noch etwas ausruhen.“

Sie machten Anstalten das Zimmer zu verlassen, aber so leicht ließ ich mich nicht abspeisen. „Was ist mit Kimba?“

Der Arzt wandte sich mir wieder zu und sah mich verwundert an. „Wen meinst du?“

„Sie meint den Hund“, half die Frau ihm auf die Sprünge.

Er nickte verstehend. „Kimba geht es auch gut. Es ist alles in Ordnung. Du musst dir keine Sorgen machen.“

„Ich will Kimba sehen.“

„Das geht nicht. Tiere sind im Krankenhaus verboten.“

Nach diesen Worten verließ er rasch das Zimmer und scheuchte auch alle anderen hinaus. Er schloss die Tür hinter sich und merkte nicht, dass sie wieder aufsprang. Dadurch konnte ich das anschließende Gespräch auf dem Gang belauschen.

„Wie konntest du das Mädchen nur anlügen?“, hörte ich eine Frauenstimme.

Ein Mann antwortete. „Glaub mir, es ist besser so. Sie wird die Wahrheit noch früh genug erfahren.“

„Du hättest es ihr jetzt schon sagen müssen.“

„Das ist viel zu früh.“

„An den Tatsachen ändert sich nichts, wenn du nur genügend Zeit vergehen lässt.“

Allmählich wurden die Stimmen leiser. Offensichtlich entfernten sie sich von meinem Zimmer. Sie konnten natürlich nicht ahnen, dass ich ihr Gespräch belauscht hatte. Doch nun hatte ich Gewissheit. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht.

Den ganzen Tag grübelte ich und fragte mich, was man mir verschwieg. Waren Lea und Hanna doch verletzt oder hatten sie den Unfall nicht überlebt? Der Gedanke war unerträglich für mich. Tief in meinem Herzen spürte ich, dass etwas Schreckliches passiert war, aber mein Verstand wollte die Tatsache nicht wahrhaben. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Das wusste ich ganz genau. Es kam mir komisch vor, dass Lea und Hannah mich nicht im Krankenhaus besuchten.

Bei der nächsten Gelegenheit wollte ich nachfragen, was los ist und ich nahm mir vor nicht eher locker zu lassen, bis man mir die Wahrheit gesagt hatte.

 

Gegen Abend kam die junge Frau wieder in mein Zimmer. Sie kam nicht allein. Kimba war bei ihr.

Am liebsten wäre ich aus dem Bett gesprungen und auf Kimba zu gerannt, aber es ging nicht. Kimba lief auf das Bett zu und mit einem Satz war sie bei mir. Sie schleckte freudig mein Gesicht ab und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. Ich war so glücklich, dass ich Kimbas 48 Kilogramm, die nun auf mir lasteten, nicht bemerkte.

Nachdem Kimba mich ausgiebig begrüßt hatte und sich im Bett neben mir niedergelassen hatte, konnte ich auch endlich meine zweite Besucherin begrüßen.

„Hallo. Danke, dass Sie Kimba mitgebracht haben.“

„Gerne. Es war gar nicht so leicht den Oberarzt zu überzeugen. Du brauchst mich übrigens nicht zu siezen. Es ist in Ordnung, wenn du Carla zu mir sagst. Ich bin schließlich nur ein paar Jahre älter als du.“

„Wie alt bist du denn?“, fragte ich.

„Einundzwanzig.“

„Was ist wirklich mit Lea und Hanna?“

Mein Herz wusste längst, dass die beiden nicht mehr am Leben waren, auch wenn mein Verstand es noch nicht wahrhaben wollte. Trotzdem versetzte mir Carlas bedauernder Gesichtsausdruck einen Stich ins Herz.

