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Schnee, Bütze und Brezln

 

 

„Kann ich hier mal durch?“ Genervt und außer Atem schob sich Nils weiter durch das Gedränge in dem engen Zug. Irgendwo hier musste sein reservierter Platz doch sein. Wenn es nicht so voll gewesen wäre, hätte er sich einfach hingesetzt, aber er hatte wahrscheinlich Glück, wenn sein Platz noch frei war. Vor ihm tauchte wieder so ein Kofferungetüm auf und er griff fester nach Laptop und Reisetasche, bevor er sich daran vorbeiquetschte. „Warum mussten die Leute eigentlich aus jeder Reise einen Auszug aus Ägypten machen?“, fragte er sich genervt, als sein Jackett an dem Ungetüm hängen blieb und ihn zurück riss. Vorsichtig versuchte er sich zu befreien, leider war ihm nach dem Gespräch nicht mehr die Zeit geblieben, sich Jeans und Shirt anzuziehen und den Anzug wieder in der Tasche zu verstecken.

Schnell hatte er sich befreit und nur ein paar Meter weiter leuchtete ihm seine Platznummer entgegen. Endlich. Als er sich auf den freien Sitz fallen ließ, registrierte er den heißen Kerl auf dem Fensterplatz. „Hi!“

„Servus!“, meinte der und grinste ihn breit an.

Die Stimme war dunkel und warm, aber dem Tonfall nach hatte er hier einen tiefbayrischen Ureinwohner neben sich. Dessen kariertes Hemd verstärkte den Eindruck noch. Fehlten nur noch Lederhose und das obligatorische Bier zum vollendeten Klischee. Nils erwiderte das Grinsen. „Ganz schön voll hier.“

„Scho. Aber mir wared ja schlau.“ Wieder grinste der Kerl und zeigte zwei Reihen weißer Zähne, über die sich jeder Zahnarzt freuen würde.

Nils unterdrückte ein Lachen. Der Kerl sprach wirklich merkwürdig, war ansonsten aber echt lecker. Bei seinem Glück mit Männern jedoch vermutlich durch und durch hetero.

Der Zug setzte sich in Bewegung und Nils atmete auf. Das war wirklich knapp genug gewesen. Sonst hätte er sich glatt noch ein Zimmer suchen müssen, jetzt konnte er sicher sein, dass er in seinem eigenen Bett einschlafen würde, wenn auch spät in der Nacht.

Unauffällig versuchte er den Typen neben sich noch genauer unter die Lupe zu nehmen, ohne dass dieser es merkte. Stattdessen stellte er fest, dass dieser ihn auch ansah.

„Richtesch du di immer so schick her?“

„Bitte was?“ Nils starrte ihn fragend an. Was wollte er? Was sollte er richten? Immerhin war es das einzige Wort, das er verstanden hatte. Aber es ergab einfach keinen Sinn.

Der andere schaute ihn etwas seltsam an, dann wiederholte er extra langsam.

„Ob du di allweil so schick ahziasch?“

„Ob ich mich immer so schick anziehe?“, wiederholte Nils fragend. Der andere nickte langsam und sah ihn ein bisschen mitleidig an, so als ob Nils sie nicht alle beisammen hätte. „Nein, ich hatte ein Bewerbungsgespräch und danach keine Zeit, mich umzuziehen.“

„Schod ... dr Anzug stoht dir richtig guat.“ Anscheinend bemühte sein Nachbar sich nun, halbwegs verständlich mit ihm zu reden.

„Findest du?“ Nils lehnte sich grinsend zurück. Flirtete der Typ wirklich mit ihm? „Dann sollte ich ihn vielleicht anlassen, anstatt mich gleich aufs Klo zu verdrücken und mich umzuziehen?“

„Wegs mir brauchts des need.“

„Umziehen oder den Anzug anlassen?“, hakte Nils nach. Kurz überlegte er. Wenn der Typ wirklich hetero war, war das wahrscheinlich eine unnötige Provokation. Anderseits schien er nicht sonderlich gewaltbereit und was sollte er ihm in einem vollbesetzten Zug schon antun?

„Olassn.“ Der Kerl grinste.

Nils lachte. „Okay. Ich bin übrigens Nils.“

„I bin der Johannes.“

„Freut mich. Und wo geht's hin?“

„Irged so a Kuadorf“, murmelte Johannes und kramte in seiner Tasche. Schließlich zog er das Ticket heraus. „Guck.“ Er zeigte es Nils.

Der las das Ticket und lachte. „Das Kuhdorf kenn ich. Ich wohn drei Dörfer weiter, also fahren wir eigentlich die gleiche Strecke.“

„Ja sauber ... des isch guat, i war no nia auf so ma großa Bahhof wie in Köln.“

„Köln ist schon okay. Ein bisschen wuselig, aber man kütt janz juut klor.“ Mit einem frechen Grinsen verfiel Nils in den Dialekt, der bei ihm zu Hause gesprochen wurde, bevor er wieder in ein halbwegs klares Hochdeutsch verfiel, um es dem Bayern neben ihm nicht noch schwerer zu machen.

„I mach mir Sorgen, dass i nicht den richtigen Zug find. Und des isch der letzte dahin.“

„Kein Problem. Ich fahr mit dem gleichen Zug und kenn mich aus. Ich habe in Köln studiert und bin jahrelang gependelt.“

„Und was hast du studiert?“, fragte Johannes und bemühte sich nun sehr mit seiner Sprache. Wenn auch das Zischeln nicht viel weniger wurde.

„Grafik und Spieleprogrammierung. Und was machst du beruflich?“

„Maschinenbauingenieur“, erklärte Johannes und lächelte. „Du siehsch net aus wie jemand, wo Spiele spielt. Mit der Brille schausch aber sehr schlau aus.“

„Tja, das täuscht.“ Nils schmunzelte.

„Des denk i net. Aber wahrscheinlich denkst du, i bin so a Hinterwäldler.“

„Nöö, das nicht. Du sprichst nur ziemlich unverständlich.“

„I streng mi ja scho a.“

„Tatsächlich? Danke.“ Nils zwinkerte ihm zu. „Besuchst du jemanden in dem Kuhdorf?“

„Ja. Es soll a Überraschung sein. Mei ... ein Freund.“

„Cool. Wen denn? Ich kenn die meisten da?“

„Jorge. Er wohnt noch net lang da. 7 Monate, 2 Wochen und 4 Tage ...“ Jetzt klang Johannes irgendwie anders. Traurig.

„So ein großer Kerl mit langen Haaren, mit Akzent? Dein Freund?“

„Oh ihr kennt euch tatsächlich? Naja ... mir hatten a Fernbeziehung, seit er wegmusst.“

„Na ja, vom sehen, wie man sich im Dorf eben kennt.“

„Ich hoff, er freut sich. Mir ham uns lang ned gsehn.“ Viel zu lange musste Johannes sich eingestehen. Was er vor Nils ebenfalls nicht erwähnt hatte, war, dass Jorge vor drei Wochen gemeint hatte, dass es eine Fernbeziehung nicht wirklich bringe und Schluss sei.

„Weiß er, dass du kommst?“ Nils sah ihn nachdenklich an. Wenn sie tatsächlich den gleichen Typen meinten, könnte es Probleme geben. Denn, der den er vor Augen hatte, war vor einem guten halben Jahr in der Gegend aufgetaucht und hatte die Szene ganz schön in Aufruhr versetzt, in dem er alles vögeln wollte, was nicht bei drei auf dem Baum war. Aber Johannes schien zu bodenständig dafür.

