Kapitel 1 - Die Neue
Ich wachte durch ein nervtötendes Geräusch auf. War ja klar immer an der schönsten Stelle eines Traumes wacht man auf und zwar durch einen doofen Wecker. Ich gähnte, streckte und reckte mich. Heute war der letzte Tag in meinem geliebten New York. Ich wünschte ich könnte bleiben, denn hier waren meine Freunde, mein Freund und alles andere. Schnell stand ich auf, bevor ich mich noch weiter in so trübselige Gedanken verlor. Meine Koffer und Kartons standen schon gepackt in meinem Zimmer. Ich holte mir Anziehsachen für die Schule raus und ging ins Bad, um mich zu duschen. Endlich konnte ich mich nur auf den heutigen Tag konzentrieren. Als ich fertig aus der Dusche stieg, trocknete ich mich schnell ab und zog mich an, die Haare ließ ich nass. Danach ging ich die Treppe in den ersten Stock runter, wo unsere Küche lag.
„Guten Morgen, Dad!“, sagte ich zu meinem Vater und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ich sah auf den Tisch, der war voll mit verschiedenen Sachen fürs Frühstück, die wir:
Erstens: nicht alle aufessen konnten.
Und
Zweitens: aß ich morgens nichts.
„Hey, es ist ja lieb, dass du so viel aufgetischt hast, aber du weißt doch dass ich morgens nichts esse.“
„Ja ich weiß, aber es ist dein letzter Tag hier in New York und da wollte ich, dass du noch einmal das Essen von hier isst.“, antwortete er mir. Ich lächelte ihn an und setzte mich, wir hatten so was lange nicht mehr gemacht, also musste ich es ausnutzen. Das Essen schmeckte wirklich lecker, aber jetzt musste ich mich erst mal für die Schule fertigmachen, sonst würde ich den Bus verpassen.
Nach geschätzten fünfzehn Minuten war ich endlich fertig und ging zur Bushaltestelle. Als ich an der Bushaltestelle ankam, kam der Bus gerade angefahren und hielt vor mir. Im Bus traf ich auf meinen Freund Eric, und meine anderen Freunde Ashley, Sophie, Alexis, Ryan, Jared und Travis. Durch sie verging die Zeit wie im Flug. An der Schule angekommen, hatte ich auch schon Spanisch. Die Stunde war leider etwas lahm, weil wir sie mit einem unangekündigten Test verbrachten. Danach ging es auch schon in die Mathestunde. In Mathe stand mein etwas dicker geratener Mathelehrer vor der Tafel, so dass ich nichts sehen konnte. Zum Glück war jetzt Lunchtime und ich setze mich zu Eric, der auf unsere Freunde und mich gewartet hatte. Nach und nach schlenderten auch die anderen auf uns zu und setzten sich dazu. Ich wusste das ich es ihnen heute sagen musste, denn es war meine letzte Chance, ohne dass sie noch saurer wurden als sie schon werden würden. Eric drehte sich zu mir, da ich erstarrt war.
„Hey was ist denn los?“, fragte er mich. Ich atmete noch einmal tief durch und setzte an: „Also...“, ich sah all meinen Freunden in die Augen und fuhr fort. „Ich muss mit euch reden.“ Sie sahen mich gespannt an, doch als ich nichts sagte wurden sie ein wenig unruhig.
„Und was wolltest du mit uns bereden?“, fragte Alexis ungeduldig. Ich biss mir auf die Lippe. Ich konnte das nicht, ich konnte mich einfach nicht von meinen Freunden verabschieden, obwohl ich schon heute Abend weg sein würde.
„Jetzt sag schon!“, quengelte Ashley.
„Also...“, fing ich an und wollte schon weiterreden, als mich ein seufzten unterbrau. „Ich..ich ziehe weg.“, sagte ich schnell. Sie starrten mich alle mit offenen Mündern an. Ich wurde nervös durch diese unangenehme Stille und rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Doch Jared unterbrach diese Stille.
