Prolog
Das Lied des Herzens
Leise schleichend ging es durch das dichte mannshohe Gebüsch. Die Nacht war tiefschwarze und nur der Blutmond ließ einen sachten Lichtschein zur Erde hinab, was der Umgebung einen rötlichen Schimmer verlieh. Das Ungeheuer marschierte weiter, bis eine weite Wiese in Sicht kam, welche stellenweise mit Heidekräutern, kleineren Büschen und Bäumen bestückt war. Der Geruch des Heidekrautes überschattete den deutlich leichteren der Schafe die hier am Nachmittag vorbeigelaufen waren. Dem Geruch folgend ging es weiter, in der Hoffnung, dass zu finden was es schon lange suchte: Nahrung! Die Blüten sämtlicher Pflanzen auf der Wiese schienen wie kleine Lampen aufzuleuchten, als wollte sie einem den Weg weisen. Eine solche Pracht sah man bei Tageslicht nur selten. Viele große und kleine Nachtfalter flogen über die Wiese und suchten sich ihr Mitternachtsmahl, sie würde auch noch stundenlang so weiterfliegen, bis am Morgen die Sonne sie wieder zurück in ihre Verstecke scheuchte.
Auf einem Hügel nahe einer Schafsweide endete vorerst der eingeschlagene Weg. Die Schafe lagen gemütlich nebeneinander gekuschelt in der Mitte ihrer eingezäunten Weide, lediglich der Schafsbock lag etwas abseits davon. Seine Ohren waren aufmerksam aufgestellt und lauschten in die ruhige Nacht hinein. Beim kleinsten Anzeichen, einer sich nähernden Bedrohung würde er aufspringen und seine Herde verteidigen. Nur wusste er zu seinem Nachteil noch nicht, dass er das erste Opfer sein würde.
Noch immer lag die Bestie auf dem Hügel und wartete darauf, dass ein Zeichen der Gefahr den Schafsbock aufschrecken würde. Sie wartete auf ihr Zeichen zum Angriff. Aber noch war es lange nicht soweit. Im Bauernhof hinter der Wiese leuchtete eine der Lampen auf, als eine jagende Katze den Bewegungsmelder auslöste.
Ein großer dunkler Nachtfalter flatterte vorbei und setzte sich auf einen nahe liegenden Stein, um sich dort auszuruhen. In der Ferne hörte man das Kreischen der Eulen im Wald, die sich auf ihre hilflose Beute stürzten. Selbst der, für Menschen nicht hörbare, Ultraschall der Fledermäuse, war als leises Fiepen zu vernehmen.
Plötzlich fiel eine Fledermaus im Sturzflug herab und verschlang den eben noch auf dem Stein sitzenden Nachtfalter. Scheinbar ohne jegliche Angst verschwand sie wieder in die Dunkelheit, wohl wissend, dass nicht sie das heutige Mahl darstellen wird. Der Wind spielte mit den Schatten der Bäume, die das Mondlicht warf und umhüllte sie mit einem sanften Lufthauch. Hinterm Bauernhof konnte man bereits sehen, wie langsam eine Nebelwand erhob, die zum Tagesbeginn übers ganze Land verteilt sein wird. Wie ein silbernes Band, tauchte eine weitere Nebelwand aus dem Nichts heraus auf. Am Himmel drehte eine Nachtschwalbe ihre Runden auf der Suche nach Nahrung. Sie vergrößerte mit jeder Runde die Durchmesser ihres Kreises, bis sie letztendlich den Hügel überflog. Mit einem lauten panischen Kreischen ergriff sie die Flucht zurück in den Wald. Langsam erhob sich der Schafsbock, der eben noch so voller Ruhe dalag. Er beäugte misstrauisch und zugleich ängstlich seine nähere Umgebung, ging ein paar Schritte vorwärts und nahm die Gerüche der Gegend in sich auf. Der kühle, frische Wind um sich herum, die Schafe hinter ihm, den Wald am Rand der Weide, die Gräser und Heidekräuter auf der nahen Wiese und ebenso den Geruch des Drachen, der sich zum Absprung bereithielt. Langsam weiteten sich seine Augen, so dass man die kleinen Adern darin sehen konnte. Seine Pupille wurde zu einem riesigen schwarzen Oval und erlaubte einen kurzen Einblick in die Seele des Schafsbockes. Erst dann setzte er sich in Bewegung. Mit einem Sprung drehte er sich zur Herde um und blökte so laut er konnte. Doch bevor er auch nur noch eine weitere Bewegung vollführen konnte, wurde seine Kehle durch 2 Reihen messerscharfer Zähne zerrissen.