„Na ... es ist ja a Überraschung. Denkst das war falsch?“

„Nöö, warum sollte ich?“ Es war sicher besser erstmal vorsichtig zu sein. Bevor er etwas hinzufügen konnte, unterbrach eine Durchsage die Stille. „Aufgrund der Wetterlage und des hohen Schneeaufkommens verzögert sich unsere Weiterreise um einige Minuten. Wir danken für ihr Verständnis.“

„Herrschaftszeiten! Ned dass mir unsern Anschluss nimmer kriagn!“ Johannes schimpfte vor sich hin und blickte nach draußen. Schneegestöber und Sturm.

„Ganz ruhig. Es ist genug Zeit fürs Umsteigen und ein Puffer war auch noch drin. Es wird schon gut gehen.“

„Na hoffentlich ...“ Johannes seufzte. „I vermiss Jorge nämlich scho sehr. Augn hat der ... haselnussbraun und dia Haar ...“

Nils lächelte vorsichtig und hoffte, dass er recht behielt und sie ohne Probleme ankamen und das er sich gleichzeitig in diesem Jorge täuschte. „Keine Sorge. Das kriegen wir hin. Da wir jetzt ohnehin stehen, ich geh mich mal schnell umziehen. Der Anzug nervt. Kann ich meine Tasche hier lassen?“ Er deutete auf den Laptop und griff nach der kleinen Reisetasche.

„Na klar, i pass auf. Bis gleich.“ Johannes strahlte ihn an. Dieser Nils schien ja recht nett zu sein und gar nicht so kühl, wie man immer sagte.

„Danke.“

 

 

Einige Zeit später kehrte Nils zurück. Statt des Anzugs trug er nun enge Jeans und einen dicken Pulli. Das war tausend mal besser und wärmer. Die feinen Sachen waren nun in der Tasche verstaut und in der Hand trug er zusätzlich ein kleines Tablet mit zwei Bechern dampfendem Kaffee und Süßigkeiten, die er im Bordrestaurant aufgetrieben hatte.

„Ja so ka ma dich scho au aschaun“, kommentierte Johannes sein Outfit und grinste.

„Freut mich, dass es dir gefällt“, kommentierte Nils trocken. „So ist es definitiv wärmer. Magst du auch einen Kaffee?“

„Oh danke! Dafür kriegst du a guade Brezln vom Huoberbäck ... die hab ich extra fürn Jorge mitbrocht, weil er die so gern mag.“

Das Einzige, was Nils verstanden hatte, war Brezel und das Jorge die gerne mochte, also schüttelte er den Kopf. „Schon gut, ich hol mir in Köln am Bahnhof nen halven Hahn und dann geht das schon. Dann kriegt dein Jorge die Brezeln, wenn er sie so gerne mag.“ Nils ließ sich wieder auf seinen Sitz fallen und warf einen Blick aus dem Fenster. Draußen schneite es noch immer ohne Unterlass und der Zug bewegte sich im Schneckentempo. Immer mehr Leute in dem Waggon meckerten, dabei machte es das nicht besser.

„Ah ja, so a halber Gockl isch scho was Gutes. Vor allem, wenn die Haut so schön knusprig ist“, plapperte Johannes und grinste breit, bevor er einen Kaffee nahm.

„Was für ein Gockel?“ Dann kapierte Nils und prustete los. „`Nen halver Hahn ist ein halbes Roggenbrötchen mit Käse. Kein Geflügel.“

„Also bei uns is des a Kässemmel. Ihr seid ja lustig.“ Johannes begann zu lachen.

„Semmel sagt man bei uns eher selten.“ Nils lachte ebenfalls.

Johannes mochte Nils' Lachen, er wirkte sehr sympathisch. Mit den aschblonden Wuschelhaaren und der Brille war er schon ein ganz anderer Typ als sein Jorge, aber er gefiel ihm auf eine andere Art. Normalerweise redeten die Leute im Zug nicht besonders viel. Jeder saß nur da und starrte vor sich hin, ganz anders als Nils.

Was machst du sonst?“, fragte Nils nach ein paar Minuten. „Also in der Freizeit?“

„Ich geh ab und an Reiten, meine Eltern ham eine Zucht und sonst geh i au gern mal wandern oder so. Nix Aufregendes. Und du?“

„Na ja, früher hab ich viel gespielt. Jetzt wegen der Arbeit weniger. Dafür lesen und hin und wieder feiern.“

„Klingt doch nit schlecht. Wo geht ma dann bei euch zum Feiern?“

Vielleicht könnte er Jorge ja dorthin ausführen? Er war sich sicher, dass das Beziehungs-Aus hinfällig war, wenn sie sich erst wiedersahen.

„Ich fahr meist nach Köln rein. Bei uns im Ort gibt es nur eine Kneipe und das ist nicht das, was ich suche.“

„Was suchst denn?“

Kurz zögerte Nils, aber Johannes war ihm gegenüber ja auch offen gewesen. „Na ja, ich fische am gleichen Ufer wie du und ich hab niemand Festes, folglich habe ich manchmal Lust auf `nen heißen Flirt oder mehr und dann fahr ich lieber in die Stadt, anstatt mich im Ort umzusehen.“

„Versteh ich. Dass i den Jorge gfunden hab, war au ein Zufall. Er war überhaupt mein erster Freund.“

„Wie lange seid ihr zusammen?“

„Er war ein halbes Jahr bei meinen Eltern auf dem Hof für ein Praktikum und dann musste er weg.“

Und da habt ihr euch kennengelernt?“

„Ja richtig. Bei uns findet ma auch ned so schnell jemand aufm Dorf. Und Jorge war einfach wahnsinnig toll. I hab mi gleich in ihn verguckt.“

Nils dachte an den Typen, der vor ein paar Monaten ins Nachbardorf gezogen war, und hatte daran keine Zweifel. Hoffentlich erlebte Johannes in ein paar Stunden keine Enttäuschung.

„Der war wie ein Cowboy und reiten ka der ...“ Johannes seufzte bei der Erinnerung an ihn. „Magst du auch Pferde?“

„Aus der Ferne, ja.“ Nils zuckte mit den Schultern. „Nicht lachen, aber ich habe ein bisschen Angst vor den riesigen Tieren.“

„Joa ... ganz so groß bisch ja ned. Da kann i das scho verstehn.“

Während sie sprachen, bewegte sich der Zug endlich wieder schneller und draußen schien es etwas weniger zu schneien. Johannes entspannte sich langsam.

 

 

Nils genoss die Unterhaltung. Mit Johannes zu reden war interessant und lustig. Obwohl sie auf dem ersten Blick wenig gemeinsam hatten, hatten sie in vielen Fällen eine ähnliche Meinung und mochten die gleichen Filme. So war er total überrascht, als der Bahnsprecher plötzlich den Kölner Hauptbahnhof als nächsten Halt ankündigte.

Johannes checkte die Uhrzeit und grinste.

„Perfekt. Da kannst dir tatsächlich noch deinen Käsesemmel holen.“

„Super. Willst du auch eine?“

„Ja, wenn du se mir bestellst ... nicht dass die mi au net verstehen.“ Johannes senkte verlegen den Blick.

„Schon gut, das kriegen wir hin.“ Nils grinste. „Dann komm. Wir sind bald da. Schade, dass es schon dunkel ist. Die Fahrt über die Brücke ist toll.“

„Aber der Dom isch ja immerhin noch beleuchtet.“ Johannes grinste.

„Klar. Wenn du länger hier bist, solltest du mit deinem Jorge hierhin fahren. Der Anblick ist wirklich genial.“

Endlich konnten sie aus dem Zug steigen und auch die anderen Leute strömten auf das Gleis. Johannes und Nils jedoch hatten es nicht eilig.