„Wohin und wann ziehst du weg?“, fragte er mich. Innerlich schlug ich mir vor den Kopf, dass war das letzte was ich ihnen erzählen wollte.
„Also?“, drängte Ryan.
„Ich ziehe nach LA und fliege noch heute Abend.“, als ich diese paar Wörter sagte, sahen sie noch geschockter als vorher aus, wenn das überhaupt ging. Hier konnte ich es nicht mehr lange aushalten, denn meine Freunde, die Gesichter voller Schock und auch ein bisschen Trauer, machten mich verrückt. Ich merkte wie mir Tränen in die Augen stiegen. Schnell stand ich auf und rannte aus der Cafeteria. Ich wusste nicht wo ich hinlief, also blieb ich irgendwann stehen. Ich stand vor unserem Schulgarten, er sah wie immer schön gepflegt und sehr einladend aus. Ich wollte gerade rein gehen, als ich die Stimme unseres Direktors hörte, schnell drehte ich mich um und dachte schon, dass er hinter mir steht aber dann hörte ich was er genau sagte.
„Liebe Schülerinnen und Schüler, wegen der großen Hitze habe ich beschlossen, dass ihr jetzt schon frei bekommt. Und wir wollten noch Zoey Knight verabschieden. Viel Spaß in Los Angeles und den anderen viel Spaß im Wochenende!“, ich seufzte. Auch das noch, meine Freunde waren sauer auf mich, und jetzt bekommen wir auch noch Schulfrei. Ich hörte wie alle Schüler aus der Schule stürmten und ins Wochenende gingen. Und ich, ja ich ging auf den leeren Wegen des Schulgartens. Nach einiger Zeit wurde es mir zu traurig, so alleine, und ich ging langsam zum Ausgang. Ich atmete ein paar mal tief durch, denn es waren meine letzten paar Sekunden die ich in diesem Gebäude verbringen würde. Jetzt trat ich einen Schritt raus und spürte wie gut es sich doch anfühlte endlich aus der Schule raus zu sein. Als ich ein paar Schritte weiter ging, spürte ich plötzlich wie etwas an meinem Arm zog und mich zu sich drehte. Ich zuckte erschrocken zusammen, doch als ich das Etwas erkannt entspannte ich mich.
„Was machst du noch hier, wir haben Schulfrei!“, sagte ich.
„Ich weiß, aber ich hab auf dich gewartet. Zoey wir müssen unbedingt über deinen Umzug reden.“, meinte Eric entschlossen. Und so zog er mich mit sich zum Parkplatz der Schule und hielt vor seinem Auto. Er schloss es auf und hielt mir die Tür auf, schnell stieg ich ein, er tat das selbe. Wir fuhren eine Weile, bis wir beim Central Park hielten. Hier stiegen wir aus und ich ging zu ihm, damit ich seine Hand halten konnte. Längere Zeit gingen wir Hand in Hand schweigend nebeneinander her. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und brach die Stille.
„Wenn du darüber reden möchtest, was mit unserer Beziehung passiert, dann weiß ich das jetzt schon. Also ich mach Schluss, denn Fernbeziehungen funktionieren meistens nicht.“ Sein Gesichtausdruck wechselte von bedrückt zu traurig.
„Lass es uns wenigstens versuchen eine Fernbeziehung zu führen. Wenn es nicht klappt können wir uns immer noch trennen. Aber bitte...bitte mach nicht Schluss.“
„Okay wir versuchen es.“ lächelte ich. „Noch weitere Fragen wegen des Umzugs?“
„Ja wieso zieht ihr um, schließlich habt ihr die letzten sechzehn Jahre hier verbracht. Wir würden dich sehr gerne noch bei uns behalten.“
„Ich weiß, ich würde auch gerne noch hierbleiben, aber ich vermisse den anderen Teil meiner Familie. Außerdem haben meine Mutter und mein Vater sich wieder vertragen und wollen wieder zusammen ziehen. Mein Bruder ist jetzt schon achtzehn und somit in seinem letzten Jahr, deswegen wollten sie nicht, dass er noch die Schule wechselt.“ Er nickte verständlich. Was sollte er auch sonst tun? Ich zog um, dass konnte jetzt keiner mehr ändern. Wir gingen noch weiter in der schönen Landschaft spazieren, als wir an einer Bank vorbei kamen. Ich zog Eric hinter mir her und so setzten wir uns auf die Bank.