Während all die anderen Schafe blökend versuchten zu fliehen und sich trotz der leichten Stromschläge gegen den Zaun warfen, gruben sich scharfe Klauen in den bereits toten Leib des Schafbocks. Sein noch immer warmes Blut floss in Strömen aus ihm heraus, bevor es mit einer rauen Zunge aufgeleckt und dann direkt aus der Wunde gesaugt wurde. Als sich die schwarze Schnauze der Bestie in den aufgerissen Körper senkte und die darin enthaltene Organe verschlang, wurden die übrigen Schafe ruhiger, nachdem ihre geringe Kraft vom ständigen blöken und umher werfen aufgebraucht war. Nachdem nur noch das Fleisch übrig war, herrschte für einen kurzen Augenblick Ruhe. Selbst die Tiere im Wald und auf der Wiese schwiegen in diesem kurzen Augenblick der Ruhe, wie in den Nächten davor. Sogar der Wind schien in diesem Moment zu schweigen. Die Stille schien greifbar zu sein und unendlich anzuhalten. Der Herzschlag des Drachen spiegelte dieselbe endlose Ruhe wieder, wie seine Umgebung. Eine Seltenheit unter den jetzigen Umständen und es wird auch für lange Zeit das letzte Mal sein.
Das Licht des Bauernhofes erleuchtete den Platz, als plötzlich ein Schuss ertönte, gefolgt von dem schmerzerfüllten Schrei der Bestie, die kurz über der Brust getroffen wurde. Die Schafe sprangen erschrocken auf und liefen wieder in wilder Panik umher, wobei die eine Hälfte davon zusammenbrach und reglos liegen blieb, weil ihr Kreislauf diese Tortur nicht mehr mitmachte. Der Geruch von frischen heißen Blut und verbrannten Fleisch erfüllte die Luft. Einer der Bauern sprang über den Zaun und war bereits wieder dabei das Gewehr nachzuladen, um den finalen Schuss abzugeben. Noch bevor er damit fertig war, sprang das schwarze Ungeheuer in seine Richtung. In nur wenigen Sekunden war alles vorbei. Der Drache hatte ihm die Kehle durchtrennt und brach ihm mit nur einem kräftigen Schwanzschlag sämtliche Knochen, was nur aus reinem Spaß heraus entstammt. Der wehrlose Schütze fiel, unter einigen letzten Zuckungen und einem gewaltigen Schwall Blut, tot um. Feuerrote Augen, so heiß wie die Sonne leuchteten in die Dunkelheit hinein, das Adrenalin im Blut ließ den Körper des Monsters erbeben. Dafür wurde sie geboren, um frei über das Land zu fliegen und im Kampf ihre Macht und Eleganz zum Ausdruck zu bringen.
Nicht lange und weitere sechs Personen tauchten im Licht des Bauernhofes auf. Zwei von ihnen trugen ebenfalls Gewähre mit sich, während die restlichen sich mit Mistgabeln und Äxten ausgestattet haben. Mit von Wut verzehrten Gesichtern richteten sie ihre Waffen auf das nachtschwarze Wesen vor ihnen. Der Drache stand immer noch gebeugt über dem toten Körper des Bauers und beäugte streitlustig die Menschen, welche ihm nun entgegentraten. Er stellte sich einige Schritte weiter neben seinem Opfer hin, fletschte die Zähne und richtete sich zu voller Größe aus.
Mit dem Angriffsschrei, leuchteten ursprünglich mysteriöse Zeichnungen auf dem gesamten Körper des Monsters auf. Wie von den Göttern selbst, erschienen sie. Nun war er kampfbereit. Mit einer unmenschlichen Geschwindigkeit, sprang die Bestie in die Luft und schlug den ersten Schützen zu Boden. Eine riesige Wunde legte seinen Bauch frei und brachte so seine inneren Organe zum Vorschein. Sofort griffen die übrigen Verbliebenen an, angerieben davon Rache für die beiden Opfer zu nehmen. Chaos trat ins Kampfgetümmel, als einer der Axtträger versuchte auf eines der Hinterbeine einzuschlagen, weitab von den gefährlichen Klauen und Reißzähnen. Abgelenkt von dem Gewährschützen vor ihm, bäumte sich der Drache auf, wodurch er den Axtträger mittels seines Schwanzes umwarf, bevor er den Schützen in den Kopf biss und ihn im hohen Bogen gegen einer der Stalltüren warf. Wo dieser dann letztendlich reglos liegen blieb. Einem der mit einer Mistgabel bewaffneten Männer gelangte es währenddessen dem Drachen die Mistgabel in die Schulter zu schlagen. Ein Kreischen erfüllte die Luft, gefolgt von einem gewaltigen Feuerstrahl, der den Angreifer und dessen fliehenden Hintermann erwischte. Letzterer lief noch einige Meter weiter, verfehlte jedoch den Wassertrog und fiel lediglich in das Schlammloch davor. So waren zwar die Flammen gelöscht, aber seine Schreie hielten auch dann noch lange an.