Draußen war es eisig und es hatte wieder zu schneien begonnen. Mittlerweile war es schon spät, aber trotzdem war der Bahnhof noch gut besucht. Nils zog Johannes hinter sich her in Richtung der Halle. Zuerst wollte er sich vergewissern, ob ihr Zug bei dem Wetter überhaupt noch fuhr.

Zum Glück war das der Fall, auch wenn er schon mit zwanzig Minuten Verspätung angezeigt wurde. Aber er war sicher, dass sie die Zeit gemeinsam herumbringen würden.

„Na komm. Wir holen uns was zu essen. Zeit haben wir jetzt genug.“ Nils ging zielstrebig voran und achtete darauf, dass Johannes ihm durch das Gedränge folgen konnte. „Pass doch up“, schimpfte ein alter Mann, der ihnen entgegen kam.

„Entschuldigung“, murmelte Johannes verlegen. Ihm war es sichtlich zu viel. Der junge Mann wirkte jetzt abgehetzt und blass. Zum Glück erreichten sie bald die große Halle.

„Wartest du hier?“ Nils schob ihn in eine kleine Nische. „Ich bin gleich wieder da.“

 

 

„Boah ... des isch saukalt oder?“, meinte Johannes, nachdem sie schon eine Weile unterwegs waren. Viel war in dem Bummelzug nicht los, sie waren die einzigen noch verbliebenen Fahrgäste in diesem Abteil.

„Vor allem ist es noch ein ganzes Stück, wenn wir in dem Tempo weiterfahren.“ Nils hatte die Jacke hochgezogen und rieb sich schon die ganze Zeit die Hände, um wenigstens ein bisschen warm zu bleiben.

„Was können wir tun?“

„Keine Ahnung. Die Heizung ist voll aufgedreht.“ Nils sah ihn nachdenklich an.

Mit einem Ruck hielt der Zug plötzlich.

„Sind mer scho da?“

„Nein. Wenn man gut durchkommt, dauert es von hier zum Bahnhof locker noch dreißig Minuten. Holt dein Jorge dich eigentlich ab? Oder wie kommst du vom Bahnhof zu ihm?“

„Laufen denk i. Er weiß es ja net, dass i komm.“ Johannes lächelte leicht. „Oder soll i ihm schreiben?“

„Das musst du entscheiden. Aber es ist noch ein ziemliches Stück. Bei dem Schnee ist das nicht so gut zu laufen. Zur Not kann ich dich aber noch fahren. Mein Auto steht am Bahnhof. Aber da müssen wir erstmal hinkommen.“ Nils sah Johannes besorgt an. Der Zug stand noch immer.

„Sehr geehrte Fahrgäste. Aufgrund des anhaltenden Schneefalls verzögert sich unsere Weiterfahrt um wenige Minuten.“

„Na da bin ich jetzt mal gespannt, wie lange wenige Minuten sind.“ Nils sah auf die Uhr. „Es ist jetzt nach elf.“

„Normal hättet mir um Elfe scho da sei solla. Herrschaftszeiten!“ Johannes sprang auf und ging den Gang runter und wieder rauf. „Was für a Bockmischt!“

„Hey, ganz ruhig. Davon geht es auch nicht schneller.“ Nils lächelte vorsichtig.

„I weiß ... aber i bin seit heut morgen um halb sieben unterwegs und jetzt seh i den Jorge vielleicht gar net mehr ... wenn er mi überhaupt sehen will.“ Niedergeschlagen ließ Johannes sich wieder neben Nils nieder.

„Hey!“ Vorsichtig legte Nils einen Arm um Johannes. „Was hältst du davon, wenn du heute mit zu mir kommst und dich ausschläfst, nach der Tour. Morgen nach dem Frühstück fahr ich dich dann zu deinem Jorge, okay?“

„Das würdest du tun?“ Johannes sah ihn aus großen Augen an. Dann lächelte er. „Du bist echt in Ordnung Nils.“

„Sonst hätte ich es nicht angeboten.“ Nils lächelte.

„Danke.“ Für einen Moment schloss Johannes die Augen und lehnte sich an den kleineren Mann an. Viel spürte er ja nicht von ihm, nachdem sie beide in ihren dicken Jacken da saßen.

„Gerne. Ich kann dich ja hier in der Kälte nicht einfach so sitzen und erfrieren lassen. Und wenn wir Glück haben, hat Mama mir heute noch Abendessen in den Kühlschrank gestellt.“

„I hab no die Brezln, wenn du au Hunger ...“, begann Johannes verlegen. „Jetzt sind se nimmer frisch, aber ...“ Dass er jetzt auch noch ins Stottern geriet, war ihm peinlich.

„Schon okay. Ich dachte eher an was Warmes.“

„Was denksch du, wie lang mir hier no festsitzen?“

„Ich hab keine Ahnung. Ich hoffe nicht mehr allzu lang.“

„Mir isch arschkalt ... dir au?“ Johannes rückte näher an ihn ran.

„Oh ja.“ Nils seufzte und lehnte sich ebenfalls an ihn.

„Hm ... schön. Seit wann bisch du denn unterwegs?“ Dabei legte er seinen Kopf auf Nils' Schulter. Er war einfach nur noch erschöpft und fertig. Außerdem hatte er Sehnsucht nach etwas Nähe.

„Ich bin gestern runter gefahren und hab im Hotel geschlafen. Heute Morgen bin ich durch München gebummelt und dann das Bewerbungsgespräch. Den Zug hab ich dann ja auch nur knapp geschafft.“

„Das ist auch ganz schön lange ...“, murmelte Johannes. „Wie war es denn das Gespräch?“

„Ganz gut, glaube ich. Es hat ziemlich lange gedauert. Aber ich weiß gar nicht, ob ich den Job will. Das war mehr Neugier, den Termin anzunehmen. Ich meine, ich kenn da unten niemanden.“

„Du kennsch jetzt ja mi“, sagte Johannes leise und lächelte leicht.

„Stimmt“, murmelte Nils.

Wieder seufzte Johannes und schlang seinen Arm um seine Taille. „Warum hasch du eigentlich keinen Freund?“

Nils schmiegte sich an ihn. „Keine Ahnung. Hat sich nicht ergeben. Ich hab mich vor über zwei Jahren von meinem Ex getrennt, weil er es mit der Treue nicht so genau genommen hat. Seitdem bin ich solo.“

„Ja sag a mol ... wer kann so en hübschen Kerle betrügen?“, empörte Johannes sich. „Derjenige kann ja froh sei, wenn er so en Süßen kriegt!“

Nils lachte leise. „Du bist niedlich, wenn du dich so aufregst.“

„Ja weils stimmt, reg i mi auf!“ Johannes hielt inne. „Denksch du echt, i bin niedlich?“

„Ja, bist du.“ Nils suchte seinen Blick und lächelte. Sein Herz schlug plötzlich aufgeregt und ihm wurde trotz der Kälte warm. Gleichzeitig rief er sich innerlich zur Ordnung. Johannes hatte schließlich einen Freund und war auf dem Weg zu ihm.

„Du auch. Sogar ziemlich.“ Johannes wurde rot, sah aber nicht weg. Gerade war irgendwie alles nicht so schlimm. Die Kälte nicht und dass sie hier festsaßen.

Plötzlich machte der Zug einen Ruck und setzte sich langsam in Bewegung. Nils blickte Johannes trotzdem weiter an und hielt ihn fest. Am liebsten hätte er sich vorgebeugt und Johannes geküsst, doch er hielt sich zurück.

„Sieht so aus, als müssen wir net hier übernachten ...“ Johannes grinste ihn an.

