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Welcome Home

„Hey Lisa, hast du mich vergessen? Oder hast du wieder so einen Streuner gefunden, den du unbedingt mit nach Hause nehmen musstest? Ich steh hier am Flughafen und von dir ist weit und breit nichts zu sehen. Ich hoffe deine Ausrede ist wenigstens gutaussehend und stubenrein. Ich nehme mir ein Taxi und komme heim. Freue mich dich endlich wieder zu sehen.“

Genervt lege ich auf. Mein Anrufbeantworter kann mir die nicht gewünschten Informationen geben.

 

Lisa hatte immer das Talent, irgendwelche herrenlose Typen aufzugabeln und abzuschleppen. Diese blieben in der Regel ein bis zwei Wochen und dann hatte sie die Nase voll von denen und setzte sie wieder an die frische Luft. Noch verwirrter als vor ihrem Treffen. Sobald Lisa sich einem Streuner zugewandt hatte, vergaß sie alles andere, sogar mich vom Flughafen abzuholen. In so einer Situation war sie leider sehr unzuverlässig.

 

Ich schnappe mir meine Koffer und laufe zum Ausgang. Draußen schüttet es wie aus Eimern und ein kräftiger Wind weht mir um die Nase. „Welcome back Germany“ rufe ich laut. Mir ist hundekalt. Ich habe nur ein zartes Kleid und ein dünnes Jäckchen an. Der Temperaturunterschied zwischen Namibia und Deutschland ist schon extrem. Obwohl wir schon Mai haben, ist es unangenehm kühl.

 

Zum Glück stehen einige Taxis da und ich laufe zum dem Vorderstem. Als der Fahrer mich erblickt, steigt er aus, hievt meine Koffer in den Kofferraum und hält mir die Tür auf damit ich bequem einsteigen kann. Laut seufzend versinke ich auf der Rücksitzbank. Dem Fahrer nenne ich schnell die Adresse meiner Wohnung und schließe fast zeitgleich meine Augen. Der lange Flug hat mich echt fertig gemacht. Ich will nur noch nach Hause, duschen und ins Bett.

 

Der Regen hat aufgehört als das Taxi vor meiner Haustür hält. Der Fahrer steigt aus öffnete die Wagentür und hilft mir beim aussteigen. Mein Gepäck stellt er vorsichtig am Bordstein ab. Ich gebe ihm sein Fahrgeld und wünsche ihm noch eine schöne Schicht. Als das Taxi weg war, bugsiere ich meine schweren Koffer die Treppe bis in die dritte Etage hinauf und halte vor meiner Wohnungstür kurz inne. Aus meiner Wohnung ertönt leise Kuchelrockmusik.

 

Konnte ich mir ja fast denken, Lisa hat wieder einmal einen Streuner aufgegabelt. Ich hoffe, dass sie in Ihrem Zimmer sind und nicht gleich im Wohnzimmer, Bad oder Küche vögelten. Lisa war alles zuzutrauen. Sie ist meine beste Freundin. Wir kennen uns schon seit dem Kindergarten. Haben auf der selben Uni studiert und sind gemeinsam in diese Wohnung gezogen. Nur brachte sie mich ab und an zur Weißglut, wenn sie diese Typen aufgabelte. Dann benahm sie sich unmöglich. Zum Glück bin ich in den letzten Monaten beruflich viel unterwegs gewesen und musste mir über so etwas nicht den Kopf zerbrechen. Mir ist es egal was sie trieb wenn ich nicht da bin. Von mir aus konnte sie die halbe Stadt auf einmal vögeln. Nur will ich nicht in Mitten einer ihrer Orgien platzen. Das wusste sie auch. Hat sie wahrscheinlich aber dieses mal vergessen.

 

Ein tiefer Atemzug hilft mir um mich auf das gleich zu Erlebende vorzubereiten. Ich schließe die Tür auf, ramme einen meiner Koffer mit Absicht gegen die Tür und bleibe wie angewurzelt stehen. Das Bild was mir sich da bietet, möchte ich einfach nicht sehen. All meine Taschen fielen zeitgleich zu Boden. Ich muss hier weg. So schnell wie möglich. Tränen bahnen sich ihren Weg nach draußen, vernebeln meine Sicht. Ich konnte sie einfach nicht aufhalten. Sie laufen unaufhörlich. Stolpernd renne ich die Treppen hinunter, stoße die Haustür auf und renne auf die Straße. Der Regen hat wieder eingesetzt und ich bin dankbar darüber.

Weg. Ich will einfach nur weg. Ohne nachzudenken renne ich die Straße entlang, stadtauswärts. Ich möchte von niemanden gesehen werden. Immer weiter und weiter renne ich ohne auch nur mich umzusehen wohin ich laufe. Ganz außer Atem halte ich an einer Parkbank an und setze mich hin. Der Regen hat meine dünnen Sachen bereits durchweicht. Aber das ist mir egal. Mir ist eiskalt und ich zittere am ganzen Körper. Meinen Kopf auf den Knien liegend weine ich einfach unaufhörlich weiter.

 

Ich weiß nicht wie lange ich auf dieser Bank saß. Für mich war es als ist die Zeit stehen geblieben. Da ich keine Tränen mehr übrig habe und mir die Augen vom weinen brennen sah ich mich um, um zu schauen wo ich bin. Schnell erkenne ich den Park. In dem sind Lisa und ich ständig joggen, treffen uns mit Freunden und machen des öfteren ein Picknick. Wieder schießen mir Tränen in die Augen und bahnen sich den Weg meine Wangen hinunter.

 

Mit gesenktem Kopf laufe ich einfach weiter ohne einem genauen Ziel. Irgendwann stehe ich vor einem Haus. Dieses Haus kommt mir bekannt vor. Auf den zweiten Blick erkenne ich es. Es war das Haus in dem mein schwuler bester Freund wohnt, Will.Eigentlich heißt er William, aber wir nennen ihn immer nur Will. Kraftlos sinke ich auf die Stufen zum Eingang. Ich bin mir unschlüssig ob ich klingeln soll. Meistens ist Will eh nicht da, sondern bei seinem Freund Sid. Die beiden sind so in einander verschossen, dass sie keine Minute ohne einander sein können.

Sid ist mein Arbeitskollege von mir und durch mich haben die Zwei sich auch kennen und lieben gelernt.

 

Der Regen prasselt unaufhörlich auf mich ein. Durchweicht immer mehr meine Kleidung. Nur finde ich keine Kraft mehr zum aufstehen um mir einen Unterschlupf zu suchen. Nach Hause zu gehen habe ich nicht die Ambitionen. Ich will mir Lisas Ausreden nicht anhören. Nicht hören wie sie mich um Verzeihung bittet und mir in den Ohren liegt, dass es ein Versehen war und nie wieder vorkommen wird.

 

„Lena? Lena bist du das? Was machst du hier und wie siehst du aus?“

Diese Stimme kommt mir bekannt vor. Es ist Will. Mein schwuler bester Freund Will.

„Lena ist alles in Ordnung?“ fragt er mich. Kraftlos schüttle ich den Kopf. Tränen laufen mir über die Wangen.

„Oh Gott Lena! Was ist denn nur passiert? Komm erst einmal mit rauf, hier kannst du nicht bleiben. Du holst dir nur den Tod.“

Will reicht mir seine Hand und hilft mir auf. Meine Beine sind butterweich, ich komme ins straucheln, Will schlingt einen Arm um meine Hüfte um mich zu stützen. Gemeinsam gehen wir in seine Wohnung.

„Du solltest heiß Duschen gehen, um dich aufzuwärmen. Nicht das du noch krank wirst. Du musst ganz dringend aus deinen nassen Sachen raus. Ich gebe dir etwas von mir.“ sagt Will zärtlich zu mir.

Ich schaue an mir herunter. Mein Kleid klebt an meinem Körper. In regelmäßigen Abständen fällt ein Tropfen auf den Holzfußboden meines Freundes.

 

Langsam schleiche ich ins Bad. Stelle die Dusche an und begebe mich darunter. Das heiße Wasser prasselt auf meinen Körper und erwärmt ihn mit der Zeit. Ganz leise höre ich die Tür zum Bad aufgehen. Will legt ein paar Sachen auf den Klodeckel und mustert mich von oben bis unten. Mir macht es nichts aus, dass er mich nackt sieht. Schließlich ist es nicht das erste Mal. Des öfteren hatte ich Will zum Shoppen mitgenommen, gerade wenn ich mir neue Unterwäsche kaufen wollte. Sein Urteil war mir wichtig. Er sagte mir ehrlich und unverblümt was mir stand und was nicht. Dafür liebe ich ihn. Für seine offene und ehrlich Art.

 

Als ich keine Anstalten mache aus der Dusche heraus zu kommen, öffnet Will die Duschkabine und stellt das Wasser ab. Ich drehe mich zu ihm um und er schaut mich besorgt an. Er reicht mir ein Handtuch. Mühsam trockne ich mich ab und ziehe mich an. Will nahm mich bei der Hand und führt mich ins Wohnzimmer und setzt mich auf die Couch. Kurz verschwindet er in seinem Schlafzimmer und kommt kurzer Hand wieder mit einer Kuscheldecke. Diese legt er mir um die Schultern und hüllte mich darin ein.

„Möchtest du was trinken?“ fragt mich Will. Ich nicke nur.

 

Da Will meinen Zustand nur zu gut kennt, weiß er, das er mit Wasser nicht viel erreichen kann. Er kommt mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern zurück zur Couch.

„Die harten Sachen sind gerade aus, aber Rotwein habe ich noch mehr als genug.“ witzelt er. Ich zucke mit den Schultern. Will gibt mir ein Glas voll Wein und bleibt mit der Flasche vor mir stehen. Er kennt mich nur zu gut. So wie das Glas meine Lippen berührt hat, war es auch schon leer. Will gießt mein Glas wieder voll, stellt die Flasche auf den Tisch und setzt sich mir gegenüber auf den Fußboden.

„So, jetzt erzähl mal, was ist passiert? Warum sitzt du bei strömenden Regen, total aufgelöst, bei mir vor der Haustür? Seit wann bist du eigentlich wieder da?“

Sein Blick ist prüfend und eindringlich und auch etwas besorgt. Schwer atme ich ein und wieder aus.

„Ich bin heute Abend wieder gelandet. Eigentlich wollte mich Lisa vom Flughafen abholen.“ ich seufze schwer.

„Lass mich raten, sie hat dich versetzt.“

Ich nicke kurz und erzähle weiter, „Es ist ja nichts Neues. Wenn sie einmal einen Streuner gefunden hat, vergisst sie gern einmal alles um sich herum.“ bemerke ich nur kurz, „Ich rief sie also daheim an, doch da ging nur der Anrufbeantworter ran. Da hab ich mir ein Taxi genommen und bin heim gefahren.“ Wieder schießen mir die Tränen in die Augen, als die Bilder vor meinem Auge auftauchen.

„Als ich vor der Tür stand, hörte ich schon die Kuschelrockmusik. Da war mir schon klar, dass sie wieder so einen Typen aufgegabelt hat. Ich öffnete also die Tür, rammte mit Absicht meinen Koffer dagegen, so dass sie es mitbekommen musste und da sah ich sie.“ Meine Stimme bricht ab. Die Tränen schießen mir in die Augen und bahnen sich erneut den Weg über meine Wangen. Will springt auf, rennt in die Küche und holt eine Packung Klinnex und reicht sie mir. Dankend nicke ich ihm zu. Ich schnäuze mir die Nase und trinke mein Glas Wein in einem Zug. Kurz überlege ich wo ich in meiner Erzählung stehen geblieben bin.

„Nachdem ich die Tür also geöffnet hatte, sah ich Lisa und ihn. Sebastian. Die beiden haben vor meiner Nase mit einander gevögelt. Die haben mich noch nicht einmal kommen gehört.“ Meine Stimme bricht und ich kämpfe wieder mit den Tränen. „Ich musste einfach dort weg. Ich bin einfach nur los gerannt, ohne zu sehen wohin ich lief. Und irgendwann fand ich mich vor deiner Haustür wieder. Den Rest kennst du ja.“

„Oh meine Kleine.“ bringt Will nur hervor. Er stand auf und setzt sich neben mich. Ganz fest nimmt er mich in den Arm und versucht mich so gut wie es geht zu trösten.

„Darf ich bei dir bleiben?“ frage ich mit belegter Stimme. Ein Nicken ist alles was er von sich gibt.

 

Zwei Flaschen Rotwein später habe ich mich soweit gefangen. Will fragte mich, „Wie war das eigentlich mit dem Baby? Haben die es wirklich nach dir benannt?“

Dankbar, dass Will das Thema mit Lisa und Sebastian bei Seite schieben will, überlege ich kurz und lache mit einem Mal herzhaft los.

 

Will spricht von einen meiner Artikel, in dem ich erzählte wie ich mit einer schwangeren Einheimischen im Busch war um Wurzeln und Obst zu sammeln. Bei der Frau setzten plötzlich die Wehen ein und weit und breit war niemand der ihr helfen konnte. So wurde ich kurzerhand zur Geburtshelferin. Sie brachte einen stattlichen Jungen zur Welt. Aus Dankbarkeit nannte sie ihr Kind nach mir, Lena. Schon witzig zu wissen das ein Junge in Namibia jetzt meinen Namen trägt.

„Ja, der arme Junge trägt jetzt einen Mädchennamen.“ Ich muss schmunzeln an den Gedanken daran.

„Diese Reise war ein reinstes Abenteuer. Aber von all den Reisen die ich bis jetzt gemacht habe, war das die spannendste und erfahrungsreichste die ich je gemacht habe. Du kannst dir nicht vorstellen wie das Leben im Busch dort ist. Da gibt es kein Nachdenken über Oberflächlichkeiten. Dort herrscht jeden Tag der Kampf ums überleben. Dort machen sich die Leute Sorgen um essentielle Dinge wie Nahrung und Wasser. Nicht wie hier, wo der Kampf vor dem Kleiderschrank anfängt mit der Frage was ziehe ich an. Will, diese vier Wochen dort unten war die lehrreichste Zeit meines Lebens und die möchte ich nicht missen.“ In Erinnerungen schwelgend seufze ich laut auf. Wie gerne wär ich jetzt weeder dort. Will schmunzelt mich an. Seine Absicht war es mich abzulenken und dies hatte er auch erfolgreich geschafft. Für den Moment zumindest.

 

Eine weitere Flasche Rotwein später bin ich so fix und alle das mir fast die Augen zu fallen. Will bemerkt das und fragt nach ob wir schlafen gehen wollen. Ich nicke ihm zu.

„Tust du mir den Gefallen und schläfst bei mir?“ frage ich ihn müde.

Will lächelt mich an „Natürlich. Heute Nacht lasse ich dich nicht allein.“

Gemeinsam trotten wir in sein Schlafzimmer und gehen zu Bett. Will nimmt mich in seine Arme und streichelt mir den Kopf bis ich einschlafe.

 

Am Morgen erwache ich, die Sonne scheint in das Zimmer. Das Bett neben mir ist leer. Mein Kopf brummt. Die letzte Flasche Rotwein hätten wir nicht trinken sollen, denke ich mir und halte meinen Kopf. Noch etwas schwankend gehe ich aus dem Zimmer und suche Will. Aber die Wohnung ist leer. Auf der Küchentheke finde ich ein Glas Orangensaft, eine Aspirin, einen Teller mit belegten Broten und einen Zettel. Will schreibt das er zeitig raus musste und mich schlafen lassen wollte, da ich sicherlich nach den Strapazen der letzten Wochen meinen Schlaf brauche. Er würde gegen Mittag nach mir schauen. Ich nehme die Aspirin und spüle diese mit dem Orangensaft hinunter. Die Brote lasse ich links liegen. Hunger habe ich nicht.

 

Schulterzuckend ging ich ins Bad und gönne mir eine heiße ausgiebige Dusche. Das Wasser tut mir gut und mir war als erwachen alle meine Lebensgeister. Ich stelle das Wasser ab und wickle mich in ein großes Handtuch. Auf der Suche nach meinen Sachen vom Vortag blicke ich mich um. Diese liegen immer noch dort wo ich sie fallengelassen hatte und natürlich waren sie noch nass. Mit dem Handtuch umschlungen laufe ich in Wills Schlafzimmer zum Schrank. Ich brauche etwas zum anziehen. Nur gut das Will und ich fast die gleiche Kleidergröße tragen. So kann ich mir einfach was von ihm überziehen ohne das es komisch aussieht.

Ich nehme mir eine ausgewaschene Jeans und ein schwarzes T-Shirt und ziehe es mir über. Auf meine Unterwäsche verzichte ich. Nur meine Ballerinas vom Tag zuvor ziehe ich an. Auch diese sind noch nass vom Regen. Mit jedem Schritt den ich mache, geben sie ein lustiges Geräusch von sich. Ich kichere innerlich darüber.

 

Da es gerade erst gegen zehn Uhr ist überlege ich, was ich in der Zwischenzeit machen kann, damit mir nicht die Decke auf den Kopf fällt oder ich zu viel an gestern denke. Nach Hause will ich nicht, da ist mit Sicherheit Lisa und ihr möchte ich auf keinen Fall über den Weg laufen. Zu meiner Mutter kann ich auch nicht. Die erkennt sofort das etwas nicht stimmt und sie würde mich ausquetschen. Wenn ich ihr dann erzähle was passiert ist, würde sie nur ihren altgewohnten Text von sich geben, dass man Männer nicht allein lassen sollte und wenn man sie zu lange alleine ließe, sie gleich mit der Nächstbesten in die Kiste springen. Dazu fehlt mir einfach die Kraft das durchzustehen. Zu meinem Dad ins Hotel kann ich leider auch nicht, denn da arbeitet Sebastian und den möchte ich, wenn möglich, erst recht nicht über den Weg laufen. Ich habe keine Lust auf seine Erklärungen und auf seine Ausflüchte. Ich entscheide mich ins Büro zu gehen, obwohl man mich da wohl nicht vor den nächsten Tag mit mir rechnet. Es gibt sowieso eine Menge Arbeit die auf mich wartet. Also warum alles auf die lange Bank schieben. Ein Tag früher oder später macht ja nichts aus. Schnell schreibe ich Will einen Zettel, auf dem steht das ich ins Büro fahre und er gerne, wenn er Lust hätte später vorbei schauen kann und wenn ich Zeit habe wir gemeinsam zum Mittag essen gehen könnten. Ich nehme mir den Ersatzschlüssel, der auf der Kommode liegt, und mache mich auf den Weg.

 

Schlechte Nachrichten

Im Büro angekommen läuft mir als erstes Sid über den Weg. Er kommt schnurstracks auf mich zu und drückt mich ganz fest.

„Es tut mir so leid. Will hat mir erzählt was passiert ist. So ein Schwein. Wenn ich etwas für dich tun kann, dann sag es. Ich bin für dich da.“ sagte Sid mit sanfter Stimme. Dann witzelt er, „Wenn es sein muss, zieh ich ihm eine über den Kopf.“

Dankend nicke ich ihm zu. Ich lege meine Tasche auf den Schreibtisch und sehe wie Sid zu mir rüber kommt. Er setzt sich auf die Schreibtischkante. So leicht werde ich ihn heute nicht von der Backe bekommen.

„Sag mal Lena,“ er schaut mich fragend an, als ich den Kopf hebe, „Warum bist du eigentlich heute hier. Wir haben dich nicht vor morgen erwartet. Du musst doch den absoluten Jetlag haben?“

Ich zucke mir den Schultern. „Es ist alles in Ordnung, Sid. Mir geht es gut. Und warum sollte ich noch einen Tag ausruhen, wenn soviel Arbeit auf mich wartet? Außerdem fällt mir da nur die Decke auf den Kopf und ich muss zu viel über das nachdenken was geschehen ist.“ gebe ich ihm zur Antwort. „Außerdem lenkt mich die Arbeit ab. Wo wir schon von Arbeit reden, für wann hat sich eigentlich Antonio angekündigt?“

 

Antonio ist ein mittelamerikanischer Fotograf, der auf seine Latinoabstammung stolz ist und mit mir gemeinsam in Namibia war.

„Keine Ahnung. Ich glaub der kommt nicht vor nächster Woche. Du kennst ihn ja. Er braucht seinen Schönheitsschlaf, sonst kommt er bei der Damenwelt nicht mehr an.“ sagt Sid schmunzelnd.

„Ach ja, ich vergaß.“ sage ich mit einem tiefen Seufzer. „Wenn du ihn siehst, sagst du ihm bitte, dass ich gern die Abzüge von Namibia hätte. Er hat mir versprochen welche zu machen.“

Sid nickt mir zu. „Sag mal wie war es denn mit unserem Latino so? Hat er versucht bei dir zu landen?“ Sid ist ein äußert neugieriger Mensch. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, was er wissen will, lässt er so lange nicht locker bis er die gewünschten Informationen bekommt.

„Och, es war sehr angenehm mit ihm. Klar hat er am Anfang versucht bei mir zu landen und hat den Romantiker heraushängen lassen. Aber als ich ihm sagte, dass ich verlobt bin, hat er sofort von mir abgelassen und war nur noch Gentleman. Er meinte, dass er nie sich an eine Frau vergreift die schon vergeben ist. Wir hatten eigentlich sehr viel Spaß miteinander, auch wenn der große Kerl Angst vor kleinen Tieren hat.“

Ich lächle bei dem Gedanken daran, als eines Abends Antonio schreiend aus seinem Zelt gerannt kam, weil er Besuch von einer kleinen Echse hatte. Das Tier hatte sich verlaufen und hatte mindestens genauso Angst vor dem eins neunzig großen schreienden Antonio, wie er vor ihr. Mit vollem Heldenmut kroch ich damals in sein Zelt und fing die Echse ein. Antonio war mir so dankbar darüber, dass er mir seitdem jeden Wunsch von den Lippen abgelesen hat. Auch musste ich ihm hoch und heilig versprechen, dass ich mit niemanden über diese Sache rede. Im Gegenzug versprach er mir, von allen Fotos die er gemacht hat, Abzüge zu erstellen. Sid sah mich fragend an als ich lächelte. Ich schüttel den Kopf, um ihn zu verstehen zu geben, dass ich nicht darüber reden möchte. Schließlich habe ich Antonio hoch und heilig versprochen nichts von dem zu erzählen.

„Sag mal Sid, hast du Paul eigentlich heute schon mal gesehen?“ wechsle ich das Thema. Paul ist unser Redakteur und hält den Laden am laufen. Er ist eine Seele von Mann. Ruhig und ausgeglichen. Egal was passiert, er steht immer hinter seinen Mitarbeitern und verteidigt sie egal was der oder diejenige gerade verzapft. Alle im Büro mögen ihn.

„Ja, er ist bei einem Termin in der obersten Etage. Er sollte so gegen 15 Uhr wieder in seinem Büro sein.“ Dankend nicke ich.

„Sid sei mir bitte nicht böse, aber ich möchte gern anfangen zu arbeiten. Die Leserbriefe beantworten sich leider nicht von allein. Und je schneller ich damit fertig bin, desto eher kann ich mich auf den nächsten Auftrag konzentrieren.“ Beschwichtigend sehe ich ihn an.

„Ach Sid, kann ich meine Anrufe auf deinen Apparat legen? Ich möchte heute keine unwillkommenen Anrufe entgegen nehmen.“

Sid nickt, erhebt sich von meinem Schreibtisch und geht zu seinem eigenem rüber.

 

Ich mache meinen Computer an und warte bis er fertig ist mit laden und sich mein E-Mailfach öffnet. Mein Augenmerk fiel sofort auf die Anzahl der nicht gelesenen E-Mails. Ich muss die Zahl dreimal lesen, 2350 ungelesene E-Mails. Ich seufze schwer. Das kann nur ein langer Arbeitstag bedeuten. So viele Mails habe ich nach einem Artikel noch nie bekommen. Systematisch arbeite ich mich voran.

 

Ich habe ein System für mich entwickelt, in dem ich die Mails anhand ihrer Betreffzeile kategorisiere. So entschloss ich mich dazu meine Mails in drei Kategorien einzuteilen. Die erste Kategorie beinhaltete alle Mails die von mir ein standardisierte Antwort bekommen. In denen ich mich bedanke das man meinen Artikel gelesen und Interesse daran gefunden hat. Das sind eigentlich immer die meisten E-Mails. Dann ist da noch die Kategorie Spinner, die es nicht Wert sind eine Antwort zu bekommen. Diese Mails lösche ich eigentlich, nachdem sie in dem Ordner gelandet sind und dann gibt es noch die Kategorie, in denen die Leser hohes Interesse an meiner Arbeit und an meinen Artikeln zeigen. Diese bekommen von mir eine persönliche Nachricht, in denen ich alle ihre Fragen beantworte. Nachdem ich alle E-Mails in den dazugehörigen Kategorieordner verschoben habe, lösche ich sofort den Ordner mit den Spinnern. Mit diesen E-Mails möchte ich mich nicht auseinander setzen. Den Ordner mit der Kategorie Standartschreiben will ich gerade beginnen, doch Will und Sam stehen plötzlich vor meinem Schreibtisch.

„Hey Kleines,“ sagt Will, „kann ich mir doch fast denken, dass ich dich hier finde.“ Er legt den Kopf schief und grinst mich an.

„Wir wollen gemeinsam Mittagessen gehen, kommst du mit?“ fragt er mich neugierig. Ich sehe auf meinen Monitor und dann zu Will. Verneinend schüttle ich einfach den Kopf. Ich habe keinen Hunger und ich möchte heute noch die Arbeit beenden, damit ich mich auf etwas neues konzentrieren kann.

„Ach komm schon Lena,“ sagt Sid, „Du brauchst doch etwas zu essen. Ich glaube kaum, dass du die letzten Wochen etwas anständiges zu Essen bekommen hast.“

„Danke Sid. Aber ich hab gerade keinen so großen Hunger. Geht ihr zwei nur alleine. Ich bleib hier und beantworte weiter meine E-Mails. Da bin ich mehr als genug beschäftigt.“

Will gibt mir einen Kuss auf die Stirn und nimmt Sid bei der Hand.

„Lass sie. Wenn sie nicht möchte, können wir sie nicht zwingen. Glaub mir Liebling, ich kenne sie lange genug um zu wissen, wenn sie Liebeskummer hat, dass sie sich dann in Arbeit stürzt, um nicht nachdenken zu müssen. Sie wird uns noch früh genug brauchen.“ beschwichtigt Will seinen Freund. Mit hängenden Schultern lässt sich Sid von Will aus dem Büro ziehen.

 

Die zwei sind schon ein ungleiches Paar. Zumindest was die Optik betraf. Will ist eher klein für einen Mann. Er mißt gerade so um die eins siebzig. Hat schmale Schultern und ist eher feminin statt maskulin. Sid hingegen ist groß und breitschultrig. Er verbringt viele Stunden die Woche im Fitnessstudio. Die Zwei unterscheiden sich nicht nur körperlich von einander, sondern auch in ihrem ganzen Wesen. Will ist eher der zurückhaltende schüchterne Mann, der immer für seine Freunde da ist. Wogegen Sid eher der Draufgänger ist, der nie etwas anbrennen lässt. Doch seit die Zwei ein Paar sind, hat Sid sich dahingegen geändert. Er trägt Will auf Händen, holt ihm die Sterne vom Himmel und liest ihm jeden Wunsch von den Lippen ab.

 

Nachdem die Zwei gegangen sind, widme ich mich ganz wieder meiner Arbeit. Der Ordner umfasst mehr als 700 Mails. Es dauert ungefähr drei Stunden bis ich diesen Ordner bearbeitet hatte. Meine Augen tränen und mein Nacken schmerzt von der ganzen Arbeit am Monitor. Deshalb beschließe ich, eine kurze Pause zu machen. Ich nehme meine leere Kaffeetasse und gehe zur Kaffeemaschine am anderen Ende des Raumes. Der Kaffee ist pechschwarz und abgestanden. Er steht bestimmt schon eine ganze Weile auf der Heizplatte. Ich schütte den Kaffee in die Spüle und setze neuen an. Ich bin zwar schon einiges gewohnt aber diesen Kaffee möchte ich mir nicht antun. Während der Kaffee durchläuft schaue ich mich um und entdecke Paul, wie er gerade in sein Büro geht. Er sieht nicht gerade erfreut aus. Ich frage mich was wohl in dem Meeting passiert ist. Kurzerhand entscheide ich mich, meine Arbeit noch ein wenig liegen zu lassen und folge Paul in sein Büro. Die Tür steht offen und so klopfe ich behutsam an den Türrahmen. Paul schaut von seinem Monitor auf.

„Hallo Lena, was machst du denn hier? Mit dir habe ich ja heute noch gar nicht gerechnet.“ sagt er erstaunt. Ich zucke mit den Schultern und setzte mich einfach auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch.

„Ich hab mir gedacht, dass es vielleicht sinnvoll ist, wenn ich heute gleich mit der Beantwortung der Mails anfange. Es sind diesmal so unheimlich viele.“

„Ja.“ stimmt mir Paul zu. „Dein Artikel mit dem Kind ist eingeschlagen wie eine Bombe. Alle unsere Zeitungen waren ausverkauft. Wir mussten neue drucken lassen, weil die Nachfrage so hoch war.“ Paul seufzt laut und er schaut auf seinen Schreibtisch auf dem sich Unmengen an Papieren stapeln. Besorgt sehe ich ihn an.

„Was ist los Paul?“ frage ich behutsam. Erneut seufzt er laut. Seine Augen sehen müde aus. Er scheint etwas auf dem Herzen zu haben.

„Ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll.“ fängt er an langsam an zu sagen, „Eigentlich habe ich gehofft, dass du heute noch nicht ins Büro kommst, so das ich genügend Zeit habe mir die richtigen Worte zu überlegen.“

Ich schlucke schwer. Dies kann nichts Gutes bedeuten. Ich sehe es Paul an, dass es ihm schwer fällt mir etwas mitzuteilen.

„Sag schon Paul, was ist los?“ ergreife ich die Initiative.

„Na gut,“ wieder dieses Seufzen, „warum es auf die lange Bank schieben. Du musst es ja so wie so früher oder später erfahren. Die da Oben,“ er zeigt mit dem Kopf in Richtung der Decke, „sind der Meinung, dass deine Arbeit zwar großartig ist, aber die Kosten zu hoch. Sie haben sich entschieden, dass sie deine Auslandsreportagereihe einstampfen und dafür Platz für Anzeigen machen. Damit mehr Geld in die Kasse kommt.“

Erschrocken sehe ich ihn an. Ich kann nicht glauben was er gerade versucht mir schonend beizubringen.

„Das ist denen nicht Ihr Ernst?“ frage ich ungläubig. „Du hast mir doch gerade noch erzählt, dass meine letzte Reportage eingeschlagen ist wie eine Bombe und die Ausgabe sich gut verkauft hat. Wie können die jetzt die Reihe stoppen? Das ist totaler Bullshit. Was denken die sich eigentlich dabei? Die spinnen ja. Was wollen die den Lesern sagen, wenn die Leute sich die nächste Ausgabe kaufen und kein neuer Artikel erscheint?“ Ich bin so wütend. Meine Stimme wird immer schriller. Es ist unglaublich was Paul mir da gerade erzählt. Aufgeregt springe ich von meinem Platz und laufe im Raum auf und ab.

„Beruhige dich Lena. So schnell wird das nicht passieren. Deine letzten drei Artikel werden noch veröffentlicht. Die meinen, dass wenn du deinen letzten Artikel geschrieben hast, du dich bei deinen Lesern bedanken sollst und ihnen mitteilst, dass die Arbeit dir riesigen Spaß gemacht hat, aber nun neue Herausforderungen auf dich warten und du diese mit hohen Erwartungen freudig entgegen siehst.“

Wieder schaue ich ihn ungläubig an. Die haben also nicht nur vor, mir meine Seite wegzunehmen, nein die wollen doch glatt mir den schwarzen Peter zuschieben. So als ist es meine Entscheidung mit meiner Arbeit aufzuhören.

„Und was soll ich dann machen? Etwa auf Kundenjagd gehen? Damit die ihre Anzeigenseite voll bekommen?“

„Nein. Natürlich nicht. Um ehrlich zu sein...“ kurz hält er inne. Ich sehe ihm an das er sich mit seiner Aussage quält, „... dazu haben die sich nicht geäußert. Die meinen, es wird sich schon etwas finden. Und zur Not könntest du ja erst einmal die Arbeit von Rebecca übernehmen. Die geht in den nächsten Wochen in den Mutterschutz und nimmt sich ein Jahr Auszeit. Danach wird sich schon etwas finden.“

Wütend drehe ich weiter meine Runden. Es ist kaum zu glauben was Paul mir da erzählt. Am liebsten würde ich nach oben gehen und ihnen so gehörig die Meinung geigen. Aber das würde nichts bringen. Aus der Erfahrung heraus weiß ich, dass die Bosse sich nicht von ihrer Entscheidung abbringen lassen, es sei denn, dass die Verkaufszahlen nach unten gehen und sie riskieren müssen, dass die Zeitung Verluste macht.

„Wie stellen die sich das vor? Ich habe keine Ahnung von der Arbeit von Rebecca. Sie ist eine Art Lektorin für Kurzgeschichten. Ich bin Reise- und Auslandjournalistin. Das sind zwei komplett verschiedene Dinge.“ Meine Stimme wird immer schriller vor Wur. Ich weiß, dass Paul nichts dafür kann, aber leider ist er der einzige gerade, an dem ich meinen Frust auslassen kann.

„Ich weiß Lena. Aber was soll ich machen? Die haben sich klipp und klar darüber geäußert, entweder übernimmst du, wenn es soweit ist Rebecca ihren Job oder du bist arbeitslos.“

Mit einem Mal bleibe ich stehen. Ein schwerer Klos steckt in meinem Hals. Das Gehörte muss ich erst einmal verarbeiten. Hat Paul mir gerade eben gesagt, dass meine Arbeit beendet ist, wenn ich nicht den Job von Rebecca übernehmen werde?

„Glaub mir, Lena, mir gefällt diese ganze Sache auch nicht. Aber der Verlag muss Kosten einsparen...“ Ich winkte ab.

„Schon gut Paul, du kannst ja nichts dafür. Ich werde meine Arbeit wie gewollt beenden. Aber ich werde nicht den Job von Rebecca übernehmen. Lieber bin ich dann arbeitslos als das zu tun.“

Ich gehe Richtung Tür und drehe mich noch einmal zu Paul um. Sein Blick liegt traurig auf mir.

„Es tut mir leid Lena.“ sagt er.

„Ich weiß,“ antworte ich ihm verständnisvoll. Schließlich kann er ja wirklich nichts dafür.

„Ich geh wieder an die Arbeit wenn du nichts dagegen hast.“

Paul schüttelt den Kopf und sagt dann noch, „Lena, bitte sag den Anderen noch nichts davon. Wenn die Zeit gekommen ist, werden sie es noch früh genug erfahren.“

 

An meinem Schreibtisch angekommen, setze ich mich wieder vor meinen Monitor und sehe Sid wie er sich gerade von Will verabschiedet. Sie haben ihr Mittagessen ausgedehnt. Im Grunde weiß ich was das bedeutete und schüttle diesen Gedanken ganz schnell aus meinem Kopf, als ich Sid auf mich zukommen sehe.

„Na Kleines. Immer noch fleißig am arbeiten?“ fragt er mich vergnügt. Ohne eine Antwort von mir abzuwarten fragt er mich, „Hast du etwas dagegen, wenn ich Will heute Abend entführe? Wir haben Jahrestag und ich dachte ich überrasche ihn mit einem Candle-Light-Dinner in meiner Wohnung.“ Er legt den Kopf zur Seite und grinst mich freudestrahlend und fragend zu gleich an. Ich schüttele den Kopf.

„ Nein, mach ruhig. Ich komm schon klar. Hier liegt noch eine menge Arbeit vor mir und wenn ich heim gehe hol ich mir einfach was beim Chinesen um die Ecke.“ Jubelnd umarmt mich Sid und geht zu seinem Schreibtisch.

 

Gerade als ich mich einer Mail zuwenden will, klingelt mein Telefon. Mit rollenden Augen nehme ich den Hörer ab. Eigentlich habe ich vor, heute mit niemanden mehr sprechen. Es ist Sid am anderen Ende der Leitung, der mir mitteilt, dass mein Dad mich zu sprechen wünscht und das Sebastian schon dreimal angerufen hat. Ich bedanke mich bei ihm, sage ihm noch schnell, dass ich nicht wissen will wie oft und wann Sebastian anruft und nehme das Gespräch entgegen.

„Hey Dad. Was gibt es?“ frage ich und versuche einigermaßen nicht genervt zu wirken.

„Konnte ich es mir doch denken, dass du dich schon wieder in deine Arbeit vertiefst, anstatt deinem alten Herren einen Besuch abzustatten. Ich möchte mal wissen von wem du das hast?“ gibt er kichernd von sich. Mein Dad und ich sind uns ziemlich ähnlich. Wir beide sind die reinsten Arbeitstiere.

„Da habe ich dich jetzt schon vier Wochen nicht mehr gesehen und du verkriechst dich auf Arbeit.“

„Ich weiß Dad. Aber ich hab noch soviel zu tun. Ich versprech dir, ich komme morgen bei dir vorbei und wir reden. Sei mir bitte nicht böse, aber ich hab noch viel zu tun.“ versuche ich ihn abzuwimmeln. Er scheint es verstanden zu haben und verabschiedet sich mit einem „Ich hab dich lieb.“

 

Nun kann ich mich wieder ganz meiner Arbeit widmen. Der letzte Ordner weißt noch eine erhebliche Anzahl von Mails auf. Nachdem ich einen Teil der Mails gelesen und beantwortet habe, sehe ich von meinem Monitor auf. Das Büro ist leergefegt. Nur das Putzkommando ist noch da und leerte die Papierkörbe. Erschrocken sehe ich auf die Uhr. Es ist bereits nach neun Uhr abends. Ich beschließe für den Tag auch Feierabend zu machen und schaltete meinen Computer aus. Dem Putzteam wünsche ich noch einen schönen Abend und verlasse das Büro.

 

In der Wohnung von Will angekommen muss ich feststellen, dass er wohl bei mir zu Hause gewesen war. Eine meiner Reisetaschen, meine Laptoptasche sowie mein Handy liegen im Flur neben der Kommode von der ich am Morgen den Ersatzschlüssel genommen habe. Ich muss schmunzeln. Will konnte wohl den Anblick heute im Büro nicht ertragen, als er gesehen hat, dass ich seine Kleidung trug und ist zu mir in die Wohnung gefahren um mir ein paar Sachen zu holen.

 

Mein Telefon klingelt auf einmal. Kurz erschrecke ich. Mein Blick fällt auf das Display. Sebastian ruft an. Er ist der letzte den ich heute noch sprechen will. Es wird noch früh genug zu einem Gespräch zwischen uns kommen. Aber nicht heute Abend. Das Telefon verstummt. Ich nehme es in die Hand und muss mit Erschrecken feststellen, dass ich heute besonders wichtig war. Mein Telefon weißt fünfzehn Anrufe und sieben Nachrichten auf. Schnell schaue ich nach, wer versucht hat mich zu erreichen. Die meisten Telefonanrufe waren von Sebastian. Zwei waren von Lisa und einer von Will. Sebastian und Lisa will ich definitiv nicht sprechen und Will möchte ich auch nicht anrufen, der soll seinen Jahrestag genießen. Ich widme mich den Nachrichten. Auch da waren welche von Sebastian dabei. Diese lösche ich sofort ungesehen. Zwei Nachrichten waren von Lisa. Diese lese ich mir durch. Sie schreibt mir, wie leid ihr das alles tut und das sie hofft, dass ich ihr irgendwann mal verzeihen kann. Ich seufze schwer.

 

Lisa ist meine beste Freundin und noch nie war unsere Freundschaft auf so eine harte Probe gestellt worden. Klar kam es mal vor, dass wir uns für ein und den selben Kerl interessierten. Aber wirklich gestritten haben wir uns noch nie. Ich vermisse meine beste Freundin. Eigentlich sollte sie ja für mich da sein, wenn ich Liebeskummer habe. Das ist aber diesmal nicht möglich. Da sie ja diejenige ist, die mit Schuld an meinem Liebeskummer hat.

 

Eine weitere Nachricht war von Antonio. Er schreibt, dass er sich die Bilder alle noch einmal angesehen hat und mir die besten per E-Mail schickt. Will hat mir auch eine Nachricht geschrieben, in der stand, dass er mir ein paar Sachen aus meiner Wohnung geholt hat und die Nacht bei Sid verbringen würde. Da er weiß, dass ich mir definitiv nichts beim Chinesen holen werde und ich das nur zu Sid gesagt habe um ihn zu beruhigen, hat er mir ein paar Spagetti vom Italiener in den Kühlschrank gestellt so wie eine Flasche Weißwein.

 

Ich muss lächeln. Will kennt mich nur zu gut. Er weiß genau, was in meinem Kopf vor sich ging. Er weiß auch, wenn ich Liebeskummer habe, dass ich mich in meine Arbeit vertiefe um nicht über alles nachdenken zu müssen und das ich vor Arbeit vergesse zu essen. Sid kann ich noch täuschen, aber Will nicht. Mit meinem Laptop bewaffnet gehe ich in die Küche hole die Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank sowie ein Glas aus dem Schrank und gehe ins Wohnzimmer. Den Laptop stelle ich auf den Tisch ab und schalte ihn an. Als er soweit ist, sehe ich den Ordner mit den Fotos von Antonio. Er hat mir über 200 Bilder geschickt. Diese lade ich auf meine Festplatte runter. Das dauert eine Weile und so beschließe ich den Fernseher anzumachen und etwas fern zu sehen. Zumindest so lange bis alle Bilder auf meinem Laptop gespeichert sind. Ich zappe durchs Fernsehprogramm. Bei einer Reportage über Löwen bleibe ich hängen. Gerade ist eine Löwin dabei eine junge Gazelle zu zerfleischen, als mir die Augen vor Müdigkeit zu fallen.

 

 

Unvermeidbare Begegnungen

 

Am Morgen werde ich mit dem Duft von frischem Kaffee geweckt. Es riecht herrlich. Schlurfend gehe ich in die Küche. Da steht Will mit einer Tasse in der Hand und grinste mich an.

„Guten Morgen, du Schlafmütze. Na gut geschlafen.“

Immer noch grinst mich Will an. Er scheint besonders gut gelaunt zu sein.

„Guten Morgen.“ erwidere ich, „Ich hab geschlafen wie ein Stein. Seit wann bist du da? Ich hab dich gar nicht hereinkommen gehört.“

„Ich bin noch nicht so lange da. Sid ist ins Büro gefahren und ich wollte einfach mal nach dir sehen. Ich konnte mir schon denken, dass du gestern Abend auch nichts gegessen hast, also hab ich Frühstück besorgt.“

Will reicht mir eine Tasse Kaffee und befahl mir mit einem Blick mich an den Küchentisch zu setzen.

„So, kleine Lady.“ sein Ton ist streng. „Du stehst mir nicht eher auf, bevor du nicht ein Brötchen gegessen hast.“

Ich seufzte schwer.

„Keine Widerworte. Ich meine es ernst. Liebeskummer hin oder her, aber du musst etwas essen. Danach kannst du dich gerne wieder in deine Arbeit stürzen. Jetzt wird aber gegessen.“

Achselzuckend sehe ich mich um. Es ist sinnlos mit Will zu diskutieren. Wenn er diesen Ton anschlägt und mich kleine Lady nennt, meint er es ernst und er wird mich nicht aus der Küche lassen, bevor ich auch nur einen Happen gegessen habe. Meine Tasse Kaffee in beiden Händen haltend nippe ich an meinem Kaffee. Er schmeckt köstlich. Auf meinen Teller liegt ein Sonnenblumenkernbrötchen. Aufgeschnitten und schon mit Schinken und Käse belegt. Vorsichtig stelle ich meine Tasse ab, greife nach dem Brötchen und beiße ab. Will schmunzelt mich an. Sein Blick verharrt solange auf mir, bis ich die erste Hälfte gegessen habe.

„Wie war dein Abend mit Sid?“ frage ich neugierig. Wills Augen fangen an zu leuchten. Dem Anschein nach, muss Sid voll ins Schwarze getroffen haben.

„Es war herrlich. Sid hat gekocht. Überall standen Kerzen und Blumen, dazu leise Jazzmusik. Einfach nur romantisch.“

 

Will berichtet mir weiter von seinem gemeinsamen Abend mit Sid. Seine Augen strahlen und ich sehe wie glücklich er ist. Ich freue mich inständig für ihn. Schon lange habe ich ihn nicht mehr so gesehen.

 

Seine letzte Beziehung vor drei Jahren war alles andere als harmonisch. Er war mit einem Model zusammen, der mehr sich liebte als irgendeinen anderen Menschen. In der ganzen Beziehung drehte sich alles nur um ihn. Will war nach der verflogenen Verliebtheitsphase nur noch unglücklich und betrank sich die ganze Zeit. Und wenn er nicht getrunken hatte, nahm er irgendwelche Drogen. Seine Freunde machten sich alle Sorgen um ihn, aber es war auch kein herankommen mehr. Er blockte alles und jeden ab. Erst als er wegen einer Überdosis ins Krankenhaus kam und fast gestorben wäre, erkannte er wohl, dass das alles nicht so richtig war. In dieser Zeit wachten Lisa und ich ununterbrochen an seinem Bett. Lisa war gerade in einer ihrer Findungsphasen und nahm sich die Zeit ihrem Freund beizustehen. Ich hingegen sollte eigentlich nach Brasilien für drei Wochen fliegen. Für meinen Freund lehnte ich allerdings den Job ab. Will war mir zu diesem Zeitpunkt wichtiger gewesen als irgendein Job. Nachdem Will aus dem Krankenhaus gekommen war, machte er sofort Schluss mit seinem Freund, packte seine Tasche und verschwand von der Oberfläche. Er meinte er brauche die Zeit um sein Leben neu zu ordnen. Ein halbes Jahr war er wie vom Erdboden verschwunden, ohne sich je einmal bei einem von uns zu melden. Nachdem er wieder aufgetaucht war, war er wie verwandelt. Er kündigte seinen Job bei der Modelagentur und fing an in der Firma seines Vaters zu arbeiten. Will hat nie über die Zeit in der er weg war gesprochen. Wir akzeptierten seinen Wunsch, es nicht zu erwähnen und ein halbes Jahr lang später war Will wieder der Alte.

 

Vor einem Jahr nahm ich Will mit auf eine Firmenfeier, da Sebastian keine Zeit hatte um mich zu begleiten. Da lernte Will Sid kennen. Nach einigem hin und her waren die zwei kurzerhand ein Paar. Und seitdem trug Sid seinen Freund auf Händen. Ich freute mich so sehr für die Beiden. Sie waren ein tolles Paar.

 

„Lena, wo bist du gerade?“ fragt mich Will und ich schrecke auf, „Ich hab dich gefragt, wie dein Tagesablauf heute aussieht.“

„Oh entschuldige bitte, Will. Ich war ganz in Gedanken. Ähm,“ kurz überlege ich was ich den Tag über anstellen wollte.

„Ich bin zum Mittag mit meinem Dad verabredet und danach wollte ich eigentlich weiter an meinen Artikel schreiben. Es sollen noch drei Ausgaben mit meiner Namibiareportage rauskommen.“

Will sieht mich fragend an. Mein Gesichtsausdruck muss wohl etwas betrübt ausgesehen haben, da ich bei dem Gedanken daran, dass es meine letzten drei Artikel werden sollten, traurig wurde.

„Kleines, irgendwas hast du doch. Was ist los?“ fragt mich Will besorgt. Einen Moment lang überlege ich, ob ich Will die Sache mit dem Verlag erzähle. Schließlich ist er mein bester Freund und lange kann ich es ihm ohnehin nicht verschweigen. Ich entscheide mich dagegen, denn wenn ich Will das Ganze erzähle, würde auch bald Sid davon erfahren und dann die ganze Redaktion. Pauls Worte klingen mir in den Ohren. Es durfte zu diesem Zeitpunkt niemand etwas erfahren.

„Es ist nichts.“ lüge ich meinen Freund an. „Ich hab nur etwas Bedenken, wenn ich zu meinem Dad gehe, dass Sebastian auch da sein wird. Schließlich weiß mein Dad nicht, was passiert ist. Und Sebastian ist ja sein Traumschwiegersohn.“

Bei diesen Worten verziehe ich das Gesicht. Will kommt zu mir rüber und nimmt mich in den Arm.

„Es wird alles gut werden. Sag deinem Dad doch einfach was passiert ist, er wird Verständnis für dich haben. Meinst du nicht?“

Ich zucke mit den Schultern und stehe auf, um mir noch eine Tasse Kaffee einzugießen. Mein Brötchen habe ich bereits gegessen. Es fühlt sich gut etwas im Magen zu haben.

„Lena dein Dad liebt dich und will nur das Beste für dich.“

Ich nicke ihm zu, denn ich wusste das Will recht hatte.

 

Als ich meine Tasse Kaffee geleert habe, verabschiedet sich Will von mir. Er sagt, dass er ins Büro muss zu einem wichtigen Meeting. Ich gehe unter die Dusche und genieße das warme Wasser. Nach der wohltuenden Dusche kramte ich meine Sachen für den Tag aus meinen Koffer den Will am Vortag aus meiner Wohnung geholt hat und ziehe mich an. Im Wohnzimmer angekommen, fiel mir mein Laptop auf, der die ganze Nacht eingeschaltet war. Kurzerhand entscheide ich mich Paul eine Email zu schreiben, um ihm mitzuteilen, dass ich zukünftig meine Arbeit von daheim aus erledigen werde und nur zu wichtigen Meetings noch ins Büro komme. Ich begründe es damit, dass man so nicht Gefahr läuft, sich zu verplappern. Außerdem ist er es ja sowieso von mir gewohnt, dass ich öfters von unterwegs aus arbeite und nur notwendigerweise im Büro mich aufhalte. Eigentlich hätten die meinen Schreibtisch auch jemanden anderen geben können, so wenig wie ich dort mich aufhalte.

 

Mit einem Blick auf die Uhr, bemerke ich, dass ich noch etwas Zeit habe um zu meinen Dad zu gehen. Aus diesem Grund beschließe ich, meine Tasche zu schnappen und noch etwas auf dem Markt bummeln zu gehen. Die Sonne blendet mich, als ich nach draußen trete. Der Regen des letzten Tages hat aufgehört und ein angenehm warmer sonniger Tag macht sich breit.

 

Kaum bin ich auf dem Markt, höre ich schon eine schrille Stimme die meinen Namen ruft. Ich verdrehe die Augen. Mit dieser Person habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Im Grunde will ich sie eigentlich auch ignorieren. Aber zu spät. Leider.

„Huhu Lisa,“ ruft die Stimme erneut und packt mich am Arm.

„Hast du mich nicht gehört? Ich hab dich mehrfach gerufen.“ Ich atme tief durch und lege ein Lächeln auf.

„Hi Mum,“ sage ich verspielt freundlich, „tut mir leid, ich war in Gedanken und habe dich nicht mitbekommen.“

Liebevoll gibt sie mir einen Kuss auf die Wange.

„Hast du Zeit für einen Kaffee?“

Ohne eine Antwort von mir abzuwarten zieht sie mich in ein kleines Café am Markt und drückt mich auf einen Stuhl.

 

Nachdem sie für uns bestellt hat und der Kellner uns die Getränke brachte und wieder verschwunden ist, löchert sie mich mit Fragen.

„Sag mal, seid wann bist du eigentlich wieder zurück? Warum hast du dich nicht bei mir gemeldet? Weißt du eigentlich wie krank ich vor Sorge war,als ich lesen musste, dass du allein im Busch warst? Dir hätte sonst was passieren können.“

Sanft lege ich meine Hand auf ihren Arm.

„Ach Mum. Ich bin schon groß und kann auf mich alleine aufpassen. Du tust gerade so, als wäre ich noch ein Kind. Es war ja nicht die erste Reise die ich gemacht habe, außerdem war immer jemand bei mir.“

„Du bist ja auch ein Kind, nämlich mein Kind. Ich mach mir doch nur Sorgen. Hast du vielleicht mal daran gedacht, deinen Job an den Nagel zu hängen und bei deinem Dad im Hotel zu arbeiten?“

Schon wieder diese alte Leier, denke ich mir.

„Mum!“ sage ich bestimmt, „Ich werde nicht meinen Job aufgeben und bei Dad anfangen zu arbeiten. Mir macht die Arbeit Spaß und ich finde es spannend andere Menschen und Kulturen kennen zu lernen. Und dazu gehört es nun mal auch, in deren Länder zu reisen und die Gewohnheiten mit ihnen zu teilen. Bei Dad wäre ich den ganzen Tag in einem Büro eingesperrt oder müsste irgendwelche arroganten Schnösel den Bauch pinseln. Das bin ich einfach nicht. Versteh das doch bitte endlich.“

Meine Mum winkt meine Bemerkung einfach nur ab.

Wahrscheinlich saieht sie immer noch das kleine dunkelhaarige Mädchen, mit den rosa Schleifen im Haar, vor sich. Das war ich aber nicht mehr. Ich halte mich für eine abenteuerlustige selbstbewusste junge Frau. Hin und wieder muss ich es ihr auch ganz deutlich sagen.

