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1

„Welche von Ihnen ist es?“, fragte Margo in die Stille hinein. Einen kurzen Moment schien er überrascht, doch schnell legte sich Wut über sein vorher ausdrucksloses Gesicht. „Wie kann sie nicht dabei sein? Ich habe alle die Infrage kommen herbringen lassen!“ Die Mädchen, die gesammelt auf dem viel zu engen Balkon standen warfen sich verunsicherte Blicke zu. „Hier geblieben!“, rief Margo als eine das Weite suchen wollte und erschuf mit purer Willenskraft eine Blockade aus schwarzem Stein, welche die Mädchen festsetzte. Die Gruppe drängte sich eng an die nächste Wand um sich möglichst weit von dem wahnsinnigen König zu entfernen und noch immer traute sich keine die Stimme zu erheben.

„Sieh sie dir noch einmal genau“, meinte er und packte eine junge Elfe am Arm. „Ich kann große Magie in ihr spüren, wie ein vernachlässigtes Pflänzchen zum Verwelken bestimmt. Sag mir Blume wie nennt man dich?“ Unerschrocken von den Selbstgesprächen des Magiers regte sie den Kopf in die Höhe. „May. Mein Name ist Mayleen und ich bin die beste Fährtenleserin meines Jahrgangs“ Margo lächelte und tätschelte ihren Arm. „Natürlich bist du das – weniger wäre von meiner neuen rechten Hand wohl kaum zu erwarten.“ Getuschel wurde bei seinen Worten laut. „Aber sag mir May, meine Schöne, gibt es vielleicht jemanden der meinem Befehl nicht gefolgt ist? Vielleicht eine Schwester oder eine Freundin von dir?“ Das Elfenmädchen drehte sich um und musterte die vielen verschiedenen Gesichter der Anwesenden. Einige von Ihnen hatten sich in die hinterste Ecke verzogen und versteckten sich.

„Es fehlen tatsächlich ein paar“, meinte sie schließlich und die Augen des Königs leuchteten freudig. „Aber sie verspäten sich ständig und außerdem dachte ich es geht hier darum uns unseren neuen Platz zuzuweisen. Ich könnte ihnen ja einfach sagen was sie zu tun haben wenn ich sie sehe.“ Margo sah dem Mädchen tief in die grünen Augen bevor er eine Entscheidung traf.

„Du hast wahrscheinlich recht. Was hältst du davon wenn du schon einmal hinein gehst und dich mit deiner neuen Aufgabe vertraut machst und mir einfach später Bescheid gibst wenn sie eingetrudelt sind.“ Mayleen nickte eifrig. „Ich werde euch nicht enttäuschen“, sagte sie und verschwand durch eine Tür ins Innere der Burg.

„Nun zu euch“, meinte Margo und ließ einen abschätzigen Blick über die Menge wandern. „ Ihr seit nicht mehr wert als der Dreck auf dem ihr steht. Ihr werdet alle in den Tempel gehen bis ihr einer anderen Aufgabe für würdig befunden wurdet.“ „Aber..“, fing eines der Mädchen an. „Fast alle von uns wurden zu Jägern ausgebildet, ein paar sogar zu Magiern und Heilern. Im Tempel gibt es genug Leute, wir können wichtigeren Tätigkeiten nachgehen. Wir könnten die Wachen ablösen, wenn sie nach den Mördern suchen oder...“

Margo holte mit der flachen Hand aus und schlug dem Mädchen so fest ins Gesicht das es Sternchen sah. „Habe ich mich nicht klar ausgedrückt?!“, schrie er und die Luft um ihn knisterte vor Energie. „Niemand wird sich meinen Befehlen widersetzen. Wenn ich sage die Mörder werden nicht gesucht dann hat auch genau das zu gesehen und wenn noch jemand versucht mir etwas auszureden von dem er keine Ahnung hat, kann er um sein armseliges Leben betteln.“ Das Mädchen nickte und wandte ihren Blick zu Boden. „Es tut mir leid. Natürlich habt ihr Recht mein Lord.“ „Und ihr, was steht ihr hier noch herum? Ab in den Tempel mit euch!“ Der Schwarze Marmor verschwand innerhalb eines Augenblicks und die ersten Mädchen stürmten vor dem angsteinflößenden König davon.