„Zum Glück. Das wäre nicht sonderlich bequem geworden.“

„Glaub i auch net. Bei dir isch es sicher wärmer.“

„Auf jeden Fall. Und ein Bett mit einer warmen Decke gibt es da auch.“

„Hört sich verführerisch an.“

Nils grinste. „Ich hoffe es gefällt dir dann auch.“

„So müd, wie ich bin, gefällt es mir überall.“ Komischerweise hatte Johannes gar keine Ambitionen doch noch heute Abend Jorge zu überraschen.

„Lange dauert es jetzt auch nicht mehr.“

„Zum Glück. I hab scho Eisfiaß“, meinte Johannes bibbernd.

„Du hast ein Eisfass?“, murmelte Nils leise und schlang seine Arme um ihn.

Unwillkürlich musste Johannes lachen. „Ich habe schon Eisfüße“, erklärte er glucksend.

„Ach so.“ Nun lachte auch Nils. Die restliche Zeit schwiegen sie, bis die Ansage ihres Bahnhofs durch die Lautsprecher knarzte.

 

 

Eine gute Stunde später schloss Nils endlich seine Wohnungstür auf. Selbst mit dem Auto waren sie kaum durchgekommen. Der Sturm tobte noch immer und so viel Schnee hatte er selten gesehen.

„Komm rein. Ich mach als Erstes den Ofen an und setz Wasser für den Tee auf.“

„Wow ... schaut richtig guat aus bei dir.“ Johannes lächelte ihn an. Die Aussicht auf eine warme Decke und am liebsten etwas kuscheln war verlockend. Dann rief er sich zur Ordnung. Schließlich sollte er sich doch jetzt schrecklich nach Jorge sehnen oder? Deshalb war er doch überhaupt erst losgefahren.

„Freut mich, dass es dir gefällt. Der große Raum hier ist Wohnzimmer, Arbeitszimmer und Küche, das Bett steht da hinter dem Vorhang und die Tür da führt ins Bad.“ Nils sah sich zufrieden um. Er war stolz auf seine Wohnung, für die er einen alten, ungenutzten Stall umgebaut hatte.

„Koi Wunder, dass du da net nach Mincha willsch.“

„Ich weiß nicht. Rein jobmäßig wäre es schon besser und ich kann auch teilweise von zu Hause arbeiten. Die Wohnung ist auch nicht unbedingt mein Problem. Eher niemanden zu kennen und da ganz alleine zu hocken.“

„Des kannst ja dann entscheiden, wenn die dir den Job anbieten.“ Johannes ließ sich auf das kleine Sofa fallen, die nassen Schuhe waren zum Glück schon draußen im Gang.

„Na klar. Das Gespräch war eher mal zum Austesten.“

„Bestimmt nehmen die dich ... so guat, wie du in dem Anzug ausgschaut hasch.“ Obwohl Johannes sich bemühte, fiel er doch immer wieder zurück in seinen Dialekt.

„Danke.“ Nils lächelte. „Möchtest du dich frisch machen? In der Zeit koch ich Tee.“

Johannes nickte. „Bin gleich wieder da.“ Mit einem Zwinkern verschwand er im Bad.

Nils sah ihm lächelnd nach und seufzte. Johannes war okay, mehr als das und wenn er ein bisschen länger da sein würde und nicht in jemand anderen verliebt wäre ...

Aber anstatt weiter zu grübeln, rief er sich innerlich zur Ordnung und setzte Teewasser auf und sah rasch in den Kühlschrank. Seine Mutter hatte Wort gehalten und einen Kessel Suppe dort deponiert, den er rasch zum Aufwärmen auf den Ofen setzte. Bevor Johannes zurück war, griff er schnell zu seinem Handy und schrieb ihr eine Nachricht.

„Was riecht denn da so lecker?“, fragte Johannes ein paar Minuten später und strahlte ihn an.

„Meine Mutter hat mir für heute Abend einen Pott mit Pizzasuppe in den Kühlschrank gestellt. Wie erwartet, reicht die Portion locker für zwei.“

„Pizzasuppe? Was isch denn das?“, fragte Johannes und blickte über Nils' Schulter in den Topf.

„Keine Ahnung, warum das so heißt. Das ist eine Tomatensuppe mit Käse und darin sind Hackfleisch, Erbsen, Pilze und Mais. Richtig lecker. Da vorne im Schrank sind Schüsseln.“ Er selbst rührte noch mal die Suppe und griff dann nach der Brottüte.

Johannes ließ sich nicht lange bitten und begann den Tisch zu decken. Zielsicher öffnete er die Besteckschublade und holte Löffel heraus. Die Servietten fand er auch prompt genauso wie die Tassen für den Tee. Schließlich legte er auch noch die nicht mehr ganz so frischen Brezeln dazu. Immerhin hatte sie extra gekauft und es wäre schade drum.

„Super. Danke. Setz dich.“ Nils stellte den Kessel auf den Tisch und setzte sich. „Lass es dir schmecken.“

„Danke, dass du mi einfach so aufgenommen hast, obwohl du mich gar net kennst.“

„Gerne. Ich konnte dich ja nicht im Schnee sitzen lassen.“ Nils zwinkerte ihm zu.

„Es gibt Leut, die hätten das gemacht.“ Johannes nahm den ersten Löffel und seufzte. „Lecker ...“

„Ich nicht ... Außerdem kann ich mich so für die nette Unterhaltung auf der Fahrt bedanken.“ Was redete er hier eigentlich für einen Schrott? Um einen Seufzer oder weiteres peinliches Gelabber zu verhindern, nahm er noch einen Löffel und griff nach der Brezel, um sie in die warme Suppe zu tunken. „Gut, deine Brezeln vom Bäcker Huber“, meinte er lobend und grinste bei dem Gedanken daran, wie Johannes sie ihm im Zug angeboten hatte.

„Gib's zu, du hasch dacht, i sei der größte Bauer, oder?“ Jetzt lachte Johannes wieder dieses dunkle Lachen.

„Das nicht unbedingt, zumal Bauer nichts Schlechtes ist.“

„Ganz sicher net. Bei uns sagt man das aber auch, wenn jemand a Depp isch.“

„Das kenn ich auch.“ Nils lächelte.

„Sag mal was in deinem Dialekt“, forderte Johannes ihn auf.

„Was möchtest du hören?“

„Was sagst du, wenn du jemand gut findest?“

„Isch han disch jän!“

„Klingt komisch ... aber irgendwia sexy.“

„Findest du? Man könnte auch noch 'Isch maach disch' sagen.“ Nils zwinkerte ihm zu. „Und eure Sprache ist sicher merkwürdiger als Kölsch.“

„Des denksch bloß du.“ Johannes grinste breit, während auf einmal jede Menge Schmetterlinge in seinem Bauch herumflatterten.

„Ich weiß es. Das ist der Unterschied.“ Nils zwinkerte ihm zu und ihm wurde richtig warm.

„Und was sagt ma sonst so Romantisches?“

„Hmmm ... Küssen heißt bützen. Ansonsten ...“ Nils lachte nervös. „Du fragst ja Sachen. Was sagt man bei euch so?“

„Ach ... da sagt ma it so viel.“ Johannes suchte seinen Blick. Nils sah so niedlich aus mit seiner Brille ... irgendwie war Jorge gerade gar nicht mehr vorhanden.

„Tatsächlich? Kann ich mir kaum vorstellen.“ Er musste sich nur ein Stück vorbeugen und er könnte Johannes küssen.

„Bei uns da ...“ Johannes lehnte sich ein wenig vor. Eigentlich wollte er sagen, dass man sich da lieber küsste, aber das wäre auch nicht fair. Er war doch in Jorge verliebt ...