„Was hast du eigentlich vor wenn du in LA bist? Du kannst doch da nicht so“ - er zupfte an meinem T-Shirt - „auftauchen. Die würden dich sicherlich auslachen. Versteh mich jetzt nicht falsch, ich finde dich auch so wunderschön, aber naja...“
„Wieso warst du schon mal dort? Ich schon und es hat mich noch keiner ausgelacht. Und wenn kann ich auch mit meiner Mutter oder meinem Bruder shoppen gehen.“
„Wenn du meinst.“; sagte er mit Zweifel in der Stimme, „Liebst du mich überhaupt noch ?“
„Was soll denn die Frage?“
„Antwortest du jetzt auf meine Fragen mit Gegenfragen? Antworte mir auf meine Frage und dann beantworte ich dir deine! Deine Antwort lautet...“
„Natürlich liebe ich dich, Eric. Wieso die Frage, denkst du ich liebe dich nicht mehr?“
„Naja ich weiß nicht deine Anspielung vorhin hat sich so angehört, als ob es dich gar nicht interessieren würde was ich zu sagen habe.“ Da hatte er natürlich Recht. Ich hatte ihm wirklich nicht richtig zugehört. Diesmal hatte ich aber eine gute Ausrede dafür.
„Aber es interessiert mich was du sagt, ich bin nur so aufgeregt, weil wir schon heute Abend weg sind.“, antwortete ich ihm. Ich durfte jetzt wirklich nicht zu so einer Tussi werden wie die in Los Angeles. Okay tief durchatmen, du wirst nicht zu so einer weden!, befahl ich mir in Gedanken, die durch ein Kribbeln plötzlich weg waren. Was war das? Mein Handy! Als ich es aus meiner Hosentasche rauszog sah ich auf das Display. Oh nein!, zehn Anrufe in Abewesenheit... Alle von meinem Dad! Erst jetzt sah ich wie spät es war, wie man sich doch in einem unangenehmen Gespräch verrennen konnte.
„Eric, mein Vater hat mich schon zehn Mal angerufen und es ist schon ganz schön spät, ich denke ich sollte jetzt nach Hause.“, erklärte ich ihm schuldbewusst, hoffentlich hielt er es nicht für eine Ausrede, denn eine weitere Auseinandersetzung konnte ich nicht in Kauf nehmen.
„Soll ich dich fahren? Dann bist du schneller da und ich kann mich auch von deinem Dad verabschieden.“, meinte er.
„Das wäre super.“ Er lächelte mich an und ich grinste zurück. Dann gingen wir so schnell es ging zu seinem Auto. Im Auto stellte Eric das Radio an, zuerst hörte ich gar nicht richtig hin, aber nach Glow von Madcon, fingen die ersten Töne von Nelly Furtados Lied All the Good Things.
„Dreh das Radio mal bitte lauter!“, bat ich ihn, was er natürlich auch gleich tat. „Das ist unser Song. Der Song bei dem wir uns das erste mal geküsst haben.“, lächelte ich. Leise sang ich ein paar Strophen mit. Dieser Song war für mich der beste aller Zeiten. Innerlich musste ich grinsen, ich hörte mich schon an wie eine ältere Frau die immer noch an ihrer Jugend hing, und nicht begreifen konnte, dass sie erwachsen war und es hinnehmen musste.
„Wie lange ist das jetzt schon her? Zwei Jahre?“, fragte er.