„Aber schau doch mal Kind,“ fängt sie schon wieder an, „es scheint dir nicht gut zu tun. Du bist dünn geworden, fast schon ausgemergelt. Deine Haut ist ganz verbrannt und schält sich an manchen Stellen. Du bist dafür zu zart. Bei deinem Dad hättest du ein geregeltes Einkommen und geregelte Arbeitszeiten. Du hättest viel mehr Zeit für deine Freunde und Familie.“ und dann betont sie dazu noch, „und vor allem für deinen Verlobten. Sag mal wann hast du das letzte mal Zeit für ihn gehabt? Der arme Junge buckelt sich von früh bis spät ab, um dir ein gutes Leben zu schenken und du reist durch die Weltgeschichte um irgendwelchen Kulturen nachzujagen. Ihr wollt schließlich bald heiraten. Wenn du so weiter machst, sucht er sich wohl möglich noch eine andere. Du kannst echt froh sein, dass du so jemanden wie Sebastian gefunden hast.“

Meine Finger krallen sich in meine Oberschenkel. Die Worte die mir meine Mutter an den Kopf knallt schmerzen mich. Sie hat ja keine Ahnung, dass Sebastian mit meiner besten Freundin in die Kiste gesprungen ist und ich will es ihr nicht in aller Öffentlichkeit sagen. Das wird ihr nur das Herz brechen und sie wird mir nur Vorhaltungen machen, dass ich alleine daran Schuld bin und mich zwingen mich mit Sebastian zu versöhnen. Und das alles nur, damit sie ihre Traumhochzeit bekommt. Manchmal denke ich, meine Gefühle sind ihr egal.

 

Mein Blick schweift auf die Uhr über dem Tresen. Es ist kurz vor zwölf. Anscheinend erwartet meine Mum eine Antwort von mir. Lautstark räusperte sie sich, damit ich sie ansehe.

„Du Mum, es tut mir leid, Ich bin mit Dad zum Mittag verabredet und es wird Zeit das ich los mache. Sei mir bitte nicht böse.“

Mit diesen Worten stehe ich auf und lasse meine perplex schauende Mutter allein sitzen. So schnell ich kann verlasse ich das Café.

 

Im Hotel angekommen, frage ich den Herren an der Rezeption nach meinen Dad. Dieser erwidert mir, dass mein Dad schon im Restaurant sei und auf mich wartet. Wie ein scheues Reh schaue ich mich nach Sebastian um. Er ist nirgends zu sehen. Erleichtert atme ich auf. Auf diese Begegnung habe ich heute keine Lust mehr. Eine Katastrophe am Tag reicht mir vollkommen.

 

Im Restaurant erblicke ich meinen Dad in der hintersten Ecke, an einem Tisch sitzen. Das ist so typisch von ihm, er muss immer alles im Blick haben. Schnellen Schrittes gehe ich auf ihn zu. Als er mich erblickt, steht er auf, kommt mir entgegen und umarmt mich liebevoll.

„Hey Dad,“ sage ich zu ihm als ich mich aus seiner Umarmung gelöst habe, „Es tut mir leid das ich so spät da bin. Mum ist mir auf den Markt begegnet und hat mich in ein Café geschleift. Du weißt ja wie sie ist. Man kann ihr unmöglich entkommen.“

Mein Dad lächelt und nickt zustimmend. Auch wenn die Zwei schon lange geschieden sind, verstehen sie sich noch blendend. Vor allem wenn es um mich geht. Da sind sie sich immer einig.

 

Mein Dad hilft mir beim Platznehmen. Er ist halt ein Gentleman alter Schule. Dann setzt er sich mir gegenüber und winkt einen Kellner heran. Wir bestellen unsere Getränke und unser Essen gleich mit. Nachdem der Kellner gegangen ist, wendet sich mein Dad zu mir.

„Liebling. Du siehst müde aus. Hast du nicht gut geschlafen?“ fragt er mich. Ich winke ab und schiebe es auf den Jetlag, den ich eigentlich nicht wirklich habe.

„Schade das Sebastian nicht mit uns essen kann, er hat ein wichtiges Meeting und konnte es leider nicht absagen. Er meinte nur, dass er später noch zu uns stoßen würde, wenn es nicht zu spät ist.“

Das fehlt mir gerade noch, denke ich. Mein Dad scheint meine Gedanken gelesen zu haben.

„Ist alles in Ordnung bei euch. Du siehst nicht gerade glücklich aus. Ich dachte du freust dich ihn wiederzusehen. Du warst so lange nicht da und wie sich sich auch herausgestellt hat, hast du dich auch gleich in die Arbeit gestürzt.“

 

Lächelnd nicke ich ihm zu. Er kennt mich nur zu gut. Er ist wie ich. Wenn er früher mal auf Geschäftsreise ging und nach einiger Zeit wieder nach Hause kam, war sein erster Gang immer ins Hotel. Er musste er hier nach dem Rechten sehen, bevor er nach Hause zu seiner Familie kam. Daher weiß ich auch, dass er mir nicht sonderlich böse ist, das mein erster Gang ins Büro war und nicht zu ihm.

 

Der Kellner bringt uns das Essen und wir unterhalten uns. Er erzählt mir von seinen neuesten Plänen einen Wintergarten an das Restaurant zu bauen und den Keller zu einem Spa umfunktionieren zu lassen, damit er noch mehr Gäste in sein Hotel locken kann. Ich erzähle ihm von meiner Reise und was ich alles erlebt habe. Aufmerksam verfolgt er meine Worte und nickt nur ab und zu freudestrahlend, wenn ich ihm eine lustige Anekdote erzähle. Mein Dad weiß, dass mir mein Job unheimlich viel Spaß macht und deshalb kommt von ihm auch nie eine Äußerung darüber, dass ich doch bitte meinen Job aufgeben und bei ihm im Hotel mit einsteigen soll. Ganz im Gegensatz zu meiner Mutter.

 

Die Zeit verfliegt und ich bin heilfroh, dass Sebastian nicht aufgetaucht ist. Arm in Arm bringe ich meinen Dad noch in sein Büro und verabschiede mich mit einer Umarmung von ihm, bevor ich mich auf den Weg zu Wills Wohnung begebe.

 

Weit komme ich allerdings nicht. Jemand greift mich am Arm und zieht mich in eines der Büros hinein, verschließt die Tür und knallt mich an diese mit voller Wucht. Noch bevor ich begreife was gerade passiert, drückt mir dieser seine Lippen ganz fest auf den Mund. Da weiß ich wer es ist. Es ist Sebastian. Ich versuche mich von ihm zu lösen, doch er packt mich ganz fest und presst mich mit seinem ganzem Körper und vollen Kraft an die Tür. Irgendwie kann ich mich von ihm lösen, drücke ihn von mir weg und gebe ihm eine gehörige Ohrfeige. Vor Schreck hält er sich die Wange. Dadurch kann ich etwas Abstand zwischen mir und ihm bringen.

„Was soll das?“ schreie ich ihn an. Er hat seine Fassung wiedererlangt und grinst süffisant.

„Oh so kratzbürstig. Das kenne ich ja gar nicht von dir. Ich muss schon sagen, du solltest öfters mal die Raubkatze in dir rauslassen. Das macht mich an.“

Mir wird schlecht. Sebastian kommt langsam auf mich zu und ich versuche rückwärts laufend den Abstand den ich gerade zwischen uns geschaffen habe beizubehalten.

„Keinen Schritt näher!“ schreie ich ihn an. Doch er lächelt nur und kommt mir immer näher.

„Wenn du nicht stehen bleibst, dann schreie ich das ganze Hotel zusammen, damit jeder mitbekommt was für ein Schwein du bist.“

Meine Worte scheinen in sein Ohr gedrungen zu sein, denn er bleibt augenblicklich stehen.

„Was soll das Babe? Darf ein Mann nicht einmal mehr seine Verlobte überraschen und sie in seinem Büro vernaschen? Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen.“

Sein Lächeln ist ekelerregend. Die Übelkeit in mir wird stärker.

„Es hat sich ausverlobt. Du hast vor meinen Augen mit meiner besten Freundin rumgevögelt. Glaubst du ernsthaft, dass wir zwei noch ein Paar sind?“ gifte ich ihn an.

„Komm schon. Ich bin auch nur ein Mann und habe meine Bedürfnisse. Du warst ewig weg und die kleine Schlampe hat sich mir an den Hals geworfen. Sie wollte unbedingt von mir gefickt werden. Sie hat regelrecht darum gebettelt. Was sollte ich denn tun? Es war nur Sex Liebes.“ Sein Grinsen wurde immer breiter, während er weiter sprach.

„Hättest du mich nicht so lange allein gelassen, wäre das Alles überhaupt nicht passiert. Glaub mir, ich hab die ganze Zeit nur an dich gedacht“ Sein Grinsen ist unheimlich.

„Nenn sie nicht Schlampe!“ befehle ich ihm. „Sie ist meine beste Freundin.“

Er lacht weiter und kommt wieder ein Stück auf mich zu. Ein Schritt kann ich noch rückwärts gehen, doch dann spüre ich die Wand in meinem Rücken. Ich sitze in der Falle. Sebastians Lächeln wird breiter, denn er sieht, dass ich nicht weiter zurück kann. Er kommt ganz nah an mich ran und stemmt seine Hände links und recht neben mich.

„Diese Seite kenne ich ja noch gar nicht von dir. Die ist heiß. Das gefällt mir.“

Er will meine Wange streicheln, doch ich ziehe meinen Kopf weg. Bevor ich mich versehe, greift er nach meinem Kinn und hält es ganz fest vor seinem Gesicht so das ich ihn ansehen muss. Er grinst immer noch. Angst macht sich in mir breit und verhindert das ich einen Laut von mir gebe.

 

So kenne ich Sebastian überhaupt nicht. Sein Griff lockert sich nicht. Er presst seinen Körper so stark an den Meinen, dass ich mich nicht bewegen kann.

„Meine süße kleine Verlobte. Du duftest so gut.“ Mit diesen Worten greift er unter mein Kleid und zerreißt meinen Slip. Zwei seiner Finger rammt er mit voller Wucht in mich hinein. Der Schmerz ist fast unerträglich. Ekel überkommt mich, als ich ihn anschaue und er mich erregt ansieht.

„Oh wie geil sich das anfühlt.“ haucht er mir ins Ohr. Panik steigt in mir hoch. Wie ein scheues Reh suche ich nach einem Ausweg. Sebastian lässt nicht ab von mir und stößt immer wieder mit seinen Fingern in mich hinein. Eins meiner Knie kann ich anwinkeln und ramme es ihm in seine Mitte. Augenblicklich lässt er ab von mir, sinkt zu Boden und krümmt sich. Ich nutze meine Chance renne zur Tür und schließe sie auf. Keine zwei Minuten später stehe ich auf der Straße und renne zu Wills Wohnung.

 

Einfach weg

 

In Wills Wohnung angekommen, sinke ich an der Wohnungstür hinab. Die Tränen, die ich auf dem Weg hierher unterdrückt habe, laufen nun unaufhörlich meine Wangen hinunter. Will kniet sich vor mich hin. Besorgnis macht sich in seinem Gesicht breit. Er lässt mich keine Minute aus den Augen. Da ich im Moment nicht darüber reden will, rapple ich mich auf und renne ins Bad und hocke mich unter die Dusche. Das warme Wasser prasselt an meinem Körper hinunter und vermischt sich mit meinen Tränen. Sie laufen unaufhörlich. Mein Wimmern wird ein wenig von dem Wasserstrahl verschluckt, dennoch muss es Will gehört haben und kommt ins Bad gestürmt. Er hockt sich zu mir und nimmt mich ganz fest in den Arm. Seine Sachen werden vom Wasser ganz durchweicht, aber das scheint ihn nicht weiter zu stören. Er wiegt uns hin und her und streichelt meinen Kopf. Kein Wort kommt über unsere Lippen. Nachdem meine Tränen versiegt sind, stellt Will das Wasser ab und hüllt mich in ein Handtuch. Danach zieht er sich aus und trocknet sich ab. Behutsam hebt er mich auf und legt mich auf die Couch. Die Decke, die vom Vortag noch da liegt, legt er mir über. Er nimmt vor mir auf dem Fußboden platz und streichelt unaufhörlich meinen Kopf.

 

Es dauerte eine Weile bis ich mich beruhigt habe, doch dann erzähle ich ihm alles. Die Begegnung mit meiner Mutter, die bevorstehende Kündigung, das Essen mit meinem Vater und die Sache die Sebastian getan hat. Will unterbricht mich nicht einmal. Er lässt mich einfach erzählen. Wenn mir die Tränen kommen, gibt er mir wortlos ein Taschentuch, damit ich mir die Nase schnäuzen kann. Sein Gesicht gibt keine Gefühlsregung von sich uns so kann ich nicht deuten was er denkt. Wir sitzen einfach wortlos da, nachdem alles gesagt ist. Draußen wird es bereits dunkel und Will geht zu einer Lampe die auf einem kleinen Tischchen neben dem Fernseher steht und macht sie an. Sie gibt ein warmes Licht von sich. Sachte klopft es an der Tür. Will steht auf und sieht nach wer davor steht. Leider konnte ich es nicht hören wer es ist und im Grunde interessiert es mich auch nicht. Ich höre nur, wie die beiden flüstern und dann kommt Will alleine wieder ins Wohnzimmer. Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Dann verlässt er kurz das Wohnzimmer um daraufhin mit ein paar Sachen von sich in der Hand wiederzukommen. Er kniet sich vor mich hin und zieht mir ein T-Shirt und eine Jogginghose an. Dann hebt er mich hoch und trägt mich ins Schlafzimmer. Beide liegen wir auf seinem Bett. Er nimmt mich in den Arm und streichelt wortlos meinen Kopf bis ich einschlafe.

 

Am Morgen erwache ich schon sehr früh. Draußen ist es noch dunkel. Doch Will liegt nicht mehr neben mir. Die ganze Wohnung ist in Dunkel gehüllt. Ich frage mich, wo Will um diese Uhrzeit wohl ist. Langsam rapple ich mich auf und schlurfe in die Küche um Kaffee zu kochen. Nachdem der Kaffee fertig ist, gieße ich mir eine Tasse voll ein. Plötzlich ergreift mich eine Hand von hinten und vor Schreck lasse ich die Tasse fallen. Es klirrt laut als die Tasse auf den Boden fällt. Ruckartig drehe ich mich um und sehe in Wills Augen. Erleichtert atme ich aus.

„Entschuldige bitte,“ sagt er sanft, „ich wollte dich nicht erschrecken.“

 

Ich streichle seine Wange um ihn zu verstehen zu geben, dass es nicht schlimm ist. Auch wenn ich noch am ganzen Leib zittere. Das Erlebte von gestern steckt mir noch tief in den Knochen. Schnell greift Will nach einem Küchentuch und macht die Sauerei, die ich angerichtet habe, weg.

„Komm setz dich, ich mach uns neuen Kaffee.“ sagt er und nimmt sofort zwei neue Tassen und gießt uns ein.

„Ich habe nicht damit gerechnet, dass du schon wach bist.“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Wo warst du eigentlich?“

„Ich hatte noch etwas zu erledigen und du hast so tief und fest geschlafen, dass ich dachte, ich könnte das schnell erledigen ohne das du mitbekommst, dass ich weg bin. Ich wollte einfach den Rest des Tages bei dir bleiben und mich um dich kümmern.“

Dankend lege ich meine Hand auf Wills Arm. Erschrocken sehe ich auf, mein Telefon das im Wohnzimmer liegt, klingelt. Will deutet mir, dass ich sitzen bleiben soll und geht ins Wohnzimmer. Noch bevor er mit dem Telefon zurück kommt, hat es aufgehört zu klingeln. Fragend sehe ich ihn an. Kurz und knapp sagt er, „Sebastian“ und ich nicke nur. Meine Beine ziehe ich an und vergrabe mein Gesicht in ihnen. Leise fange ich an zu schluchzen. Ich muss an den gestrigen Tag denken. Verzweifelt sehe ich Will an. Dieser kommt zu mir und nimmt mich ganz fest in die Arme und streichelt meinen Kopf.

„Es wird alles gut, meine Kleine.“ sagt er sanft.

 

Kaum habe ich mich beruhigt, klingelt es an der Wohnungstür. Wieder schrecke ich auf. Will deutet mir, dass ich ins Schlafzimmer gehen soll. Das mache ich auch und Will öffnet die Wohnungstür. Keine zwei Minuten später stehen er und Sid im Schlafzimmer. Erleichtert umarme ich Beide.

„Sag mal, ist es wahr was mir Will erzählt hat?“ fragte mich Sid. Ich konnte es mir denken, dass Will ihm die Sache mit Sebastian erzählt hat. Traurig nicke ich nur.

„So ein Schwein,“ gibt Sid wütend von sich. „ich hab ihm ja so einiges zugemutet aber...“ Wieder klingelt es an der Haustür. Wir Drei sehen uns fragend an. Keiner kann sich vorstellen, wer um diese Uhrzeit bei Will klingelt. Das Klingeln wird energischer, da keiner von uns an die Tür geht. Auf einmal hämmert es wie wild. Sid löst sich aus seiner Starre und geht zur Tür. Will und ich bleiben im Schlafzimmer. Ohne nachzusehen, weiß ich das Sebastian vor der Tür steht. Ich erkenne ihn an seiner Stimme. Zitternd liege ich in Wills Armen. Sid und Sebastian giften sich eine ganze Weile an. Nur bruchstückhaft kann ich hören was sie sagen. Fünf Minuten später knallt die Wohnungstür. Aufgebracht kommt Sid ins Schlafzimmer. Sein Atem geht schwer. Seine Halsschlagader pulsiert. Er ist sauer.

„Egal was du machst,“ seine Stimme bebt leise, „du gehst keinen Schritt mehr alleine aus der Tür.“

„Wieso, was ist los?“ fragt Will. Sid schüttelt den Kopf.

„Der Typ ist jetzt vollkommen übergeschnappt. Er hält sich für den King und denkt Lena ist sein Eigentum. Er wollte sie aus der Wohnung holen und zu sich mitnehmen.“

Ängstlich sehe ich Sid und Will an. Wie ein verschrecktes Kaninchen.

„Was soll ich jetzt tun? Ich kann doch nicht immer, wenn ich mal beabsichtige auf die Straße zu gehen, einen von euch belästigen. Ihr habt doch auch noch ein eigenes Leben. Ich möchte euch nicht zur Last fallen.“ wimmere ich. Wieder laufen mir die Tränen über die Wangen. Will nimmt mein Gesicht in seine Hände und sagt ruhig,

„Du fällst uns nicht zur Last. Aber vielleicht ist es besser, wenn du für eine Weile untertauchst.“

Fragend sehe ich ihn und dann Sid an. Beide nicken im Takt.

„Wie stellst du dir das vor?“ frage ich mit gebrochener Stimme. „Ich hab hier doch meine Familie, meine Freunde und meinen Job.“

Will hält mich weiter in seine Armen und sagt, „Das ist doch gar kein Thema. Das mit deinem Job hat sich doch in ein paar Wochen sowieso erledigt.“

„Wie?“ fragt Sid erschrocken. Will scheint ihm nichts davon gesagt zu haben, dass der Verlag meine Seite einstampfen wird und ich bald arbeitslos bin. In wenigen Worten erklärt Will ihm, was ich ihm erzählt habe. Ungläubig steht Sid nun da. Seine Augen funkeln vor Wut.

„Das ist doch nicht denen ihr Ernst? Spinnen die? Durch deine Artikel hatten wir in letzter Zeit doch einen Boom. Das können die doch nicht machen.“

Vorsichtig stehe ich auf und gehe auf ihn zu.

„Ich habe es auch nicht verstanden, aber wenn die Bosse meinen, ich koste sie zu viel Geld, dann ist das eben so. Ich bin einfach nicht gewillt den Job von Rebecca zu übernehmen und daher bin ich raus.“

„Niemand will den Job von Rebecca.“ schnauft Sid, „Der ist öde und langweilig. Ständig diese Geschichten von Möchtegernschriftstellern lesen und dann noch entscheiden welche Geschichte die wohl am wenigsten Schlechteste ist. Pah.“

Er verschränkt seine Arme vor der Brust und sieht ziemlich eingeschnappt aus. Will räuspert sich derweil und erklärt weiter.

„Deinen Eltern werden wir davon erzählen und im gleichen Atemzug erklären, dass du dir eine Auszeit genommen hast, um neue Perspektiven für dich auszuloten. Dein Dad wird das verstehen. Bei deiner Mum bin ich mir da nicht so sicher.“

Ich nicke, schließlich drängt sie ja schon immer, dass ich bei meinem Dad im Hotel mit einsteige.

„Und um uns brauchst du dir keine Sorgen machen. Wir bleiben deine Freunde. Egal wie lange du weg bist.“

„Wo soll ich denn hin?“ frage ich besorgt. „Die Ferienhäuser meiner Eltern kennt Sebastian und dort würde er mich als Erstes suchen. Und dauerhaft irgendwo etwas mieten kann ich auch nicht, dazu reichen meine Ersparnisse nicht aus.“

Seufzend setze ich mich aufs Bett. Im Grunde hat Will recht. Ich muss von hier weg, solange bis Sebastian sich beruhigt hat. Wie lange das dauert weiß ja keiner von uns. Ratlos sehe ich Will an.

„Ganz ruhig.“ sagt er, „Du kannst nach Kanada, besser gesagt Squamish. Meine Familie hat dort am Daisy Lake ein Ferienhaus. Es ist abgeschieden und ruhig. Dort wird er dich nicht finden, nicht einmal vermuten. Damals als ich mir meine Auszeit genommen habe, war ich auch da. Glaub mir, es wird dir gefallen.“

Er sieht mich prüfend an und fährt dann fort.

„Meine Familie wird nichts dagegen haben. Die nutzen das Haus so gut wie nie. Ich werde mich um alles kümmern. Du bleibst mit Sid hier und ich erledige alles Notwendige. Glaub mir es ist das Beste zur Zeit.“

Will hat Recht. Es ist das Beste, wenn ich für eine Zeitlang untertauche. Ich muss so schnell wie möglich von hier verschwinden. Auch wenn es mir schwer fällt meine Freunde und Familie zurück zu lassen.

„Es ist ja nur für eine bestimmte Zeit und wenn sich alles wieder beruhigt hatte, komme ich wieder.“ Zumindest rede ich mir das so ein.

 

Um mir etwas die Zeit zu vertreiben, setze ich mich an meinen Laptop und beantworte die letzten Mails aus meinem Ordner. Sid ist immer in meiner Nähe, kümmert sich rührend um mich. Wenn mein Telefon klingelt, sieht er nach wer anruft und entscheidet dann ob es wichtig ist, mir es zu geben oder nicht.

 

Will kommt am späten Nachmittag wieder. Er ist in meiner Wohnung gefahren um ein paar Sachen zu packen, die ich für meine Flucht brauche. Er hat mir sogar ein neues Telefon mit einer neuen Nummer besorgt. Vorsorglich hat er bereits alle wichtigen Nummern eingespeichert. Mein Flugticket und meinen Pass legt er auf die Kommode im Flur. Am nächsten Tag soll es schon losgehen.

 

Unseren letzten gemeinsamen Abend verbringen wir zu Dritt mit Wein und Pizza. Will erklärt mir an meinem Laptop, wie ich von Vancouver zum Daisy Lake komme und wo ich in Squamish mir meine Vorräte kaufen kann. Bis spät in die Nacht hinein unterhalten wir uns und gehen noch einmal den nächsten Tag durch.

 

Will hat mir geraten, meine Kreditkarte so wenig wie möglich zu benutzen, damit mich Sebastian nicht aufspüren kann. Daher fahren wir am Morgen noch zur Bank, damit ich mich mit genügend Geld, für meinen Aufenthalt in Kanada meindecken kann. Anschließend fahren wir zum Flughafen. Auf der ganzen Fahrt sprechen keiner ein Wort. Wir Drei wissen was bald passieren wird. Unser Abschied auf unbestimmte Zeit.

 

Mein Herz fühlt sich an, als wolle es in tausend Scherben zerspringen. Mein Flug wird aufgerufen. Es wird Zeit sich zu verabschieden. Ich drücke Will und Sid ganz fest zum Abschied. Auf dem Weg zum Flieger, drehe ich mich noch einmal um und sehe wie sich Will und Sid in den Armen liegen und schluchzen. Auch mir laufen die Tränen übers Gesicht, während ich in das Flugzeug einsteige. Inständig hoffe ich, dass diese Trennung nicht zu lange dauern wird.

 

Neue Bekanntschaften

Nachdem ich in Vancouver angekommen bin, sammele ich mein Gepäck ein und laufe zu der Autovermietung die mir Will genannt hat. Schon am Vorabend hat er einen Wagen für mich angemietet, damit ich den ganzen Papierkram nicht machen muss. Der Herr hinter dem Schalter gibt mir die Wagenschlüssel, erklärt mir alles Notwendige und wünscht mir einen schönen Aufenthalt in Kanada, bevor er sich ganz wieder seiner Arbeit widmet. Am Wagen angekommen verstaue ich mein Gepäck im Kofferraum und steuere den Wagen aus dem Flughafengelände.

 

Will hat mir einen Jeep organisiert. Ich komme mir ziemlich klein hinter dem Steuer vor. Der Wagen lässt sich wider erwarten einfach steuern, so dass ich nach kurzer Zeit ein Händchen für den Wagen bekomme. Nach einer knappen Stunde komme ich in Squamish an. Einer Kleinstadt umringt von Wäldern und Bergen. Ein beschaulich ruhiges Städtchen.

 

Den Wagen lenke ich an eine Tankstelle und halte an. Ein großer breiter älterer Herr kommt angelaufen. Er wischt sich seine Hände an einem öligen Lappen ab.

„Hallo, ich bin Sam.“ sagt er freundlich, „darf ich ihnen helfen?“

Dankend nicke ich ihm zu. Sam befüllt meine Benzinkanister, die Will bei der Autovermietung mitbestellt hat. Er fragt mich freundlich, „Wo wollen sie denn hin?“

„Zum Daisy Lake.“ antworte ich ihm knapp. Sam nickt.

„Ah, das ist ungewöhnlich. Normal kommen die Touristen erst in zwei Monaten hierher. Sie müssen wissen, wir sind hier sehr beliebt bei Kletter und Wanderfreunden.“

Er mustert mich von oben bis unten. Wahrscheinlich fragt er sich, was so ein junges Ding hier alleine zu suchen hat. Wie ein Wander und Kletterfreund sehe ich nun einmal nicht aus. Ich lächle ihn freundlich an.

„Eigentlich bin ich kein Tourist. Und wandern und klettern liegt mir auch nicht so.“ gebe ich ihm freundlich zur Antwort. Er lächelt mich an. Dann nickt er und verfrachtet meine Kanister im Kofferraum. Dankend sehe ich ihn an.

„Wenn sie noch etwas benötigen, dann gehen sie doch gleich nach nebenan in den Laden, da bekommen sie alles was sie brauchen. Da können sie auch das Benzin bezahlen.“ Mit diesen Worten wendet er sich ab von mir und verschwindet in einer Halle. Mein Blick wandert die Straße auf und ab. Überall sind kleine Häuser und Läden zu sehen. Es ist sehr idyllisch. Mir gefällt es gleich auf Anhieb hier.

 

Eine kühle Brise kommt mir entgegen, als ich den kleinen Laden betrete, den mir Sam gezeigt hat. Mit Staunen erblicke ich, dass es sich nicht nur um einen Laden handelt, sondern auch um ein kleines Café das sich eher im hinteren Teil des Ladens ausbreitet. Auf einem Schild steht Free Wlan drauf und ein weiteres Schild sagt mir, dass ich auch mit Karte bezahlen kann. Kurzerhand entschließe ich mich einen Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen zu bestellen. Der Dame hinter dem Tresen deute ich, dass ich schnell zum Auto laufe und meinen Laptop holen werde. Diese nickt mir freundlich zu und nachdem ich wieder zurück komme, steht bereits mein Kaffee und ein paar Pfannkuchen auf meinem Tisch. Ich checke meine Mails und esse nebenbei meine Pfannkuchen und trinke meinen Kaffee. In der Zeit in der ich Pauls Nachricht lese, die er mir geschrieben hat, bringt mir die Dame einen weiteren Kaffee.

 

Paul hat mir geschrieben, dass er es bedauere, dass ich meine letzten Artikel nicht im Büro schreibe. Er es aber akzeptiert. Er entschuldigt sich noch einmal für die Absetzung meiner Seite und fleht mich zugleich noch einmal an, doch noch Rebeccas Job zu übernehmen. Meine Mail an ihn ist deutlich. Für mich kommt es nicht in Frage, diesen Job zu übernehmen, räume ihm allerdings ein, dass wenn er einen vergleichbaren Job hat, wie ich bis jetzt hatte, ich dann gerne wieder zu seiner Verfügung stehe.

 

Mein Blick fällt nach draußen. Die Straße ist menschenleer. Das Gold der Sonne verwandelt sich mittlerweile in ein zartes rosa. Es ist bereits später Nachmittag geworden. Damit ich nicht im Dunkeln bei der Hütte ankomme, beschließe ich mich meine Sachen zusammen zu packen und noch die Notwendigen Lebensmittel einzukaufen und zu bezahlen. Gerade als ich der Dame das Geld geben möchte, kommt Sam zur Hintertür rein.

„Sie sind ja noch da.“ sagt er verwundert und sieht mich prüfend an.

„Ich wollte gerade bezahlen und gehen.“ gebe ich von mir.

„Hat meine Frau sie etwa aufgehalten. Sie kann manchmal ziemlich einnehmend sein.“

Schnellen Schrittes geht er auf die Dame hinter der Theke zu, nimmt sie in den Arm und drückt ihr einen Kuss auf die Wange. Diese lächelt ihn liebevoll an.

„Nein, nein. Ganz im Gegenteil.“ sage ich schnell, „Sie war sehr zuvorkommenden. Ihre Pfannkuchen und ihr Kaffee waren sehr lecker.“

Ich lächle die Frau an und sie erwiderte es mit einem Nicken.

„Ich hab nur noch etwas gearbeitet. Aber wenn ich noch mit etwas Tageslicht ankommen will, muss ich jetzt los.“

Ich gebe der Dame das Geld und bedanke mich für die Gastfreundlichkeit. Dann verlasse ich den Laden und steige ins Auto.

 

Nach einer halben Stunde Fahrt parke ich den Wagen neben einem Holzhaus. Das Tageslicht ist fast schon verschwunden. Daher entscheide ich mich meine Sachen im Auto zu lassen und nur den Stromgenerator anzuschmeißen damit ich Strom habe.

 

Ein sanftes Licht erhellt das Haus. Ich sehe mich um. Vom Eingang aus, steht man bereits im Wohnzimmer mit einer offenen kleinen Küche. Vor dem Kamin befindet sich eine kleine Couch auf der maximal drei Personen Platz haben. Links und rechts stehen zwei Sessel. Ein Esstisch mit vier Stühlen grenzt die Küche vom Wohnbereich ab. An das Wohnzimmer grenzen drei weitere Räume. Ein Badezimmer, was spärlich mit einer Dusche, einem Klo und einem Waschbecken versehen ist. Die zwei Schlafzimmer sind gleich angeordnet und ausgestattet. Jeweils ein Bett mit Nachtschränkchen unter dem Fenster, an der einen Wand eine Kommode und an der anderen Wand ein Kleiderschrank. Es ist alles eher einfach gehalten, für mich jedoch reicht es vollkommen aus. Was mich wundert, dass es kein wenig modrig riecht. Will hat ja erzählt, dass seine Familie das Haus eher selten benutzt und so habe ich angenommen, dass ich erst einmal kräftig lüften muss, bevor ich mich hier niederlassen kann. Da die Sonne mittlerweile schon untergegangen ist und es auch ziemlich kühl wird, entscheide ich mich dazu schlafen zu gehen und alles andere am nächsten Morgen zu erledigen.

 

Aufgrund des Schlafmangels der letzten Tage schlafe ich sehr lange. Die Sonne steht schon hoch und es verheißt ein schöner Tag zu werden. Mit guter Laune gehe ich vor das Haus und betrachte die Umgebung, die in der nächsten Zeit mein neues Zuhause sein wird. Das Haus liegt unweit vom Daisy Lake entfernt. Einem großem See mitten im Wald. Ein Anglersteg ragt weit ins Wasser hinein. Der See ist glasklar und die Luft riecht sauber. In der Nähe des Hauses rauscht ein kleines Flüsschen in den See. Es bahnt sich seinen Weg von den Bergen die ganz in der Nähe sind. Ich setze mich in einen Schaukelstuhl der auf der Veranda steht und genieße die Aussicht. Alles ist so friedlich hier.

 

Mein Magen holt mich aus meinen Träumereien. Ich habe Hunger. Da ich die Lebensmittel im Auto gelassen habe, hole ich den Autoschlüssel und bringe alles ins Haus. Nachdem ich meine Sachen fein säuberlich in den Schrank gehängt habe und auch die Lebensmittel verstaut habe, mache ich mich an das Frühstück. Ich entscheide mich, mir ein paar Eier in die Pfanne zu hauen und Kaffee zu kochen. Da es der Küche an einer Kaffeemaschine mangelt, koche ich heißes Wasser auf, stelle einen Filter voll Kaffeepulver auf eine alte Gusskanne und begieße diesen mit heißem Wasser. Mit meinem Frühstück bewaffnet setze ich mich auf die Bank auf der Terrasse, dort wo auch der Schaukelstuhl steht.

 

Eine Stunde und viele Gedanken später räume ich das Geschirr ins Haus und wasche auf. Meine Morgenhygiene beabsichtige ich im See zu machen. Der glitzert herrlich und verspricht angenehm zu sein. Mit Anlauf renne ich auf den Anglersteg bis zum Ende und springe kopfüber in den See. Als ich wieder an der Wasseroberfläche auftauche fange ich an zu schreien. Das Wasser ist hundekalt. So schnell ich kann schwimme ich ans Ufer. Meine Zähne klappern und ich zittere am ganzen Körper, als ich das Häuschen betrete. Schnell trockne ich mich ab und ziehe mir einen Jogginganzug an um mich wieder aufzuwärmen. Innerlich muss ich über mich selbst lachen. Eigentlich hätte ich ja wissen müssen, dass der See kalt ist. Wir haben gerade einmal Mai und das Wetter in Kanada ist nun einmal anders als in Deutschland.

 

Vom Schreck erholt, koche ich mir einen Tee und setze mich mit meinem Laptop bewaffnet auf die Veranda. Es wird Zeit, dass ich mich an die Arbeit mache. In drei Tagen erwartet Paul, dass ich den ersten Artikel abliefere. Um mir Hilfestellung zu holen, öffne ich den Ordner mit den Fotos von Antonio.

 

Auf den ersten Blick fällt mir ein Foto auf, der uns alle in Stammestrachten zeigt. Wir haben lange bunte Gewänder an und eine Art Kappe auf, die oben weit ausläuft. Es sieht aus wie ein Teller mit Kopfhalterung. An dem Tag waren wir zu einer Hochzeit eingeladen. Es war eine Ehre an so einem Fest teilnehmen zu dürfen. Nicht jeder kommt in den Genuss so etwas mitzuerleben. Gemeinsam mit dem Brautpaar und dem Dorf feierten wir die ganze Nacht. Mein nächster Artikel soll davon handeln. Ich schreibe das Erlebte und meine Gefühle, die ich zu diesem Zeitpunkt empfand, nieder und in zwei Stunden war mein Artikel fertig. Er lässt sich einfach schreiben, ohne mir Mühe zu bereiten. Glücklich stelle ich meinen Rechner aus und gehe ins Haus.

 

Am nächsten Morgen erwache ich wieder relativ spät. Die Ruhe an diesem Ort schenkt mir Frieden und Ausgeglichenheit, dass ich schlafe wie ein Murmeltier. Leider ist das Wetter nicht so schön. Die Sonne versteckt sich hinter dicken Wolken. Nach einer heißen Dusche und einem ausgiebigen Frühstück beschließe ich nach Squamish zu fahren und meinen Artikel an den Verlag zu schicken und mir eventuell etwas die Stadt anzuschauen.

 

In Squanish angekommen halte ich direkt vor den Laden von Sam und seiner Frau. Drinnen ist es angenehm kühl und es duftet herrlich nach Speck und Bohnen. Wieder setze ich mich an einen Tisch im hinteren Teil des Ladens und bestelle mir einen Kaffee.

„Schön sie wieder zu sehen.“ sagt die Dame und bringt mir meinen Kaffee.

Ich lächle sie an und frage sie, „Wie heißen sie?“

Sie bleibt stehen und antwortet, „Mein Name ist Agnes und ihrer?“

„Ich heiße Lena. Vielen Dank für den Kaffee. Der ist köstlich.“

Agnes lächelt mich freundlich an und geht wieder ihrer Arbeit nach. Dem Beispiel folgend beschließe ich mich, mich auch meiner Arbeit zu widmen. Meinen Artikel habe ich schnell an Paul versendet. Dann öffne ich mein Scype und rufe Will an. Es dauert nicht lange bis er meinen Anruf entgegen nimmt.

„Hey Lena,“ sagt er erfreut, „schön dich zu sehen. Wie geht es dir? Hast du den Flug gut überstanden?“

Freudestrahlend sehe ich ihn an und bestätige das alles gut sei und es mir blendend geht. Auch berichte ich ihm von meinem Kopfsprung in den See und das das Wasser eiskalt ist. Will lacht bei meinen Ausführungen wie ich in den See gesprungen bin und bibbernd aus dem Wasser kam. Will berichtet mir, dass Sebastian ständig vor seinem Haus auf und ab marschiert und ihn bei so mancher Gelegenheit ausfragt, wo ich denn sei. Bei dem Thema Sebastian verengen sich meine Augen und er bricht das Thema ab. Ich habe nicht die Absicht über meinen Ex zu reden. Irgendwann sagt Will, dass Lisa nach mir gefragt hat und das es ihr unheimlich leid tut. Sie hat das angeblich nicht ohne Grund gemacht und das sie hofft, dass ich ihr irgendwann mal verzeihen kann. Genaueres hat sie ihm aber nicht gesagt. Um auch dieses Thema abzubrechen, frage ich Will wie es Sid geht. Er braucht nicht zu antworten, denn kurz nachdem ich gefragt habe, erscheint Sids Gesicht im Monitor. Ich begrüße ihn herzlich. Noch eine Weile unterhalten wir uns, doch dann meint Will das er los muss und wir verabschieden uns von einander.

 

Stillschweigend und etwas traurig sitze ich vor meinem schwarzem Monitor. Jemand steht plötzlich vor mir und ich sehe erschrocken hoch. Sam muss mich wohl entdeckt haben und ist zu mir an den Tisch gekommen.

„Schön sie wieder zu sehen.“ brummt er vergnügt. „Und wie ist das Leben in den Bergen so? Ziemlich einsam?“

„Das ist wohl wahr.“ gab ich zurück, „Es ist aber auch sehr schön hier. Bitte entschuldigen sie, dass ich gescypet habe, aber ich habe meine Freunde vermisst und wollte sie sehen und mit ihnen sprechen.“

Mit einer Handbewegung deutet er mir, dass es nicht schlimm ist und das er dafür Verständnis aufbringt.

„Haben sie Hunger? Meine Frau hat gerade Speck und Bohnen gekocht. Es ist nichts Besonderes aber sie können gerne mit uns essen.“

Verwundert sehe ich ihn an. Erst überlege ich dankend abzulehnen, doch als ich in die Augen von Sam sehe, kann ich nicht anders und nehme die Einladung dankend an.

 

Mit drei Tellern bewaffnet kommen Sam und Agnes zu mir an den Tisch. Schnell räume ich meine Sachen weg. Dann stellen sie die Teller ab und wir essen gemeinsam zu Mittag. Während des Essens unterhalten wir uns. Ich erzähle ihnen was ich beruflich so mache und sie bekommen große Augen und bewundern meinen Mut. Ich vergesse immer, dass mein Job für Fremde etwas außergewöhnlich ist. Lächelnd sehe ich die Zwei an.

 

Agnes fragt mich, warum ich hier oben in den Bergen bin und ich erzähle ihnen meine Geschichte, nur das Detail, dass Sebastian mich fast vergewaltigt hat, lasse ich aus. Es ist schon merkwürdig, dass ich wildfremden Leuten von der ganzen Sache berichte.

„Lena!“ Agnes sieht mich mit einem mütterlichen Blick an. „Das ist ja furchtbar. Da kann ich auch gut verstehen warum sie geflüchtet sind. Ihre Freunde müssen sie wirklich sehr lieb haben, wenn sie das alles für sie ermöglichen.“

Ich bestätige ihr, dass es die besten Freunde der Welt sind und das ich sie unheimlich vermisse. Liebevoll tätschelt mir Agnes den Arm. Es fühlt sich gut an mit den Zweien zu reden. Ich fühle mich schon ein bisschen erleichtert, als Sam uns einen Kaffee bringt und sich wieder zu uns setzt.

 

Agnes und Sam erklären mir, dass der Ort nach den Einheimischen, die vor der Ankunft der Europäer hier lebten, benannt wurde. Und das man an einigen Stellen noch die Kultur erkennen kann. Sie berichten von den Touristen die jedes Jahr die Gipfel rings herum stürmen und von den Fischern die jeden Tag ihre Waren am Hafen verkaufen. Den Großteil der Einnahmen für den Ort soll aber wohl die Holzindustrie sein. Auch erzählen mir die Zwei von ihrem Leben hier in Squanisch und wie sie hier aufgewachsen, sich lieben gelernt und ihren Sohn groß gezogen haben. Die Zwei sind ein tolles Paar. Ich fühle mich wohl in ihrer Nähe und bin dankbar darüber, dass sie mich so liebevoll umsorgen. Am späten Nachmittag verabschiede ich mich von ihnen und verspreche in den nächsten Tagen wieder vorbei zu kommen.

An der Hütte angekommen fängt es an zu Nieseln. Ich hole Holz aus dem Verschlag neben dem Haus und zünde den Kamin an. Ein wohlige Wärme breitet sich im ganzen Haus aus. Ich gönne mir ein Glas Rotwein und setze mich mit dem Laptop an den Esstisch. Ich beschließe meinen nächsten Artikel vorzubereiten, damit ich nicht irgendwann in Verzug komme.

 

Der Regen hat nun vollends eingesetzt und trommelt ein Lied auf das Dach. Es ist sehr beruhigend ihm dabei zuzuhören. Als ich in der Küche stehe und mir mein Abendessen zubereite kratzt es an der Tür. Erschrocken lasse ich meinen Kochlöffel fallen. Wieder kratzt es an der Tür. Vorsichtig gehe ich hin und schaue nach. Vor der Tür steht ein durchnässter schwarzer Hund. Er ist nicht gerade klein, sieht aber auch kein bisschen bedrohlich aus. Seine Augen strahlen Treue aus.

„Na du Kleiner,“ sage ich sanft, „du hast dich wohl verlaufen? Willst du rein kommen?“

Noch bevor ich meinen Satz zu Ende gesprochen habe, kommt der Vierbeiner herein und legt sich vor den wärmenden Kamin. Kurz halte ich inne und schaue nach draußen, weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Der Wind frischt auf und ich schliesse die Tür. Der arme Hund zittert am ganzen Körper. Ich hole schnell ein Handtuch aus dem Bad und gehe zu ihm, um ihn trocken zu rubbeln.

„Hoffentlich beißt du mich nicht.“ sage ich vorsichtig zu dem Hund. Behutsam rubble ich sein Fell trocken. Nach einiger Zeit hört er auf zu zittern. Ich graule ihm hinter seinem Ohr und er scheint es zu genießen. Dann fällt mir auf einmal mein Essen ein. Abrupt stehe ich auf, laufe in die Küche und ziehe den Topf von der heißen Kochstelle. Neben mir steht auf einmal der Hund und wedelt aufgeregt mit seinem Schwanz.

Lächelnd frage ich ihn, „Du hast wohl auch Hunger?“ Er legt seinen Kopf schief. Liebevoll verteile ich mein Abendessen auf zwei Teller und stelle einen davon vor den Hund.

„Es ist nichts Besonderes, aber es macht satt. Erwarte bitte nicht zu viel.“

Lachend setze ich mich an den Tisch.

 

Früh am Morgen werde ich durch ein Kratzen an der Tür geweckt. Schlaftrunken stehe ich auf um nachzusehen. Der Hund kratzt an der Haustür. Liebevoll sehe ich ihn an, kraule sein Ohr und öffne die Tür. Der Hund rennt winselnd hinaus. Die Sonne blendet mich, daher kann ich nicht sofort sehen, wohin der Hund gelaufen ist. Erst als meine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt haben, sehe ich, dass der Hund zu einem Mann gerannt ist. Der in der Nähe des Anglerstegs steht. Es kann nur sein Herrchen sein, denn der Hund freut sich überschwänglich und der Mann erwidert diese Freude. Nachdem er mich erblickt hat, kommt er auf mich zu gelaufen. Kurz vor der Veranda bleibt er stehen.

„Vielen Dank, dass sie auf Texas aufgepasst haben. Er ist ein kleiner Streuner. Geht immer mal auf Wanderschaft hier draußen.“

Der Mann deutet auf den und ich starre ihn einfach so an ohne ein Wort zu sagen an.

 

Der Anblick des Mannes verunsichert mich. Er ist groß breitschultrig, hat dunkle kurze Haare und stahlblaue Augen. Sein Gesicht wird von einem Dreitagebart umrahmt. Eine kalte Berührung an meinem Bein holt mich aus meiner Starre. Texas ist zu mir gekommen und schnüffelt mir am Bein.

„Sie müssen wohl Lena sein!“ stellt der Mann fest. „Will hat mir gesagt, dass sie für einige Zeit hier oben sein werden. Ich bin James und der Streuner neben ihnen kennen sie ja bereits.“

 

Er kommt einen Schritt auf mich zu, hält jedoch inne und mustert mich. Mit Erschrecken stelle ich fest, dass ich nur ein Trägertop und eine kurze Shorts trage. Meine schulterlangen Haare stehen kreuz und quer von meinem Kopf ab. Mein Anblick scheint ihn zu belustigen, denn er lächelt mich unentwegt an. Wieder berührt mich die kalte Schnauze des Hundes, so als wolle sie sagen, wach endlich auf.

Einen kurzen Moment später sage ich, „Ich wollte mir einen Kaffee machen, möchten sie auch einen.“

Ohne seine Antwort abzuwarten gehe ich ins Haus. Der Hund folgt mir unaufgefordert. Sofort gehe ich in die Küche um das Wasser für den Kaffee auf den Herd zu stellen. Dann verschwinde ich im Bad. Nach einiger Zeit komme ich wieder und stelle fest, dass James in der Küche ist und das Wasser durch den Filter laufen lässt. Meine Augen mustern seine Rückseite. Von hinten sieht er genauso markant aus wie von vorn. Sein Anblick erinnert mich an ein Bild das ich in einem Buch in der Schule gesehen habe. Es stellt einen Holzfäller da, der gerade dabei ist einen dicken Holzstamm zu zerkleinern.

 

Meine Gedanken schweifen ab, führen mich an längst vergangene Zeiten. Zurück an die Schule. An eine unbeschwerte Zeit, in der ich mit Lisa eng befreundet war. Wir haben nie etwas zwischen uns kommen lassen, waren nie alleine unterwegs. Manche unserer Mitschüler hielten uns für ein lesbische Paar, da wir alles immer gemeinsam taten. Traurigkeit macht sich in mir breit, bei dem Gedanken, dass unsere Freundschaft eventuell vorbei ist und das alles nur wegen eines Mannes. Eigentlich haben wir uns doch mal geschworen, dass uns das nie passieren wird. Das egal was passiert uns kein Mann trennen kann. Und was war passiert? Mein Verlobter vögelt bei der erst besten Gelegenheit meine beste Freundin.

 

James reißt mich je aus meinen Tagträumen. Er hält mir eine Tasse Kaffee unter die Nase. Seine Augen ruhen sanft auf meinem Gesicht. Regungslos bleibe ich stehen. Erst als sich James an den Esstisch gesetzt hat, folge ich ihm und setze mich auch. Texas, der Hund, rollt sich vor den Kamin zusammen und scheint zu dösen. Schmunzelnd betrachte ich diesen. James scheint mich etwas zu fragen. Ich verstehe es nicht, denn meine Gedanken sind wieder bei Lisa. Als er meinen Arm berührt zucke ich zusammen und war wieder in der Gegenwart. Entschuldigend sehe ich ihn an.

„Ich weiß ja das Texas eine hypnotische Aura hat, aber so habe ich das noch nie gesehen.“ scherzt er.

Sein fragender Blick ruht weiter auf mir. Kurz schüttle ich mich. Entschuldigend hebe ich die Arme. Dann wende ich meinen Blick von Texas und sehe James an.

 

Wir unterhalten uns und James erzählt mir, dass er freiberuflicher Fotograf sei. Seine Vorliebe galt den Landschaftsbildern, da man nur so die ganze Schönheit der Natur einfangen kann. Auch erzählt er, dass er im Sommer immer hier oben in den Bergen ist, in einer kleinen Hütte mitten im Wald lebt und nebenbei sich um die Häuser kümmert die in der Nähe sind. Seine Leidenschaft war das Klettern und Wandern. Was auch kein Wunder ist, denn er ist in den Bergen aufgewachsen.

 

Nachdem er sehr viel von sich erzählt hat, fragt er mich warum ich in den Bergen sei. Ich scheine auch auf ihn nicht den Eindruck zu machen, dass ich mich fürs Klettern interessiere. Lächelnd gebe ich zu, dass meine Interessen tatsächlich woanders liegen. Kurzerhand erzähle ich ihm, was mich hierhin verschlagen hat. Natürlich lasse ich das Detail, was Sebastian mir im Hotel angetan hat, aus. James lauscht gespannt meinen Ausführungen. Kein einziges Mal unterbricht er mich, um etwas nachzufragen.

 

Bis zum Mittag unterhalten wir uns angeregt. Es ist ein gutes Gefühl in James Nähe zu sein und seinen Erzählungen zu lauschen. Kein einziges Mal kommt Unbehagen in mir auf. Auch nicht, als ich feststellen muss, dass ich meine Geschichte zum zweiten mal in kurzer Zeit einem wild fremden Menschen erzählt habe. James begegnet mir ohne Vorurteile. Gibt keinerlei negative Kritik dazu. Er hört einfach nur zu. Irgendwann steht er auf und verabschiedet sich von mir. Bevor er jedoch im Wald verschwindet, dreht er sich noch einmal zu mir um und bedankt sich dafür, dass ich die Nacht auf Texas aufgepasst habe. Freundlich winke ich ihm hinterher und gehe dann wieder zurück ins Haus, um an meinen Artikel zu schreiben.

 

Tragischer Unfall

 

In den letzten fünf Tagen hat es ständig geregnet und so verbrachte ich die Zeit mit schreiben. Meine Artikel hatte ich daraufhin schon alle fertig geschrieben. Sie müssen nur noch abgesendet werden. Texas kam an jedem Abend an dem es geregnet hatte zu mir und suchte Unterschlupf und an den Morgen darauf kam James um ihn wieder abzuholen. Aufgrund dessen verbrachten wir ziemlich viel Zeit miteinander und lernten uns besser kennen. Es ist schön, jemanden zu haben mit dem man Spaß hat und einem die Zeit nur so abhanden kommt.

 

Heute regnet es erneut. Wie gewohnt kratzt es an meiner Tür. Da ich gerade unter der Dusche war, habe ich nur ein Handtuch um meinen Körper gewickelt, als ich die Tür aufmachen möchte um Texas hereinzulassen. Doch nicht nur Texas steht vor der Tür, sondern auch James. Versteinert bleibe ich stehen. Ich spüre wie mir die Röte ins Gesicht schießt, da mir klar geworden ist, dass nur ein Handtuch meinen Körper bedeckt. James lächelt mich verschmitzt an.

Dann fragt er, „Gewährst du zwei durchnässten Streunern und einer Flasche Wein Obdach?“ Sein Lächeln wird immer breiter und seine Augen strahlen in der Dunkelheit. Schnell lasse ich beide hinein und renne so gut es eben geht ins Schlafzimmer um mir was anzuziehen.

 

James hat derweil die Flasche Wein geöffnet und sich mit Texas vor dem Kamin bequem gemacht. Eine Weile beobachte ich die Zwei. Das Feuer im Kamin umrahmt die Silhouette von James und bringt ihn zum Leuchten. Er sieht sanft und liebevoll aus.

 

James scheint bemerkt zu haben, dass ich im Raum stehe und ihn fixiere. Er dreht seinen Kopf und sieht mich mit seinen blauen Augen forschend an. Lächelnd setze ich mich zu ihm. Erst jetzt bemerke ich, dass James sein Hemd ausgezogen hat und nur noch in einem Trägershirt da sitzt. Seine Schultern wirken in dem Shirt noch breiter und seine Muskeln umrahmen das Ganze noch dazu.

Schweigend sitzen wir da und betrachten das Feuer im Kamin. Es gibt eine angenehme Wärme von sich. Urplötzlich fängt Texas im Schlaf an zu jaulen und zu rennen. Wir beide können nicht an uns halten und müssen einfach los lachen. Das reist den Hund aus seinem Schlaf, der uns verdutzt ansieht. Nach kurzer Zeit rollt er sich wieder ein und schläft weiter.