„Bei euch?“, fragte Nils nach.

„Da ... da lässt man eher Taten sprechen.“

„Aha ...“ Nils lächelte.

„Ja.“ Johannes zwinkerte ihm zu. Auf einmal wurde er traurig. Sein erstes Date mit Jorge hatte auch mehr unter dem Motto Taten gestanden. Er hatte zum ersten Mal im Leben geknutscht. So richtig. Er hatte die Küsse wirklich vermisst in den letzten Monaten. Hatte Jorge ihn auch vermisst? Als er Schluss gemacht hatte, war es ihm nicht so vorgekommen.

„Was ist los?“ Nachdenklich sah Nils ihn an. „Bist du müde? Sollen wir schlafen gehen?“

„Weisch ... dr Jorge will glaub ich net, dass ich komme“, gestand er sich und Nils ein. „Er hat gmeint, das mit der Fernbeziehung sei nix.“

„Oh ... Aber du liebst ihn noch und willst ihn vom Gegenteil überzeugen?“

„Das war der Plan. Aber jetzt weiß i gar net, ob i des wirklich no will.“

„Nein? Aber du bist doch deswegen gekommen. Allerdings sollte ich dir vielleicht auch noch was sagen ... Ich glaube, ich kenne deinen Jorge und der hat in der Szene hier nichts anbrennen lassen.“ Besorgt suchte Nils Johannes Blick.

„Gibt's hier so viele Schwule?“

„Nein, aber ein paar und Köln ist nicht so weit weg.“ Nils seufzte leise.

Betreten schwieg Johannes für ein paar Momente. Wahrscheinlich war er wirklich etwas dumm gewesen zu glauben, ein Kerl vom Land könnte so einen Mann wie Jorge halten.

„Es tut mir leid“, murmelte Nils. „Kann ich etwas für dich tun?“

„Ich war echt a Bauer, oder?“

„Nein. Ich würde sagen, du warst verliebt.“

„Ich fühl mi echt doof ... Der Jorge und ich haben nie einfach nur so geredet.“

„Hmmm ...“ Nils suchte Johannes Blick.

„Denkst du, er hat mich überhaupt gemocht?“

Wenn nicht, ist er ein riesengroßer Idiot. Du bist irgendwie süß.“

„Danke, lieb von dir.“ Johannes seufzte.

„Ich meine es ganz ernst.“

„I sollt besser morga heimfahren und den Jorge vergessen.“

„Wie lange wolltest du eigentlich bleiben?“

„Ach, ich hab a Woche Urlaub genommen. Aber i glaub, i möcht mi net zum Affn bei ihm machen. Gut, dass ich net gleich zu ihm gegangen bin.“

„Ähm ... Du könntest ja auch hier bleiben. Ich hab noch ein paar Tage frei. Du kannst es dir ja immer noch überlegen, ob du zu ihm gehen möchtest.“ Noch während er sprach, schalt sich Nils einen Idioten. Johannes war unglücklich in Jorge verliebt und wollte sicher nichts von ihm.

„Echt? Und könnten wir dann nochmal nach Köln? In den riesigen Dom?“ Trotz des Kummers schienen seine Augen wieder etwas mehr zu strahlen.

„Natürlich. Wie du möchtest und wenn das Wetter mitspielt.“ Nils lächelte. „Dann bleibst du?“

„Ich will dich aber net nerven, ja?“

„Kein Problem, du nervst nicht. Sonst hätte ich es dir nicht angeboten.“

„Sorry“, murmelte Johannes verlegen. „Ja da merkt ma halt, dass i a Jungfrau vom Lande bin.“ Er lachte leise.

Nils biss sich auf die Lippen und lachte dann ebenfalls.

Jetzt wurde Johannes noch roter, als er bemerkte, dass er eines seiner Geheimnisse verraten hatte.

„Oh ...“ Erst, als er das rote Gesicht des anderen sah, realisierte Nils, was Johannes gesagt hatte.

„Meinst, dass der Jorge mi deswegen net will?“ Er traute sich kaum aufzuschauen.

„Dann wäre er ein Idiot.“ Nils lächelte und legte vorsichtig eine Hand auf Johannes Hand.

„Meinst?“

„Ganz sicher. Zum einen ist es deine Sache, ob, wann und mit wem und ein Typ, der das nicht berücksichtigt, ist nur auf Sex aus und das hast du nicht verdient. Okay?“

„Wahrscheinlich hast recht“, meinte Johannes mit einem Seufzen. „Aber vorher hab ich noch nie nen Freund gehabt.“

„Ist doch vollkommen okay.“ Nils lächelte ihn beruhigend an.

„Wann hattest du denn deinen ersten Freund?“

„Mit siebzehn ungefähr.“

„Und habt ihr es da getan?“

„Nein. Das ging nur ein paar Wochen und wir sind nicht übers gegenseitig einen runterholen rausgekommen. Mein erstes Mal hatte ich mit meinem zweiten Freund. Das war dann ungefähr zwei Jahre später.“

„Wie war es?“, wollte Johannes nun wissen. In seinem Heimatdorf waren die Möglichkeiten zum direkten Austausch begrenzt und er war kein großer Internetmensch.

„Hmmm, es ging. Wir waren beide unerfahren und haben uns nicht richtig vorbereitet. Aber dann wurde es schnell besser.“

„Warst du oben oder unten?“

„Unten.“ Nils grinste. „Tatsächlich hab ich mittlerweile beides ausprobiert und mag es unten immer noch lieber, auch wenn es beim ersten Mal ein bisschen wehgetan hat.“ Nils zwinkerte ihm zu. „Du bist ganz schön neugierig.“

„Tut mir leid. Ich weiß auch net ... ich hab noch nie mit jemand so richtig reden können.“ Verlegen suchte Johannes Nils' Blick. Dessen Hand lag immer noch auf seiner und fühlte sich schön warm an.

„Schon okay. Frag ruhig.“

„Es isch echt unhöflich von mir ...“ Johannes gähnte.

„Nein. Das ist doch normal und wenn du sonst mit niemandem darüber reden kannst. Warst du denn vorher nie neugierig?“

„Doch schon. Aber im Internet recherchieren ist nicht so wirklich hilfreich. Und bei mir gibt es auch nicht viele Schwule in der Gegend.“

„Wie hast du denn rausgefunden, dass du auf Männer stehst?“

„In der Schule haben mich die Mädle schon net so interessiert. Später hab ich dann immer von Jungs geträumt.“ Johannes zuckte mit den Schultern.

„War bei mir ähnlich. Nur das ich auch eine Zeitlang mit einem Mädchen befreundet war und dann festgestellt habe, dass bei ihren Küssen gar nichts passierte, während dieser eine, heimliche Kuss von dem Jungen im Zeltlager, meine ganze Welt ins Wanken brachte.“

„Des klingt scho romantisch.“ Johannes seufzte sehnsüchtig, spürte aber auch, wie sich der lange Tag langsam bemerkbar machte. „Des hätt i au gern ghabt.“

„Ich glaub, wir sollten langsam ins Bett.“ Nils lächelte.

„Hmm ... könnt net schadn. Wo kann i mi nahlega?“

„Hmm? Wo du dich hinlegen kannst?“ Nils sah ihn neugierig an. „Ich dachte, du nimmst das Bett.“

„Und wo schlafsch na du?“

„Ich leg mich aufs Sofa. Das ist ganz bequem.“

„Sicher? I mein, i bin ja dr Eindringling. I möcht dich net vetreibn.“ Wieder gähnte Johannes und hielt sich die Hand vor den Mund.