 

 

2

Aira knurrte als sich der blutverschmierte Körper vor ihr schwankend bewegte. Ihr Blick glitt über ihre Freundin, die Vergebens versuchte sich von einem der Krieger zu lösen – doch solange sie mit dieser Kreatur beschäftigt war konnte sie ihr nicht helfen.

Knochen splitterten und Blut spritzte auf ihr weißes Fell als sie den Untoten von seinen Gliedmaßen befreite. Die dunkelrote Flüssigkeit, die einst Blut gewesen war verätzte ihre Haut und ließ sie schmerzhaft aufheulen, bevor sie sich wieder unter Kontrolle hatte.

„Hinter dir“, hörte sie Luina schreien und ließ von dem zuckenden Kadaver ab. Mit gebleckten Zähnen wandte sie sich um, um sich der Gestalt zu widmen der sie das alles zu verdanken hatten.

Margo war durch das Schutzschild kaum zu erkennen, doch sie wusste das er ein scheußliches Grinsen auf seinen Lippen trug. Ein wahnsinniger der mehr Macht besaß als ihm gut tat.

Ein grüner Blitz schlug in den einst so stolzen Krieger ein und hinterließ nichts als verbrannte Erde. Aira spürte weitere Felder Elektrizität die sich auf sie zubewegten und wechselte im Zeitraum eines Wimpernschlags ihre Gestalt. Ihr Fleisch löste sich auf und ließ das giftige Blut des Untoten auf die bereits sterbenden Pflanzen regnen.

Wabernder Nebel suchte sich seinen Weg über das Schlachtfeld. Im Vorbeiziehen nahm er den Gegnern die Sicht und ließ sie, auf dem Boden kriechend, auf eine Rettung hoffen die nie kommen würde.

Das Schutzschild triefte vor schwarzer Magie und sie brauchte einen Moment bis sie die schleimige Masse von Schutzzaubern unbeschadet durchdrungen hatte.

Margo murmelte Zauberformeln vor sich hin und schien von ihrer Anwesenheit nichts bemerkt zu haben was sie sogleich nutzte um sich hinter ihm zu materialisieren und ihm an die Kehle zu springen.

Zähne schlugen aufeinander, während die Illusion verschwamm bis nicht mehr von ihr übrig war.

Der Falsche, knurrte sie wütend und griff eine weitere Abbildung des Magiers an die mit dem Verschwinden der Ersten aufgetaucht war. Würde sie nur einmal an ihn herankommen könnte sie ihm den Todesstoß verpassen und das Problem wäre genauso schnell aus der Welt geräumt wie es aufgetaucht war.

Neben ihr materialisierte sich ein weiterer Wolf und griff sie sogleich an. Zähne gruben sich in ihr Fleisch bevor sie sich befreien konnte und der Geruch nach Blut füllte ihre Nase. Würde sie den Magier nur erkennen. Sie versuchte sich mit aller Kraft auf die Macht zu konzentrieren die er verströmte – Vergebens. Der schwarze Wolf versuchte sie zu vertreiben, stürzte sich auf sie und nahm ihr jeden Anhaltspunkt, doch erst als Luinas Schrei durch das dämpfende Schild an ihre Ohren drang trat sie den Rückzug an.

Sie konnte den Krieger nicht entdecken, der eben noch versucht hatte Luina aus dem Gefecht herauszuhalten und beeilte sich sie zu erreichen. Die erste Wellte von Untoten riss sie einfach zu Boden, während sie dem Elektrofeld auswich, das sich Schritt für Schritt jeden von ihnen holte.

„Wir müssen Alea finden“, rief Luina ihr zu und Aira sah das ganz genauso. Hier konnten sie nichts mehr ausrichten und würden sie bleiben, würden sie alle sterben. Doch mit dem rechtmäßigen Thronerben sollte die Sache anders aussehen.

Außerdem konnte Aira sich nicht vorstellen das Luina auch weiterhin so gut kämpfen würde, wenn ihre Gegner aus ihren einstigen Freunden bestanden, die sie eben noch in der Nähe der Bewohner gesehen hatte, die sich ergeben hatten.

Luina hieb mit ihrem Schwert nach einem der Körper, der sich kriechend auf die zubewegte und dabei versuchte sie zu packen. Den Kerl hatte Aira erst vor wenigen Minuten von seinem Unterleib befreit und gehofft er würde so keinen Schaden mehr anrichten können – falsch gedacht.