„Ja, genau heute vor einem Monat und zwei Jahren war es.“
„Ich weiß noch wie schüchtern du warst. Das war auf unserem Schulball, du saßt am Rand und hattest niemanden zum Tanzen, also bin ich zu dir gegangen und hab dich gefragt, ich fand dich schon lange süß, du hast mich angelächelt und ich hab dich auf die Tanzfläche gezogen. Nach einem etwas schnellerem Lied kam dieses. Du hast dich vorsichtig an mich geschmiegt und dann haben wir langsam angefangen zu tanzen. Als du wieder deinen Kopf von meiner Schulter gehoben hast, und mir in die Augen sahst, war ich einfach so überwältigt, wie schön deine Augen waren, da musste ich dich einfach küssen und du hast ihn bereitwillig erwiedert.“, plötzlich musste er lachen und ich wusste so ungefähr worauf er hinaus wollte. „Als dann eine von unseren Lehrerinnen kam, während wir uns noch immer küssten, musste sie ganz entsetzt geguckt haben, denn sie schimpfte: ‘Dies ist ein Schulball und keine Knutschzone! Bitte auf Armlänge tanzen.’", jetzt unterbrach ich ihn weil ich laut los lachen musste. Daran konnte ich mich noch so ein bisschen erinnern. Als ich mich wieder eingekriegt hatte, fuhr er fort: „Mit diesen Worten schob sie uns auseinander. Als sie gegangen war mussten wir uns totlachen.
Wir tanzten noch ein paar weitere Stücke, doch dann hast du gemeint, dass du jetzt nach Hause gehen willst. Das hab ich natürlich nicht zugelassen, ich habe daurauf bestanden dich zu fahren und du hast zugestimmt. Als ich dich vor der Tür absetzt habe, hast du mir noch einmal einen Kuss auf die Wange gegeben, dann bist du im Haus verschwunden.“ Er hielt an einer Ampel, die rot geworden war, an. Er beugte sich näher und immer näher zu mir, bis sich endlich unsere Lippen berührten. Schon nach einer Minute schreckten wir auseinander denn hinter uns hupte jemand, wir drehten uns nach vorne und sahen, dass die Ampel schon wieder grün war. „Seit dem waren wir die besten Freunde und dazu zusammen.“ Kurz guckte er zu mir und wir lächelten uns verliebt an.
„Ich denke, das werde ich am meisten vermissen, dich, deine Küsse, dein Lächeln und deine Geschichten von vor ein paar Jahren.“ Nachdem ich den Satz beendet hatte hielten wir, verwirrt schaute ich mich um. Oh, wir waren schon bei mir! Plötzlich stand Eric vor meiner Seite des Autos und öffnete die Tür.
„Die Dame...“, sagte er in einem Ton, wie die Butler in alten Filmen sprachen. Ich schubste ihn aus Spaß vorsichtig an die Seite und stolzierte mit erhobenem Haupt an ihm vorbei. Hinter mir hörte ich wie die Autotür zugeschlagen worde und sein leises Lachen.
Ich holte meinen Schlüssel aus der meiner Schultasche und schloss die Haustür auf, was ich sah verschlug mir den Atem.
„Was macht ihr denn hier?“, fragte ich.
„Naja wir wollten nicht das wir alle so auseinander gehen.“, fing Ryan an.
„Ja und außerdem waren wir am Anfang geschockt und dann bist du weggelaufen. Wir wollten uns bei dir entschuldigen.“, erklärte Sophie. Ich musste schon wieder lächeln, sie waren immer noch so nett zu mir, obwohl ich wegziehen würde und ich sie möglicherweise nie wieder sehen würde. Sie waren die besten Freunde die man sich vorstellen konnte, doch leider würde ich sie für immer verlieren.
„Ihr seid so süß, eigentlich solltet ihr doch sauer auf mich sein, schließlich habe ich es, oder konnte es euch nicht, vorher erzählen.“, meinte ich traurig. Ashley lächelte mich aufmunternd an.
„Ein kleines bisschen sauer sind wir auch, schließlich lässt du uns in diesem Ort namens Frankfort vergammeln.“ Jetzt lachten wir alle, diese Heiterkeit erinnerte mich an die Stunden, die wir zusammen verbracht hatten.
„Sag mal Eric, wusstest du, dass die fünf hier sein würden?“, fragte ich ganz langsam bedrohlich. Während ich das sagte, guckte er an die Decke und pfiff vor sich hin.
„WAS? Ich...nein, ich doch nicht.“, erklärte er scheinheilig. So wie er war, musste man ihn einfach lieben.
„Du...du hast das also alles geplant? Das ist...“, ich suchte nach den richtigen Worten, während Eric mich einfach nur interessiert ansah. Meine Stimme wandelte sich zu sanft. „Das ist einfach total süß!“ Er lächelte mich sanft an und kam auf mich zu, dann zog er mich in seine Arme. Als er mir in die Augen sah, vergaß ich alles und alle um uns herum und es gab nur noch ihn und mich. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Er erwiderte ihn leidenschaftlich, weil auch er wusste, dass dies höchstwahrscheinlich unser letzter werden würde, leider.
„So, ihr zwei Turteltäubchen. Zoey und ich müssen jetzt langsam los!“, unterbrach uns mein Dad.
„Ähm...Mr. Knight, könnten sie vielleicht noch einen Augenblick warten, wir haben noch etwas mit Zoey vor.“, meinte Jared.
„Klar, aber macht schnell! Bitte.“
Alexis grinste und holte ein Geschenk hinter ihrem Rücken hervor, da sah ich, dass jeder meiner Freunde die Hände hinter seinem Rücken hatte.
„Das ist doch nicht euer Ernst, oder?, fragte ich.
„Doch, aber sowas von. Aber du musst uns versprechen die Geschenke frühestens im Flugzeug auszupacken.“, meinte Alexis dann.
„Versprochen!“, sagte ich eindringlich. Einer nach dem anderen überreichte mir sein Geschenk. Das eine war mal größer, mal kleiner. Als letztes übergab mir Eric das kleinste Päckchen von allen.
„Hoffe dir wird es gefallen.“, flüsterte er mir zu.
„Gut, da das jetzt erledigt ist, können wir ja fahren.“, funkte Dad dazwischen. Ich seufzte leise und ging zu jedem meiner Freunde und umarmte sie und flüsterte ein auf wiedersehen. Dann fielen kleine Tränen bei mir, aber auch bei den anderen wie ich sehen konnte. Ich setzte mich ins Auto und winkte ihnen immer weiter, bis sie nur noch ein kleiner schwarzer Punkt am Horizont waren. Ich ließ mich zurück in den Sitz sinken, jetzt blieb mir eine halbe Stunde zum Nachdenken.
Ich hatte keine Erinnerungen, weder an meine Mutter, noch an meinen Bruder. Ich versuchte mir vorzustellen, wie mein Bruder war, doch irgendwie funktionierte das nicht.
Vielleicht war er ein Nerd, oder vielleicht spielte er in einer Band mit. Ein Sportler und super Mädchenschwarm oder der normale Durchschnittsschüler. Egal wie er sein wird, ich würde ihn lieben. Doch bei meiner Mom konnte ich es mir nicht vorstellen, beim besten Willen nicht.
Ich wand mich an meinen Vater.
„Dad, sag mal kannst du mir irgendwas über Mom erzählen? Du hast nie von ihr und meinem Bruder erzählt. Ich weiß nicht mal, wie sie aussieht oder welchen Beruf sie hat.“, fragte ich ernst.
„Tut mir leid, dass ich nie über sie geredet habe, aber ich war enttäuscht von ihr, als mich damals verlassen hat, mit der Ausrede, dass es zwischen mir und ihr nicht mehr klappen würde. Sie zog weg nach Los Angeles, weil sie dort einen Job gekriegt hat, den sie hier niemals bekommen hätte, alles andere hätte sie geklärt. Ich fang schon wieder davon an, das interessiert dich sicher nicht! Also, ich habe letztens erst mit ihr telefoniert sie hat mir auch für dich erzählt, weil sie sich dachte, dass du das fragen würdest, wie dein dein Bruder, Taylor heißt er übrigens, aussieht. Er hat hellblonde Haare, seine Frisur, ich weiß nicht, wie man die nennt. Jedenfalls diese moderne Frisur, so 'ne Schüttelfrisur. Wie nennt ihr die?“
„Surferfrisur?“, bat ich an.
„Genau, Surferfrisur das hat sie auch gesagt, jetzt fällt es mir wieder ein. Übrigens, surfen tut er auch. Kannst es dir ja vielleicht beibringen lassen. Also, er hat saphirblaue Augen, so wie deine und ist braungebrannt. Angeblich ist er Footballer und der Schulschwarm. Was deine Mom angeht, sie arbeitet als Modeschaumanagerin und dort als Stylistin. Sie ist...“ Während er mir erklärte, wie sie aussah und wie sie charaktermäßig war, entstand in meinem Kopf ein Bild und mir wurde klar, wie sehr mein Vater meine Mutter noch liebte. Lächelnd hört ich ihm zu, bis wir am Flughafen ankamen. Dort packten wir das Auto und checkten ein.
Durch die Sicherheitskontrollen kamen wir ohne Probleme und im Warteraum erzählte er mir alles zu Ende, dann wurde unser Flug aufgerufen. Leider konnten mein Dad und ich nicht zusammensitzen, aber der Flug dauerte ja maximal 5 Stunden. So schlimm konnte es schon nicht werden.
Ich ging den langen Gang entlang, der mit dem Flugzeug verbunden ist, dabei warf ich einen letzten Blick nach draußen auf mein geliebtes New York. Nun trat ich ins Flugzeug, eine Stewardess begrüßte mich, aber ich nahm es nur im Hintergrund wahr, da ich in diesem Moment realisierte, dass ich wahrscheinlich für die nächsten paar Monate oder vielleicht auch Jahr nicht mehr zurück kommen würde. Ich würde wahrscheinlich meine Freunde, die ich mein Leben lang hatte verlieren, auch wenn sie gesagt haben, dass sie meine Freunde bleiben, egal was passiert. Ich schlurfte den Gang zwischen den Sitzen des Flugzeuges entlang, nebenbei sah ich auch auf die Zahlen der Reihen und dann war ich endlich bei meiner Reihe angekommen, er war kurz hinter der Tragfläche. Noch niemand saß in dieser, deswegen setzte ich mich schnell auf meinen Platz, der wenigstens am Fenster lag. Ich seufzte tief, warum muss mir das passieren, hätte das nicht einer dieser dummen Blondinen von meiner Schule passieren können. Warum also ich?
Mein Handy piepte, ich holte es aus meiner Tasche und entsperrte es. 'Eine neue Nachricht von Eric', stand auf dem Display, ich beeilte mich damit sie zu öffnen.
Man kann rasch Abschied nehmen,
aber wie lange dauert es bis man
sich wiedersieht?
Hey Zoey, ich habe diesen Spruch
gelesen, doch auch etwas anderes,
nämlich wenn man einander schreibt
ist man wie durch ein Seil verbunden.
Also schreib mir, wenn du da bist.
Ich liebe dich!!!
P.S.: Vergiss die Geschenke nicht!
Er ist so süß, dachte ich. Ich war so vertieft in die SMS, da ich mir sie so oft durchlas, dass ich nicht bemerkte wie sich jemand neben mich setzte.
„'Wenn man sich schreibt ist man wie durch ein Seil verbunden'“, hörte ich eine übertrieben sentimentale, männliche Stimme den Satz, den Eric mir geschickt hatte, wiederholen. „Ach nein, wie wunderschön,“ Er machte eine kurze Pause. „Kitschig!“ ,fügte er an seinen Satz. Nun sah ich auf, ein etwa 1,80m, ziemlich attraktiver Junge, der ungefähr in meinem Alter sein musste, stand vor dem Platz neben mir. Während ich ihn musterte setzte er sich auf sich auf den Sitz und sah auch mich an.
„Anscheinend verstehst du nicht, was Liebe ist. Hast wohl keine Freundin, die so etwas schönes für dich macht.“, antwortete ich ihm ein wenig zickig, da ich keinen Spaß verstand, wenn es um meinen Freund Eric ging. Er hob abwehrend die Hände vor seine Körper.
„Beruhige dich! Und um ehrlich zu sein ich habe eine Freundin. Übrigens ich bin William Daniels!“, meinte er und streckte mir seine Hand entgegen. Ich nahm sie an und schüttelte sie kurz, bevor ich sie wieder losließ.
„Zoey!“, antwortete ich ihm leicht lächelnd. Als er mein Lächeln sah entspannte er sich ein bisschen und grinste mich an. Hatte er gedacht ich wäre ein jungshassendes Wesen, das ihn auffressen würde, wenn er mich nicht in Ruhe lassen würde?
Kurz darauf kam eine Ansage, dass wir uns anschnallen sollen, da wir gleich starten würden. Bereits ein paar Sekunden danach merkte ich wie das Flugzeug sich in Bewegung setzte und auf die Bahn rollte. Jetzt geht es los, jetzt gibt es kein zurück mehr!, dachte ich als es anfing zu steigen. Der altbekannte Druck auf den Ohren kam zum Vorschein, wie ich das am Fliegen hasste. Tief durchatmend sah ich aus dem Fenster zurück auf New York City, ein letztes Mal sah ich die Freiheitsstatue und den Rest von der Millionenmetropole. Ich spürte wie sich meine Augen mit Tränen füllten und bereits die erste Träne sich einen Weg nach unten bahnte. Die Stadt unter uns wurde immer kleiner und kleiner, dann sah ich nur noch die USA, dann den Kontinent und darauf nur noch Wolken. Wir hatten unsere Höchstposition erreicht und konnten uns jetzt abschnallen. Die Tränen liefen immer noch meine Wangen hinunter, das merkte ich und deshalb wischte ich sie auch weg hoffend, dass William sie nicht gesehen hatte. Ich drehte mich wieder so, dass ich geradeaus sah, beobachtete jedoch aus dem Augenwinkel, wie William mich beobachtete. Deswegen gab ich auf ihn zu beobachten, da er es gesehen hatte und drehte mich zu ihm. Er sah mich gespannt an, in der Hoffnung ich würde etwas von alleine verraten, doch das tat ich nicht.
„Warum fliegst du eigentlich nach Los Angeles, wenn es dich offensichtlich so traurig macht?“, fragte er mich ehrlich interessiert. Ich sah ihm tief in die Augen, während ich in meinem Kopf die Worte abwägte, wie ich es sagen sollte. Ich bemerkte wie schön dunkelblau seine Augen waren, wie ein Meer und genauso tief, darin sah ich Sprenkel mit verschiedenen Nuancen von der Farbe Blau. Es wird gesagt, dass die Augen der Spiegel zur Seele sind, doch bei ihm konnte ich nicht herausfinden, warum er es wissen wollte. Letztendlich seufzte ich schwer. Er konnte mich dazu bringen es ihm zu erzählen, da ich mich dafür interessierte, was für eine Reaktion es in seinen Augen hervorrufen würde.
„Meine Mom wohnt in Los Angeles zusammen mit meinem Bruder und ich und mein Vater habe hier gelebt, doch meine Eltern haben sich wieder vertragen und wollen es noch einmal versuchen. Aber wir konnten nicht hier bleiben, da mein Bruder jetzt sein letztes Jahr an der High School absolvieren wird und es nicht gerade schlau wäre ihn wechseln zu lassen. Außerdem hat meine Mom dort auch einen sehr wichtigen Job, den sie nicht einfach aufgeben kann. Ich verstehe meine Eltern, dass sie das so machen wollen und, dass wir deswegen zu meiner Mom ziehen, das akzeptiere ich. Aber was mir schwer fällt ist meine Freunde zu verlassen.“, endete ich und sah weiterhin in seine Augen. Während ich erzählte hatte sich in seinen Augen Erstaunen ausgebreitet, dazu Mitgefühl, und dann am Ende Verständnis. Also stimmt es was man sagt, in den Augen eines Menschen's kann man oft erkenne, was er fühlt. Er war mir sehr sympathisch, er konnte sich in andere Menschen hineinversetzen. Ich schlug meine Augen nieder und sah dann wieder auf, aber nicht mehr in seine Augen.
„Und warum fliegst du?“, fragte ich um von meiner Situation abzulenken. Seine Lippen, die vorher einen nachdenklichen Ausdruck hatten verzog sich zu einem liebevollem Lächeln.
„Ich war mit meinem besten Freund auf Tour, du musst wissen, er ist ein Popstar und mein Dad ist sein Manager, also habe ich theoretisch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Aber ich vermisse meinen Dad auch sehr oft, natürlich auch meinen Freund, aber am meisten meinen Vater, da er fast nie da ist und meine Mutter vor einigen Jahren verstorben ist. Ach und ich fliege nach L.A. Weil ich dort wohne.“, erklärte er mir. In mir erwachte irgendwie die Besorgnis, ich fragte mich ob es ihm gut ging der Tod eines nahestehenden Menschen war sicherlich ein ziemlich traumatisierendes Erlebnis.
„Das tut mir Leid!“, sprach ich mein Mitleid aus.
„Das macht nichts, ist ja schon ein paar Jahre her, ich bin drüber weg. Jetzt erzähl mal etwas über deinen Bruder, wie heißt er denn? Vielleicht kenne ich ihn!“, lenkte er vom Thema ab. Mir war dies ganz Recht und so unterhielten wir uns erst über meinen Bruder und Will kannte ihn tatsächlich. Weiterhin redeten wir über dies und das und so vergingen die fünf Stunden wie im Flug. In der Zeit des Fluges habe ich auch die Päckchen meiner Freunde aufgemacht. Sie hatten mir größtenteils selbstgemachte Sachen, als Erinnerungen gemacht, das war schon süß von ihnen. Aber das süßeste Geschenk war von Eric, er hatte mir ein wunderschönes silberne Herzkette geschenkt, man konnte sie öffnen und innen drin war ein Foto von uns beiden und auf der anderen Seite stand In ewiger Liebe, ich werde dich nicht vergessen.Die Kette hatte ich auch gleich umgemacht und trug sie nun schon eine Stunde. Während das Flugzeug zum Landeanflug ansetzte tauschten Will und ich unsere Handynummern aus, damit wir uns auch mal in Los Angeles treffen konnten. Als wir dann endlich aufsetzten und anhielten sprang ich sofort auf, weil ich jetzt gar nicht mehr erwarten konnte den Rest meiner Familie in die Arme schließen zu können. Zusammen mit William trat ich aus dem Flugzeug in den Flughafen und wir suchten unser Gepäck zusammen. Dort traf ich auch meinen Vater wieder und nun zu dritt gingen wir zur Wartehalle, wo uns unsere Verwandten bzw. Freund in Wills Fall. Als wir nach kurzer Zeit auch dort waren musste ich mich leider von ihm verabschieden, aber hier hatte ich die Hoffnung ihn schon bald wiederzusehen, deswegen umarmte ich ihn fest.
„Auf Wiedersehen, und ich hoffe bis bald hoffe ich.“, sagte er zu mir, als wir uns wieder losließen. Ich nickte ihm nur zu und so gingen wir unsere Wege. Ich flog meiner Mutter und meinem Bruder förmlich in die Arme und freute mich sie endlich sehen zu dürfen.
Und bis jetzt wusste ich noch nicht wie sehr mich diese Stadt verändern würde.
xoxo,
Zoey
Kapitel 2
Tag der Veröffentlichung: 16.09.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch ist für all unsere Freunde!! Ihr seid das Beste was uns je passiert ist.