„Nicht schlimm. Das Sofa ist nur ein bisschen kurz und du bist noch ein ganzes Stück größer als ich. Komm, ich zeig dir das Bett.“

Offensichtlich war Johannes zu müde, um weiter zu diskutieren und stand auf. Hinter dem Vorhang stand ein großes gemütliches Bett, dass Nils ebenfalls selbst gebaut hatte. Leider hatte er bisher allein darin geschlafen.

„Sieht gmiatlich aus“, kommentierte Johannes mit dunkler Stimme.

„Ist es auch. Wenn du magst, kannst du schon ins Bad. Ich hol mir eben noch eine Decke.“

„Da hättet mir locker zam drin Platz“, meinte Johannes mit einem kurzen Blick zu ihm.

„Zusammen? Wäre dir das Recht? Ich will dir nicht auf die Pelle rücken.“

„Im Zug waret mir au nah zam. Das war net schlimm oder?“ Johannes grinste leicht.

„Nein, war gar nicht schlimm. Aber wenn ich dir zu nah komme, schieb mich ruhig weg, ja?“

„Und wenn i dir zu nah komm?“ Jetzt zwinkerte Johannes ihm zu.

„Dann schieb ich dich auch zurück, aber ich warne dich. Ich mag kuscheln.“

„Ich auch.“ Mit einem umwerfenden Lächeln verschwand sein Bayer ins Bad.

Nils sah ihm verwundert nach. Das verlief ganz anders als erwartet, und wenn er nicht aufpasste, würde er sich Hals über Kopf in Johannes verlieben.

 

 

Johannes konnte unmöglich sagen, wie spät es war, als er die Augen aufschlug. Aber er fühlte sich erholt. Noch etwas schläfrig, weil es so warm und gemütlich war. Sein Blick wanderte zu Nils, der direkt neben ihm lag. Irgendwie war in der Nacht die zweite Decke verschwunden und sie schliefen unter einer. Süß sah das aus, wie er mit leicht geöffnetem Mund schlummerte.

Jorge hatte nie bei ihm übernachtet, das hätte nur Ärger gegeben, hatte er gemeint. Nach dem, was Nils ihm erzählt hatte, fragte er sich allerdings, ob alles wahr war, das Jorge ihm gesagt hatte.

Er würde ihn gerne fragen, aber auf seine Nachrichten reagierte er seit Tagen nicht.

Irgendwie hatte er sich immer eingeredet, dass er eben viel zu tun hatte und ihn die Fernbeziehung zu sehr schlauchte, weswegen er sie lieber beendet hatte. Aber dass Jorge ihn immer noch wollte. Doch war das wirklich so?

„Morgen“, murmelte Nils verschlafen, als er die Augen öffnete und ihn ansah. „Gut geschlafen?“

„Sehr gut. Und du?“ Irgendwie machte es Johannes verlegen, dass er bei so netter Gesellschaft trotzdem lieber über Jorge nachdachte.

„Auch gut. Kaffee?“ Nils reckte sich und gähnte.

„Gerne. Danke.“ Er lächelte vorsichtig.

„Gut. Kommt sofort.“ Nils stand auf und ging in den Küchenbereich um Kaffeemaschine in Gang zu setzen. Ohne das Gebräu konnte er nicht klar denken, außerdem hatte die Nähe zu Johannes eben heftig auf ihn gewirkt und er hoffte, die kurze Pause half ihm, sich zu sammeln.

Ein paar Minuten später tapste Johannes nur in Shirt und Shorts hinter dem Vorhang heraus. Seine Haare waren noch ganz verwuschelt und seine Wangen süß gerötet.

„Hey“, murmelte er.

„Hey. Ich hätte dir den Kaffee sonst ins Bett gebracht.“ Nils reichte ihm eine Tasse der dampfenden Flüssigkeit.

„Isch doch gar net nötig.“ Er grinste. „I bin's ja bloß, kein Traumprinz.“

„Nein?“ Nils schmunzelte.

„Net das i wüsst.“ Sein tiefes Lachen sandte warme Schauer über Nils' Rücken.

Nun lachte Nils. „Dann ist es ja gut. Du bist mir lieber.“

„Warum?“, frage Johannes in seiner erfrischenden Direktheit.

„Warum was? Warum du mir lieber bist?“

Johannes nickte langsam und lächelte leicht.

„Weil Traumprinzen nicht real sind, du dagegen schon.“

„Obwohl ich mein Dialekt hab und mich anstell wie a Teenie?“ Irgendwie wirkte Johannes jetzt unsicher, als ob er das nicht glauben konnte.

„Das ist irgendwie süß. Also dein Dialekt. Dass du dich wie ein Teenie verhältst, finde ich übrigens gar nicht.“ Nils nahm einen großen Schluck Kaffee. Was redete er da bloß für einen Schwachsinn?

Allerdings hellte Johannes' Miene sich auf einmal auf und das verursachte ein heftiges Kribbeln in seinem Bauch.

„Du bist auch toll“, antwortete er und lächelte noch breiter.

„Danke“, murmelte Nils leise und senkte den Blick. „Was möchtest du heute machen?“

„Ich weiß nicht ... vielleicht ein wenig raus in den Schnee?“

„Sehr gerne. Wir könnten eine Runde spazieren gehen. Willst du doch nochmal mit diesem Jorge reden?“

„Ich bin den ganzen Weg wegen ihm gekommen. Vielleicht sollte ich zumindest mal Hallo sagen, oder?“

„Wäre vielleicht gut. Entweder könnt ihr euch aussprechen oder du weißt zumindest, woran du bist.“

„Das sollte ich wohl bald hinter mich bringen.“

„Ich fahr dich hin, wenn du magst.“

„Ehrlich? Das wär lieb.“

„Na klar. Kein Problem. Lass uns frühstücken und dann los.“

„Dann weiß ich zumindest ein für alle Mal, was Jorge denkt.“

 

 

Nils wartete am Straßenrand und sah zu, wie Johannes an der Tür dieses Jorges stand und darauf wartete, dass ihm geöffnet wurde.

Es war ein merkwürdiges Gefühl. Einerseits hoffte er, dass Jorge Johannes abwies. Anderseits fühlte er sich genau deswegen ziemlich mies. Schon komisch, wie schnell er so ein intensives Gefühl für jemanden entwickelt hatte, den er erst gestern kennengelernt hatte.

Es kam Johannes vor, als würde er Ewigkeiten warten, bis er endlich Schritte hörte. Sein Herz klopfte schneller und seine Hände waren schwitzig.

„Hi ... Oh … Johannes, du? Was machst du denn hier?“ Jorge sah ihn stirnrunzelnd an. Er trug nur Jogginghose und ein fadenscheiniges Shirt.

„Naja ... i wollt dich ...“ Johannes schluckte. „... überraschen.“ Er lächelte vorsichtig.

„Mich? Überraschen? Warum?“ Jorge starrte ihn an.

„I hab dich vermisst.“ Langsam hatte er das Gefühl, einen schrecklichen Fehler gemacht zu haben.

„Du hast mich vermisst? Wirklich?“ Jorge lachte leise. „Du bist süß, Kleiner.“ Er streckte eine Hand aus und streichelte Johannes Wange. „Aber ich habe dir doch schon gesagt, dass ich nicht der Typ für eine monogame Fernbeziehung bin.“

„Und das heißt?“ Wieder schluckte er. Die Berührung fühlte sich nicht so an, wie sie sollte. Außerdem hörte sich Jorges Stimme so kühl an.

„Das heißt, dass ich kein Interesse daran habe, unsere Beziehung, wie du es nennst, weiterzuführen.“ Jorge sah ihn mitfühlend an.