Unsere Gläser sind leer. Daher steh ich auf um die Flasche zu holen und uns einzugießen. Auf einem Beistelltisch steht mein Laptop noch eingeschaltet und ich beschließe diesen mit vor den Kamin zu nehmen. Ich habe die Absicht James die Bilder von Namibia zu zeigen, da er sich bei einem unserer Gespräche dafür sehr interessiert hatte. Neugierig sieht er sich die Bilder an. Zu fast jedem Bild habe ich eine kleine Geschichte oder Anekdote parat, die ich vom Stapel lasse. Wir lachen viel und herzlich über die eine oder andere Geschichte. Bei dem Bild mit dem kleinen Jungen halte ich inne. Diese Geschichte erzähle ich mit voller Hingabe. Dieses Ereignis würde ich nie in meinem Leben je wieder vergessen.

 

James Blick ruht auf meinem Gesicht während ich ihm dies erzähle. Es verunsichert mich. Ich traue mich nicht, ihn anzusehen. Daher starre ich die ganze Zeit auf den Monitor.

„Dafür das du überhaupt nicht sportlich bist, besitzt du aber großen Kampfgeist. Du scheinst vor nichts Angst zu haben.“ sagt James mit sanfter Stimme.

Mein Blick ist immer noch auf das Foto gerichtet. Freudestrahlend nicke ich.

„Wovor sollte ich denn Angst haben? So schnell passiert mir nichts. Und etwas furchtlos sollte man in meinem Job auch sein. Obwohl,“

Für einen Moment halte ich kurz inne.

„Angst habe ich schon. Nur nicht vor dem was ich mache. Egal wo in der Welt ich schon war und was ich erlebt habe, es war immer meine freie Entscheidung dorthin zu gehen. Ich habe wochenlang über diese Orte recherchiert. Mir die Gefahrenlagen gründlich eingeprägt. Und mit besten Gewissen mich dann dafür entschieden. Daher musste ich nie Angst haben, vor dem was ich tat. Hier ist es was anderes. Meine Entscheidung in die Berge zu flüchten war ganz spontan. Ich konnte mich nicht darauf vorbereiten, mich nicht belesen oder recherchieren was für Gefahren auf mich warten. Aber bis jetzt bin ich ganz gut klar gekommen.“

Obwohl ich spüre, dass James mich immer noch beobachtet, sehe ich ihn an. Sein Blick ist weich und sein Lächeln so zärtlich. Mein Inneres macht ungewollte Purzelbäume.

 

Bis tief in die Nacht hinein unterhalten wir uns. Zwischenzeitlich haben wir unseren Platz vor dem Kamin auf die Couch gewechselt.

„Lena,“ James sagt meinen Namen ganz sanft, „kann ich dich um einen Gefallen bitten?“

„Natürlich. Was hast du denn auf dem Herzen?“ frage ich ihn genauso sanft. Mein Inneres fühlt sich an, als tanzen tausend Ameisen Samba. So richtig kann ich dieses Gefühl nicht einordnen. Schnell konzentriere ich mich auf James Worte.

„Ich habe einen Auftrag in Vancouver. Der dauert nur einen Tag. Kann ich Texas bei dir lassen? Die Großstadt ist nichts für ihn. Ich müsste ihn an der Leine führen und das engt ihn nur ein.“ James schaut mich liebevoll an. Seine Augen funkeln, angestrahlt vom schwachem Licht aus dem Kamin.

„Na klar,“ sage ich freudig, „ich passe gerne auf ihn auf. Ich muss morgen nur kurz in die Stadt meine Artikel wegschicken und etwas einkaufen. Danach wollte ich etwas die Gegend erkunden. Also alles kein Thema.“

„Danke.“ sagt James rückt etwas näher an mich heran und küsst mir auf die Wange. Die Ameisen in mir scheinen nun nicht mehr nur Samba zu tanzen sonder auch noch Loopings zu schlagen. Oh Gott, wo soll das noch hinführen? Denke ich mir.

 

Am Morgen erwache ich sehr früh. Draußen ist es noch dämmrig. Kurz überlege ich, ob ich aufstehe oder liegen bleibe. Mein Entschluss steht fest, ich bleibe liege. Bei dem Versuch meine Decke etwas höher zu ziehen scheitere ich. Etwas schweres liegt darauf. Mein Blick fällt auf einen großen schwarzen Punkt auf meinem Bett. Texas hat es sich an meiner Seite auf der Decke bequem gemacht und macht auch keine Anstalten das ändern zu wollen. Ich atme tief ein. Dann stehe ich nun doch auf und gehe unter die heiße Dusche. Das Wasser tut mir gut. Ich werde wach. Mit einem Handtuch um den Körper gewickelt verlasse ich das Bad stolpere über etwas und falle der Nase lang hin. Jaulend kam Texas zu mir gelaufen.

„Hey Texas.“ sage ich sanft, „Ich hab dich nicht gesehen, tut mir leid.“ Kurz graule ich ihm entschuldigend das Ohr und stehe auf.

„Hast du Hunger?“ frage ich ihn und sein Schwanz wedelt hin und her. Schnell ziehe ich mich an und mache unser Frühstück. Da Texas mittlerweile Stammgast bei mir ist, habe ich ihm beim letzten Einkauf einen Napf und Hundefutter gekauft.

 

Ich stelle seinen Napf neben den Esstisch und setze mich hin um zu frühstücken. Texas war natürlich mit seinem Frühstück schneller als ich. Nun stand er schwanzwedelnd neben mir und bettelte. Eisern versuche ich ihn zu ignorieren. Meine Hand graulte sein Ohr während ich die Reste meines Frühstücks esse.

„Mein Kleiner,“ sage ich zu Texas, „heute bleibst du bei mir. Wir fahren in die Stadt ein paar Besorgungen zu erledigen und dann erkunden wir den Wald gemeinsam. Was hältst du davon?“

Als hätte mich Texas verstanden rannte er aufgeregt zur Tür. Ich muss lachen bei dem Anblick. Da ich aber immer noch das Handtuch um mich gewickelt habe, ging ich statt zur Tür wo Texas stand ins Schlafzimmer um mich anzuziehen. Ein kleines Winseln lässt mich inne halten. Ich schaue in die Richtung aus der das Winseln kam. Texas steht in der Tür und scheint mich zu mustern.

„Ich muss mich doch erst anziehen. Nackt kann ich mit dir nicht in die Stadt fahren. Was sollen denn die Leute von mir denken.“ Lachend sehe ich Texas an der den Kopf schief gelegt hat. Schnell ziehe ich mich an, geh zum Couchtisch verstaue meinen Laptop unter den Arm und geh mit Texas aus dem Haus. So schnell wie ich die Autotür geöffnet habe, so schnell sprang Texas auch rein. Er hatte vielleicht Angst, dass ich es mir anders überlegen könnte. Schnellen Schrittes laufe ich um das Auto und setze mich auf den Fahrersitz.

 

Den Wagen parke ich wie gewohnt vor den Laden von Agnes und Sam. Texas spring wie von der Tarantel gestochen aus dem Wagen und zur Eingangstür. Ich hebe eine Augenbraue während ich zu ihm laufe und die Ladentür öffne. Blitzschnell rennt Texas in den privaten Bereich des Ladens. Ich will ihn rufen und bleibe mit offenem Mund stehen. Sam kommt mit einem schwanzwedelndem Texas in den Laden. Mir ist schon bewusst gewesen, dass die Leute Texas und James kannten, doch habe ich nie damit gerechnet, dass Texas sich über die Leute so freut.

„Mach den Mund zu.“ sagte Sam belustigt zu mir. Kopfschüttelnd tat ich das auch. Ungläubig betrachte ich das Freudenspiel zwischen Sam und Texas.

„James hat mir schon gesagt, dass du Texas hast, während er in Vancouver ist. Normal haben wir ihn dann immer, aber anscheinend hat Texas einen Narren an dir gefunden und möchte wohl lieber bei dir sein.“ Sam lacht immer noch. Es ist kein Lachen das wie ein auslachen klingt. Es ist ein freudiges lachen. Verdutzt sehe ich ihn an. Ich komm mir vor wie im falschem Film.

„Bevor du weiter so fragend schaust, setz dich doch bitte, ich mach uns einen Kaffee und wir reden ein wenig.“

Wie geheißen setze ich mich an meinen Stammplatz und warte auf Sam. Es dauert nicht lange und er kommt mit zwei Tassen Kaffee zu mir, überreicht mir eine davon und setzt sich mir gegenüber. Sein Gesicht lächelt noch immer.

„Bevor du fragst,“ fängt Sam an zu erzählen, „James ist unser Sohn. Und der kleine Racker hier,“ er zeigt auf Texas und grault ihm das Ohr, „ist so was wie unser Enkelkind.“ Sam lacht herzhaft. Mein Blick wandert von Sam auf Texas und wieder zurück. Sam lacht laut auf und ich steige mit ein. Mein Blick muss schon komisch ausgesehen haben.

„Danke für den Kaffee, Sam.“ sage ich zu ihm und hebe die Tasse. Er bedeutet mir mit einem Handwisch das es nichts besonderes sei und geht zurück hinter den Tresen. Texas hat es sich bereits neben mir bequem gemacht und schlummert eine Runde.

 

Die Mail an Paul war schnell abgesendet. Und es dämmert mir, dass es die letzte Mail an ihn war. Meine Arbeit war getan. Auch verabschiedete ich mich in dem letzten Artikel von meinen Lesern. Dieses Kapitel war nun nach zwei Jahren abgeschlossen. Wehmütig schaue ich auf den Monitor. Aber wie sagt man so schön, schließt man eine Tür hinter sich, so öffnet sich eine Neue. Ich hoffe, dass mir das auch passiert.

 

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als mein Laptop klingelt. Mein Dad ruft mich an.

„Hey Dad,“ begrüße ich ihn freudestrahlend.

„Warum hast du mir nicht gesagt, was vorgefallen ist?“ Er schaut sauer und zu gleich besorgt aus.

„Ach Dad, komm schon. Es ist doch nichts passiert.“ gebe ich kleinlaut zurück. Ich hoffe inständig, er kennt nicht die ganze Geschichte.

„Von wegen nichts passiert. Lisa springt mit deinem Verlobten in die Kiste an dem Tag als du zurück kommst. Dein Verlag setzt dir das Messer an die Brust, entweder du machst Aushilfslektorin oder du bist deinen Job los. Und zu guter Letzt, versucht dich Sebastian in meinem Hotel zu vergewaltigen. Und du nennst das, nichts passiert?“ Oh mein Gott. Er ist sauer. Stinksauer sogar. So habe ich ihn noch nie gesehen. Ich senke meinen Kopf vor Scham.

„Liebes,“ sagt mein Dad nun mit fürsorglicher Stimme,

„Warum hast du mir nichts gesagt? Warum musste ich das erst aus Will heraus quetschen?“

 

Bei den Worten muss ich innerlich lächeln. Ich kann mir richtig vorstellen, wie mein Dad Will in die Mangel genommen hat, um zu erfahren wo ich stecke. Er wird ihn nicht aus dem Büro gelassen haben, bis er seine Informationen hatte. So kenne ich meinen Dad. Wenn ich damals Mist gebaut habe, dann hat er mich in sein Büro gerufen, mich auf einen der Sessel platz nehmen lassen und erst einmal eine riesige Ansprache gehalten. Von wegen im Leben wird einem nie etwas geschenkt. Man muss sich alles hart erarbeiten. Fehler zu machen ist nichts schlimmes. Man muss nur dazu stehen.

Und dann fragte er einen immer, was man denn wieder verbockt hatte. Wenn die Antwort ihm nicht gefiel, dann ließ er mich nie aus seinem Büro, bis ich kleinlaut zu gab, Mist gebaut zu haben. Auch musste ich ihm immer alles erzählen. Nachdem er der Meinung war, dass meine Aussage befriedigend sei, hat er mich dann raus gelassen ohne ein Wort zu sagen. Das war die Folter meines Dads und die scheint er bei Will auch angewendet zu haben.

 

„Dad,“ sage ich nun kleinlaut, „es geht mir gut. Ich habe nur etwas Abstand gebraucht, um den Kopf frei zu bekommen. Ich muss überlegen wie es weiter geht, jetzt wo ich keinen Job mehr habe.“

„Das ist das geringste Problem, mein Kind.“ gibt er von sich. „Ich werde dich unterstützen, finanziell. Und ich werde dir keinen Job in meinem Hotel anbieten.“ Er lächelt mich nachsichtig an. Er weiß ganz genau, dass ich nicht bei ihm arbeiten möchte. Er respektiert meinen Wunsch von Unabhängigkeit. Nur kann ich ihm das mit dem Geld bestimmt nicht ausreden. Dafür macht er sich zu viele Sorgen um mich. Dennoch versuche ich es ihm auszureden. Ohne Erfolg. Er besteht darauf, mir jeden Monat eine gewisse Summe zu überweisen. Nach vielem Hin und Her willige ich ein.

„Dad? Hast du Mum was davon erzählt?“ frage ich ihn ernst. Er schüttelt den Kopf und ich atme erleichtert aus.

 

Ich erzähle ihm von meinen Bekanntschaften hier in Squamish und von der tollen Gegend. Von dem Haus, was Will mir zur Verfügung gestellt hat und von meinem Kopfsprung in das kalte Wasser. Nach einiger Zeit verabschiede ich mich von ihm und verspreche ihm, dass ich mich bald wieder melden werde.

 

Mein Emailprogramm weist eine neue Email auf. Sie ist von Paul. Schnell lese ich sie mir durch. Er bedankt sich bei mir, dass ich die letzten Artikel in so schneller Zeit fertig geschrieben habe und das es ihm leid täte, dass er mich entlassen musste. Auch schreibt er, dass der Job von Rebecca immer noch zu haben sei, wenn ich möchte. Das kommt aber für mich nicht in Frage. Das schicke ich ihm auch so als Antwort.

 

Da das Programm einmal offen war, entschließe ich mich, Lisa eine Mail zu schreiben. Auch wenn sie mich tief verletzt hat, hat sie dennoch eine Chance verdient, sich zu erklären. Unsere langjährige Freundschaft kann ich auf keinen Fall einfach so beenden. Sie wird ihren Grund gehabt haben. Und jetzt gebe ich ihr die Möglichkeit sich zu erklären. Vielleicht entscheide ich mich dann. In meiner Email schreibe ich, wo ich mich zur Zeit aufhalte und das ich noch eine Weile hier bleiben werde. So hat sie die Möglichkeit, wenn sie möchte zu mir zu kommen und wir können von Angesicht zu Angesicht reden.

 

Es ist bereits früher Nachmittag und ich beschließe Texas zu nehmen und mit ihm am Hafen entlang zu laufen. Eigentlich wollte ich noch einen Fisch kaufen für das Abendessen, wenn James kommt um Texas abzuholen. Meine Tasche verfrachte ich schon in den Jeep und laufe mit Texas zu der Anlegestelle.

 

Verschiedene Boote ankern dort. Große Fischerboote und kleine private Boote die für Ausflüge genutzt werden können. Vor einem Boot blieb Texas schwanzwedelnd stehen. Als ich genau hinsehe, erkenne ich den Namen des Bootes, „Agnes“, lese ich laut vor. Das Boot scheint James zu gehören. Ich lächle. Es war ja klar, dass auch James ein Boot hier hat, so wie die halbe Stadt. Meine Hand wandert an Texas sein Ohr und grault dieses.

„Heute nicht, mein Kleiner,“ sage ich zu ihm, „komm lass uns einen Fischer suchen und hoffen das er noch was für uns heute Abend zum Essen hat.“ Als hätte er mich verstanden, rennt er los. Ich habe Mühe ihm hinterher zu kommen. Bellend stand er vor einem der Boote. Schnell gehe ich zu ihm, um das Bellen zu unterbinden. Gleichzeitig wie ich an Texas herangetreten bin kommt ein Mann aus seiner Kabine und lächelt freundlich.

„Hallo Texas. Was machst du denn hier?“ fragt der Mann freundlich und als er mich anschaut ergänzt er noch, „und wen hast du da im Schlepptau? Ist James wieder in der Stadt und du hängst dich an hübsche Frauen? Hm, Kleiner.“

„Hallo, ich bin Lena,“ sage ich freundlich, „James ist in Vancouver und ich passe auf Texas auf. Ich bin vor ein paar Tagen hier angekommen und irgendwie kam Texas auf die Idee, mich fast jeden Tag besuchen zu müssen.“

„So kennen wir unseren Texas. Kommt doch an Bord, ich hab frischen Kaffee gemacht.“ sagt der Mann freundlich.

 

Dankend gehe ich an Bord. Auf Deck standen zwei Stühle und ein Tisch, ich setze mich hin. Der Mann kam mit zwei Tassen Kaffee wieder und setzt sich auf den freien Tisch.

„Ich bin Brad.“ stellt sich der Mann vor. „Was machen sie in Squamish? Wie ein Wanderfreund sehen sie nicht gerade aus.“

Ich lache laut auf und erwidere, „Sie sind nicht der Erste der mir das sagt.“ Kurz halte ich inne, da ich noch immer lachen muss. „Ich nehme mir eine Auszeit, zum Nachdenken und so. Ich wohne in einem der Häuser am Daisy Lake. Dort hab ich auch Texas und James kennen gelernt. Texas besucht mich fast jeden Abend, vor allem wenn es regnet. Dann übernachtet er bei mir und am nächsten Morgen holt James ihn bei mir ab. Und jetzt waren wir eigentlich auf der Suche nach Fisch für das Abendessen. Aber wir haben wohl zu viel Zeit verplempert und die Stände sind alle weg.“ Ich schaue mich um und deute auf den Pier. Brad lächelt mich an und sagt dann, „Kein Ding. Ich habe heute frei und war angeln. Der liebe Gott hat es gut mit mir gemeint und hat mir soviel Fisch geschenkt, dass ich ihnen mit gutem Gewissen einen abgeben kann. Ich kann ja nicht zulassen, dass Texas bei ihnen verhungert.“ Brad lacht laut los und ich stimme mit ein. Texas scheint etwas verwirrt zu sein, denn er dreht seinen Kopf immer hin und her.

 

Nach zwei Stunden verabschiede ich mich von Brad, der mir einen großen Barsch in die Hand gedrückt hat und laufe mit Texas zum Auto, um in das Haus zu fahren. Den Fisch verfrachte ich in den Kühlschrank und dann ziehe ich mir meine Wanderschuhe an die Will mit eingepackt hatte. Es war gegen 17 Uhr und die Sonne schien noch. Daher beschließe ich einen kleinen Ausflug zu machen, um die Gegend zu erkunden. Texas läuft schwanzwedelnd vor mir an dem kleinen Fluss entlang. Ich entschließe dem Wasser zu folgen, so kann ich mich wenigstens nicht in dem großen Wald verlaufen. Der Fluss wand sich durch den Wald hindurch. Links und rechts davon säumten Steine seine Ufer. Es war beschwerlich entlang zu laufen. Texas machte es sich einfach und läuft durch das Wasser hindurch. Nach einer halben Stunde stehen wir vor einem kleinen Wasserfall. Er ist vielleicht drei oder vier Meter hoch. Kurzerhand beschließe ich den Berg mit den Steinigen Abhang hinauf zu klettern, um zu schauen was oben ist. Die Neugier hat mich gepackt. Kurz schau ich noch auf Texas und deute ihm, das wir hoch klettern werden. Er steht da und bellt. Ich zucke mit den Schultern und beginne mich von Baum zu Baum zu hangeln und als keine Bäume mehr da sind, klettere ich die Felsen entlang. Es dauert nicht lange und ich bin oben angekommen. Etwas erschöpft setze ich mich auf einen der Steine die auch hier den Fluss säumen. Texas hat mittlerweile auch einen Weg nach oben gefunden und setzt sich neben mich. Mein Blick folgt dem Flusslauf. Dieser windet sich auch hier durch den Wald. Da auf meiner Seite der Wald immer dichter zu werden scheint, erschließe ich mich auf die andere Seite zu wechseln, da man dort besser am Fluss entlang laufen kann. Kurz prüfe ich, wie ich am besten einigermaßen trocken an das andere Ufer gelange. Der einzige Weg scheint über die Steine am Wasserfall zu sein. Dort ragen vereinzelt große Steine aus dem Wasser. Von denen kann man ungehindert von einem auf den anderen springen, ohne das man nass wird. Ohne groß darüber nachzudenken springe ich von einem auf den anderen Stein. In der Mitte bleibe ich stehen und schaue zu Texas.

„Komm Junge.“ sage ich aufgeregt zu ihm, „es ist nicht schwer. Ein weiterer Sprung auf den nächsten Stein. Texas blieb immer noch am anderen Ufer stehen. Zwei Steine trennen mich noch vom anderen Ufer. Ein wenig stolz bin ich schon auf mich, da ich solche körperliche Anstrengungen eigentlich privat meide. Aber es macht mir Spaß von einem auf den anderen Stein zu springen. Noch ein Sprung, und es trennt mich nur noch ein Stein vom Ufer entfernt. Texas bleibt wie angewurzelt stehen und beobachtet mich. Ich schüttle den Kopf und springe auf den letzten Stein der mich vom Ufer trennt. Bevor ich realisiere was passiert, falle ich. Der Stein auf den ich gesprungen bin, ist locker und fällt mit mir in die Tiefe. Als ich aufkomme schlage ich mir den Kopf am Boden an. Es schmerzt höllisch. Im Hintergrund kann ich Texas bellen hören. Mein Kopf schmerzt immer mehr und ich halte mir die Stelle an der ich aufgekommen bin. Eine warme Flüssigkeit läuft mir die Hand hinunter. Als ich mir meine Hand ansehe, sehe ich Blut. Texas kommt bellend zu mir geschwommen. Er muss einen Weg nach unten gefunden haben. Er leckt mein Gesicht ab und die Wunde am Kopf. Mir ist schwindlig, mein Kopf scheint fast zu platzen. Zumindest fühlt er sich so an.

„Texas,“ krächze ich, „hol Hilfe. Schnell.“ Kurz hielt er inne. Es scheint als überlege er was er tun soll. Dann rennt er los und lässt mich allein. Ich hoffe, dass er mich verstanden hat und Hilfe holt. Dann wird alles um mich schwarz und mein Kopf sinkt zu Boden.

 

Ich erwache in meinem Bett. Mein Kopf schmerzt extrem. Kaum kann ich die Augen offen halten. Meine Hand wandert an die Stelle, an der ich mir den Kopf gestoßen habe. Ich fühle Stoff. Jemand muss mir einen Verband angelegt haben. Vorsichtig setze ich mich auf. Mir ist schwindlig. Meine Decke rutscht von meinem Körper und ich sehe, dass ich ein anderes Shirt an habe, als was ich am Morgen anhatte. Behutsam setze ich mich auf den Rand des Bettes. Meine Beine streichen etwas weiches, warmes. Langsam schaue ich nach unten. Texas liegt unter meinen Füßen und scheint zu dösen. Langsam rutsche ich am Bett entlang zum Fußende, damit ich mich dort abstützen kann um aufzustehen. In mir dreht es sich. Kurz hielt ich inne um nicht umzufallen. Ein Schritt vor den anderen taste ich mich zur Zimmertür vor. Diese war nur angelehnt. Schummriges Licht kam hindurch. Leicht öffne ich diese. Ich sah James und Brad am Tisch sitzen mit Tassen in der Hand. Die Tür knarrt etwas als ich sie weiter öffne. James und Brad schauen mich gleichzeitig an. James steht auf und kommt auf mich zu.

„Du solltest lieber im Bett bleiben. Brad sagt, dass du eine Gehirnerschütterung und ein paar Prellungen hast.“ Fragend sehe ich James an. Dann schaue ich an seiner Schulter entlang zu Brad, der auch bereits aufgestanden ist und nun auf mich zukommt. Ich mache keine Anstalten wieder ins Bett zu gehen. Steif halte ich mich am Türrahmen fest. James löst kurzerhand meine Finger und hebt mich hoch. Er bringt mich zurück ins Bett und deckt mich zu.

„Ich bring dir was zu trinken.“ sagt er sanft. Ich nicke nur und schaue auf die Tür. Brad steht da und mustert mich.

„Du hast noch mal Glück gehabt.“ sagt er ruhig. „Der Sturz hätte auch anders enden können. Du solltest ein paar Tage im Bett bleiben und dich ausruhen. Wenn deine Schmerzen zu stark sind, sag James Bescheid, ich lasse ihm ein paar Tabletten für dich hier.“ Ich nicke und merke, wie mein Kopf sich zusammenkrampft. Übelkeit kommt in mir hoch. Ich muss würgen. Schnell läuft Brad zu mir, hält mich über das Bett. Vor mir steht ein Eimer und ich übergebe mich hinein. Als nichts mehr kommt stützt mich Brad und legt mich behutsam aufs Kissen. Er nimmt sich ein Taschentuch vom Nachttisch und wischt mir den Mund ab. Fast zeitgleich kommt James wieder ins Zimmer und stellt eine Tasse mit Tee auf den Nachttisch. Brad bedeutet ihm ihm zu folgen und beide verlassen mein Zimmer und lehnen die Tür an.

„Du solltest die nächsten Tage auf sie aufpassen.“ höre ich Brad sagen. „Mit so einer Gehirnerschütterung ist nicht zu spaßen. Wenn es in den nächsten drei Tagen nicht besser ist, rate ich dir, sie in die Klinik zu bringen.“

„Mach dir keine Sorgen,“ sagt nun James, „ich bleibe hier. Sobald ihr Zustand schlimmer wird komm ich mit ihr bei dir vorbei.“ Dann wird es still. Kein Wort ist mehr zu hören, außer das Winseln unter meinem Bett, was Texas von sich gibt. Er scheint zu träumen. Ich traue mich nicht nach unten zu schauen, um zu sehen ob es ihm gut geht. Zu groß ist meine Angst, mich wieder übergeben zu müssen. Vorsichtig taste ich mich zum Nachtisch um die Tasse, die James dort abgestellt hat, zu nehmen. Mein Hals fühlt sich trocken an und ich habe das Bedürfnis was zu trinken. Bevor ich die Tasse greifen kann, kommt James ins Zimmer. Er muss gesehen haben, dass ich nach der Tasse greifen will und nimmt diese an sich. Vorsichtig setzt er sich an den Bettrand, stützt meinen Kopf und hält die Tasse an meinem Mund. Drei Schlucke kann ich trinken bis er mir die Tasse wieder weg nimmt und auf den Nachttisch stellt. Fragend sehe ich ihn an.

„Du solltest es nicht überstürzen. Nicht das du dich wieder übergeben musst. Es ist besser du schläfst etwas. Ich bin nebenan, wenn was sein sollte.“ James steht auf und geht aus dem Zimmer, ohne noch ein Wort zu sagen. Ich glaube er ist wütend auf mich, weil ich seinen Hund in Gefahr gebracht habe, weil ich unbedacht gehandelt habe. Ich kenne mich in den Wäldern hier nicht aus und ich weiß nicht mal annähernd was für Gefahren hier lauern. Ich bin einen Abhang hinunter gestürzt, weil ich nicht aufgepasst habe und nun liege ich mit einer Gehirnerschütterung und Prellungen im Bett und er muss sich um mich kümmern. Das alles wollte ich nicht.

 

Tränen laufen mir die Wange entlang. Leise schluchze ich vor mich hin. Mit einem Satz springt Texas auf mein Bett und legt sich an mich heran. Leise weinend kuschle ich mich an ihn heran und schlafe ein.

Drei Tage

 

Die Sonne scheint in mein Zimmer als ich erwache. Texas liegt immer noch neben mir und schläft. Aus der Küche sind leise Geräusche zu hören. Geschirr klappert. Ein Stuhl wird verrückt. Mein Kopf dröhnt und nun merke ich auch wie meine Rippen und mein linker Fuß schmerzt. Ich muss stöhnen vor Schmerz. Blinzelnd sieht mich Texas an. Sein Schwanz wedelt verhaltend. Wieder dringen Geräusche aus der Küche zu mir. Kurze Zeit später steht James mit einem Teller und einer Tasse in der Tür. Er deutet mit dem Kopf, dass Texas vom Bett runter gehen soll. Pflichtbewusst macht er das. James kommt näher an das Bett und stellt den Teller und die Tasse auf den Nachttisch. Ohne ein Wort zu sagen verlässt er das Zimmer. Ich schaue auf den Teller, er hat mir zwei Scheiben Toast mit Butter und etwas Rührei gemacht. In der Tasse ist Kamillentee. Meine Nase verziehe ich bei dem Geruch des Tees. Ich mag keinen Kamillentee. Der erinnert mich an meine Kindheit. Meine Mum hat mir immer Kamillentee vorgesetzt, wenn ich krank war.

 

Vorsichtig steige ich aus dem Bett. Überrascht, dass es gerade so einfach geht, ohne dass es mir übel wird, gehe ich zur Tür. Kurz halte ich inne. Einen Moment lang ist mir schwindelig und ich halte mich am Türrahmen fest. Da sich alles wieder normalisiert hat, betrete ich die Küche. James Blick ruht auf mir, als er mich erblickt hat. Schweigend sehen wir uns an. Keiner sagt auch nur einen Ton. Die Luft ist zum zerreißen gespannt. James Augen werden zu Schlitzen. Bevor er etwas sagen kann, sage ich schnell, „Ich möchte duschen.“ James schüttelt den Kopf. Will er mir jetzt tatsächlich das duschen verbieten. Stur bleibe ich stehen. Auch wenn die Schmerzen in meinem linken Fuß mittlerweile unerträglich werden. Ich halte seinem Blick stand. Plötzlich springt er auf, er muss meinen schmerzverzerrten Blick gesehen haben, kommt zu mir hebt mich hoch und bringt mich wieder in mein Bett. Er deutet mir, dass ich liegen bleiben soll und geht wieder aus dem Zimmer.

 

Fünf Minuten später kommt er wieder und hebt mich hoch. Er trägt mich aus meinem Zimmer, bringt mich ins Bad und setzt mich behutsam auf den Klodeckel. Vorsichtig zieht er mein Shirt aus. Nackt sitze ich vor ihm. Es ist mir unangenehm so vor ihm zu sitzen. Ich versuche meine Nacktheit zu bedecken. Leicht lächelt er. Es scheint ihn zu amüsieren, was ich tu. Behutsam hebt er mich wieder hoch und lässt mich in das warme Wasser in der Wanne gleiten. Leicht schwappt das Wasser aus der Wanne, als ich den Boden der Wanne erreiche. Das warme Wasser umhüllt mich und der Schaum auf dem Wasser bedeckt meinen nackten Körper. Tief ein und ausatmend sinke ich noch weiter ins Wasser hinein. Meine Haare und der Verband um meinen Kopf werden nass. James greift zu einer Schere die auf dem Waschbecken liegt und schneidet sacht den Verband von meinem Kopf. Langsam hebe ich die Hand in Richtung Kopf. Ich möchte die Stelle an die ich mich gestoßen habe berühren, doch bevor ich soweit komme, hält James meine Hand fest und schüttelt den Kopf. Seufzend lasse ich meine Hand wieder zurück ins Wasser gleiten. James greift zu einem Becher und schöpft Wasser hinein. Mit seiner anderen Hand hält er meinen Nacken und deutet mir, dass ich den Kopf nach hinten halten soll.

 

Das Wasser aus dem Becher durchnässt meine Haare vollends. Mit der Hand, die James in meinen Nacken gelegt hat, richtet er mich zum sitzen auf. Ein eigenartiges Geräusch kommt aus der Tube, die er vom Wannenrand gegriffen hat und über meinen Kopf hält. Mit kreisenden Bewegungen schäumt er meine Haare ein. Ich schließe meine Augen und genieße die sanften Bewegungen die er auf meinem Kopf vollführt. Er ist so sanft und einfühlsam. Kurz bevor ich komplett entspanne hört er auf, legt seine Hand wieder in meinen Nacken. Ich lasse meinen Körper sinken und kurz darauf spült James meine Haare aus. Mein Kopf ruht auf den Wannenrand, meine Augen halte ich geschlossen. James scheint sich das Duschbad genommen zu haben und seift mein rechtes Bein langsam ein. Die Ameisen in meinem Bauch scheinen schon wieder Samba zu tanzen. Mein ganzer Körper kribbelt. Nun nimmt James mein linkes Bein. Seine Hand berührt meinen Fuß. Schmerz sieht durch ihn hindurch bei der Berührung. Ich verziehe mein Gesicht. Mit Bedacht seift er auch dieses Bein ab. Das ganze macht er auch mit meinen Armen. Als seine Hände meinen Oberkörper berühren fahren die Ameisen Loopings. Mir wird übel. Seine Hände streichen zärtlich über meine Brust. Meine Brustwarzen richten sich auf und ich muss mir ein leises Stöhnen verkneifen. Ganz schnell wandern seine Hände zu meinen Bauch hinunter und die Ameisen in mir scheinen Bungeespringen zu vollziehen. Ich hoffe inständig, dass er meinen Intimbereich auslässt, sonst weiß ich nicht, was er mit dieser Berührung auslöst. Zum Glück hat er das auch gemacht. Seine Arme umschlingen mich und heben mich hoch, wieder auf den Toilettensitz. Tupfend trocknet er meine nackte Haut ab. Mittlerweile ist es mir egal, dass er mich nackt sieht. Mein Schamgefühl ist nach dem Bad weg. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich während der ganzen Prozedur die Augen geschlossen habe. Mit einem Ruck merke ich, dass er mich wieder aufhebt. Seine Arme sind angespannt, als ich den Kopf dagegen lege. Meine nassen Haare kleben an meinem Körper und streicheln mich sanft. Ganz langsam legt James mich auf mein Bett, geht zum Schrank und holt ein frisches Shirt heraus. Mit diesem kommt er zu mir und hilft mir beim Anziehen. Aus meiner Nachttischschublade holt er neues Verbandsmaterial heraus und verbindet meinen Kopf erneut. Ich wusste gar nicht, dass ich dort so was habe, aber vielleicht hat es ja Brad oder James deponiert. Langsam lege ich meinen Kopf auf das Kissen. Kurz bevor ich einschlafe merke ich wie James den Teller vom Nachttisch nimmt und das Zimmer verlässt.

 

Wann ich wieder aufgewacht bin, weiß ich nicht. Es scheint schon zu dämmern. Ich höre wie sich welche im Nebenraum unterhalten und ich belausche sie.

„Es geht ihr den Umständen entsprechend. Sie ist aus vier Meter Höhe gefallen. Sie hat einen Schutzengel gehabt.“ Das war James der das gesagt hat. Seine Stimme habe ich sofort erkannt. Sie klang verletzt und auch etwas sauer.

„Will hat heute angerufen. Lena scheint ihn schon eine Weile nicht angerufen zu haben. Er macht sich Sorgen.“ Das war die Stimme von Sam. Auch diese erkannte ich sofort.

„Man was soll ich tun. Ich bin doch kein verfluchter Babysitter. Auch ich muss arbeiten. Ich konnte doch nicht wissen, dass sie auf einmal klettern geht. Sie wollte doch nur die Gegend erkunden.“ James Stimme klang wütend.

„Das ist mir schon klar,“ gab jetzt Sam zurück, „aber du weißt, dass sie sich hier null auskennt. Du musst besser auf sie aufpassen. Dann sag das nächste mal deinen Job ab. Zumindest so lange wie sie noch hier ist. Oder warte bis Will hier ist. Er kommt in den nächsten Tagen, dann kannst du unbesorgt wieder arbeiten.“

 

Dieses Gespräch trifft mich hart. James hielt sich also für meinen Babysitter. Bestimmt hat Will ihn darum gebeten auf mich aufzupassen, weil ich mich hier nicht auskenne. Wutentbrannt stehe ich auf. Der Schmerz in meinem Bein und Kopf ist mir egal, ich will ihm einfach nur die Meinung geigen. Die Ameisen in meinem Bauch fühlen sich an wie ein Ball der schwer hin und her rollt. Am Türrahmen bleibe ich stehen und reiße die Tür auf.

„Ich brauche keinen verfluchten Babysitter.“ schreie ich laut. Sam und James drehen sich erschrocken zu mir um.

„Von mir aus geh arbeiten, ich komm alleine gut klar. Ich hatte nur einen verdammten Unfall. Das lag aber nicht daran das du nicht da warst, sondern weil ich nicht aufgepasst habe. Das kann doch mal passieren. Ich bin kein kleines Kind mehr.“ Wutentbrannt knalle ich die Tür zu. Mein Puls rast. Es dauert eine Weile bis ich mich wieder beruhigt habe und ins Bett gehe. Mein Fuß schmerzt unentwegt und in meinem Kopf pulsiert es. Mein Bett gibt unter dem Gewicht von Texas nach, der darauf gesprungen ist und sich nun neben mich gelegt hat. Mittlerweile bemerke ich, dass Tränen meine Wangen hinunter laufen. Leise klopft es an meine Tür.

„Lass mich in Ruhe.“ schreie ich. „Von mir aus kannst du ganz gehen. Ich brauche dich nicht.“ ergänze ich noch. Weinend versenke ich mein Gesicht in das Fell von Texas und schlafe wieder ein.

 

Es ist noch dunkel als ich wieder erwache. Texas hat sich die ganze Zeit nicht vom Fleck gerührt. Um ihn nicht zu wecken, gleite ich auf die andere Seite des Bettes und steige hinaus. Mein Kopf brummt nicht mehr so wild wie am Tag zuvor. Nur mein Fuß schmerzt unaufhörlich. Langsam schleiche ich Richtung Tür. Vorsichtig öffne ich sie und lausche ins dunkel. Ein leises Atmen ist zu hören. James scheint nicht gegangen zu sein, sondern schläft auf der Couch. Erleichtert atme ich auf. Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass er verschwunden ist, nach meiner Ansage. Aber das ist er nicht. Er ist geblieben und schläft. Ganz langsam gehe ich zum Kleiderschrank und zieh mir eine Jogginghose über und nehme mir eine weiche Decke mit. Texas ist erwacht und schaut mich misstrauisch an.

„Ich will doch nur an die frische Luft.“ sage ich ganz leise und gehe aus meinem Zimmer. Ich schleiche hinter der Couch vorbei in Richtung Tür. Texas steht neben mir und winselt leicht. Ich lege meinen Zeigefinger auf die Lippen um ihm zu zeigen das er still sein soll. Vorsichtig öffne ich die Tür einen Spalt breit um hinaus zu schlüpfen. Texas folgt mir.

 

Ich mache es mir auf dem Schaukelstuhl bequem und hülle mich in die dünne weiche Decke ein. Texas rollt sich vor meinen Füßen zusammen. Die Nacht ist klar und die Sterne funkeln im Mondschein. Der Himmel spiegelt sich im See wieder. Das Bild bricht ab und zu, wenn ein Fisch an die Oberfläche kommt. Auch wenn es noch ziemlich kalt ist, fühle ich mich wohl. Langsam fallen mir die Augen zu.

 

„Hier bist du ja.“ James aufgebrachte Worte reißen mich aus dem Schlaf. Verschlafen blinzele ich ihn an. Mittlerweile ist es hell. Meine Augen haben mühe sich offen zu halten. Bevor ich antworten kann, hebt mich James hoch und bringt mich zurück in mein Zimmer. Er legt mich ins Bett und deckt mich zu. Meine Augen schließe ich und dreh mich auf die Seite. Ich glaube das er den Raum verlässt. Das Bett gibt wieder durch ein Gewicht nah und auf einmal spüre ich, dass ein Körper neben mir liegt.

„Was machst du?“ frage ich erstaunt, ohne mich umzudrehen.

„Du bist eiskalt. Ich wärme dich, bevor du noch eine Erkältung bekommst. Wie lange warst du da draußen?“ fragt er mich. Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß es tatsächlich nicht. Aber er hat recht. Mir ist hundekalt und so schmiege ich mich an seinen warmen Körper. Erst jetzt bemerke ich, dass er nur Shorts trägt und die Ameisen in meinem Bauch fahren Achterbahn.

„Es tut mir leid.“ sage ich ganz leise. Fast unhörbar. James streichelt meinen Kopf und sagt, „Ich hab mir solche Sorgen gemacht.“ Ein Klos hängt in meinem Hals bei diesen Worten.

„Als ich dich da liegen gesehen habe,“ fährt er fort, „so regungslos. Mit der Kopfwunde. Ich hab gedacht das du tot bist. Als ich heim kam und du warst nicht im Haus habe ich mir Sorgen gemacht und bin dich suchen gegangen. Es wurde ja auch schon dunkel. Auf einmal kam Texas mir entgegen. Ganz aufgeregt. Er hat immer gebellt und ließ sich nicht beruhigen. Und da ich dich nicht gesehen habe, obwohl er nie weit von einem entfernt läuft, wusste ich, es musste was passiert sein. Ich rannte hinter Texas her. Ewig lange. Und dann sah ich dich. Am Boden liegen. Regungslos. Ich hab versucht dich zu wecken, aber du hast dich nicht bewegt.“ Er atmet tief durch. „Ich hab dich hierher gebracht und bin dann in die Stadt gefahren. Brad war bei meinen Eltern zu Besuch, das wusste ich. Ich bin ins Haus gestürzt. Habe irgendwas von einem Unfall gefaselt und bin wieder losgerast. Ich wollte dich nicht so lange allein lassen. Brad ist mir hinterher gefahren und hat dich dann untersucht. Als er mir sagte das du nur bewusstlos bist, habe ich aufgeschrien vor Glück...“ Seine Stimme bricht ab und ich drehe mich zu ihm und schaue in seine blauen Augen. Sie waren schmerzerfüllt. Unsere Gesichter sind ganz nah aneinander. Ich spüre seinen schnellen Atem auf meinem Gesicht. Unsicher lege ich meine Hand auf seine Schulter und streichle ihn.

„Es tut mir leid,“ flüstere ich wieder. Ganz schnell dreht er mich auf den Rücken und legt sich auf mich.

„Tu das nie wieder. Jage mir nie wieder so einen Schrecken ein.“ sagt er wütend. Ein Schauer läuft mir über die Haut. Ängstlich sehe ich ihn an und er sagt weiter,

„Ich habe gedacht, ich habe dich verloren. Für Immer.“ Noch bevor ich realisiere was er gerade gesagt hat, küsst er mich. Ganz sanft aber doch fordernd. Meine Haut bebt, in meinem Bauch veranstalten die Ameisen eine riesige Party. Mein Kopf ist leer. Seine Lippen werden immer fordernder. Ich gebe ihm nach und erwidre seinen Kuss, der immer mehr und mehr fordert. Seine Zunge bittet um Einlass und ich gewähre sie ihm. Unsere Zungen tanzen gemeinsam einen Walzer. Immer im Takt. Meine Haut fängt an zu prickeln. Seine Hand fährt unter mein Shirt hinauf zu meinen Brüsten und ich kann nicht anders als ein leises Stöhnen von mir zu geben. Kurz lösen sich unsere Lippen von einander, während er mein Shirt mir vorsichtig über den Kopf streift. Wieder begegnen sich´unsere Lippen. Gierig und voller Lust auf einander. Seine Hände kneten sanft meine Brüste. Meine Nippel stellen sich auf und recken sich ihm entgegen. Seine Lippen lösen sich von meinen, wandern an meinem Hals entlang, Richtung Brustwarzen. Leicht beißt er in eine hinein. Ich muss aufstöhnen. Seine Berührungen bringen ein Feuer in mir zum lodern, was ich schon lange nicht mehr gespürt habe. Mit jeder Berührung seiner Lippen auf meiner Brust kralle ich mich immer tiefer ins seine Schultern. Mir ist heiß. Ich drohe zu explodieren. Seine Zunge umkreist erst die eine und dann die andere Brustwarze. Leicht pustet er über die feuchten Stellen. Meine Nippel werden noch härter. Er wandert küssend weiter an mir runter. Seine Finger spielen mit meinen harten Nippeln. Dann lässt er von ihnen ab und streicheln meine Seiten bis zum Hosenbund. Schlingen sich um diesen und ziehen ihn hinunter. Seine Lippen folgen ihn. Er küsst und leckt mein rechtes Bein, bis mein Hose abgestreift ist. Dann wandert er wieder hinauf. Seine Zunge bahnt sich ihren Weg in meine Spalte. Ich stöhne laut auf und drücke mich dagegen. Seine Zunge umkreist meinen Kitzler. Erst langsam und sanft. Dann immer schneller und fordernder. Ich kann nicht an mich halten, werde immer feuchter und erregter. In mir kocht ein Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann. Als ahnt er das, was in mir vorgeht, schiebt er einen seinen Finger in mich. Kurz halte ich den Atem an. Ich ringe mit mir, mich ganz fallen zu lassen. Meine Kontrolle abzugeben. Immer wieder gleitet er mit seinem Finger hinein und wieder hinaus. Ein weiterer Finger bahnt sich in meine feuchte Mitte. Er weitet mich. Hinein und wieder hinaus. Sein Mund saugt fordernd an meinem Kitzler. Der Vulkan in mir explodiert und speit ohne Unterlass. Mein Orgasmus ist so heftig, dass ich laut vor Lust aufschreie, bis das Gefühl abebbt. Mit leichten Küssen wandern James meinen Körper entlang. Saugt an meinen Brüsten und küsst mich dann voller Gier. Er legt sich auf mich. Er ist nackt. Ich habe nicht mitbekommen, das er seine Shorts abgelegt hat. Während er mich weiter gierig küsst, spreize ich meine Beine und gewähre seinem harten Penis Einlass. Ich bin immer noch ganz feucht und wünsche mir das er mich nicht weiter zappeln lässt. Als scheint er meine Gedanken lesen zu können, dringt er langsam in mich hinein. Kurz halte ich den Atem an. Er füllt mich komplett aus, weitet mich noch ein Stück. Schiebt sich ganz in mich hinein. Und verweilt eine ganze Weile. Seine Lippen lösen sich von den meinen. Er schaut mich mit verschleierten Augen an. Es scheint als wenn er auf ein Zeichen von mir wartet. Meinen Beine schlinge ich um seine Hüfte und drücke ihn ein Stück weiter in mich hinein. Er beginnt sich langsam in mir zu bewegen. Ganz behutsam. Meine Hände greifen nach seiner Hüfte. Stoßen ihn weg und wieder ran. James lächelt mich an. Es scheint, als hätte er nur auf dieses Zeichen gewartet. Er nimmt meine Beine, legt sie an seine Brust und hält sie fest. Seine Hüften kreisen. Dann stößt er in mich hinein und ich fühle wieder, das der Vulkan droht zu explodieren. Immer schneller und fester stößt James zu. Keuchend kralle ich mich in seinen Arme. Es dauert nicht mehr lange, bis ich wieder komme. James scheint das zu merken und verstärkt sein Tempo erneut. Mein Kopf dreht sich unaufhörlich hin und her. Mein Inneres brennt und mit einem Stoß komme ich laut stöhnend. James folgt mir nur Sekunden später. Er legt sich behutsam auf mich und küsst mich voller Inbrunst.

„Jetzt ist mir warm.“ gebe ich lachend von mir. James legt sich neben mich und ich kuschle mich an seine weiche Brust. Seine Hände streicheln mich. Unter diesen Berührungen schlafe ich ein.

 

Es dämmert schon, als ich wieder erwache. Das Bett neben mir ist leer. Auch Texas liegt nicht wie gewohnt neben oder unter mir. Durch den Türspalt kommt leichtes warmes Licht. Ich ziehe mir ein frisches Shirt an und wickle mich in eine dünne Decke. Mein Fuß schmerzt etwas und ich laufe vorsichtig aus meinem Zimmer. James hat den Kamin angezündet und sich auf der Couch bequem gemacht. Ohne sich umzudrehen sagt er, „Du sollst doch im Bett bleiben.“ Diese Worte klangen kühl und irritieren mich. So als hätte es das vom Vormittag nie gegeben. Ich gebe zaghaft weiter auf die Couch zu und sehe James an. Er schaut nicht zu mir auf. Unschlüssig bleibe ich vor ihm stehen. Er sieht so anders aus. Sein Blick ist auf den Kamin an mir vorbei gerichtet. Ich kann ihn nicht deuten. Traurig gehe ich in die Küche. Stelle den Topf mit Wasser an und hänge einen Teebeutel in eine Tasse. Noch bevor das Wasser anfängt mit kochen, werde ich mit einem Mal hochgehoben und in mein Zimmer getragen.

„Du sollst im Bett bleiben. Ich bring dir deinen Tee.“ James Worte klangen kalt. Aus Wut schmeiße ich mein Kissen nach ihm, verfehle ihn jedoch. Kurze Zeit später kommt er mit meinem Tee wieder. Als er das Kissen sieht hebt er eine Augenbraue und ich muss lachen.

„Verfehlt.“ gebe ich von mir. James hebt das Kissen auf. Er bringt es mir und stellt den Tee auf den Nachttisch ab. Erst macht er Anstalten zu gehen, doch dann setzt er sich zu mir aufs Bett. Seine blauen Augen mustern mich. Sie sind geheimnisvoll.

„Wie geht es deinem Kopf?“ fragt er mich sanft. Total verwirrt schaue ich ihn an und zucke mit den Schultern.

„Trink deinen Tee. Damit du wenigstens was zu dir nimmst.“ Er steht auf und geht. Keine fünf Minuten bleibe ich im Bett liegen. Der Tee ist mir egal. Ich will wissen was mit James los ist. Diesmal gehe ich nur in meinem Shirt ins Wohnzimmer. Mache nicht eher halt bevor ich bei ihm bin und funkle ihn mit meinem Augen an. Sein Blick wandert langsam von meinen Beinen zu meinem Bauch über meine Brust zu meinem Gesicht. Fragend sieht er mich an.

„Kannst du mir mal erklären, was mit dir los ist?“ frage ich wütend. Ohne eine Antwort abzuwarten keife ich weiter, „Heute Morgen sagst du mir, dass du Angst hattest mich verloren zu haben. Dann fickst du mich und dann kaum ein paar Stunden später bin ich nur noch die Person auf die du aufpassen sollst. Glaubst du ich bin dein Spielzeug? Glaubst du man kann mich einfach vögeln und dann behandeln als wäre ich ein alter Hut.“ Wutentbrannt sehe ich ihn an, verschränke meine Arme vor meiner Brust. Blitzschnell springt er auf und stellt sich vor mich. Um Abstand zwischen uns zu bringen, trete ich ein Stück zurück. Sein Blick ruht auf mir.

„Du glaubst, ich spiele mit dir.“ sagt er zornig. „Glaubst du ernsthaft das ich mit jemanden einfach so in die Kiste springe?“ Ich zucke mit den Schultern. Keine Ahnung was ich denke. In meinem Kopf hämmert es wie wild. Ich muss mich an etwas festhalten sonst breche ich vor Schmerz zusammen. James scheint es gesehen zu haben und eilt zu mir um mich zu stützen. Er hebt mich hoch und legt mich auf die Couch. Eine Decke legt er mir über, dann geht er in die Küche und holt ein Glas Wasser.

„Hier nimm, Brad hat die für den Notfall da gelassen.“ Er reicht mir eine Tablette und das Wasser. Schnell nehme ich sie ein und lege mich hin. James setzt sich auf den Fußboden und streichelt mir den Kopf.

„Lena, glaube mir bitte,“ sagt er jetzt ganz sanft. „ich spiele nicht mit dir. Ich hab mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Die mache ich mir noch immer.“ Laut seufzt er. „Das heute Morgen. Man ich weiß doch auch nicht. Ich habe es genossen mit dir zusammen zu sein. Dich in meinen Armen zu halten. Dich zu küssen und zu lieben. Aber ich habe Angst, dass du noch nicht so weit bist. Ich habe dich zu etwas gedrängt ohne zu fragen, ob du das wirklich möchtest. Heute Morgen hat es sich so gut angefühlt und als ich aufgestanden bin und du so friedlich geschlafen hast, hab ich Gewissensbisse bekommen. Ich wollte dich nicht ausnutzen.“ Erschrocken sehe ihn an. Er glaubt das er mich zu etwas gedrängt hat und deshalb ist er jetzt so zu mir.

„Du hast mich doch zu nichts gedrängt. Ich wollte das auch.“ sage ich ihm und streichle seine Wange. Seine Augen sehen direkt in meine.

„Du meinst, du wolltest es genauso wie ich.“ Es war nur ein Flüstern, aber ich habe es gehört und nicke. Um es noch mehr zu verdeutlichen, strecke ich mich ihm entgegen und küsse ihn liebevoll. James kommt näher zu mir und erwidert leidenschaftlich meinen Kuss. Ich gebe mich ihm ganz hin. Zeige ihm das ich das was passiert genauso möchte wie er.

 

Ganz außer Atem lösen sich unsere Lippen von einander. James steht auf und hebt mich hoch. Wieder einmal trägt er mich in mein Zimmer und bringt mich ins Bett. Die Tablette wirkt endlich und ich hab mal keine Schmerzen. Traurig lege ich mich auf die Seite, so das ich James nicht sehen kann. Wider erwartend legt er sich zu mir und kuschelt sich an mich. Seine Hand streichelt meinen Arm. Leise lächle ich.