„Die Rettungskräfte konnten nichts mehr für Hanna tun. Sie war sofort tot. Lea ist kurz nach dem Unfall noch am Unfallort verstorben. Man konnte sie nicht mehr retten. Es tut mir leid, Chila. Es ist ein Wunder, dass du und Kimba überlebt habt.“

Obwohl ich es ja bereits geahnt hatte, war ich so geschockt, dass ich nicht mal weinen konnte. Kimba spürte allerdings meine Gefühle und reagierte sofort darauf. Sie rieb ihren Kopf an meiner Schulter. Das hatte sie schon immer gemacht, wenn es mir schlecht ging.

Carla streichelte meine Hand und redete beruhigend auf mich ein. Ich verstand nichts von dem, was sie sagte. Ihre Worte erreichten mich einfach nicht.

„Was wird denn jetzt aus mir?“

„Du wirst bei Verwandten wohnen.“

„Ich glaube nicht, dass mich jemand von denen aufnimmt.“

„Ja, ich habe schon gehört, dass es in deiner Familie einige Probleme gibt, aber wir sind dabei eine Lösung zu finden.“

„Wir?“

„Meine Mutter und ich. Sie ist Psychologin und du wirst sie sicher noch kennenlernen. Ich bin angehende Psychologin und stecke gerade mitten im Studium.“

„Dann bin ich sozusagen dein Studienprojekt.“

Carla lachte. „Nein, keine Sorge. Wir sind altersmäßig nicht so ganz weit auseinander, deshalb dachte ich, wir könnten etwas Zeit miteinander verbringen, solange ich noch in Deutschland bin.“

„Heißt das, du gehst ins Ausland?“

„Ja, heute Nacht noch. Ich fliege für zwei Monate nach Italien, weil ich dort mehrere Modeljobs habe, mit denen ich mein Studium finanziere. In dieser Zeit wird sich meine Mutter um dich kümmern.“

„Kannst du mich nicht mitnehmen?“

„Von mir aus gerne, aber so einfach ist das leider nicht.“

„Na ja, ich komme schon klar“, sagte ich und versuchte überzeugend zu klingen, obwohl ich etwas ganz anderes fühlte.

Carla sah auf die Uhr. „Ich muss jetzt leider los, sonst verpasse ich mein Flugzeug.“

„Pass auf dich auf“, sagte ich.

„Du auch.“ Sie wollte gerade das Zimmer verlassen, als sie innehielt.

„Oh man, beinahe hätte ich das Wichtigste vergessen.“ Sie wühlte in ihrer Tasche und zog ein Buch heraus, das sie mir reichte. „Vielleicht hilft es dir deine Gefühle aufzuschreiben. Ich schreibe regelmäßig Tagebuch und habe mir überlegt, dass das vielleicht etwas für dich ist.“

„Danke.“ Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass es das Richtige für mich war, aber das behielt ich lieber für mich. Stattdessen sagte ich: „Ich werde es mal ausprobieren.“

Carla nickte zustimmend. „Kimba darf übrigens bei dir bleiben. Ich habe eine Sondergenehmigung für dich durchgeboxt. Zweimal am Tag wird eine Mitarbeiterin des Tierschutzvereins zu dir kommen und sich um Kimba kümmern.“

„Vielen Dank, Carla. Das werde ich dir niemals vergessen.“

„Ach, nicht der Rede wert“, winkte Carla ab. „Mach`s gut, okay?!“

Sie winkte mir noch kurz zu zum Abschied, bevor sie das Zimmer verließ. Dann war ich wieder allein. Allerdings nicht mehr so allein wie zuvor, denn nun war Kimba bei mir, die inzwischen vor sich hin döste.

Ganz allmählich sickerte die Wahrheit tröpfchenweise in mein Bewusstsein. Ich war nun ganz allein auf der Welt. Hanna und Lea waren nicht mehr da und kamen nie wieder zurück. Es war so endgültig und während ich das dachte, hatte ich das Gefühl, inmitten eines Ozeans zu treiben, fernab von jeglicher Zivilisation.