„War dir das zwischen uns je ernst?“ Er musste das wissen, sonst würde er sich ewig mit der Frage quälen.

„Ja, schon. Aber nicht so wie dir. Du brauchst jemanden, der mit dir kuschelt und zu Hause mit dir auf dem Sofa liegt, während ich Abenteuer suche.“

Johannes senkte den Blick und seufzte. „Dann geh i mal. Viel Spaß bei deinen Abenteuern.“

„Hey, du findest schon jemand.“

Johannes nickte matt. „Dann mach's guat.“

„Du auch. Kopf hoch, Kleiner.“ Jorge nickte ihm zu und zog dann seine Hand zurück, bevor er die Tür schloss. Wie betäubt ging Johannes die paar Stufen nach unten und blickte starr nach vorn, als er die Straße überquerte.

„Hey.“ Nils hatte die Szene beobachtete und hatte das Auto verlassen, um ihm entgegen zu gehen. Sonderlich erfreut über den Besuch schien Jorge nicht gewesen zu sein. „Alles okay?“

„Wie man's nimmt.“ Johannes seufzte. „Ich glaub, ich hab mir was vorgemacht.“

„Wollen wir in den Wald fahren und ein bisschen laufen?“ Nils spürte, dass die ganze Sache Johannes sehr bedrückte und er hätte ihn gerne in den Arm genommen. Aber das war vielleicht zu intim. Ein bisschen spazieren gehen und die Ruhe des Waldes tat Johannes bestimmt gut.

„Des wär schön. Danke, dass du auf mi gewartet hasch.“ Johannes lächelte ihn traurig an.

„Gerne. Hab ich dir doch gesagt.“ Nils lächelte und zog ihn nun doch in eine flüchtige Umarmung.

Johannes drückte sich für einen Moment an ihn und atmete zittrig aus. „I bin a echtes Rindvieh.“

„Bist du nicht. Komm, wir fahren erstmal.“

Im Wald angekommen ging es Johannes ein wenig besser. Die frische eisige Luft tat ihm gut. Außer ihnen war niemand unterwegs und er war froh darüber.

Für eine Weile gingen sie, ohne etwas zu sagen.

Nils tastete vorsichtig nach Johannes Hand und drückte sie leicht. „Besser?“, erkundigte er sich nach ein paar Minuten.

„Glaub schon. Ich ... hätt es wohl wissen sollen.“

„Immerhin weißt du jetzt, woran du bist.“

„Ja. Ich weiß, dass wohl nur ich gedacht hab, wir wärn zusammen.“

„Kann ich irgendwas für dich tun?“ Nils drückte Johannes Hand.

„Du bist hier. Was Besseres kann mir kaum passieren.“

Nun wurde Nils rot. „Meinst du? Hauptsache es geht dir besser.“

„Hey, du hast mich aufgenommen, einfach so, einen völlig Fremden. Hast mir Hilfe angeboten. Das macht nicht jeder. Das machen bloß ganz besondere Leute“, sagte Johannes ungewohnt ernst und bemühte sich sichtlich, den Dialekt zu unterdrücken.

„Ach, das war doch nichts. Ich mag dich.“ Nun wurde Nils rot.

„Ich mag dich auch.“

Die nächsten Minuten liefen sie Händchen haltend und schweigend nebeneinander her. Nils wusste auch nicht, was er sagen sollte. Es war schön so mit Johannes, aber er war sich im Klaren, dass dieser noch immer Jorge hinterher trauerte und in ein paar Tagen wieder Richtung Bayern verschwand.

„Es ist ziemlich schön hier. Hier wär ein Ausritt sicher super“, sagte Johannes, einfach um etwas zu sagen.

„Möchtest du? Ich könnte eventuell bei einem der Bauern fragen, ob du ein Pferd leihen darfst.“

„Nur wenn du auch mitmachen würdest. Allein ist das doof.“

„Ich? Sorry, da bin ich raus.“ Nils schüttelte sich. „Ich komm den Viechern sicher nicht zu nah.“

„Dann bleibet mir einfach auf 2 Beinen.“

„Wenn du es dir anders überlegst, sag Bescheid. Sollen wir langsam zurück?“

„Ja, wird schon ganz schön kalt jetzt.“ Ohne darüber nachzudenken, legte Johannes seinen Arm Nils' Schulter.

Dieser sah ihn überrascht an und spürte, wie ihn durch die Berührung warm wurde.

„Okay? Du sahst aus, als ob d' frierst.“

„Ja, mir ist auch kalt.“

„Besser so?“ Johannes lächelte leicht.

„Viel besser.“ Nils erwiderte das Lächeln. „Zu Hause können wir uns die restliche Suppe aufwärmen, wenn du magst und vielleicht einen Film schauen?“

„Ja warum net?“

 

 

Wieder saßen sie im Zug nach Köln und diesmal ohne Schneesturm. Johannes freute sich auf den Besuch in Köln und den Dom. Vor allem mit Nils. Die Schneelandschaft war traumhaft.

„Habt ihr sonst au so viel Schnee?“

„Nee, zum Glück nicht. Dieses Jahr ist es echt heftig. Aber bei euch schneit es öfter, oder?“

„Oh ja ... und au a bissle mehr.“ Jetzt lachte Johannes.

„Noch mehr?“ Nils schüttelte sich. „Igitt.“ Dann lachte auch eher. „Was möchtest du denn heute machen? Erst besichtigen wir den Dom, und dann? Shoppen oder Schokoladenmuseum? Normal mach ich gerne eine Tour auf dem Rhein mit Gästen, aber dafür ist es heute wohl zu kalt.“

„Schokoladenmuseum? Des klingt toll. Fahren die Schiffe überhaupt?“

„Keine Ahnung müssen wir schauen. Aber viele vermutlich nicht.“ Nils grinste. „Das Schokoladenmuseum ist toll, wird dir gefallen.“

„Mal sehen, ob die Schokolade süßer ist als du. Wahrscheinlich nicht.“ Er grinste breit.

„Da wäre ich mir nicht sicher. Im Museum gibt es einen riesigen Schokobrunnen, wo man probieren kann.“

„Lecker. Das wird toll. Und auf den Dom freue ich mich.“

„Bald sind wir da.“ Nils schmunzelte. Johannes war niedlich in seiner Begeisterung.

„Du warst ja bestimmt scho oft da, oder?“

„Ja klar. Aber das macht nichts. Ich fahr gerne hin und schau es mir an.“

„Jetzt ist es nicht mehr lange. Ich freu mich scho. Was gibt es sonst noch so zu sehen? Gibt es da nicht auch ein Musical?“

„Doch gibt es und verschiedene Konzerthallen. Hier ist immer viel los. Besonders in der fünften Jahreszeit, aber noch ist der Trubel nicht so heftig.“ Nils zwinkerte ihm zu.

„Vielleicht finden wir ja etwas, das uns interessiert, wenn wir uns im Schokomuseum sattgegessen ham.“

„Klar, warum nicht. Aber jetzt erstmal in den Dom.“

„Das wird schön. I freu mi.“

 

 

Ihr Ausflug war einfach nur schön gewesen. Johannes war bisher nicht in vielen Großstädten unterwegs gewesen und auf Dauer wäre es ihm vielleicht zu viel, aber heute hatte ihm der Trubel sehr gefallen.

Der Höhepunkt war jedoch wirklich dieses Schokomuseum gewesen. Am Schokobrunnen hatte er auch realisiert, dass er den ganzen Tag über nicht an Jorge und seine Zurückweisung gedacht hatte. War er also vielleicht gar nicht so verliebt in ihn, wie er gedacht hatte?