„Gib zu, du hast geglaubt, dass ich aus dem Zimmer gehe.“ sagt er leise und ich nicke. Vorsichtig dreht er mich zu sich.

„Ich verspreche dir, ich werde nichts tun, was du nicht auch möchtest.“ Liebevoll streicht er über mein Gesicht. „Du bist was besonderes. Schon als ich dich das erste Mal gesehen habe, wollte ich mehr von dir wissen. Wollte dir unbedingt näher kommen. Dein Unfall war ein Schock für mich. Ich dachte ich hätte dich verloren, noch bevor ich dich in meinen Armen halten konnte.“ Er bricht ab und atmet tief durch.

 

Ich musste nachdenken, über die Worte die James mir gerade sagte. Hat er mir gerade ernsthaft gesagt, dass er mir näher kommen wollte? Wollte er mir eben gestehen, dass er sich in mich verliebt hat? Ich schüttle den Kopf. Das kann nicht sein. Aber warum eigentlich nicht. Warum sollte er sich nicht in mich verliebt haben? Kann es sein, dass ich mich auch drauf und dran in ihn verliebe? Wenn nicht, warum habe ich ihm dann so eine Szene gemacht, als er so kühl zu mir war? Meine Gefühle fahren mit den Ameisen in meinem Bauch Achterbahn. Es fühlt sich so gut an, neben James zu liegen. Seinen Atem und seine Wärme zu spüren. Es kann nichts verkehrt daran sein. Tief atme ich seinen Geruch ein und kuschle mich an ihn. Seine Hände streicheln mich und begleiten mich in meinen Schlaf.

 

„Hey Lena. Wo steckst du? Schläfst du etwa noch?“ Nur langsam dringen diese Worte in meinen Kopf. Die Stimme kommt mir bekannt vor. Es ist die von Will. Will ist hier. Kommt es ruckartig in meinem Kopf. Schnell öffne ich die Augen. James liegt immer noch neben mir und schläft. Wieder ruft Will etwas. Diesmal näher. Noch bevor ich aufstehen kann springt meine Tür auf und Will bleibt mir offenem Mund stehen.

„Das glaub ich jetzt nicht...“ Mit einem „PSST“ bringe ich Will zum Schweigen und deute ihm raus zu gehen. Schnell schaue ich noch zu James, der schläft immer noch den Schlaf des Gerechten. Langsam und mit Bedacht humple ich aus meinem Zimmer und schließe die Tür leise hinter mir. Will sitzt am Küchentisch und hippelt herum. Lächelnd gehe ich zum Herd. Erst einen Kaffee, bevor ich Will alles erzähle. Bei seinen Fragen muss ich fit im Kopf sein. Und Kaffee hatte ich schon die letzten Tage keinen. Ich spürte das Will mich mit Blicken durchlöchert, doch möchte ich ihn noch etwas zappeln lassen, bevor ich ihm alles gestehe. Nachdem ich den Kaffee durch den Filter laufen lassen habe, gehe ich mit zwei Tassen voll zu Will und stell ihm eine hin. Langsam ziehe ich einen Stuhl vom Tisch und setze mich hin. Belustigt sehe ich Will an, der kaum noch an sich halten kann vor Neugier.

„Jetzt spann mich nicht länger auf die Folter...“ Will brach seinen Satz ab, denn gerade kam James nur in Shorts auf uns zu. Lächelnd sehe ich von Will auf James. Wills Gedanken kann ich sofort lesen. Der Sabber läuft ihm fast aus den Mund. Ich stoße ihn an damit er den Mund wieder zu macht.

„Na Kleines, hast du gut geschlafen?“ fragt mich James und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Lächelnd sehe ich zu Will rüber. Sein Mund steht immer noch oder schon wieder weit offen. Ich wende mich zu James und sage „Wasser ist noch heiß.“ James nickt lächelnd und schaut zu Will. Erst jetzt scheint er zu merken, dass er mit weit offenem Mund dasitzt.

„Schatz,“ sage ich locker, „Kannst du dir bitte etwas überziehen? Nicht das du Will noch mehr in Verlegenheit bringst. Ich mach dir auch deinen Kaffee.“ Lächelnd sieht mich James an als ich zu ihm in die Küche komme.

„Aber du darfst hier halb nackt rumlaufen.“ flüstert er in mein Ohr.

„Ich brauch vor Will keine Angst haben. Er kennt mich sogar nackt.“ flüstere ich zurück.

„Wer redet hier denn von Will. Ich bin auch nur ein Mann und wenn du dir nicht bald was überziehst, nehme ich dich gleich hier auf der Küchentheke, ohne Rücksicht auf Will.“ Mit einem Kuss auf die Wange und einem Klaps auf dem Po verschwindet James in meinem Zimmer. Lachend stelle ich die dritte Tasse auf den Küchentisch und setze mich wieder.

 

Will scheint sich etwas gefangen zu haben und schaut mich fragend an. Noch bevor er seine Frage stellen kann, kommt James wieder und setzt sich zu uns. Laut stöhnend lässt Will die Schultern fallen. Ich lache laut los bei dem Anblick. Skeptisch schauen mich beide an.

„Schaut nicht so. Es schon urkomisch. Will hat jetzt dreimal versucht mich zu fragen, was zwischen uns beiden eigentlich läuft. Und dreimal bist du dazwischen gekommen. Na gut zweimal. Das eine Mal hast du noch geschlafen.“ sage ich zu James. Jetzt lacht auch James.

„Also schön, wenn es dich so sehr interessiert Will,“ sagt nun James, „Lena und ich sind uns näher gekommen und wir sind auch schon gemeinsam in die Kiste gesprungen. Und bevor du fragst. Es war atemberaubend prickelnd. Und es ist gestern passiert. Hab ich noch etwas vergessen?“ fragend schaut mich James an. Ich spüre wie mein Gesicht rot anläuft. Schnell trinke ich einen großen Schluck Kaffee. Will sitzt immer noch sprachlos da. Ich wedle mit meiner Hand vor seinem Gesicht. Er blinzelt und schüttelt sich rasch.

„Bin wieder da.“ sagt er rasch. „Mein Gott. Da lass ich dich mal für ein paar Tage aus den Augen und schon fällst du von einer Klippe und nagelst den Junggesellen Nummer eins von Squanish.“ Jetzt bin ich diejenige die ungläubig schaut.

 

James soll der Junggeselle Nummer eins sein. Das kann ich mir nicht vorstellen. Gestern war er so ein fantastischer Liebhaber. Er muss schon Erfahrungen haben, sonst wäre das nie so wundervoll gewesen. Vielleicht lässt er nur alle in dem Glauben, dass er unschuldig ist. Und auf seinen Reisen legt er eine nach der anderen flach. Schnell wische ich den Gedanken beiseite und widme mich wieder meinem Freund.

„Wo hast du eigentlich Sid gelassen?“ frage ich Will neugierig.

„Der ist noch in der Stadt was erledigen. Ich hol ihn nachher von Sam und Agnes ab. Du kannst ja mitkommen, wenn du magst.“ Gerade als ich zustimmen will, ergreift James das Wort, „Das geht nicht. Brad hat ihr drei Tage Bettruhe verschrieben und die sind noch nicht um. Eigentlich dürfte sie auch nicht hier sitzen. Aber noch mehr Ausnahmen dulde ich nicht.“ Wütend sehe ich James an. Wieder bevormundet er mich. Rasch stehe ich auf, ohne an meinen Fuß zu denken und schon jaule ich auf. Wie tausend Messerstiche durchzieht mich der Schmerz. James springt auf und will mir zu Hilfe eilen, doch ich schlage seine Hand weg und humple ins Bad. Wütend stelle ich mich unter die Dusche. Das heiße Wasser läuft meinen Körper hinunter und erwärmt diesen. Minutenlang bleibe ich einfach so stehen und genieße das heiße Wasser.

 

Ein Arm legt sich um meine Taille und Lippen küssen meinen Nacken. Zwischen den Küssen sagt James, „Es tut mir leid Liebes. Ich wollte dich nicht bevormunden. Ich wollte dich nur einfach noch eine Weile nur für mich, bevor Will und Sid dich vollends in Beschlag nehmen.“ Seine Lippen gleiten an meinem Hals entlang. Als er mein Ohr zwischen sie nimmt und leicht daran saugt schließe ich die Augen und gebe ein wohliges stöhnen von mir. James Hände streicheln meine Seiten und wandern hinauf zu meinen Brüsten. Seine Fingerspitzen berühren meine Nippel, die sich bei der Berührung sofort aufrichten. Meinen Kopf schmeiße ich nach hinten an James Schulter. Meine Brüste strecke ich hinaus. Immer wieder zwirbelt James an meinen Nippeln, so das sie immer härter werden. Sein Mund gleitet an meinem Hals entlang knabbern leicht an ihm. Meinen Hintern presse ich an ihn und merke wie erregt er ist. Sein Penis ist groß und hart. Leise stöhne ich bei der Berührung auf. Mein Inneres zieht sich wohlig zusammen. Ich merke wie feucht ich bin. James schlingt einen Arm um meine Hüfte und streicht mit der anderen Hand in meine Spalte. Er massiert mit kreisenden Bewegungen meinen Kitzler. Seine Berührung lassen mich aufstöhnen. Mein Atem geht immer schneller. Meinen Hintern presse ich weiter an sein Geschlecht um ihm zu zeigen, dass ich mir wünsche, dass er in mich eindringt. Er scheint meine Gedanken zu lesen. Er nimmt seinen Penis und führt in zärtlich in mich hinein. Als er ihn ganz in mich versunken hat, hält er kurz inne. Seine Finger umkreisen weiter meinen Kitzler. Sein Penis fühlt sich gut an und ich fange an mich im Takt zu seinen kreisenden Finger zu bewegen. Mit jeder Bewegung die er macht, brodelt der Vulkan in mir immer heftiger. Droht auszubrechen. Ich halte mich an James Nacken fest und drücke meinen Kopf gegen seine Schulter. Seine Bewegungen werden immer schneller und ruckartiger. Er stößt mich immer weiter hinauf zum Ausbruch. Nicht mehr lange und ich lasse mich fallen in seine Arme. Schreiend explodiere ich in James Armen und er folgt mir daraufhin.

 

Mein Orgasmus war so heftig, dass ich drohe auf den Boden der Dusche zu fallen. James fängt mich auf und lässt mich sachte sinken. Ungefähr fünf Minuten sitzen wir so da und lassen das Wasser auf unsere Körper rieseln. Ich fühle mich so ausgelaugt von meinem Orgasmus, dass ich kaum die Augen offen halten kann. James scheint das bemerkt zu haben und dreht das Wasser ab. Behutsam hüllt er mich in ein Handtuch und trägt mich in mein Zimmer. Das er mir ein Shirt überzieht bekomme ich nur am Rande mit. Meine Lider sind so schwer, dass ich sie nicht mehr offen halten kann. Ich merke nur, wie James sich hinter mich legt, dann schlafe ich auch schon ein.

Zärtliches Streicheln holten mich aus meinem Traum. Mehrfach muss ich blinzeln, bevor ich erkenne, dass Sid vor mir steht und mir liebevoll die Wange streichelt. Ich lächle und umarme ihn fest. Ich freue mich ihn zu sehen.

„Wir haben James dazu überreden können, dass du nicht im Bett bleiben musst. Mein Gott, das ist ein ganz schön zäher Hund.“ sagt Sid schmunzeln. Er reicht mir ein paar Sachen zum anziehen und hilft mir dabei diese überzuziehen. Dann hebt er mich hoch. Fragend sehe ich ihn an.

„Jetzt schau nicht so,“ sagt er rasch, als er meinen Blick sieht, „das ist einer der Kompromisse die wir mir James eingehen mussten. Du darfst keinen Schritt laufen.“ Sid lächelt und trägt mich nach draußen. Er platziert mich in den Schaukelstuhl und legt eine Decke über meine Beine. Ich komme mir vor wie eine alte Frau. Draußen ist es warm. Wir haben Anfang Juni und die Sonne steht hoch am Himmel, ohne eine Wolke. Will James und Texas toben im Wasser. Sid reicht mir ein Glas Wein und fragt mich, „Wie hast du es eigentlich geschafft diesen Adonis zu angeln. Mein lieber Schwan, der ist vielleicht heiß.“ Ich zucke die Schultern und antworte wahrheitsgetreu, „Er hat mich geangelt.“ Lächelnd sehe ich zu Sid, der die Drei beobachtet.

„Wie läuft es eigentlich bei der Zeitung?“ frage ich interessiert.

„Frag lieber nicht, Lena.“ Sid seufzt schwer, „Seitdem du weg bist ist es nicht mehr so schön. Die Leser rennen uns seit deinem letzten Artikel die Bude ein. Sie wollen die Zeitung boykottieren, wenn du nicht wieder anfängst. Paul kommt jeden Tag schlecht gelaunt aus der oberen Etage. Er kämpft hart für dich. Aber die Oben geben nicht klein bei. Immer wieder die gleiche Leier, du bist zu teuer, die Kosten übersteigen die Einnahmen. Selbst als Paul vorgeschlagen hat, dass du die Fotos und die Reportage alleine übernimmst haben die das abgelehnt. Die meinen, Anzeigen bringen mehr Geld, als deine Artikel. Und für Rebecca haben die auch noch keinen Ersatz. Paul meint, wenn er niemanden findet, muss ich das eben nebenbei mit machen.“ Sid atmet tief durch. Ich lege ihm eine Hand auf dem Arm. Er tut mir leid.

 

Die Arbeit von Rebecca möchte keiner gerne machen. Keiner weiß warum sie das so gerne gemacht hat. Soweit wir wissen, hat sie früher einmal selbst Geschichten geschrieben, aber nie eine davon veröffentlicht. Irgendwann hat sie das Schreiben einfach aufgegeben und ist Lektorin geworden. Vielleicht liegt es daran, dass sie so wenigstens ihrer Leidenschaft etwas näher ist.

 

Will kommt auf uns zugerannt. Freudestrahlend schaut er Sid an.

„Kommst du mit ins Wasser. Es ist herrlich.“ Ohne eine Antwort abzuwarten zieht er Sid zum Wasser, der sich mit Händen und Füßen weigert. Am Ende gibt er doch auf und läuft mit zum See. Schmunzelnd schließe ich die Augen und genieße die Sonne. Nach den ganzen Regentagen tut es gut, die Sonne auf der Haut zu spüren. Ich träume vor mich hin und überlege wohin mein Weg mich noch führen wird. Das Kapitel bei der Zeitung ist beendet. Sebastian ist Geschichte. Privat scheint sich eine neue Tür geöffnet zu haben, aber was ist Beruflich? Wird sich da auch eine neue Tür öffnen, oder werde ich reumütig zu meinem Vater ins Hotel gehen, und dort anfangen zu arbeiten? Schnell wische ich den Gedanken beiseite. Ich lebe im hier und jetzt, genieße den Moment. Zumindest rede ich mir das im Augenblick ein.

„Na du Träumerin.“ James schaut mich mit seinen blauen Augen liebevoll an. „Woran hast du gedacht?“ Ich schüttle den Kopf. Meine Ängste und Sorgen will ich nicht mit ihm teilen. Dafür ist der Zeitpunkt noch nicht gekommen.

„Die Jungs wollen Grillen. Was sagst du dazu?“ fragend schaut er mich an.

„Von mir aus gerne. Es ist so schönes Wetter, das sollten wir ausnutzen. Ich kann ja schon mal den Wein holen.“ Noch bevor ich aufstehen kann, drückt James mich wieder in den Schaukelstuhl.

„Nichts da. Du bleibst sitzen. Wir machen das schon.“ Verzweifelt sehe ich mich um. Sid und Will toben noch immer noch mit Texas im Wasser. Von ihnen werde ich keine Hilfe bekommen.

 

James hat den Grill angezündet und kümmert sich liebevoll um den Fisch der da rauf brutzelt. Als Sid und Will sich abgetrocknet haben stellen sie Salat und das Geschirr fürs Essen auf den Tisch. Ich komme mir so nutzlos vor. Keiner von den Dreien lässt mich auch nur ansatzweise helfen. Will hat mir ein Glas Wein in die Hand gedrückt, an dem ich vorsichtig nippe. Der Fisch ist fertig und James verteilt ihn auf unsere Teller während Will den Salat aufteilt. Ich stochere auf meinem Teller herum. Hunger habe ich nicht wirklich. Lieber gönne ich mir den einen oder anderen Schluck Wein. Gerade möchte ich mir mein Glas erneut füllen, doch James nimmt mir die Flasche aus der Hand und stellt sie aus meiner Reichweite hin. Noch bevor ich protestieren kann hebt er seinen Arm und deutet mir, dass er nicht mit mir diskutieren möchte. Seufzend lasse ich die Schultern sinken und stehe auf.

„Wo willst du hin?“ fragt mich James und hält mich am Arm.

„Auf die Toilette. Das wird ja wohl noch erlaubt sein.“ gebe ich wütend von mir. Bevor er aufstehen kann reiße ich mich von ihm los und gehe ganz schnell ins Bad und verschließe die Tür hinter mir, damit keiner reinkommen kann. Traurig setzte ich mich an den Wannenrand und versenke mein Gesicht zwischen den Knien.

 

Keine fünf Minuten später klopft es an der Tür und Will sagt, „Ist alles in Ordnung bei dir? Komm Lena lass mich rein. Seufzend rapple ich mich auf öffne die Tür und setze mich wieder an meinen Platz. Will schließt hinter sich die Tür und setzt sich neben mich.

„Hey Kleines, was ist eigentlich los mit dir?“ Prüfend sieht er mich an. Einen Arm legt er um mich und zieht mich zu sich. Mein Kopf ruht auf seiner Schulter.

„Komm schon. Rede mit mir.“ gibt er liebevoll von sich.

„Ach ich weiß auch nicht, Will.“ schwer seufze ich, „Ich komm mir so nutzlos vor. Nichts darf ich machen. Immer nur im Bett liegen. Mir ist langweilig. Ständig bevormundet er mich. Du weißt wie sehr ich das hasse.“ Wie ein trotziges Kind starre ich an die Wand. Will lacht kurz auf und wird dann etwas ernst.

„Meine Güte Lena. Du hattest einen Unfall. Du warst bewusstlos und hast dir nicht nur ein paar Prellungen sondern auch eine gehörige Gehirnerschütterung zugezogen.“ Will atmet tief ein und redet dann weiter. „Als James mich angerufen hat und mir erzählte das du einen Unfall hattest, klang er verzweifelt. Er hat sich die Schuld daran gegeben, weil er diesen Job angenommen hat, anstatt bei dir zu sein und auf dich aufzupassen. Er konnte ja nicht ahnen, dass du dich als Kletterer versuchst. Er meint es doch nur gut.“

„Wie meinst du das mit dem auf mich aufpassen?“ Wütend funkle ich Will an. „Hast du ihn etwa gebeten, auf mich aufzupassen?“ Will nickt nur. Sauer sage ich zu ihm, „Ich bin doch kein kleines Kind mehr, auf das man aufpassen muss. Ich komm schon gut alleine klar. Hast du vielleicht vergessen, dass ich schon an viel gefährlicheren Orten der Welt war?“ Ohne Ihn zu Wort kommen zu lassen keife ich weiter, „Ich hasse es bevormundet zu werden. Und du solltest es eigentlich am Besten wissen. Mag sein, dass du es nur gut gemeint hast...“ Bevor ich meinen Satz zu Ende spreche springe ich auf. „Ich geh ins Bett.“ sage ich nur und stürme aus dem Bad und gehe in mein Zimmer. Mit einem Knall schließt sich die Tür. Ich lasse mich aufs Bett fallen. Tränen laufen mir übers Gesicht. Meinen Kopf vergrabe ich in meinem Kissen und weine bitterlich. Ich fühle mich so verarscht. Will hat James auf mich angesetzt um auf mich aufzupassen. Als könne ich nicht für mich alleine Sorgen. Ich bin sauer auf alle Beide. Jetzt kann ich mir auch erklären, warum Will am Morgen so überrascht war, James in meinem Bett vorzufinden. Mir stellt sich die Frage, ob James einfach nur mit mir spielt, nur um auf mich aufzupassen. Weinend liege ich da. Nach einer Weile verfalle ich einem freudlosen Traum.

 

Mitten in der Nacht werde ich wach. Meine Decke kann ich ich nicht höher ziehen, etwas schweres liegt auf ihr. Mit einem Blick auf die Decke, erkenne ich Texas der sich darauf eingerollt hat. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er in meinem Zimmer war, als ich am Abend hinein gestürzt war. Mein Blick wandert neben mich auf die andere Seite des Bettes. Sie ist leer. Vorsichtig rutsche ich auf die andere Seite des Bettes und stehe auf. Noch bevor ich die Tür öffne streichelt mich etwas weiches am Bein. Texas steht neben mir. Behutsam gehe ich zurück zum Bett und hole meine Decke. Ganz langsam schleiche ich hinter der Couch entlang. Im Mondlicht, das durch das Fenster scheint, erkenne ich, dass James auf der Couch liegt und schläft. Weiter schleichend gehe ich zur Haustür. Texas folgt mir. Seine Krallen klappern auf dem Holzfußboden. Behutsam und langsam öffne ich die Haustür und schlüpfe hinaus. Genauso langsam schließe ich die Tür. Die Decke, die ich mitgenommen habe lege ich auf den Schaukelstuhl. Diesen hebe ich hoch und trage ihn bis zum Ende des Stegs. Dort stelle ich ihn ab setze mich hinein und kuschle mich in meine Decke. Texas legt sich zu meinen Füßen nieder.

 

Ich schaue in den Himmel. Die Nacht ist sternenklar. Der Mond zeigt sich in seiner ganzen Schönheit. Er sieht so groß und nah aus, als könne man ihn mit bloßen den Händen ergreifen. Der See spiegelt den Himmel wieder. Es sieht alles so friedlich aus. Nur ab und zu kommt ein rascheln aus dem Wald. Das beängstigt mich aber in keinster Weise, im Gegenteil es beruhigt mich ungemein. Tief sauge ich die klare Nachtluft ein und gebe sie wieder ab. Es ist ein wenig kühl und ich ziehe die Decke etwas näher an meinem Körper. Friedlich schlummere ich wieder ein.

 

Wach werde ich, als ich bemerke, dass mich jemand hochgehoben hat. Blinzelnd sehe ich nach. James hält mich fest an sich gedrückt und lächelt mich an. Ruckartig zapple ich auf seinem Arm und gifte ihn an, dass er mich runter lassen soll. Das tut er auch. Trotzig nehme ich mir meine Decke und setze mich wieder in den Schaukelstuhl. Mein Blick ist stur auf den See gerichtet. James setzt sich neben mir und streichelt meine Wange.

„Lena bitte sei nicht so. Es tut mir leid. Ich mach mir doch nur Sorgen.“ Seine Stimme klang traurig.

„Du brauchst nicht mehr so tun, als wäre ich dir wichtig. Will ist jetzt da und dein Job ist erledigt. Und außerdem brauche ich keinen Babysitter, dass habe ich dir schon einmal gesagt.“ Wütend funkle ich ihn an. Mein Körper brennt vor Zorn. Mit einem Ruck steht er auf und stellt sich vor mich. Seine Hände greifen links und rechts neben mich auf die Stuhllehnen.

„Lena, das ist Blödsinn.“ gibt er schnaufend von sich. Seine Augen funkeln wild. „Es stimmt,“ fährt er fort und mustert mich dabei, „Will hat mich vor ein paar Wochen gebeten, etwas auf dich aufzupassen. Klar hab ich gedacht, wieder so eine Großstadtgöre die in der Wildnis nichts zu suchen hat. Aber ich habe mich getäuscht. An jenem Morgen, als ich Texas von dir abgeholt habe, habe ich mich sofort in dich verliebt. Ich wollte dich unbedingt kennen lernen. Mehr von dir erfahren. Ich wollte immer in deiner Nähe sein. Du faszinierst mich. Dein Unfall war ein Schock für mich. Ich habe Todesängste ausgestanden als ich dich leblos in die Hütte getragen habe.“ James seufzt schwer, dann fährt er sanft fort, „Lena ich liebe dich. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen.“

 

Tränen sammeln sich in meinen Augen. Ich sehe James tief in die Augen, nehme sein Gesicht in beide Hände und küsse ihn ganz zärtlich auf den Mund. Er erwidert meinen Kuss genauso zärtlich. Die Tränen die sich in meinen Augen gesammelt haben, bahnen sich nun ihren Weg über meine Wangen. Behutsam hebt mich James hoch setzt sich mit mir in den Schaukelstuhl und deckt uns beide zu. Meinen Kopf lege ich sanft an seine Schulter. Seine Hände streicheln meine Arme und ich döse unter seinen Berührungen wieder ein.

 

Traurige Gedanken

 

Zwei Wochen sind seit meinem Unfall bereits vergangen. Meine Prellungen sind schon fast nicht mehr zu spüren und meinem Kopf geht es auch gut. Wie James versprochen hatte, musste ich nur die von Brad verschriebenen drei Tage im Bett bleiben. Dennoch kümmerte er sich rührend um mich. Fast nie ließ er mich aus den Augen. Dennoch kämpfte ich energisch für meine Unabhängigkeit. Immer mal kam es vor, dass James versuchte mich zu bevormunden, doch mit einem Fingerzeig deutete ich ihm, dass er es lassen soll. Mit etwas Protest riss er sich dann auch am Riemen. Auch unternahmen wir nur Dinge, die seiner Meinung nach nicht zu anstrengend für mich waren. Sid und Will hatten dafür nur mäßig Verständnis. Aber sie akzeptierten es.

 

Wir vier sitzen am Frühstückstisch. Meinen Appetit habe ich wieder gefunden und so verspachtle ich gerade meine zweite Portion Rührei. Die drei Jungs sehen mich belustigt an.

„Schlinge nicht so, es nimmt dir keiner was weg.“ sagt Will belustigt. Ohne darauf einzugehen frage ich mit vollem Mund, „Was wollen wir heute machen?“ Fragend sehe ich in die Runde. Die drei prusten los. Ich muss ziemlich lustig ausgesehen haben mit meinem Mund voller Rührei. James kratzt sich am Kopf und sieht betreten auf seine Füße. Ganz langsam hebt er seinen Kopf und sieht mich an. Ich sehe ihm an, dass er etwas zu sagen hat. Mit einem aufmunternden Nicken zeige ich ihm, dass er reden soll. Er atmet tief durch und sagt dann, „Eigentlich wollte ich heute Abend mit dir alleine sein.“ Sein Augen sehen einen nach dem anderen an und ruhen dann auf mir. Er sagt weiter, „Ich muss für ein paar Tage weg. Arbeiten.“ Erschrocken sehe ich ihn an. Doch er redet weiter. „Ich hoffe,“ Sein Blick ruht nun auf Will und Sid, „ihr zwei habt nichts dagegen. Ich werde spätestens zum Sommerfest wieder da sein. Es sind nur ein paar Tage.“ Will und Sid nicken im Takt.

„Mach dir mal keinen Stress.“ lächelnd sah Will ihn an, „Sid und ich wollten heute eh nach Vancouver, mal so richtig abdancen. Macht ihr euch einen schönen Abend. Das werden wir auch tun.“ Will dreht sich zu mir und lächelt. „Wir werden erst morgen gegen Mittag wieder kommen. Also rechne nicht mit dem Frühstück mit uns.“ Gespielt protestierend stemme ich meine Hände in die Hüfte. Alle drei sehen mich irritiert an. Dann lache ich laut los.

„Ich wünsche euch viel Spaß. Das nächste Mal nehmt ihr mich aber mit.“ Will steht auf, zieht mich in seine Arme und drückt mich.

„Versprochen Kleines. Das nächste Mal kommst du mit.“ Er setzt mich wieder ab und zieht Sid nun vom Stuhl.

„Komm wir gehen baden.“ Noch bevor Sid ein Veto einlegen kann, zieht Will ihn auch schon aus der Tür. Ich glaube er will James und mich eine zeit lang alleine lassen. Schmunzelnd setzt ich mich auf den Schoß von James.

„Was ist das für ein Auftrag den du hast?“ frage ich neugierig.

„Ach nichts besonderes.“ gibt er kleinlaut von sich. „Ein Reiseführer möchte seine Webseite aufpolieren und sucht einen Fotograf der ihm die Bilder dazu schießt. Er will von Toronto und Umgebung ein paar schöne Fotos haben.“

„Warst du deshalb in Vancouver?“ frage ich ihn und er nickt. „Was machst du mit Texas?“ frage ich nach.

„Eigentlich wollte ich ihn mitnehmen.“

„Kommt gar nicht in Frage.“ protestiere ich und schüttele den Kopf um meinen Protest zu verstärken. „Ich passe auf ihn auf. Du hast bestimmt keine Zeit dich um ihn zu kümmern.“ James zieht scharf die Luft ein und pustet sie wieder aus. Noch bevor er etwas dagegen sagen kann, drücke ich ihm meine Lippen zärtlich auf seine. Er lässt seine Schultern sinken und zieht mich weiter an sich heran. Meinen Kuss erwidert er mit großer Leidenschaft. Seine Hand gleitet unter mein Shirt und streichelt meinen Rücken zart.

„Ich bin so ausgehungert.“ knurrt er. Fragend sehe ich ihn an. Leicht muss ich schmunzeln. Tagsüber waren wir zwar immer zu viert aber die Nächte gehörten in der Regel nur James und mir. Wie wir das durchhalten ist ein Rätsel. Der Schlafmangel war uns beiden im Grunde anzusehen. Doch machten wir das Beste daraus.

„Was hast du heute vor mit mir?“ frage ich ihn neugierig und schaue ihn prüfend an. Er zuckt mit den Schultern, antwortet aber nicht auf meine Frage.

 

Da er mir nicht verraten will, was er heute vor hat, stehe ich auf und zieh mein Shirt im laufen aus, so das ich nur im Slip da steh. Mein Weg führt mich ins Bad. James Blicke spüre ich in meinem Rücken. Die Härchen auf meinem ganzen Körper stellen sich auf. Noch bevor ich die Tür schließen kann, schlüpft James durch hindurch und hält mich an der Taille fest.

„Du glaubst wohl, du kannst dich vor mir ausziehen und kommst dann unbeschadet ins Bad?“ Kichernd drehe ich mich zu ihm um und halte seine Schultern fest umschlungen.

„Vielleicht,“ sage ich schmunzelnd, „du kannst gerne mit unter die Dusche huschen, wenn du magst.“ Unschuldig schaue ich ihm die Augen. James lässt mich nicht los und schiebt mich zur Dusche. Er dreht das Wasser an und wir stellen uns darunter.

 

James drückt mich an die Wand und küsst mich leidenschaftlich. Seine Erregung spüre ich an meinem Bauch. Mein Herz rast bei diesem Gefühl. James zieht mich ganz fest in seine Arme und küsst mich fordernder. Ich spüre wie unsere Herzen wie wild schlagen. James zieht mein linkes Bein hoch, so das sein Glied vor meiner Öffnung ist. Vorsichtig schiebt er es in mich und verharrt als er ganz in mir steckt. Sein Augen fixieren die meinen. Schwer atme ich ein und wieder aus. Mein Unterleib gewöhnt sich an die Spannung die sein Penis in mir verursacht.

 

„Das ist jetzt nicht euer Ernst!“ höre ich Wills Stimme gedämpft. „Reicht es denn nicht, dass ihr uns schon die halbe Nacht wach haltet, müsst ihr jetzt auch noch das Bad blockieren?“ Da ich Will kenne, weiß ich, dass er das nicht böse meint eher spaßig. Damals als er und Sid frisch zusammen gekommen war, war es bei ihm nicht anders. Die zwei kamen den ersten Monat gar nicht aus dem Bett raus. Grinsend sehe ich James an und mache eine entschuldigende Geste. Liebevoll küsse ich ihn auf die Wange und gehe aus der Dusche. Mit einem Handtuch um mich geschwungen trete ich aus dem Bad und stupse Will an. Ganz schnell verschwinde ich in meinem Zimmer um mir etwas anzuziehen. Ich entscheide mich für meinen Bikini und eine Shorts. Es ist warm und die Jungs wollten eh baden. Gut gelaunt gehe ich hinaus. Die Sonne steht sehr hoch und blendet mich im ersten Moment. Mit ein wenig blinzeln gewöhnen sich meine Augen an das Licht und ich sehe, dass Sid und Will eine Decke auf den Steg ausgebreitet haben. Sid räkelt sich auf der Decke und grinst mich vielsagend an als er mich entdeckt. Ich spüre wie mir die Röte ins Gesicht steigt. Will scheint ihm etwas gesagt zu haben. Zumindest wenn ich seinen Blick richtig deute, weiß er was im Bad gelaufen ist. Bevor er mich ausfragen kann, ziehe ich meine Shorts aus und spring mit Anlauf ins Wasser. Als ich wieder an die Wasseroberfläche komme sehe ich Richtung Steg. Alle Drei starren mich mit offenen Mündern an. Hastig taste ich meinen Körper ab um zu prüfen, ob vielleicht mein Bikini verloren habe. Doch als ich feststellte das er noch an Ort und Stelle war schaue ich die Drei wieder an und alle grinsen um die Wette. So das ich mich daraufhin umdrehe und noch weiter hinaus schwimme. Keine zwei Minuten später taucht etwas schwarzes neben mir auf. Texas ist neben mich geschwommen und scheint den Bodyguard zu mimen. Seit meinem Unfall lässt er mich praktisch nicht aus seinen Augen. Liebevoll tätschle ich seinen Kopf und ändere die Richtung. Ich habe Angst, dass er nicht so lange durchhält und schwimme Richtung Ufer. Dort angekommen setze ich mich hin und schaue Texas dabei zu wie er sich schüttelt. Anschließend versucht sich das Fell, auf dem Boden wälzend, zu trocknen.

 

Lachend stehe ich auf und laufe meinen Freunden entgegen. Mittlerweile haben sie sich auf die Decke gesetzt und waren in ein Gespräch vertieft. Doch als ich in Hörweite komme verstummen sie und lächeln mich an. Mir kommt es so vor, als wenn die Drei etwas aushecken.

„Na Jungs! Alles Klar?“ gab ich lachend von mir. Alle Drei nicken. Nur Wills Gesicht lief etwas rot an. Er konnte schlecht vor mir was verbergen und das wusste er. Den ganzen Tag über würde er mir nun ausweichen, da er bestimmt Angst lief ich würde ihn ausfragen. Normalerweise war das bisher auch immer so, aber diesmal möchte ich meine Energie nicht darauf verschwenden. Ich setzte mich neben James auf die Decke und frage unschuldig, „Wann hast du denn vor mich zu entführen und wohin?“ Er schien den Braten zu riechen und grinst mich lediglich nur an.

 

Da ich ihm kein Wort entlocken kann schaue ich auf den See hinaus. Es ist einfach nur herrlich. Der See liegt ruhig da. Am Himmel tummeln sich nur ein paar harmlose Wolken und eine leichte Brise weht über den Wipfeln. Ich schließe die Augen und brenne mir die Atmosphäre in meinen Kopf ein. Hier ist es wunderschön. Ich fühle mich hier frei und losgelöst. Seit Jahren habe ich mich nicht mehr so gefühlt. Ich hoffe die Zeit bleibt stehen und ich kann das hier für immer genießen. Natürlich weiß ich, dass es irgendwann vorbei sein wird und mich die Realität einholen wird. Aber ich schwöre mir, jeden einzelnen Augenblick hier zu genießen und nie wieder zu vergessen.

 

„Hey Kleines,“ Wills Stimme dringt nur leise an mein Ohr und reißt mich aus meinen Gedanken, „willst du mir nicht sagen wovon du gerade träumst. Du siehst glücklich aus.“ Schmunzelnd öffne ich meine Augen und schaue Will an, der neben mir hockt. Meinen Kopf lehne ich leicht an seine Schulter an.

„Ach es ist nichts weiter.“ sage ich ganz leise. „Ich hab nur gerade die Landschaft bewundert. Wie schön es doch hier ist. Kein Wunder das du damals so lange weg warst.“

Vorsichtig nimmt mich Will in seine Arme und streichelt meinen Kopf.

„Ich möchte gar nicht daran denken, wie es ist, hier wieder weg zu müssen.“ Wehmütig seufze ich. „Noch kann ich von meinen Ersparnissen leben und mein Dad überweist mir auch immer regelmäßig Geld, was ich aber nicht anrühre. Ich bin schon zu groß um auf seine Kosten zu leben. Aber eigentlich will ich hier nicht mehr weg. Ich fühle mich hier wohl. Am liebsten möchte ich hier für immer bleiben.“

Wehmütig sehe auf den See hinaus. Bei dem Gedanken, irgendwann hier wieder weg zu müssen, werde ich traurig. Der Ort hier hat mir so vieles gegeben. Eine Zeitlang sitzen Will und ich, eng umschlungen, wortlos da und hängen unseren Gedanken nach. Keiner sagt ein Wort um die Atmosphäre nicht zu stören.

 

„Liebling,“ Sid riss uns aus unseren Gedanken. „wir müssen langsam los. Bis Vancouver ist ein Stück zu fahren.“

Leicht nickt Will. Ganz langsam löst er sich aus unserer Umarmung und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Ich schaue noch eine Weile auf den und atme tief ein. Dann stehe ich auf und gehe in Haus um wir etwas anderes anzuziehen.

 

„Bist du bereit für deine Überraschung.“ sagt James liebevoll und hilft mir beim einsteigen in sein Auto. Texas hat es sich auf der Rücksitzbank bequem gemacht und sich dort zusammen gerollt. Gemeinsam fahren wir nach Squamish. James hält vor dem Laden von Agnes und Sam. Er deutet mir, dass ich ruhig im Wagen sitzen bleiben kann. Er nimmt Texas mit und verschwindet im Laden. Keine zehn Minuten später kommt er alleine wieder raus und setzt sich zu mit ins Auto. Lächelnd sieht er mich an und startet den Wagen erneut. Er lenkt den Wagen durch den ruhigen Verkehr und hält am Hafen wieder an. Gemeinsam schlendern wir zum Anlegeplatz der Boote. Vor der „Agnes“ bleiben wir stehen. Schon bei meinem ersten Besuch hier, konnte ich mir denken, dass das Boot James gehört.

 

James nimmt mich bei der Hand und hilft mir auf das Boot. Dieses schwankt und ich verliere den Halt. Mit Mühe kann ich mich gerade noch an James festhalten, damit ich nicht falle. Lachend nimmt er mich in den Arm und küsst mich leidenschaftlich. Seinen Kuss erwidere ich genauso leidenschaftlich. Nachdem er sich von mir gelöst hat, startet er das Boot und fährt aus der Lagune raus. Kurz vor Ragged Island hält er an und ankert. Die kleine Insel besteht nur aus Wald und Felsen. Ein Fleck unberührte Natur.

James nimmt mich wieder an die Hand, damit ich nicht falle. Das Boot schwankt, für mich etwas zu sehr. Er geleitet mich zum Bug des Bootes. Dort hat er einige Kissen und Decken ausgebreitet. Mit einem Wink deutet er mir, dass ich mich setzen soll. Dann verschwindet er für kurze Zeit, kommt jedoch gleich wieder mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern. Er setzt sich neben mich, nimmt mich in seine starken Arme und reicht mir ein Glas Wein.

 

Es dämmert schon und die Sonne verschwindet langsam am Horizont. Sie malt das Meer in verschiedenen Rottönen. Es ist alles so friedlich. Wortlos liege ich in James Armen und betrachte den Sonnenuntergang. Ich genieße das Rauschen der Wellen, die Wärme die James Körper ausstrahlt, seine Streicheleinheiten und seinen Atem auf meiner Haut. Wieder wird mir schmerzlich bewusst, dass ich irgendwann dieses Fleckchen Erde aufgeben muss. Wehmütig seufze ich.

 

James scheint meine Gefühlslage bemerkt zu haben. Er setzt sich aufrecht vor mich hin.

„Liebling was ist los? Gefällt es dir nicht?“, fragt er mich besorgt.

„Doch, es ist traumhaft hier. Die Überraschung ist dir echt gelungen.“ gebe ich traurig von mir.

Was ist dann los?“ fragt er mich, mit einem Blick, den ich nicht zu deuten weiß.

„Mir gefällt es hier sehr. Nur muss ich daran denken, dass die Zeit hier nur begrenzt ist. Irgendwann muss ich zurück und das alles zurück lassen. Ich fühle mich so wohl hier. Die Menschen und die Umgebung. Schon lange hat mich kein Ort mehr so gefesselt. Ich mag nicht daran denken, wie es sein wird, wenn das alles vorbei ist.“

 

Eine Träne Bahnt sich ihren Weg meine Wange hinunter. James nimmt mein Gesicht in beide Hände und küsst sie Weg. Seine Lippen bahnen sich ihren Weg zu den meinen. Zärtlich und behutsam küsst er mich. Seine Nähe und Wärme lassen meinen Schmerz für den Moment vergessen und ich erwidere seinen Kuss. Ich werde fordernder. Unser Kuss wird wilder und ungezügelt. James drückt mich in die Kissen und bedeckt mich mit seinem Körper. Seine Hände finden den Weg unter mein Shirt und streicheln meine Seiten. Eine leichte Gänsehaut breitet sich auf meinen Körper aus. Diese ist nicht unangenehm. Im Gegenteil. Mein Körper beginnt in Flammen aufzugehen. Ich schlinge meine Arme um ihn und schiebe sein Shirt nach oben, damit ich seinen muskulösen Rücken streicheln kann. Meine Hände wandern immer auf und ab. Bei seinem Hosenbund angekommen, nestle ich so lange herum, bis ich den Bund seiner Shorts fühle und versuche meine Finger darunter zu schieben. Will stöhnt leise auf. Immer fordernder wird sein Kuss. Ich spüre wie seine Lust auf mich wächst. Seine Hände wandern an meinen Busen und kneten diesen durch den BH durch. In meinem Inneren fängt mein Vulkan an zu brodeln. Vor Lust stöhne ich auf. Meine Hände ergreifen sein Shirt und ich ziehe es ihm über den Kopf. Seine Muskeln spannen sich dabei leicht an, was mich noch mehr erregt. Leicht kratze ich mit meinen Fingernägeln über seine Brust den Bauch hinunter zu seinem Hosenbund. Vorsichtig löse ich die Gürtelschnalle und öffne seine Hose. Eine meiner Hände gleitet unter seine Shorts und streichelt seinen erigierten Penis. Ganz langsam. Auf und ab.

 

James löst sich von meinen Lippen und zieht mir hastig mein Shirt und meinen BH aus. Sein Mund wandert von meinem Hals zu meinen Brüsten. Ganz leicht gleitet seine Zunge von einer Brustwarze zur nächsten. Zaghaft saugt er daran, was mir ein Stöhnen entlockt. Seine Hände gleiten unter meine Hose und reißen sie mit einem Ruck hinunter. Seine Lippen gleiten an meinem Körper entlang zu meinem Bauchnabel und dann zu meinem Venushügel. Ich spüre, wie feucht ich bin.

 

Hastig zieht James mir meinen Slip und die Hose komplett aus. Ganz langsam schiebt er seine Lippen über mein linkes Bein hinauf. Wieder hält er an meinem Venushügel an und liebkost ihn. Mein Atem wird schneller. Der Vulkan in mir droht immer mehr zu explodieren. Ich stöhne laut auf, als James Zunge um meinen Kitzler kreist. Ganz allmählich schiebt er einen Finger in mich hinein und wieder muss ich laut stöhnen. Ein zweiter Finger findet seinen Weg in mich und James stößt sie langsam aber bestimmend in mich. Seine Zunge umkreist weiterhin meinen Kitzler. Ich bäume mich ihm entgegen und spüre wie mein Orgasmus unmittelbar bevorsteht. Auch James scheint er zu merken und erhöht den Druck und die Intensität. Es dauert nur wenige Sekunden und mein Vulkan explodiert und lässt mich am ganzen Körper zittern.

 

James zieht seine Hose und seine Shorts aus. Seine Erregung ist mehr als deutlich zu sehen. Ich muss schlucken. Mir kommt es so vor, als wäre sie noch größer als zuvor. Er beugt sich über mich und küsst mich leidenschaftlich. Seine Lust auf mich ist in dem Kuss zu spüren. Langsam lässt er sein Becken sinken, bis sein Penis vor meiner Öffnung ist. Bereitwillig spreize ich meine Beine und schlinge sie um seine Hüften, um ihn zu signalisieren, dass ich bereit dazu bin.Er lässt sich nicht lange bitten und stößt kraftvoll in mich hinein. Kurze Zeit verharrt er in mich, damit ich mich an sein Volumen gewöhnen kann. Ich spüre wie sein Penis in mir vibriert. Leicht hebe ich mein Becken an, um ihm anzuzeigen das ich bereit bin. Langsam zieht er sich aus mir zurück und stößt erneut zu. Mein Körper bebt. Der Vulkan in mir fängt erneut an zu brodeln. Ich kralle meine Finger in seine Hüfte. Gebe den Rhythmus damit vor. Erst ganz langsam. Mit jedem weiteren Stoß immer schneller und schneller. Mein Vulkan steht kurz vor der Explosion. Wieder bäume ich mir entgegen. Drei Stöße später kann ich nicht mehr an mich halten und schreie vor Lust laut auf. Erneut erzittert mein Körper von meinem Orgasmus. Kurz habe ich den Eindruck ohnmächtig zu werden. So heftig ist er gewesen. Nach drei weiteren Stößen kommt auch James zu seiner Erleichterung mit einem lautem Stöhnen.

 

Wild keuchend liegen wir nebeneinander. Die Sonne ist bereits untergegangen und die Sterne leuchten glasklar über uns. James zieht eine Decke über unsere noch erhitzten Körper und hält mich erneut fest in seinen Armen. Gemeinsam starren wir zum Himmel ohne auch nur ein Wort zu sagen. Ganz leicht schaukelt das Boot hin und her. Es wiegt uns in unsere Träume.

 

Von den ersten Sonnenstrahlen erwache ich. James der die Nacht neben mir geschlafen hat, ist nicht mehr da. Ruckartig setze ich mich auf. Mein Blick wandert umher. Nirgends kann ich ihn entdecken. Leises Klappern ertönt unter Deck und kurzerhand erscheint er mit einem Tablett. James hat für uns Frühstück gemacht. Toast und Rührei, dazu Kaffee und Orangensaft. Liebevoll sehe ich ihn an. Er schmunzelt und schaut mich lüstern an. Ein Blick an mir abwärts, verrät mir, warum er mich so ansieht. Ich bin noch nackt und die Decke die ich mir übergezogen habe, ist nach unten gerutscht. So das meine Brüste offen zu sehen sind. Lachend zucke ich mit den Schultern. Einen Moment lang sehe ich mich um, auf der Suche nach meinem Shirt. Schnell greife ich es mir und zieh es mir über. James gesellt sich zu mir und stellt das Tablett zwischen uns ab.

 

Nach unserem Frühstück, was wir schweigend zu uns genommen haben, gehe ich unter Deck, in das kleine Bad, um mich frisch zu machen. Während ich mir die Zähne putze, höre ich wie der Motor gestartet wird und wir losfahren. Fünf Minuten später stehe ich hinter James, der das Steuer fest in der Hand hält, und umarme ihn von hinten. Wir beide wissen, dass wir uns für eine Zeitlang nicht sehen werden und genießen den kurzen Moment, bevor der Abschied bevorsteht.

 

Zarte Bande

 

Im Laden von Agnes und Sam besorge ich noch schnell ein paar Lebensmittel für die nächsten Tage, bevor mich James mit Texas in den Wald zum See fährt. James hat mich noch dreimal gefragt, ob ich auf Texas wirklich aufpassen möchte und ich habe ihm dreimal bestätigt, dass ich mich gerne um Texas kümmere, in der Zeit, in er unterwegs ist. Texas ist mir in der kurzen Zeit wirklich ans Herz gewachsen und ihm scheint es auch so zu gehen, denn seit meinem Unfall lässt er mich nicht mehr aus seinen kleinen braunen Kulleraugen. Keinen Schritt kann ich mehr alleine gehen, ohne das er nicht an meiner Seite ist.

 

Auf der dreißig minütigen Fahrt nach Hause, sprechen wir kein Wort mit einander. Gedankenversunken blicke ich aus dem Fenster. Die Bäume rauschen nur so an uns vorbei. Texas, der es sich auf der Rücksitzbank bequem gemacht hat, scheint unsere Stimmung genau zu spüren. Kein Ton gibt er von sich. Auch versucht er keine Streicheleinheiten von mir einzufordern. Unsere Stimmung ist gedrückt.

 

Nachdem James vor der Hütte gehalten hat, stellt er den Motor aus und lehnt sich zu mir rüber. Ganz Zärtlich berührt er meinen Arm.

„Hey Süße?“ fragt er mich liebevoll aber auch besorgt. „Ist alles in Ordnung bei dir?“ Still nicke ich nur und sehe ihm tief in seine blauen Augen.

 

Nie im Leben konnte ich mir einmal vorstellen, dass ich mein Herz so schnell an einen anderen Menschen verliere. Selbst bei Sebastian hat es eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis ich Gefühle aufgebaut habe. Und jetzt sehe ich in ein Paar stahlblaue Augen und empfinde Traurigkeit darüber, dass wir uns eine Weile nicht sehen werden. Dieser Mann hat mir völlig den Kopf verdreht.

 

„Es ist nicht für lange. Du wirst sehen, im Nu sind die zwei Wochen vorbei. Ich verspreche dir, ich bin zum Sommerfest wieder da.“ Zaghaft nicke ich erneut und er sagt mit liebevoller Stimme, „Will und Sid bleiben auch noch so lange. Sie haben mir versprochen, dich nicht alleine zu lassen. Sie werden schon wissen, wie sie dich beschäftigen können.“

Zaghaft lächle ich. So mal ich weiß das er Recht hat. Will und Sid wissen genau was sie tun müssen, um mich abzulenken, wenn es sein muss,

„Bitte passe auf dich auf.“ Mit diesen Worten drücke ich ihm einen sehnsüchtigen Kuss auf die Lippen und steige mit Texas aus.

 

Ich warte noch, bis er losgefahren ist und gehe, mit Texas im Schlepptau, zum Haus. Die Eingangstür ist angelehnt. Verwundert blicke ich mich umher. Nirgends ist ein anderes Fahrzeug zu sehen. Nur der Mietwagen, den Will mir vor ein paar Wochen gemietet hat, steht an seinem gewohnten Platz. Vorsichtig schiebe ich die Tür auf und bleibe abrupt stehen. Eine Person steht an der Küchenzeile und kocht Kaffee. Auch ohne ihr Gesicht zu sehen, weiß ich genau wer es ist. Es ist Lisa.

„Was machst du denn hier?“ frage ich zögerlich. Vor Schreck dreht sie sich um. Sie scheint mich nicht kommen gehört zu haben.

„Will und Sid haben mich heute morgen vom Flughafen abgeholt.“ erwidert sie zaghaft. Ihre Augen wandern umher, schauen mich aber nicht direkt an. Sie ist unruhig und tritt von einem auf das andere Bein. „Sie sind nochmal in die Stadt gefahren um irgend etwas zu besorgen, aber ich glaube eher, sie wollten uns fürs Erste alleine lassen, damit wir reden könne.“

Ganz leicht nicke ich. Eigentlich möchte ich zu ihr, sie umarmen und ihr sagen, dass ich sie vermisst habe. Aber das was zwischen uns steht hindert mich daran. Die Enttäuschung sitzt noch zu tief in mir. Auch wenn ich Sebastian abgeschrieben habe und es für uns Zwei definitiv kein zurück mehr gibt, bin ich dennoch zu tiefst verletzt darüber, was die Zwei mir angetan haben.

„Will hat mir erzählt, dass du die Nacht mit James verbracht hast. Auf einem Boot.“ Zaghaft lächelt Lisa. „Er scheint dir gut zu tun. Du siehst entspannt und glücklich aus.“

Fragend hebe ich eine Augenbraue und schaue ihr über die Schulter.

„Ach ja, ich hab Kaffee gemacht. So gut wie es ging. Das hier erinnert mich an unsere erste gemeinsame Wohnung als Studenten. Am Anfang haben wir auch den Kaffee so gekocht,bis wir uns eine Kaffeemaschine gekauft haben.“

 

Ein kleines Lächeln huscht über meine Lippen. Sie hat recht. In unserer ersten Wohnung hatten wir anfangs nur zwei Matratzen zum schlafen. Einen alten Tisch mit zwei Stühlen. Eine sporadisch eingerichtete Küche, gerade mal mit dem Notwendigsten und einen Minifernseher. Mehr brauchten wir damals nicht, zumindest haben wir uns das eingeredet. Einen Monat später kauften wir uns eine Kaffeemaschine, weil uns das ständige aufbrühen des Kaffees zu lästig war. Und nach und nach folgten dann die anderen Einrichtungsgegenstände. Unsere Eltern hatten uns damals angeboten, für die Möbel aufzukommen. Aber Lisa und ich waren zu stolz dafür das anzunehmen. Also lehnten wir ab. Ein halbes Jahr später war die Wohnung dann komplett so eingerichtet, wie wir Zwei es es wollten.

 

Eine kalte nasse Schnauze, an meiner Hand, holt mich aus meinen Tagträumen. Lächelnd knete ich Texas Ohr. Was ihn dazu bewegt, seinen Kopf ganz dicht an mein Bein zu schmiegen und Lisa mit seinen Augen zu fixieren.

„Alles gut mein Junge.“ sage ich sanft zu ihm. „Das ist Lisa. Sie tut mir nichts. Im Gegenteil. Sie ist eine Freundin.“ Bei den Worten schaut sie mich mit großen Augen an. Ich zucke mit den Achseln und lächle sie an. Texas deute ich, dass er sich auf seinen Platz am Kamin gehen soll. Treu befolgt er das auch.

 

„Der Kaffee ist fertig. Möchtest du auch eine Tasse.“ fragt mich Lisa. Dankend nicke ich ihr zu und setze mich schon mal an den Küchentisch. Lisa kommt mit zwei Tassen, gefüllt mir frischem Kaffee dazu und setzt sich auf den Platz mir gegenüber.

„Lena,“ sie seufzt leise. „Es tut mir so leid...“ Mit einer Handbewegung zeige ich ihr, dass ich nicht über das Thema sprechen möchte. Aber sie lässt nicht locker.

„Ich muss mit dir darüber reden, bitte.“ Mit einem traurigen Blick starrt sie ihre Kaffeetasse an. Ich sehe wie sie sich quält und willige widerwillig mit einem Nicken ein.

„Ich habe Sebastian nicht verführt. Auch wenn er dir das bestimmt so erzählt hat. Bitte glaube mir.“ Ihre Augen sehen mir direkt ins Gesicht. Ich kann ihr nicht standhalten und nun schaue ich meine Tasse an. „Ich habe Sebastian schon des öfteren mit anderen Frauen in Clubs und Bars gesehen, immer wenn du im Ausland arbeiten warst. Nach einiger Zeit, als es immer mehr auffällig wurde, habe ich ihn darauf angesprochen.“ Wieder seufzt sie. Ich merke, dass ihr das nicht leicht fällt. „Er hat mir gedroht, dass er mir das Leben zur Hölle macht, wenn ich dir davon erzähle. Als du schließlich in Namibia warst, hatte er jeden Tag eine andere. Ich konnte es nicht mehr mit ansehen. Und so hab ich ihm, eine Woche bevor du wieder nach Hause gekommen bist, eindeutige Signale gesendet.“ Ein spöttisches Schnaufen entfährt Lisa. „Er hat sofort angebissen. Am liebsten wäre er gleich an dem ersten Abend mit mir in die Kiste gesprungen, aber ich musste in auf Abstand halten...“ Ihr Stimme bricht ab und sie holt tief Luft. „Ich wusste, dass du dir ein Taxi nimmst, wenn ich dich nicht abhole. Ich wusste auch, dass du mir vorher wütend auf die Mailbox sprichst. Da was für mich das Zeichen, dass ich ihm nachgeben musste. Ich hab das echt nur widerwillig getan. Du weißt, dass Sebastian nicht mein Typ ist. Und im Grunde genommen, auch nicht deiner.“ Wieder setzt sie eine kurze Pause ein und atmet tief durch. „Als du die Tür aufgeschlossen hast, hat er es mitbekommen. Ich dachte er hört auf, wenn er dich sieht, aber es hat ihn angetörnt, zu wissen das du uns dabei erwischst. Nachdem du weggerannt bist, hat er immer noch mehr gefordert. Aber ich konnte und wollte nicht, also habe ich ihn rausgeschmissen. Mit viel Mühe ist er dann auch gegangen.“

Tränen Laufen Lisa über das Gesicht. Ich sehe wie sie sich quält. Ich lege ihr eine Hand auf dem Arm um ihr zu zeigen, dass es in Ordnung ist. Das ich ihr nicht mehr böse bin.

„Es tut mir wirklich sehr leid, Lena. Ich hab mir nicht anders zu helfen gewusst. Du solltest endgültig sehen, was für ein Mensch Sebastian wirklich ist, bevor du dich noch mehr in dein Unglück stürzt. Schließlich wolltet ihr bald heiraten. Bitte verzeih mir.“

 

Die Tränen laufen unaufhörlich über ihre Wangen. Ich sehe ihr an, wie sehr die ganze Sache sie quält. Sie hat unsere Freundschaft aufs Spiel gesetzt, um mir zu verdeutlichen, dass Sebastian nicht der Mann ist, der er zu sein scheint. Lisa weint immer weiter. Auch mir laufen bei ihrem Anblick auch die Tränen. Ich stehe auf, gehe um den Tisch und nehme sie ganz fest in meine Arme. Wortlos wiege ich sie hin und her, bis sie sich beruhigt hat. Ihre tränennassen Augen schauen mich an. Ich kann nicht anders und drücke ihr einen Kuss auf die Stirn. Im Grunde möchte ich ihr einfach nur damit signalisieren, dass ich nicht mehr wütend auf sie bin. Eigentlich hat sie genau das Richtige getan. Sie hat mir die Augen geöffnet. Im Grunde wusste ich schon früher, dass Sebastian nicht der richtige Mann an meiner Seite ist, aber immer wenn die Zweifel am stärksten waren, hat Sebastian mich erfolgreich vom Gegenteil überzeugt. Ich habe mich immer wieder einlullen lassen und bin bei ihm geblieben. Vielleicht sogar aus dem Grund, dass meine Mutter ihn über alles liebte. Es war der erste Mann in meinem Leben, den sie von Anfang an akzeptierte. Lisa wusste genau, dass nur ein heilsamer Schock mich auf den Boden der Tatsachen zurückbringen und ich den längst überfälligen Schritt mache. Dafür bin ich ihr dankbar. Auch wenn es unheimlich schmerzhaft war. Aber hier und jetzt sehe ich die Dinge klarer. Der Abstand von allem und die Begegnung mit James haben mir gezeigt, dass die Trennung von Sebastian das Beste ist, was mir passieren konnte.

 

„Lisa,“ leise schluchzend halte ich ihr Gesicht in meinen Händen und zwinge sie somit mich anzusehen. „Das was du getan hast, hat mich zutiefst verletzt. Ich habe mich von dir verraten gefühlt. Aber ich weiß, dass du die ganze Sache nur getan hast, um mir die Augen zu öffnen. Ich kann nicht vergessen was du gemacht hast, aber ich dir verzeihen. Irgendwann.“ Langsam schlucke ich. „Du bist meine beste Freundin und deshalb werde ich dir verzeihen. Dich zu verlieren ist schlimmer als einen Mann zu verlieren. Aber bitte versprich mir, dass du so etwas nie wieder machst.“

 

Lisa nickt sachte und fällt mir um den Hals. Wieder laufen die Tränen über mein Gesicht und wir wiegen uns hin und her. Texas, der das ganze Szenario mitbekommen hat, ist zu mir gekommen und presst seinen Körper gegen den meinen, so dass ich ins schwanken gerate und auf meinen Hintern falle. Lisa und ich fallen in lautes Lachen ein bei meinem Anblick. Texas schaut uns verdattert an.

„Alles gut mein Junge.“ sage ich liebevoll zu ihm und graule ihm sein Ohr. „Darf ich dir vorstellen, Texas das ist Lisa. Lisa das ist Texas. Das ist James Hund. Ich passe auf ihn auf, in der Zeit in der James unterwegs ist.“

Lisa hockt sich vor Texas, der sie argwöhnisch anschaut. Doch als sie ihm das Ohr grault, scheint seine Skepsis ihr gegenüber verflogen zu sein und er genießt die zusätzlichen Streicheleinheiten.

 

Nachdem Lisa und ich unseren Kaffee ausgetrunken haben, gehen wir gemeinsam auf die Terrasse. Die Sonne steht hoch am Himmel und lässt den See glitzern. Er lädt zum toben und schwimmen ein. Allerdings setzen wir uns nur auf den Steg und lassen unsere Beine ins kühle Nass baumeln. Ich erzähle Lisa von den letzten Wochen. Von dem Treffen mit Texas und James. Von meinem Unfall und der Fürsorge von James. Unserem letzten Abend auf dem Meer, wie romantisch es war. Sie lächelt mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten kann. Als ich nachfrage, warum sie mich mit so einem Lächeln anschaut gibt sie nur zurück, dass sie mich schon lange nicht mehr so gesehen hat und sich schon gefragt hat, wann sie ihre alte Freundin wieder bekommen würde. Lächelnd nehme ich sie in den Arm.

Irgendwann frage ich sie, „Wann fliegst du wieder zurück nach Deutschland?“

„Dein Dad hat mir zwei Wochen gegeben, damit wir unsere Diskrepanzen klären können. Er meint, er kann mich nur einstellen, wenn wir zwei unser Kriegsbeil begraben haben. Er macht sich echt Sorgen um dich.“ Fragend sehe ich sie an und sie erzählt weiter. „Dein Dad hat Will solange bequatscht, bis dieser ihm die ganze Geschichte mit Sebastian erzählt hat. Du kennst ja deinen Dad. Er kann manchmal ganz schön stur sein. Genau wie du.“ Sie lächelt und ich weiß genau von was sie redet. „Naja, dein Dad hat dann Nägel mit Köpfen gemacht und Sebastian entlassen. Natürlich mit einer hohen Abfindung, damit dieser ihn nicht verklagt.“ Ich schnaufe bei den Worten. „Noch am gleichem Tag kam dein Dad zu mir und hat mir den Job angeboten. Er wusste ja, dass ich noch auf Jobsuche war und da ich schon einmal seine Buchhaltung gemacht habe und mich im Hotel auskenne, fand er das für die richtige Entscheidung, bevor er jemanden Neuen anlernen muss. Natürlich hat er die Einstellung mit dieser Bedingung verknüpft. Er wartet nur auf ein Lebenszeichen von dir, damit er dein OK bekommt.“ Sie atmet schwer aus. „Nach alldem was ich dir angetan habe, kann ich das nicht von dir erwarten. Wenn du es nicht möchtest...“ Sie bricht ab und schaut mich erwartungsvoll an. „Ich finde auch einen anderen Job.“ sagt sie dann.

„Nein schon gut. Ich werde ihn in den nächsten Tagen anrufen. Das wollte ich sowieso machen. Er weiß, dass er keine Bessere bekommen kann, als dich.“ Zögerlich lächle ich sie an und sie atmet erleichtert auf. Wir schauen auf den See hinaus und schweigen eine Weile.

 

Im Hintergrund höre ich, wie ein Wagen anhält. Kurz darauf schlagen zwei Autotüren zu. Ohne hinzuschauen weiß ich, dass Will und Sid gekommen sind. Es dauert auch nicht lange bis Will sich neben mich setzt.

„Na Kleines, hattest du einen schönen Abend?“ fragt er mich neugierig. Stumm nicke ich. „Und wie ich sehe,hast du Lisa nicht gleich in der Luft zerfetzt.“ Belustigt schüttle ich den Kopf. „Tut mir leid. Aber ich dachte, dass ihr Zwei solltet euch unbedingt aussprechen. Es wäre schade, wenn eure Freundschaft wegen einem Mann zerbrechen würde.“

Lächelnd drehe ich mich zu Will um. „Es ist alles gut.“ sage ich zu ihm, stehe auf und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Danach gehe ich ins Haus um Essen zu kochen.

 

Gemeinsam sitzen wir am Tisch und verspachteln das Abendessen. Ich habe Spagetti mit Tomatensoße gekocht. Das haben Lisa und ich in der ersten Zeit, in der wir zusammen gezogen sind, fast täglich gegessen, weil unser Geldbeutel nichts anderes her gab. So fand ich es eben angebracht, auch heute dies zu kochen. Das ganze Essen über lächelte Lisa auch. Sie schien es zu wissen, dass ich das nur wegen ihr gekocht habe. Sid sprach die ganze Zeit von dem Club in dem er und Will waren. Wie schön denn der Abend war und das er für den nächsten Freitag uns auf die Gästeliste hat setzen lassen. Verdutzt schaue ich ihn an und er hebt einfach nur seine Schultern und grinst dabei. Bei diesem Anblick muss ich schmunzeln und nicke um ihm zu zeigen, dass ich damit einverstanden bin.

 

Nachdem wir gegessen und den Aufwasch gemacht haben, setzen wir uns vor die Couch. Texas gesellt sich zu uns und rollt sich neben mir zusammen. Lisa hat ein paar Filme mitgebracht. Will schien ihr gesagt zu haben, dass es wohl ziemlich langweilig in den Bergen sein kann. Nun hocken wir alle vier vor der Couch und schauen uns gemeinsam Casablanca, auf dem Laptop an. Einer unserer Lieblingsfilme. Na gut bis auf Sid. Der kann solchen Schnulzen nichts abgewinnen. Aber er schaut Will zu Liebe ab und an so einen Film mit.

Als die Szene kommt, in der Ilsa Lund Sam darum bittet, noch einmal das Lied zu spielen und die ersten Töne aus dem Klavier kommen, laufen bei Will Lisa und mir die ersten Tränen. Sid springt auf und ich kann nur das Wort „Frauen“ hören. Kopfschüttelnd geht er ins Bad und kommt mit einer Packung Klinnex zu uns zurück. Er reicht sie Will. Dieser reicht, nachdem er sich mit genügend Taschentüchern eingedeckt hat, uns die Packung, damit wir uns daran bedienen können. Im Chor schnäuzen wir uns die Nasen. Schweigend schauen wir den Film weiter. Der Abspann läuft und wir heulen um die Wette. Bis auf Sid, der weiterhin verständnislos mit dem Kopf schüttelt. Er ist eben ein Macho so wie er im Buche steht.

 

Ich liebe diesen Film, fast mehr wie Dirty Dancing. Man kann sich so richtig in die Charaktere hineinversetzen. Ein richtiger Herzschmerzfilm eben. Als ich ihn damals das erste mal laufen lassen habe, haben Lisa und Will nur mit dem Kopf geschüttelt. Sie fanden ihn zu altbacken. Ein schwarzweiß Film war nicht so das ihre. Aber als sie sich den Film mit mir ansahen, verstanden sie es, warum ich diesen Film so liebe. Von da an, war es auch ihr Lieblingsfilm und wir schauen ihn regelmäßig gemeinsam an.

 

Sid verabschiedet sich für den Abend von uns und Will geht kurz darauf auch ins Bett. Lisa und ich sind vom Fußboden auf die Couch umgezogen und Texas hat es sich vor dem Kamin bequem gemacht. Wir unterhalten uns noch eine Ewigkeit über alles Mögliche und ich habe das Gefühl, dass wir uns langsam wieder annähern. Unsere Freundschaft steht auf dünnem Eis, aber es wird mit der Zeit dicker werden. Dessen bin ich mir sicher.

Ausgedehnte Shoppingtour

Die erste Nacht ohne James war zermürbend. Ständig bin ich wach geworden und habe mich nach ihm umgesehen, bis mir eingefallen ist, dass er nicht neben mir liegt. Texas scheint meine Unruhe in der Nacht irgendwann mitbekommen zu haben und hat sich zu mir ins Bett gelegt. An ihn gekuschelt schlafe ich die letzten Stunden, durch.

 

Der Duft von frischem Kaffee und gebratenen Eiern weckt mit. Texas steht bereits in der Tür und winselt. Er will raus gelassen werden. Ich stehe auf und öffne für ihn die Tür einen Spalt breit. Schnell ziehe ich mir eine schwarze Jogginghose an und ein altes graues Shirt. Auf dem Küchentisch stehen bereits vier Tassen mit Kaffee. Fix klaube ich mir eine Tasse vom Tisch und stelle mich neben Lisa, die dabei ist die Eier zu wenden. Wortlos gebe ich ihr einen Kuss auf die Wange und gehe dann zur Eingangstür, um sie für Texas zu öffnen.

 

Draußen regnet es in Strömen. Texas beeilt sich sein Geschäft zu machen, um schnellstmöglich wieder ins Trockene zu kommen. Lächelnd nippe ich meinen Kaffee und schaue verträumt über den See. Die Regentropfen tanzen darauf und zeichnen ein Muster auf ihn. Mir gefällt der Anblick und ich frage mich, wie es hier wohl im Herbst aussehen mag.

 

Der Herbst ist mir die liebste Jahreszeit. Sie ist unbeständig und verkündet Neuigkeiten. Die Blätter an den Bäumen verfärben sich und fallen ab. Als Kind habe ich es geliebt, durch große Blätterhaufen zu laufen und das Laub zu verteilen. Meistens habe ich mich in das Herbstlaub gestürzt und es über mich geworfen, damit es auf mich nieder fällt. Mein Dad hat dann immer mit mir geschimpft, weil er kurz vorher die Haufen mühselig zusammen gerecht hat. Aber er konnte nicht lange böse auf mich sein. Er ist genauso wie ich. Meine Flausen haben ihn angesteckt und er hat dann fast immer mitgemacht.

 

Texas holt mich aus meinen Gedanken, in dem er vor mir steht und sich schüttelt. Ich schrecke kurz zurück und lache. Der Hund schaut mich ungläubig an und verschwindet im Haus. Mittlerweile sind auch Sid und Will aus ihrem Zimmer gekommen und haben sich an den Küchentisch gesetzt. Will sieht ziemlich deprimiert aus und ich setze mich neben ihn.

„Was ist los Will?“ frage ich ihn sanft. Er deute auf die offen stehende Tür.

„Es regnet. Eigentlich wollten wir heute wandern gehen. Zum Lake Garibaldi. Da gibt es einen Gletschersee. An dem kann man Zelten. Es ist himmlisch dort. Auch wenn man erst einmal eine ganze Weile laufen muss, bis dahin. Aber die Aussicht macht das alles wieder weg.“

„Ach Will,“ seufze ich, „Das ist doch nicht das Ende der Welt. Dann verschieben wir das Ganze um ein paar Tage. Lass uns stattdessen was anderes machen.“ Kurz überlege ich was ihn aufmuntern könnte und dann fällt es mir ein. „Was hältst du davon, wenn wir nach Vancouver fahren zum Shoppen.“ Wills Augen beginnen zu leuchten. Ich wusste, dass ich ihn mit einer ausgiebigen Shoppingtour locken kann. Auch Lisa scheint Feuer und Flamme von der Idee zu sein.

„Bevor wir fahren, muss ich aber noch Sam fragen, ob er Texas nimmt. Ihn möchte ich nicht unbedingt mit nach Vancouver nehmen. Das ist nichts für ihn. Und wenn wir schon einmal in Vancouver sind, kann ich auch gleich mein Auto bei der Vermietung abgeben.“

Ungläubig schaut mich Will an. Ich weiß was er denkt. Mit einer Handbewegung zeige ich ihm, dass ich darüber nicht diskutieren möchte.

„Also abgemacht, wir gehen shoppen.“ stelle ich fest.

 

Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen, besprechen wo in Vancouver wir uns treffen und fahren los. Vor dem Laden von Sam und Agnes halte ich an und geh mit Texas rein. Schwanzwedelnd rennt dieser auf Sam zu und fängt an vor Freude zu winseln. Sam begrüßt ihn zuerst überschwänglich und dann mich.

„Hallo Lena. Wie geht es dir?“ Herzlich umarmen wir uns.

„Ich wollte dich fragen, ob du heute auf Texas aufpassen kannst. Ich wollte mein Auto an die Autovermietung zurück geben und mit meinen Freunden etwas shoppen gehen. Ich möchte Texas nicht mit der Leine quälen.“

„Du willst das Auto zurückgeben. Aber wie willst du dann von der Hütte und zur Hütte wieder kommen.“

Ich zucke kurz mit den Schultern und erwidere dann, „Bis James wieder kommt, ist Will noch da und dann muss ich mal schauen. Es wird sich schon was ergeben. Zur Not kaufe ich mir einen Roller um mobil zu sein. Ich kann mir nur auf Dauer kein Mietwagen leisten. Jetzt wo ich offiziell arbeitslos bin. Und ich kann auch nicht auf Dauer das Geld meines Dads ausgeben.“

Sam nickt. „Das kann ich verstehen. Vielleicht findet sich ja eine Möglichkeit, dich mobil zu halten.“ Liebevoll lächelnd sieht er mich an. Dann sagt er „Wir passen gern auf Texas auf. Auch am Freitag.“ Stirnrunzelnd sehe ich ihn an. „Will hat uns gestern gefragt, ob wir am Freitag auf Texas aufpassen, da er mit euch in einen Club gehen möchte.“ Jetzt bin ich die, die nickt.

„Das ist lieb von dir. Danke. Ich hoffe nur, dass James es mir nicht übel nimmt. Schließlich habe ich ihn ja dazu gedrängt, Texas bei mir zu lassen.“ Laut lachend schüttelt Sam den Kopf.

„Mach dir mal nicht darüber Gedanken. James ist bestimmt damit einverstanden. Er hat mich sowieso gebeten, dir ab und an mal Texas abzunehmen, damit du mit deinen Freunden was unternehmen kannst.“ Verdutzt schaue ich ihn an. „Schau nicht so, „ gibt Sam von sich, „Nicht nur du darfst ein schlechtes Gewissen haben.“ Lachend nimmt er mich in den Arm und drückt mich. „Jetzt geh schon und hab einen schönen Tag.“ sagt er, nachdem er sich von mir gelöst hat. Ich hocke mich zu Texas runter und graule ihn hinter dem Ohr. Kurz flüstere ich ihm ins Ohr, dass er lieb sein soll und verabschiede mich dankend von Sam.

 

Auf dem Flughafengelände stelle ich den Wagen auf den Parkplatz der Autovermietung ab und gehe ins Gebäude. Der Herr hinter dem Schalter ist schwer beschäftigt und so beschließe ich meinen Dad anzurufen, um die Wartezeit zu überbrücken. Nach zweimal Läuten geht mein Dad auch ans Telefon.

„Hey Lena, ist etwas passiert? Ist alles in Ordnung?“ fragt er mich aufgeregt. Mit einem mal fällt mir ein, dass ich nicht an die Zeitverschiebung gedacht habe und es in Deutschland jetzt kurz nach Mitternacht ist. Mit der flachen Hand schlage ich mir gegen die Stirn, für meine Dummheit. Kein Wunder, dass mein Dad denkt, dass etwas passiert ist.

„Nein nein, alles in Ordnung.“ beschwichtige ich ihn. „Ich hab nur leider nicht an die Zeitverschiebung gedacht. Ich ruf dich später wieder an. OK?“

„Ach quatsch. Brauchst du nicht.“ Ich höre meinen Dad ins Telefon lächeln. „Ich hab noch gar nicht geschlafen. Ich sitze über der Buchhaltung. Seitdem Sebastian nicht mehr da ist, muss ich das Ganze jetzt erledigen.“ Er seufzt leise auf. Ich weiß genau, dass mein Dad es nicht so mit Zahlen hat. Er ist eher ein Mann für die Praxis statt für die Theorie.

„Deswegen rufe ich dich ja an. Lisa hat mir erzählt, dass du ihr den Job angeboten hast.“ sage ich.

„Ja aber nur, wenn du nichts dagegen hast.“ gibt er mir zur Antwort.

„Warum sollte ich etwas dagegen haben? Sie ist gut in ihrem Job und die Buchhaltung vom Hotel hat sie ja schon einmal gemacht. Du warst doch mit ihr zufrieden. Also stell sich bitte ein. Das ist das Beste was du für dich und das Hotel machen kannst.“

„Lena,“ ich höre wie mein Dad schwer ausatmet. „habt ihr Zwei euch ausgesprochen?“

„Ja Dad. Das haben wir. Es ist zwar noch nicht so wie früher, aber wir sind auf dem besten Weg dahin. Das braucht Zeit.“ beschwichtige ich ihn.

„Das ist gut.“ Ich höre wie er erleichtert ausatmet. „Jetzt sag mal, wie geht es dir eigentlich?“ wechselt er das Thema. Typisch Dad. Ist ein Thema abgehakt, wird schon das nächste angesprochen. „Du hast schon lange nichts mehr von dir hören lassen. Wenn Will nicht ab und zu mir eine Mail schreibt, würde ich nie erfahren, was bei dir los ist.“ Seine Stimme klingt leicht vorwurfsvoll und ich bin verdutzt darüber, dass Will anscheinend ihm regelmäßig Bericht erstattet.

„Was hat Will dir erzählt?“ will ich nun von meinem Dad wissen.

„Ach nichts weiter.“ Ich höre sein Unbehagen in seiner Stimme. „Lena, bitte melde dich öfter bei mir. Ich mach mir nur Sorgen um dich. Du bist ganz allein in einem fremden Land. Soweit weg von zu Hause.“

„Ach komm schon Dad. Du hörst dich ja schon fast so an wie Mum. Ich bin doch kein Kind mehr. Und ich bin auch nicht das erste mal weit weg von zu Hause. Außerdem bin ich ja nicht alleine. Da ist Will und Sid. Lisa. Sam und Agnes und noch eine Menge anderer Leute. Dad mir wird schon nichts passieren. Mach dir bitte keine Sorgen um mich.“ Hastig atme ich ein. Ich habe ohne Punkt und Komma geredet und das rächt sich gerade. Der Schalter der Autovermietung ist inzwischen Menschenleer und so nutze ich meine Chance.

„Hey Dad. Ich muss jetzt auflegen. Ich will den Mietwagen zurückbringen und der Schalter ist gerade frei geworden. Ich meld mich in ein paar Tagen wieder bei dir. Machs gut.“

Ich warte seine Antwort gar nicht erst ab. Zu gut weiß ich, dass er nicht damit einverstanden ist, das Auto abzugeben. Und auf diese Moralpredigt habe ich gerade keine Lust. Die kann ich nämlich nur verlieren.

 

Am Schalter gebe ich die Schlüssel des Mietwagen ab und bezahle die Rechnung mit meiner Kreditkarte. Die Rechnung frisst ein ganz schönes Loch in meinem Kontostand und ich ärgere mich darüber, dass ich den Wagen nicht schon eher abgegeben habe. Aber für Vorwürfe ist es eh jetzt schon zu spät. Mit einer Handbewegung wische ich den Gedanken beiseite und gehe zum Taxistand. Dem Fahrer gebe ich die Adresse von dem Einkaufszentrum, in dem ich mich mit den Anderen verabredet habe und er fährt los. Eine knappe halbe Stunde später hält das Taxi vor einem riesigen Komplex. Den Fahrer bezahle ich und steige aus.

 

Im Gebäude drin, frage ich mich ernsthaft, wie ich die Drei je finden sollte. Es ist riesig. Mein Weg führt mich in ein Rondell mittig des Einkaufzentrum. An der Decke ist eine Kuppel ganz aus Glas. Seitlich der Kuppel fahren volle Aufzüge hoch und runter. Ich drehe mich im Kreis um mich umzusehen. Da entdecke ich auch die Drei. Erleichtert atme ich aus. Die Drei sitzen in der ersten Etage in einem Café. Ich nehme die Rolltreppe und steuere genau auf sie zu. Mit einem freundlichem „Hallo“ grüße ich in die Runde. Will steht auf und drückt mich auf seinen Stuhl. Er wiederum klaubt sich einen Stuhl vom Nachbartisch und setzt sich wieder hin. Wir stärken uns für den bevorstehenden Shoppingmarathon mit einem zweiten Frühstück.

 

Wir waren kaum zu halten. Wie ein Hund im Bälleparadies stürmen wir die Geschäfte. Eine Hose hier ein Oberteil da. Zwei Stunden später sitze ich mit Sid zusammen, umringt von Massen an Tüten in einer Boutique. Meine Füße schmerzen und ich fühle mich wie durch den Reißwolf gezogen. Will und Lisa scheinen noch nicht genug zu bekommen, denn sie durchforsten die Regale und Ständer der Boutique. Will kommt mit einem blauen Kleid zu mir gerannt und meint, dass es perfekt ist für unseren Clubabend am Freitag. Ich lächle ihn müde an, kann aber nicht widerstehen und hieve mich von meinem Sitz auf und gehe zu den Umkleidekabinen.

 

Das Kleid saß perfekt. Es ging mir bis zu den Knien. Der weiche Stoff umspielte perfekt meinen Körper. Es hatte einen tiefen Ausschnitt und wurde am Hals zusammengebunden, so dass meine Schultern frei waren. Am Ende des Dekolletee prangte eine glitzernde Brosche. Ich zeigte mich den Anderen und die zeigten sich begeisternd. Sid pfiff sogar anerkennend. Also beschloss ich das Kleid zu kaufen. Noch bevor ich an der Kasse angekommen bin, fiel meine Augenmerk auf ein bodenlanges Sommerkleid mit Spagettiträgern. Es war beige und hatte viele kleine Blüten drauf. Ohne es anzuprobieren zog ich es vom Ständer und kaufte auch dieses.

 

Meine Kreditkarte glüht schon, aber Will ist voll im Shoppingmodus und meint, dass wir noch die perfekten Schuhe zu unserem Outfit brauchen. Also schob er uns in den nächstbesten Schuhladen. Sid hat es sich mit unseren ganzen Tüten in einer Ecke bequem gemacht und sah sich gequält um. Shoppen war nicht so sein Ding. Er bestellte seine Klamotten lieber online, ohne den ganzen Stress.

 

Ich laufe durch die Reihen der Regale und plötzlich bleibe ich stehen. In einem Regal mitten im Laden stehen die perfekten Schuhe zu meinem blauen Kleid. Blaue High Heels die am Knöchel mit einem breiten blauen Band gebunden werden. An der Ferse glitzern leicht. Ich probiere sie an und zeige Lisa meine Errungenschaft. Auch ihre Augen leuchten bei dem Anblick der Schuhe. Ich ziehe sie wieder aus und gehe Barfuß durch die Reihen. Ich liebe es Schuhe zu kaufen und so ist es kein Wunder, dass aus einem Paar am Ende fünf Paar Schuhe sind, die den Weg mit mir zur Kasse finden.

 

Nach dem bezahlen der Schuhe ist mein schlechtes Gewissen, so viel Geld auszugeben, noch größer. Ich beschließe mich dazu, dass es für heute genug ist. Und auch Will und Lisa scheinen für den heutigen Tag genug zu haben. Wir gehen, vollgepackt mit unseren Errungenschaften zum Auto. Der Kofferraum ist brechend voll, nachdem wir unsere Tüten verstaut haben. Sid fährt genervt aus dem Parkhaus in Richtung Squamish. Er tut mir leid und ich überlege mir, wie ich ihn aufmuntern kann. Er ist ja nur mit uns shoppen gegangen um Will eine Freude zu machen. Aber mir wird schon etwas einfallen, damit seine Laune wieder steigt. Erschöpft sinke ich in meinen Sitz und schließe die Augen.

 

Ein sanftes Streicheln weckt mich. Ich bin vor Müdigkeit eingeschlafen und als ich mich blinzelnd umsehe, erkenne ich, dass wir schon in vor dem Laden von Agnes und Sam sind. Ohne auf die Anderen zu achten, steige ich aus und geh in den Laden. Ein aufgeregter Texas begrüßt mich herzlich und ich gehe in die Hocke um ihn zu begrüßen. Sam steht hinter dem Tresen und beobachtet unser Schauspiel.

„Er hat wirklich einen Narren an dir gefressen.“ sagt Sam amüsiert. „So kenne ich ihn gar nicht. Den ganzen Tag ist er unruhig im Laden auf und ab gegangen. Jedes mal wenn die Ladentür ging rannte er aufgeregt dahin und als er mitbekommen hat, dass du es nicht warst, ist er traurig auf seinen Platz gegangen.“

Entschuldigend nicke ich Sam zu. Es tut mir leid, dass er mit Texas solche Probleme hatte. Ich überlege, ob ich den Freitagabend absage, da ich Sam das nicht noch einmal antun möchte. Er scheint jedoch meine Gedanken lesen zu können und meint, dass ich mir ja nicht einfallen lassen soll, am Freitag nicht auszugehen. Er bekomme das mit Texas schon hin. Schnell kaufe ich bei Sam noch zwei Flaschen Tequila, da mir gerade eingefallen ist, wie ich Sam aufheitern kann und verabschiede mich. Mit Texas an der Seite steige ich ins Auto und wir fahren los.

 

Abends hat keiner von uns die Kraft etwas zu Essen zu kochen. Also lümmeln wir zu viert auf der Couch herum und hängen unseren Gedanken nach. Will hat eins zweimal versucht mit Sid ein Gespräch zu führen, doch dieser brummte nur die ganze Zeit vor sich hin. Mir ist klar, dass er immer noch nicht über unseren Shoppingmarathon hinweg ist. Da fällt mir mein Vorhaben wieder ein. Fix hole ich die zwei Flaschen Tequila, passende Gläser und einen Würfel.

 

Auf Partys haben wir immer das Spiel: Ich habe noch nie..., gespielt. Da wir uns aber zu sehr kennen, wandle ich dieses Spiel etwas ab. Jetzt muss jeder, einen Tequila trinken, wenn jemand eine Sechs würfelt. Ich glaube, dass bringt Sid auf andere Gedanken. Lächelnd stehe ich mit meinen Habseligkeiten vor meinen Freunden. Sids Gesicht erhellt sich bei dem Anblick des Tequilas. Bingo, Volltreffer denke ich. Schnell erkläre ich die Regeln und wir beginnen zu spielen.

 

Eine Stunde später ist die erste Flasche Tequila leer und wir dank mangelnder Nahrungsaufnahme ziemlich angetrunken. Das hält uns allerdings nicht davon ab, das Spiel weiter zu spielen. Wir albern miteinander und betrinken uns sinnloserweise. Sids Stimmung ist wieder auf dem Höhepunkt und ich sehe zu Will, der mit seinen Lippen, ein Danke schön, stumm formt. Ich nicke ihn freudestrahlend zu. Keine weitere Stunde ist vergangen und die zweite Flasche ist auch leer und wir voll wie die Haubitzen. Ein anständiges Gespräch ist nicht mehr drin, da wir alle keine zusammenhängenden Sätze von uns geben können. Etwas später beschließe ich ins Bett zu gehen, da meine gute Tat vollbracht ist und Sid bester Laune ist. Meinen Kater am nächsten Morgen verfluche ich jetzt schon.

Bekannte Gesichter

Es ist Freitag. Unser Partyabend. Die letzten Tage hat es unentwegt geregnet und unsere Stimmung ist auf einem neuen Tiefpunkt angekommen. Dienstag hatten wir alle mit uns selbst zu tun, da wir unseren Kater auskurieren mussten. Wir haben den ganzen Tag nur auf der Couch gelümmelt und kaum ein Wort zu einander gesagt. Wir hatten einfach keine Kraft dazu. Mittwoch war auch nicht viel aufregender. Im Grunde haben wir nichts getan. Wir haben uns Wohlfühlklamotten übergezogen und den ganzen Tag irgendwelche Filme auf dem Laptop angeschaut. Welche kann ich noch nicht einmal sagen, da meine Gedanken oft weit weg waren. Gestern war der deprimiernste Tag. Will hat nur gemotzt, da wir aufgrund des Wetters nichts unternehmen konnten. Nur der Besuch von Sam, der uns etwas zu essen gebracht hat, war eine willkommene Abwechslung. Ich nahm ihn ziemlich lange in Beschlag, da er erzählt hat, dass James ihn angerufen hat und ich wissen wollte, was er gesagt hat. Natürlich hat er gefragt, ob es uns gut geht und ich mit Texas zurecht komme. Im Grunde wollte Sam eigentlich nur nachschauen, ob dem auch so sei. Deshalb hat er sich gedacht, damit es nicht zu sehr auffällt, uns etwas zu Essen zu bringen.

 

Heute ist aber endlich der Tag gekommen, an dem wir in den Club gehen. Selbstverständlich hat Sid auch dafür gesorgt, dass wir in Vancouver übernachten können, damit niemand auf Alkohol verzichten und mitten in der Nacht zurück fahren muss.

 

Auch Wills Stimmung ist besser, als an den letzten Tagen. Er freut sich auf den Abend. Gemeinsam packen wir unsere Sachen für den Abend und für den nächsten Morgen. Sid hat beim Frühstück vorgeschlagen, schon etwas eher loszufahren, damit wir noch zum Friseur gehen können. Und wir waren alle hellauf begeistert von der Idee. Schon lange habe ich mich nicht mehr für so einen Abend herrichten lassen. Und meine Haare hatten es auch einmal wieder nötig geschnitten zu werden.

 

Gegen Nachmittag fahren wir los. Einen kleinen Zwischenstopp legen wir in Squamish ein, um Texas bei Sam abzugeben und schon geht es auf nach Vancouver. Vor dem Hotel fädelt Sid den Wagen in eine Parklücke ein. Er hat uns erklärt, dass der Nachtclub nur ein paar Querstraßen weiter sich befindet und das Hotel einen eigenes Friseurgeschäft hat. Natürlich hat er vorsorglich schon die Termine abgesprochen. Doch bevor wir uns dorthin begeben, checken wir in unsere Zimmer ein. Lisa und ich teilen uns ein gemütliches Doppelzimmer. Will und Sids Zimmer liegt unserem direkt gegenüber. Wir verabreden uns für um sechs zum Abendessen. Gegen sieben ist unser Termin beim Friseur.

 

Ich sehe auf die Uhr und stelle fest, dass wir es bereits gegen fünf haben. Auch Lisa hat auf die Uhr gesehen und deutet mir erschrocken, dass sie schnell unter die Dusche geht. Ich schmeiße mich aufs Bett und atme tief durch. Da ich weiß, dass Lia mindestens zwanzig Minuten unter der Dusche stehen wird, beschließe ich James anzurufen. Schnell fädle ich mein Handy aus meiner Handtasche und wähle seine Nummer. Nach nur zweimal klingeln nimmt er auch ab.

„Hallo Lena. Ist alles in Ordnung?“ fragt er mich etwas außer Atem.

„Ja natürlich. Ich wollt mich nur mal bei dir melden.“ lächelnd amte ich aus. Es tut so gut seine Stimme zu hören. „Wir sind gerade im Hotel angekommen und Lisa steht gerade unter der Dusche. Ich wollte eigentlich nur die Zeit etwas überbrücken und mich mal bei dir melden.“

Ich höre wie er lächelt, dann sagt er, „Ich bin gerade vom Joggen rein und wollte auch gerade unter die Dusche. Danach muss ich wieder los zum arbeiten.“

„Um diese Uhrzeit?“ Ich lege die Stirn in Falten und frage mich, was er um diese Uhrzeit noch fotografieren soll, da die Lichtverhältnisse nicht mehr so schön sind. James scheint meine Gedanken lesen zu können und sagt, „Ich soll Fotos von einer Party machen und dann möchte der Auftraggeber noch Fotos von der Torontoner Skyline bei Nacht haben. Es wird ein langer Abend werden. Es tut mir leid, Lena, aber ich muss jetzt wirklich duschen. Wir sehen uns nächste Woche zum Sommerfest. Hab einen schönen Abend.“

 

Ohne meine Antwort abzuwarten legt er auf. Sprachlos sehe ich auf mein schwarzes Display. Irgendwie weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Er hat mich einfach so abgewürgt. So als würde ich ihn bei irgendetwas stören. Resigniert lege ich mein Telefon auf den Nachttisch.In dem Moment kommt Lisa aus dem Bad und sieht mich fragend an. Ich schüttle den Kopf, um ihr zu zeigen, dass ich nicht darüber reden möchte. Schließlich weiß ich selber nicht, was gerade los ist. Schnellen Schrittes gehe ich in Bad und schließe die Tür hinter mir. Ich stelle die Dusche an und genieße es, dass das Wasser meinen Körper umhüllt. Kurz schließe ich meine Augen. Öffne sie aber schnell wieder, da die Bilder von der letzten gemeinsamen Dusche mit James vor meinem inneren Auge aufflackern. Seufzend stelle ich das Wasser ab und hülle mich in ein weiches Handtuch.

 

Zehn Minuten später treffen Lisa und ich im Restaurant ein, wo Will und Sid schon bereits auf uns warten. Auch sie haben geduscht. Wahrscheinlich gemeinsam. Da jeder für sich auch eine Ewigkeit im Bad braucht. Lächelnd umarmen wir die beiden und setzen uns an den Tisch. Eine Bedienung kommt zu uns und nimmt unsere Bestellungen auf. Eine halbe Stunde später kommt unser Essen. Lisa unterhält sich angeregt mit Sid und Will. Worüber sie reden bekomme ich nur bruchstückhaft mit. Meine Gedanken drehen sich immer noch um das Telefonat mit James. Ich erschrecke, als mich jemand am Arm berührt. Als ich aufblicke, sehe ich in drei besorgte Gesichter. Wieder schüttle ich mit dem Kopf um zu signalisieren, dass ich nicht darüber reden möchte. Aber diesmal lässt Lisa nicht locker und so erzähle ich von dem merkwürdigen Telefonat mit James.

„Es kommt mir so vor, als wenn es ihm nicht recht war, dass ich ihn angerufen habe.“ sage ich in die Runde.

„Meinst du nicht, dass du da zu viel hineininterpretierst?“ fragt mich Lisa und hebt dabei eine Augenbraue.

„Vielleicht hast du recht.“ sage ich seufzend.

„Nicht nur vielleicht. Ganz bestimmt.“ gibt nun auch Will von sich und Sid stimmt ihm nickend zu. „Lena, du bist in solchen Sachen nicht mehr geübt. Er hat dir doch erzählt, dass er zu tun hat. Glaube mir, ich kenne James schon etwas länger.“ Will atmet tief ein. „Eigentlich ist James kein Beziehungsmensch. Er hat immer hier und da eine Frau kennen gelernt, aber diese Beziehungen waren nur von kurzer Dauer. Das ist aber auch seinem Job zuzuschreiben. Er ist immer unterwegs und hat so keine Zeit für längerfristige Sachen. Im Grunde,“ wieder holt Will tief Luft, „war er für diese Jahreszeit schon viel zu lange am See. Und das meine liebe Lena liegt nur ganz an dir.“ Zärtlich streichelt er meine Wange und ich verstehe, was er mir damit sagen will.

 

So richtig weiß ich auch nicht, wie ich die Sache mit James definieren soll. Seit meinen Unfall hat er mich nicht alleine gelassen. Auch hat er mir am See, als wir gemeinsam im Schaukelstuhl saßen, gesagt, dass er mich liebt. Also warum mache ich mir solche Gedanken? Ich komme zu dem Entschluss, dass ich einfach überreagiere.

 

Nach dem Essen gehen wir gemeinsam zum Friseur. Babette, meine Friseurin, fragt mich, wie ich denn gerne meine Haare hätte. Ich erkläre ihr, dass ein Grundschnitt schon längst überfällig ist und sie für den Abend freie Hand hätte. Sie fragt mich nach meinem Outfit, welches ich anziehen möchte und ich erkläre ihr mein Kleid für den heutigen Abend. Schnell einigen wir uns, dass Babette einfach nur meine Haare durchstuft und mir für den Abend einen Seitenzopf flechtet, damit freier Rücken zu sehen ist. Ich vertraue ihr und eine Stunde später bewundere ich ihr Werk im Spiegel. Meine Frisur sitzt perfekt und der Zopf lässt nicht nur Einblick auf meinen Rücken zu,sondern betont dazu noch meinen langen Hals. Sid pfeift mir anerkennend zu, als ich mich meinen Freunden zeige. Auch sie sehen umwerfend aus. Lisa hat sich ihre blonde Mähne locken lassen und sieht aus wie ein Engel. Sid und Will haben sich die Haare trimmen und gelen lassen. Gemeinsam beschließen wir noch einen Drink an der Bar zu nehmen, bevor wir wieder auf unsere Zimmer gehen und uns für den Abend umziehen.

 

Vor dem Club “Celebrities“ ist eine Menge los. Ein Haufen Menschen wartet darauf hinein gelassen zu werden. Sid manövriert uns an der Menschenmasse vorbei, direkt zum Eingang. Er nennt unsere Namen und der Türsteher tritt einen Schritt beiseite um uns einzulassen. Aus dem Hintergrund kann ich ein paar Buhrufe vernehmen, doch es juckt mich nicht. Jeder von den einzelnen Leuten hätte sich rechtzeitig auf die Gästeliste setzen lassen können. Im Club drin herrscht schon reges Treiben. Die Tanzfläche ist brechend voll. Links und rechts davon befindet sich jeweils eine Bar an der sich die Leute tummelten und auf ihre Getränke warten. Ringsherum stehen Tische und Stühle. Sid deutet uns, dass wir an die Bar gehen sollen um uns erst einmal ein paar Getränke zu organisieren. Wir stellen uns an den Rand einer der Bars und ich schaue auf die Tanzfläche. Keine fünf Minuten warten auf unsere Getränke und ich staune nicht schlecht über die Schnelligkeit der Barkeeper. Lachend stoße ich mit meinen Freunden an.

„Auf einen tollen Abend.“ schreit Will der Musik entgegen. Ich sehe wie er zappelt und weiß genau, dass es nicht mehr lange dauert und er Sid auf die Tanzfläche zerrt. Als hätte ich es geahnt, nimmt Will Sids Hand kurze Zeit später und zieht ihn auf die Tanzfläche. Sid kann nur noch eine entschuldigende Geste uns entgegen werfen und schon sind die Zwei verschwunden. Das ist so typisch für Will. Lisa und ich lachen uns an. Auch sie kennt das schon von Will und ist darüber nicht böse, dass er uns einfach so hat stehen lassen.

 

Ich unterhalte mich mit Lisa. Unterhalten kann man das eigentlich nicht nennen. So laut wie es hier ist. Eher schreien wir uns an. Zwei Arme schlingen sich um moch herum und ich erschrecke. Schlagartig drehe ich mich herum, um zu sehen, wer es ist. Ich sehe in zwei bekannte Augen und falle ihm um den Hals. Lisas verstörende Blicke kann ich in meinem Rücken spüren. Ich lächle, löse mich von der Person und drehe mich zu Lisa um.

„Darf ich vorstellen. Das ist Brad. Brad das ist meine Freundin Lisa. Sie ist aus Deutschland gekommen, um mich zu besuchen.“

Lächelnd begrüßt er Lisa. Natürlich lächelt sie ihn mit ihrem zuckersüßem Lächeln zurück. Ich ahne schlimmes.

„Was machst du hier?“ frage ich Brad.

„Eigentlich bin ich immer Freitags hier, solange ich nicht arbeiten muss. Da spielen sie die beste Musik.“ antwortet er mir und fragt dann, „Habt ihr nicht Lust mit zu uns an den Tisch zu kommen?“

Lisa und ich nicken. Schnell zeige ich auf Will und Sid, die ich in der Masse entdeckt habe. Brad zeigt aud den Tisch und deutet uns mit einem Wink, dass wir uns schon mal setzen sollen und er den Beiden Bescheid gibt. Lisa und ich tun wie uns geheißen und setzen uns an den Tisch. Dort sitzen fünf weitere Männer, die uns fragend anlächeln, aber dennoch uns Platz machen, damit wir uns setzen können.

„Woher kennst du Brad?“ will Lisa von mir wissen. Ich lächle vielversprechend.

„Brad ist Arzt. Er hat mich untersucht, nachdem ich den Unfall hatte, vor ein paar Wochen.“ Lisa nickt. „Er ist dick mit James befreundet.“ schiebe ich noch hinterher. Lisa lächelt mich verschmitzt an. Diesen Blick kenne ich nur zu genau. Sie ist im Jagdfieber. Laut stöhne ich auf, damit sie mitbekommt, dass es mir nicht in den Kram passt, was sie da vorhat.

„Bitte tu mir den Gefallen, Lisa. Lass die Finger von ihm. Ich weiß genau was du vorhast.“ flehend sehe ich sie an. Doch sehe ich ihn ihrem Gesicht, dass sie sich bereits entschieden hat und meine Worte nichts mehr ausrichten können. Sie ist auf der Jagd und ihre Beute ist Brad. Armer Brad, denke ich mir.

 

„Ich hab den Zweien Bescheid gesagt, wo wir sitzen. Also macht dir keine Sorgen.“ Brad setzt sich neben mich. „Wie geht es eigentlich deinem Bein und deinem Kopf?“ fragt er mich, ganz im Doktormodus.

„Ganz gut. Ich habe keine Beschwerden mehr, Her Doktor.“ scherze ich.

„Dennoch solltest du es ruhig angehen.“ ermahnt er mich. „Wenn ich mir deine Schuhe anschaue, bin ich mir nicht so sicher, dass du den Abend heil überlebst.“ Lächelnd zeigt er auf meine High Heels und ich grinse ihn an. „Dafür brauchst du einen Waffenschein.“ scherzt er. Lachend gebe ich ihm einen Stoß gegen die Schulter.

 

Eine Kellnerin kommt an unseren Tisch und fragt ob wir noch was zu trinken haben möchten. Noch bevor wir etwas sagen können, bestellt Brad zehn Bier und eine Flasche Tequila mit zehn Gläsern. Augen rollend sehe ich ihn an.

„Was denn, wir sind doch hier um zu feiern.“ sagt er schließlich und ich nicke nur. Scheinbar ist er auch so ein Typ, dem man lieber nicht überreden sollte, es langsam anzugehen. Nachdem die Kellnerin uns die Getränke gebracht hat, gießt Brad jedem das Glas voll mit Tequila und winkt Will und Sid zu, sie mögen zu uns kommen. Als die Zwei am Tisch sind, erhebt Brad sein Glas und schreit über unsere Köpfe hinweg, „Auf den Abend und was noch kommen mag.“ Dann ext er sein Glas und die Meute macht es ihm nach. So geht es eine Stunde lang.

 

In mir dreht sich alles. Ich bin es nicht mehr gewohnt, soviel zu trinken und bestelle mir bei der nächsten Runde ein Wasser statt einem Bier. In einem Zug trinke ich es aus und Brad schaut mich hochgezogenen Augenbrauen an. Entschuldigend hebe ich meine Schultern. Doch Brad ist unerbittlich und schenkt unsere Gläser wieder voll mit Tequila.

 

„Wollen wir tanzen gehen?“ fragt mich Lisa und ich nicke nur. Brad der die Frage auch gehört hat, hänkelt sich bei uns ein und geht mit uns auf die Tanzfläche. Ich bewege mich im Rhythmus der Musik. Es ist eine Mischung aus House und Country. Ziemlich eigenwillig die Kombination, aber man kann gut dazu tanzen. Mein Blick lasse ich über die Menschenmasse auf der Tanzfläche schweifen. Alle sind happy und feiern. Das Publikum ist sehr gemischt. Nicht nur was das Alter angeht, sondern auch ihre Herkunft. Mit einem Mal bleibe ich abrupt stehen und starre in Richtung Bar. Dort steht eine Person, die ich seit Wochen nicht mehr gesehen habe. Lisa rempelt mich aus versehen an. Doch ich bewege mich nicht von der Stelle, schaue sie nur verblüfft an. Mein Blick wandert wieder zur Bar. Ich suche die Person, die ich geglaubt habe zu sehen. Doch kann ich sie nirgends erspähen. Leicht schüttle ich meinen Kopf. Der Alkohol scheint mich ein bisschen benebelt zu haben und ich zeige Lisa, dass ich kurz auf die Toilette gehe.

 

Im Waschraum ist eine Menge los. Viele Frauen stehen an den Waschbecken und richten sich wieder her. Einige unterhalten sich aber auch nur. Mich interessiert es nicht worüber sie reden. Als ein Waschbecken frei geworden ist, stelle ich mich davor und lasse kaltes Wasser über meine Pulsadern laufen. Ich entspanne mich augenblicklich. Das kühle Nass tut mir gut und erfrischt mich. Im Spiegel begutachte ich meine Frisur und richte sie etwas. Dann gehe ich zurück. Aber nicht zur Tanzfläche, sondern an unseren Tisch. Denn ich habe Lisa und Brad gesehen, wie sie auf der Tanzfläche mit einander rummachen. Genervt setze ich mich neben Will und lehne meinen Kopf an seine Schulter. Ein leiser Seufzer kommt mir über die Lippen. Will der das bemerkt hat, legt seinen Arm und mich und fragt, „Was ist los?“ Ich zeige auf die Tanzfläche und Will nickt wissentlich.

„Nicht einmal hier kann sie sich benehmen.“ beschwere ich mich. „Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Brad ist ein guter Freund von James. Und Lisa spielt mal wieder eines ihrer Spielchen. In ein paar Tagen ist sie weg und was ist dann? Ich hoffe sie klärt das mit ihm. Nicht das sie ihm das Herz bricht und er sich mehr davon erhofft.“

„Ach Lena,“ sagt Will sanft, „die Beiden sind erwachsen. Sie müssen selbst wissen was sie tun.“

„Ich weiß. Aber kannst du dich noch an die Typen erinnern, die sie abgeschleppt hat und die dann mir auf der Pelle hingen, um sich bei mir auszuheulen. Madame war sich ja zu fein dafür, ihnen reinen Wein einzuschenken und so musste ich das dann immer machen.“ Seufzend greife ich zu meinem Glas und exe es.

 

„Komm lass uns tanzen. Da kommst du auf andere Gedanken.“ noch bevor ich Protest einwerfen kann, zieht mich Will nach oben und auf die Tanzfläche. Wir tanzen eine Ewigkeit. Damit wir nicht austrocknen, kommt Sid ab und zu vorbei und bringt uns unsere Gläser. Er sieht auch schon ziemlich fertig aus. Ich glaube er ist für heute durch und freut sich schon auf sein Bett.