Mein ganzes bisheriges Leben drohte zu verblassen. Noch gab es meine Erinnerungen, aber wann würden sie verblassen? Mein Blick fiel auf das Tagebuch und ich spürte völlig unerwartet das Bedürfnis etwas hinein zu schreiben, etwas über mich…

Ich richtete mich ein wenig auf, wodurch Kimba geweckt wurde. Wachsam hob sie den Kopf und sah sich um, jederzeit bereit mich zu verteidigen. Ich tätschelte ihr beruhigend den Kopf, dann griff ich nach dem Tagebuch und schlug die erste Seite auf.

Das Tagebuch gab mir die Möglichkeit etwas von mir zu hinterlassen, etwas über mich. Ich wusste zwar nicht für wen, weil ich ganz allein war, aber es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass im Falle eines Falles etwas von mir blieb.

 

09.11.06

Über mich

Eigentlich hätte ich es wissen müssen, dass mein Leben noch kompliziert werden würde, immerhin hatte es auch nicht einfach begonnen. Wenn zwei Frauen ein Kind zusammen bekommen wollen, ist das alles andere als einfach. Vor allem, wenn auch noch die ganze Familie dagegen ist, so wie bei Hanna und Lea, wird es dadurch erst so richtig kompliziert. Nach und nach hatten sich die Familie und die gesamte Verwandtschaft von ihnen abgewendet. Meine leibliche Mutter Hanna und ihre Partnerin Lea hatten sich davon nicht unterkriegen lassen. Sie liebten sich nur noch mehr und unternahmen alles, um ein Kind zu bekommen.

Hanna war nach einer künstlichen Befruchtung schwanger geworden und damit war für sie und Lea ein Traum wahr geworden.

Meine Kindheit hätte nicht schöner sein können. Lea war sofort los gezogen und hatte einen Hund aus dem Tierheim adoptiert, denn sie wollte, dass ich mit Tieren aufwachse. In Kimba hatte ich eine sehr liebe Freundin und Beschützerin gefunden. Sie beschützte mich vor allen Gefahren. Als Kind durfte ich sogar auf Kimba reiten wie auf einem Pony. Stundenlang war sie mit mir durch die Gegend gelaufen. Kimba war mit mir so vorsichtig umgegangen, dass Lea und Hanna keine Angst um mich haben mussten.

Inzwischen bin ich 15 Jahre alt und ganz allein auf der Welt…

 

10.11.06

Morgens

Ich fühle mich so einsam. Die halbe Nacht lag ich wach und habe geweint. Ich kann einfach nicht glauben, dass Hanna und Lea nicht mehr da sind. Wenn ich daran denke, fühlt es sich an wie tausend Messerstiche ins Herz und ich könnte den ganzen Tag nur weinen. Ich frage mich, ob dieser Schmerz jemals wieder vergeht. Wird er irgendwann erträglich werden?

Ich bin so froh, dass wenigstens Kimba bei mir ist. Sie liegt auf einem großen Kissen neben meinem Bett. Sandra, eine Mitarbeiterin des Tierheims, hat gestern alles Nötige vorbei gebracht und seitdem weigert sich Kimba von meiner Seite zu weichen.

Es ist unfassbar für mich, dass Lea und Hanna tot sind. Was soll denn jetzt bloß aus mir werden?

 

Plötzlich öffnete sich die Tür. Sandra betrat das Zimmer.

„Guten Morgen, Chila“, begrüßte sie mich gut gelaunt.

Ich brachte nur ein kurzes „Hallo“ heraus. Kimba lief schwanzwedelnd auf sie zu. Ich war ein wenig eifersüchtig, versuchte aber mir nichts anmerken zu lassen.

„Na, wie geht´s dir denn?“, wandte sich Sandra erneut an mich, während sie Kimba streichelte.