Sie wich einem Feuerball aus der hinter ihr explodierte und ganz eindeutig nicht für die Untoten gedacht gewesen war die er nun verbrannte. Abgetrennte Hände flogen brennend durch die Luft und versuchten nach ihr zu greifen während Margo weitere Geschosse auf die niederregnen ließ. „Er hat wohl keine Lust mehr auf Blitze“, meinte Luina, während sie sich auf ihren Rücken schwang und wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte sie tatsächlich gelacht.

Ein Feuerfunke entfachte ihr Fell und Luina versuchte die Flammen zu löschen, ohne dabei herunterzufallen. Hätte Aira sie nicht tragen müssen, hätte sie jetzt einfach die Gestalt gewechselt. Stattdessen rannte sie so schnell sie konnte, hinein in den dunklen Erlenwald und ignorierte dabei den stechenden Gestank nach Blut und verbrannten Fells.

Hinter sich hörte sie die Rufe weiterer Magier und Jäger die sich Margo ergeben hatten und das darauffolgende Heulen ließ sie die letzten paar Minuten bedauern.

Wäre sie besser gewesen, hätte sie es hier beenden können.

 

3

 

„Aufwachen“ Kaltes Wasser traf auf ihr Gesicht wie ein Schlag und sie fuhr zusammen, bevor sie überhaupt ganz zu sich gekommen war. Ihre Hand fuhr am Kopf hinauf und hielt den schmerzenden Teil fest. Als ob das etwas nützen würde.

Blinzelnd nahm sie langsam ihre Umgebung und das grinsende blonde Mädchen vor ihr wahr. „Ich wusste davon würdest du aufwachen!“, sagte sie grade als der rostige Eimer aus ihrer Hand lautstark zu Boden fiel. Luina hielt sich grade noch rechtzeitig die Ohren zu und dämpfte so die Lautstärke ihrer Umgebung.

Sie verstand nicht wieso das Menschenmädchen mit ihr redete anstatt schreiend um Hilfe zu rufen oder sich zu verstecken und wieso sie sich überhaupt gegenüberstanden, doch schließlich kamen ihre Erinnerungen an die letzten paar Wochen zurück.

Gedanken an abgerissene Gliedmaßen und Wölfe die ganze Dörfer nieder schlachteten um an sie heranzukommen drängten sich in ihren Geist und ließen sie zittern. Der Versuch sich aufzusetzen rief ein Schwindelgefühl hervor und sie schaffte es nur mit Mühe ihren Mageninhalt bei sich zu behalten. Ein kleines Kind das geschrien hatte, als wäre der Tod selbst hinter ihm her. Wie kam es dazu das sie hier gelandet war? Hatte sie versucht dem verängstigten Jungen zu helfen als die Wölfe aus dem Wald gerannt kamen oder war sie weiterhin in ihrem Versteck geblieben und hatte es geschehen lassen?

Ihre Kopfschmerzen hinderten sie daran sich an den Ablauf zu erinnern. Vorstellen konnte sie sich beide Szenarien, obwohl sie sich lieber belügen würde. Zu einer anderen Zeit hätte sie keine Sekunde gezögert und das Kind gerettet, ohne auch nur einmal an sich selbst zu denken. Doch zu dieser Zeit wäre der Junge gar nicht erst bedroht gewesen.

Nur durch ihre Dummheit waren diese Leute ums Leben gekommen – hätte sie dich fern ab im Wald versteckt anstatt in einem der Häuser Zuflucht zu suchen, wären sie Wölfe wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen dort einen Snack einzunehmen bevor sie die Jagd fortsetzten. Jedenfalls versuchte sie sich das einzureden.

 

Blake betrat die kleine Hütte mit einem mulmigen Gefühl. Er wusste das etwas mit dem seltsamen Mädchen, das seine Schwester bewusstlos am Flussufer gefunden hatte, nicht stimmte doch er konnte beim besten Willen nicht sagen um was es sich dabei handelte.

Noch bevor er sie zu Gesicht bekommen hatte, war ihm ein Ungleichgewicht aufgefallen das allem Anschein nach von ihr auszugehen schien. Erst hatte er geglaubt sie sei bereits Tod so blass wie sie in Asmos Armen gelegen hatte, doch der Krieger hatte ihm versichert sie sei nur bewusstlos. Jetzt versuchte er die Eingebung zu ignorieren und sich ganz auf die Fakten zu konzentrieren.

Mit einer Hand am Schwert ging er auf die Liege, die nicht mehr als eine Trage auf dem Boden war, zu und musterte die nasse Kleidung der jungen Frau. Es war kaum zu übersehen mit welchem Trick Sera sie schließlich zum Aufwachen bewegt hatte und er ermahnte sich dringend einmal mit ihr über den Umgang von Kranken oder Verletzten zu reden, obwohl dies nicht nötig hätte sein dürfen.

„Wer bist du und was hast du so nah an der Grenze zu suchen?“, fragte er mit gewohnter Autorität und wunderte sich nicht als sie vor ihm zurück wich.

Sie fixierte sein Schwert und Blake wurde bewusst das er vielleicht erst einmal hätte fragen können wie es ihr ging.

Allem Anschein nach hatte sie ihn bis jetzt nicht einmal bemerkt. Blake wusste selbst wie gefährlich er aussah, wenn er voll bewaffnet war und wenn ihr Blick erst einmal auf die Narbe fiel, die sich über die Hälfte seines Gesichts zog, würde sie nur noch mehr Angst vor ihm haben.

Er ließ den Griff seines Lieblingsschwerts los, welches er immer bei sich trug und kniete sich neben sie auf den dreckigen Boden. „Was hattest du am Fluss zu suchen? Wurdest du angegriffen?“ Sein Blick glitt ein weiteres Mal prüfend über ihre zarte Gestalt, doch bis auf ein paar kleine Kratzer gab es keine Spuren die auf einen Kampf hindeuteten – Zwar war ihre Kleidung nicht im besten Zustand und an einigen Stellen gerissen, doch war das noch lange kein Indiz für einen Kampf. Die konnten einfach alt sein oder bei der Arbeit kaputt gegangen sein, ebenfalls konnte es sein das sie einfach nicht genug Gold besaß um sich bessere Sachen leisten zu können. Nicht jeder hatte schließlich das Glück aus einer reichen Familie zu stammen.

„Mein.. mein Name ist Luina“, brachte sie zögernd hervor und ihm fiel sofort die eigenartige Betonung der Worte auf. Sollte er es etwa doch mit einer Spionin zu tun haben? Welchen anderen Grund sollte es haben das seine Muttersprache bei ihr so klang als würde sie die Wörter zum ersten Mal verwenden?

Die umliegenden Königreiche schickten oft Spione und er war sich sicher das nach alten unscheinbaren Männern und fahrenden Händlern, von denen sehr viele enttarnt und hingerichtet wurde, auch junge Frauen oder gar Kinder über die Grenzen geschickt wurden um an mehr Informationen zu kommen.

Obwohl der Krieg vor etlichen Jahrzehnten mit der Ermordung des damaligen Königs und der Übernahme seines Königreiches geendet hatte warteten die anderen nur auf eine passende Gelegenheit und eine Schwachstelle.

Trotz dieses Wissens weigerte Blake sich dieses Mädchen als Feindin anzusehen, dafür sah sie einfach viel zu unschuldig aus mit ihren Rehaugen die zu ihm aufsahen als sei er ihr wahr gewordener Albtraum.

Sie muss so unschuldig aussehen, rief er sich in Erinnerung und streckte eine Hand in ihre Richtung aus.

„Vielleicht solltest du dich erst einmal vorstellen, bevor du anfängst sie zu betatschen oder was auch immer du da grade vor hast.“ Gregori wusste immer was in ihm vorging und es beunruhigte ihn zu tiefst das er so damit beschäftigt war sie zu mustern das er nicht gehört hatte wie der Krieger hereingekommen war. Als hätte das Verhalten des seltsamen Mädchens bereits auf ihn abgefärbt.

„Das sind Gregori und mein Halbbruder Blake. Ich bin Prinzessin Seranta, aber du kannst Sera zu mir sagen. Blake warf seiner Schwester einen verärgerten Blick zu.

Nicht das er sie ebenfalls nicht bemerkt hatte, sondern auch die Tatsache das sie sich Fremden immer mit ihrem Titel vorstellte machte ihn sauer. Er konnte gar nicht mehr zählen wie oft er ihr schon erklärt hatte das es Leute gab die ihr deswegen Schaden zufügen wollten.

Wenigstens handelte es sich diesmal nur um eine Person und nicht um eine Gruppe Reisender die sie durch Zufall auf dem Weg hier her getroffen hatten.

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Tag der Veröffentlichung: 28.12.2015

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