 

Viele im Club scheinen das Gleiche zu empfinden und so sind nur noch wenige Personen da. Auch die fünf Typen, die am Anfang noch an unserem Tisch gesessen haben, haben sich bereits vor einer Stunde verabschiedet. Mein Blick schweift über die wenigen Leute hinweg. Ich suche Lisa und Brad. Kann sie beide jedoch nicht entdecken. Sid scheint meine Suche mitbekommen zu haben und sagt mir, das die Zwei schon vor einer Weile gegangen sind. Über Wills Schulter frage ich Sid, ob wir auch gehen wollen und er nickt mir dankbar zu.

 

Im Hotelzimmer ist von Lisa keine Spur. Im Grunde konnte ich es mir schon denken, schon als Sid mir gesagt hat, dass die Lisa und Brad schon weit vor uns den Club verlassen haben. Müde und erschlagen lasse ich mich angezogen aufs Bett fallen. Nur meine Schuhe streife ich mir von den Füßen. Ich bin viel zu fertig, um mich zu entkleiden und abzuschminken.

 

Mein Blick fällt auf mein Handy, was ich nach dem Anruf bei James, auf dem Nachtisch gelegt habe. Schnell greife ich danach. Das Display weist zwei Anrufe in Abwesenheit auf. Aber es wurde keine Nachricht hinterlassen. Verdutzt schaue ich mir die Nummer an. Sie ist mir vollkommen unbekannt. Aber beide Anrufe sind von der selben Rufnummer. Mein Kopf brummt und ich entscheide mich das Handy auf lautlos zu stellen und nicht weiter über die Anrufe nachzudenken. Ich will einfach nur schlafen. Keine fünf Minuten, nachdem ich das Licht gelöscht habe, schlafe ich ein.

 

Ein Surren holt mich aus dem Tiefschlaf. Blinzelnd sehe ich mich um. Das Surren hört nicht auf. Etwas orientierungslos sehe ich mich um. Mein Telefon tanzt auf dem Nachtisch. Kurz überlege ich, nicht ran zugehen. Aber das Geräusch ist unerträglich und mein Kopf platzt fast unter dem Ertönen. Vorsichtig fische ich das Telefon vom Nachttisch und drücke auf den grünen Knopf. Mit krächzender Stimme meldet ich mich.

„Hey du. Na endlich gehst du ran.“ Nur langsam kann ich die Stimme zuordnen.

„Guten Morgen James.“ sage ich leise. „Tut mir leid. Ich habe noch geschlafen.“ Durch das Telefon kann ich ihn lächeln hören.

„War wohl gestern etwas feucht fröhlich?“ fragt er mich amüsiert. Noch bevor ich ihm antworten kann sagt er, „Ich wollte mich für gestern bei dir entschuldigen. Ich war etwas gestresst und wollte dich nicht abwimmeln.“

„Schon gut.“ sage ich und versuche mich aufzusetzen. Mein Magen dreht sich einmal um die eigene Achse und mein Kopf macht es ihm nach. Stöhnend lasse ich mich wieder in die Kissen sinken.

„Hast du gestern Abend versucht mich anzurufen?“ frage ich ihn, da nur wenige meine Handynummer haben. Im Grunde kommt nur er, Sam, Lisa und Brad in Frage.“

„Nein, habe ich nicht.“ antwortet er und fragt mich nach dem Grund. Lapidar antwortet ich nur, „Ach nur so.“ Scheinbar kann James das Chaos von letzter Nacht erahnen und verabschiedet sich von mir. Noch bevor er auflegt, entschuldigt er sich erneut bei mir.

 

Schlurfend gehe ich ins Bad. Mein Spiegelbild zeigt genau das Erscheinen was ich vermutet habe und so wie ich mich momentan fühle. Mein Maskara ist total verlaufen und ich sehe aus wie ein Waschbär. Auch mein Lippenstift ist nicht mehr an der Stelle, wo er eigentlich hingehört. Über meine Dummheit, mich nicht abzuschminken, schüttle ich den Kopf. Langsam entkleide ich mich. Da schnelle Bewegungen gerade nicht gut für mich sind. Wie in Zeitlupe stelle ich mich unter die Dusche und lasse das warme Wasser, regungslos über meinen Körper prasseln. Es tut gut und ich merke wie meine Lebensgeister wieder erwachen.

 

Eine halbe Stunde später stehe ich im Restaurant und halte nach Will und Sid Ausschau.Beiden sitzen bereits über ihrem Frühstück. Auch sie sehen nicht sonderlich fit aus. Ihnen scheint, genau wie mir, der gestrige Abend noch in den Knochen zu stecken. Lächelnd gehe ich auf die Zwei zu. Freudestrahlend begrüße ich Beide und setze mich zu ihnen. Will gießt mir meine Tasse voll mit Kaffee und nicke ihm dankend zu. Der Kaffee schmeckt gut und ich trinke meine Tasse leer, bevor ich mich das Buffet her mache.

 

Auf meinem Teller liegt bereits ein Brötchen und etwas Wurst, als ich am Obststand des Buffet ankomme. Mein Blick schweift durch das Restaurant. In Richtung Lobby. Plötzlich bleibe ich wie angewurzelt stehen und mein Teller fällt zu Boden. Für einen kurzen Moment kann ich meinen Augen kaum Glauben. In der Lobby steht eine Person, die hier gar nicht sein sollte. Zwar sehe ich ihn nur von der Seite, aber ich bin mir sicher, dass er es ist.

 

Will steht auf einmal neben mir und schaut mich verwundert an.

„Was ist los?“ fragt er mich besorgt. Verzweifelt sehe ich ihn an und dann wieder zur Lobby. Doch die Person ist nicht mehr zu sehen.

„Ich glaub Sebastian ist hier.“ presse ich aus mir raus. Meine Augen suchen das Restaurant und die Lobby an.

„Das kann nicht sein. Bist du dir sicher?“

„Glaub mir. Ich bin mir sicher. Er stand auf einmal in der Lobby. Ich hab ihn zwar nur von der Seite gesehen, aber ich schwöre dir, er war es.“ Augenblicklich fällt mir die Person vom gestrigem Abend im Club ein. Da dachte ich auch, ihn gesehen zu haben. Aber das sage ich Will nicht. Ich weiß, dass Will sich dann nur noch mehr Sorgen macht.

„Lena, Liebes. Vielleicht haben dich deine Augen auch getäuscht. Sebastian hat ein Allerweltsgesicht und du hast ja eben auch gesagt, dass du ihn nur von der Seite gesehen hast. Vielleicht täuschst du dich ja auch.“

 

Schulterzuckend knie ich mich nieder und hebe meinen Teller und die Lebensmittel auf. Mein Hunger ist verflogen und ich klaube mir einen Jogurt vom Buffet. Wieder am Tisch rühre ich appetitlos in meinem Becher. Mein Blick wandert immer wieder zur Lobby. Doch die Person die ich suche, taucht nicht mehr auf. Stattdessen steht eine freudestrahlende Lisa in der Tür des Restaurant und kommt auf unseren Tisch zugelaufen.

„Hey ihr.“ sagt sie, als sie an unserem Tisch angekommen ist und sie sich zu uns setzt. Sie trägt noch immer das Kleid von gestern Abend. Jedoch ist ihr Make up frisch und sie strahlt mit ihren weißen Zähnen um die Wette.

„Warum hast du mir nicht erzählt, was für ein toller Mann doch Brad ist?“ fragt sie mich spielend schockiert und stupst mich an. „Er ist ja so ein Gentleman. Die Nacht war unglaublich...“ Lisa hält in ihren Erzählungen inne und schaut in die Runde. Stirnrunzelnd fragt sie, „Was ist denn bei euch los? Ihr zieht ja Gesichter wie hundert jahre Regenwetter. Hab ich irgendwas verpasst?“

Ich rühre weiter in meinem Becher ohne sie anzuschauen. Jedoch meldet sich Will zu Wort, „Lena glaubt, sie habe Sebastian gesehen.“

„Was?“ fragt Lisa schockiert und fixiert mich. „Das kann doch nicht sein. Oder?“

„Nein, ich glaube nicht.“ sagt Will. Auch sein Blick ruht auf mir. Ich sage nichts dazu. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie mir auch nicht glauben wird. Stattdessen sage ich, „Wir müssen langsam los. Ich möchte Sam nicht allzu lange Texas aufs Auge drücken.

 

Stillschweigen packe ich meine Tasche, während Lisa sich umzieht und es mir dann gleich tut.In der Lobby warten Will und Sid schon auf uns, um gemeinsam wieder zurück zu fahren. Auf der ganzen Fahrt nach Squamish hänge ich meinen Gedanken nach. Ich überlege, ob ich mich vielleicht geirrt habe und in der Lobby sowie im Club nur jemand gewesen ist, der Sebastian ähnlich sieht.

 

 

Ungewöhnliche Ereignisse

Kaum das wir wieder in vertrauter Umgebung sind, erzählt uns Lisa, dass Brad uns auf sein Boot für ein paar Tage eingeladen hat, um uns die Gegend zu zeigen. Ich glaube eher, er will die Zeit mit Lisa noch etwas genießen und hat uns anstandshalber mit eingeladen. Lächelnd lehne ich die Einladung ab. Die Idee finde ich an sich nicht schlecht, nur ist ein Boot nichts für einen Hund und im Grunde möchte ich Sam nicht schon wieder Texas aufs Auge drücken. Auch wenn Sam nichts gesagt hat, kann ich es an seinen müden Augen sehen, dass Texas ihn wohl kaum schlafen lassen hat. Es tut mir leid, dass ich ihm solche Unannehmlichkeiten beschwert habe.

 

Mit Texas an meiner Seite genieße ich die angenehme Morgenluft und die Ruhe die uns umgibt. Wir sind zeitig aus dem Haus gegangen und laufen gemeinsam am See entlang. Es ist so herrlich friedlich uns still hier. Ich genieße jeden Atemzug, gerade nach dem Wochenende was wir hinter uns haben.

 

Seid wir wieder aus Vancouver zurück sind, lässt Texas mich keinen Augenblick allein. Selbst ins Bad lässt er mich nicht allein und läuft mir hinter her. Hier am See weicht er auch nicht einen Meter von meiner Seite. Ich frage mich, wie es sein wird, wenn ich wieder nach Deutschland fahre und mach mir echt Sorgen. Auch wenn der Tag noch nicht allzu bald sein wird, fällt es mir schwer daran zu denken. Der Ort und die Menschen hier werden mir fehlen. Lächelnd und mit Wehmut setze ich mich ans Ufer. Texas macht es mir gleich. Meine Hand wandert seinem weichem Fell entlang. Auf und Ab. Schweigsam starre ich auf den See und sauge jeden Augenblick in mich ein. So als wird dieser Moment bald verschwinden.

 

Ein leichtes Knacken ist aus dem Unterholz zu hören. Texas der seine Ohren gespitzt hat, fängt an zu knurren. Nur mit Mühe kann ich ihn beruhigen.

„Sei nicht albern,“ witzle ich, „das wird nur ein Tier sein. Das tut uns schon nichts.“ Lächelnd streichle ich sein Fell bis er sich etwas beruhigt hat. Leider hält es nicht lange an. Ein neues Knacken ertönt aus dem Unterholz und wieder knurrt Texas. Diesmal aber viel bösartiger als beim ersten Mal. Ein wenig mache ich mir Sorgen. Auch wenn es wahrscheinlich nur ein Waschbär sein wird, stehe ich auf, um nach dem rechten zu sehen.

 

Texas stellt sein Fell kerzengerade auf, je mehr wir Richtung Haus gehen. Trotz seiner Aufregung, weicht er keinen Zentimeter von meiner Seite. Im Gegenteil. Er presst sich regelrecht an mein Bein. So das ich Mühe habe, ein paar Schritte am Stück zu gehen. Vor der Tür streckt Texas seine Schnauze in die Luft. Beinahe glaube ich, er wittert etwas. Aber es passiert nichts. Er geht schnurstracks ins Haus und rollt sich auf seinem Platz zusammen. Lächelnd schüttle ich den Kopf und geh in die Küche um mir einen Kaffee zu machen. Mein Blick fällt auf dem Küchentisch. Mein Laptop steht dort aufgeklappt und angeschaltet. Ich wundere mich. Eigentlich bin ich der Meinung gewesen, dass er gestern Abend noch auf dem Couchtisch stand und ausgeschaltet war. Mit runzelnder Stirn gehe ich auf ihn zu. Auf dem Monitor prangt ein Bild, von dem ich der Meinung bin, dass ich es schon längst gelöscht habe. Es zeigt Sebastian und mich in inniger Umarmung vor dem Hotel meines Dads. Verwirrt starre ich das Bild an. Ich kann mir nicht erklären, wie das Bild auf meinen Monitor kommen kann. An Sebastian habe ich schon ein paar Wochen nicht mehr gedacht. Zumindest bis wir in Vancouver waren und ich geglaubt habe, Sebastian im Club und im Hotel gesehen zu haben. Hastig klappe ich den Laptop zu.

„Was hältst du davon, wenn wir zu Sam und Agnes gehen?“ frage ich Texas. Dieser springt auf und rennt zur Tür. Lächelnd schnappe ich mir meine Tasche und trete aus dem Haus und verschließe die Tür.

 

Der Highway ist nicht weit vom Haus und da die Touristensaison auch noch nicht vorbei ist, weiß ich, dass wir definitiv eine Mitfahrgelegenheit bis nach Squamish finden werden. Nach zehn Minuten straffen Fußmarsch, quer durch den Wald, befinden wir uns auch schon am Highway und laufen in Richtung Squamish. Keine fünf Minuten später hält ein Wagen neben uns. Ein älterer Herr sitzt am Steuer. Er fragt mich, wo ich hin möchte und ich antworte ihm. Freundlich lädt er uns ein, mit ihm mitzufahren, da er sowieso in die Stadt wollte und es zu Zweit beziehungsweise zu dritt doch angenehmer ist, als allein. Lächelnd bedanke ich mich und steige mit Texas ins Auto.

 

Der Mann führt einen monotonen Smalltalk und ich höre ihm aufmerksam zu. Er erzählt mir, dass er aus Squamish stammt und eine Hütte in der Nähe des Daisy Lake hat. So wie viele Bewohner aus dem Ort.

„Entweder haben die Leute aus Squamish ein Boot vor Anker oder ein Haus im Wald. Nur wenige haben beides.“ sagt er in einer Art Singsang. Er kennt auch Texas und James ganz gut. Und natürlich auch die Eltern von James. In Squamish scheint man auch von mir gehört zu haben. Die Frau aus Deutschland, die sich einsam und allein im Wald aufhält. Weil Sam in der ganzen Stadt bekannt ist und meistens auch immer alles weiß, erfährt der Ort ziemlich schnell alle Neuigkeiten und so anscheinend auch von mir. So wie es scheint, ist Sam ein richtiges Waschweib. Leise schmunzle ich in mich hinein. Eigentlich hab ich ihm so etwas nicht zugetraut. Aber es macht ihn irgendwie sympathisch. Ich mag Sam. Schon vom ersten Tag an und vielen Anderen geht es bestimmt genauso.

 

Der Mann hält genau vor Sams laden. Ich steige aus und bedanke mich freundlich bei ihm, dass er mich mit in die Stadt genommen hat. Mit einer schnellen Handbewegung deutet er mir, dass es nicht der Rede wert ist und fährt davon. Lächelnd betrete ich den Laden. Eine Angenehme Kühle kommt mir entgegen und ich atmet tief ein. Texas rennt schwanzwedelnd in den privaten Bereich und kommt mit Sam, der gerade das Telefon ans Ohr hält wieder.

„Lena ist gerade gekommen. Warte ich gebe sie dir.“ sagt er und drückt mir ohne weiteren Kommentar das Telefon in die Hand. Verdutzt schaue ich auf das Telefon. Ganz zaghaft halte ich es mir ans Ohr und sage, „Hallo?“

„Hey Süße.“ kommt von der anderen Leitung und ich erkenne James Stimme am anderen Ende. Da ich so perplex bin und nichts sage, fragt er, „Ist alles in Ordnung bei dir?“

„Ja ja. Entschuldige.“ gebe ich schnell von mir. „Ich war nur etwas verblüfft, dass mir Sam einfach so das Telefon in die Hand gedrückt hat.“

„Ja das kann er gut.“ James lacht am anderen Ende. Damit ich nicht einfach so dumm rumstehe, setze ich mich an meinen gewohnten Platz.

„Wo bist du gerade?“ frage ich ihn.

„Ich bin in Toronto. Der Auftrag ist etwas...“ James atmet schwer aus. „...sagen wir es so. Er ist etwas schwierig.“

„Warum?“ frage ich neugierig.

„Ach es ist ja nichts neues, das Auftraggeber ihre Meinungen ändern. Aber dieser hier ist Besonders. Heute so und morgen so. Wenn das so weiter geht, komm ich nie vor dem Wochenende heim.“

„Oh.“ sage ich leise und schaue aus dem Fenster. Auf der Straße tummeln sich ein paar Jugendliche und kicken einen Fußball hin und her.

„Ich versuche mein Möglichstes um am Freitag wieder da zu sein. Wenn ich es allerdings nicht schaffen sollte, kannst du nach dem Fest gern bei mir übernachten. Deine Freunde natürlich auch.“

„Das ist lieb von dir. Aber das wird sicherlich nicht nötig sein.“ gebe ich gedankenverloren von mir. Mein Blick ist immer noch auf die Jugendlichen gerichtet, die eifrig und mit gekonnten Tritten sich den Ball zu spielen.

„Komm schon Lena. Sam hat mir erzählt, dass du dein Auto wieder zur Vermietung geschafft hast. Und Brad und Lisa scheinen auch miteinander was am laufen zu haben.“

Stirnrunzelnd sehe ich weiter stur aus dem Fenster. Ich frage ich woher er das weiß.

„Brad hat mir erzählt, dass er euch im Club getroffen und die Nacht mit Lisa verbracht hat. Sie scheint ihn ganz schön beeindruckt zu haben, wenn er sich extra eine Woche frei nimmt und euch auf sein Boot einlädt.“

„Scheint so.“ antworte ich abwesend. Irgendwie kann ich mich nicht so richtig auf das Telefonat konzentrieren. Es fasziniert mich, wie die Jungs draußen den Ball kicken und was für eine Ausdauer sie an den Tag legen.

„Ich hoffe nur, dass sich Brad nicht zu viel davon erhofft. Lisa ist sehr sprunghaft, was Männer betrifft.“ sage ich und wende mich von den Jugendlichen ab. Sam gesellt sich kurz zu mir und stellt mir eine Tasse Kaffee vor die Nase. Er deutet mir mit einer Handbewegung, dass er sich im hinteren Bereich aufhält. Ich nicke ihm zu.

„Glaub mir Lena, Brad ist nicht anders. Ich kenne ihn schon so lange. Er ist kein Kind von Traurigkeit. Was denkst du denn, was er macht, wenn er jeden freien Tag im Club ist?“ fragt er mich. Aber er wartet meine Antwort nicht ab, sondern beantwortet sich die Frage selbst. „Er schleppt reihenweise die Frauen ab.“

„Oh.“ gebe ich von mir. So habe ich Brad nicht eingeschätzt. Vielleicht liegt es wohl daran, dass man sich bei einem Arzt so etwas nicht vorstellt. Der Mann im weißen Kittel, dem man sein Leben anvertraut, traut man im Grunde nicht zu, dass er ein Frauenheld ist. Nun mache ich mir Sorgen um Lisa.

„Ich hoffe nur,“ spreche ich meine Gedanken laut aus, „dass Lisa sich nicht zu viel erhofft. Klar ist sie sehr wankelmütig was Männer anbelangt. Aber nur, weil sie den Richtigen noch nicht gefunden hat. Was ist, wenn sie sich von Brad dann doch mehr erhofft? Und er denkt vielleicht, dass sie nur das Selbe will wie er. Nämlich ihren Spass. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass sie sich eventuell in ihn verliebt und er ihr das Herz bricht.“

„Ach Lena,“ gibt James sanft von sich, „Die Beiden sind Erwachsen. Sie müssen selbst wissen was sie machen. So wie ich Brad kenne, hat er die Fronten geklärt und Lisa gesagt, dass er kein Mann für eine Beziehung ist. Mach dir nicht solche Sorgen.“

Vielleicht hat er ja Recht und ich überdramatisiere das Alles. Nur möchte ich auch nicht meine beste Freundin mit gebrochenem Herzen wissen.

„Was machst du heute noch?“ James Frage holt mich aus meinen Gedanken.

„Nicht viel.“ gebe ich zu. So wirklich habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Im Grunde hatte ich nur vor, meine Ruhe zu genießen und ein paar Telefonate zu führen. „Ich will meinen Dad nachher mal anrufen und dann mit Texas wieder zurück laufen. Ich glaub so eine Wanderung tut uns Beiden ganz gut.“

„Pass auf, wohin du trittst. Diesmal bin ich nicht da, um dich zu pflegen.“

„Ja ja.“ gebe ich leicht beleidigt von mir. „Mir wird schon nichts passieren. Wir laufen am Highway entlang und dann das kurze Stück durch den Wald. So gefährlich ist es nicht. Ich hab nicht vor zu Klettern.“

„Dann ist ja gut.“ sagt James etwas besänftigt. „Ich muss jetzt auflegen. Mein Auftraggeber kommt gerade. Mal sehen, was für Änderungen jetzt wieder anstehen.“

Noch bevor ich mich verabschieden kann, legt James auf. Traurig sehe ich auf das dunkle Display am Telefon. Es ist merkwürdig zwischen James und mir. Noch vor ein paar Wochen hat er mir gesagt, dass er mich liebt und sich kein Leben mehr ohne mich vorstellen kann. Dennoch fühlt es sich so an, als wäre nie was zwischen uns gewesen und wir nur alte Bekannte sind. Vielleicht sehe ich das auch nur gerade schwarz, weil er mir so sehr fehlt. Seine Nähe, seine Berührungen und der Sex mit ihm.

 

Ich werde von meinem Telefon aus meinen Gedanken gerissen. Die Nummer auf dem Display ist mir nicht vertraut. Dennoch gehe ich ran.

„Hallo.“ sage ich freundlich. Doch niemand antwortet mir. Nach einem weiteren erfolglosen Begrüßen lege ich auf. Keine fünf Minuten später ruft mich die selbe Nummer erneut an. Aber wieder spricht keiner am anderen Ende. Verwundert schaue ich mein Telefon an. Mir fällt ein, dass in Vancouver mich auch eine unbekannte Nummer angerufen hat und ich scrolle meine Anrufliste durch. Es ist die selbe Nummer. Meine Stirn lege ich in Falten. Es ist merkwürdig, dass mich jemand anruft und nicht mit mir redet. Jedoch wundert es mich mehr, dass mich jemand Unbekanntes anruft. Da diese Nummer nur wenige Leute haben.

 

„Falten machen alt.“ Agnes steht vor mir und lächelt mich an. Freudestrahlend stehe ich auf und umarme sie.

„Hallo Agnes. Geht es dir gut?“

„Mir doch immer.“ witzelt sie. „Nur du siehst etwas mitgenommen aus. Was ist los?“

„Ach nichts.“ sage ich schnell und versuche mir nicht anmerken zu lassen. Aber Agnes kann ich nichts vormachen. Sie legt den Kopf schief und mustert mich eindringlich. Ihrem Blick kann ich nicht standhalten und lasse die Schultern sinken.

„Also schön. Seit wir in Vancouver waren, habe ich ab und zu ein paar Anrufe von einer mir unbekannten Nummer. Gerade eben hat mich wieder diese Nummer angerufen und als ich ran gegangen bin, hat am anderen Ende der Leitung niemand mit mir gesprochen.“

„Aber Lena, das kann doch mal passieren. Vielleicht war die andere Person im Funkloch. Zeig mir mal die Telefonnummer.“

Ich gebe ihr mein Telefon und zeige ihr die Rufnummer. Jetzt ist sie Diejenige, die die Stirn in Falten legt und ich sehe sie fragend an.

„Die Vorwahl ist aus Vancouver. Es ist eine Festnetznummer. Also ist die Sache mit dem Funkloch hinfällig.“

Verwundert sehe ich Agnes an. Sie hält weiterhin mein Telefon in der Hand und drückt kurzerhand die Rufnummer an. Ein lautes Tuten ist zu hören. Agnes hat den Lautsprecher angemacht, damit ich mithören kann. Es tutet unentwegt, aber niemand hebt ab. Nach sechsmal klingeln legt Agnes auf und zuckt mit den Schultern.

„Hast du Hunger?“ fragt sie stattdessen, „Das Essen ist gerade fertig. Ich hab genug für uns Drei gekocht. Dankend nicke ich und Agnes verschwindet im privaten Bereich. Sie und Sam kommen mit drei Tellern voll wieder zurück. Es duftet wundervoll. Sie hat frischen Fisch und Pellkartoffeln gekocht. Liebevoll nehme ich sie in den Arm und drücke sie innig. Selbst wenn wir uns nur wenige Wochen kennen, so habe ich doch Agnes und Sam in mein Herz geschlossen und zähle sie schon irgendwie zu meiner Familie. Ich nehme mir vor, auch wenn ich wieder in Deutschland bin, den Kontakt zu den Beiden aufrecht zu erhalten.

 

Nach dem Essen kocht Sam uns einen Kaffee und wir Trinken ihn vor dem Laden. Die Sonne steht hoch am Himmel und spendet eine angenehme Wärme. Ab und an kommen Menschen vorbei und unterhalten sich mit uns. Eher mit Sam. Trotzdem fühle ich mich nicht unwohl. Die Menschen hier sind alle sehr offen und herzlich. Jeder Einzelne fragt nach, ob Sam und Agnes auf das all jährige Sommerfest kommen und jedem bestätigen sie, dass sie mit anwesend sind. Scheinbar ist das Sommerfest ein Highlight im Ort, wo jeder anwesend ist. Sam erzählt mir, dass er jedes Jahr mit seinen Freunden musiziert und auch dieses Jahr lässt er es sich nicht nehmen, daran teilzunehmen. Ich freue mich darauf ihm zuhören zu können. Den ganzen Nachmittag unterhalten wir uns miteinander. Langsam bekomme ich ein schlechtes gewissen, dass ich die Zwei von ihrer Arbeit abhalte.

„Ich sollte mich langsam auf den Weg machen.“ sage ich leicht enttäuscht, da ich es traurig finde, dass der Tag so schnell vorbei ist.

„Wie kommst du zur Hütte?“ fragt mich Agnes besorgt. Ich sehe sie an und lächle.

„Zu Fuß. Ich will am Highway entlang laufen und dann den Rest des Weges auf dem Waldweg laufen.“

„Das kommt gar nicht in Frage.“ protestiert sie und schüttelt unentwegt den Kopf. „Sam kann dich fahren. Das ist sicherer. Der Highway kann ganz schön gefährlich sein.“

„Das ist sehr lieb von dir, aber ich habe euch schon genug eurer Zeit gestohlen. So weit ist es nicht. Ich passe schon auf, damit nichts passiert. Und Texas ist ja auch noch da.“ Besänftigend lege ich meinen Arm um sie. Unentwegt schüttelt sie ihren Kopf. Es ist rührend wie sie sich um mich sorgt. Sie ist ziemlich stur. Jetzt weiß ich auch, woher James seinen Sturkopf hat. Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm, denke ich. Sam nimmt mich bei der Hand und führt mich hinter den Laden. Als wir aus der Hörweite von Agnes sind, sagt er „Du wirst sie nicht umstimmen können. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht sie es auch durch. Es gibt nur eine Möglichkeit dieser zu umgehen.“

Verschwörerisch zwinkert er mir zu. Stirnrunzelnd und mit einer Menge Fragezeichen im Gesicht blicke ich ihn an. Er lächelt und zeigt auf eine Plane. Ich verstehe immer noch nicht, was er mir sagen will und schau ihn weiterhin fragend an. Schmunzelnd über meinen Gesichtsausdruck, zieht er die Plane weg und zum Vorschein kommt ein alter roter Pick up.

„Das kann ich nicht annehmen.“ stammle ich. „Das ist zu viel des Guten.“

„Entweder du nimmst ihn an oder ich muss dich fahren.“ sagt Sam in einem ruhigem Ton. „Das ist James altes Auto. Es war sein erster Wagen den er gefahren ist. Ich habe es nie über das Herz gebracht ihn zu verschrotten. Deshalb steht er jetzt hier hinter dem Haus. Ein bisschen Bewegung tut ihm bestimmt gut und James hat sicherlich nichts dagegen, wenn du ihn fährst. Sieh es mal von der Seite. Wenn du den Wagen fährst, steht er nicht nur hier herum und rostet vor sich hin und du bist wieder mobil und nicht auf irgendjemanden angewiesen.“

Mit Tränen in den Augen umarme ich Sam und halte ihn ganz fest. Diese Geste von ihm rührt mich ungemein und ich küsse ihn dankbar auf die Wange.

„Ich weiß nicht was ich sagen soll Sam.“ kommt leise aus meinem Mund. „Danke.“ Wieder drücke ich ihn ganz fest.

„Schon gut Lena. Gern geschehen.“

Sam reicht mir die Schlüssel und ich steige in den Pick up. Natürlich hat er seine besten Jahre schon hinter sich, aber um von A nach B zu kommen reicht es alle mal. Behutsam drehe ich den Schlüssel im Schloss. Zu meiner Verwunderung startet der Wagen sofort und ich klatsche in die Hände. Ich freue mich riesig über die Geste von Sam. Schnell steige ich wieder aus dem Wagen und spring Sam erneut in die Arme. Ich bin so überwältigt, dass ich es ihm immer und immer wieder zeigen möchte. Lachend schlägt er einen Arm über meine Schulter und führt mich wieder in den Laden. Drinnen angekommen, ruft er, „Sie nimmt den Pick up. Ich brauch sie nicht fahren.“

Lächelnd kommt Agnes zu uns und meint, „Ich hab es dir doch gesagt, dass es funktioniert.“

Fragend sehe ich vom einem zu Anderen und verstehe nur langsam was vor sich geht. Die Zwei haben mich ausgetrickst. Sie müssen gewusst haben, dass das Auto nicht ohne weiteres annehmen werde und sich einen feinen Plan ausgedacht, wie ich ihn dennoch annehmen werde. Beschwichtigend hebt Sam die Hände, als er meinen wütenden Gesichtsausdruck sieht.

„Ich hab dir doch gesagt, dass wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, sie sich davon nicht umstimmen lässt.“

Hastig läuft Sam zu Agnes und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Diese lächelt und gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Erschrocken zuckt Sam zusammen. Er ist nicht böse darüber, im Gegenteil er lacht. Ich nehme alle Beide in die Arme und drücke sie um meine Dankbarkeit zu zeigen.

 

Unsere Innigkeit wird vom Läuten meines Telefons gestört. Resigniert gehe ich zum Tisch und greife nach meinem Handy. Auf dem Display steht die Nummer von Paul und ich gehe überrascht ran.

„Hallo Paul.“ begrüße ich ihn erfreut. Seit meinem letzten Artikel habe ich nichts mehr von ihm gehört und ich freue mich inständig seine Stimme zu hören.

„Hallo Lena. Ich hoffe ich störe nicht.“ Pauls Stimme klingt verlegen. Ich frage mich, was er auf dem Herzen hat.

„Nein du störst nicht. Was gibt es denn? Warum rufst du mich an? In Deutschland muss es doch ziemlich früh sein.“

„Ja, es ist erst sieben Uhr.“ Pauls Stimme klingt müde. Irgendetwas scheint er auf dem Herzen zu haben. Ich mache es ihm leicht und frage, was ich für ihn tun kann.

„Sid hat dir bestimmt schon erzählt, dass die Leser uns die Bude einrennen, weil die Bosse deine Seite eingestampft haben.“ Ich bestätige ihm seine Aussage. „Nun ja, seit der Auflösung deiner Artikel sind die Verkaufszahlen ziemlich schlecht und mittlerweile glauben die da Oben, dass es ein Fehler war.“

„Sag schon Paul, was willst du. Du weißt doch, dass du bei mir nicht um den heißen Brei reden musst.“

„Also schön. Lena. Die Bosse wollen dir einen Job anbieten. Sie wollen, dass du eine Art Kolumne schreibst.“

„Wie bitte?“ Meine Stimme ist schrill. Selbst mir tut sie in den Ohren weh.

„Bitte hör mir erst einmal zu, bevor du ablehnst.“ Paul atmet hörbar tief ein. „Die Kolumne soll ums Reisen gehen. Sie stellen sich vor, dass du ab und an in ein Land reist und von dort berichtest. Über Land und Leute. Was man erleben kann und so ein Zeug. Sie wollen das du den Lesern Ratschläge und Geheimtipps gibst. Und das du Fragen der Leser beantwortest.“ Eine kurze Pause entsteht. Doch dann spricht er in einem ruhigen Ton weiter. „Ich weiß, es ist nicht ganz das, was deinen Vorstellungen entspricht, aber sie bieten dir eine ganze Seite an. Du darfst reisen wohin du willst. Sie verlangen nicht, dass du jede Woche ein anderes Land besuchst. Ihnen reicht einmal im Monat.“

„Wo ist der Haken Paul?“ frage ich ihn mit ernster Stimme. So ohne weiteres vergeben die Bosse nicht so einen Job.

„Der Haken dabei ist, dass du alleine reisen musst. Sie stellen keine Mittel für Fotografen und so weiter zur Verfügung. Der Vorteil daran ist, sie lassen dir freie Wahl. Sie bestehen nur darauf, dass du jede Woche einen Artikel ablieferst. Egal was. Es muss eine Seite füllen. Du alleine hast die Wahl, worüber du schreibst.“

„Darf ich mir die ganze Sache noch überlegen.“ frage ich etwas sanfter.

„Natürlich.“ sagt er müde. „Bitte überlege es dir. Es ist ein gutes Angebot.“

„Das werde ich. Gib mir ein paar Tage Bedenkzeit. Ich werde mich bei dir melden.“

„Danke Lena. Mehr erwarte ich nicht von dir. Es war nicht schön, wie ich mit dir umgegangen bin.“ Eine ungewohnte Traurigkeit liegt in Pauls Stimme.

„Hey Paul,“ sage ich sanft, „Geh es langsam an. Ich melde mich in den nächsten Tagen bei dir.“

„Das werde ich. Bis später Lena. War schön deine Stimme zu hören. Du fehlst uns allen hier.“

Nach diesen Worten legt er auf und mein Display wird schwarz.

 

Erschöpft setze ich mich auf einen Stuhl und atme tief ein. Sam tritt zu mir und legt mir beruhigend eine Hand auf meine Schulter. Es tut gut dies zu spüren.

„Was ist los Lena?“ fragt er mich mit leiser ruhiger Stimme.

„Das war mein Redakteur. Du weißt schon, der mir offenbart hat, dass die Bosse meine Seite eingestampft haben.“ Sam nickt und zeigt mir damit, dass er weiß wovon ich rede. „Er hat mir einen Job angeboten. Es ist nicht ganz das was ich ursprünglich mache, aber so ähnlich.“

„Und dir gefällt das Angebot nicht. Oder warum siehst du wie drei Tage Regenwetter drein.“

„Es ist ein gutes Angebot.“ stimme ich zu, „Nur weiß ich nicht, ob ich das noch machen möchte. Ich wäre dann wieder viel unterwegs. Aber diesmal allein.“ Ich seufze laut. „Versteh mich nicht falsch, Sam. Ich liebe das Reisen. Ich liebe es darüber zu schreiben. Meine Erfahrungen zu teilen.“

„Wo ist da denn bitte schön das Aber?“ unterbricht mich Sam. Er setzt sich mir gegenüber und schaut mich eindringlich an.

„Sam. Ich fühle mich wohl hier. Seit einer Ewigkeit habe ich mich nicht mehr so wohl gefühlt wie hier. Ich habe Angst, dass wenn ich diesen Ort hier verlasse, dass ich nicht mehr zurück komme und immer nur in der Weltgeschichte unterwegs bin. Ohne richtiges Zuhause.“ Ich spüre wie mir die Tränen in die Augen schießen und versuche diese weg zublinzeln.

„Lena, du bist jederzeit hier Willkommen. Wir werden immer einen Platz für dich hier haben. Überlege dir die Sache gut. Als du vor ein paar Wochen hier her gekommen bist, warst du ein Häufchen Elend. Du hast Alles verloren und hast wieder von vorn angefangen. Dein Job ist dir doch wichtig.“ Sam legt eine Hand auf meinen Arm, da meine Tränen nun unaufhörlich laufen. Es beruhigt mich, seine Wärme und Zuversicht zu spüren. „Überlege es dir bitte, ob du diesen Job annimmst. Das gute an deinem Job ist doch, dass du von überall auf der Welt her arbeiten kannst. Du musst nicht steif in einem Büro sitzen. Das reisen macht dir doch Spaß. Ich glaube, deine Zweifel den Job anzunehmen haben auch etwas mit James zu tun.“ Vorsichtig nicke ich.

„Ich weiß noch nicht, was das zwischen ihm und mir ist. Ich möchte es aber gerne herausfinden. Ob es einfach nur ein Abenteuer ist oder ob mehr dahinter steckt.“

„Ach Lena, du machst dir viel zu viele Sorgen. Lass es einfach auf dich zukommen. So wie ich meinen Sohn kenne, ist es mit dir kein Abenteuer für ihn. Seine Gefühle sind echt.“

„Woher weißt du das?“ frage ich Sam schluchzend.

„Ganz einfach. Er ist mein Sohn und ich kenne ihn sehr gut. Außerdem ruft er jeden Tag hier an und erkundigt sich bei uns über dich. Er fragt ständig nach, ob es dir gut geht.“ Lächelnd schaut er mich an. Sein Blick ist so voll Liebe, dass mir die Tränen immer mehr die Wangen hinunter laufen.

„Komm Lena. Es ist besser, wenn du heute Nacht hier schläfst. So wie ich Agnes kenne, hat sie James altes Zimmer schon für dich vorbereitet.“ Einen kleinen Moment mustert er mich. Jedoch als er sieht, dass ich ihm widersprechen will ergreift er sofort das Wort. „Keine Widerrede. Du schläfst heute hier und damit basta.“

Zögerlich stimme ich nickend zu. Es hat ja eh keinen Sinn ihm das auszureden. Bereitwillig lasse ich mich von ihm von meinem Stuhl ziehen und in James altes Zimmer bringen. Der Raum ist nicht sehr groß. Dafür aber sehr gemütlich. Nicht viel deutet darauf hin, dass James seine Kindheit und Jugend in dem Zimmer verbracht hat. Nur ein paar alte Bilder an der Wand und ein paar Trophäen auf einer Kommode. Das Bett steht unter dem Fenster, was parallel zur Tür sich befindet. Sam lag mit seiner Vermutung, dass Agnes das Zimmer her gerichtet hat, nahe. Das Bett scheint frisch bezogen worden zu sein und das Fenster ist auch einen Spaltbreit offen, um frische Luft hinein zu lassen.

 

Wieder etwas gefasster, verlasse ich den Raum und gehe ins Bad am anderen Ende des Flures. Mein Spiegelbild verheißt nichts gutes. Meine Augen sind puterrot und aufgequollen vom Weinen. Ich lasse kaltes Wasser über meine Hände laufen und wasche mir das Gesicht. Danach gehe ich runter in den Laden zu Sam und Agnes. Texas der vor dem Badezimmer auf mich gewartet hat, folgt mir.

 

Agnes steht hinter dem Tresen und bedient gerade einen Kunden. Sie erblickt mich und lächelt mir freundlich zu.

„Ist alles wieder in Ordnung?“ fragt sie mich mit einem mütterlichem Blick.

„Ja alles wieder gut.“ antworte ich ihr und lächle. „Danke das ich die Nacht heute hier verbringen darf.“

„nicht der Rede wert.“ sagt sie und umarmt mich. Texas der zwischen uns steht fängt an zu winseln.

„Ich glaube, ich sollte mal mit ihm vor die Tür gehen. Ich bin in einer Stunde wieder da.“

Agnes nickt und geht wieder an ihre Arbeit. Ich öffnet die Tür und zeige Texas, dass er raus gehen soll. Er gehorcht und ich folge ihm nach draußen.

 

Nicht weit vom Haus befindet sich ein Fluss, an dem ich mit Texas gemeinsam entlanglaufe. Eine frische Brise weht und macht die Sommerhitze erträglich. Um mich noch etwas abzukühlen, ziehe ich mir meine Schuhe aus und laufe Barfuß im Flussbett entlang. Ich denke über die Worte von Sam nach. Er hat Recht. Mein Job hat den Vorteil, dass ich von überall auf der Welt arbeiten kann. Also auch von hier aus. Wenn die Sache mit James doch was ernstes zu sein scheint, dann kann ich auch hier bleiben und in der Zeit in der James unterwegs ist, kann ich auch auf reisen gehen. Vielleicht kann ich ihn sogar begleiten. Schließlich lassen mir die Bosse ja freie Hand, wohin meine Reisen gehen sollen. Im Grunde liebe ich ja meine Arbeit und ich bin Paul dankbar, dass er mir den Job angeboten habe.

 

Kurzentschlossen fädle ich mein Telefon aus meiner Hosentasche und wähle Pauls Nummer. Nach zweimal klingeln geht er auch ran.

„Hallo Lena. So schnell habe ich mit dir noch gar nicht gerechnet.“

„Hallo Paul. Ja. Das kann ich mir denken. Aber ich habe mich entschieden.“ Ich höre, wie Paul am anderen Ende tief einatmet. Die Spannung zwischen uns ist zum zerreißen gespannt.

„Ich nehme den Job an, Paul. Du kannst den Bossen sagen, das sie mit mir rechnen können. Ich komme in ein paar Tagen vorbei und wir reden über den Vertrag. Natürlich habe ich auch ein paar Bedingungen die wir noch verhandeln müssen. Aber das möchte ich nicht am Telefon erledigen.“

„Das versteht sich von selbst.“ gibt Paul mit ruhiger Stimme von sich. „Ich freue mich so. Danke Lena.“ sagt er nun im begeisterten Tonfall und fragt dann, „Kannst du vielleicht schon etwas verfassen? Ich meine, es hat zwar noch etwas Zeit. Aber es ist gut, wenn wir etwas in Vorleistung sind.“

Kurz überlege ich, ob ich ihm den Gefallen tun kann und willige dann ein. In den letzten Wochen habe ich hier soviel erlebt, dass ich gerne meine Leser daran teilhaben lassen möchte.

„Geht klar Paul, ich werde einen einleitenden Artikel schreiben über Vancouver und Squamish. Wenn das in Ordnung für dich ist.“

„Ja klar. Du darfst schreiben worüber du möchtest. Vielleicht ist das auch gar nicht so verkehrt, denn dann erfahren die Leser, was du in der Zeit gemacht hast und finden wieder einen Draht zu dir.“

„Nun gut, Paul. Ich werde ihn mitbringen, wenn wir den Vertrag verhandeln.“

„Alles klar Lena. Schön zu wissen, dass du wieder mit an Bord bist. Du hast uns gefehlt.“ mit einem Lächeln legt er auf. Jetzt ist es also beschlossene Sache, denk ich. Irgendwie freue ich mich darauf, wieder zu arbeiten.

 

Am Ufer des Flusses lasse ich mich nieder und beobachte den Wasserlauf. Texas, der die ganze Zeit mich nicht aus den Augen gelassen hat, rollt sich neben mich zusammen und fängt an zu dösen. Meine Gedanken driften davon und ich lasse die letzten Wochen Revue passieren. Es ist so viel geschehen und ich habe so viele nette Menschen kennen gelernt. Das alles möchte ich in meinem ersten Artikel verfassen.

 

Hastig springe ich auf. Texas erschreckt sich und schaut mich skeptisch an. Schnellen Schrittes laufe ich zum Haus von Agnes und Sam. Ich reiße die Tür auf und renne die Treppe hinauf. Im Wohnzimmer bleibe ich, leicht außer Atem stehen. Agnes, die im Sessel sitzt und strickt schaut mich verwundert an.

„Was ist passiert, Lena?“ fragt sie mich verwundert.

„Ich habe den Job angenommen.“ gebe ich freudestrahlend von mir. „Ich werde wieder bei meinem Verlag arbeiten. Paul möchte, das ich schon den ersten Artikel schreibe und ich habe mir überlegt, dass ich von euch und der Stadt schreibe. Ich hoffe ihr habt nichts dagegen.“ Ungeduldig und aufgeregt wie ein kleines Kind warte ich ihre Antwort ab.

„Nein nein, Liebes. Wir haben da nichts dagegen. Es freut mich, dass du den Job angenommen hast.“ sanft lächelt Agnes mich an. Ich geh auf sie zu und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.

„ Danke Agnes. Ich mach mich auf den Weg. Danke das ich hier schlafen darf, aber ich möchte schon anfangen zu schreiben, solange ich noch die Ruhe dazu habe.“

Agnes schüttelt lachend den Kopf. Ich muss auf sie wirken, wie ein kleines Kind zu Weihnachten, was seinen Wunsch erfüllt bekommen hat. Wenn ich ehrlich bin, dann fühle ich mich auch so. Schnell nehme ich meine Tasche und den Autoschlüssel und stürme die Treppe hinunter. Am Treppenende falle ich beinahe über Texas der wie wild hin und her hüpft.

 

Am Haus angekommen, sehe ich, dass die Tür einen Spalt breit aufsteht. Verwundert schaue ich mich in der Gegend um. Ich bin mir sicher, dass ich die Tür am Morgen verschlossen habe. Vorsichtig betrete ich das Haus, um nach dem Rechten zu schauen. Auf dem ersten Blick scheint alles so wie am Morgen zu sein. Langsam gehe ich ins Bad, dort ist nichts verändert. In Wills Zimmer ist auch alles so, wie er es verlassen hat. Vorsichtig öffne ich meine Zimmertür. Texas der an meiner Seite steht, fängt leise an mit knurren. Auf dem ersten Blick kann ich nicht erkennen, dass sich im Zimmer etwas verändert hat. Nur ein merkwürdiger Geruch ist zu vernehmen. Langsam taste ich mich Stück für Stück ins Zimmer vor. Je näher ich meinem Bett komme, desto intensiver wird der Geruch. Texas steht vor dem Bett und knurrt immer lauter. Seine Rückenhaare stehe Kerzengerade nach oben. Mit zittrigen Fingern hebe ich ganz langsam die Bettdecke an. Mit jedem Zentimeter mehr, die ich meine Bettdecke anhebe, erscheint die Ursache des Geruchs. Auf meinem Bett liegt ein verendetes Tier. Es sieht aus wie ein Waschbär. Ganz sicher bin ich mir allerdings nicht. Da das Tier ziemlich schlimm zugerichtet ist. Nur knapp kann ich Texas davon abhalten aufs Bett zu springen. Ich packe ihm am Nacken und schleife ihn ins Bad und sperre ihn darin ein. Er kratzt und jault unentwegt. Mir tut es leid, aber ich möchte nicht, dass er dem toten Tier zu nahe kommt. Man weiß ja nie, was es hat. Aus der Küche hole ich mir eine Kehrschaufel und eine Rolle Küchenpapier. Das Küchenpapier rolle ich um meine Hand. Schließlich möchte auch ich nicht mit dem Tier in Berührung kommen. Vorsichtig ziehe ich das tote Tier auf die Schippe und trage es raus in die Mülltonne. Wieder in meinem Zimmer zurück bleibe ich wie angewurzelt stehen. Dort wo noch eben das tote Tier lag, liegt eine schwarze Rose. So langsam wird mir diese Sache echt unheimlich. Mit schnellen Handgriffen ziehe ich das Bett ab und stopfe die Bettwäsche in einen Sack und verschließe ihn. Texas lasse ich aus dem Bad und hole noch das Desinfektionsmittel aus dem Schrank. Großzügig verteile ich es auf das Bett und öffne das Fenster um frische Luft hinein zu lassen. Sicher ist sicher. Total geschafft verkrieche ich mich unter Wills Bettdecke. Texas springt zu mir aufs Bett und legt sich der Länge nach neben mich. Die Geschehnisse der letzten Tage lassen mich nicht los. Nur kann ich keinen Zusammenhang zwischen all dem finden. Vielleicht sind es einfach nur alles reine Zufälle. Nur langsam findet mein Körper Ruhe und ich falle in einen traumlosen Schlaf.

 

Ein kühler Lufthauch weckt mich am Morgen. Verschlafen schaue ich mich um. Texas, der sonst nie von meiner Seite weicht liegt nicht mehr neben mir. Verschlafen reibe ich mir übers Gesicht und stehe auf. Von der Zimmertür aus sehe ich, dass die Eingangstür sperrangelweit offen steht. Entsetzt renne ich in mein Zimmer und zieh mir schnell eine Jogginghose und ein Shirt über. Die Schuhe lasse ich weg und renne hinaus. Voller Aufregung renne ich einmal um das Haus. Von Texas ist nichts zu sehen. Mein Herzschlag erhöht sich und Panik steigt in mir auf. Laut rufe ich nach ihm. Kein Ton ist zu hören. Schnell renne ich ins Haus und ziehe mir meine Schuhe an und sofort sprinte ich, ohne auf irgendetwas zu achten in den Wald. Immer wieder rufe ich laut seinen Namen. Aber nichts ist von ihm zu sehen oder zu hören. Tränen der Angst steigen in mir hoch, doch ich erlaube ihnen nicht, sich ihren Weg zu bahnen. Wie von der Tarantel gestochen laufe ich umher. Dann bleibe ich abrupt stehen. Texas liegt unter einem Busch. Regungslos. Mit schnellen Schritten laufe ich zu ihm und drücke das Gebüsch zur Seite, damit ich besser an ihn heran komme. Meine Hände zittern, als ich ihn nach Wunden abtaste. Äußerlich sind keine Wunden zu sehen. Die Panik in mir steigt stetig. Weil ich nicht weiß, was ich machen soll, ziehe ich Texas aus dem Gebüsch und schultere ihn mir über. Sein Gewicht bringt mich ab und zu zum straucheln, aber ich lasse nicht zu, dass ich hinfalle.

 

Vor dem Wagen lege ich Texas vorsichtig auf dem Boden und renne ins Haus. Meine Tasche liegt auf einem Stuhl und ich schwinge sie mir schnell über die Schulter. Den Autoschlüssel bekommen ich nur mit Mühe ins Schloss, da meine Hände immer mehr zittern. Als ich die Autotür endlich auf bekomme, hieve ich Texas so vorsichtig wie möglich auf die Sitzbank. Wie eine gesengte Sau fahre ich über den Waldweg zum Highway. Immer wieder versuche ich Sam telefonisch zu erreichen, aber der Empfang ist so schlecht, dass die Telefonate immer wieder abbrechen. Ich lege meine Hand auf die Brust von Texas, um spüren zu können, ob er noch atmet. Ganz leicht hebt und senkt sie sich. Ein wenig erleichtert atme ich auf.

 

Am Laden von Sam angekommen, renne ich so schnell wie ich kann hinein. Vor Sam, der gerade hinter dem Tresen steht und einen Kunden bedient, bleibe ich unruhig stehen. Er scheint mir anzusehen, dass irgendetwas nicht stimmt. Er deutet dem Kunden, dass er sich bitte kurz gedulden soll und folgt mir aus dem Laden. Wortlos zeige ich verzweifelt auf Texas. Sam hebt ihn vorsichtig aus dem Auto und bringt ihn in sein Büro. Ich knie mich zu Texas hinunter und streichle ihm übers Fell. Meine Tränen laufen unaufhörlich und ich gebe es auf, sie mir aus dem Gesicht zu wischen. Agnes, die das Tumult mitbekommen hat, stellt sich zu mir und legt mir eine Hand trösten auf die Schulter.

„Beruhige dich, Liebes. Sam hat den Tierarzt bereits verständigt und er ist bereits auf dem Weg. Es wird alles gut werden.“ sagt sie mit ruhiger aber dennoch zittriger Stimme.

„Es tut mir so leid. Ich hätte besser aufpassen müssen.“ gebe ich schluchzend von mir. Verzweifelt vergrabe ich mein Gesicht in Texas Fell und bete still, dass er nicht stirbt.

 

Behutsam zieht Sam mich von Texas. Eine weitere Person steht bei ihm. Erst auf dem zweiten Blick erkenne ich ihn. Es ist der Mann, der mich noch am Tag zuvor mit in die Stadt genommen hat. Er lächelt mich warm an. Ich nicke ihm nur zu. Sam deutet Agnes, dass sie mich nach oben ins Wohnzimmer bringen soll. Widerstrebend folge ich ihr. Am liebsten möchte ich bei Texas bleiben. Das Büro ist aber nicht groß und ich würde dem Tierarzt nur im Weg stehen.

 

Agnes stellt mir eine Tasse Tee vor die Nase. Vorsichtig nehme ich sie in beide Hände und nippe daran.

„Lena, ich muss wieder in den Laden. Wenn etwas ist, dann komm zu mir runter.“

Ich nicke nur und ehe ihr hinterher, wie sie aus dem Wohnzimmer geht. Die Unruhe hat mich gepackt und ich laufe im Wohnzimmer auf und ab. Abrupt bleibe ich stehen.

„Ich muss James Bescheid sagen.“ entfährt es mir. Hastig laufe ich die Treppen hinunter, aus dem Laden, zum Auto. Meine Tasche ziehe ich aus dem Fußraum, wo ich sie hingelegt habe und hole mein Handy heraus. Schnell wähle ich James Nummer und atme erleichtert aus, als das Freizeichen ertönt. Leider hebt er nicht ab. Wieder versuche ich ihn zu erreichen, doch außer dem Freizeichen ist nichts zu vernehmen. Niedergeschlagen gehe ich wieder zurück ins Wohnzimmer. Starr schaue ich auf mein dunkles Display. Die Verzweiflung packt mich wieder und ich weine bitterlich. Im fünf Minutentakt versuche ich James weiterhin zu erreichen aber er hebt nicht ab. Weinend setze ich mich auf die Couch und vergrabe mein Gesicht unter meinen Händen.

„Der Tierarzt nimmt Texas mit in seine Praxis. Da hat er alles Notwendige und er kann so Texas besser beobachten.“ Sams Stimme dringt nur allmählich zu mir hervor. Mehr als nicken bringe ich nicht zu Stande. Sam setzt sich neben mich und nimmt mich tröstend in die Arm.

„Mach dir bitte nicht solche Vorwürfe.“ sagt Sam sanft, „Es ist nicht das erste Mal, dass Texas irgendetwas falsches frisst.“ Sanft streichelt er mir über die Schulter. Seine Nähe tut mir gut, hilft mir aber nicht, meine Vorwürfe zu beseitigen.

„Ich hätte besser aufpassen solle.“ schluchze ich, „Gestern als ich heim kam, stand die Tür offen. Nur einen Spalt breit. In meinem Bett lag ein totes Tier. Ich konnte nicht sehen, woran es gestorben ist und hab es in einem Beutel gestopft und in den Müll vor dem Haus geworfen. Und heute früh, war die Tür wieder auf.“ Wieder laufen mir die Tränen über die Wangen.

„Oh mein Gott.“ entkommt es mir, „Hoffentlich hat er nicht das Tier gefressen.“

„Beruhige dich. Es wird alles gut werden. Er wird wieder.“ Sanft streichelt mir Sam über den Rücken.

„Ich muss wieder runter. Kommst du alleine klar?“ Langsam nicke ich und Sam verlässt den Raum.

 

Vielleicht war es ein Fehler, Sam nichts von der schwarzen Rose zu erzählen, aber ich finde es in Anbetracht des Geschehenen besser, ihm nichts davon zu sagen. Er hat zwar nichts gesagt, dennoch habe ich gespürt, dass er sich genauso solche Sorgen um Texas macht, wie ich. Unerwartet klingelt mein Telefon und ich erschrecke ein wenig. Auf dem Display ist James Name zu sehen. Hastig drücke ich auf den grünen Knopf und nehme das Gespräch entgegen.

„Oh James es tut mir so leid.“ bricht es sofort aus mir raus, „Ich habe nicht aufgepasst. Es tut mir leid. Bitte Verzeih mir.“ Meine Stimme bricht und ich schluchze ins Telefon.

„Hey Lena. Was ist passiert? Du bist ja ganz aufgelöst.“

„Es tut mir so leid.“ stammle ich. Mehr bringe ich nicht hervor. Mich hat ein Heulkrampf gepackt und ich weine bitterlich. James Stimme ist weit weg und kann nicht verstehen was er sagt. Ich spüre wie mir sanft das Telefon aus der Hand genommen wird und vernehme Agnes Stimme. Was sie sagt, kann ich nicht verstehen, aber sie klingt ruhig und gefasst. Nicht so wie ich. Ich habe es nicht einmal geschafft, James zu erzählen was passiert ist.

 

Liebevoll streichelt mich Agnes übers Haar und reicht mir mein Telefon. James ist immer noch in der Leitung und ich halte mir das Handy ans Ohr. Ein leises „Ja.“ entkommt mir.

„Lena macht dir keine Sorgen.“ James Stimme klingt ganz ruhig und einfühlsam. „Texas frisst ab und zu mal falsche Dinge und hin und wieder bekommt er auch mal Bauchschmerzen. Er ist in guten Händen. Du hast nichts falsch gemacht.“

„Hm.“ sage ich. Mehr bekomme ich nicht raus.

„Du wirst sehen. In ein paar Tagen ist er wieder ganz der Alte. Mach dir nicht solche Vorwürfe.“

„OK. Es tut mir leid.“ sage ich noch und lege auf. Mir fehlt die Kraft noch mehr zu sagen. Wie ein verwundetes Tier rolle ich mich auf der Couch zusammen und lasse meine Tränen weiterhin ihren Lauf. Hin und wieder muss ich schluchzen. Nur am Rande bekomme ich mit, dass Agnes mir eine Decke über den Körper gelegt hat. Erschöpft von dem vielen Weinen schlafe ich ein.

 

Gegen Nachmittag wache ich auf. Agnes sitzt auf ihrem Sessel und strickt. Als sie mitbekommt, dass ich wach bin, legt sie ihr Strickzeug zur Seite und schaut mich mit einem liebevollem Lächeln an.

„Wie geht es dir?“ fragt sie mich besorgt. Ich zucke mit den Achseln, da ich momentan nicht wirklich weiß, was ich ihr sagen soll.

„Ich mach uns einen Tee.“ sagt sie und verschwindet in der Küche. Fünf Minuten später, stellt sie mir eine Tasse vor die Nase.

„Es ist Kräutertee. Der beruhigt die Nerven.“

„Danke, Agnes.“ sage ich leise. „Weißt du, wie es Texas geht?“ frage ich besorgt.

„Der Tierarzt hat vorhin angerufen. Er kann noch nichts Genaues sagen, aber er ist sich sicher, dass Texas wieder wird. Er braucht ein paar Tage Ruhe und dann wird er wieder.

„Bist du dir da sicher?“

„Natürlich Lena. Er ist stark. Er wird das schaffen. Da bin ich felsenfest von überzeugt.“

Agnes Worte sind Balsam für meine Seele. Sie ist sich wirklich sicher, dass bald alles wieder gut wird. Das sehe ich in ihren Augen.

„Sam ist zur Hütte gefahren und schaut sich deine Tür an. Er vermutet, dass sie sich aufgrund der Wetterverhältnisse verzogen hat und sie deshalb aufgegangen ist. Leicht nicke ich. Ich hoffe, dass es wirklich nur das ist, warum die Tür an zwei Tagen hinter einander offen stand.

„Darf ich heute Nacht bei euch bleiben?“ Meine Stimme klingt so fremd in meinen Ohren.

„Natürlich Liebes. Du bist jederzeit bei uns willkommen. Das weißt du doch.“

„Glaubst du, dass ich morgen mal zu Texas kann. Ich möchte gerne sehen, wie es ihm geht.“

„Ich weiß nicht, aber ich glaube schon. Morgen früh ruf ich den Tierarzt an und frag ihn.“ sanft lächelt sie mir zu. Ich bin ihr und Sam so unendlich dankbar. Die Zwei sind mir so unendlich ans Herz gewachsen. Es fühlt sich beinahe an, wie eine Familie. Nur das sie zwei vollkommene Fremde sind.

„Komm lass uns gemeinsam kochen.“ schlägt Agnes vor, „Das bringt uns Zwei auf andere Gedanken und es hilft entspannen.“

 

In der Küche sitze ich am Küchentisch und putze Möhren. Eine so große Hilfe bin ich Agnes dann doch nicht. Immer wieder schweifen meine Gedanken ab. Ich mache mir große Sorgen um Texas. Ständig frage ich mich, wie es ihm wohl geht. Es dauert eine Ewigkeit, bis ich alle Möhren fertig habe. Entschuldigend reiche ich sie Agnes. Mit einer Handbewegung zeigt sie mir, dass ich die Kartoffeln schälen kann und ich mache mich an die Arbeit. Diesmal bin ich etwas schneller, da ich mich bemühe nicht zu viel zu grübeln. Nach einer Stunde ist das Essen fertig und Sam steht strahlend in der Tür.

„Das nenne ich mal Timing.“ witzelt er. „Genau zur richtigen Zeit gekommen. Man ich hab einen Bärenhunger. Und es riecht wie immer köstlich. Ich geh mir nur schnell die Hände waschen und dann komm ich zum Essen.“

 

Agnes drückt mir die Teller, auf die sie das Essen verteilt hat, in die Hand und ich stelle sie auf den Tisch. Als Sam wieder in die Küche kommt, setzt er sich zu uns und haut ordentlich rein. Im Gegensatz zu ihm, stochere ich nur im Essen herum. So großen Hunger habe ich nicht. Zu sehr steckt mir das Geschehene noch in den Gliedern. Ständig überlege ich, was ich hätte anders machen können, damit es nicht passiert wäre.

„Deine Tür war leicht verzogen. Ich hab sie richten können. Jetzt dürfte sie halten.“ Sams Worte holen mich wieder zurück.

„Danke, Sam.“ sage ich nur und stochere weiter im Essen herum.

„Lena, Liebes.“ Agnes Stimme klingt leicht besorgt. „Vielleicht solltest du dich etwas hinlegen. Du hattest einen anstrengenden Tag. Etwas Ruhe tut dir sicherlich gut.“

Dankend nicke ich ihr zu und stehe auf. In James alten Zimmer kuschle ich mich unter die Decke und schließe die Augen. Es dauert eine Weile bis ich eingeschlafen bin.

 

Am Morgen erwache ich ich schon sehr früh. Meine Gliedmaßen fühlen sich an wie Blei. Die Nacht ist nicht sonderlich erholsam gewesen. Immer wieder bin ich aufgewacht und musste mich orientieren. Ich fühle mich wie eine alte Frau. Es dauert gefühlte Stunden, bis ich aufgestanden bin. Im Bad entdecke ich ein frisches Shirt und eine Shorts von mir, sowie frische Unterwäsche. Sam scheint diese am Vortag aus der Hütte mitgebracht zu haben. Zaghaft stelle ich mich unter die Dusche und hoffe, dass das warme Wasser mir dabei hilft, munter zu werden. Nach zehn Minuten fühle ich mich fit genug, um das Wasser auszustellen und mich anzuziehen.

 

Frischer Kaffeeduft kommt aus dem Laden und ich folge dem Geruch. Im Laden angekommen finde ich Agnes bei den Regalen, die sie akribisch säubert und neu bestückt. Als sie mich entdeckt, hört sie mit ihrer Arbeit auf und kommt auf mich zu. Liebevoll nimmt sie mich in ihre Arme und drückt mich an sich.

„Möchtest du einen Kaffee und etwas Rührei haben?“ fragt sie mich mütterlich besorgt.

„Kaffee hätte ich sehr gerne. Nur Hunger hab ich keinen.“ antworte ich ihr und frage gleichzeitig, „Hast du den Tierarzt schon angerufen und gefragt, ob ich Texas besuchen kann?“

„Ja das habe ich schon. Er meint, wir sollen Texas noch etwas Ruhe gönnen. Er versteht, dass du dir Sorgen um ihn machst, aber er weiß, wie Texas auf dich reagiert und findet, dass es zu viel Aufregung ist. Er meint in zwei Tagen kannst du gerne nach ihm schauen, da wird er fit genug sein.“

Traurig lasse ich die Schultern fallen und gehe zur Kaffeemaschine um mir einen Kaffee einzugießen. Ich finde es schade, dass ich nicht zu Texas kann, kann aber auch die Bedenken von dem Tierarzt verstehen.

 

Langsam flöße ich mir den heißen Kaffee ein und helfe Agnes die Regale neu zu bestücken. Gegen Mittag kommt Sam in den Laden und meint, dass Brad gerade angelegt hat und meine Freunde auf dem Weg zu uns sind. Hastig laufe ich hinaus und halte nach den Dreien Ausschau. Auch wenn Sie nur Zwei Tage weg waren, so haben sie mir doch gefehlt. Voller Vorfreude kann ich nicht ruhig stehen bleiben. In dem Augenblick als ich sie entdecke, renne ich los. Bei Ihnen angekommen nehme ich sie ganz fest in die Arme. Tränen der Freude schießen mir in die Augen und ich lasse ihnen freien Lauf.

Gelungener Abend

Mit der Ankunft meiner Freunde, von ihrer Bootstour, kehrt so langsam wieder Normalität ein. Wenn man es Normalität nennen kann. Brad und Lisa haben beschlossen, die letzten Tage regelmäßig mit einander zu verbringen, so das er jeden Abend zu uns kommt. Mein Zimmer habe ich für die Zwei geräumt und schlafe jetzt auf der Couch. Manchmal komme ich mir vor, wie das fünfte Rad am Wagen zwischen den Pärchen. Dennoch tun sie alles, damit ich mir nicht außen vor, vorkomme. Auf meine Neuigkeit, dass ich wieder für den Verlag arbeite und am Ende der Woche wieder mit den Dreien zurück nach Deutschland fliegen werde, haben sie sich riesig gefreut. Sid hat zur Feier des Tages gekocht und irgendwoher einen Kuchen gezaubert. Von den Vorkommnissen der letzten zwei Tage habe ich ihnen Nichts erzählt, da ich sie nicht unnötig belasten wollte.

 

Texas geht es von Tag zu Tag besser und ich bin erleichtert darüber. Trotzdem mache ich mir immer wieder Vorwürfe, darüber was geschehen ist. Am Wochenende kann Texas die Praxis wieder verlassen und ich atme erleichtert auf. Heute darf ich den ersten Tag mit ihm spazieren gehen. Damit er sich nicht zu sehr überanstrengt, habe ich mir von Sam die Leine geben lassen und nun laufen wir am Flussufer entlang. Hin und wieder mache ich eine kleine Pause und setze mich mit Texas auf den Boden. Wie zuvor, lässt er mich keinen Augenblick aus den Augen und rollt sich neben mir zusammen. Noch drei Tage bin ich hier, denke ich und mir wird schwer ums Herz. Drei Tage und ich weiß nicht, ob ich James in der Zeit noch einmal sehen werde. Seit dem Vorfall mit Texas habe ich ihn nicht noch einmal gesprochen. Selbst wenn ich ihn noch einmal sehen sollte, weiß ich nicht, wie er auf mich reagiert und wie ich reagieren soll. Traurig atme ich tief ein und stehe wieder auf.

 

Auf dem Weg zurück zur Tierarztpraxis halte ich im Laden von Agnes und Sam. Beide freuen sich Texas wohlauf zu sehen und bemuttern ihn von oben bis unten. Gemeinsam trinken wir noch einen Kaffee und reden über den heutigen Abend. Heute ist der Tag des Sommerfestes und jeder im Ort freut sich schon darauf. Sam ist total angespannt. Er hat Angst bei seinem Auftritt zu verpatzen. Liebevoll nehme ich ihn den Arm und spreche ihm Mut zu. Dankend tätschelt er meine Hand.

„Hast du was von James gehört?“ versuche ich ihn abzulenken. Doch er schüttelt nur den Kopf. Auch Agnes weiß nichts Neues.

„Ich hoffe, er nimmt mir die Sache mit Texas nicht ganz so übel.“ Mein schlechtes Gewissen meldet sich wieder zu Wort. Vorsichtig streichle ich über Texas Rücken. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was gewesen wäre, wenn er es nicht überlebt hätte.

„Nein. Das macht er nicht.“ reißt mich Agnes aus meinen Gedanken. Ein wenig erleichtert atme ich ein.

„Ich bin mir sicher, dass James versucht, heute Abend wieder da zu sein. Bis jetzt hat er noch nie ein Sommerfest verpasst.“

 

Gegen Nachmittag verabschiede ich mich von den Zweien und bringe Texas zurück in die Praxis. Der Tag hat ihn ganz schön angestrengt. Anstandslos lässt er sich in seine Box bringen und rollt sich zusammen. Zärtlich streichle ich ihm noch einmal über den Kopf und fahre zurück zur Hütte. Dort scheint die Zeit stillgestanden zu haben, denn meine Freunde befinden sich noch immer am Selben Ort, wo sie waren, als ich am Vormittag losgefahren bin. Am Steg. Lisa lässt ihre Beine vom Steg aus im Wasser baumeln und Will und Sid haben es sich auf einer Decke gemütlich gemacht und kuscheln miteinander.

„Hallo ihr Drei.“ begrüße ich sie belustigend. „Habt ihr heute schon einmal etwas anderes gemacht, als zu faulenzen?“

Spielerisch empört baut sich Will vor mir auf. Mit den Händen in den Hüften gestemmt. Er versucht ein strenges Gesicht zu machen, aber ich kann sehen, dass er sich ein Lachen unterdrücken muss. Dann sagt er einfach, „Nö.“ und legt sich wieder zu Sid auf die Decke. Ich pruste laut los. Das ist wieder mal typisch Will. Voll der Scherzkeks.

„Meint ihr nicht auch, dass wir uns so langsam mal für das Sommerfest fertig machen sollten?“ frage ich neugierig. „Schließlich möchte ich den Auftritt von Sam nicht verpassen. Ihr etwa?“

Fragend sehe ich in die Runde. Anscheinend ist mein Gesichtsausdruck so furchteinflößend, dass sie alle Drei gleichzeitig aufstehen und schnurstracks in die Hütte laufen. Lachend laufe ich ihnen hinterher.

„Ihr seid mir ja Freunde.“ gebe ich lachend von mir und halte mir den Bauch vor Lachen.

 

Damit wir nicht allzu lange brauchen, gehen Lisa und ich zusammen ins Bad. Auch Wenn es ein wenig beengt ist, schaffen wir es schließlich eine halbe Stunde später, geschniegelt und gebügelt aus dem Bad zu kommen. Anerkennend pfeifend kommt Will auf mich zu und nimmt meine rechte Hand und lässt mich einmal um die eigene Achse drehen.

„Wow. Siehst du gut aus.“ sagt er löblich. „James weiß gar nicht was er verpasst.“

Lachend stupse ich ihn mit dem Ellenbogen an. Das Gleiche macht er mit Lisa und auch sie stupst ihn mit dem Ellenbogen an. Sid begnügt sich lediglich mit einem Nicken und einen Kuss auf die Wange für uns Beide. Dann schiebt er seinen Freund ins Bad und schließt hinter sich die Tür.

 

Lisa strahlt in ihrem Outfit. Sie hat einen schwarzen Rock an, der ihr bis zu den Knien reicht. Der leichte Stoff umspielt ihre Beine. Das knallrote Bandeautop bringen ihre blonden Haare zum leuchten und passt perfekt zu ihrem Rock. Neben ihr, komm ich mir in meinem beigen Sommerkleid, was ich bei unserer Shoppingtour erstanden habe, richtig bieder vor. Aber ich fühle mich darin wohl und das ist die Hauptsache. Lisa war im Gegensatz zu mir schon immer etwas freizügiger, was das Zeigen ihres Körpers betrifft. Bei mir ist das eher die Ausnahme.

 

Damit das warten auf die Jungs nicht allzu langweilig wird, hole ich aus der Küche eine Flasche Prosecco und zwei Gläser. Gemeinsam mit Lisa mache ich es mit auf der Veranda gemütlich.

„Auf einen schönen Abend.“ sagen wir gleichzeitig und stoßen an.

„Verbringst du die Nacht bei Brad?“ frage ich Lisa neugierig. Sie nickt leicht.

„Ja. Wir wollen die letzten zwei gemeinsamen Tage noch nutzen, bis wie wieder abfliegen. Ich hoffe du hast nichts dagegen.“

„Ach nein.“ winke ich ab und meine es auch so wie ich es sage. Ich freue mich für Lisa, dass sie mal einen Mann kennen gelernt hat, den sie nicht gleich nach einer Nacht oder einem Wochenende über hat. Brad scheint ihr gut zu tun und wenn ich Lisa nicht besser kennen würde, würde ich meinen, dass sie drauf und dran ist sich zu verlieben. Neugierig frage ich nach. Lisa wirkt daraufhin verlegen und senkt ihren Blick.

„Ach was?“ frage ich erschreckend und halte mir die Hand vor dem Mund.

„Ich weiß auch nicht. Brad scheint in mir irgendetwas auszulösen, was ich bis jetzt nicht gekannt habe. Ich fühl mich wohl in seiner Nähe. Es wird mir nie zu viel.“

Liebevoll nehme ich sie in den Arm. In ihren Worten liegt so viel Hingabe und aber auch ein wenig Traurigkeit. Ich weiß genau wie sie sich fühlt. In zwei Tagen fliegen wir wieder zurück nach Deutschland und es ist ungewiss, wann wir wieder hier her zurück kehren. Ein wenig beneide ich die Beiden schon. Wenigstens können sie die letzte Zeit miteinander verbringen. Bei mir ist es ungewiss, ob ich James noch vor meinem Abflug sehen werde. Selbst wenn wir uns noch einmal sehen werden, weiß ich nicht, wie er mir gegenüber sein wird. Denn schließlich bin ich daran Schuld, dass Texas beinahe gestorben ist.

„Hey, die Zwei haben schon ohne uns angefangen.“ Sids Worte holen mich wieder in die Gegenwart. Lachend erhebe ich mein Glas und leere es in einem Zug.

„Tja, wer zu spät kommt, den bestraft da Leben.“ sagt Lisa spöttisch und trinkt ebenfalls ihr Glas in einem Zug aus. Will kommt freudestrahlend mit zwei neuen Gläsern aus dem Haus und teilt den Rest der Flasche, gerecht unter uns auf. Gemeinsam stoßen wir erneut auf einen schönen Abend an. Eine halbe Stunde sitzen wir noch so beisammen und reden über die letzten Tage, die wir hier noch verbringen werden.

 

Will hat vor, Sid den Gletschersee doch noch zu zeigen. Angeblich weil er so schön romantisch ist. Ich glaube aber eher, dass er ein wenig Zweisamkeit mit Sid haben möchte. Ganz ohne uns. Es ist ja auch verständlich. Die letzten Wochen waren wir auch immer gemeinsam unterwegs. Lisa wird die Zeit mit Brad verbringen. Nur ich weiß noch nicht, wie ich die restliche Zeit verbringen werde. Inständig hoffe ich, dass James doch noch kommt und wir die Zeit gemeinsam verbringen werden. Im Grunde weiß er ja noch nicht einmal, dass ich in zwei Tagen abreisen werde.

„Wir sollten langsam aufbrechen.“ meint Will und steht auf. Hastig räume ich die Gläser und die Flasche in die Küche und nehme mir meinen dünnen Schal und Lisas Jacke vom Stuhl. Die Tür verschließe ich und kontrolliere sie dreimal, dass sie ja auch nicht wieder einfach so aufspringt. Fragend sieht mich Sid an und ich hebe einfach nur die Schultern. Bis jetzt habe ich noch nichts von den Vorkommnissen der letzten Tage erzählt und das werde ich auch nicht. Seit die Drei wieder da sind, ist ja auch nichts weiter passiert und ich stemple die Sache als reinen Zufall ab.

 

Will parkt den Wagen direkt vor den Laden von Agnes und Sid. Die Zwei warten auch schon sehnsüchtig auf uns. Freudig umarme ich sie gleichzeitig. Auch Sid Will und Lisa begrüßen sie ganz aufgeregt. Wir waren noch nie auf einem Sommerfest in unserer Stadt und freuen uns riesig auf das Tumult. Unsere Partyabende haben sich bis jetzt nur auf Clubbesuche beschränkt oder auf private Partys. Es ist schön, auch mal anders seine Abende verbringen zu können.

 

Lisa henkelt sich bei mir unter und gemeinsam folgen wir Agnes und Sam. Die Straßen sind voller Menschen, die lachen und singend durch die Straßen gehen. Je mehr wir uns dem Stadtkern nähern, desto voller wird es. Menschen drängeln sich über all an den Buden und auf den Straßen. Wir haben immer mehr Mühe uns nicht aus den Augen zu verlieren. Vor einer großen Bühne, wo davor eine Tanzfläche ist machen wir halt. Dies scheint der entscheidende Ort zu sein, wo sich der Hauptteil des Abends abspielt. Überall um die Bühne herum stehen Tische und Bänke. Der Platz ist schon gut besucht und die Tische, bis auf wenige Plätze auch schon besetzt. Fragend sehe ich zu Agnes. Sie strahlt übers ganze Gesicht. Ab und zu kommen Leute auf uns zu und begrüßen uns. Wohl eher Agnes und Sam, aber uns lassen sie nicht aus. Wieder kommt dieses Gefühl des Wohlgefallens in mir hoch und auch das Gefühl der Sehnsucht, dass mich sicherlich bald wie einen Schlag treffen wird, wenn ich nicht mehr hier sein werde.

 

Agnes nimmt mich bei der Hand und schlängelt sich durch die Menschenmassen. Die anderen haben große Mühe uns zu folgen. Doch als wir vor einem leeren Tisch stehen bleiben, sind wir kurze Zeit später wieder vollzählig versammelt.

„Der Tisch ist für uns reserviert.“ schreit Sam gegen die Lautstärke an und wir nicken im Takt. Nachdem wir uns gesetzt haben, stelle ich fest, dass noch zwei Plätze frei sind. Fragend sehe ich Sam an.

„Den einen Platz habe ich für Brad reserviert und den anderen für James, falls er es schafft heute doch noch zu kommen.“

Wohlweislich nicke ich und frage dann, „Hast du heute schon einmal was von ihm gehört?“

Verneinend schüttelt Sam den Kopf und hebt entschuldigend die Schultern dabei.

 

Wir sitzen gemütlich an unserem Tisch und genießen die aufgeladene Atmosphäre die ringsherum um uns herrscht. Es fühlt sich belebend an. Der ganze Stress der letzten Tage ist von mir abgefallen und ich gebe mich der Stimmung hin. Auf der Bühne spielt eine mir unbekannte Band. Zwar verstehe ich nicht ganz den Text, aber der Sound ist gut und ich wippe im Takt zu der Musik. Lächelnd sieht mich Lisa an und macht es mir gleich. Nur mit dem Unterschied, dass sie Brad in seinen Armen hält.

 

Langsam dämmert es und überall auf den Tischen werden Kerzen angezündet. Ringsherum sind an jedem Pfeiler, der den Platz säumt, Lampions aufgehängt und strahlen in verschiedenen Farben. Sam steht auf und entschuldigt sich bei uns, da sein Auftritt kurz bevor steht. Aufgeregt drücke ich ihn und wünsche ihm viel Glück. Leicht streichelt er mir übers Haar und verschwindet dann hinter der Bühne. Ich bin so gespannt auf seinen Darbietung. Leider weiß ich nicht, was er für Musik spielt. Deshalb lasse ich mich einfach überraschen.

 

Überraschenderweise stehen alle Gäste auf, als Sam mit seiner Band auf der Bühne erscheint, jubeln alle ganz laut. Der Leadsänger sagt das erste Lied an und die Menge grölt. Nachdem die ersten Takte erklungen sind, stürmen einige Menschen die Tanzfläche und tanzen Squaredance. Es sieht alles ziemlich stimmig aus, was wie monatelang einstudiert.

„Ich wusste gar nicht, dass Sam in einer Countryband spielt.“ sage ich verwundert zu Agnes.

„Das macht er schon seit seiner Highschool. Es ist auch immer noch die selbe Band.“ Agnes platzt fast vor Bewunderung. Ihre Augen leuchten und sie strahlt über das ganze Gesicht. Die letzten Takte des Liedes erklingen und die Meute grölt und pfeift zum Applaus. Unser Tisch lässt sich mitreißen, springt auf und macht es der Menge nach.

„Wie ich sehe, habt ihr auch ohne mich Spaß.“ Eine mir nur zu sehr bekannte Stimme ertönt zwischen Agnes und mir. Es ist James. Mein ganzer Körper kribbelt vor Aufregung. Langsam drehe ich mich zu ihm um und sehe in seine blauen Augen. Wortlos und wie angewurzelt stehe ich da. Erst als James mich in seine Arme nimmt und mir ins Ohr flüstert, „Ich hab dich so vermisst.“, löse ich mich aus meiner Starre und umarme ihn. All die Sorgen und Ängste die ich noch davor hatte, fallen mit einem Schlag von mir. Ich umarme ihn und gebe ihm einen Kuss auf den Mund. Nach unserer innigen Begrüßung, löst er sich von mir und begrüßt zuerst Agnes mit einem Kuss auf die Wange und dann begrüßt er den Rest der Leute die an unserem Tisch mit sitzen.

 

Die ersten Takte des neuen Liedes erklingen und auf einmal wird der ganze Platz ruhig. Dort wo noch rege Gespräche geführt wurden, verstummen schlagartig alle. Fragend sehe ich mich um. James flüstert mir ins Ohr, „Ich komme gleich wieder.“, schnappt sich Agnes und geht mit ihr auf die Tanzfläche. Niemand anderes ist dort. Nur die Zwei halten sich innig im Arm. Wie auf ein Zeichen, ertönt Sams brummige tiefe Stimme. Er singt. Erstaunt sehe ich zu ihm. Andächtig lausche ich dem Text. Sam singt von einer wunderschönen Blume die dabei ist zu erblühen. Eine Blume die er pflegt. Jeden Tag aufs Neue. Mit viel Liebe und Ehrfurcht. Er singt davon, dass eines Tages an dieser Blume eine weitere kleine Blume erblüht. Er singt davon, dass er Angst hat, die Blumen nicht richtig zu pflegen und sie verlieren wird, wenn er sich nicht richtig um sie kümmert. Da wird mir schlagartig klar, er singt von Agnes und James. Er singt mit so viel Liebe und Hingabe, dass es mir die Tränen in die Augen treibt. Mit tränen verschleierten Augen sehe ich Agnes und James zu, wie sie andächtig zu diesem Lied tanzen. Ganz langsam wiegen sie sich hin und her. Agnes hat ihr Gesicht an James Brust geschmiegt und die Augen geschlossen. James streichelt ihr liebevoll über den Rücken. Sein Kinn ruht auf ihrem Kopf. Die Zwei harmonieren gemeinsam. Es ist schön sie gemeinsam so innig zu sehen. Ein wenig Wehmut schleicht sich in mein Inneres. Erst jetzt merke ich, dass mir mein Dad fehlt. Ich habe schon so lange nicht mehr mit ihm gesprochen. Ganz fest nehme ich mir vor, noch heute Abend ihn anzurufen.

 

Die letzten Taktes des Liedes erklingen und plötzlich wird es laut. Alle jubelnd, kreischen und applaudieren ganz laut. Niemand sitzt mehr. Alle sind von ihren Plätzen aufgesprungen und applaudieren lautstark. James kommt mit Agnes im Arm wieder zu unserem Tisch. Meine Tränen versuche ich vergebens wegzuwischen. Aber immer wieder laufen neue Tränen meine Wangen hinunter. Das Lied hat mich so gerührt. Agnes nimmt mich liebevoll in den Arm und streichelt mir über den Rücken. Ein wenig schäme ich mich dafür, dass ich mitten auf dem Platz stehe und weine.

„Ist schon gut. Mir ging es ähnlich, als ich das Lied das erste Mal gehört habe.“ flüstert sie mir ins Ohr. Ich löse mich aus ihrer Umarmung und lächle sie an. James der sich zu uns gesellt hat, legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich zu sich ran. Behutsam lege ich meinen Kopf an seine Schulter und beginne mich zu beruhigen. Gemeinsam stehen wir Arm in Arm zusammen und lauschen dem Gesang. Nach jedem Lied, das gespielt wird, applaudieren die Leute lautstark. Sams Band ist der reinste Knaller. Sie spielen verschiedene Lieder. Schnelle und langsamere. Bekannte und eigene geschriebene. Der Abend ist der volle Erfolg für die Band. Im Grunde glaube ich, dass es bei jedem Fest, wo sie spielen so abgeht.

 

Nachdem Sams Band ihre Darbietung beendet hat, kommt er zu uns und gibt Agnes liebevoll einen Kuss auf die Wange. James begrüßt er mit einer herzlichen Umarmung.

„Ihr ward so gut.“ drängle ich mich zu ihm vor und umarme ihn. „Ich hab gar nicht gewusst, dass du so gut singen kannst.“

Dankend nimmt mich Sam in seine Arme und drückt mich.

„Es hat dir also gefallen.“ stellt er schmunzeln fest. Ich nicke ihm bestätigend zu.

„Gefallen ist gar kein Ausdruck. Das Lied, was du für Agnes und James geschrieben und gesungen hast, hat mich voll von den Socken gehauen. Es war so...“ Mir fehlen einfach die Worte, um ihm beschreiben zu können, wie ich das Lied fand.

„Ja, ich weiß wie du dich fühlst,“ hilft mir Agnes, „Mir ging es damals nicht anders. Du musst wissen, Sam hat das Lied geschrieben, als James gerade geboren wurde. Und seitdem spielt er dieses Lied auf jedem Fest.“

„Es ist unglaublich gewesen.“ gebe ich zu, „Auf einmal war alles ruhig. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können und niemand hat sich getraut etwas zu sagen, geschweige denn, sich mit euch auf der Tanzfläche zu tummeln. Unglaublich.“

Lachend, über meine Begeisterung zieht mich James noch fester in seine Arme.

„Das ist so, seit ich denken kann. Schon als kleiner Junge stand ich mit Agnes allein auf der Tanzfläche, bei diesem Lied. Jeder kennt uns und weiß was dieses Lied für uns bedeutet. Es ist wie eine unausgesprochene Regel. Immer wenn dieses Lied gespielt wird, dann gehört die Tanzfläche nur Agnes und mir.“ erklärt mir James. Wohl wissend um die Bedeutung nicke ich nur.

„Komm lass uns tanzen.“ Ohne meine Antwort abzuwarten, zieht mich James auf die Tanzfläche und nimmt mich in seine Arme. Die Band die jetzt dran ist, spielt ein langsameres Lied und ich lass mich von James über die Tanzfläche wirbeln. James ist ein guter Tänzer. Das muss ich zugeben. Vor lauter Aufregung verpatze ich hier und da die Tanzschritte, aber er macht es gekonnt wieder wett. Eigentlich tanze ich nur mit meinem Dad. Da er mir wieder in den Kopf kommt, entschuldige ich mich bei James und gehe zu unserem Tisch. Mit meinem Telefon bewaffnet, verlasse ich den Platz, um mir einen ruhigeren Ort zu suchen, damit ich mit meinem Dad telefonieren kann.

 

 

Ungewolltes Wiedersehen

„Hey Dad. Stör ich dich?“ frage ich unsicher. Ein wenig habe ich ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber, da ich mich schon so lange nicht mehr bei ihm gemeldet habe.

„Das du dich noch mal meldest.“ gibt mein Dad in einem strengen Ton von sich. „Schön das du anrufst. Sag mal, warum sagst du mir nicht Bescheid, dass du morgen wieder heim kommst?“ Seine Frage klingt vorwurfsvoll. Betreten sehe ich zu Boden.

„Ich wollte mich ja bei dir melden, aber...“ zu mehr komm ich nicht.

„Komm mir bitte jetzt nicht mit aber.“ Die Stimme meines Dads klingt hart. Ich fühle mich wieder in eine Zeit zurück gesetzt, in der ich fünf Jahre alt bin und etwas Dummes angestellt habe.

„Hätte Will mich nicht darüber informiert, dass ihr morgen wieder kommt, würde ich es nicht erfahren.“

„Es tut mir leid.“ Meine Stimme ist brüchig. Besänftigend sage ich zu ihm, „Am Montag komme ich zu dir. Ist das in Ordnung für dich? Dann reden wir.“

„Ach Kleines. Ich vermiss dich so.“ Jetzt klingt er nicht mehr streng, eher traurig.

„Ich vermisse dich auch. Ich freue mich, dich wiederzusehen. Glaub mir, Dad. Die Zeit ohne dich war zwar schön, aber du bist nun mal mein Dad und dich kann kein Mann der Welt ersetzen.“ Ich meine meine Aussage ehrlich. Mein Dad ist immer noch der wichtigste Mensch in meinem Leben, auch wenn ich es ihm nie so wirklich zeige.

„Ich hol euch vom Flughafen ab. Das hab ich mit Will schon alles geklärt.“ Die Stimme meines Dads ist wieder ganz ruhig.

„Das ist schön. Ich kann es kaum erwarten, dich wieder zu sehen. Bis morgen dann.“

„Ja bis morgen. Pass auf dich auf, Kleines.“

Mit diesen Worten legt er auf und ich atme tief durch. Bevor ich einen klaren Gedanken fassen kann, rempelt mich jemand von der Seite an und mein Telefon fällt auf den Boden. Hastig bücke ich mich danach und hebe es auf.

„Ach hier bist du. Ich hab dich schon überall gesucht. Ist alles gut bei dir?“

 

James gesellt sich zu mir und sieht mich fragend an. Schnell nicke ich und lächle ihn an.

„Schön das du wieder da bist.“ sage ich und schaue ihm tief in die Augen. Liebevoll küsst er mich auf den Mund.

„Endlich sind wir zwei allein.“ sagt er mit etwas in der Stimme, was ich nicht zuordnen kann. „Komm. Die Anderen können noch ein paar Minuten länger auf uns warten. Jetzt möchte ich dich einen Moment für mich allein. Er ergreift meine Hand und zieht mich in eine Ruhige Seitenstraße, dort wo uns niemand sehen kann. Gierig küsst er mich und drückt mich gegen ein Auto, was dort geparkt wurde.

„Ich hab dich so vermisst.“ Gibt er keuchend, zwischen unserem Kuss von sich. Gierig und voller Lust küsse ich ihn. Auch ich habe ihn vermisst. Unser Kuss wird immer leidenschaftlicher. Hastig zieht er mein Kleid nach oben und streichelt mir über meine Klit. Sofort fange ich vor Aufregung an zu zittern. Diese Berührungen lassen die Ameisen in meinem Bauch an Achterbahn zu fahren und ich gebe mich ihnen hin. James löst sich von meinen Lippen und kniet sich hin. Seine Finger ziehen meinen Slip zur Seite und seine Zunge streichelt meinen Spalt. Allein diese Berührung lässt mich aufstöhnen. Willenlos gebe ich mich ihm hin und genieße es. James steckt eine Finger in mich hinein und ich spüre, wie der Vulkan in mir anfängt zu brodeln. Lustvoll stöhne ich auf, als er seinen Finger in mich tiefer hineinstößt. Seine Zunge umkreist meinen Kitzler. Ich kann nicht mehr an mich halten und lasse den Vulkan in mir explodieren. Das alles passiert so schnell und dennoch genieße ich es mit vollen Zügen. Viel Zeit habe ich nicht, um mich von meinem Orgasmus zu erholen, denn James steht auf, dreht mich mit einem Ruck um und drückt mich mit einer Hand auf die Motorhaube des Wagens. Ich höre wie er seine Hose öffnet und schon stößt er in mich hinein. Lustvoll und erschrocken stöhne ich laut auf, als er in mich eindringt. James lässt mir nicht viel Zeit, um mich an seine Größe zu gewöhnen. Kraftvoll stößt er in mich und ich spüre, dass mein Vulkan wieder bereit ist, zu explodieren. Die kalte Motorhaube gibt unter seinen Bewegungen nach und drückt mir in den Bauch. Doch den Schmerz ignoriere ich, zu groß ist meine Lust und mein Verlangen, ihn in mir zu spüren. Immer heftiger stößt er in mich und ich kann nicht anders, als mich meiner Begierde hinzugeben. Keine drei Stöße später komme ich erneut, diesmal so heftig, dass ich glaube, den Boden unter meinen Füßen zu verlieren. James hält mich fest in seinen Armen und treibt sich weiter voran, bis er auch endlich seine Erlösung findet. Noch in mir steckend, lässt er sich auf mir fallen und küsst meinen Nacken. Bevor er sich ganz aus mir zurückzieht, greift er in seine Jackentasche und holt eine Packung Tempos raus. Behutsam und ganz langsam wischt er mich ab. Diese Berührung ist so intim und so zärtlich, dass ich leise stöhnen muss.

„Aha. Fräulein Nimmersatt.“ gibt James lachend von sich. Entschuldigend zucke ich mit den Schultern.

„Na hör mal.“ protestiere ich gespielt, „Wer hat mich denn so lange allein gelassen?“

Lachend dreht er mich zu sich und küsst mich leidenschaftlich. Die Ameisen in meinem Bauch fahren erneut Achterbahn und wieder muss ich leise stöhnen.

 

James hält mich weiterhin in seinen Armen und lächelt. Wieder küsst er mich, diesmal aber nicht gierig sondern liebevoll. Nachdem er sich von mir gelöst hat, sehe ich im Augenwinkel eine Person aus der Seitenstraße gehen. Ich bleibe wie angewurzelt stehen.

„Ich glaub uns hat jemand beobachtet.“ flüstere ich ihm zu. Doch James sagt nicht und nimmt mich an die Hand und führt mich wieder auf den Platz, wo all unsere Freunde sind.

„Wo ward ihr denn so lange?“ fragt Lisa mich empört, „Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht.“ Zärtlich lächle ich sie an.

„Ich hab mit meinem Dad telefoniert und James ist mich suchen gegangen.“ erzähle ich wahrheitsgetreu.

„Und das hat so lange gedauert?“ Lisas Augen funkeln. Sie scheint genau zu wissen, was James und ich getrieben haben, schließlich ist sie ja sonst Diejenige die mittendrin in einer Party mit einem Typen abhaut, um zu vögeln.

„Lass sie doch.“ mischt sich jetzt Will ein, „Die Zwei haben sich so lange nicht gesehen. Da ist es nur logisch, dass sie sich etwas Zeit für sich nehmen.“

Will gibt Lisa einen Kuss auf die Wange, um sie zu beruhigen.

„Na von mir aus.“ gibt sie nun von sich und setzt sich wieder zu Brad, der sie sogleich auch in seine Arme schließt und sie festhält.

 

Meine Augen schweifen über den Platz. Mittlerweile hat er sich etwas geleert und ich kann ihn gut überschauen. Agnes und Sam erblicke ich jedoch nicht. Fragend sehe ich James an.

„Sie sind schon vor einer Weile gegangen.“ sagt er ohne meine Frage zu kennen. „Wollen wir auch losmachen. Es ist schon spät und ich bin ehrlich gesagt auch etwas müde.“ Zärtlich sehe ich ihn an und nicke. Auch ich fühle mich etwas müde. Ist ja auch kein Wunder, bei der Aktion, die wir uns geleistet haben. Sofort verabschieden wir uns von unseren Freunden und verabreden uns für Sonntagmorgen. Als wir alleine auf der Straße sind, fragt mich James, „Wieso Sonntagmorgen?“

„Na da haben wir morgen den ganzen Tag für uns alleine. Ich glaub wir haben so einiges nachzuholen.“ erwidere ich ihm. Eigentlich hätte ich ihm sagen müssen, dass wir Sonntag Vormittag wieder nach Deutschland fliegen, aber ich bringe es nicht übers Herz. Der Abend verlief bis jetzt ganz gut und ich möchte unsere Stimmung, wegen meiner baldigen Abreise, nicht drüben.

 

In James Wohnung angekommen, packt er mich und zieht mich zu sich ran. Gierig küsst er mich und ich erwidere seinen Kuss. Es fühlt sich so gut an. Ich lass mich einfach in seine Arme fallen und genieße den Moment. Immer fester drückt er mich an sich. Leicht stoße ich mich von ihm ab, da ich kaum noch Luft bekomme. Als ich mich endlich aus seinen Armen befreien kann, atme ich erst einmal tief durch.

„Ich brauch erst einmal eine Dusche. Wo ist dein Badezimmer?“ frage ich ihn noch ganz außer Atem.Leicht keuchend zeigt er mir die Tür zum Badezimmer. Ich gehe hinein und ziehe mich aus. Das Wasser stelle ich an und lasse es warm werden. Einen Spaltbreit öffne ich die Tür.

„Möchtest du mir Gesellschaft leisten?2 frage ich in den Raum hinein und stelle mich unter die Dusche. Keine zwei Minuten später umschlingen mich zwei Arme besitzergreifend. Ich schließe meine Augen und lehne mich an James Brust. Das Wasser läuft mir über den Körper und hüllt mich ein. James streichelt meine Seiten zärtlich und ich genieße jede Sekunde. Meine Haut fängt an zu kribbeln und die Ameisen in mir bereiten eine Party vor.

 

Langsam drehe ich zu ihm um und küsse zärtlich seinen Hals. Meine Finger gleiten seine Brust entlang und meine Lippen folgen ihnen. Ganz langsam küsse ich seine Brust entlang und knabbere leicht an seiner Haut. Ein leises stöhnen entkommt ihm. Ich muss lächeln. Meine Fingernägel kratzen über seinen Bauch und erneut stöhnt er. Diesmal etwas lauter. Behutsam nehme ich seinen erregten Penis in die Hand und massiere ihn. Ich schau in James Gesicht und entdecke,dass er die Augen geschlossen hat. Vorsichtig hocke ich mich vor ihn hin und lecke an seiner Eichel und weiter an seinem Schaft entlang. Genüsslich nehme ich seinen Penis in den Mund und sauge daran. Erst ganz vorsichtig, doch dann immer stärker. Immer wieder stöhnt James. Er wird immer lauter und ich spüre,dass er sich kaum noch beherrschen kann. Sein Stöhnen spornt mich immer mehr an, so dass ich immer fester an ihm sauge und seinen Schaft massiere bis er sich in mir ergießt. Lächelnd stehe ich wieder auf und küsse ihn voller Leidenschaft.

 

James löst sich von mir und greift hinter mich, um sich das Duschbad zu schnappen. Langsam lässt er es in seine Hände gleiten und verteilt es auf seinen Handflächen. Meine Vorfreude, auf das was jetzt kommt, kann ich kaum noch zügeln. Gleichmäßig umkreist er mit seinen Händen meine Schultern und geht dann zu meinen Brüsten über. Wie auf Kommando stellen sich meine Brustwarzen auf und recken sich ihm entgegen. Bei dem Anblick schmunzelt James. Behutsam zupft er an meinen Nippeln, so dass sie noch härter werden. Leise stöhne ich. Immer wieder zupft er an ihnen und ich gebe mich dem wohligen Schmerz hin, schließe dabei die Augen um es noch intensiver zu spüren. James Hände gleiten weiter hinunter zum Bauch und zu meinem Venushügel. Mit einer Hand spreizt er meine Schamlippen und massiert meinen Kitzler mit seinem Daumen. Stöhnend kralle ich meine Fingernägel in seine Schulter. Einen Finger steckt er tief in mich und ich umschlinge ihn. Leicht kreist er seinen Finger in mir und bringt mich erneut zum stöhnen. Ein weiterer Finger folgt dem Ersten. Im Takt stößt er sie in mich hinein. Erst ganz langsam und dann immer heftiger. In mir braut sich eine riesige Welle an und ich habe Angst den Boden unter mir zu verlieren. Gnadenlos pumpt er immer wieder seine Finger in mich und ich kann nicht anders als laut aufzuschreien, als mich mein Orgasmus packt und mich weit weg bringt.

 

Langsam gleite ich die Fliesen der Dusche hinunter. Meine Beine haben mir den Dienst versagt. Sie fühlen sich an wie Pudding. James stellt das Wasser ab, hüllt mich in ein Handtuch und bringt mich ins Bett. Nachdem er sich selbst abgetrocknet hat, legt er sich zu mir und umschlingt mich mit seinen starken Armen. Eine Zeitlang liegen wir so da und ich sauge den Moment förmlich in mich hinein. Eine einzelne Träne bahnt sich ihren Weg und läuft mir die Wange hinunter. Ich lasse sie gewähren. Mit einem Ruck drehe ich mich zu James um und sehe ihm ins Gesicht. Die Augen hat er geschlossen. Sein Atem geht ganz ruhig. Zärtlich gebe ich ihm einen Kuss auf den Mund. Plötzlich schlägt er die Augen auf und lächelt mich an. Sein Lächeln erwidere ich und küsse ihn erneut ganz zärtlich. Ich schwinge mich auf ihn und drücke meinen Oberkörper gegen seine Brust. Unser Kuss wird immer leidenschaftlicher und die Lust in mir wird vom Neuen entfacht. Meine Finger lasse ich über seinen Körper gleiten und ich präge mir jeden Muskel und jede Faser ein. Meine Hüfte lasse ich über seine Lenden kreisen. Seinen harten Penis spüre ich an meinen Schamlippen. Ich rutsche einen Stück tiefer und lasse ihn in mich hinein gleiten. Ein leichtes Stöhnen verlässt meinen Mund, als er ganz tief in mir steckt. Ich genieße das Gefühl, von ihm geweitet zu werden. Langsam bewege ich mich auf James. Diesen Moment möchte ich so lange es geht genießen und ich mich aufsaugen. Mein Kuss wird fordernder und James zieht mich zu sich ran und umschlingt mich mit seinen Armen. Er hält mich so fest, dass ich mich kaum bewegen kann. Jetzt in diesem Moment ist alles so perfekt zwischen uns. Wir lieben uns auf eine Art, die wir bis jetzt noch nie hatten. Aber ich finde es berauschend. Nie hätte ich gedacht, dass mir das hier mal so gefallen könnte. Als mein Orgasmus über mich kommt, kann ich nicht mehr an mir halten. Tränen brechen aus mir heraus und laufen mir die Wangen hinunter. Ich kann sie nicht aufhalten. Es werden immer mehr. Schluchzend lasse ich mich in James Arme fallen und schmiege mich fest an ihn. Unter seinen Streicheleinheiten schlafe ich endlich ein.

 

Am Morgen erwache ich mit einem tierischen Muskelkater. Mein ganzer Körper schmerzt. Er macht es mir fast unmöglich mich aufzusetzen. Das Bett neben mir ist leer. Mit zusammengebissenen Zähnen stehe ich auf und verlasse das Zimmer ohne mir etwas anzuziehen. James steht in einer Kochnische, nur in Boxershorts begleitet und bereitet gerade Kaffee zu. Ich schleiche mich zu ihm und lege ihm meine Arme um seinen Bauch.

„Guten Morgen.“ nuschle ich, mit meinem Gesicht an seinen Rücken gepresst.

„Guten Morgen.“ sagt James und dreht sich dabei zu mir um. Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn und mustert mich von oben bis unten lächelnd. Es sieht schelmisch aus und ich kann ein Aufblitzen in seinen Augen sehen. Noch bevor ich etwas sagen kann, schiebt er mich rückwärts und ich knalle mit meinem Po gegen einen Tisch. Verlangend küsst James mich und hebt mich auf den Tisch. Klar denken kann ich nicht mehr. Ich spüre nur den Schmerz in meinen Knochen und die Leidenschaft in James Kuss. Ich weiß genau, was er jetzt vorhat und lasse es geschehen.Ganz deutlich kann ich seinen erregten Penis durch seine Shorts spüren und in mir beginnt es zu lodern. Die Lust auf ihn steigt immer mehr an, je leidenschaftlicher er mich küsst. Meine Hände wandern seinen Körper entlang, bis zum Bund seiner Hose. Mit meinen Zeigefingern rutsche ich unter den Bund und versuche sie hinunter zu ziehen. Weit komme ich jedoch nicht, denn James drückt mich auf die Tischplatte und nagelt mich mit einer Hand dort fest. Mit der anderen Hand streichelt er meine Brustwarzen und wie auf Kommando stellen sich diese auf. Seine Zunge gleitet meinen Hals hinunter zu meiner Brust. Liebevoll leckt und knabbert er an ihnen. Meine Knospen werden immer härter. Lange hält er sich nicht an ihnen auf und bahnt sich seinen weg küssend hinunter zu meinem Kitzler. Ganz behutsam trennt er meine Schamlippen. Ein lautes Stöhnen entweicht mir, als er seine Zunge in mich hineinsteckt. Ich bin wehrlos, denn Immer noch hält mich James mich mit seinen Händen auf der Tischplatte fest. Meine Augen schließe ich und genieße die Berührungen. In mir braut sich etwas Großes zusammen, was sich nun seinen Weg bahnt. James scheint das zu spüren und hört augenblicklich auf. Verschmitzt schaut er mich an. Sein Mund glänzt von meiner Feuchtigkeit und ich lächle ihn an. Ganz langsam küsst er sich wieder zu meinem Mund. Seine Zunge verlangt Einlass und ich gewähre sie ihr. James Kuss ist fordernd und doch zärtlich. Mit einem Mal spüre ich, wie James in mich eindringt. Leise wimmernd stöhne ich auf. Jedoch nicht vor Schmerz, sondern vor Lust. Ein wenig Zeit lässt er mir, um mich an seine Größe zu gewöhnen. Doch dann stößt er unnachgiebig in mich hinein. Doch bevor mein Orgasmus sich vollends entfalten kann hört er auf. Schelmisch grinst er mich an und küsst mich. Verzweifelt stöhne ich auf. Wieder beginnt er sich in mir zu bewegen, erst ganz langsam und dann immer schneller und härter. Doch bevor ich komme, hört er wieder auf. Das Ganze macht er noch drei weitere Male. Verzweifelt bettle ich ihn an, mir doch meine ersehnte Erlösung zu schenken. Er gewährt mir dies und bringt mich zum Äußersten. Erschöpft lasse ich meine Arme über die Tischkante sinken. James küsst behutsam meinen Körper und lächelt dabei.

 

Meine Kräfte kommen langsam wieder und ich erhebe mich vom Tisch. James gebe ich einen Kuss auf die Wange und gehe in Richtung Badezimmer. Vor der Tür bleibe ich stehen und drehe mich zu ihm um.

„Ich geh jetzt duschen und dann besorge ich bei deinen Eltern Frühstück für uns Zwei. Nach der Nummer brauche ich etwas Stärkung, sonst halte ich den Tag nicht stand.“ sage ich grinsend und verschwinde im Bad. Damit James nicht auf den Gedanken kommt, mir zu folgen, verschließe ich die Tür hinter mir. Ich fühle mich wie gerädert und freue mich auf eine erholsame und entspannte Dusche.

 

Die erhoffte Entspannung tritt auch ein und ich fühle mich wie neu geboren. Schnell trockne ich mich ab und ziehe mein Kleid vom Vortag an. Auf meine Unterwäsche verzichte ich, da ich versäumt habe, mir frische einzupacken. Noch ein Blick in den Spiegel, um meine Haare zu richten und dann verlasse ich das Badezimmer. James sitzt mittlerweile mit einer Tasse Kaffee am Küchentisch. Ich schmunzle leicht, bei dem Gedanken daran, was wir vor einer knappen halben Stunde noch auf ihm getrieben habe. Fix schnappe ich mir seine Tasse und trinke einen kräftigen Schluck. Der Kaffee tut gut. Mit einem „Bis gleich.“ verabschiede ich mich von ihm und verschwinde aus der Tür.

 

Agnes steht hinterm Tresen und gegrüßt mich freundlich mit einer Umarmung.

„Guten Morgen Liebes. Viel Schlaf hast du ja nicht bekommen, so wie du aussiehst.“ bemerkt sie und ich grinse sie an.

„Ich weiß wie das ist. Schließlich waren wir auch mal jung. Komm setz dich, ich bring dir eine Tasse Kaffee.“

„Danke, aber ich wollte eigentlich nur etwas zum Frühstück für James und mich holen.“ entgegne ich ihr.

„Du kannst den Kaffee da weile trinken, während ich euch etwas zaubere.“ sagt sie und drückt mir einen Kaffeebecher in die Hand. Dankend nehme ich ihn an und gönne mir einen großen Schluck.

„Wo ist Sam eigentlich?“ frage ich nebenbei. Agnes deutet auf die Tankstelle und verschwindet in den Hinterraum.

„Ich geh ihn begrüßen.“ rufe ich ihr hinter her.

„Ja mach das,“ kommt es dumpf von ihr. Mit meinem Kaffee bewaffnet gehe ich aus dem Laden und auf die Tankstelle zu. Im Inneren ist Sam nicht zu sehen. Also beschließe ich, mich in der Werkstatt umzusehen.

 

Zwei Beine auf einer Pritsche lugen unter einem Auto hervor. Laut rufe ich, „Guten Morgen.“ Ein Brummen ist unter dem Auto zu hören und Sam rutscht unter dem Wagen hervor.

„Ach du bist es. Guten Morgen. Na wie geht es dir?“ fragt er mich lächelnd. Anscheinend ist ihm mein Schlafmangel auch aufgefallen.

„Alles bestens. Ich wollt dich nicht stören. Nur einfach mal hallo sagen.“

„Du störst doch nicht.“ gibt er lächelnd von sich. „Hast du James schon von deiner Abreise erzählt.“

Betreten schaue ich zu Boden.

„Du solltest ihm das sagen.“ ermahnt Sam mich und legt eine Hand auf meine Schulter.

„Das habe ich vor. Nur gestern war nicht der beste Augenblick dafür. Der Abend war so schön und ich wollte ihn nicht mit der Nachricht versauen.“

„Das verstehe ich ja. Aber du reist morgen schon ab.“ Sams Worte sind sanft.

„Ich sage es ihm nachher, versprochen. Was meinst du, wie wird er darauf reagieren?“ frage ich und sehe ihn eindringlich an.

„Das weiß ich nicht. Aber wenn du ihm das richtig erklärst, dann hat er dafür Verständnis. Schließlich weiß er ja, das dieser Tag irgendwann kommen wird. Nur nicht das er so bald ist.“

„Ja das stimmt.“ gebe ich zu. „Meinst du, dass es ein Fehler war, den Job anzunehmen?“

„Nein. Natürlich nicht.“ Verständnisvoll nimmt Sam mich in den Arm. „Es ist nun mal dein Job. Du kannst ja nicht ewig Urlaub machen. Und so wie ich dich einschätze, brauchst du deinen Job, um glücklich zu sein.“ Nickend stimme ich ihn zu.

„Hier Lena. Euer Essen ist fertig.“ Agnes reicht mir zwei Schalen.

„Bring sie einfach im Laufe des Tages vorbei.“

„Danke Agnes. Du bist die Beste.“ sage ich und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Schnell verabschiede ich mich von den Zweien und gehe über die Straße zu James Wohnung.

 

Erstaunt bleibe ich vor der Wohnungstür stehen, denn diese ist nur angelehnt. Zwei Stimmen kann ich aus der Wohnung hören. Und beide kenne ich. Leise schleiche ich zur Tür und lausche.

„Was glaubst du eigentlich was du für sie bist? Doch nur ein Spielzeug.“ Diese Stimme gehört Sebastian. Ich wusste doch, dass ich mich in Vancouver nicht versehen habe. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich.

„Was kann einer wie du ihr schon bieten?“ fragt er erneut. „Sie ist etwas anderes gewohnt. Du wirst sehen, wenn wir morgen gemeinsam abreisen, hat sie dich ganz schnell vergessen und wird mich heiraten. Weil ich ihr das Leben bieten kann, was sie gewohnt ist. Das was sie braucht.“ Vor Schreck halte ich mir den Mund zu.

„Wusste ich doch, dass sie dir nichts von ihrer Abreise erzählt hat.“ Sebastian lacht laut. Mit Schwung reiße ich die Tür auf und schaue ihn wütend an.

„Was willst du hier?“ schreie ich, „Du hast kein Recht hier zu sein.“

Mit einem fiesen Blick sieht er mich an und sagt, „Ich bin schon weg. Wir sehen uns morgen.“ Dann verschwindet er aus der Tür. Die Schalen, die mir Agnes gegeben hat, stelle ich auf den Tisch. Der Appetit ist mir vergangen. Ich sehe zu James. Wut spiegelt sich in seinem Gesicht wieder.

„Wann wolltest du es mir sagen?“ Seine Stimme und sein Blick sind kalt. Langsam gehe ich auf ihn zu, doch er deutet mir mit einer abwehrend Hand, dass ich stehen bleiben soll.

„Sag mir, Lena. Wann wolltest du mir erzählen, dass du morgen nah Hause fliegst?“

Verzweifelt sehe ich ihn an, blicke zu Boden und sage mit leiser Stimme. „Heute.“

„Wolltest du es mir überhaupt sagen?“ fragt er mich bissig.

„Natürlich. Sag mir, wann hätte ich es dir sagen sollen? Nach alldem was in den letzten Tagen passiert ist? Ich weiß es doch auch erst seit ein paar Tagen.“ Meine Stimme bricht und ich spüre wie sich Tränen in meinen Augen füllen.

„Du hättest es mir sagen müssen.“

„Ja ich weiß.“ nickend bestätige ich es ihm.

„Du solltest besser gehen.“ sagt er eisig und dreht sich von mir weg. „Geh zurück nach Deutschland und heirate deinen Verlobten.“

Entsetzt sehe ich ihn an. Mein Herz springt in tausend Einzelteile.

„Das ist nicht dein Ernst.“ entkommt es mir. „Willst du wirklich, dass ich gehe?“ schreie ich ihn nun an. Er sagt einfach nur „Ja“ und starrt weiter auf die Küchenwand.

„Sieh mich an und sage mir ins Gesicht, dass ich gehen soll.“

Langsam dreht James sich um. Sein Gesicht ist wie aus Stein. Keine Gefühlsregung ist zu sehen.

„Ich will, dass du gehst.“ sagt er knapp.

„Also gut. Wenn es das ist was du willst, dann werde ich gehen. Aber glaube mir, ich werde Sebastian nicht heiraten und du bist nicht mein Spielzeug.“

„Geh und heirate ihn. Er kann dir das Leben bieten, was du gewohnt bist.“ Es ist erschreckend wie klar und deutlich James das sagt.

„Dieses Leben will ich nicht. Ich möchte mit dir zusammen sein. Bitte James.“ flehe ich, „Du kannst das doch nicht allen Ernstes wollen. Nachdem, was ich dir von ihm erzählt habe.“

„Es ist alles gesagt.“ sagt er kühl.

„Du willst allen ernstes, dass ich den Mann heirate, der mich ständig nur betrogen hat. Der mich beinahe vergewaltigt, weil ich mich von ihm getrennt habe. Das willst du wirklich?“ Wieder bricht meine Stimme. Kurz sehe ich ein Zucken bei James. Flehend sehe ich James an, doch mehr als verletzten Stolz kann ich in seinem Gesicht nicht ausmachen. Weinend nehme ich mir meine Tasche und renne aus der Wohnung.

 

Auf der Straße schaue ich mich verzweifelt um und sehe den Wagen, den mir Sam geliehen hat. Noch bevor ich die Straße überquert habe, hält mich jemand am Arm fest. Ein Blick genügt und ich sehe Sebastian vor mir, wie er mich angrinst.

„Lass mich sofort los!“ schreie ich ihn an. „Nimm deine dämlichen Griffel von mir.“

„Oh Liebes, warum so kratzbürstig?“ ein Grinsen wird breiter. Mir wird schlecht. Am liebsten würde ich ihm auf seine dämlichen Designerschuhe kotzen.

„Glaub mir. Ich hab dir damit einen Gefallen getan. Es ist nicht so leicht, seinen Liebhaber abzuservieren.“

„James ist nicht mein Liebhaber.“ schreie ich laut. Mir ist es egal, ob Andere unseren Streit mitbekommen. „Er ist so viel mehr. Er ist das, was du in hundert Jahren nie sein wirst. Glaub ja nicht, dass ich dich jemals heiraten werde. Nie im Leben. Eher gefriert die Hölle zu. Das mit uns ist Vergangenheit, akzeptiere das.“

„Du wirst schon sehen, meine Prinzessin. Eines Tages wirst du mich anflehen, dass ich dich heirate.“

„Niemals. Verstehst du, niemals.“

Sebastian lacht laut auf und sagt dann ganz ruhig, „Dein Temperament gefällt mir. Wir sehen uns morgen.“ Dann lässt er mich los und steigt in seinen Wagen ein, der keine zehn Meter entfernt steht.

 

Agnes, die unseren Streit mitbekommen hat, kommt auf mich zu gelaufen und nimmt mich in den Arm.

„Liebes was ist los? Wer war der Mann?“ fragt sie mich besorgt und führt mich weg von der Straße, zum Laden.

„Das war Sebastian. Mein Exverlobter.“ sage ich mit brüchiger Stimme. Die Tränen laufen mir unaufhörlich übers Gesicht. Mir ist es egal, ich lass sie einfach laufen.

„Komm setz dich und erzähl was passiert ist.“

Liebevoll streichelt Agnes mir übers Gesicht und ich erzähle ihr unter Tränen, was in den letzten Minuten passiert ist.

„Ach Liebes. Das tut mir so leid.“ auch Agnes hat nun Tränen in ihren Augen. „Es wird alles gut werden. DU wirst sehen, wenn James erst einmal seinen verletzten Stolz überwunden hat, wird er erkennen, dass er einen Fehler gemacht hat.“

„Danke Agnes.“ kann ich nur sagen und stehe auf. „Ich sollte lieber gehen. Ich muss noch meine Tasche packen. Morgen früh komme ich noch einmal vorbei, um mich zu verabschieden.“

„Ist gut Kind.“ sagt sie und nimmt mich mütterlich in den Arm.

 

Um mich von dem was passiert ist abzulenken, setze ich mich, mit meinem Laptop auf die Terrasse. Paul hatte ich versprochen, dass ich ihm meinen ersten Artikel mitzubringen, wenn ich ins Büro komme und so fange ich an das Erlebte der letzten Wochen niederzuschreiben. Immer wieder laufen mir die Tränen übers Gesicht und verklären meine Sicht auf den Monitor. Nach drei Stunden habe ich endlich meinen Artikel fertig geschrieben und schalte den Laptop aus und geh zurück ins Haus. Meine Tasche ist schnell gepackt und so beschließe ich, noch ein letztes Mal in den See zu springen. Das kühle Wasser tut mir gut und schwimme in die Mitte des Sees. Kurz kommt mir der Gedanke, einfach loszulassen. Mich nicht mehr zu bewegen und dem Schmerz, den ich in mir trage, ein Ende zu setzen. Doch mein Lebenswille ist stärker. Ich lege mich auf den Rücken, lasse mich vom Wasser treiben und schaue in den Himmel. Kleine harmlose Wolken ziehen über mir hinweg und ich sauge den Moment in mich auf.

 

Mittlerweile dämmert es und ich lege mich erschöpft ins Bett. Die Ruhe ist gespenstisch. Immer wieder laufen die Bilder des heutigen Tages an mir vorbei und lassen sich nicht mehr vertreiben. Weinend liege ich in meinem Bett und schluchze unentwegt. Meine Augen brennen und meine Nase läuft. Doch habe ich nicht mehr die Kraft etwas dagegen zu tun. So erfolgreich ich am Tage über war, meine Gedanken zu verdrängen, desto mehr holen sie mich jetzt ein. Irgendwann schlafe ich erschöpft ein. Meine Nacht ist sehr unruhig. Immer wieder werde ich wach und von Heulkrämpfen gebeutelt. Gegen vier Uhr gebe ich es auf und stehe auf. Um mich etwas abzulenken, putze ich das Haus und koche mir einen letzten Tasse Kaffee.Bei Sonnenaufgang sitze ich auf der Terrasse im Schaukelstuhl in einer Decke eingehüllt. Ein letztes Mal möchte ich die Ruhe und Abgeschiedenheit des Ortes einprägen. Der Ort der mir so viel gegeben hat und an dem ich so viele schöne Momente hatte. Langsam schließe ich meine Augen und lasse die Geschehnisse der letzten Wochen Revue passieren. Doch so richtig will mir das nicht gelingen. Immer wieder sehe ich Sebastian grinsend vor meinem geistigen Auge. Ein paar wenige Tränen laufen mir die Wange hinunter. Doch als ich ein Auto herannahen höre, wische ich sie mir ganz schnell weg und setze ein falsches lächeln auf.

„Nanu. Du bist ja schon hier.“ sagt Will erstaunt. Leicht zucke ich mit den Schultern. Er mustert mich genau und hockt sich dann vor mich hin.

„Was ist los Lena?“ Sein Tonfall ist streng. „Los raus mit der Sprache!“ fordert er mich auf.

„Es ist nichts.“ sage ich mit einem falschen Lächeln. „Ich hab nur nicht so gut geschlafen. Ist das denn ein Wunder?“ frage ich nun genervt.

„Ist ja schon gut.“ blufft er mir zurück. Beleidigt steht er auf und wendet sich von mir ab. Ein wenig bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Will kann ja nichts für meine schlechte Laune.

„Schatz, lass sie doch.“ mischt sich nun Sid ein. „Du wärst auch nicht anders drauf, wenn du die Person verlassen müsstest, die dir viel bedeutet.“ Liebevoll legt Sid seinen Arm um Will.

„Du hast ja recht. Tut mir leid Lena.“ sagt Will besänftigend.

„Es ist noch Kaffee in der Küche, wenn ihr wollt.“ Ich stehe auf und gehe mit Sid und Will hinein.

„Tut ihr mir einen Gefallen?“ frage ich, um vom Thema abzulenken. Sid nickt. „Ich will mich noch von Texas verabschieden. Nehmt ihr meinen Koffer mit und wir treffen uns bei Sam und Agnes?“

„Na klar. Machen wir. Aber verspäte dich nicht, der Flieger wartet nicht auf uns.“ scherzt Sid. Gespielt entrüstet stemme ich meine Hände in meine Hüften und will schon protestieren. Doch da kommt Will zu mir und gibt mir einen Kuss auf die Wange.

„Mach schon los. Wir sehen uns dann. Lisa kommt auch direkt in den Laden. Sie hat uns gebeten ihre Sachen zu packen und mitzunehmen.“

Dankend nehme ich mir meine Tasche und winke den beiden zu.

 

Vor der Tierarztpraxis parke ich den Wagen und steige aus. Kurz überlege ich, noch ein wenig zu warten, da es doch noch sehr früh ist. Jedoch wird mir meine Entscheidung schnell abgenommen, da der ältere Herr die Tür öffnet und mich freundlich begrüßt.

„Guten Morgen.“ sage ich betreten. „Ich hoffe ich störe nicht. Ich wollte mich eigentlich nur von Texas verabschieden.“

„Nein nein. Kommen sie nur rein. Sie stören nicht.“ sagt er und tritt einen Schritt zur Seite, damit ich das Haus betreten kann. Texas liegt auf einer Decke neben dem Eingang. Als er mich erblickt, fängt er an laut zu winseln und springt an mir hoch. Schnell hocke ich mich vor ihn hin und versuche ihn zu beruhigen. Nach einer ganzen Weile gelingt es mir auch und er legt sich schwanzwedelnd wieder auf die Decke.

„Er sieht sehr gut aus.“ sage ich zu dem Tierarzt und dieser nickt bestätigend.

„Ja. Er ist fast wieder der Alte. In ein paar Tagen wird es so sein, als wäre nichts gewesen. Aber noch braucht er etwas Ruhe. Das Beste wird auch für ihn sein, wenn er in den nächsten tagen an der Leine geführt wird.“

Leicht verziehe ich den Mund. James hat mir mal erzählt, dass Texas die Leine nicht so gern hat.

„Ja ich weiß.“ sagt der Tierarzt besänftigend. „Aber es muss sein. Aber wo du jetzt schon einmal hier sind, kannst du ihn eigentlich gleich mitnehmen. Da brauche ich heute nicht noch einmal aus dem Haus. Damit würdest du mir einen riesigen Gefallen tun.“

Erwartungsvoll schaut er mich an und ich nicke nur. Da ich mich sowieso mit den Anderen im Laden treffen werde, ist es kein Thema für mich. Insgeheim hoffe ich, dass ich noch einmal mit James über alles reden und mich auch von ihm verabschieden kann.

 

Den Wagen parke ich diesmal nicht vor den Laden, sondern an den Ort, wo Sam ihn mir gegeben hat. Jetzt wo ich ihn nicht mehr brauche, kann ich ihn auch wieder an seinen alten Ort zurückstellen. Schnurstracks laufe ich mit Texas in Richtung James Wohnung. Allerdings komme ich nicht weit.

„Er ist nicht da.“ Agnes Stimme ertönt hinter mir. Langsam drehe ich mich zu ihr um und schau sie fragend an.

„Er ist gestern Mittag mit dem Boot raus und bis jetzt nicht wieder gekommen. Es tut mir leid.“ sanft nimmt sie mich in den Arm. Mit hängenden Schultern betrete ich den Laden und staune. Denn Lisa ist bereits da und sitzt mit Brad an meinem Tisch. Die Zwei sehen sehr verliebt aus. Erst als ich am Tisch heran getreten bin, bemerken sie und begrüßen sie mich. Lisa schaut mich besorgt an, doch ich schüttle leicht mit dem Kopf, um ihr zu zeigen, dass ich jetzt im Moment nicht darüber reden will. Keine zehn Minuten später kommen auch Sid und Will in den Laden. Gemeinsam mit Sam und Agnes trinken wir eine Tasse Kaffee. Wir reden verhältnismäßig wenig miteinander. Als es Zeit wird zum Abschied nehmen, liegen wir uns in den Armen und weinen. Ich verspreche Sam und Agnes mich regelmäßig zu melden. Dann beuge ich mich zu Texas runter, der den Kopf schief hält und streichle ihn ein letztes Mal über den Kopf. Traurig verlasse ich den Laden und setze mich auf die Rückbank des Wagens. Während Will den Wagen auf die Straße lenkt, drehe ich mich um und winke Agnes zu, die weinend auf dem Fußweg steht.

 

Welcome Back

 

Beim Betreten des Flugzeuges zeige ich der Stewardess meine Bordkarte und will Lisa hinterher laufen. Doch die Dame hält mich zurück.

„Miss, ihr Ticket hat ein Upgrade. Sie sitzen in der ersten Klasse. Ich bringe sie zu ihrem Platz.“

Verwundert sehe ich sie an. Lisa, die sich gerade zu mir umgedreht hat, schaut mich fragend an. Schulterzuckend stehe ich da, dann folge ich der Dame, die freundlich mir den Weg weist. An einem geräumigen Platz bleibt sie stehen und deutet mir, dass ich mich da hinsetzen kann.

„Ich glaube da besteht ein Irrtum.“ sage ich zu der Dame. „Ich habe Economyclass gebucht und nicht Firstclass.“

„Ich sagte Ihnen doch bereits,“ gibt nun die Stewardess von sich, „dass ihr Ticket ein Upgrade hat. Es ist alles in bester Ordnung.“

Mit diesen Worten verlässt sie mich und ich nehme auf dem geräumigen Sessel platz. Verdutzt schaue ich aus dem Fenster. Die Menschen auf der Rollbahn gehen ihrem geschäftigen Treiben nach.

„Hallo Prinzessin.“ begrüßt mich Sebastian. „Na gefällt es dir?“ fragt er dann. Mit erstarrtem Gesicht schaue ich ihn an. Er setzt sich neben mich und legt seine Hand auf mein Bein.

„Nimm deine Finger von mir.“ gifte ich ihn an und stehe auf. Suchend schaue ich mich um und entdecke die Stewardess, die mich zum Platz geführt hat, am Vorhang der die Erste Klasse abtrennt. Hastig gehe ich auf sie zu.

„Entschuldigen sie bitte,“ spreche ich sie an, „Ist es vielleicht möglich, einen anderen Platz zu bekommen?“

Verwundert sieht sie mich an und sagt, „Tut mir leid. Der Flug ist ausgebucht.“

Daraufhin frage ich sie, „Ist es möglich, dass die Person die auf meinem ursprünglichen Platz sitzt, mit mir meinen Platz tauscht? Ich möchte neben meiner Freundin sitzen.“

„Das ist möglich. Warten sie hier. Ich frag mal nach, ob der Passagier mit ihnen tauschen möchte.“

Gespannt beobachte ich, wie die Stewardess auf einen älteren kräftigen Herren zugeht. Sie fragt ihn etwas und sein Gesicht erhellt sich. Dann steht er auf und folgt der Dame.

„Bitte beeilen sie sich mit hinsetzen. Wir wollen gleich starten.“ sagt die Stewardess freundlich und ich nicke ihr dankend zu. Schnell gehe ich zu meinem ursprünglichen Platz und setze mich.

„Was ist denn los, Lena.“ fragt mich Lisa neugierig.

„Ach nichts. Es gab wohl eine Verwechslung mit den Tickets. Aber jetzt ist alles gut.“ lüge ich sie an. Es tut mir leid, dass ich sie belügen muss, aber wenn ich ihr von Sebastian erzählen würde, dann würde sie mit Garantie ausrasten und das möchte ich nicht. Das Flugzeug beginnt zu starten und ich stöpsle mir die Kopfhörer in die Ohren, damit ich Lisas ungewollte Fragen umgehen kann. Als wir in der Luft sind, schließe ich die Augen. Zehn Stunden Flug haben wir vor uns und da ich fliegen so langweilig finde, versuche ich etwas zu schlafen, damit die Zeit schneller vorbei geht.

 

Am Gepäckband warte ich auf meine Koffer. Lisa und die anderen haben ihre schon und sind schon zum Ausgang gegangen, um meinen Dad in Empfang zu nehmen. Plötzlich packt mich jemand grob am Arm und dreht mich zu sich herum. Sebastian funkelt mich wütend an.

„Sag mal, was war das im Flieger? Spinnst du eigentlich? Denkst du, ich hab das Ticket für viel Geld upgraden lassen, damit ich neben einem fetten stinkigen alten Mann sitze?“ faucht er mich wütend an.

„Ich hab dich nicht darum gebeten.“ antworte ich ihm süffisant und drehe mich wieder zum Gepäckband um. Gerade als ich meine Koffer entdecke und nach ihnen greifen will, werde ich wieder grob am Arm gepackt. Jetzt bin ich die, die wütend ist. Schlagartig drehe ich mich zu ihm um und keife wie eine Furie. „Wenn du mich nicht augenblicklich loslässt, schreie ich so laut, dass die Zollbeamten es mitbekommen.“

Meinen wütenden Blick hält er nicht stand. Er packt mich an beiden Armen und schuppst mich rückwärts. Mit Müh und Not kann ich mich auf den Beinen halten. Beim weggehen sagt er noch, „Wir Zwei sind noch nicht fertig miteinander.“ und verschwindet in der Menge. Kurz straffe ich meine Schultern, schnappe mir meine Koffer und gehe zu Ausgang. Genervt kommt Lisa auf mich zu.

„Sag mal, was hat denn da so lange gedauert?“ fragt sie mich und durchlöchert mich mit ihren Augen.

„Meine Koffer sind ewig nicht gekommen. Es tut mir leid, dass ihr so lange auf mich warten musstet.“ sage ich sanft zu ihr. In der Hoffnung, dass sie meine Lüge schluckt und nicht weiter bohrt.

 

Bevor Lisa noch etwas sagen kann, falle ich meinem Dad in die Arme. Tränen der Freude treten mir in die Augen und bahnen sich ihren Weg die Wange hinunter. Ich komme mir vor wie ein Kind, dass seinen Daddy nach einer Ewigkeit wiedersieht. Nachdem wir uns aus unserer Umarmung gelöst haben, sehe ich, dass auch mein Dad mit den Tränen kämpft. Ihm scheint es genauso zu gehen wie mir.

„Darf ich euch zum Essen einladen?“ fragt er mit Tränen erstickter Stimme.

„Ähm Dad. Wir haben es Vormittag.“ erwähne ich, „Wir haben einen zehn Stunden Flug hinter uns. Für uns ist jetzt abends.“

„Das ist mir schon bewusst. Deshalb habe ich unserem Koch auch gesagt, dass wir von der Mittagskarte was bestellen wollen.“ verschmitzt lächelt er mich an.

„Also von mir aus gerne. Ich bin noch fit genug.“

Schnell schaue ich in die Runde. Die Anderen scheinen nicht mehr ganz so frisch zu sein. Wahrscheinlich haben sie im Flieger nicht oder nur wenig geschlafen.

„Ich weiß ja nicht wie du das machst, aber ich bin total platt.“ gibt Lisa von sich. „Aber bei etwas anständigem zu Essen sage ich nicht nein.“

„Wir sind auch von der Partie.“ wirft nun Will ein, ohne Sid auch nur zu fragen. Erleichtert atmet mein Dad auf und nimmt mich bei der Hand. Er führt uns zu seinem Wagen und ich setze mich auf den Beifahrersitz.

 

Im Restaurant meines Dads ist nicht viel los. Nur das Personal wuselt durch den Raum. Sie bereiten die Tische für den Mittagstisch zu. Ein Kellner kommt auf uns zugelaufen und weist uns einen frisch eingedeckten Tisch, an dem wir uns hinsetzen. Fragend sehe ich in die Runde, denn am Tisch ist noch ein Platz eingedeckt. Noch bevor ich eine Antwort bekomme, höre ich die Stimme meiner Mum.

„Hallo Liebes. Lena. Schön das du endlich wieder da bist.“

Mit diesen Worten nimmt sie mich in den Arm und drückt mich fest an sich.

„Hey Mum. Was machst du denn hier?“ frage ich sie und versuche nicht allzu genervt zu klingen.

„Dein Dad hat mir gesagt, dass er dich heute vom Flughafen abholt. Da lasse ich es mir doch nicht nehmen, auch zu kommen. Du warst so lange weg.“

„Ist ja gut Mum. Komm lass uns setzen.“ versuche ich sie zu besänftigen. Der Kellner nimmt unsere Bestellung auf und wir erzählen von unserem Aufenthalt in Kanada. Auch Lisa erzähl von ihrer Bekanntschaft mit Brad und gerät dabei völlig ins schwärmen. Ich lächle sie an und nicke nur. Auch wenn ich nichts sage, versteht sie meine Gedanken und schaut verlegen auf den Tisch.

 

Der Kellner bringt uns unsere Getränke und kurz darauf auch unsere bestellten Speisen. Es ist sehr lieb von meinem Dad, dass er uns ein sogenanntes Abendessen zaubern lässt, wobei wir es gerade einmal zehn Uhr Vormittags haben und die Köche bestimmt auch andere Sachen zu tun haben, als die Tochter vom Chef und deren Freunde zu bekochen. Mein Essen ist himmlisch. Ich habe mir Ofenkartoffeln und Steak bestellt. Hastig stopfe ich es mich hinein. Mein Dad lächelt mir zu und ich hebe entschuldigend die Schultern.

„Da du jetzt schon mal da bist.“ fängt meine Mum an zu sagen, „Wann willst du eigentlich die Hochzeit planen?“

Vor Schreck rutscht mir mein Essen in die Luftröhre und ich huste wie wild. Nach einiger Zeit habe ich mich wieder im Griff und schaue meine Mum ungläubig an.

„Es wird keine Hochzeit geben. Wann begreifst du das endlich. Sebastian und ich sind kein Paar mehr.“

Mein Tonfall ist schroff. Nicht so, wie er einer Mutter gegenüber sein sollte.

„Liebes.“ Die Stimme meiner Mutter ist weich, „Ihr Zwei hattet ein paar kleine Probleme. Wobei du nicht gerade unschuldig bist.“

„Es reicht Mum.“ Ich kann nicht mehr an mich halten und springe vom Stuhl auf. Meine Hände stütze ich am Tisch auf und beuge mich zu ihr hinüber.

„Ich sag es dir zum letzten Mal.“ sage ich mit giftiger Stimme. „Es wird keine Hochzeit geben. Ich bin nur wieder hier, weil Paul mir einen neuen Job angeboten hat und ich ihn angenommen habe. Ansonsten wäre ich in Kanada geblieben.“ Tief atme ich ein. „Und jetzt verrate ich dir noch etwas. Ich werde in ein paar Monaten wieder nach Kanada fliegen und dann werde ich da bleiben.“

Mit meiner flachen Hand haue ich auf den Tisch und setze mich wieder hin. Die Gesichter meiner Freunde und meines Dads sind bleich. Nur das Gesicht meiner Mutter ist Feuerrot.

„Das werde ich nicht zu lassen.“ Schreit sie mich an. „Ich verbiete es dir.“

„Du kannst es mir nicht verbieten. Ich bin alt genug.“ Auch meine Stimme ist deutlich lauter.

„Was glaubst du eigentlich, wen du vor dir hast. Ich bin immer noch deine Mutter.“

„Ja das bist du und das wirst du immer bleiben.“ versuche ich ihr sanft hinüber zu bringen.

„Was willst du eigentlich dort?“ fragt sie mich nun etwas ruhiger.

„Ich fühle mich dort wohl. Dort ist nicht alles so steif wie hier. Außerdem habe ich einen Mann kennen gelernt...“ weiter komme ich nicht, denn meine Mum schneidet mir das Wort ab.

„Aha, daher weht der Wind.“ Ihre Augen funkeln mich wütend an. So habe ich sie schon lange nicht mehr gesehen.

„Du willst das hier alles aufgeben, nur weil du einen Mann kennen gelernt hast, anstatt an deiner Beziehung mit Sebastian zu arbeiten.“

Wieder springe ich auf. Diesmal so ruckartig, dass mein Stuhl nach hinten umfällt.

„Versteh endlich. Sebastian ist nicht der Mann mit dem ich alt werden möchte. Das ist dein Traumschwiegersohn, schon klar. Aber nicht meiner. Ich brauche etwas anderes.“

Mit diesen Worten renne ich aus dem Hotel. Ich kann und will nicht länger mit dieser Frau an einem Ort sein. Anscheinend ist ihr völlig egal, was ich möchte. Sie sieht nur, dass Sebastian Geld hat und mir daher ein angenehmes Leben beschweren kann.

 

In meiner Wohnung laufe ich unruhig hin und her. Noch immer ärgere ich mich über das Verhalten meiner Mum. Kurzer Hand entschließe ich mich etwas laufen zu gehen, um den Kopf frei zu bekommen. Schnell ziehe ich mir meine Joggingsachen über und laufe in den Park. Meine Kondition ist im Eimer. Das merke ich, als ich nach einer Runde schon am Ende in. Trotzdem gebe ich nicht auf und starte in die nächste Runde. Das laufen entspannt mich und nach einer Stunde ist mein Kopf leer und ich völlig kaputt. Schweißnass jogge ich den Weg bis nach Hause noch und breche hinter der Wohnungstür zusammen.

 

Es ist ganz still in der Wohnung. Trotz das Lisa da ist. Das sehe ich daran, dass unsere Koffer im Flur stehen. Wahrscheinlich hat sie sich hingelegt. Der Flug hat sie ganz schön geschlaucht. Langsam erhebe ich mich von meinem Platz und schleiche ins Badezimmer. Schnell ziehe ich mich aus und lege mich in die Badewanne. Das warme Wasser entspannt meine Muskeln und nach einer halben Stunde fühle ich mich zwar immer noch kaputt aber entspannt. Noch immer ist kein Geräusch in der Wohnung zu hören, also beschließe ich in mein Zimmer zu gehen, meinen Artikel noch einmal zu überarbeiten und Paul anzurufen. Gemütlich setze ich mich mit meinem Laptop aufs Bett. Noch bevor ich richtig loslegen kann mit arbeiten, klingelt mein Handy. Genervt gehe ich ran, doch am anderen Ende meldet sich niemand. Ich stelle das Telefon auf stumm und mach mich wieder an die Arbeit. Nach einer Stunde befinde ich, dass der Artikel gut ist und ich ihn nicht mehr abändern muss.

 

Da es in Squamish erst sehr früh ist, beschließe ich, bis zum Abend mit meinem Anruf bei Sam und Agnes zu warten. Ich hoffe nur, dass ich solange noch aushalten kann. Der Flug, das Essen und das Joggen haben mich doch ganz schön geschlaucht. Schnell greife ich zu meinem Telefon, um Paul anzurufen. Auf meinem Display sind drei Anrufe in Abwesenheit. Aber eine Telefonnummer wurde nicht übertragen. Ich suche die Telefonnummer von Paul aus meinem Telefonbuch und wähle seine Nummer. Kurz bevor ich wieder auflegen will, geht er ran.

„Hallo Paul, hier ist Lena.“ sage ich freundlich.

„Ah hallo Lena. Mit deinem Anruf hab ich ja noch gar nicht gerechnet. Wie war dein Flug.“

Auch Pauls Stimme ist freundlich, dennoch höre ich ein wenig Müdigkeit heraus.

„So wie jeder Flug. Ziemlich langweilig. Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich morgen ins Büro komme. Da können wir die Einzelheiten klären. Meinen ersten Artikel habe ich auch schon fertig. Den bring ich dann gleich mit.“

„Das trifft sich gut. Morgen um zehn ist ein großes Meeting. Wäre schön, wenn du dabei sein kannst.“ sagt er daraufhin.

„Natürlich, ich werde da sein.“ antworte ich ihm und mit einfühlsamer Stimme sage ich noch, „Du solltest etwas mehr schlafen. Du klingst müde.“

„Das werde ich. Schön das du dich gemeldet hast. Bis morgen Lena.“

 

Danach legt er auf und ich lege das Telefon auf den Nachttisch. Als ich wieder aufsehe, entdecke ich Lisa an meinem Türrahmen lehnen. Sie sieht verschlafen aus.

„Ach hey.“ sage ich und lächle. Doch sie lächelt nicht zurück. Sie kommt ins Zimmer rein und stellt sich vor mich hin, so dass ich den Kopf in den Nacken legen muss, um ihr Gesicht zu sehen.

„Da hast du ja eine ganz schön große Bombe platzen lassen.“ sagt sie nun und setzte sich zu mir aufs Bett. Anscheinend hat sie mitbekommen, dass meine Körperhaltung nicht gerade bequem ist.

„Es tut mir leid.“ gebe ich kleinlaut von mir.

„Wann wolltest du uns von deinen neuen Plänen eigentlich unterrichten?“ fragt sie nun und sieht mich mit Adleraugen an.

„Eigentlich nicht so früh. Aber meine Mum hat mich so auf die Palme gebracht, da konnte ich einfach nicht anders.“

Ich weiß ja, dass du zu deiner Mum kein so gutes Verhältnis hast. Und ja, sie übertreibt hier und da auch gern einmal. Aber weißt du wie fertig sie war, als du gegangen bist. Dein Dad hat ewig gebraucht, um sie wieder wieder zu beruhigen.“

„Es tut mir ja auch leid.“

Schnell senke ich meinen Kopf vor Scham. Es tut mir ja auch wirklich leid. Eigentlich wollte ich mir das ganze noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen und erst dann davon berichten, wenn alles unter Dach und Fach ist.

„Lisa bitte glaube mir. Ich wollte niemanden von euch verletzen.“

„Das weiß ich doch. Nur manchmal bist du ein richtiger Hitzkopf und du überstürzt es auch manchmal. Du kennst James erst ein paar Wochen und willst jetzt zu ihm ziehen.“ Lisa schaut mich mit bedacht an, als sie das sagt.

„Sag mal, was ist eigentlich in Squamish vorgefallen? In den letzten Tagen warst du so anders.“ fragt sie mich nun und durchlöchert mich mit ihrem Blick.

„Ach nichts Besonderes.“ antwortet ich ihr. Mir geht es nicht gut, bei dem Gedanken daran, meine beste Freundin anzulügen. Aber würde ich ihr jetzt im Augenblick die Wahrheit sagen, würde sie ausrasten. Ich selbst weiß ja nicht einmal, was so wirklich passiert ist. Besser gesagt, weiß ich nicht, wer für die Vorkommnisse der letzten Tage verantwortlich ist. Eine Idee hab ich ja, aber die möchte ich nicht laut aussprechen.

„Lisa, bitte sei mir nicht böse, aber ich habe Sam versprochen anzurufen.“

„Ja, ist schon gut. Ruf ihn an. Ich koch da weile etwas zu Essen. Dein Dad war nämlich so lieb und hat uns den Kühlschrank vollgemacht.“ sagt sie und verlässt mein Zimmer. Ich merke, dass sie sauer auf mich ist. Anscheinend ahnt sie, dass ich sie die ganze Zeit schon belüge. Hoffentlich bleibt das nicht allzu lange so. Ich ertrage es nicht, dass meine beste Freundin sauer auf mich ist. Aber daran bin nun mal ich schuld. Wir hatten noch nie Geheimnisse vor einander und es schmerzt mich, dass ich ihr von der ganzen Sache nichts erzählen kann. Weil sie sich nur umsonst aufregen würde. Da weile muss sie sich jetzt auf ihren neuen Job bei meinem Dad konzentrieren. Auch wenn ich ihn über alles liebe, weiß ich doch, dass er von seinen Angestellten immer volle Leistung erwartet. Egal wie er privat zu ihnen steht.

 

„Guten Morgen Lena. Wie war dein Flug?“ begrüßt mich Sam am Telefon.

„Wie jeder Flug. Langweilig.“ antworte ich ihm und frage dann, „Hat James sich bei euch blicken lassen?“

„Ja Liebes hat er.“ ertönt die Stimme von Agnes. Scheinbar hat sie mitbekommen, dass ich anrufe und ist an einen anderen Apparat gegangen.

„Er hat Texas abgeholt und ist in den Wald gegangen.“ erzählt sie dann.

„Mach dir keine Sorgen Lena,“ gibt nun Sam von sich. „Er wird sich schon wieder einkriegen. Dann meldet er sich bei dir.“ Sams Stimme klingt sanft.

„Ach bevor ich es vergesse, James lässt dir ausrichten, dass er dir dankbar dafür ist, dass du Texas vom Tierarzt geholt hast.“

„Ja, danke.“ sage ich ein wenig traurig zu Agnes. Irgendwo tief in mir drin, habe ich gehofft, dass James nach mir fragt oder mir eine Nachricht schreibt. Leider ist nichts von dem eingetreten.

„Du Liebes. Wir müssen den Laden aufmachen. Schön das du dich gemeldet hast. Melde dich doch wieder bei uns.“

Agnes mütterliche Stimme holt mich aus meinen Gedanken.

„Das werde ich machen. Versprochen. Lasst es euch gut gehen.“

Wir verabschieden uns von einander und ich lege das Telefon weg. Eine einzelne Träne läuft mir die Wange hinunter. In Windeseile wische ich sie mir weg, denn ich höre, wie sich meine Zimmertür öffnet.

„Das Essen ist fertig.“ sagt Lisa nur und geht wieder.

 

Keine fünf Minuten später sitzen wir gemeinsam am Tisch und verzehren Spagetti mit Tomatensoße. Schweigsam sitzen wir da. Scheinbar ist Lisa immer noch ein wenig sauer auf mich. Um sie von diesem Thema abzulenken frage ich sie nach Brad. Bei der Erwähnung von ihm leuchten ihre Augen und sie erzählt mir, dass Brad vorhat in drei Wochen zu uns zu kommen. Es sieht ganz so aus, als hätten sich unsere Wahlsingle ineinander verliebt. Ich freue mich für sie, denn sie hat es sich wirklich verdient. Auch wenn es bestimmt nicht leicht sein wird. Brad lebt und arbeitet in Kanada und Lisa hier in Deutschland. Aber ich glaube, die zwei werden es schaffen.

 

Nach dem Essen waschen wir gemeinsam auf und besprechen unsere bevorstehenden Tage. Lisa erzählt mir, dass mein Dad sie Morgen gegen neun Uhr erwartet, für die Einarbeitung. Im Grunde braucht sie die ja nicht, aber mein Dad ist nun mal pingelig. Da mein Meeting erst gegen zehn ist, schlage ich Lisa vor, dass wir gemeinsam frühstücken können und ich mit ihr ja Mittags gemeinsam Essen können. Sie stimmt zu. Erleichtert darüber, dass Lisa mir wahrscheinlich nicht mehr böse ist, verabschiede ich mich für den Tag von ihr und gehe in mein Zimmer. Ich bin ganz schön erledigt und freue mich über einen erholsamen Schlaf.

 

Meine Nacht ist leider nicht so verlaufen, wie erhofft. Ich habe sehr unruhig geschlafen. Immer wieder sind mir die Bilder der letzten Tage erschienen. Einmal bin ich sogar weinend wachgeworden. Gegen sechs Uhr am Morgen beschließe ich, meine Tortour zu beenden und schleiche mich ins Badezimmer, um mich unter die Dusche zu stellen. Doch diese kann mir meine unruhige Nacht auch nicht vertreiben. Als ich in den Spiegel schaue, sehe ich schwarze Augenringe. Um die ein wenig abzudecken, schminke ich mich diesmal etwas mehr als sonst. Danach sagt mir mein Spiegelbild, dass es akzeptabel ist. Jedoch sieht man mir immer noch an, dass ich nicht gut geschlafen habe. Ändern kann ich es jetzt auch nicht mehr.

 

Mit einem Becher Kaffee setze ich mich an den Küchentisch und warte bis Lisa sich zu mir gesellt. Den Frühstückstisch habe ich schon gedeckt, in der Zeit, als der Kaffee durchgelaufen ist. Lisa sieht auch nicht viel besser aus, denke ich, als sie sich mit einem Kaffee zu mir an den Tisch setzt.

„Schlimme Nacht?“ frage ich sie einfühlsam. Sie nickt nur.

„Oh ha. So schlimm also.“

Wieder nickt sie nur. Sie sagt keinen Ton. Schweigend frühstücken wir gemeinsam. Als Lisa im Bad ist, packe ich schnell meine Tasche und drucke meinen Artikel aus. Mit zwei Thermobechern voll Kaffee bewaffnet warte ich auf Lisa an der Wohnungstür. Dankend nimmt sie mir einen Becher ab und wir verlassen gemeinsam das Haus. Da ich noch etwas Zeit habe, bringe ich sie bis vor das Hotel, umarme sie herzlich und wünsche ihr viel Erfolg. Dann laufe ich gemütlich zum Verlag.

 

Das Büro ist wie leergefegt, als ich dort ankomme. Ich schaue auf die Uhr und merke, dass bis zum Meeting noch eine viertel Stunde Zeit ist. Schnell fülle ich meinen Becher mit Kaffee auf und gehe in den Konferenzraum. Beim Betreten bekomme ich fast einen Herzstillstand, denn alle schreien im Chor, „Willkommen zurück“. Ich bin total gerührt von dieser Geste und nehme alle nacheinander in den Arm. Auch Paul umarme ich, der mir einen Teller mit einen Stück Kuchen reicht. Dankend nehme ich es entgegen und stelle meine Tasche an einem Platz, weit hinten am Tisch hin. Genüsslich verdrücke ich den Kuchen und trinke meinen Kaffee aus.

„So da alle schon da sind, können wir auch beginnen.“ sagt Paul nun ernst und stellt sich an den Kopf des Tisches.

„Wie ihr ja alle wisst, ist Lena wieder mit an Bord. Wir müssen nur die Formalitäten klären, aber das sollte das geringere Übel sein.“ beginnt er mit seiner Einleitung und erklärt weiter, „In den nächsten Wochen werden ein paar Veränderungen auf uns zu kommen. Der Buschfunk hat es euch ja schon zugetragen. Unsere Zeitung ist in den letzten Wochen ziemlich abgesackt, was die Verkaufszahlen angeht und unsere Bosse wollen das ganze Ding neu aufbauen.“

„Was bedeutet das für uns?“ fragt ein Kollege, dessen Namen ich nicht weiß. Mit ihm habe ich noch nie zusammen gearbeitet.

„Soll heißen. Ihr müsst viele Dinge in Zukunft alleine machen. Keine extra Fotografen, es sei denn, dass sie für den Auftrag engagiert wurden. Keine Gepäckträger oder fünf Sterne Hotels mehr. Jeder von euch bekommt ein Spesenkonto, aus dem er seine Ausgaben für seinen Auftrag bezahlen muss. Das heißt wirklich nur für den Auftrag. Private Dinge müsst ihr selber bezahlen, genauso wenn das Budget aufgebraucht ist. Also seid lieber sparsam.“

Pauls Worte klingen ernst. Zu ernst für seine Verhältnisse. Jetzt kommt mir wieder das Telefonat von gestern, was ich mit ihm geführt habe, in den Sinn. Er klang müde. Vielleicht liegt es ja an den Verhandlungen mit den Bossen. So wie Paul sich anhört, muss er ziemlich auf Sparflamme gesetzt worden sein. Dann wundert es mich aber, dass die Bosse mich wieder mit ins Boot holen. Meine Reisen sind nicht gerade kostengünstig, auch nicht, wenn ich ohne Fotograf arbeite. Ich nehme mir vor, Paul nachher zu fragen. Seinen weiteren Ausführungen folge ich nur sporadisch, da ich noch nicht wirklich wieder zum Team gehöre, auch wenn alle Anderen andere Meinung sind. Nach einer Stunde ist das Meeting zu Ende und Paul bittet mich im Anschluss daran in sein Büro.

 

„Schön dich wieder zu sehen. Bitte setz dich doch.“ sagt Paul freundlich und ich tu wie mir geheißen. Erwartungsvoll sehe ich ihn an. Wenn ich ihn mir genauer betrachte, so kommt er mir vor, als sei er in den letzten Wochen um Jahre gealtert.

„Was ist los Paul?“ frage ich ihn geradeheraus.

„Den Großteil kennst du ja bereits. Uns steht das Wasser bis zum Hals. Die Bosse wollen die Zeitschrift einstampfen, wenn wir in den nächsten sechs Monaten nicht Gewinn schreiben.“

„Das ist harter Tobak. Aber Paul, wie passe ich da ins Spiel?“ frage ich ihn und mustere sein angestrengtes Gesicht.

„Nun ja. Die Bosse sind sich einig, dass seitdem sie deine Serie eingestampft haben, die Verkaufszahlen noch weiter runter gegangen sind. Und ich habe jetzt die ehrenvolle Aufgabe, dich wieder mit an Bord zu holen.“ Paul seufzt laut auf, „Bitte Lena, mach es mir nicht allzu schwer.“

„Was bieten mir denn die Bosse an?“ frage ich ihn ernst.

„Nun ja. Du bekommst dein altes Gehalt, deinen Schreibtisch und das alles.“

„Stopp,“ unterbreche ich ihn harsch, „wenn ich wiederkommen und dazu noch alleine arbeiten soll, dann möchte ich wenigstens zehn Prozent mehr Gehalt haben.“

Bei diesem Standpunkt werde ich definitiv nicht nachgeben. Auch wenn ich keinesfalls Geldgierig bin, weiß ich doch um meinen Preis. Paul zeigt mir mit einem Finger, dass ich einen Moment warten soll, dann ergreift er seinen Telefonhörer. Wahrscheinlich ruft er gerade in der oberen Etage an, um das Ganze abzusprechen. Währenddessen stehe ich von meinem Stuhl auf und gehe zum Fenster. Auf den Straßen herrscht reger Verkehr. Die Menschen wuseln umher und achten kaum auf ihre Umgebung. Ich wünschte, ich wäre wieder in Squamish. Dort wo es nicht so hektisch ist. Zumindest kam es mir in der Zeit, als ich dort war, so vor.

„Lena?“, Paul holt mich aus meinen Gedanken, „Die Bosse geben dir sieben Prozent mehr Gehalt.“ sagt er anschließend.

„Nein, zehn oder ich bin weg und meinen Artikel nehme ich mit.“

„Oh man, du bist ein zäher Hund.“ sagt er schmunzelnd. Er weiß, dass ich das nicht mache, um ihn zu ärgern. Wieder greift er zum Hörer und ich schaue wieder aus dem Fenster. Nach einer ganzen Weile legt er seine Hand auf meine Schulter. Erschrocken drehe ich mich zu ihm.

„Willkommen an Bord. „ sagt er grinsend und umarmt mich dabei. „Wir haben noch so einiges zu klären. Komm lass uns setzen.“

Gemeinsam gehen wir wieder zu seinem Tisch und setzen uns.

„Wie ich dir schon am Telefon erzählt habe, hast du freie Handhabe, was deine Reiseziele angeht. Wir haben uns eine Reiseagentur mit ins Boot geholt, die einen eigenen Fotograf haben. Also musst du dir um die Fotos keine Sorgen machen. Das Einzige was du tun musst, ist deine Reiseziele zu ihnen schicken, damit sie ihren Fotograf dorthin schicken können. Na ja. Es würde auch nicht schaden, wenn du ab und an einen Reisewunsch von dieser Agentur mit in dein Programm aufnehmen würdest.“ erklärt er mir.

„Also heißt das im Klartext. Ich bin ständig unterwegs und muss ab und an in ein Land fliegen, was Andere von mir verlangen.“ genervt sehe ich ihn an.

„Nein, so darfst du das auch nicht sehen.“ sagt er besänftigend. „Du hast freie Handhabe, was die Gestaltung deiner Seite ist. Der Verlag plant einmal im Monat einen Reisebericht von dir zu veröffentlichen und in den anderen Wochen kannst du Leserbriefe beantworten, die dann veröffentlicht werden oder Ratschläge geben. So wie du magst. Also hast du genug freie Zeit. Und bedenke, du kannst von überall auf der Welt arbeiten. Das ist ein großer Vorteil.“

„Also schön. Dann werden wir es mal versuchen.“ sage ich ihm, „Ich hab dir den Artikel ausgedruckt. Du kannst ihn ja mal durchlesen und mir sagen, ob er so OK ist. Natürlich kann ich ihn auch noch etwas abändern.“

Ich greife in meine Tasche und reiche Paul den Artikel. Dann stehe ich auf und lächle Paul freundlich an.

„Selbstverständlich kannst du deinen alten Schreibtisch wieder bekommen. Wir haben ihn für dich freigehalten.“

„Danke Paul.“ sage ich und verlasse sein Büro.

 

An meinem alten Schreibtisch wartet Sid ungeduldig auf. Als er mich erblickt, kommt er schnell auf mich zugelaufen und drückt mich ganz fest an seine Brust.

„Na endlich.“ sagt er ganz aufgelöst, „Du warst ja ewig da drin.“

Ungeduldig tippelt er von einem auf das andere Bein und sagt, „Schieße schon los. Bist du wieder dabei.“

Grinsend sehe ich ihn an. Er scheint noch aufgeregter zu sein als ich. Kurz genieße ich seine Ungeduld und nicke dann freudestrahlend. Wieder nimmt er mich in den Arm und wirbelt mich herum.

„Juhu. Das ist super.“ schreit er laut heraus.

„Abwarten. Es ist ne Menge Arbeit und ich bin auch an etwas gebunden.“

Fragend sieht er mich an. Kurz winke ich ab, da mein Blick gerade auf die Uhr fällt. Es ist mittlerweile schon ein Uhr Mittag. Entschuldigend sage ich ihm, dass ich los muss, da ich mit Lisa zum Mittagessen verabredet bin. Er lächelt mich leicht an und geht zu seinem Schreibtisch hinüber. Meine Utensilien lege ich auf meinen Platz ab und mache mich auf den Weg ins Hotel.

Impressum

Texte: Copyright liegt ganz bei mir
Tag der Veröffentlichung: 31.07.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Diese Buch widme ich zwei starken Frauen in meinem Leben. Die mir mehr als einmal gezeigt haben, dass es sich lohn im Leben für etwas zu kämpfen. Egal wie schwer und aussichtslos es auch erscheint. "Der Weg ist das Ziel."

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