„Es geht so. Ich vermisse meine Eltern.“

„Es tut mir wirklich entsetzlich leid, was mit deinen Eltern passiert ist. Wenn du Hilfe brauchst, kannst du dich auf mich verlassen.“

„Danke, das ist wirklich sehr nett von dir.“

„Ich werde dann mal mit Kimba raus gehen. Bis später.“

 

10.11.06

Abends

Heute war zum ersten Mal meine Psychologin (Carlas Mutter) da. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine Psychologin brauchen würde. Frau Schrein hat sich viel Mühe gegeben und war auch echt geduldig, aber wirklich helfen konnte sie mir nicht.

Ich habe keine Ahnung, ob es mir jemals wieder gut gehen wird. Vielleicht wird es mir besser gehen, wenn ich endlich aus dem Krankenhaus entlassen werde und nicht ins Heim muss.

 

Ansonsten passierte an diesem Tag nicht mehr viel. Der Arzt fragte mich noch kurz aus und verschrieb mir ein Schlafmittel, damit ich nicht die ganze Nacht wach lag. Ich schlief auch tatsächlich um einiges besser.

 

11.11.06

Heute hat meine beste Freundin Anna-Christin Geburtstag. Ich wünschte, ich hätte in der Schule sein können. Den ganzen Tag habe ich überlegt, ob ich sie anrufen soll oder nicht. Ich frage mich, warum sie mich noch nicht besucht hat? Ich war schließlich auch bei ihr gewesen, als sie eine Blinddarmentzündung hatte und im Krankenhaus lag… Wahre Freundschaft erkennt man in der Not, sagt man. Vielleicht weiß sie aber auch noch gar nicht was passiert ist.

Kimba schnarcht gerade laut vor sich hin. Ihr scheint es hier zu gefallen. Für sie ist das wahrscheinlich alles ein einziges großes Abenteuer. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Hunde ihr Leben so annehmen wie es ist.

Mir gefällt es ganz und gar nicht, den ganzen Tag nur im Bett zu liegen, aber mit Kimba ist alles einigermaßen erträglich.

 

13.11.06

Mir ist so langweilig, aber ansonsten geht es mir etwas besser. Wahrscheinlich komme ich bald hier raus…

 

15.11.06

Warum nur habe ich meine Eltern verloren? Warum musste das ausgerechnet mir passieren? Was habe ich getan, dass ich so sehr bestraft werde? Noch immer ist jeder Gedanke an sie unerträglich für mich. Ich habe das Gefühl, der Schmerz zerreißt mich. Ich vermisse Hanna und Lea so schrecklich und fühle mich so allein…

 

16.11.06

Anna-Christin hat mich immer noch nicht besucht. Ich versuche mir zwar einzureden, dass sie nichts von meinem Unglück weiß, aber inzwischen glaube ich nicht mehr daran. Bestimmt hat sich mein Schicksal bereits in der ganzen Stadt herumgesprochen. Ich wünsche mir oft Carla wäre hier. In den letzten Tagen muss ich immer wieder an sie denken. Eigentlich kenne ich sie ja gar nicht und trotzdem waren wir gleich auf einer Wellenlänge. Frau Schrein hat mir gestern Grüße von Carla ausgerichtet. Offensichtlich denkt sie auch an mich, sonst hätte sie mich nicht grüßen lassen. Ich freue mich schon darauf, wenn sie zurückkommt. Leider dauert das noch eine Ewigkeit und ich habe keine Ahnung, was mir die Zukunft bringt.

 

18.11.06

Der Kuvasz

Ich werde euch jetzt etwas Wissenswertes über den Kuvasz erzählen. Kimba gehört schließlich zu dieser Rasse.

 

Der Kuvasz wird auch „ungarischer Kuvasz“ genannt. Das Fell dieser Hunde ist immer weiß. Sein Name kommt von dem türkischen Wort kavas, was so viel bedeutet wie „bewaffneter Wächter“.