Der Axtträger, welcher vorher im Durcheinander umgeworfen wurde, hatte sich in der Zwischenzeit wieder aufgerappelt und war erneut zum Angriff bereit. Diesmal gelangte es ihm ein Treffer zu erringen. Ein, zwei und noch ein drittes Mal, schlug er auf das Ungetüm ein, bevor dieses zusammensackte. Doch die Freude über diesen Sieg dauerte nicht lange an, denn schon kurz darauf drehte sich der Drache um und spie ihm eine ätzende Säure in die Augen. Verzweifelt schrie dieser vor Schmerzen auf und versuchte sich die Säure aus seinen Augen zu wischen. Womit er diese leider noch weiter in seinem Gesicht und auf seinen Händen verteilte. Zu seinem Glück dauerte sein Leiden nicht lange an. Nach kurzer Zeit hatte die Säure sein Gehirn erreicht und dieses zersetzt, sodass er schließlich verstummte und nach vorne hinweg umkippte.
Nun war nur noch einer der Männer am Leben. Aber anstatt anzugreifen stand dieser einfach nur da, starr vor Angst und wohl wissend, dass er machtlos war. Der Schock über das schnelle Ausschalten seiner Kameraden hing tief in ihm. Langsam drehte der Drache seinen Kopf in seine Richtung. Rot glühende Augen fixierten den Schlanken Körper vor sich und schienen einen von innen zu verbrennen. Verzweiflung löste den Griff, der sich um den Stiel der Mistgabel gewunden hatte. Sofort landete diese klirrend auf dem Boden und wurde mit einem leichten Tritt einige Meter weiter weg befördert. Gleichzeitig gingen die Hände nach oben und ein Hauch der Unterwürfigkeit drang zu dem Drachen hinüber. Es war nur selbstverständlich sich zu ergeben, da er nicht gewinnen könnte gegen einen so übermächtigen Gegner. Eine ganze Zeit lang sahen sich der Drache und der Mann einander an. Und für einen kurzen Augenblick lag ein Ausdruck des Wiedererkennens, der eigenen Verzweiflung und sogar der Liebe in den Augen des Drachens. Konnte ein solches Wesen wirklich lieben? Oder war das nur die Einbildung des Mannes, der innig hoffte verschont zu werden? Ganz egal was es war, es hielt nur für diesen Augenblick an. Wieder brannte das Höllenfeuer in ihm. Er bäumte sich auf und stieß einen, mit Wahnsinn erfüllten, Schrei aus. Bevor er vom Boden abhob und mit einen letzten Schwanzschlag, den letzten Menschen bewusstlos schlug.
Nach nur wenigen Flügelschlägen verschmolz er bereits mit dem dunklen Nachthimmel, der bereits heller wurde und sich seinem Ende zuneigte. Sowie sich auch sein einstiges Leben dem Ende zuneigte, denn auch wenn es nicht den Anschein erweckte, so schwächte ihn die Wunden doch sehr.
Zudem waren ihm seine Verfolger dicht auf den Fersen.
Erst nachdem der Wecker das zweite Mal anfing zu klingeln, machte Corvina Anstalt aufzustehen und sich für die Schule fertig zu machen. Es war ein wunderschöner Dienstagmorgen. Die noch schwache Frühlingssonne schien in kleinen sanften Lichtstrahlen durch die Gardine hindurch. Draußen vor dem Fenster singten die Vögel eine herrliche Melodie dazu.
Bei so einem ungewöhnlichen sanft Aufweckenden Morgen, musste man einfach aufstehen.
Langsam und allmählich stand Corvina auf und zog sich ihren dünnen Morgenmantel an. Der dunkelblaue Mantel schmiegte sich eng an ihrem Körper und brachte ihre sportliche Figur voll zur Geltung.
Sie besaß eine schlanke Figur und erschien ziemlich zerbrechlich, dabei ist sie sehr muskulös und alles andere als schwach.
Texte: N.ST.0734D.G.43201
Tag der Veröffentlichung: 14.12.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meinen besten Freunden und meiner Familie, die mich dabei unterstützt haben