„Worüber denkst du nach?“ Nils war schon im Zug aufgefallen, dass Johannes grübelte und mit den Gedanken woanders war.

„Weißt ... i hab die ganze Zeit net an n Jorge denken müssen. Findest des komisch?“

„Eigentlich ist das doch gut, oder?“, fragte Nils verwundert.

„Ja scho. Aber i wunder mich halt. Eigentlich war i doch verliebt. Und jetzt denk i nicht mehr an ihn?“ Irgendwie hatte er ein schlechtes Gewissen deshalb, auch wenn er wusste, dass es Blödsinn war.

„Tja ... Vielleicht kommt das noch. Oder du hattest innerlich doch schon damit abgeschlossen. Eigentlich ist es doch gut, dass du so einfach damit klarkommst, oder?“

„Ja, eigentlich scho.“ Jetzt lächelte Johannes auf einmal. „Eigentlich hab i hier ja was besseres gfunden.“ Er suchte Nils' Blick.

„Hast du?“ Plötzlich schlug Nils Herz aufgeregt und er hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Meinte Johannes etwa ihn? Ging es ihm vielleicht ähnlich? Schon beim Ausflug hatte er sich mehrmals zurückhalten müssen, um nicht nach Johannes Hand zu greifen. Jetzt hielt er dessen Blick und wartete gespannt auf eine Antwort.

„Dich hab ich gefunden“, sagte Johannes leise und seufzte. „Wahrscheinlich is des viel zu früh, aber i mog di. Und au, wenn i net mehr lang da bin, ich möcht di gern besser kennenlernen.“

„Das klingt perfekt für mich, abgesehen von der Tatsache, dass du nicht mehr lange da bist. Ich mag dich nämlich auch.“ Nils hielt inne und erwiderte den intensiven Blick, bevor er sich vorbeugt und einen schnellen Kuss auf Johannes Lippen hauchte.

Der lächelte daraufhin leicht und griff nach seiner Hand. „Wenn wir wollen, finden wir einen Weg.“

„Bestimmt und mit ein bisschen Glück krieg ich ja demnächst auch einen Job in deiner Nähe ... Aber erstmal würde ich vorschlagen, dass wir die nächsten Tage nutzen.“ Nils grinste breit.

„Wie denn?“ Johannes zwinkerte ihm zu.

„Na ja, uns besser kennenlernen ... spazieren, reden und so ... und vielleicht ein bisschen küssen?“

„Nur vielleicht?“ Leicht drückte er Nils Hand und zog ihn wieder zu sich, um ihm einen ebenso sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. „I bin mia da ziemlich sicher.“

Nils seufzte leise in den Kuss und schlang einen Arm um Johannes. Vorsichtig öffnete er die Lippen und intensivierte den Kuss.

„Hm ... das ist schön“, murmelte Johannes.

„Oh ja. Mehr?“

„Ja, i will viel mehr.“

„Kriegst du.“ Nils lächelte ihn liebevoll an und zog ihn an sich. „Soviel du willst.“ Wieder senkte er seine Lippen auf Johannes. Er hatte keine Ahnung, wohin es führen würde und ob sie es wirklich schafften, eine Beziehung aufzubauen und über die Entfernung zu halten, aber im Moment war es perfekt.

 

 

Epilog

 

Kilometer für Kilometer verringerte sich die Entfernungsanzeige auf dem Navi und Nils wurde immer nervöser. Zum Glück war sein Bruder David mitgekommen und fuhr das Ungetüm von Umzugswagen. Noch immer konnte Nils es kaum glauben, dass er endlich zu Johannes zog. Seit über einem Jahr waren sie nun schon zusammen und endlich hatte die Fernbeziehung ein Ende. Er hatte zwar drei Wochen später das Jobangebot von der Firma in München bekommen, aber tatsächlich hatte er dort die meiste Zeit von zu Hause arbeiten können und musste nur ab und an in den Hauptsitz, um Näheres zu besprechen. Vielleicht war es auch besser gewesen, es mit Johannes nicht zu überstürzen, aber gerade die letzten Monate der Trennung waren hart gewesen.

Er warf wieder einen Blick auf das Navi.

„Jetzt beruhig dich mal“, murrte David vom Fahrersitz. „Wir sind in fünf Minuten da.“

„Du bist gut, beruhigen. Weißt du, wie lange ich ihn nicht mehr gesehen habe? Fast sechs Wochen … seit Weihnachten.“

David lachte und Nils seufzte. Eigentlich wollte er seinem Bruder noch einen Spruch reinwürgen, aber gerade kam das Haus, in das sie ziehen würden, in Sicht und die Aufregung nahm nochmal zu.

Draußen standen schon vier Personen. Er erkannte Johannes' Eltern und die zwei Schwestern, aber wo war Johannes?

Endlich hielt der Wagen und Nils sprang raus. Neugierig sah er sich um. „Hi, wo ist er?“

„Da bin i doch, Schatz.“ Mit einem breiten Lächeln und ausgebreiteten Armen kam er hinter seiner Familie vor.

Nils grinste und schmiss sich förmlich in die Umarmung, während alle um sie herum lachten. „Endlich ...“

„I freu mi wahnsinnig“, flüsterte Johannes und küsste ihn zärtlich.

„Ich mich auch. Hab es kaum abwarten können und David die ganze Zeit genervt, dass er schneller fahren soll.“

„Bloß net! Nicht dass dir was passiert wär!“ Wieder ein Kuss, diesmal fester. „Jetzt wo du endlich da bist.“ Johannes' Herz klopfte zum Zerspringen vor Freude. Erst in diesem Jahr hatte er gelernt, was Liebe hieß. Wie sehr Vermissen wirklich wehtat und wie wunderbar es dann war, wenn sie sich wiedersahen.

„Und diesmal bleib ich da. Versprochen.“ Nils umarmte ihn immer noch. Am Rande nahm er das Gemurmel der anderen wahr, aber es war ihm egal. Im Moment zählte nur Johannes. „Ich liebe dich, Jo ...“, flüsterte er ihm leise ins Ohr.

„I lieb di au. Ganz narrisch sogar“, raunte Johannes zurück.

„Habt ihr's bald und helft mir?“, fuhr David dazwischen, als Nils Johannes wieder küssen wollte. „Du weißt, dass ich heute noch zurück muss, und der ganze LKW voll mit deinem Krempel ist?“

„Ruhig Blut“, meinte Johannes' Vater und lächelte. „Mir schaffet des.“

Trotzdem lösten sich Johannes und Nils voneinander, doch vorher beugte sich Nils vor. „Wir packen das Zeug jetzt rein, aber dann will ich endlich kuscheln. Ganz in Ruhe und ohne Störung. Ja?“

Johannes wurde feuerrot. Allein der Gedanke daran brachte ihn auf Touren.

„Ja“, bestätigte er atemlos. „Und dann lass i di nimmer los.“

„Klingt perfekt.“

Nils lachte und Hand in Hand gingen sie zur Klappe des Umzugswagens. Je eher der leer war und alles verstaut war, desto eher würden sie ihr neues Leben zusammen beginnen können.

 

 

Ende

 

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Impressum


© 2019 Neela Faye & Eve Flavian

Covergestaltung: Sabine Schulz

Paar: icsnaps - fotolia.com

Hintergrund: jill111 – pixabay.com

Innengestaltung: Eve Flavian

Trenner: Woodcutter (Schrift Bakery)

 

https://www.facebook.com/Eves-und-Neelas-Projekte-1732600003642281/

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Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.

 

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Tag der Veröffentlichung: 11.01.2019

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