Der Kuvasz kommt aus Ungarn. Er ist tapfer und furchtlos und dient deshalb als Schutz- und Wachhund.

Wenn man mit solch einem Hund unterwegs ist, braucht man keine Angst zu haben. Das trifft auf Kimba voll und ganz zu. :-)

Er erreicht eine Größe von 66-75 cm und wird 30-52 Kilogramm schwer.

 

19.11.06

10:30 Uhr

Heute Nachmittag erfahre ich, ob ich ins Heim muss oder ob ich bei Verwandten wohnen kann. Ich frage mich, was schlimmer ist… Eigentlich ist es völlig egal, wie die Entscheidung ausfällt, weil beide Alternativen schrecklich sind. Trotzdem bin ich sehr aufgeregt. Es ist irgendwie ein komisches Gefühl, dass nun fremde Menschen über mein weiteres Leben entscheiden.

 

Am Nachmittag durfte ich zum ersten Mal wieder mit Kimba spazieren gehen. Sandra begleitete mich zur Sicherheit, was ich ziemlich überflüssig fand.

Kimba war wie immer sehr brav.

„Bei mir hat Kimba immer an der Leine gezogen“, sagte Sandra verwundert.

„Bei mir macht sie das nie“, erwiderte ich stolz. „Kimba hat schon früh gelernt auf mich Rücksicht zu nehmen.“

„Hunde können mehr als man denkt. Sie spüren oft Dinge, die uns Menschen verborgen bleiben.“

Ich erwiderte nichts darauf. Wir sprachen auch sonst wenig während unseres Spaziergangs. Mir war einfach nicht nach reden zumute. Trotzdem war der Spaziergang für mich eine tolle Abwechslung gewesen und ich fühlte mich danach ein wenig besser.

 

Eine ungewisse Zukunft

Wieder einmal öffnete sich die Tür meines Krankenzimmers und der Arzt, Dr. Kleistermann - Schulte, trat ins Zimmer.

„Hallo Chila. Ich habe zwei gute Nachrichten und eine schlechte für dich.“

„Aha“, brummte ich nur.

„Na, du klingst ja schwer begeistert. Also, wir konnten erreichen, dass du bei deiner Tante leben kannst. Übermorgen wirst du aus dem Krankenhaus entlassen.“

„Ich nehme mal an, das waren die guten Nachrichten“, sagte ich. Ich hatte irgendwie Angst vor der schlechten. Zu Recht, wie sich einige Minuten später heraus stellte.

„Nun ja, die schlechte Nachricht ist… wie soll ich sagen… eben nicht gut.“

Ich wurde langsam ungeduldig und wünschte mir, dass er endlich zum Punkt kam.

„Es ist so. Deine Tante hat nichts dagegen dich bei sich wohnen zu lassen, aber Kimba will sie nicht haben.“

„Ohne Kimba gehe ich nicht zu ihr“, platzte es sofort aus mir heraus.

„Willst du lieber ins Heim? Sie ist die Einzige in deiner Verwandtschaft, die sich überhaupt dazu bereit erklärt hat, dich bei sich aufzunehmen.“

„Ich gehe ohne Kimba nirgendwo hin. Auf gar keinen Fall lasse ich sie im Stich.“

„Ich würde mir das an deiner Stelle gut überlegen, Chila. Du könntest in einer Familie leben. Für Kimba findet man im Tierheim bestimmt schnell einen neuen Besitzer, bei dem sie es sehr gut haben wird.“

Ich konnte meine Wut nun nicht länger zurückhalten und schrie dem Arzt meine nächsten Worte entgegen. „Ich soll Kimba im Stich lassen? Sie war immer für mich da! Ich bin mit ihr aufgewachsen! Sie war immer da, wenn es mir schlecht ging und nur damit ich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Michelle Zerwas
Cover: Michelle Zerwas
Tag der Veröffentlichung: 19.11.2018
ISBN: 978-3-7438-8682-7

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /