Müde schleppte sich Jastany durch den Wald. Es war ein schlechter Schultag gewesen. Sie hatte schon wieder eine sechs in Mathe. Ihre Mom würde sie umbringen.
Plötzlich raschelte es in den Büschen, an genau der Stelle wo sie heute Morgen den Fuchs gesehen hatte. Vielleicht war er es ja wieder. Diesmal werde ich ihn fotografieren, dachte sie und kramte nach der Kamera.
Das Rascheln wurde bedrohlicher. Eine Schar Raben flog davon. Jastany bekam es mit der Angst zu tun. Es war totenstill. Der Wald schien wie ausgestorben.
Plötzlich sauste eine Eisenkeule direkt aus dem Gebüsch. Jastany konnte den Luftzug spüren, als das Ding ganz nah an ihrem Ohr vorbeizog. Krachend landete die große Keule gegen einen Baum und fällte ihn. Die Keule war aus dunklem Eisen geschmiedet. Ein vergilbter Stoff war an dem Griff befestigt. Am dicken, sechskantigen Ende war ein Ring aus spitzen Dornen. Hätte sich das Schulmädchen auch nur einen Zentimeter bewegt, hätte ihr das Ding den Kopf abgerissen.
Laut kreischend rannte sie nachhause. Dort angekommen hatte ihre Mutter keine Gelegenheit zu fragen, was denn los sei. Jastany floh sofort in ihr Zimmer.
Keuchend drückte sie sich gegen die Holztür ihres Zimmers. Als sie aufblickte, sah sie ein rothaariges Mädchen das sie verschmitzt angrinste. »Hi, mein Name ist Gādo und wie heißt du?«
Fortsetzung folgt…
»Auch was?«, fragte Gādo und hielt Jastany einen Tonkrug mit Sake hin.
»Nein, danke. Ich darf noch nicht.«
»Bist dich wohl zu fein dafür, was?!«, keifte der Tonkrug wütend los.
»Der … der kann ja reden.«
Das rothaarige Mädchen nahm noch einen Schluck. »Ja, so ist das halt mit Dingen, wenn sie ein bestimmtes Alter erreichen. Wenn sie noch neu sind, schweigen sie auf herrliche weise, aber sobald sie in dieses Alter kommen … na ja.« Damit sprang Gādo vom Fenstersims. »So wir müssen dann auch mal, sonst kommen wir noch zu spät.«
Jastany konnte nicht anders, als erleichtert zu seufzen. »Okay, dann auf Wiedersehen.«
Gādo sah sie fragend an. »Kommst du nicht mit?«
»Wohin denn?«
»Na nachhause. Du weißt schon, wenn ein Yókai ein gewisses Alter erreicht hat, kommt er in die Geisterwelt.«
»Ein Yó-was?«
Gādo verdrehte entnervt die Augen. »Na ein Dämon. Und ob du es nun glaubst oder nicht, du bist einer.«
»Was?! Das kann gar nicht sein!«
»Bist du adoptiert?«
»Nein.«
»Hat deine Mutter deinen Vater verlassen?«
Zähneknirschend gestand Jastany: »Vielleicht.«
»Du magst Füchse, stimmt´s?«
»Ja«, gestand Jastany mit glitzernden Augen.
»Ich mach´s für dich kurz und schmerlos. Du bist eine Kitsune und ich werde dich jetzt mitnehmen.«
Bevor Jastany irgendwelche Einwände erheben konnte, schlug Gādo sie mit ihrer Keule nieder.
Fortsetzung Folgt…
Jastany wachte im Wald auf. Sie fühlte sich seltsam. Das Gefühl der weltlichen Deplatzierung war verschwunden. Ihr Kopf sendete einen pochenden Schmerz aus. Wenn sie diese Gādo noch einmal treffen sollte, würde die was von ihr zu hören bekommen. Einfach bei Leuten einzubrechen und ihnen an den Kopf zu schlagen, sowas gehörte sich einfach nicht.
Erst jetzt registrierte Jastany, dass sie nicht mehr in ihrem Zimmer war. Sie war irgendwo zwischen Bäumen die einen angenehmen Harzgeruch von sich gaben. Es schien hier alles sehr friedlich zu sein.
»Na? Endlich wach?«, fragte Gādo. Sie saß lässig auf einem mit Moos bewachsenen Baumstumpf und starrte Löcher in die Luft. Die Keule diente dabei als Stütze und scheinbar auch als Werkzeug der Einschüchterung, was bei dem Fuchsmädchen großartig funktionierte.
»Du!«, knurrte Jastany.
»Wer, ich?«
»Wer sonst!«
»Und was ist mit mir?«
»Bring mich sofort nach Hause zurück!«
»Aber du bist doch Zuhause.«
»Nein, bin ich nicht!«
»Bist du wohl!«
»Nein!«
»Doch!«
Noch bevor Jastany wieder verneinen konnte, sagte Gādo: »Du bist in der Anderswelt. Merkst du nicht, wie das Glücksgefühl Körper und Seele durchflutet? Du fühlst dich endlich Zuhause und das stimmt auch. Leugnen ist zwecklos!«
Jastany musste zugeben, dass es stimmte, auch wenn sie nicht wusste, woher diese Gewissheit kam. Im tiefsten Innern konnte sie es spüren.
Fortsetzung folgt…
Die Anderswelt war ein seltsamer Ort, an dem hunderte Wesenheiten Jastany aus dem Dickicht heraus beobachteten.
Gādo hatte fröhlich summend die Führung übernommen.
Der einzige Grund, warum die Kitsune dem rothaarigen Mädchen folgte war, damit sie nicht zurückgelassen wurde.
»Wohin gehen wir?«, fragte Jastany.
»Wir bringen dich zu Kenmeina seishin. Dort erfährst du dann, dass du die Auserwählte bist, die die Anderswelt vor dem sicheren Untergang bewahren wird. So lautet zumindest die Prophezeiung die vor Urzeiten von einer weisen Kitsune ausgesprochen war.«
»Wirklich?«
Jastany hatte es gewusst. Sie war die lang ersehnte Heldin die für alles Gute und Gerechte eintreten würde, um die Welt vor der vollkommenen Zerstörung zu retten. Früher hatte sie diese Ahnung immer als albern abgetan hat, doch nun ergab alles einen Sinn. Was ihre Gefühle und ihre Seele ihr immer gesagt hatten, stimmte!
Doch dann prustete Gādo los vor Lachen. »Natürlich nicht!«, gluckste sie. »Was glaubst du, was das denn hier ist? Ein Märchen über eine heldenhafte Fuchsdämonin? Ein neuer Harry Potter-Verschnitt? Seishin-sama ist nur unser Oberhaupt und zudem das selbsternannte Einwohnermeldeamt. Das ist der einzige Grund, weshalb wir zu ihm unterwegs sind. Um dich vorzustellen. Sooooo … wo sind wir hier eigentlich?«
»Verlass dich auf den Orientierungssinn eines Onis und du bist verloren«, war alles was der sprechende Krug meinte.
Fortsetzung folgt …
Hastig sprang Jastany nach hinten und versteckte sich hinter dem Gādo, welche der jungen Kitsune nur fragende Blicke zuwarf.
»Was hast du denn?«, fragte das Onimädchen.
Als plötzlich aus den Büschen viele leuchtende Lichter herausbrachen, prustete Gādo los. »Das sind doch bloß Irrlichter. Wie kann man nur ein solcher Angsthase sein? Na gut, man sollte sie nicht unterschätzen. Wenn man nicht weiß wie, können diese Dinger ziemlich gefährlich werden und einen hypnotisieren. Mein Onkel Oji ist deshalb in eine Schlucht gefallen und dort von wilden Monsutā gefressen worden. Man, das war vielleicht eine Sauerei. Also solltest du besser achtgeben, dass dich diese leuchtenden Mistkerle nicht einlullen, denn sonst wirst du wie gesagt… Jastany? Hallo? Kitsune? Wo … steckst du nur?«
Während Gādo sichtlich verwirrt durch den Wald der Anderswelt irrte, folgte Jastany mit leuchtenden Augen den Irrlichtern. Sie konnte an nichts anderes denken als den weißlich schimmernden Wesen zu folgen. Sie beherrschten ihre Gedanken ganz und gar. Gerade als das Onimädchen sie fand, konnte Gādo die hypnotisierte Kitsune gerade am Schopfe packen und verhindern dass sie in eine Schlucht fiel.
Die Irrlichter schwebten dafür jedoch unbeirrt über den Abgrund hinweg. Normalerweise erwachte jeder sobald die Irrlichter außer Sicht waren, doch Jastany behielt ihren glasigen Blick bei und schaute ins Leere. Ob sie jemals erwachen würde?
Fortsetzung folgt…
Plötzlich öffnete Jastany ihre Augen. Sie wirkten glasig als ob sie in eine andere Welt starren würde.
Gādo schien dies jedoch nicht zu bemerken. »Endlich bist du Schlafmütze wach geworden! Ich habe dir nämlich voll Ninjamäßig das Leben gerettet. Du schuldest mir nun was! Du könntest einen wenigstens direkt angucken statt durch mich hindurch.«
Jastany blinzelte kurz und der seltsame Anfall war vorüber »Mhm? Wo … wo bin ich?«
»In den Armen deiner Heldin. Onimädchen Gādo rettet den Tag!«, meinte sie mit einem verspielten Grinsen.
»Ich war … ich war … Ich weiß gar nicht wo ich war. Es war dunkel und kalt.«
»So wie die Kaltlanden auf der anderen Seite der Anderswelt?«
»Die was?«
»Die Kaltlanden. Du weißt schon, dort wo all die bösen, bösen Monster sind. Es ist finster, kalt und dunkel dort. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass es dort finster ist?«
»Ja?«, fragte Jastany etwas verwundert über das Goldfischgedächtnis ihrer Führerin.
»Habe ich auch erwähnt, dass es verboten ist dort hinzugehen?«
»Nein.«
»Komm ich zeig es dir mal!«
»Aber hast du nicht gesagt, dass es verboten ist?«
»Papperlapapp. Regeln sind gemacht um gebrochen zu werden«, erwiderte sie mit einem breiten Grinsen.
Jastany überlegte hektisch wie sie sich aus dieser Situation retten konnte, aber es wollte ihr beim besten Willen nichts einfallen.
Fortsetzung folgt…
Plötzlich kam Jastany eine Idee. »Warte! Musst du mich nicht zu diesem Meina scheisin bringen?«
»Kenmeina seishin«, verbesserte Gādo. »Aber mir ist das egal«, war alles was sie sagte.
»Wenn du es nicht tust wird Kenmeina seishin-Sensei dich umbringen«, meinte der Sakekrug.
»Soll er ruhig. Ich mach ihn fertig«, meinte sie und ließ ihre Muskeln spielen die man nicht gerade als beachtlich bezeichnen konnte. Allerdings konnte sich Jastany vorstellen wozu das Oni-Mädchen fähig war als sie sich daran erinnerte mit welcher Wucht Gādo die Keule durch den Wald geschleudert und dabei beinahe Jastany getroffen hätte. Bei diesem Gedanken wurde ihr ganz anders.
Glücklicherweise rettete sie der Tonkrug. »Erinnerst du dich noch, warum er dich losschickte?«
»Nö, nö. Nöbidinöbnöb.«
Der Krug seufzte. »Du sollst sie ihm bringen, damit deine Trinkschulden erlassen werden. Du hast zudem den Laden im Suff auseinandergenommen, weil der Typ neben dir angeblich gefurzt hat.«
»Er hat sich nicht entschuldigt!«, versuchte die Oni zu erklären.
Darauf trat eine kurze Stille ein in der die Worte lagen „Geht das schon wieder los.“ Schließlich seufzte der Tonkrug. »Du bist im Land als eine der stärksten Kämpferinnen bekannt. Deswegen ist dir dieser Neuankömmling überantwortet worden. Kenmeina seishin-Sensei vertraut dir. Enttäusche ihn nicht.«
»Na gut. Überredet.«
Jastany seufzte nur und dankte innerlich dem sprechenden Tonkrug unzählige Male.
Fortsetzung folgt…
Nun machten sich Gādo und Jastany auf um ihr Ziel zu erreichen. Was auch immer dies war, so dachte die junge Kitsune.
Kitsune … Sie wusste nicht einmal was dies überhaupt bedeutete. Letztlich gab es nur eine Person die es ihr wirklich mitteilen konnte.
»Du, Gādo«
»Hm?«
»Was ist eigentlich mit meiner Mutter?«
»Wieso?«
Jastany schnalzte wütend mit der Zunge »Wieso?! Sie hat meinen Vater verlassen kurz nachdem ich geboren worden war. Sie hat uns beide sitzen gelassen ohne eine Erklärung. Bis zu deinem Eintreffen wusste ich noch nicht einmal was ich bin. Sie hat mich verlassen. So nach dem Thema „Tschüss, Leute. Ach ja, erzähl Jastany bitte nicht, dass sie eine Kitsune ist. Solches Wissen ist für sie vollkommen unbrauchbar.“ Ich meine, mal im Ernst!«
»Das mit dem Verlassen ist nun mal so ein Kitsune-Ding. Weißt du, ihr sucht euch sterbliche Männer oder Frauen in den ihr euch verliebt und dann verlasst ihr sie meist, ohne große Erklärungen. Häufig dann wenn ihr als Kitsunes enttarnt seid. Aber eigentlich wäre es untypisch die Kinder dann allein zu lassen. Meistens wachen sie dann in Fuchsform über ihren Nachwuchs und beobachten ihn aus der Ferne. Ich meine, wie hätte ich oder sonst jemand dich finden können?«
Dies war eine berechtigte Frage. Eine Weile lang sagte niemand etwas.
Fortsetzung folgt…
Nach einer Weile kam in Jastany eine weitere Frage auf, als sie Gādo beobachtete wie sie vor ihr lief.
»Wie sind Onis eigentlich so als Eltern?«
Das andere Mädchen lachte auf. »Kommt ganz drauf an in welchem Teil der Anderswelt du geboren wurdest.«
»Wieso?«
»Wir befinden uns hier in den Sommerlanden. Hier ist alles bunt, hell und fröhlich. Die Onis sind hier ebenso. Und von den Kaltlanden habe ich dir ja bereits erzählt. Und wie unsere Verwandten dort sind muss ich wahrscheinlich auch nicht erwähnen.«
»Aber wieso ist das so? Liegt es daran dass einige rebelliert haben, böse wurden und darauf verbannt?«
Gādo lachte wieder auf. »Nein. Wir haben uns einfach unterschiedlich entwickelt. Die einen gingen in die Richtung die anderen in die andere. Viele Wesen hier mit höherer Intelligenz können wählen. Wollen sie gut und gerecht sein oder wollen sie böswillig ihren eigenen Nachwuchs fressen.«
»Das klingt ja grässlich«, entfuhr es der Kitsune. »Das müssen ja ziemlich brutale Wilde sein.«
»Ja«, kam es von Gādo. »Das sind sie wohl.«
»Dann kommst du bestimmt aus den Sommerlanden. Denn jemand wie du würde doch niemals einen anderen fressen.«
»Jeep. Das sollte schon passen.«
Darauf folgte ein langes Schweigen, welches Jastany das Gefühl verlieh, sie hätte etwas Falsches gesagt. Kam Gādo vielleicht doch nicht aus den Sommerlanden?
Fortsetzung folgt…
»Da wären wir«, bemerkte Gādo als die beiden vor einer Spelunke standen.
Jastany war derart erschöpft, dass sie sofort zusammenbrach. Es war anstrengend gewesen diesem Oni zu folgen. Sie waren wirklich ausdauernder als man es ihnen zutraute. Die Kitsune war ihr fast nicht hinter her gekommen. Allerdings hatte Jastany auch einen Sicherheitsabstand gewahrt, da sie ihrer Führerin seit dem letzten Gespräch misstraute.
Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.
»Lass uns reingehen, Faulpelz«, meinte Gādo und den Schuppen betrat.
Mit einem Seufzen stand Jastany auf. Zwar überlegte sie zu fliehen, doch sie wusste nicht wo sie war oder ob sie sich diese Gefahr nur einbildete. Alles lief letztlich darauf hinaus in das Gebäude zu gehen und es selbst herauszufinden.
Beklommen schob die Kitsune die Stoffstreifen beiseite und betrat die Spelunke. Gādo hatte sich inzwischen zu einem seltsamen Wesen gesetzt, dessen Statur zwar menschlich wirkte aber dem Aussehen nach eher eine Art Waschbär schien.
»Darf ich vorstellen, Jastany; Kenmeina seishin. Kenmeina seishin; Jastany«
»Angenehm«, meinte dieser.
»Ebenfalls, Herr… Waschbär?«
»Soll das eine Beleidigung sein?!«
»Ich bin ein Tanuki. Ein Marderhund. Herrscher über die Sommerlanden!«
»Nun, da unser Geschäft abgeschlossen ist…«, versuchte Gādo das Thema zu wechseln.
»Du hast mir die Kitsune gebracht. Deine Schulden sind hiermit erlassen. Aber nun, verschwinde! Lass uns allein!«
»Bin schon weg.«
Fortsetzung folgt…
»Nun sind wir ungestört«, meinte der Marderhund. »Jetzt können wir dich endlich knebeln.«
»Was?!«
»Du würdest dich wundern, was ein Kami heutzutage für eine Kitsune zahlt. Vor allem solche denen ich Geld schulde.« Kenmeina seishin nahm einen großen Schluck aus seinem Sake-Krug. Erst jetzt bemerkte Jastany all die Papierfetzen die aus seiner Kleidung hervor lugten. Es waren Schuldscheine! Dieser Typ schien mit Sklavenhandel sein Geld zu verdienen. Und Gādo hatte ihre Schulden gezahlt, damit dieser Dreckskerl seine eigenen Rechnungen tilgen konnte. Gādo! Sie hatte Jastany verraten!
»Bringt sie mir sofort ins Hinterzimmer, zur Verwahrung!«, befahl der Marderhund, worauf sich Schattenwesen aus den dunklen Ecken begaben und das Mädchen knebelten. »Eine gefesselte Kitsune. Pah! So etwas sieht man auch nicht alle Tage. Die meisten sind viel zu gewieft und durch ihre Verwandlungskünste fast unauffindbar. Es grenzt schon an ein Wunder, dass wir eine so unerfahrene Füchsin finden konnten.«
Jastany brach in Tränen aus, während die Schatten sie in ein finstres Hinterzimmer brachten.
Viel war passiert in den letzten Stunden seitdem die Schulglocke geläutet hatte. Sie hatte herausgefunden dass sie eine Kitsune war, wurde von Gādo entführt und anschließend dem Menschenschinder Kenmeina seishin ausgeliefert worden.
Nun gab es nichts mehr was sie retten konnte. Jastany war verloren und würde ihre Freundinnen und ihre Familie niemals wieder sehen.
Fortsetzung folgt…
Gādo war noch gar nicht weit gelaufen, als sie mit einem Seufzer inne hielt und sich zu der verkommenen Schenke umdrehte.
»Was ist denn Gādo?«, fragte der Krug.
»Tue ich hier wirklich das Richtige?«
»Das fragst du mich?! Ich habe weder Beine, noch Augen. Auf eine gewisse Weise lebe ich zwar, aber letztlich bin und bleibe ich, was ich bin. Ein Krug.«
Das Oni-Mädchen seufzte. Genau wie ich, dachte sie. »Muss es so sein? Ich meine, können wir uns nicht entscheiden wer wir sind und was wir tun wollen? Müssen wir an unserer Natur gebunden sein?«
»Da ist sie wieder!«, merkte ihr Gefährte an.
»Was?«, fragte sie verwirrt.
»Deine Angst. Du hast doch einfach nur schiss, dass du eines Tages wie deine Eltern wirst.«
Kleinlaut erwiderte sie: »Stimmt wohl.«
Als sie noch ein kleines Kind gewesen war, hatte das Oni-Mädchen sich in die Sommerlande begeben. Weit fort von ihren Eltern die ihre eigene Tochter nur verschlingen wollten. Doch auch hier war die Oni alleine aufgrund ihrer Herkunft. Jastany war die erste gewesen die sich für sie interessierte.
»Willst du diese Kitsune retten?«
»Klar doch!«
»Was hält dich dann davon ab?«
Mit einem ohrenbetäubenden Knall landete die Eisenkeule auf der Erde. Mit einem willensstarken Blick drehte sich Gādo zur Schenke um und erwiderte: »Rein gar nichts!«
Fortsetzung folgt…
Als Jastany sich mit ihrem Schicksal abgefunden hatte, krachte plötzlich die Wand hinter ihr. Durch das große Loch schien ein Schatten mit zerzausten Haaren und zwei kleinen Hörnern auf der linken Seite des Kopfes herein.
»Onimädchen Gādo rettet den Tag!«, tönte der Dämon. Anschließend beugte sie sich über die Kitsune. »Warte, ich mach dich los.«
Gādo zog an den Fesseln, konnte das Seil jedoch nicht lösen. Schließlich kamen ein paar Gestalten mit gezückten Schwertern in den Raum. Sie sahen wie untote Bauern aus, aber Jastany konnte sich täuschen.
»Was ist denn hier los?!«, fragte einer von ihnen.
Gādo blickte auf. »Hä?«
Zwei Minuten später zerrten die Bauern mit der Oni ebenfalls an den Fesseln. All dies geschah nach einem kurzen rekordverdächtigen Kampf in welchem Gādo die Schläger vermöbelte.
»Beeilt euch gefälligst oder muss ich euch mehr anstacheln?!«, knurrte das Onimädchen.
Mit heftigem Kopfschütteln bemühten sich die grün und blau geschlagenen Unholde die Fesseln schneller zu lösen.
»Wieso benutzt ihr nicht die Schwerter?«, fragte Jastany.
Einheitlich schlugen sich sämtliche Beteiligten gegen die Stirn. Auf die offensichtlichste Lösung war niemand gekommen.
Schließlich schnitten sie die Fesseln durch und knoteten die Schläger aneinander, damit es aussah als hätten sie bis zu Letzt gekämpft. Natürlich war es ihre Idee gewesen.
Jedenfalls verließen die beiden Flüchtigen den Ort des Geschehens.
Fortsetzung folgt…
Jastany und Gādo rannten durch den Wald. Wobei das Onimädchen mehrfach stolperte und einmal ein gewaltiges Wildschwein weckte. Nachdem die beiden Mädchen vollkommen erschöpft von der Hast vor ihren Verfolgern und Flucht vor dem Riesenwildschwein rasteten, besprachen sie ihr weiteres Vorgehen.
Unterdessen drehte Gādo ächzend und stöhnend den Spieß über dem Lagerfeuer. Das Wildschwein hatte sich leider mit der falschen Oni angelegt und so war es selbst auf den Speiseplan geraten.
»Was sollen wir bloß machen?! Was sollen wir bloß machen?!«, meinte Jastany verzweifelt.
»Mhm…«, machte Gādo nachdem sie das Feuer durch Pusten weiter angeheizt hatte. »Hierbleiben können wir nicht. So wie ich den alten Hund kenne hat er bestimmt schon Kopfgelder auf uns ausgesetzt. Die Sommerlande sind damit offiziell für uns gestorben.«
»Schlägst du etwa vor in die Winterlande zu gehen?«, fragte Jastany.
»Auf keinen Fall! Die würden uns da bei lebendigem Leibe fressen.«
»Gibt es denn sonst keinen Ort?«
»Höchstens die Herbstlande. Eine Art Grenzgebiet. Ich habe dort mal ein paar Monate auf der Durchreise gelebt. Kein besonders schönes Plätzchen.«
»Aber ihr könnt sonst nirgendwo hin«, wandte der Tonkrug ein.
»Da hast du auch wieder recht«, bestätigte die Oni. »Was sagst du dazu?«
Jastany nickte nur.
»Dann ist es abgemacht. Wir essen noch diesen Prachtkerl hier und dann reisen wir in die Herbstlande.«
Fortsetzung folgt…
»Sag mal Gādo, wie sind die Herbstlande eigentlich?«, fragte Jastany während die beiden ihren beschwerlichen Marsch gingen.
»Uff, was soll ich da jetzt antworten? Die Herbstlande trennen die Sommerlande und die Winterlande von einander. Es handelt sich dabei um ein gesetzloses Land in dem all die Verbrecher, Flüchtlinge etc. Die Herbstlande sind eine raue Gegend in der wilde Kreaturen hausen. Jeder darf tun und lassen was er will.«
»Warum bist dann in die Sommerlande gekommen? Es klingt wie der perfekte Ort für dich.«
Gādo schwieg beharrlich.
»Der Sake war schrecklich«, antwortete schließlich der Tonkrug.
»Hey!«
»Ah!« Nun verstand Jastany. Letztlich war Gādo doch ziemlich simpel gestrickt.
»Aber ansonsten war es recht schön dort«, meinte das Onimädchen. »Ich habe Beispielsweise mal als Leibwächter in einem Schloss gedient. Das waren Zeiten.«
»Und dann bist du eingesperrt worden, weil du betrunken die dritte Division herausgefordert hast«, erzählte der Krug weiter.
»Lasst mich raten, sie allein gegen alle?«, vermutete die Kitsune.
»Stimmt«, kam es von beiden Erzählern.
»Danach wurde unser Dickschädel für ein paar Jahrhunderte eingesperrt bis sich ihr Hitzkopf wieder abgekühlt hatte.«
»Jahrhunderte lang?!«
Gādo erwiderte grinsend zu ihr gewandt: »Wesen wie wir altern nicht so einfach. Wir sterben meist eher eines gewaltsamen Todes. Wer will schon an Altersschwäche krepieren?«
Jetzt verstand die Kitsune ihre Reisegefährtin wieder besser.
Fortsetzung folgt…
»Jetzt bin ich aber mal dran damit dir Löcher in den Bauch zu fragen«, meinte Gādo. »Wie viele Schweife hast du?«
»Bitte was?«
»Du weißt schon! Deine Fuchsschwänze. Wie viele sind es?«
»Ich … äh … Keine Ahnung.« Jastany versuchte sich gerade lebhaft vorzustellen wie sie als Füchsin aussah. Allein die euphorische Vorstellung hinterließ bei ihr eine Gänsehaut.
»Also wird das das Erste sein was wir tun werden.«
»Wovon redest du?«
»Wir müssen dir beibringen eine Kitsune zu werden. Zuerst einmal musst du lernen deine wahre Gestalt anzunehmen. Danach musst du lernen mit deinen Kräften umzugehen. Das wird eine ziemliche Arbeit werden.«
Jastanys Neugierde war erwacht. »Was können Kitsunes denn so?«
»Alles Mögliche. Mit Füchsen reden, Feuerzauber, fliegen, Besitz von anderen ergreifen und so.«
Mit jedem Wort wuchs die Aufregung in Jastany. Sie starrte auf ihre Hände und wurde sich zunehmend bewusst zu was sie in der Lage war.
»Allerdings gibt es einen Haken bei der Sache. Die Fähigkeiten und Stärke hängen von den Schweifen der Kitsune ab. Je älter sie wird desto größer wird ihre Macht und über mehr Fähigkeiten verfügt sie und ihr wachsen weitere Schweife. Die höchste Zahl liegt bei neun. Dies sind die mächtigsten Fuchsgeister.«
Doch Jastany hörte nicht mehr zu. Zu sehr war sie davon eingenommen mit Füchsen zu reden.
Fortsetzung folgt…
Wütend blickte Kenmeina seishin auf seine Untergebenen hinab. Sie hatten es nicht geschafft ihm die Kitsune wieder einzufangen.
Nach Erzählungen war Gādos Keule ihr selbst auf den Zeh gefallen, was schlussendlich eine Steinlawine auslöste welche diese Tölpel zum Verdruss ihres Auftragsgebers nicht getötet hatte. Es war jedoch tröstlich zu erfahren, dass das Onimädchen aufgrund dieser Ereignisse einen angeschwollenen Zeh hatte.
Niemals hätte der Marderhund damit gerechnet dass diese Onischlampe ein Gewissen entwickeln würde um die Jungfer in Nöten zu rettet wie in einem kitschigen Märchen. Schließlich stammte diese Unholdin aus den Winterlanden. Die Onis dort waren wahre Ungeheuer und diese Gādo stellte da nicht die geringste Ausnahme dar. Sie war berüchtigt wie ein bunter Hund.
Kenmeina seishin wog seine Optionen ab. Um das Onimädchen aus dem Weg zu räumen brauchte es schon fast eine Armee. Mit konventionellen Mitteln konnte man sie nicht stoppen. Jedoch war dieses Ungeheuer nicht schlau. Das Mädchen könnte diese Schwäche jedoch ausgleichen. Es war einfach gewesen die Kitsune aufgrund ihrer Unerfahrenheit einzufangen, doch sollte sich dieser Umstand ändern… Der Marderhund schuldete einer mächtigen Person einen Batzen Geld. Jedoch würde auf sein Vermögen im Austausch für eine Kitsune verzichtet werden.
Der Marderhund musste nun viele Schulden erlassen und Hebel in Bewegung setzen um jemand fähigen zu engagieren, der sich dieses Problems annahm.
Fortsetzung folgt…
»Nachher kommen wir in die Ödnis«, meinte Gādo erschöpft.
»Und dann?«
»Dann suchen wir uns einen Fuchsgeist der dir beibringt mit deinen Kräften umzugehen.«
»Sollten wir uns nicht zuerst ausruhen? Ich meine, dein Zeh sieht ziemlich übel aus.«
»Ach was«, keuchte Gādo. »Wir müssen weiter. Müssen … weiter…« Das Onimädchen brach bewusstlos zusammen.
Sofort eilte Jastany ihr zu Hilfe. »Sie glüht. Vermutlich hat sich ihre Wunde entzündet. Gādo du Idiotin! Warum hast du nichts gesagt?!«
Die Kitsune schulterte ihre bewusstlose Freundin und schleppte sich selbst und Gādo unter vielem Schnauben weiter. Was soll ich bloß machen, fragte sie sich. Dann fiel ihr jemand ein der ihr helfen konnte. »Hey! … Sakekrug! … Weißt du je-… Puh! …Jemanden der … der Arzt ist … oder so?«
»Davon ausgehend dass der Kerl Gādo auch nicht böse ist, weil sie wieder irgendeinen Scheiß gebaut hat … Mhm. Mir fällt nur eine Person ein die unsere Oni überhaupt mag.«
»Und wer ist das?«
»Na, du, Jastany. Der Rest der Anderswelt hasst sie zutiefst. Mich eingeschlossen.«
»Na toll.«, die Kitsune seufzte.
»Und was mache ich nun?«
»Keine Ahnung. Aber dahinten kommt eine Hütte mit einem Arzt darin. Warum fragst du nicht mal da an? Wird schon schiefgehen.«
Jastany stöhnte nur noch ihren Unmut aus. Das konnte ja noch heiter werden.
Fortsetzung folgt…
Jastany sah zu Gādo die immer noch stöhnte und keuchte. Ihr Gesicht war schon ganz rot angelaufen.
Die Kitsune musste schon lächeln als sie ihre Freundin so ansah.
Ihre alten Freundinnen hätten Jastany niemals gerettet, wenn sie gefesselt in einem dunklen Hinterzimmer gelegen hätte. Vielmehr hätten sie ihr Leben weitergelebt als sei nichts gewesen. Möglicherweise hätten einige noch Fotos mit dem Handy gemacht. Aber keiner hätte auch nur einen Finger krumm gemacht um auch nur zur Polizeiwache zu gehen. Sie erinnerte sich noch wie sie mal versucht hatte einen Jungen auf sich aufmerksam zu machen und sie ihre beste Freundin Sandy einfach zur Seite gestoßen hat, um ihn sich selbst zu angeln. Aber letztlich hatte sie ihr verziehen. Der Junge war wie sich herausstellte auch nicht ihr Typ gewesen. Doch wie dick waren die Bande ihrer Freundschaft wirklich gewesen? Vermissten die Mädels sie wenigstens? Vermutlich nicht. Sie waren es damit auch nicht wert, dass sich die Kitsune an sie erinnerte.
Gādo war nun ihre neue Freundin. Eine laute, manches Mal tollpatschige und starke Freundin. Das Onimädchen war dagewesen als Jastany sie brauchte und dies war etwas dass viel mehr Wert war als alles andere. Wem kümmerte es nun ob Gādo aus den Sommer- oder Winterlanden kam?
Sie und Jastany waren befreundet und nur das zählte.
Fortsetzung folgt…
Während die Kitsune versuchte ihre Freundin behandeln zu lassen, quälte sich Gādo durch grausige Fieberträume.
Sie träumte von ihrem Vater der sie durch die eisige Höhle in den Winterlanden jagte. Damals hatte sie gerade erst zu laufen gelernt, aber wenn es nach ihr selbst gegangen wäre hätte sie gleich nach ihrer Geburt laufen können. Denn immer als ihr Vater sie doch noch geschnappt hatte, versuchte er sie zuzubereiten. Mal wurde sie in das heiße Wasser eines Kessels geworfen, um sie zu kochen. Einmal Mal versuchte ihr Vater sie zu häuten oder schlimmeres.
Irgendwann war sie schnell genug geworden um aus der Höhle fliehen zu können. Darauf streifte sie durch die Lande. Irgendwann traf sie einen gewaltigen Tiger den sie tötete und häutete um sich zu kleiden und nicht mehr nackt herumzulaufen. Irgendwann traf sie auf andere Onis und erbeutete sich so ihre Eisekeule die sie bei sich trug.
Als das Mädchen schließlich stark genug worden war um eine lange Reise in unbekannte Gefilde zu wagen betrat sie zum ersten Mal die Herbstlanden. Dort wütete sie weiter. Nie war sie lange an einem Ort. Ständig war sie die Aussässige. Man sagte ihr beständig nach, dass sie in die Fußstapfen ihrer Eltern treten würde. Doch dann traf sie Jastany.
Dieser Gedanke zauberte ein Lächeln auf ihre Züge.
Fortsetzung folgt…
»Da ist die Hütte ja endlich!« Jastany wandte sich zu Gādo »Nicht mehr lange! Keine Sorge! Dort wird dir geholfen werden. Das verspreche ich.«
Am liebsten hätte die Kitsune ja vorher geläutet doch es gab nichts dergleichen. Nur wieder diese Stoffstreifen. Scheinbar hatte hier niemand Angst vor Einbrechern. Zu ihrem Glück waren jedoch Glöckchen angebracht worden, somit läutete Jastany als sie die Streifen beiseiteschob.
»Herein«, meinte die zarte Stimme eines Mannes.
»Ich bin schon drin«, bemerkte der Fuchsgeist.
Sie wusste nicht so recht wie sie den Mann einordnen sollte. Scheinbar war er ein Mensch, doch dies konnte täuschen. Schließlich sah sie selber auch wie ein Mensch aus.
»Was kann Musubi für dich tun?«
»Meine Freundin hat Fieber. Könntest du ihr helfen?«
»Lass mal sehen? Ah ja. Ein starkes Fieber. Nichts was Musubi nicht heilen könnte.«
Jastany fiel ein Stein vom Herzen. »Gott sei Dank! Danke, mein Herr.«
»Gar nichts zu danken. Musubi hilft gerne und ist gerne positiv sowie aktiv. Im Gegensatz zu meiner Schwester. Aber genug davon. Wie ist dies geschehen?«
Jastany erzählte darauf ihre ganze Geschichte und wie die Tollpatschigkeit von Gādo sie krank gemacht hatte.
Der Mann rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ruht euch für heute hier aus. Morgen ist ein neuer Tag mit neuen Chancen.«
Jastany hatte selten so gut geschlafen.
Fortsetzung folgt…
Musubi entkleidete die Oni um die wahre Ursache für ihr Fieber zu suchen. Schnell fand er heraus, dass der Zeh des Mädchens zwar entzündet war jedoch nicht so stark dass es dieses Fieber verursachte. Wie sich herausstellte hatte die Dame viele Narben auf dem noch jungen Körper. Jede davon war nicht behandelt worden, worauf sich die Wunden öffneten und entzündeten. Wahrscheinlich lief sie schon seit Monaten mit dem Fieber herum.
Der Kami schüttelte den Kopf über diesen jungendlichen Leichtsinn. Als Musubis Augen die Wunden weiterbetrachteten entdeckte er auch alte blaue Flecke sowie Blutergüsse die vermutlich durch geworfene Steine verursacht worden waren. Wut wallte in dem alten Gott auf. Ihn widerte derartige Gewalt an. Auch wenn dies im Leben unumgänglich war, so musste eine derartige Aussetzung nicht sein.
Anschließend murmelte die Oni etwas im Schlafe. Musubi beugte sich etwas näher um sie besser zu verstehen. Es war nur ein Wort. Jastany. Dieses Wort ließ das Herz des Kami wieder ruhiger schlagen, denn scheinbar hatte Gādo trotz ihrer Herkunft eine Freundin gefunden. Eine wahre dazu, soweit der Geist dies beurteilen konnte.
Musubi nahm seine Heilkräuter und legte sie auf die entzündeten Wunden. Danach verband er alles. Das Mädchen würde wieder gesund werden, doch dies nahm Zeit in Anspruch. Eine Zeit welche die junge Kitsune gut vertragen konnte.
Fortsetzung folgt…
Als Jastany am nächsten Morgen aufwachte und sich rekelte, war Musubi bereits wach. Sie fand ihn schließlich draußen auf einem Stein in einem kleinen See.
»Es wird einige Zeit dauern bis ihr eure Reise fortsetzen könnt«, beantwortete er die Frage der Kitsune bevor diese die Gelegenheit hatte sie zu stellen.
»Was passiert wenn unsere Verfolger uns hier finden? Gādo ist noch zu schwach um zu kämpfen.«
Musubi rieb sich nachdenklich das Kinn. »Nun«, sprach er verheißungsvoll. »Was kannst du jetzt nur tun?«
Jastany verstand die Anspielung. »Aber wo soll ich nun einen anderen Fuchs finden der mir beibringt mit meinen Kräften umzugehen?«
»Ein Kitsune ist nicht zwangsläufig nötig. Manche Geister sind so alt dass sie genug über Kitsunes wissen um einer Anfängerin ein paar Grundkenntnisse beizubringen.«
»Wie du Beispielsweise du?«
»Wie Beispielsweise Musubi, genau.«
»Und wie willst du mir etwas beibringen?«
Musubi gluckste wissend. »Du bist mit den Füchsen und der Natur, sowie den Elementen verbunden. Du musst diese Verbindungen nur finden. Musubi wird dir dabei helfen. Wir fangen auch gleich an. Versuch dir vorzustellen, wie dein wahres Wesen aussieht. Dafür musst du meditieren. Setz dich auf den Stein und fühle die Energie um dich herum, dann wird sich dir dein wahres Wesen offenbaren.«
Jastany tat wie geheißen und versuchte nun ihre Kräfte zu erlernen.
Fortsetzung folgt…
Jastany saß auf dem feuchten Stein und versuchte sich zu konzentrieren. Es fiel ihr schwer, da ihr Arsch vom Sitzen klatschnass war und die Waldgeräusche sie störten.
Suche dein inneres Selbst, sagte sie dabei um sich zu beruhigen. Doch ihre erhöhte Atmung verriet dass es nichts half. Als jedoch eine summende Fliege direkt auf ihre Nase flog war es mit der Ruhe vorbei. Sie gestikulierte wild um sich, versuchte die Fliege zu erwischen, rutschte vom Stein und fiel dadurch ins Wasser.
Musubi lachte. Die Kitsune hatte keine Ahnung woher er plötzlich auftauchte. »Du denkst wie ein Mensch«, meinte er nur.
»Dann sag mir doch, wie es besser geht!«, antwortete Jastany harsch.
Gedankenversunken blickte er zur Hütte. »Womit fühlt Gādo sich verbunden?«, fragte er mehr zu sich selbst als zu seiner Schülerin.
»Mit Sake, würde ich meinen.«
Der Mann lachte wieder. »Ja. Onis fühlen sich mit allem verbunden was so stark ist wie sie. Deshalb leben viele bei starken Bäumen und Felsen. Womit fühlst du dich verbunden?«
»Mit Füchsen.«
»Dann versuche die Verbindung zwischen euch zu fühlen.«
Klatschnass und vor Wasser triefend versuchte Jastany es erneut. Sie versuchte sämtliche Füchse im Wald zu fühlen. Und tatsächlich. Auf einmal spürte sie etwas wie einen zweiten Herzschlag dem viele weitere folgten. Jastany hatte ihre Verbindung zur Natur gefunden.
Fortsetzung folgt…
Jastany war im siebten Himmel. Nie hatte sie sich ihren Lieblingstieren so nahe gefühlt. Ein Glücksgefühl durchströmte sie welches sie eine kleine Veränderung ihres Selbst ganz vergessen ließ.
Ein Stöhnen sowie Keuchen drang an ihre Ohren und kurz darauf kam: »Schicke Ohren.« Gādo hatte sich aus ihrem Krankenbett gequält und war zu Jastany geeilt.
»Was machst du hier?!«, keifte die Kitsune. »Na los, Abmarsch! Sofort ins Bett! Du bist immer noch sehr krank.«
Stöhnend ließ sich das Onimädchen ins Gras fallen und strich mit ihren Fingern durchs Wasser. »Ob ich mich nun hier ausruhe oder dort, wo ist da der Unterschied?«
Wut kochte in Jastany hoch, doch plötzlich fiel ihr etwas auf. »Was meintest du mit „Ohren“? Meine Lauscher sind doch vollkommen normal.«
Gādo grinste. »Ach wirklich?«
Verwirrt schaute die Kitsune ins Wasser. Die Oberfläche verzerrte ihr Spiegelbild zwar, doch sie konnte die Veränderung von Jastany nicht verbergen. Mit einem lauten Schrei wich sie zurück, denn ihre Ohren hatten sich auf den Kopf verschoben und die Form von Fuchsohren angenommen.
Nach dem ersten Schreck kam die Euphorie. »Eye, wie cool ist das denn?« Zögerlich tastete die Kitsune nach ihren Ohren und als sie schließlich die pelzigen Gehörgänge berührte, zuckten jene vor lauter Überraschung zurück.
»Langsam wird sie eine wahre Kitsune«, war alles was Musubi sagte.
Fortsetzung folgt…
Kenmeina seishin hatte es endlose Mühen und Gefälligkeiten gekostet damit eben jene Gestalt sich vor ihm auf die Knie begab.
Ein Mann ganz in schwarz gekleidet mit einer Oni-Maske um das Gesicht zu verhüllen, aber auch wie jeden von seinem Berufsstand Wissen zu lassen.
»Du weißt wieso ich dich hab kommen lassen?«
Der Mann schwieg. Bewegte sich nicht.
Ungerührt fuhr der Marderhund fort. Hoffentlich hatte er den richtigen engagiert. In neun von zehn Fällen waren mysteriöse Kämpfer nichts weiter als Jammerlappen. »Eine diebische Oni hat mir mein Eigentum gestohlen. Töte sie und bring mir das Mädchen das an ihrer Seite reist und zwar lebend.«
Kenmeina seishin ließ mit Absicht unerwähnt, dass es eine Kitsune war. Er traute seinem Gegenüber so wenig wie sich selbst. Vielleicht würde er ja auch auf die Idee kommen die Füchsin zu versetzen.
Schließlich schaute der Onijäger auf, wie um den Namen seines Opfers zu erfahren. »Der Name des Onis lautet Gādo. Töte sie und bring mir das Mädchen namens Jastany. Danach werde ich dir geben wonach es dir gelüstet.«
Damit stand die namenlose Gestalt auf und zog von dannen.
Der Marderhund war vollkommen verwirrt. »War das jetzt nun ein Ja oder ein Nein? Hallo? Nimmst du den Auftrag an? Sag doch etwas! Ich schätze mal, dass das „Ja“ heißen soll.«
Fortsetzung folgt…
»Werde jetzt bloß nicht übermütig weil du einen kleinen Schritt nach vorne gesetzt hast«, meinte Musubi über das Schnarchen von Gādo hinweg. »Du hast gelernt die Verbindung zur Natur zu spüren. Lass uns diese Verbindung nun vertiefen.«
»Und wie?«, fragte Jastany während ihre Hand wieder zu den Fuchsohren fuhr um das flauschige Fell zu ertasten.
»Du gehst in den Wald. Allein. Und dort wirst du überleben müssen. Finde die animalische Seite des Fuchses.«
Darauf machte sich Jastany auf das Wäldchen zu erkunden. Wie schlimm konnte dies schon sein? Das machte sie doch mit links.
Dann traf sie eine Nuss am Kopf. Wütend drehte Jastany sich um und fragte sich wer sie hier bewarf. Ein geisterhaftes Kichern fuhr durch die im Winde wehenden Blätter.
Plötzlich war sich die Kitsune nicht mehr sicher ob es wirklich eine gute Idee war hierherzu kommen. Wie um ihre Zweifel zu bestärken schossen ihr aus einem Busch abertausende Nüsse entgegen. Sie flogen mit einer derartigen Geschwindigkeit dass Jastany lediglich die Arme abwehrend erheben konnte.
Schließlich wurde es ihr zu bunt und sie rannte davon, doch das geisterhafte Lachen verfolgte sie auf Schritt und Tritt. Plötzlich wurde das Dickicht des Waldes unterbrochen und vor der Kitsune gähnte eine tiefe Schlucht. Und dann traf Jastany eine Nuss und sie stürzte in die Tiefe.
Fortsetzung folgt…
Panisch griff Jastany nach einem Ast um sich irgendwo festzuhalten, doch sie rutschte und griff immer wieder in ihrer Furcht nach dem Holz.
»Langsam, langsam, mein Kind«, tönte Musubi. Trotz seiner zarten Stimme steckte sein Körper voller Kraft, was er bewies indem er die panisch hechelnde Jastany die sich an seinem Wanderstock festhielt mit einem einzigen Arm hochzog.
»Die- die-hab´n…«
»Die? Du meinst, dass du wieder versagt hast und von mir einen Rat brauchst.« Musubi schüttelte sein Haupt. »Du musst lernen ohne mich auszukommen oder Gādo. Eines Tages wirst du dich alleine in Gefahr vorfinden und wer wenn nicht du sollte dir dann helfen?«
Damit setzte er die Kitsune auf dem Boden ab. Noch etwas wackelig auf den Beinen versuchte Jastany ein paar Schritte. »A-A-Allein-n-n-ne«, stotterte sie noch etwas verschreckt aufgrund ihrer Nahtoderfahrung.
»Du tust mir wirklich leid. Ich werde dir nun die mächtigste Waffe der Fuchsgeister zeigen.« Bei den Worten schlug er mit dem einen Ende seines Wanderstocks gegen Jastanys Stirn. »Dein Verstand. Solange du einen klaren Verstand behältst wirst du alles überstehen.«
Die Kitsune musste jedoch erst verschnaufen um sich von dem Schrecken zu erholen bis sie auch nur den weisen Worten des Lehrmeisters folgen konnte.
Nachdem er seine Anmerkungen wiederholt hatte ging Jastany erneut in den Wald um es ihrem Angreifer heimzuzahlen.
Fortsetzung folgt…
Kaum dass die Kitsune wieder von Bäumen umgeben war, begann der Beschuss von neuem. Dieses Mal nicht, dachte Jastany verbissen. Okay, du bist eine Kitsune. Eine Füchsin. Du bist schlau und gerissen. Und was tun schlaue und gerissene Füchsinnen?, fragte sie sich selbst. Dann fiel ihr Blick auf dem Waldboden der mit Nüssen übersät war. Nun kam ihr doch noch eine Idee. Sie nahm die Nüsse und warf sie in die grobe Richtung des Angreifers.
Nach kurzem endete der feindliche Beschuss. Jastany stürmte sofort aus ihrem Versteck und sprang in die Büsche. Dort fand sie allerdings nur ein komisches weißleuchtendes Männchen mit drei schwarzen Punkten im Gesicht. Allerdings schlüpfte ihr jenes Männchen durch die Finger und rannte davon, doch so leicht ließ sich die Kitsune nicht abschütteln. Sie hechtete dem Männchen hinterher wie es nur eine echte Füchsin vermochte. Schließlich jedoch verlor sie seine Spur beim Fluss.
Dieses Ding ist schon ziemlich gewieft mich einfach so abzuhängen. Aber rennen kann es so viel muss man ihm lassen. Aber ich schätze dass ich den schon irgendwann wiedersehen werde.
Damit begab sich die Kitsune auf den Rückweg. Inzwischen hatte sie Hunger und aß ein paar Nüsse die sie auf dem Waldboden fand. Allerdings endete die Gefechtspause schon nach kürzester Zeit und die ganze Geschichte begann vom Neuen.
Fortsetzung folgt…
Yamang tat wie ihm befohlen war und jagte die beiden Flüchtigen.
Sein Instinkt hatte ihm verraten dass der Marderhund ihm nicht die ganze Wahrheit sagte und so hatte er auf seiner Verfolgungsjagd einige Nachforschungen angestellt. Dieses Mädchen mit dem seltsamen Namen war eine Kitsune und Kenmeina seishin war ein Sklavenhändler. Man musste nur eins und eins zusammenzählen um darauf zu kommen.
Aber Yamang war es egal dass er mal wieder an einem Gauner geraten war. Ihn interessierte nur die Oni mit dem Namen Gādo. Ihre Hörner würden bald in seine Sammlung eingehen und jedem zeigen dass mit ihm nicht zu spaßen war und seine Fähigkeiten als Krieger legendärer waren als die jedes menschenfressenden Ungeheuers. Und mit jedem gefallenen Oni würde sein Ruhm wachsen und ihn über den Tod hinaus unsterblich machen. Yamang würde der Monsterjäger sein der die meisten Biester getötet hatte. Die Jungfrauen würden ihm zu Füßen liegen, aber vor allem würden ihn die Männer beneiden und so sein wollen wie er. Und dann würden seine männlichen Fans ihn anbetteln mit ihm das Nachtlager auf seinen gefährlichen Reisen teilen zu dürfen. Diesen Teil seiner Vision mochte Yamang besonders. Und es war stets dieser Gedanke der ihn selbst in den dunkelsten Stunden sich wieder aufrappeln ließ.
Oni Gādo, du bist schon so gut wie Tod.
Fortsetzung folgt…
Jastany war nie aufgefallen wie unwohl sie sich doch als Mensch gefühlt hatte. Vermutlich war es ihr nie in den Sinn gekommen dass sie etwas anderes hätte sein können. Nun jedoch kam ihre Fuchsnatur immer mehr zum Vorschein und die Etiketten der menschlichen Gesellschaft verblassten aufgrund ihrer Nutzlosigkeit zusehends.
Und je mehr sie sich als Füchsin fühlte desto weiter schritt ihre Veränderung voran. Inzwischen waren ihre Zähne etwas länger und spitzer geworden und ihre Pupillen besaßen inzwischen eine geschlitzte Form. Aber dies waren reine Äußerlichkeiten. Viel interessanter war, dass die Sinne der Kitsune in den zwei Tagen die sie nun schon im Wald verbrachte um ein vielfaches Schärfer geworden waren.
Letztlich jedoch hatte sich Jastany nicht verändert. Vielmehr war ihr wahres Ich zum Vorschein getreten und es wurde mit jedem Tag stärker und deutlicher. Seit dem Tag als Musubi sie bei der Schlucht gerettet hatte war sie ganz auf sich allein gestellt gewesen und inzwischen gefiel ihr dies sogar. Die Kämpfe mit dem Männchen bereiteten ihr eine perfide Freude. Sie stellte Fallen auf, dachte sich taktische Manöver aus um das Kerlchen am Ende doch nur erwischen. Doch bisher ohne Erfolg. Allerdings war es nicht zu übersehen, dass es dem Männchen immer mehr Mühe bereitete zu entkommen und das löste eine tiefe Befriedigung bei Jastany aus.
Fortsetzung folgt…
Inzwischen war Gādo soweit wieder gesund dass sie auf eigenen Füßen stehen konnte und somit ihrer Meinung nach fit genug war um wieder durch die Anderswelt zu ziehen und sämtlichen Sake aus ihr heraus zu schlürfen.
Doch Musubi setzte ihr einen Riegel vor. Immer wenn Gādo versuchte Jastany aufzusuchen um mit ihr weiterzuziehen tauchte dieser Kerl aus dem Nichts auf. Schnell war klar geworden dass er nicht wie die anderen war, denn Keiner konnte Gādo so leicht auf die Matte schicken. Und so biss sich die Schlange in den eigenen Schwanz, denn das Onimädchen gab nicht auf. Sie kämpfte wieder und wieder gegen Musubi immer mit dem gleichen Ergebnis.
»Boah, ist mir langweilig«, stöhnte Gādo als sie erneut auf das Feldbett geschleudert wurde.
»Musubi denkt dass du ein Dickkopf bist.«
»Musubi kann mich mal kreuzweise!«, keifte sie.
Der Mann hatte plötzlich Gādos Eisenkeule in der Hand. Er erschuf mit seinem Finger ein Zeichen darauf und warf sie der Oni zu. »Wenn dir langweilig ist, übe damit.«
»Und wie ich damit üben werde!« Doch Gādo konnte ihre Keule nur schwerlich heben, da sie auf einmal sehr viel schwerer war. »Was zur…«, ächzte sie, als sie mit ihrer ganzen Kraft die Keule gerade mal eine Handbreit über den Boden heben konnte.
Lachend verließ Musubi die fluchende Oni.
Fortsetzung folgt…
»Na warte du verdammter… Wenn ich dich jemals erwische…«, fluchte Gādo ächzend vor sich hin. Inzwischen hatte die Keule sich bereits weitere Zentimeter vom Boden erhoben, doch noch war die Waffe lange davon entfernt sich ordentlich schwingen zu lassen.
Dieser Musubi war ein gemeiner Kerl. Er hatte die Liebe welche das Onimädchen ihrer Keule entgegenbrachte schamlos ausgenutzt, denn Gādo würde sich niemals von ihrer Waffe trennen. Mit ihrer Eisenkeule war sie durch dick und dünn gegangen. Mit ihr hatte sie ganze Armeen im Alleingang abgewehrt; ebenso in Kneipenschlägereien hatte sich die Keule bewährt und nun war sie zu schwer um geschwungen zu werden.
»Keine Sorge, meine Kleine. Ich lasse dich hier nicht im Gras liegen und Rost ansetzen. Wäre ja noch schöner. Ich gehe jede Wette ein, dass dich dieser Musubi mit einem Schwerefluch belegt hat. Aber das ist nichts was wir nicht schaffen, hörst du? Keine Sorge, auch wenn Jastany jetzt meine beste Freundin ist bist du mir nicht egal geworden. Und ich halte mein Versprechen. Wir werden zusammen deinen hundertsten Geburtstag feiern wenn du zum Leben erwacht bist und von mir aus auch die anderen neunundneunzig davor. Schließlich warst du es die mir immer zugehört hat wenn ich mal wieder Probleme hatte. Und so eine Freundschaft werfe ich nicht so einfach weg. Versprochen.«
Fortsetzung folgt…
»Dieser Fluch ist so etwas von ächzend. Ich werde meine Keule hochheben um dem Bann zu zeigen dass er vollkommen wertlos ist!« Je mehr Gādo in Rage geriet desto unmenschlicher wurden ihre Züge. Sie spürte wie ihre körpereigene Magie anstieg und geschwängert von Zorn durch ihren Leib rauschte. Mit einem Ruck sauste die Keule nach oben und Gādo hielt sie hoch wie einst König Arthus Excalibur. Zwar war der Fluch über die Keule gebrochen doch die Wut vernebelte die Sinne des Onimädchens. Mit lautem Gebrüll schlug sie alle Bäume mit ihrer Keule nieder und dann noch einen und dann noch einen. Nichts vermochte ihre blinde Zerstörungswut zu unterbinden. Den Tieren des Waldes war es lediglich vergönnt unter lautem Angstgeschrei vor der unbändigen Naturgewalt zu fliehen.
Nach kurzer Zeit erlangte das Onimädchen jedoch einen kleinen Restfunken ihres Verstandes wieder. Dieser wollte nur eines: Musubi. Er hatte sich an ihrer Eisenkeule vergangen und niemand verging sich an Gādos Waffe. Gar niemand! Nicht einmal ein Kami. Schreiend rannte sie durch den Wald. Ihre rotleuchtenden Augen suchten die gesamte Fläche nach dem Mann ab. Sobald sich ihr etwas wie ein Baum in den Weg stellte fällte sie jenen mit nur einem einzigen Hieb, wobei die Keule sich wie Butter durch das Holz fraß.
»Wo bist du Musubi?! Komm raus!«
Fortsetzung folgt…
Musubi hörte die amoklaufende Gādo bereits von weitem.
Jedes Wesen der Anderswelt war mit der Natur gleichzusetzen. Die Mutternatur ist mal wunderschön sowie lieblich aber dann gab es noch ihre dunkle, zerstörerische Seite. Jedes Wesen der Anderswelt besaß diese Eigenschaften in sich und die wenigen die nur eine Seite der Medaille besaßen hatten oft einen Zwilling oder dergleichen die das Gegenstück verkörperten. Somit wurde immer das Gleichgewicht in der Welt gewahrt.
Aber dass das Onimädchen aufgrund eines eher harmlosen Scherzes derart außer Kontrolle geraten würde, hätte der Kami nie gedacht. Er hatte die Eisenkeule lediglich verwünscht damit Gādo stärker werden würde, denn eines Tages würde sie diese zusätzlichen Kraftreserven aufgrund ihres Lebenswandels vermutlich brauchen. Es war niemals seine Absicht gewesen sie derart zu verletzen, dass ihre dunkle Seite zum Vorschein kam.
Aber es war nun mal die Situation dass das Mädchen nun im Alleingang den gesamten Wald zerstörte und es war seine Schuld. Also stellte er sich seiner Verantwortung und dem Oni.
Als er ihr gegenüberstand musste er sich beherrschen nicht die Nase zu rümpfen da sie einen Gestank von Bosheit ausstrahlte der ihm einfach zu wider war. Noch vor kurzem hatte Gādo so wunderbar geduftet, doch nun war so gut wie nichts mehr davon übrig.
Musubi musste sich beeilen bevor dieser Zustand unumkehrbar wurde.
Fortsetzung folgt…
»Hab ich dich endlich!«, rief Jastany erfreut als sie das kleine Männchen gefangen hatte. Es war bereits dunkel geworden und die Abendröte verblasste.
Ein plötzliches Beben ließ die Erde erzittern. Als die Bäume krachend in der Ferne zu Boden fielen. Und dort wo sie auf die Erde trafen schien ein gewaltiger Kampf zu toben. Genau in dieser Richtung lag die Hütte mit Musubi und Gādo. Jastany musste sofort zum Ort des Geschehens eilen.
»Bist du Jastany? Ich suche das Onimädchen Gādo. Wo ist mein Opfer? Ich will es tödlich zur Strecke bringen.«
Der Kitsune blieb keine Zeit sich über die seltsame Redensweise des Fremden zu wundern. Wenn er in Versmaß schwafeln wollte sollte er es doch tun. Allerdings wollte er ihre Freundin töten und dies ging nur über ihre Leiche.
»Ich werde dir gar nichts sagen.«
»Dein Tod wird´s sein. Und deiner Freundin Gnadenfrist«
»Hör auf zu labern. Dann muss ich mir dieses dämliche Gequatsche nicht weiter anhören.«
»Der Meids Befehl Wird ihren Tod herbeiführen. Tod all´n Onis!«
Damit war der Kampf eröffnet. Jastany versuchte mit ihren neuen Krallen die Kehle des Maskierten aufzuschlitzen doch dieser war flinker als das Männchen und zudem selber bewaffnet. Schließlich warf er eine kleine Sichel mit einer Kette daran die sich um ihren Leib schlang und sie schließlich fesselte.
Fortsetzung folgt…
Jastany war geschlagen. Dieser verseschmiedende Kerl war zu schnell für sie. Rein vom Körperlichen her konnte sie ihm nicht das Wasser reichen. Allerdings erinnerte sie sich noch gut an die Lektion die ihr Musubi mitgegeben hatte. Die mächtigste Waffe einer Kitsune war ihr Verstand.
Zu ihrem Glück hatte Jastany in ihrem früheren Menschenleben an der Schule einen Schauspielkurs belegt und dabei ihr schauspielerisches Talent entdeckt. Nun musste sie nur noch so gut es ging die besiegte Feindin spielen. »Na gut, du hast mich. Ich ergebe mich. Ich tue alles was du willst. Doch bitte töte mich nicht!«
»Wird die Holde Mich zu meiner Beute führen?«
»Ja! Oh Gott, ja! Das werde ich tun! Doch bitte tu mir nichts!«
»Welche Richtung Sollen meine Schritte gehen? Wo ist das Biest Welches Mordet ohne Reue? Ruhm führet mich Zu meiner eignen Legende.«
»Ja, ja. Aber könntest du bitte die Fesseln lösen? Ich versuche auch nicht abzuhauen.«
Darauf folgte irritierender weise nur ein kurzes »Natürlich.«
Kaum dass die Kitsune frei war, schlug sie kräftig in den Schritt ihres Feindes der darauf in sich zusammensackte. Die Gunst der Stunde nutzend schnappte sie sich seine Waffe und kettete ihn an den nächsten Baum.
Sie floh in Richtung Hütte als der Maskierte nur erschöpft den Kopf hängen ließ ob seiner eigenen Dämlichkeit.
Fortsetzung folgt…
Die Beben wurden stärker je näher Jastany der Hütte kam.
Schließlich fand sie Gādo und Musubi auf der Lichtung. Die beiden waren in einen Kampf verwickelt und einzig die umgeknickten Bäume waren stumme Zeugen der hier herrschenden Gewalt.
Als die Kitsune ihre Freundin sah, bekam sie einen Schreck. Ihre Züge waren unmenschlich verzerrt, ihre Augen glühten blutrot und ihre Gestalt umgab ein unheimliches Leuchten. Mit einem lauten Schrei griff sie Musubi mit einem Stoßangriff an. Dieser wehrte sie mit bloßer Hand ab, doch das rauchendverkohlte Fleisch zeigte welchen Schaden Gādo, trotz der unbewegten Miene des Mannes, anrichtete.
Jastany verstand die Welt nicht mehr. Was war hier geschehen? Wieso tat Gādo das? Warum vernichtete sie alles?
»Lauf, junge Kitsune! Hier ist es nicht sicher für dich!«
Nun bemerkte auch das Onimädchen ihre ehemalige Freundin. Blind vor Zerstörungswut hechtete sie auf die starre Jastany zu. Diese sah Gādo voller Trauer und mit Tränen in den Augen an. »Hör auf«, wimmerte sie. Als die Oni gerade in Schlagreichweite war, machte die Kitsune einige mutige Schritte auf sie zu, nahm sie in den Arm und weinte sich ihre Augen aus. »Gādo, bitte hör auf damit! So bist du nicht!«
Völlig perplex erstarrte der wütende Dämon. Das Leuchten erlosch und ihr Geist klärte sich als sie Jastany ebenfalls weinend umarmte.
Fortsetzung folgt…
Yamang konnte sich für diese Dummheit ohrfeigen. Vermutlich hätte er dies sogar getan wäre er nicht gefesselt gewesen. Es stimmte aber wirklich was alle über Kitsunes sagten. Sie waren gewieft. Und diese Jastany war die gewiefteste von allen. Wie sonst hätte sie den legendären Yamang an einen Baum ketten können? Der Onijäger notierte sich diesen Wortlaut in Gedanken damit sein Biograph es später in dem Buch „Das legendäre Leben des dichtenden Onijägers Yamang“ festhalten konnte.
Aber nun musste er erst einmal seine Befreiung planen. Das Wichtigste war zuerst die Fesseln zu kontrollieren. Es überraschte einen doch wie viele vergaßen ihre Knoten und die Strammheit der Kette zu überprüfen. Jedoch machte sich Yamag nicht allzu viele Hoffnungen dass dieses hochintelligente Miststück so plump wäre ihn nachlässig anzuketten. Allerdings war dies der Fall gewesen. Die Ketten fielen bereits nach einem leichten Zerren zu Boden.
Der Onijäger blickte in die Richtung in welche die Kitsune geflohen war. Vermutlich war dies alles ein ausgeklügelter Trick. Sie hatte ihn nachlässig gefesselt um ihn in Sicherheit zu wiegen. Darauf war sie in die entgegengesetzte Richtung gelaufen um ihn Irre zu führen.
Doch so leicht ließ sich Yamag nicht austricksen. Er lief in die andere Richtung und verfolgte somit seine Ziele weiter, jedoch nicht ohne sich zuvor die versprochene Ohrfeige zu verpassen.
Fortsetzung folgt…
Am nächsten Morgen verabschiedeten sich Jastany und Gādo von Musubi und setzten ihre Reise fort. Der Maskierte hatte ihnen vor Augen geführt dass sie immer noch nicht in Sicherheit waren. So setzten beide ziellos einen Fuß vor dem anderen. Die Stimmung war seit der Wiedervereinigung getrübt. Jastany vermutete dass es an ihr lag. Vielleicht mochte das Onimädchen das wahre Selbst der Kitsune nicht. Aber es fehlte ihr an Mut es anzusprechen. Selbst beim Rasten blieb es still und dabei gab es doch noch so viel zu sagen.
Am liebsten hätte Jastany ihr alles über sich erzählt und was sie in der Wildnis gesehen und erlebt hatte. Jedoch herrschte die Furcht vor der Ablehnung in ihrem Herzen. Jedes Mal wenn sich die Blicke der beiden trafen wendeten sie sich sofort voneinander ab. Wo die Kitsune noch früher das Gefühl hatte Gādo alles erzählen zu können ohne verurteilt zu werden war nun eine tiefe Kluft zwischen ihnen. Hätte sie nur gewusst was ihrer Freundin fehlte hätte sie an sich selbst arbeiten können damit wieder alles so war wie früher.
Jetzt wo sie dem Odem eines mächtigen Verfolgers im Nacken spürten war es wichtiger denn je dass sie zusammenhielten. Doch so wie es aussah würden sie sich im nächsten Dorf für immer trennen und das wollte Jastany nicht.
Fortsetzung folgt…
Gādo spürte die Furcht ihrer Reisegefährtin. Wen wunderte es nachdem was sie erlebt hatte? Das Onimädchen hatte versucht ihre beste Freundin zu töten. Die Scham saß tief im Herzen des Onis. Gādo war schon immer dünnhäutig gewesen bei den Dingen die ihr wichtig waren, doch dass sie derart die Fassung verlor, weil irgend so ein Kerl sich ein Späßchen mit ihr erlaubte, war nicht in Ordnung.
Was wäre gewesen wenn Jastany nicht auf sie zugegangen wäre? Wenn ihre Freundin sie nicht in die Arme geschlossen hätte? Hätte sie die Kitsune dann wirklich umgebracht? Noch nie hatte das Onimädchen eine solche Wut verspürt. Zwar war sie schon in der Vergangenheit ausgerastet aber eine derartig willkürliche Zerstörung war ihr fremd. Nun war jedoch die Büchse der Pandora geöffnet und es konnte jederzeit wieder geschehen. Was war jedoch wenn Jastany dadurch zu Schaden kam oder dieser Zustand blieb? Was wurde dann aus ihr selbst? Was wurde dann aus ihrer Freundin?
Gādo hatte einen Entschluss gefasst. Sie hatte die Kitsune zu gerne, als dass sie zulassen würde als das es nochmal geschehen würde. Im nächsten Dorf würde sie die schwierigste Entscheidung ihres Lebens treffen. Sie würde sich von Jastany trennen damit sie in Sicherheit vor ihr war. Selbst wenn es sie noch so sehr schmerzte. Gādo war fest entschlossen.
Fortsetzung folgt…
»So, da wären wir also. Die große Stadt«, sagte Jastany in dem Bestreben ihre Freundin zu einem Gespräch zu bewegen.
Gādo blickte gedankenversunken auf die steinerne Mauer. »Ja, die Stadt. Komm, ich brauch was zu trinken.«
In der Kneipe kippte sich das Onimädchen einen Sake nach dem anderen. Es war jedoch anders als sonst. Sie hatte dieses schelmische Funkeln in den Augen eingebüßt. Früher hatte sie auch mehr gelächelt als vor jener Nacht.
Schließlich hielt sie mit dem Trinken ein.
»Was ist bloß mit euch beiden los? Redet gefälligst miteinander! Dieses Schweigen hält man ja nicht im Kopf aus«, quakte der Sakekrug.
»Das hatte ich gerade sowieso vor«, meinte Gādo leicht angeheitert. »Ich denke wir sollten uns hier trennen. So jetzt ist es raus.«
»Ach ja?« Jastany wollte es immer noch nicht ganz wahr haben.
»Die Sache ist die …«, sagte das Onimädchen zögerlich, »du bist zwar ganz nett, aber … die Sache zwischen uns kann nicht gut gehen. Ich denke es ist besser für jeden von uns wenn wir uns trennen.«
»Fein«, meinte Jastany etwas steif. »Ja, so … so können wir auch unserem Verfolger besser entkommen. Er sucht nach einer Kitsune in Begleitung einer Oni. Einzeln fallen wir weniger auf.«
»Ja, genau«, kam es leicht betrübt von Gādo.
»Also dann … Tschüss.«
»Tschüss.«
Fortsetzung folgt…
Die Kitsune fühlte sich hundeelend. Am liebsten hätte sie laut aufgeheult, doch die Tränen ließen auf sich warten. Vermutlich hatte ihr Verstand es noch nicht zur Gänze realisiert.
»Hast du eigentlich von dem Onimädchen mit den roten Haaren gehört die wieder aufgetaucht ist? Guba oder so hieß sie. Die hat vielleicht Nerven hier wieder aufzutauchen nachdem sie in so gut wie jeder Kneipe hier feuergelegt hat. Die Stadtwache ist auch schon auf dem Weg zu ihr. Natürlich ist sie mal wieder einen Trinken gegangen.«
Unterdessen hatte Jastany genau zugehört. Zwar war es gerade mal ein paar Minuten her dass die beiden sich getrennt hatten, doch war es Jastany ihrer Freundin schuldig sie zu warnen.
Durch ihr Überlebenstraining und der Jagd nach dem kleinen Männchen war Jastany geübt darin sich durch eine Menschenmenge dieser Größenordnung mit Höchstgeschwindigkeit zu bewegen. Doch als sie schließlich ihren Zielort erreichte war es zu spät.
Die Kitsune konnte gerade noch sehen wie eine geknickte Gādo sich abführen ließ. Es war ungewöhnlich sie mal still zu sehen ohne Brüllen oder Schimpfen. Die Rüstungen der Wachen waren zudem vollkommen unversehrt und ihre Körper bestanden nur aus schwarzem Rauch, was bedeutete dass sich Gādo nicht gewehrt hatte. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Und Jastany würde herausfinden was das war. Mit allen Mitteln.
Fortsetzung folgt…
Seufzend ließ Gādo ihren Kopf nach hinten gegen die Steinwand des Kerkers fallen. Ein Gefühl hatte ihr gesagt das sie bereits in dieser Stadt gewesen war. Und wie in jeder anderen Siedlung in die sie jemals einen Fuß gesetzt hatte suchte man auch in dieser nach ihr und nun hatte man sie endlich geschnappt.
Es war jedoch nicht die Freiheitsberaubung die sie betrübte. Sie fragte sich ob diese eisernen Ketten sie im Zaum zu halten vermochten sollte sie wieder einen Anfall haben. Sie hoffte es denn wenn nicht waren diese Stadtwachen bereits tot ebenso wie diese ganze vermaledeite Stadt. Hoffentlich würde Jastany bei Tagesanbruch ihre Reise fortsetzen um eine echte Kitsune zu werden. Gādo hätte es nur zu gerne gesehen wie sie ihren neunten Schwanz bekäme und somit zu den großen unter den Fuchsgeister gehören würde. Am liebsten hätte das Onimädchen sich ihrer Keule anvertraut, doch diese hatte man beschlagnahmt.
Alleine im Dunkeln fing Gādo an bitterlich zu weinen. Vor kurzem hatte sie noch alles gehabt von dem sie jemals geträumt hatte. Nun besaß sie gar nichts mehr davon. Sie hatte alles aufgegeben damit es den anderen gut ging und dabei hatte sie nie zuvor so etwas wie Edelmut gekannt.
War das Onimädchen nun ein Tor oder eine Weise? Wer vermochte dies schon zu beurteilen?
Fortsetzung folgt…
Jastany zog sich mit letzter Kraft zu dem vergitterten Fenster hoch. In der Hoffnung hier ihre Freundin vorzufinden machte sie ein leises: »Pst! Gādo, bist du da?«
»Jastany? Was machst du hier?«, kam es ungehalten.
»Deinen Oniarsch retten, was sonst?«
»Mach gefälligst, dass du weg kommst! Ich will dich nicht in meiner Nähe haben!«
Jetzt platze der Kitsune doch der Kragen. Wie konnte man nur so unvernünftig sein. »Hörzu! Mir ist es egal ob du nun mein menschliches Selbst lieber magst als mein wahres Ich! Du aber bist mir nicht schnurz! Ich werde dich jetzt befreien ob du nun willst oder nicht!«
Während Jastany mit aller Kraft an den Gitterstäben rüttelte, fragte das Onimädchen unverwandt: »Was labberst du da überhaupt?«
»Du brauchst nicht so zu tun. Ich weiß alles.«
»Ach ja?«
»Du sprichst nicht mit mir. Du schaust bei jedem Blickkontakt weg. Gib es zu, dir ist es unangenehm mit einer Kitsune durch die Anderswelt zu reisen.«
»So ist es aber-«
»Klappe Gādo, jetzt rede ich! Mir ist es wie gesagt schnurz ob du mich als Kitsune akzeptierst, aber ich hole dich da raus so wahr mein Name Jastany ist. Da kannst du noch so viel zetern und brüllen, aber du kannst mich nicht davon abhalten, klar?«
»So ist es aber nicht«, meinte das Onimädchen.
Fortsetzung folgt…
Gādo konnte nicht fassen was sie da hörte. Jastany dachte dass sie die Verursacherin sei, doch lag es letztlich genau andersherum. Das Onimädchen war das Problem und genau dies würde sie ihr auch ins Gesicht sagen.
»Jetzt hörst du mir mal zu, Jastany! Es liegt nicht an dir, sondern an mir.«
»Wie meinst du das?«
»Du weißt ganz genau wie ich das meine! Ich meine, wie kannst du mir noch trauen nachdem ich dich verraten, verkauft und anschließend versucht habe dich zu töten. Ich war drauf und dran gewesen dir den Hals umzudrehen.«
»Aber das hast du letztlich auch nicht getan«, erwiderte die Kitsune.
Gādo schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Noch nicht. Jastany? Ich habe Angst. Ich könnte mir nicht vorstellen was ich tun würde sollte ich dir jemals etwas antun. Und ich weiß auch, dass du Angst vor mir oder vor dem hast was aus mir werden könnte.«
»Ach Gādo, ist das etwa alles weswegen du mir aus dem Weg gegangen bist? Du Dummkopf! Ich habe keine Angst vor dir. Ich war nur erschrocken gewesen als ich dich in dieser Nacht sah. Aber dann wurde ich traurig, da ich fürchtete dich zu verlieren.«
Diese Aussage versetzte Gādo einen Stich ins Herz der sie zum Weinen brachte.
»Nun gut, du Dummkopf, lass uns hier ausbrechen!«
Fortsetzung folgt…
»Okay. Ich habe einen Plan. Er ist riskant, könnte aber funktionieren. Hör auf zu heulen Gādo. Wir haben viel Arbeit vor uns.«
»Okay.« Das Onimädchen wischte sich eilig die Tränen ab.
»Kannst du die Ketten zerreißen?«
»Nichts leichter als das.« Mit einem Knall sprangen die Ketten aus den Wänden.
»Gut so und jetzt hol mich rein!« Gādo packte Jastanys Arm, riss die Gitterstäben mit bloßen Händen heraus und zog ihre Freundin durch das Loch in die Gefängniszelle.
»Soweit so gut«, ächzte die Kitsune. »Was ist mit dieser Eichentür da? Kriegst du die auf?«
Gādo ließ ihre Fingerknöchel knacken. »Probieren geht über studieren.«
Mit nur einem einzigen Schlag flog die Tür aus den Angeln.
»Okay. Folge mir.«
»Wir willst du denn hin, Jastany.«
»Zum Thronsaal natürlich«, meinte die Kitsune und konnte das Gekicher ihrer Freundin nicht überhören.
»Das klingt nach einer Menge Spaß.«
»Du hast ja keine Ahnung«, erwiderte die Kitsune, denn sie wusste sollte ihr Plan scheitern steckten die beiden in noch größeren Schwierigkeiten.
Inzwischen verfolgten sie auch etliche Schattenwachen durch die Gänge doch keiner vermochte ihren Lauf aufzuhalten. Während Jastany den Schwerthieben auswich versuchte sie anhand der Gänge den günstigsten Weg zum Thronsaal auszumachen.
Schließlich fanden sie ihn, drangen ein und wie die Kitsune es vermutete war der Herrscher dieser Stadt allein im Raum.
Fortsetzung folgt…
»Gādo! Verriegle die Tür und sorge dafür dass wir für die nächsten Minuten ungestört bleiben.«
Das Onimädchen konnte es vor lauter Freude nicht fassen was sie beide hier gerade taten. Sie nahmen den Herrscher der Stadt als Geisel. »Geht klar.«
Mit aller Macht drückte sich Gādo gegen die Tür. Immer wieder stieß etwas Hartes und Schweres dagegen. Vermutlich war die Stadtwache doch nicht so dumm wie sie immer aussah.
Doch was dann geschah hätte sie niemals vermutet. Die Kitsune fiel vor dem immer noch unbewegten Herrscher auf die Knie. »Ich bitte Euch, mein Herr, hört mich an.«
»Was zum Teufel machst du da?! Ich dachte wir nehmen den Kerl als Geisel.«
»Ruhig Blut Gādo. Überlass das reden bitte mir.«
»Ich schätze mal, dass diese junge Füchsin hier einen Grund hat mich aufzusuchen.«
»Den habe ich allerdings. Ich bitte euch mein Herr«, die Kitsune neigte das Haupt noch weiter. »Verschont uns! Wir werden es euch mit Lehnstreue zurückzahlen.«
»WAS?! Das kann doch wohl nicht dein ernst sein. Wir sollen diesem Penner da dienen?«
»Ich habe dir bereits gesagt, dass du die Klappe halten sollst!«, zischte Jastany.
»Weißt du was? Als ängstlicher Mensch hast du mir besser gefallen!«
»Müssen wir das jetzt hier austragen?«
»Ich habe mich entschieden«, meinte der Herrscher und legte eine künstliche Pause ein.
Fortsetzung folgt…
Jetzt hieß es nur noch hoffen und beten dass der Herrscher heute seinen guten Tag hatte.
Sollte sein Urteil negativ ausfallen blieb den beiden nichts anderes übrig als ein Geiseldrama vom Zaume zu brechen.
Der Kitsune war die Idee zu der Lehnstreue gekommen als sie zu Gādo geeilt war um sie zu befreien. Die beiden waren auf der Flucht und nirgends wo das Onimädchen schon einmal gewesen war würden sie sicher sein. Aber genau diese Sicherheit war es was sie gerade am dringlichsten benötigten. Also brauchten sie jemanden mit Macht und Einfluss hinter dem sie sich zumindest für eine Weile verstecken konnten um erst einmal Atem zu schöpfen. Aber wieso sollte sie jemand aufnehmen geschweige denn beschützen? Das Zauberwort hier lautete Nützlichkeit. Wer eine schlaue Kitsune und eine starke Onidame in seinen Reihen verzeichnen konnte hatte immer zwei entscheidende Vorteile.
So weit so gut. Aber was war nun mit dem Herrscher? Er war es an dem nun alles hing was in den nächsten Minuten geschehen würde. Wenn er die beiden aufnahm waren sie gerettet. Doch wenn er sich dagegen entschied waren sie wieder auf der Flucht und dieses Mal würde es ziemlich brenzlig werden.
Der Herrscher dieser Metropole, der reichste und mächtigste Mann innerhalb der Stadtmauern, schöpfte Atem und setzte dazu an seine Entscheidung kundzutun.
Fortsetzung folgt…
Yamag hielt mit seiner Hatz inne als ihm ein Gedanke kam: Was wäre wenn die Kitsune, die so listenreich und schlau war, vorhergesehen hatte dass er ihren Trick durchschaute?
Dann wäre sie in die richtige Richtung gelaufen in dem Wissen dass der Onijäger klug genug war ihre erste List zu durchschauen. Aber was war wenn diese zweite List wieder nur eine Finte war?
Yamag drehte den Spieß wieder und wieder rum. War die Kitsune nun in die richtige Richtung gelaufen oder nicht?
Wie nur? Wie konnte er sicher gehen? Schließlich sackte er erschöpft zusammen. Sein Kopf drehte sich ob all der Winkelzüge die dieses Miststück bewerkstelligt hatte. Sie war wirklich der listenreichste Fuchsgeist der gesamten Anderswelt.
Der Onijäger musste diesen Teufelskreislauf irgendwie durchbrechen. Doch nur wie? Einen Moment mal! Die Kitsune war zwar schlau aber ihre Gefährtin war wie jeder Oni. Grob, dumm und unglaublich leicht aufzuspüren. Fand sie die Kitsune, fand sie die Oni und mit ihr die Kitsune welche er dem Marderhund Kenmeina seishin ausliefern sollte.
Also war der nächste Schritt sich zurückzuziehen und Informationen über seine Beute zu sammeln. Irgendwann würden sie wieder auftauchen und dann würde der legendäre Onijäger Yamag bereits auf sie warten und voller Freude seine Sichel in ihrem Fleisch versenken.
Der ruhmreiche Krieger würde episch voller Tatendrang zurückkehren!
Fortsetzung folgt…
»Gādo das Onimädchen und Jastany das Fuchsmädchen. Ihr beide habt meine Wachen im Alleingang ausgeschaltet.«
Jastany biss verkrampft die Zähne zusammen. Das schien überhaupt nicht gut zu laufen doch noch war nicht aller Tage Abend.
»Zusätzlich hat eine von euch sämtliche Tavernen in Brandgesteckt und die halbe Stadt zerstört.«
Jastany schluckte hörbar. Das wurde ja immer besser.
»Und die andere ist in ein Gefängnis eingebrochen um ihre Freundin zu befreien. Darauf seid ihr zu mir gestürmt und bittet nun mir zu dienen?«
Irgendwie musste die Kitsune die Situation doch retten können. »Seht es als Beweis unserer Fähigkeiten an.«
»Ruhe«, erwiderte der Herrscher barsch. »Euer beider Dreistigkeit kommt erschwerend hinzu. Am liebsten würde ich euch beide auf der Stelle hinrichten lassen!«
Jastany wollte gerade aufspringen als der Herrscher erschöpft abwinkte. »Aber leider können wir es uns nicht leisten ein derartiges Angebot auszuschlagen.
Hiermit verkünde ich mein Urteil: Aufgrund eurer Verbrechen werdet ihr beide dazu verurteilt der Stadtwache beizutreten. Ihr werdet in den nächsten Jahren dort Dienst tun. Solltet ihr euch weigern oder fliehen werdet ihr gejagt und hingerichtet.«
Die Kitsune atmete erleichtert auf. Zum Glück wurde ihr Todesurteil in Sozialstunden umgewandelt. Somit war am Ende doch noch alles gut gegangen.
Gādo unterdessen fiel auf die Knie. Von allen Anwesenden schien es sie am härtesten zu treffen.
Fortsetzung folgt…
»Warum ausgerechnet die Stadtwache?!«, maulte Gādo zum unzähligsten Male. »Weißt du was eine Stadtwache macht?!«
»Auf der Mauer rum stehen und dann darfst du noch nicht einmal Sake währenddessen trinken«, wiederholte Jastany ihren Wortlaut dem sie inzwischen im Schlaf aufsagen konnte.
»Hättest du uns nichts spannenderes besorgen können?«
»Nach all der Aufregung tut uns eine Pause ganz gut und ich wette dass du auch nicht wieder ganz auf dem Damm bist, meine fiebrige Liebe.«
Das Onimädchen wandte lediglich beleidigt ihren Kopf zur Seite.
»Und da wären wir auch schon bei der Wachstube« Geflissentlich überspielte Jastany dass sie extrem genervt war vom ständigen Genörgel ihrer besten Freundin. »Hallo?«, wandte sich die Kitsune an den Mann an der anderen Seite der Theke.
»Was kann ich für euch beiden Hübschen tun?«
»Ja, wir sind die Neuen. Das ist Gādo und ich bin Jastany.«
»Ah, die Frischlinge. Ich ziehe meinen Hut vor eurem Mut.«
»Nun ja«, meinte die Kitsune etwas verlegen. Sie hätte nicht gedacht dass ihr Ruf ihnen soweit vorauseilen würde.
»Ich meine, der König wollte euch bei der ruhigen Stadtwache haben, doch ihr beide wolltet lieber als Frontsoldaten gegen unsere Feinde zu Felde ziehen. Natürlich wisst ihr dass die wenigsten von dort zurückkehren.«
Jastanys Züge erschlafften. Dieses Herrscher-Arschloch hatte sie beide in letzter Minute zur Front geschickt.
Fortsetzung folgt…
»Wie konnte das nur passieren«, fragte Jastany zum unzähligsten Male.
»Der Typ scheint dich aber mächtig hinters Licht geführt zu haben«, meinte Gādo breit grinsend.
Nachdem die Kitsune zusammengebrochen war weil es nicht so gekommen war wie sie es geplant hatte, erfuhren die beiden zu ihrem Verdruss auch noch dass sie zu spät dran waren um ihren Tross zu erreichen. Die Information über den Stellungswechsel hatte sie beabsichtigt zu spät eintreffen lassen. Und nun war da dieser Hauptmann der es absolut nicht leiden konnte wenn seine Leute zu spät kamen. So hatte er die beiden von Anfang an auf den Kieker.
»Gegen wen ziehen wir eigentlich ins Feld?«, fragte Gādo fröhlich summend ihren Hauptmann.
»Wir kämpfen gegen die Tengu«
»Was zur Hölle ist denn ein Tengu?«
»Was ein Tengu ist, fragst du Fuchsohr?! Jeder Tengu der unsere Nachbarstadt Rinjin besetzt ist unser Feind. Mehr brauchst du nicht zu wissen.«
»Tengu sind niedere Yōkais«, flüsterte Gādo
»Und was ist ein Yōkai?«
Der Hauptmann begann zu lachen. »Was ein Yōkai ist, will die Fuchsdämon wissen.«
Etwas peinlich berührt erklärte das Onimädchen: »Ein Ungeheuer. Wie etwa ein Oni … oder eine Kitsune.«
»Soll das heißen, wir kämpfen gegen unsere eigenen Artgenossen.«
»… Vielleicht«, erwiderte Gādo achselzuckend.
Jastany murrte verdrießlich vor sich hin. Es wurde immer besser und besser.
Fortsetzung folgt…
»Achtung! Krähen-Tengus!«
Ein Schwarm aus schwarzen Federn stürzte sich auf die Kompanie herab.
Jastany konnte sich gerade noch ducken, während Gādo mit ihrer Keule nach den Feinden schlug.
Darauf folgte ein großes Durcheinander. Die Kitsune fühlte nur wie etliche Krähenfüße sie packten und ihn die Höhe hoben. Etwas sauste durch die Luft und traf den Angreifer. Plötzlich bekam Jastany einen dumpfen Schlag auf den Hinterkopf und sie sah gerade noch benommen wie Gādos Eisenkeule zu Boden fiel und sie selbst gleich hinterher. Darauf packten kräftige Hände die Kitsune an der Schulter und zogen sie von der Schlucht fort. Wie durch Watte hörte Jastany das Onimädchen fluchen und als sie hochblickte sah sie ihre Freundin die die Tengus mit ihrer Waffe auf Abstand hielt, während um sie herum ein Gefecht stattfand.
»Lasst meine Freundin in Ruhe ihr Krähenviecher!«, tobte Gādo über den Schlachtenlärm hinweg.
Plötzlich löste sich Geröll von der gegenüberliegenden Felswand und rollte über die Kämpfenden hinweg. Die meisten konnten ausweichen.
Jedoch nicht Jastany. Sie schaffte es gerade noch in der Panik benommen aufzustehen, doch den Felsbrocken bemerkte sie zu spät.
Auf einmal schien die Zeit viel langsamer zu vergehen. Als die Kitsune ihren Blick für einen Moment zur Seite wendete sah sie eine weinende Gādo die auf sie zu stürmte, sie jedoch nie erreichte.
Fortsetzung folgt…
Gādo schlug mit ihrer Faust immer wieder in den Felsboden. Jastany hatte nie an die Front gewollt und jetzt war sie tot. Und das alles bloß weil irgend so ein Herrscher-Typ es befohlen hatte.
Alle Soldaten distanzierten sich vor ihr als sie lila zu glühen anfing. Einzig der Hauptmann wagte sich an sie heran und legte seine Hand auf ihre Schulter. Das Leuchten erlosch denn das Onimädchen wollte nicht schon wieder die Kontrolle verlieren. »Wenn du jemanden die Schuld geben willst, Oni, dann gib sie den Tengus die diesen Hinterhalt legten.«
»Aber was ist«, schniefte sie als die Tränen sie vollends übermannten. »Was ist wenn Jastany diesen Absturz überlebt hat?«
Der Hauptmann schüttelte nur den Kopf, aber Gādo wollte es nicht glauben. »Jastany lebt«, redete sie mehr zu sich als zu den anderen. »Sie wird wiederkommen. Das weiß ich. So leicht bringt sie keiner zur Strecke, ihr werdet schon sehen! Und dann wird sie später wieder zu unserem Trupp stoßen.«
Damit stand das Onimädchen auf und lief weiter. »Kommt ihr faulen Säcke! So wie ich meine Freundin kenne ist sie schon längst beim Zeltplatz wenn wir ankommen. Glaubt mir sie ist ziemlich schnell und sicherlich macht sie sich auch sorgen um uns.«
Die Soldaten konnten nicht anders als dem Oni mit traurigen Blicken hinter herzuschauen.
Fortsetzung folgt…
Jastanys Fall war zu ihrer eigenen Überraschung bloß von kurzer Dauer. Sie landete sanft in einem Spinnennetz, nachdem sie etliche andere die nun über ihr lagen durch ihr fallen zerstört hatte.
Der Felsbrocken welcher sie in die Tiefe gerissen hatte sauste nur knappe neben ihr weiter hinunter. Zu ihrem Glück waren die Spinnenfäden stabil so dass sie sich daran festhalten konnte.
Jedoch blieb ihr plötzliches Auftauchen in dieser finstren Welt nicht unbemerkt. Eine riesige, schwarzbehaarte Spinne krabbelte auf die Kitsune zu um sie zu fressen. Ein kurzer Blick nach unten verriet Jastany dass ein weiterer Fall gut und gerne von den anderen Netzen gebremst werden konnte und so ließ sie einfach los und eine verärgerte Riesenspinne zurück.
Als sie schließlich doch noch auf den Boden landete schaute sie nach Oben nur um Festzustellen, dass es besser war durch die Schlucht zu reisen statt nun mühevoll hochzuklettern. Wahrscheinlich war der Trupp sowieso schon weitergezogen in dem Glauben sie sei Tod. Jastany wollte sich gar nicht ausmalen wie Gādo sich vermutlich gerade fühlte. Sie musste unter allen Umständen zum Treffpunkt gelangen koste es was es wolle.
Und so setzte die Kitsune ihren Weg fort. Trotzdem beschlich sie eine ungeahnte Furcht vor dem was an diesem finstren Orte lauern könnte. Aber sie wollte weiter gehen. Unter jedem Preis.
Fortsetzung folgt…
»Wie lang ist denn diese muffige Höhle noch?«, stöhnte die Kitsune.
Schließlich vernahm sie ein Geräusch. Eine achtköpfige Schlange schob sich durch die Spalten im Gestein.
»Ach du Scheiße! Was ist das denn schon wieder?!«
Unverzüglich nahm Jastany die Beine in die Hand. Sie war noch nie eine Heldin gewesen und von einer Riesenschlange verspeist zu werden stand bestimmt nicht auf ihrer To-Do-Liste. Wieder einmal war sie für ihr Überlebenstraining dankbar welches ihre Füße eilen ließ wie nie zuvor in ihrem menschlichen Leben. Plötzlich blieb die Schlange jedoch zurück und zischte ein Gerippe an. Jastany drehte sich um und sah sich das Schauspiel an. Sie ging näher an den Toten heran. Sie sah dass er in seiner Hand einen Pinsel von der Größe eines Schwertes hielt. Mit äußerster Vorsicht entnahm sie das Malwerkzeug dem Toten. Dabei bewegten sich die Köpfe der Schlange mit dem Pinsel, so als würden sie ihn nicht aus den Augen lassen wollen.
»Ja, genau! So ist es gut. Bleib bloß weg vom Pinsel.«
Die Schlange zischte verärgert.
Jastany unterdessen Schritt weiter rückwärts bis die Schlange sich abwandte und eine andere Richtung einschlug. Danach begutachtete sie das Werkzeug genauer. Es war ein ganz normaler Pinsel. Aber sie steckte in auf ihrem Wege lieber doch mit ein. Vielleicht konnte er noch nützlich sein.
Fortsetzung folgt…
Kenmeina seishin konnte es nicht fassen. Nach allem was er selbst getan hatte um den Onijäger aufzuspüren und zu beauftragen hatte er es nicht geschafft. Nicht nur dass sein Bluthund wie vom Erdboden verschwunden war, nein, nun machte auch noch sein Gläubiger und Kunde Shuten Dōji mächtig Druck auf den Marderhund damit er ihm die Kitsune brachte.
Nun half nur noch eines. Es würde die hyakki – die hundert Geister – heraufbeschwören und sie auf die beiden Flüchtigen hetzen. Wenn sie die beiden nicht aufhalten konnten dann schaffte es keiner. Allerdings brauchte er dafür noch einige Ingredienzien sowie Haare der beteiligten Personen die von den Geistern heimgesucht werden sollten.
Sofort rief Kenmeina seishin seine Torotabou – wiederauferstandenen Bauern – herbei um alles nötige zu beschaffen. Einer von ihnen brachte zudem einen Brief für seinen Meister. Der Marderhund überflog rasch die Zeilen und ein gewinnendes Lächeln stahl sich auf seine Züge. Darin stand dass Jastany und Gādo auf den Weg waren um Rinjin aus den Klauen der Tengu zu befreien. Dies waren endlich gute Neuigkeiten. Nun musste er sich nur noch überlegen an welchen Strippen er ziehen musste um an die Haare der beiden zu kommen. Aber erst einmal würde er sich selbst in seine Residenz in die Herbstlande bequemen müssen, um schneller reagieren zu können sollte etwas schief laufen.
Fortsetzung folgt…
Während ihres Weges aus der Schlucht schlug Jastany gelangweilt mit dem Pinsel um sich. Zum einen war sie heilfroh dass es keine weiteren Unannehmlichkeiten gab andererseits hätte sie sich über etwas Spannenderes durchaus gefreut. Und wenn es auch bloß ein Hase zum hinterherjagen wäre. Während sie sich den mit schwarzer Tinte verkrusteten Pinsel ansah wie er die Luft zerteilte, wurde ihr erst wirklich bewusst wie lange sie doch nicht mehr gemalt hatte.
Früher hatte sie jeden Tag gemalt. Vor allem Füchse natürlich. Doch dann kam der Abi-Stress, Vorprüfungen, Klausuren, Sportvereine und so weiter. Da blieb letztlich keine Zeit zum Malen.
So ließ sie den Pinsel auf den Boden fallen und seltsamerweise malte er mit seiner schwarzverfärbten Spitze so als habe man ihn gerade erst in Tinte getunkt. Egal wie lange die Kitsune den Pinsel auf dem Boden ließ, die Farbe blieb konstant. Als sie eine Rast machte, malte sie aus einer Laune heraus einen Schmetterling. Kaum war sie fertig, erhob sich das Kunstwerk prompt in die Lüfte. Jastany staunte nicht schlecht als sie das Gekritzel beim Fliegen zusah. Somit war es ohne jeden Zweifel ein Zauberpinsel den die Kitsune durch Zufall wiederentdeckt hatte. Und den Kerben nach zu urteilen war es eine Waffe und ein Malwerkzeug in einem. Jastany hatte somit ihre eigene Hauptwaffe gefunden.
Fortsetzung folgt…
»Puh! Endlich aus der Schlucht raus«, stöhnte Jastany als der Gang sich verbreiterte und endlich sein Ende fand.
Während der Pausen hatte Jastany versucht ihre eingerosteten Malkünste wieder aufzufrischen und während ihrer Wanderschaft überlegte sie die Vorteile ihrer neuen Waffe. Inzwischen wusste sie, dass nur die Zeichnungen lebendig wurden die auch lebende Wesen darstellten. Gegenstände konnte man hingegen so unmöglich es sich für einen auch anhörte, aus dem Boden heben und herumtragen wie man wollte. Die Kitsune hatte sogar einmal mehrere Kisten übereinandergestapelt.
Aber dies spielte momentan keine Rolle. Als Jastany es zum Abhang schaffte erstreckten sich vor ihr ein gewaltiges Zeltlager und dahinter eine Burg mit gewaltigen Steinmauern. Dies war es also. Hier würden die beiden Freundinnen kämpfen.
Nun galt es jedoch zunächst erst einmal Gādo aufzutreiben. Dies konnte selbst bei einem Zeltlager dieser Größe problematisch werden. Doch dann wurde sich die Kitsune bewusst über wen sie hier sprach. Sie musste nur nach jedem Stand suchen der Sake ausschenkte und dann war es der Stand dessen Kampflärm schon vom weitem zu hören war. Es würde überhaupt kein Problem werden Gādo zu finden. Die würde sich nie ändern.
So machte sich die Kitsune auf das doch recht große Zeltlager nach ihrer Freundin zu durchsuchen. Schließlich fand sie das Onimädchen dort wo sie sie vermutet hatte.
Fortsetzung folgt…
»Du nimmst das was du *hicks* über meine Freundin *hicks* gesagt hast sofort zurück!«, hörte die Kitsune eine schwerlallende Stimme.
Das kann nur eine sein, dachte sich Jastany.
»Sie *hicks* ist nicht tot, kapiert?!!«
Die Kitsune kam gerade um die Ecke wo sie ihre Freundin stark schwankend mit erhobenen Fäusten entdeckte. Auf der anderen Seite waren etliche grün und blau geprügelte Soldaten. Aus einer Neugierde heraus lehnte sich Jastany gegen die nächstbeste Zeltwand und wartete darauf von Gādo entdeckt zu werden.
Einer der Soldaten war töricht genug die Situation entschärfen zu wollen. »Hör gut zu, Oni. Wir wissen nicht ob deine Kitsune-Freundin noch lebt.«
»Ich weiß es«, kam es trotzig zurück.
»Besser ihr geht unserem Oni aus dem Weg. In dem Zustand ist sie unzähmbar«, meinte der Sakekrug.
»Ihr kennt sie alle gar nicht!«, grölte die Betrunkene. »Sie sieht genauso aus wie die Kitsune dort drüben!«, damit nahm sie noch einen Schluck. »Bloß ist sie nicht ganz so hässlich.«
Fassungslos stieß Jastany die Luft aus. »Ich bin es wirklich, du betrunkene Hohlbirne!«
»Hab ich doch gesagt!« Nach einem Moment des Nachdenkens senkte Gādo den Krug. »JASTANY!«, rief sie freudig aus rannte auf ihre beste Freundin zu. Beide umarmten sich und vermutlich wäre dies ein herzergreifender Moment gewesen, hätte Gādo sich nicht auf Jastanys Füße übergeben.
Fortsetzung folgt…
»Das ist es, ihr Maden!«, scholl die Stimme des Hauptmannes über die Köpfe seiner Soldaten hinweg. »Wir werden den Tengus Rinjin aus ihren Klauen reißen! Wer den heutigen Tag überlebt wird Ruhm ernten. Auf in die Schlacht!«
Mit wildem Kampfgebrüll stürmten die Soldaten der eingenommenen Festung entgegen. Die Kitsune und das Onimädchen waren ganz vorne mit bei. Doch statt einfach die Leitern zu besteigen nutzten sie ihre eigenen Wege. Jastany malte einen Tunnel mit ihrem Pinsel in die Wand welchen sie durschritt, während Gādo die steile Fassade hinaufrannte wie eine Irre.
Auf der anderen Seite der Mauer erwarteten die beiden Gefährtinnen seltsame Wesen mit langen Nasen. Jastany hatte das Überraschungsmoment auf ihrer Seite und konnte die Feinde mit dem stumpfen Ende ihrer Waffe niederschlagen. Das Onimädchen hingegen landete auf dem Wall und schwang die Keule im weiten Bogen um sich. Wie der Schlachtplan war hatte sie bereits wieder vergessen.
Die Kitsune erinnerte sich hingegen daran. Sie sollten über die Mauer klettern und das Tor öffnen damit die restliche Streitmacht einmarschieren konnte. Als die überrumpelten Feinde ihre Gegnerin bemerkten, sauste diese bereits wie ein Blitz durch ihre Reihen. Sie rannte Schnurstraks auf den Torhebel zu.
Unterdessen lenkte Gādo mit ihrem Gebrüll die Feinde ab.
Als Jastany jedoch das Tor herunterlassen wollte erlebte sie eine unangenehme Überraschung.
Fortsetzung folgt…
Plötzlich landete ein Schatten vor Jastany. Es war der Verseschmied. Ohne großes Reden stürzte er sich auf die Kitsune, schleuderte seine Waffe wodurch die Kette sich um den Pinsel wickelte und ihn aus Jastanys Händen riss.
»Lass meine Freundin in Ruhe, du Wichser!«, schrie Gādo welche vom Wall herabsprang.
Sofort sprang der Maskierte nach hinten und bedeutete dem Onimädchen gegen ihn anzutreten.
Die Kitsune tat unterdessen das woran sie unterbrochen worden war. Sie betätigte den Hebel und ließ die verbündeten Truppen hinein. Darauf hob sie ihren Pinsel wieder auf und schloss sich Gādo an, die große Mühe damit hatte den Verseschmied zu besiegen. So wie es aussah waren die beiden gleichstark. Aber nun würde Jastany ihre eigenen Fähigkeiten in die Waagschale werfen. Jedoch schien dies dem Maskierten zu riskant zu sein, worauf er sich schleunigst zurückzog.
Allerdings kamen dann diese Nasen-Tengus zuhauf angerannt, umzingelten die Beiden und wollten sie übermannen. Doch sie kannten die Kämpferinnen schlecht. Gādo legte ein kampflustiges Grinsen auf und Jastany hob mit ernster Miene ihren Pinsel hoch.
Darauf geschah alles ziemlich schnell. Die Kitsune und das Onimädchen schlugen mit unglaublicher Kraft und Schnelligkeit zu. Jastany hatte nicht einmal gewusst dass sie derart zuschlagen konnte. Als schließlich die Verstärkung eintraf war die Hälfte der Truppen von den Beiden im Alleingang besiegt worden.
Fortsetzung folgt…
Die restlichen Tengus waren schnell besiegt und dies war zu großem Teil den Freundinnen zu verdanken.
Die darauffolgende Siegesfeier war lang und ausgiebig. Die Ausgelassenheit dieser Wesen war mit keinem Saufgelage der Menschenwelt zu vergleichen. Es wurde getanzt, gegrölt und gelacht ohne irgendwelche Avancen von betrunkenen Soldaten, sich entkleidenden Menschen oder gar Schlägereien. Es war einfach nur ein vergnügliches Fest.
»Habt ihr gesehen wie ich diese Langnasen mit meinem Pinsel verdroschen habe?«, tönte Jastany angeheitert. »Das war so bamm, bamm und dann bähm! Und dann wieder bamm.«
»Hast du eigentlich diesen maskieren Dreckskerl gesehen? Der ist so etwas von davongelaufen als du angekommen warst«, meinte Gādo.
»Der konnte es wohl nicht vertragen von zwei Frauen verdroschen zu werden.«
Beide verfielen in angetrunkenes Gekicher.
Gādo küsste Jastany auf die Wange.
»Wofür war das denn?«
»Dafür dass du meine beste Freundin bist. Du bist sogar von den Toten wiederauferstanden.«
»Ich war niemals tot, nur verschollen«, korrigierte die Kitsune. »Aber ich habe dich auch lieb.« Worauf eine schwesterliche Umarmung folgte.
Bald darauf schliefen die beiden tief und fest im Arm der jeweils anderen.
Der Hauptmann trat an die beiden heran. »Hmpf. Wer hätte gedacht dass diese Chaoten uns den Sieg bringen würden?«, meinte er zu sich selbst murmelnd und ließ die beiden nun den Schlaf der Gerechten führen.
Fortsetzung folgt…
Yamag lauerte im Schatten und sah seiner Beute beim Rauschausschlafen zu. Ein Teil von ihm wollte sie im Schlaf töten, doch ihm war eine derartige Handlung zuwider. Sie war nicht episch genug und passte nicht zu dem Bild das er verkörperte. Natürlich war er auch nur geflohen um zu verwirren und NICHT weil er gegen die zwei gemeinsam allein unterlegen gewesen wäre. Dies alles war nur ein glorreicher Trick gewesen den er selber noch nicht verstand.
Aber er hatte sie mithilfe seiner Informanten wieder aufspüren können. Und das nächste Mal war er auf sämtliche Finten und Tricks der Kitsune vorbereitet.
Yamag merkte nicht wie sich eine zweite Gestalt neben ihn gesellte. »Schöner Abend heute, nicht?«, meinte sie mit krächzender Stimme.
Der Onijäger nickte bloß, da er momentan zu Müde war um spontan Verse zu schmieden. Dies war auf Dauer nämlich ganz schön anstrengend.
»Ich bin im Auftrag unseres Klienten hier, um dich zu unterstützen.«
Unverblümt schaute Yamag den Fremden in seinem Krähenmantel an. Dabei fiel sein Blick auf die Kristallkugel die er in der Hand hielt.
Dieser Auftrag schien wahrlich bedeutend zu sein, wenn so viele finstre Gesellen hinter den beiden her waren.
Ohne ein weiteres Wort ging der Fremde von dannen und rupfte jeden einzelnen der beiden einige Haare aus.
Wahrlich bedeutend dieser Auftrag.
Fortsetzung folgt…
»Okay, Leute, Abmarsch! Wir ziehen wie befohlen ab«, brüllte der Hauptmann über das Zeltlager welches gerade abgebrochen wurde.
»Muss der Kerl eigentlich immer so rumbrüllen?«
»Er ist Hauptmann, vermutlich gehört das einfach dazu«, meinte Jastany zu ihrer Freundin.
»Irgendwie schade, dass unsere Zeit hier so kurz war«, seufzte Gādo.
»Irgendwie schon. Es war auf der einen Seite natürlich sehr Spaßig andererseits aber auch sehr gefährlich.«
»Bestimmt werden wir bald wieder an die Front geschickt, so wie uns der Herrscher hasst«, meinte Gādo verschmitzt lächelnd.
»Oh ja!«, freute sich Jastany bereits. »Wenn wir hier fertig sind, sollten wir den anderen helfen, dann kommen wir schneller zu unserem nächsten Einsatz.«
»Gute Idee.«
»Wenn ihr beide verreckt werde ich auf euren Gräber tanzen«, meinte der Tonkrug aber beide ignorierten ihn. »Wenn ich das richtig mitbekommen habe, werdet ihr beide bald eh die Scheiße mächtig an den Hacken haben.«
»Ach du. Du bist doch bloß eifersüchtig weil wir nichts für dich übriggelassen haben«, meinte das Onimädchen mit einer abtuenden Handbewegung.
»Okay. Ganz wie ihr meint. Ich bin zwar bloß hundertundzwölf aber eines habe ich gelernt: Es ist nie gut wenn eine finstre Gestalt Haare von einem klaut. Ernsthaft!«
Die beiden überhörten den Tonkrug geflissentlich und halfen weiter beim Zeltabbau, ohne zu ahnen welche Konsequenzen dies für sie haben würde.
Fortsetzung folgt…
Der Fremde führte Yamag zum Marderhund Kenmeina seishin, welcher ungehalten auf den Onijäger herabsah.
»Es hat mich viel gekostet dich aufzuspüren. Ich weiß, dass es nicht leicht ist für einen Ausländer überhaupt einen Ruf hier aufzubauen. Aber egal wie viel es mich kostet dich zu engagieren. Es würde ebenso kostspielig sein dich ausradieren zu lassen. Eine Strippe hier und da und schon werden alle dich jagen. Schließlich bist du ein Versager der mich einiges gekostet hat und es gibt kaum etwas Schlimmeres als ein Verlustgeschäft. Also ziehe dich zurück und hoffe, dass ich es dabei belasse.« Mit einer wedelnden Handbewegung bedeute der Marderhund Yamag sich zu entfernen, doch dieser ließ sich so nicht vor die Türe setzen.
»Sagt mir, wer besser für diesen Auftrag geeignet sein sollte als ich!«
»Wenn du es denn nun unbedingt wissen musst«, stöhnte Kenmeina seishin. »Mein Freund Kurōbā hat mir alle Gegenstände gebracht die benötigt werden um die hyakki heraufzubeschwören.«
»Die hundert Geister?!«, entfuhr es dem Onijäger. Er konnte nicht glauben was er da hörte. »Aber diese Wesen sind nicht kontrollierbar und wenn doch so reicht ein falscher Schritt und die gesamte Welt wird in ewige Finsternis gehüllt. Damit will ich nichts zu tun haben! Ich gehe.«
Yamag kannte welche die mächtig genug waren um es mit dieser Armee aufzunehmen.
Fortsetzung folgt…
Kenmeina seishin war froh den Maskierten aus seinen Reihen entlassen zu haben. Jedoch würde er diesen Versagen nicht ohne Folgen laufen lassen. Aber damit würde er sich befassen, sobald er der Atem von Shuten Dōji nicht mehr im Nacken spürte.
Nun galt es jedoch zunächst die hundert Geister heraufzubeschwören. Rachsüchtig waren sie und jagten jeden zu Tode dessen Haare bei dieser Zeremonie mit verschiedenen Kräutern und anderen Utensilien verbrannt wurden. Sie waren wie eine Plage und hinterließen bei ihrer Jagd nichts als Schutt und Asche, auf eben jenem Pfade auf denen ihr Opfer wandelte. Und sie würden solange kämpfen bis Jastany und Gādo tot waren. Jedoch waren beide viel zu zäh um sich von dieser Horde bezwingen zu lassen. Zwar konnte der Marderhund auf das Onimädchen verzichten, doch die Kitsune musste überleben. Und wenn die beiden von den hundert Geistern nicht mehr belästigt werden wollten mussten sie sich selbst an Kenmeina seishin ausliefern. Kurōbā war bereits auf dem Weg um sicherzugehen dass die Botschaft auch ankam.
Nun jedoch nutzte der Marderhund seine magischen Kräfte um die hyakki zu rufen. Er spürte ihren kalten Griff. Ihr Flüstern im Schatten. Ihre blutdurstigen Gedanken. Der Himmel über dem Anwesen veränderte sich und eine heulende Schar stürzte sich aus dem dusteren Höhen herab, um die Anderswelt erneut zu plagen.
Fortsetzung folgt…
»Öh, ist das da hinter uns normal?«, fragte Jastany.
Gādo blickte zurück und sah den lilanen Strudel von dunklen Wolken der sich immer weiter ausbreitete. »Unter gewissen Umständen, ja.«
»Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Welche Umstände wären das?«
»Wenn jemand bekloppt genug war die hyakki heraufzubeschwören, dann wäre das normal. Die sind nämlich eine Geisterhorde die ihre Opfer heimsuchen und sie töten wollen. Oh, man. Die armen Schweine die nun verfolgt werden.«
»Also geht uns diese ganze hyakki-Geschichte nichts an?«
»Nein, bloß die Konsequenzen ihres Erscheinen. Die da wären: Naturkatastrophen, Wetterphänome, ewige Finsternis und noch einiges andere.«
»Dann sollten wir besser machen, dass wir zurückkommen. Sonst holen die uns noch ein.«
»Ja, da hast du wohl recht«, meinte das Onimädchen und legte mit Jastany noch einen Zahn zu. Der Rest der Kompanie tat es ihnen nach, da sich niemand mit der Geisterhorde anlegen wollte.
Schließlich meinte Jastany. »Das wäre aber auch ein schönes Abenteuer geworden mit diesen hyakki. Ich meine, wenn es uns etwas angehen würde.«
»Joah, stimmt schon irgendwie«, gab Gādo zu.
»Aber andererseits kann man auch nicht alles haben und sich überall einmischen.«
»Stimmt.«
Obwohl ein Teil von Jastany traurig war, dass sie den hyakki niemals begegnen würde, so freute sich doch ein anderer Teil auf eine ruhige Heimreise.
Fortsetzung folgt…
Gādo aß voller Eifer ihre Schüssel Reis.
Jastany hingegen konnte ihre Mahlzeit nicht recht genießen. Immer wieder fielen ihr die Blicke der Soldaten auf.
Schließlich jedoch setzte sich einer von ihnen mit einem spöttischen Lächeln direkt neben den Fuchsgeist. »Du bist also eine Kitsune«, meinte er mit einem lauernden Unterton.
Jastany hingegen antwortete lediglich mit einem Achselzucken. »Und wenn schon.«
»Sind die eigentlich echt?«, fragte er hämisch und wollte ihre Ohren anfassen. Jedoch ging eine Hand dazwischen.
»Fass sie an und ich breche dir sämtliche Knochen«, knurrte Gādo.
Mit einer entwaffnenden Geste zog sich der Soldat zurück. »Schon gut. Ich wollte nur sicher gehen. Ich hörte nämlich sie sei als Mensch aufgewachsen.«
»Ja, und?«, bestätigte Jastany.
»Menschen sind wie Ungeziefer und haben keinen Platz in der Anderswelt. Aber du bist von ihnen aufgezogen worden. Woher sollen wir also wissen dass du kein Mensch bist?«
»Reichen die Ohren und Zähne nicht?«
Belustigt schüttelte der Soldat seinen Kopf. »Ein Fuchs ist erst dann ein Fuchs wenn er einen Schweif besitzt und du hast keinen einzigen.«
»Ich lerne halt noch ein Fuchs zu sein«, gab Jastany leicht genervt zurück. Dieser Soldat zerrte wirklich an ihren Nerven.
»Ein Fuchs?!«, keuchte der Soldat. »Ein Mensch bist du! Und du hast unsere gesamte Kompanie beim Kampf entehrt. Das wirst du büßen!«
Fortsetzung folgt…
Der streitlustige Kerl zog seine Kling und sah Jastany herausfordernd an. »Na, komm doch her, kleines Menschlein. Du glaubst die Tengus sind schlimm? Ich bin schlimmer.«
Gādo legte Jastany eine Hand auf die Schulter und beugte sich zu ihrem Ohr. »Schaffst du den allein?«
Die Kitsune wandte dem Mund ihrer Freundin zu. »Na klar. Aber halte dich besser bereit sollten seine Kumpel einen Zweikampf für unfair halten.«
»Was ist denn nun schwaches Mädchen? Brauchst du erst die Zustimmung deiner hässlichen Onifreundin?«
Jastany distanzierte sich etwas von Gādo. Das war ein großer Fehler, dachte sie sich.
Mit einem Mal stieß das Onimädchen den Tisch beiseite wobei er mehrere Soldaten erwischte und mit Essen bekleckerte.
»Was hast du da gesagt?!«, schnaubte sie.
Jastany blickte nur zur Seite und sah die anderen wütenden Soldaten mit gezogenem Schwert auf sie zukommen. »Das war es wohl mit einer friedlichen Heimkehr. Wäre auch zu schön gewesen.«
Gerade noch konnte die Kitsune unter dem Schwerthieb tauchen bevor er ihre Schultern von ihrem Kopf befreien konnte.
»Verdammtes Menschenpack«, grölte es durch die Gaststätte.
Jastany wusste sofort was zu tun war. Sie ging zu ihrer Freundin und stellte sich mit ihr Rücken an Rücken. »Noch gar nicht lange her, dass wir das gemacht haben, nicht wahr, Gādo?«
»Worauf du schwanzlose Kitsune einen lassen kannst.«
Fortsetzung folgt…
Jastany schwang den Pinsel hoch über ihren Kopf erhoben und aus einer schelmischen Laune heraus malte sie einem ihrer Gegner einen Schnurrbart unter die Nase. Verdutzt blickte der Soldat nach unten und merkte nicht wie das stumpfe Ende des Pinsels auf seinen Kopfe niederschlug.
Gādo hingegen verwüstete fast die gesamte Gaststätte.
»Du sollst die Typen bloß K.O. hauen und nicht gleich alles kurz und klein schlagen.«
»Sorry, aber meine Keule kann sich nicht zurückhalten.«
Jastany gluckste. »Ja, klar.«
»Was ist denn hier los?«, erstickte die eisig schneidende Stimme des Hauptmanns unverzüglich die Keilerei.
Wie eine einzelne Person zeigten die Freundinnen auf die bewusstlosen Soldaten und meinten: »Die haben angefangen«, wie aus einem Munde.
»Egal wer hier angefangen hat, ihr räumt das alles wieder auf! Jedes-einzelne-Reiskorn.«
Von allen die jaulten waren die Freundinnen diejenigen deren Klagen die lautesten waren. Jedoch übertrafen sie die Wachleute dabei nur um ein kleines Bisschen. Bereits nach ein paar Minuten begann die ganze Sache von neuem und Auslöser war wieder einmal dass Jastany noch nicht über einen einzigen Schweif verfügte. Wie dem auch sei, kaum dass der Hauptmann von seiner Unterredung mit den Betreibern wiederkehrte um sie ob der Zerstörung zu beschwichtigen, ließ er alle seine Leute noch einmal von vorne beginnen. Bloß dieses Mal geschah dies unter seiner strengen Aufsicht.
Fortsetzung folgt…
Der Sakekrug lebte glücklich und zufrieden in einer Schenke. Er redete viel mit den Besuchern die aus aller Herren Länder kamen und lernte viel obwohl er nie die Taverne verließ. Dann kam jener unglückselige Tag an dem ein rotehaariges Onimädchen seine Welt betrat und dabei keinen Stein auf dem anderen ließ.
Zuerst hielt der Sakekrug sie einfach für verrückt und hoffte sie würde baldig abziehen, doch kamen zwielichtige Gestalten, welchen Geld von dem Oni forderten. Das Mädchen lachte sie nur aus und bedrohte die Ganoven mit ihrer Keule. Das Ende vom Lied war dass die Schenke in Flammen aufging. Alle flohen und vermutlich wäre der Sakekrug in dem Feuer verbrannt, doch das Onimädchen Gādo nahm das Gefäß mit und rettete es so. Anfangs war es ziemlich dankbar dafür, doch schnell war klar dass dieses Mädchen nicht im Geringsten daran dachte den Gegenstand seinen rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. Stattdessen behielt sie den Sakekrug einfach.
Schnell lernte er seine neue Besitzerin zu hassen. Sie war ungehobelt und leichtsinnig. Unzählige Male war der Krug nur knapp seinem Ende entronnen. Schon nach kurzem konnte er nicht mehr zählen wie oft ihn Gādo nach dem entleeren gegen die nächstbeste Wand schleudern oder wie oft sie ihn auf den Kopf von jemand hauen wollte.
Noch heute träumte er von seiner friedlichen Vergangenheit.
Fortsetzung folgt…
Im abendlichen Zeltlager saßen alle beisammen. Die meisten der Soldaten leckten sich ihre Wunden von der Prügelei und einige kamen zu den beiden und gratulierten ihnen zu ihrem Sieg.
»So wie es aussieht haben wir nun den Respekt der Kompanie«, meinte Gādo.
»Aber nicht von jedem«, sagte Jastany als sie den Aufrührer sah wie er den beiden verächtliche Blicke zuwarf.
»Ach vergiss den. Wir haben zwei glorreiche Schlachten geschlagen und uns damit eta- wie heißt das Wort noch?«
»Etabliert?«
»Ja, genau.«
Jastany lachte auf. »´Zwei glorreiche Schlachten´«, äffte sie Gādo nach. »Mal ehrlich, wir haben durch Glück einen Ansturm auf eine Festung überlebt und ein paar betrunkene Idioten vermöbelt.«
»Jede Legende verdient es ausgeschmückt zu werden«, meinte das Onimädchen. »Außerdem kenne ich Typen die Glück hatten zuhauf. Die meisten davon sind an Wundbrand gestorben. Kein schöner Tod. Nein, nein, wir haben die Belagerung durch Können gewonnen.«
»Durch Können? Die Tengus waren nicht darauf vorbereitet gewesen dass jemand den Wall ohne Leiter hinauf stürmt oder sich durch die Mauer malt.«
Beide fingen an zu lachen.
»Wir haben alle nur überrumpelt, weil keiner uns auf der Rechnung hat, doch das wird sich ändern wenn wir so weiter machen. Wer weiß, vielleicht ist ja schon die nächste Katastrophe auf den Vormarsch und dann können wir uns nicht herauswinden.«
Fortsetzung folgt…
Nachdem die Soldaten das Gasthaus so gut wie zur Gänze zerstört hatten suchte das Gebäude auch schon die nächste Katastrophe heim.
Die hyakki ritten auf den stürmischen Wolken um diejenigen mit dem Namen Jastany und Gādo zu töten. Sie hatten ihre Spuren von Rinjin bis hin zum bedauernswerten Gasthaus verfolgt. Mit lautem Gebrülle, Gekicher und wildem Schreien stürzten sich die hundert Geister auf das kleine Häuschen, um es in Brand zu setzen. Die Inhaber mit ihrer Familie quälten sie solange bis sie ihnen sagten wohin die beiden gegangen waren, doch das interessierte die Geister nicht. Sie konnten ihre Beute riechen und egal wo sie sich in der Anderswelt versteckten, sie würden nirgends sicher vor ihren Verfolgern sein.
Jedoch wollten sie das Blut nur vergießen, um diese verdammte Welt für immer vom Lichte zu befreien und die Dunkelheit über allen herrschen zu lassen. Doch leider war es immer dasselbe bei der Beschwörung. Noch bevor die Geister ihre Opfer töten konnten wurden sie zurück in jene namenlose Leere geschickt darauf haarend erneut gerufen zu werden.
Doch dieses Mal nicht. Dieses Mal hatten sie vorgesorgt. Das Ritual würde nicht mehr rückgängig gemacht werden und sobald die Opfer tot waren würde die Finsternis hier auf ewige Zeiten herrschen. Und dieses Ziel würden die hyakki diesmal um jeden Preis erreichen.
Fortsetzung folgt…
Verträumt starrte der Herrscher auf dem Balkon zum Nachthimmel auf. Erst vor wenigen Minuten war eine Brieftaube mit den freudigen Nachrichten aus Rinjin eingetroffen. Alles in allem war die Schlacht gut gelaufen und die Flüchtlinge in seiner Stadt konnten nun nach Hause zurückkehren. Zudem soll es dank zwei tapferen Soldaten zu keinen nennenswerten Verlusten gekommen sein.
»Liebster, erinnerst du dich an die beiden Verrückten die in deine Dienste getreten sind?«, fragte die Herrscherin während sie ihren Schmuck für die Nachtruhe abnahm.
»Erinner mich bloß nicht an sie. Hoffentlich ist ihre Dreistigkeit ihnen zum Verhängnis geworden.«
»Aber, Liebster, was ist wenn sie diejenigen sind deren wegen die Schlacht so glimpflich verlief?«
»Unmöglich!«
Die Herrscherin gluckste. »Es ist nicht unmöglich. Was willst du tun, sollte es doch nicht so sein wie in deiner Fantasie? Hinrichten kannst du sie nicht, da sie dir die Lehnstreue geschworen haben und es schlecht für die Moral der Armee wäre wenn zwei Heldinnen hingerichtet würden.«
»Dann würde ich sie in das nächste Selbstmordkommando schicken!«, gab er barsch zurück, um danach sanfter weiterzuführen: »Aber es gibt keinerlei Grund dieses Szenario als möglich abzutun.«
»Wie viel würdest du darauf setzen, Liebster?«
»Du verspielte Katze willst wetten? Nun gut. Der übliche Einsatz?«
»Abgemacht. Hoffentlich haben sie überlebt, dann würden sie mir noch mehr Belustigung bringen.«
Fortsetzung folgt…
Mit zerknitterter Miene starrte der Herrscher auf den Hauptmann, Gādo und Jastany herab.
»Was ist denn mit dem los? Ist der Sake ausgegangen?«
Jastany zuckte mit den Schultern.
»Herr, wie befohlen präsentiere ich euch die beiden Heldinnen.«
»Na, Alter! Hast wohl nicht gedacht uns je wiederzusehen, was?«
Jastany boxte mit ihrem Ellenbogen gegen ihre breitgrinsende Freundin aus Angst hingerichtet zu werden.
Doch das letzte was die Kitsune erwartete war dass der Herrscher sich erschöpft setzte und sich die Stirn hielt. »Ich habe verloren«, stöhnte er.
»Wie meinen, Herr?« Jastany hatte den Hauptmann nie so sanft reden gehört.
»Ich habe mit meinem Weibe gewettet, dass die beiden tot wären.«
Jastanys Züge erschlafften ob solch makabren Wetten, während Gādo hingegen begann schallend zu lachen.
»Nun muss ich für ein ganzes Jahr den königlichen Müll raustragen und mindestens einmal in der Woche einen Abend mit ihr verbringen um zu reden. Schrecklich.«
Bis auf den Hauptmann schien sich das Mitleid bezüglich des Schicksals des Herrschers in Grenzen zu halten.
Nach einem längeren Moment des Nichtssagens welches lediglich durch Gādos Lachen unterbrochen wurde, meinte die Kitsune irgendwann: »Öh, und was jetzt?«
»Jetzt muss ich euch beide auf die nächste Mission ohne Wiederkehr schicken.«
Während Gādo in heftige Jubelrufe verfiel knickte Jastany ein, da sie gut eine Woche Urlaub vertragen konnte.
Fortsetzung folgt…
»Was bei den Kamis ist das?«, fragte der Herrscher entsetzt als er die dunklen Wolken über seinem Reich erblickte.
Doch Jastany und Gādo hatten lediglich Augen für einen alten maskierten Bekannten der wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Ohne großes Federlesen nahmen sie ihre Waffen und stürmte auf ihren Verfolger zu, welcher abwehrend mit den Händen wedelte. Doch die beiden ließen sich nicht beirren. Jedoch war ihr alter Feind nicht alleine gekommen, denn aus dem Himmel stiegen die hyakki herab und fielen wie ein Heuschreckenschwarm über die Stadt her wobei nicht wenige voller Mordlust durch die Fenster in den Thronsaal flogen. Doch die Heldinnen ließen sich davon nicht beeindrucken. Sie schlugen mit aller Macht um sich, doch sie kämpften letztlich gegen Gespenster die über keine feste Form verfügten die sich treffen ließ. Jedoch schafften sie es andersherum die Kitsune und das Onimädchen zu treffen.
Schließlich jedoch landete eine primitive Bombe auf dem Boden und explodierte in einer dunkelrosa Rauchwolke welche die Geister vertrieb und einen üblen Gestank hinterließ.
Der Maskierte schritt auf die beiden zu und ließ im Lauf seine Waffen fallen.
»Wenn ihr überleben wollt, kommt mit mir. Um sicher zu sein. Ich werde helfen die Geister loszuwerden.«
Jastany erkannte seine friedlichen Absichten. »Na gut, führe uns. Aber hör mit diesen bescheuerten Versen auf!«
Fortsetzung folgt…
Mit schnellen Schritten rannten die drei aus der Stadt und nahmen die hyakki gleich mit.
»Die Bewohner sollten jetzt sicher sein«, meinte Jastany als sie beim Rennen nachhinten blickte. »Wie heißt du eigentlich?«
»Ich bin Yamag der legendäre Onijäger. Schlächter von tausend Ungeheuern.«
»Nie gehört«, kam es von beiden wie aus einem Munde.
»So und wohin geht es jetzt?«, fragte Gādo.
»Zum Tempel des Hogo. Dort sind wir für eine Weile sicher.«
»Was meinst du mit einer Weile?«, hinterfragte die Kitsune.
»Beim Tempel gibt es einen Schutzwall gegen böse Geister. Aber gegen eine Horde wird die magische Kuppel auf Dauer nicht standhalten können.«
»Wie lange Yamag«, gab Jastany genervt zurück.
»Eine Woche. Vielleicht zwei. Danach bricht der Schutzwall zusammen und alle Geister fallen über uns her.«
»Na toll. Und was dann? Wir können nicht gegen sie kämpfen. Unsere Waffen gehen einfach durch sie hindurch.«
»Im Tempel ist ein alter Meister, welcher euch beibringen wird eure wahren Kräfte zu entfachen.«
»Schon wieder Training?«, stöhnte Gādo. »Können wir nicht einfach was trinken gehen?«
»Ja, hört auf den Oni! Lasst uns etwas trinken gehen, damit ich euch beim Sterben zusehen kann«, tönte der Sakekrug.
»Warum wollen uns eigentlich immer alle töten?«, keuchte die Kitsune vor Erschöpfung.
»Weiß auch nicht. Liegt uns vielleicht in den Genen«, meinte Gādo breitgrinsend.
Fortsetzung folgt…
Kenmeina seishin sah von seinem magischen Spiegel aus zu wie die hyakki über das Land herfielen und eine Spur der Verwüstung hinterließen. Der Marderhund empfand kein Bedauern bei all dem Tod Unschuldiger. Es hieß sie oder er. Und am liebsten war er immer sich selber.
Ein schauriges Lachen hallte durch den Raum. Verängstigt blickte Kenmeina seishin sich um. Ein Geist erschien ihm.
»Aber wie-wie kann das sein? Alle hundert Geister müssten doch hinter den beiden herjagen. Wie kann es sein dass einer abwegig ist?«
Der Geist lachte spöttisch. »Wir haben dazugelernt. Die Beschwörungsformel zählt für hundert Geister, dies ist wahr. Doch nun sind wir einhundertundeiner. Damit haben wir immer jemanden der sich frei bewegen kann. Jemanden der das tun kann, was bisher noch keiner zustande gebracht hat. Wenn wir nämlich denjenigen töten der uns entfesselt hat, können wir nie mehr zurückgeschickt werden, denn nur der Beschwörer kann uns entlassen.«
Der Marderhund wurde immer bleicher.
»Keine Sorge es wird nicht sehr wehtun. Wir wollen es ja schließlich schnell hinter uns bringen, nicht wahr?«
Doch ein plötzlicher Wind kam auf, wirbelte hundert Blätter empor hinter denen sich der Marderhund verbarg und schließlich dem tödlichen Blick seines Feindes entschwand.
Kenmeina seishin war nun selbst nicht mehr sicher und er bereute es bereits die hyakki jemals gerufen zu haben.
Fortsetzung folgt…
»Da ist der Schrein!«, rief Yamag.
Jastany schlug mit ihrem Pinsel durch den Kopf eines Geistes hindurch, doch das funktionierte nicht, da er sich automatisch wieder zusammensetzte. Also schlug sie durch die Hand welche ihr Bein festumklammert hielt, um frei zu kommen. Als sie alle schließlich die Barriere passiert hatten, was man daran erkannte dass die Geister sie nicht weiterverfolgten, schaute Jastany zu dem Hexenkessel welcher nun den Himmel darstellte.
»Ach du Scheiße!«, entfuhr es der Kitsune.
»Rein jetzt! Unsere Zeit unter Kuppel ist kostbar!«
Als sie in den Schrein kamen sahen sie einen alten Bekannten vor sich, der kein geringerer als Musubi war. »Musubi freut sich euch wiederzusehen, meine Freunde.«
»Hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen. Aber dieses Mal hältst du dich von meiner Keule fern!«
Der Kami nickte weise. »Einverstanden. Nun wir haben wenig Zeit um euch vorzubereiten, doch es sollte reichen.«
»Wie sollen wir die hyakki aufhalten? Wir treffen sie mit keiner Waffe.«
»Die hyakki sind ein Teil der Natur und nur eine ebensolche Gewalt kann sie besiegen.«
Jastany stöhnte. Immer redete der Kerl nur von Natur hier, Natur da.
»In jedem Wesen steckt eine Naturgewalt. Wir müssen sie nur in euch wecken.«
»Ich der große Yamag werde euch natürlich bei allem unterstützen.«
Das konnte ja noch heiter werden.
Fortsetzung folgt…
Musubi sah wie seine Schülerinnen in neun Tagen gewaltige Fortschritte machten.
Gādo lernte die Blitze zu entfesseln und ihre Kraft in der Keule zu bündeln. Dabei wuchs jedoch auch ihre physische Stärke, allerdings kam sie ihrer dunklen Seite dabei näher. Jedoch nur so nah, dass ihre Kampfeslust sich deutlich steigerte und sie leichter außer Kontrolle geriet. Jedoch lenkte sie diesen Zustand gezielt. Was sie jedoch nicht weniger furchteinflößend im Kampf machte, in welchem einem Berserker gleich hineinstürmte.
Jastany unterdessen entdeckte ihr inneres Feuer. Sie war in der Lage diese ebenso unkontrollierbare Macht zu formen. Teilweise konnte sie die Flammen derart gestalten dass sie Blumen oder Schmetterlinge ergaben. Ihre künstlerische Ader trat immer mehr hervor. Sie kämpfte gegen Gādo mit ihrer Kreativität und ihrem Verstand statt mit plumpen Muskeln wie ihre Onifreundin. Musubi war sich der unerschöpflichen Möglichkeiten ihrer Fähigkeiten bewusst. Jedoch fiel ihm auf dass sie die einzige Kitsune war die die Flammen derart zu bändigen und formen vermochte. Währenddessen war ihr wahres Selbst zu Musubis Freude endgültig zum Vorschein gekommen als sich zwei Schwänze bildeten. Natürlich war das Mädchen sofort begeistert und ihre Freundin nahm daran teil. Scheinbar hatte es in ihrer Vergangenheit deswegen Probleme gegeben.
Nach diesen neun aufreibenden Tagen gingen die Mädchen aus dem Schrein um die Hölle zum Feinde zu tragen.
Fortsetzung folgt…
Mit einem kampfeslustigen Grinsen traten die beiden Heldinnen aus dem Schrein. In den letzten Tagen hatten die Erschütterungen der Kuppel zugenommen die unter dem Ansturm der hundert Geister ächzte und stöhnte. Doch die hyakki hielten inne als die beiden ins Freie traten. Darauf hatten sich die beiden in den letzten Tagen vorbereitet zugunsten der Aufopferung von Schlaf und Nahrungsaufnahme.
Ohne ein Wort zu verlieren traten sie an den Rand der Kuppel, worauf eine lauernde Stille eintrat. Vermutlich dachten die Geister an eine Art Flucht, denn den beiden war kein Anzeichen von Furch zu entnehmen sondern entschlossen.
Jastany beschwor nach einem Moment des Innehaltens das lodernde Feuer herauf, sowie Gādo ihre lilanen Blitze auspackte. Darauf stürmten die beiden mit wildem Kampfgeschrei los und schlugen mit loderndem Pinsel und donnernder Eisenkeule um sich. Doch die Geister waren harte Brocken die ihren Gegnern trotz der Gegenwehr nichts schenkten. Doch selbst ihre Unerschrockenheit bekam leichte Risse als sie gegen die beiden Heldinnen kein Land sahen. Dadurch dass die Waffen nun über die Macht der Natur geboten konnten sie die Geister ebenso treffen wie jeden Normalsterblichen auch. Allerdings waren die hyakki zäher als die Tengus gegen die sie ein leichtes Spiel hatten. Doch die beiden gaben nicht auf. Sie schlugen um sich, denn nur so konnten sie sich selbst retten.
Fortsetzung folgt…
»Die nehmen ja gar kein Ende«, keuchte Jastany.
»Ich weiß, toll nicht?«
Jastany schlug gerade welche mit einem Pinsel nieder. Darauf versuchten einige Geister sich von oben auf die Kämpferinnen zu stürzen, doch die Kitsune formte die Flammen zu kleinen Schmetterlinge welche auf die Feinde zuflogen und anschließend explodierten und die Gegner so vernichteten. Bereits nach wenigen Minuten des Kampfes kam der Angriff der Gegner ins Stocken. Sie wurden vorsichtig da bereits ein Drittel ihrer Horde vernichtet worden war, während die Kämpferinnen nur ein paar Kratzer und Schürfwunden davongetragen hatten.
»Schiss?«, fragte Gādo mit einem irren Funkeln in den Augen.
»Wenn ihr nicht zu uns kommt, kommen wir eben zu euch!«
Zum ersten Mal in ihrer langen Existenz und der paar Male in denen die hyakki die Anderswelt heimsuchten verspürten sie wirklich so etwas wie Furcht vor der Sterblichkeit.
»Wir drei werden euch hyakki vernichten!«, schrie Yamag plötzlich.
»Na toll«, seufzte die Kitsune.
»Was will der denn hier?«
Vermutlich war es dem Onijäger zuwider gewesen einfach abzuwarten bis sich der Sturm gelegt hatte, doch Jastany und Gādo war er nur im Weg und so fesselte die Kitsune ihn mit kalten Flammen an einem Baum. Das Feuer vermochte weder ihn zu verletzten noch den Baum in Brand zu setzen.
»Also schön, wo waren wir?«, fragte Jastany.
Fortsetzung folgt…
»Na, los!«, schrie einer von ihnen. »Es sind nur zwei! Wir haben schon Könige und ganze Heere verschlungen, da werdet ihr doch wohl mit zwei einfachen Straßenvagabunden fertig!«
»Vagabunden?«, fragte Jastany lächelnd.
»Wir sind Helden, man! So richtig echte Helden!« Gādo konnte nicht mehr an sich halten und stürmte auf die Gegner zu.
Jastany hasste ihre Unbesonnenheit doch sie musste ihr den Rücken decken. Und wie sie es sich bereits gedacht hatte versuchte einer der Geister sie mit einer Armbrust abzuschießen. Die Kitsune schwang aber ihren Pinsel und ließ den Bolzen in Flammen aufgehen, wobei der Feuerstrahl die Route des Geschosses verfolgte und den Schützen gleich mit in Brand steckte.
Gādo unterdessen hatte fünf der hyakki mit nur einem Schlag getötet.
»Pass gefälligst besser auf! Ich will nicht nochmal deinen halbtoten Körper durch die Gegend schleppen.«
»Ach was, mir passiert schon nichts. Schließlich habe ich dich.«
»Genug dieser Höflichkeiten. Auf sie mit Gebrüll Männer!«
»Kannst du mir mal ausnahmsweise mal Deckung geben statt los zu preschen?«
Gādo erwiderte mit einem Nicken.
Die Kitsune warf einen gewaltigen Feuerball der die Reihen der Feinde lichtete und mit einer unglaublichen Geschwindigkeit näherte sie sich dem Rädelsführer. Dieser parierte jedoch den Schlag ihres Pinsels mit seinem Schwert.
»Du willst der mächtigen Schlange den Kopf abschlagen? Viel Glück kleines Fuchsmädchen.«
Fortsetzung folgt…
Immer wieder schlug Jastany zu, doch der Kerl konnte jeden Angriff parieren. Egal wie schnell oder heftig er kam. Mit konventionellen Mitteln kam die Kitsune nicht weiter. Schließlich spukte sie ihm aus einem Gefühl heraus einen Feuerball ins Gesicht. Verwirrt ließ er sich nach hinten fallen und seine Deckung gleichsam mit. Ohne zu zögern nutzte Jastany diese Schwäche aus.
Als der Feind zu Funken zerstob und die Kitsune rüber zu ihrer Freundin blickte wie sie zehn Gespenster auf einmal in Schach hielt kam ein seltsames Gefühl der Beklommenheit in ihr auf. Die alte Jastany meldete sich und ihr wurde klar wie sehr sie sich doch verändert hatte. War diese Veränderung aber nun zum Guten zum Schlechten? Es ließ sich nicht sagen. Obwohl sie gedacht hatte, endgültig mit ihrem alten Leben abgeschlossen zu haben, schien es sie dennoch zu verfolgen.
Jedoch blieb keine Zeit um ihrem Gefühl nachzugehen. Es gab noch viele Gegner zu töten. Sie stürmten auf die Kitsune los und sie musste sich zusammenreißen. Es durfte keine Fragen über ihre Vergangenheit geben, während sie die Schwerthiebe parierte. In ihrem Kopf musste eine totale Leere herrschen. Wie töte sie am schnellsten und effektivsten. Das waren die einzigen Fragen die ihren Verstand vorerst beherrschen durften.
Wie in Trance tanzte der Fuchsgeist durch die Reihen der Gegner.
Fortsetzung folgt…
Traumwandlerisch bewegte sich die Kitsune unter den Feinden. Sie war wieder an diesem kalten dunklen Ort der den Winterlanden angeblich so ähnlich war. Aber sie wusste es nicht genau. Es gab nichts zu sehen und alles schien hohl und leer zu sein.
Wie die Feinde unter ihrem Feuer verbrannten merkte sie nur am Rande. Ebenso wie die Flammen immer sengender wurden und ihr immer mehr von der schweren Last der Kontrolle abnahmen. Es schien außer dem brennenden Feuer und der schwarzen Leere nichts zu geben. Keine Gedanken die diese Symbiose verunreinigten.
Die Feinde unterdessen mieden die Kitsune immer mehr, denn ihre Flammen züngelten empor und fraßen alles was sich ihnen in den Weg stellte. Die Bäume, die Feinde wo war schon der Unterschied?
Schließlich jedoch rannte Gādo auf sie zu und riss sie aus ihrem zerstörerischen Traum. Trotz einer Benommenheit war Jastany schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen auch wenn dieser Zustand bei ihr einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen hatte. Doch sie musste sich zusammenreißen und weitertöten um zu überleben. Sie durfte nicht noch mal abdriften und die anderen somit gefährden. Auch wenn inzwischen dreiviertel der Horde besiegt war so blieben immer noch genug Feinde um sich zu konzentrieren.
Aber ein Teil von ihr blieb bei der Trance, denn Jastany hatte ihre dunkle Seite entdeckt.
Fortsetzung folgt…
Der letzte Geist fiel in den Staub. Bedrohlich erhoben sich die Yōkais über ihn. Sie ließen ihn vorerst aus einem einzigen Grund am Leben. Und sie hatten bereits vorher abgesprochen welche von beiden sich zurückhielt und welche mit ihm redete.
»Okay, Sportsfreund. Jetzt sag der lieben Tante Jastany doch mal, wer euch beschworen und auf uns gehetzt hat.«
»Scheiße verdammte! Wir sind die hyakki! Wir sind unbesiegbar.«
»Darf ich ihm mit meiner liebevollen Blitzfaust in die Realität zurückholen?«
»Nein, darfst du nicht! Also wer war es? Wie war sein Name?«
»Kenmeina seishin war es! Er hat sie beschworen. Ich wollte damit nichts zu tun haben, also bin ich abgehauen.«
»Und damit rückst du erst jetzt raus?«
»Na ja. Die letzten Tage waren etwas hektisch mit Training und hyakki und so.«
»Ich fass es nicht.«
»Dann brauchen wir den Kerl doch nicht mehr«, meinte Gādo mit einer knisternden Faust und ließ ihren Worten sofort Taten folgen.
Unterdessen ging Jastany auf Yamag zu und machte ihn los. »Na gut. Wir haben sowieso noch etwas mit diesem Waschbären zu klären. Es wird Zeit dass wir dieser Sache ein Ende bereiten.«
»Waschbär? Ich verstehe nicht.«
»Ist doch egal. Du führst uns zu Kenmeina seishin und wir sind unsere Verfolger für immer los. Und du hast dann deinen Ruhm, Yamag.«
Fortsetzung folgt…
Dies ist die wahre Geschichte von Yamag und nicht jene die er den Leuten als Legende verkaufte. Es ist nicht die wie er eine Prinzessin aus den Klauen von zehntausend Onis befreite und in welcher er die Hand der edlen Meid ablehnte weil er selbst zu anständig dafür war. Nein, nicht diese Geschichte.
Der spätere Onijäger wuchs als Sohn eines Fischers auf in einem Land welchem in den Herbstlanden unbekannt war. Schon als kleiner Junge verfügte er über eine blühende Fantasie und malte sich die größten Abenteuer aus, welche er in seiner zukünftigen Chronik übernehmen würde. Doch sein Leben erfuhr einen Bruch als er in die Pubertät kam und merkte dass er keinerlei Interesse für das weibliche Geschlecht hegte. Als dies Publik wurde verbannte man ihn aus seinem Land in der Hoffnung die Wildnis würde ihn dahinraffen um die Kinder vor derlei Gedankengut zu bewahren. Jedoch überlebte er und eignete sich viele Fertigkeiten an. Schließlich erreichte er die Herbstlande als geübter Kämpfer. Jedoch hasste er es seine Klinge wie ein gewöhnlicher Söldner feilzubieten, weshalb er es Vorzug nach Ruhm zu streben, um sich die Aufträge aussuchen zu dürfen und nicht als einfacher Niemand dahingerafft zu werden mit nichts weiter als den Gejohle und Gegröle seines Heimatdorfes in den Ohren. Und so wurde er zum Onijäger.
Fortsetzung folgt…
Saigo – so lautete der Name des letzten der hyakki – jagte unterdessen dem Marderhund hinterher. Ein unbekanntes Gefühl machte sich in seiner Brust breit. Trotz seines Todeszustands verspürte er einen stechenden Schmerz in der Brust welcher mit einer glühenden Nadel gleichzusetzen war. Und auf einer Nadel folgten dutzende. Jede einzelne bohrte sich langsam sowie äußerst schmerzhaft in sein Herz. Saigo wusste nicht was los war. Er spürte immer die Leere welche sich ausbreitete und zunahm. Die hyakki waren eins. Ein Verstand, ein Wille, eine einzige Urgewalt. Wenn der Geist nicht gewusst hätte, dass es unmöglich war hätte er schwören können dass die Stimmen seiner Kameraden immer leiser wurden und verschwanden. So als seien sie Tod. Doch dies war nicht wahr und es konnte auch nicht stimmen. Saigo strengte sich weiter an sein Ziel zu finden. Bestimmt gab es für das Verschwinden seiner Freunde eine vernünftige Erklärung.
Der Geist riss sich zusammen und folgte der Spur aus vertrockneten Blättern weiter. Kenmeina seishin konnte nicht mehr weit sein und sein Tod würde allen die Freiheit bringen. Saigo war das jüngste Mitglied der hyakki und er war sich der Bedeutung dieses Auftrages bewusst. Er würde das in ihm gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen.
Der letzte den hyakki legte noch eine Schippe an Geschwindigkeit drauf und rannte seiner Beute vehement hinterher.
Fortsetzung folgt…
»Das ist also Kenmeina seishin Hütte, nicht schlecht!« Schwer keuchend ging Gādo in die Knie und hielt sich gerade noch so mit ihrer Eisenkeule aufrecht.
»Komm Gādo ich helfe dir.« Jastany machte sich sorgen um ihre Freundin. Sie hatte einfach viel zu viel Kraft bei der Bekämpfung der hyakki verbraucht. Auch wenn sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen so waren ihre großen Ausdauerreserven doch erschöpft und wen sollte es wundern?
Doch der Kitsune ging es nicht anders. Auch sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Sie beide wussten dass der letzte Kampf seinen Tribut forderte.
»Tu doch nicht so«, ächzte Gādo. »Ich spüre wie deine Beine unter meinem Gewicht zittern. Du bist genauso alle wie ich.«
Jastany lächelte. »Wir sind wohl alle Idioten, dass wir uns vorher nicht ausgeruht haben.«
»Und diesem dreckigen Menschenhändler entkommen lassen damit er weiterplanen kann? Vergiss es! Er hat dich … Wir haben dich entführt. Und auch wenn ich es nie wirklich gesagt habe… Es tut mir leid, dass ich dich verraten habe.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Immerhin hast du mich danach gerettet.«
»Oah, habt ihr es bald! Diese Sülze hält man ja im Krug nicht aus. Küsst euch endlich, schlaft miteinander dann haben wir es endlich hinter uns!«
»Was?!«, kreischten die Mädchen gemeinsam.
Fortsetzung folgt…
In der Residenz des Marderhundes erlebten die Helden einige Überraschungen. Zuerst waren da Pfeile und angespitzte Bambusstäbe welche jeden Eindringling durchbohren sollten. Jedoch waren die Kämpfer mit derlei billigen Tricks nicht aufzuhalten.
Schließlich erreichten sie die Empfangshalle. Wie der Name bereits verriet erwartete man sie dort. Zwar war von Kenmeina seishin keine Spur zu finden, doch seine untoten Bauern waren da. Bereits früher waren sie keine Gegner für Gādo so waren sie heute nichts weiter als Schmeißfliegen. Jastany bildete in diesem ungleichen Kraftverhältnis keine Ausnahme.
Wie bereits bei den hyakki verschonten sie den letzten Gegner um Informationen aus ihm rauszukriegen. Ausnahmsweise übernahm Gādo das Verhör. »Wo ist Kenmeina seishin?«
»Ihr könnt mich mal!«
Sofort fuhr die Hand der Kitsune nach oben um ihre Freundin daran zu hindern ihren Zeugen in Stücke zu reißen.
»Okay, dann müssen wir doch wohl foltern.«
»Ha! Quält mich nur so viel ihr wollt. Ich werde euch niemals verraten dass der Meister geflohen ist da ein hyakki ihn verfolgt.«
»Ach wirklich?«, fragte Gādo die ihren Zeugen scheinbar nicht ernst nehmen konnte.
»Ja! Und ich werde mit ins Grab nehmen, dass ihr nur der Spur seiner Blätter folgen müsst. Na los foltert mich schon.«
»Ganz wie du willst«, sagte das Onimädchen und schlug den untoten Bauern mit einem Schlag aus dem Anwesen.
Fortsetzung folgt…
Es war nicht sonderlich schwer den Blättern zu folgen. Überall auf dem Weg lagen welche und führten in die Berge. Neben der Spur waren zusätzlich noch leichte Fußabdrücke auszumachen.
»Verdammt! Wir müssen uns beeilen, sonst erreichen wir ihn nicht mehr rechtzeitig!«
»Ah, dass alles ist so spannend und Abenteuerlich! Ich werde es unverzüglich in meine Chronik mit einfließen lassen.«
»Schnauze, Yamag!«, kam es von beiden Seiten.
Plötzlich blieb Gādo stehen. »Oh, Scheiße hier verliert sich die Spur. Der Wind muss sie weggeweht haben. Darauf brauche ich erst einmal einen Schluck.«
»Das war zu erwarten. Mhm…« Die Kitsune überlegte wie sie die Spur wieder aufnehmen konnten. Ihr fiel etwas ein, doch ihr war diese Methode zu peinlich. Allerdings fiel ihr in dem Moment nichts Besseres ein. »Alle Mal umdrehen!«, befahl sie.
»Wie jetzt?«
»Keine Widerworte, keine Fragen und keine Diskussion!«
Als alle sich umgedreht hatten, holte Jastany eine Unterhose hervor die vermutlich Kenmeina seishin gehört haben musste, da sie schließlich in seinem Anwesen bei der Durchsuchung aufgefunden worden war und die Kitsune sie in weiser Voraussicht mitgenommen hatte. Hastig schnüffelte sie an dem Stoff und versuchte nicht allzu viel darüber nachzudenken, was sie da gerade tat.
Zu ihrem Glück funktionierte es aber. »Da lang!«
»Hast du etwa gerade an etwas gerochen wie ein Spürhund?«
»Öh, Nein.«
Fortsetzung folgt…
Schließlich holten die Helden doch noch Kenmeina seishin ein. Der Marderhund drückte sich gegen eine Felswand um einen der hyakki zu entkommen, doch er saß in der Falle.
»Moment! Haben wir die nicht alle besiegt? Jastany, du hast doch mitgezählt.«
»Nach meiner Schätzung müssten es auch einhundert gewesen sein. Allerdings bin ich auch nicht die ganze Zeit bei der Sache gewesen, wie du weißt.«
»Ach, stimmt ja! Da war ja was. Sollen wir den auch noch alle machen?«
»Besser ist. Musubi meinte mal, dass das Licht erst dann wiederkehrt wenn die hyakki komplett vernichtet sind. Als er das sagte warst du übrigens auch dabei. Nur so am Rande.«
»Echt jetzt?«
»Du solltest vielleicht mal aufhören ständig zu saufen und mal ein paar Konzentrationsübungen machen. Und da geht sie wieder…«
Gādo preschte vor.
Der hyakki lächelte bösartig. »Du trägst viel Dunkelheit in dir.« Mit nur einem Finger tippte er gegen die Stirn des Onimädchens und ihr Ansturm kam mit sofortiger Wirkung zum Erliegen. »Genieße deine dunkle Zeit solange du noch kannst.« Mit einem hämischen Grinsen löste sich der Geist in Luft auf.
Jastany kannte diese Bewegungen ihrer Freundin bereits. Der hyakki hatte es irgendwie geschafft dass Gādo die Kontrolle verlor.
»Hey! Bleib ganz ruhig, ja? Ich bin es!«
Doch das Onimädchen ließ sich von nichts abbringen.
Fortsetzung folgt…
Sofort war Yamag zur Stelle.
»Verzieh dich!«
»Hast du vergessen, dass ich ein Onijäger bin? Aus der mache ich Kleinholz … äh … Ich meine natürlich, dass ich sie lediglich außer Gefecht setzen werde.«
Für Jastany wurde die Frage, wer hier wen außer Gefecht setzen wollte prompt beantwortet als das Onimädchen Yamag mit einem Schlag in die Felswand donnerte.
Darauf stürzte sie sich auf ihre beste Freundin. Die Kitsune jedoch wollte nicht gegen sie kämpfen. Also wich sie den Schlägen aus und versuchte ihr mit Worten beizukommen. »Gādo! Beruhige dich. Bitte!« Und als das nichts half versuchte sie es mit einer erneuten Umarmung, doch dies kostete ihr fast das Leben. Das Onimädchen war dermaßen außer Rand und Band dass nichts sie zu stoppen schien. Jastany fiel hingegen sogar auf dass ihre Wut dem Leuchten nach eher wuchs, denn die lilane Farbe wurde immer heller und strahlte aggressiver.
Schließlich sah die Kitsune keinen anderen Weg als ihre Freundin mit den Flammen auf dem Boden zu fixieren.
Gādo heulte und brüllte ohne Unterlass, doch selbst mit ihren gewaltigen Kräften schien sie sich nicht befreien zu können, wodurch sie zu Jastanys Freude weder sich selbst noch andere Verletzen konnte.
»Was mache ich jetzt nur?«, stöhnte die Kitsune. Sie hatte keinerlei Ahnung wie sie ihrer Freundin zu helfen vermochte.
Fortsetzung folgt…
»Die sieht aber nicht gut aus.«
»Schnauze Yamag. Legendärer Onijäger, dass ich nicht lache. Pah!«
In der Hoffnung dass die altbewährte Methode um Gādo zu heilen erneut klappen würde schleppte Jastany sie gefesselt sowie tobend den Weg zurück zum Schrein.
Letztlich war alles schiefgelaufen. Die beiden waren dem Fluch nicht losgeworden und würden weiter von einem hyakki gejagt werden. Zumal Kenmeina seishin sich ihren Zugriff entzogen hatte und untergetaucht war. Zusätzlich kam noch Gādos Zustand welcher sich weiter verschlimmerte. Das Leuchten war zwar schwächer geworden ebenso wie die Tobsuchtsanfälle allerdings bildeten sich nun lilaleuchtende Flecke auf der Haut des Onimädchens. Wenn die Kitsune sich nicht irrte war ihre Freundin dem Tode sehr nahe, vor allem wenn sie an die Worte des hyakki dachte.
Halt durch Gādo! Wir schaffen das!
So quälend langsam wie die Oni dahinsiechte gestaltete sich auch der Rückweg. Die Kitsune war am Ende ihrer Kräfte und nun trug sie auch noch ihre Freundin weil sie dem Onijäger nicht zutraute diese Bürde tragen zu können. Stattdessen musste er sie mit seinen Abenteuern zutexten. Von denen jedes beknackter und erfundener klang als sein Vorgänger.
»Wenn wir nicht bald den Schrein erreichen, werde ich noch zur Mörderin werden«, maulte sie zu sich selbst. »Oder Volksheldin. Eins vom beiden.«
Das würde noch ein langer Weg werden.
Fortsetzung folgt…
»Kannst du ihr nochmal das Leben retten?«
»Muss nachsehen. Hm. Da kann selbst Musubi nichts mehr tun. Dies ist ein starker Verderbnisfluch. Zuerst weckt er deine dunkle Seite nur damit sie dich verzehrt und du darauf stirbst. Nein, nein. Nur das Wasser aus der heiligen Hogo-Quelle kann ihr jetzt noch helfen.«
»Wo?«
»In den Bergen. Du musst einfach nur dem dunklen Gestein folgen. Aber sei auf der Hut-«
»Pass auf Yamag auf. Der Kerl würde mir nur im Wege stehen.«
»Ja, Musubi wird auf beide achtgeben, doch sei gewarnt-«
»Ja, ja. Natur, Gefahren, ich weiß schon wo die Tür ist«, meinte Jastany nur und verließ den Tempel um ihre Freundin zu retten. Sie hatte keine Zeit um sich Musubis blödsinnigen Warnungen anzuhören. Es standen die Leben von Personen auf dem Spiel die für die Kitsune sehr wichtig waren. Es blieb keine Zeit zur Vorsicht. Nun war die Zeit zum Handeln und im Gegensatz zu Gādo war die Kitsune immer vorsichtig genug.
Als Jastany zu den Bergen blickte die sie gerade erst verlassen hatte wurde sie sich der Entfernung bewusst. In Ermangelung der Zeit welche ihr zur Verfügung stand verfiel sie in einem Trab um schneller voranzukommen. Es war egal was sich dort in den Bergen verbarg. Gegen eine Kitsune wie sie würde es nicht standhalten.
Fortsetzung folgt…
Das dunkle Gestein war schnell gefunden. Doch je weiter Jastany dem ausgetreten Pfad folgte desto unwohler fühlte sie sich. Sie konnte den Eindruck nicht deuten aber sie fühlte sich beobachtet. Irgendetwas schien hier in der Dunkelheit zu lauern. Der Himmel war immer noch duster trotz der fast vollständigen Zerschlagung der hyakki und behinderte somit die Sicht.
Vor den Augen der Kitsune war inzwischen alles nur noch verschwommen. Sie torkelte dem Pfad mehr entlang als dass sie ihn beschritt. Jastany vermochte nicht mehr zu sagen wann sie das letzte Mal etwas gegessen oder geschlafen hatte. Seit sie aus dem Schrein getreten war hatte sie ihr Weg nur von einem Kampf über Verfolgungsjagten in den nächsten geführt. Ein kleines Stimmchen in ihr riet Jastany zur Ruhe. Es sei doch so viel angenehmer sich auszuruhen wenn man erschöpft war statt seinen Körper weiterzutreiben wenn er bereits die Grenzen seiner Belastung erreicht hatte. Doch ihr Geist trieb mit seiner eisernen Entschlossenheit ihren Körper voran. Sobald Gādo in Sicherheit war würde sie sich erst einmal richtig ausruhen und entspannen. Dann hieß es bye-bye Herrscher, hyakki, Tengus und was ihr sonst noch nach dem Leben trachtete.
Plötzlich ragte vor der Kitsune ein Schatten empor. Es dauerte eine Weile bis ihr Gehirn verstand was es da sah. Es war ein gewaltiger Fuchs.
Fortsetzung folgt…
Da stand Jastany also vor einem silbernen Fuchs der gut doppelt so groß war wie sie selbst. Er war nicht freundlich gesinnt, soviel konnte man seinem Knurren entnehmen. Mit seiner Pfote drohte er die Kitsune zu zerquetschen. Diese war für ein Ausweichmanöver jedoch viel zu erschöpft. Sie konnte nichts anderes tun als sich unter der Pranke begraben zu lassen.
Jedoch war es nicht der Körper welcher ihr Probleme bereitete. Ihr Geist war gespalten. Ein Teil von ihr liebte Füchse so sehr dass sie ihnen niemals ein Haar krümmen könnte ob nun groß oder klein, grausam oder zahm. Aber sie liebte auch ihre Freundin Gādo über alles. Was sollte sie nun tun? Was war ihr wichtiger? Die Liebe zu den Tieren die sie schon ihr Leben lang faszinierten oder die Liebe zu ihrer Freundin die für sie durchs Feuer gehen würde? Es gab keinen Gewinner. Das eine verkörperte sie ebenso wie das andere.
Schließlich jedoch riss sie sich zusammen und wurde sich gewahr dass es momentan keine Rolle spielte. Für einen Kampf ob nun innerlich oder äußerlich blieb keine Zeit. Mit letzter Kraft zog die Kitsune ihren Pinsel vom Rücken und malte sich einen Tunnel durch welchen sie hinter dem riesigen Fuchs gelangte. Darauf nahm sie schleunigst die Beine in die Hand und rannte zur Hogo-Quelle.
Fortsetzung folgt…
Mit letzter Kraft schleppte sich die Kitsune zum Wasser. Ihr Mund war ausgetrocknet. Die Glieder waren schwerer als Blei. Die Sinne schwanden ihr bereits und der Kopf war leer. Sie wusste noch nicht einmal wie sie den silbernen Fuchs abgehängt hatte. Sie zog ihre Feldflasche hervor und führte sie mit langsam zum Mund. Das Wasser tat gut und ließ in den erschöpften Körper wieder etwas Leben einkehren. Schließlich nahm sie die nun leere Flasche und tauchte sie in die Quelle. Gluckernd entwich der Sauerstoff dem Gefäß während Jastany hin und her wankte vor Schwäche.
Plötzlich durchschoss sie ein Gedanke, der vermutlich die ganze Zeit versucht hatte die Leere in ihrem Kopf zu überwinden und dessen Tatendrang nun vom Erfolg gekrönt war. Was wäre wenn der silberne Fuchs sie nicht weiterverfolgt hatte, weil er genau wusste wohin sie wollte? Es war schließlich sein Territorium welches ihm bestens bekannt sein musste. Die Kitsune hatte den Fuchs gar nicht abgehängt. Eher hatte er sie laufen lassen um sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzufangen. Ihr Verdacht bestätigte sich beim Umdrehen als die große Gestalt vor ihr aufragte.
Bevor sie überhaupt weiter denken konnte schuppste die Kreatur Jastany in die Quelle und drückte sie mit ihrer Pfote unter Wasser. Schließlich kam Wasser in die Lungen und die Luft entwich.
Fortsetzung folgt…
Wieder einmal befand sich Jastany an dem dunklen Ort.
»Ich muss zurück! Ich darf nicht schon wieder die Kontrolle verlieren, sonst war alles umsonst.« So rannte sie los diesem Ort zu entkommen, doch er schien endlos zu sein. Irgendetwas war hier anders als sonst. Die letzten Male hatte Jastany den Ort und ihren Zustand so hingenommen, doch nun versuchte sie dagegen anzukämpfen. Allerdings schien dies keinen Unterschied zu machen. Egal wohin sie rannte oder gegen was sie Schlug um einen Weg zu schaffen, es half nichts. Hier gab es noch nicht einmal einen magischen Pinsel der ihr nützlich sein konnte. Frustriert setzte sich die Kitsune hin.
Gādo war verloren. Sie sah sie vor sich wie ihre Anfälle immer schwächer wurden. Wie ihr Brüllen und Toben nur noch ein ächzendes Krächzen war welches letztlich starb.
Ich muss hier weg! Ich muss Gādo das Wasser bringen, dachte sie verbissen.
»Hallo?«, rief die Kitsune in der Hoffnung doch nicht alleine gefangen zu sein. Obwohl dieser Ort lange Gänge besaß so gab es doch keinerlei Echo. Kein Ton durchbrach die Stille und selbst Jastanys Stimme wirkte eher zaghaft und leise obwohl sie sich alle Mühe gab.
»Komm näher!«
»Ist da wer?«
»Folge meiner Stimme!«
In Ermangelung anderer Möglichkeiten blieb der Kitsune nichts anderes übrig als der Stimme zu folgen.
Fortsetzung folgt…
Die Stimme führte Jastany durch die Dunkelheit. Schließlich lichtete sich die Finsternis etwas und gab Einblick auf eine gewaltige Fuchsstaute mit neun Schweifen. Das Abbild war aus dunklem Stein gehauen und mit dem Eis dieses Ortes überzogen.
»Ich bin hier«, kam es von der Statue.
Automatisch folgte Jastanys Blick der Stimme nach unten zum Fuß dieser Statue.
»Du bist ganz schön schwer zu erreichen, mein Kleines«, meinte die andere Kitsune.
»Ja-haha«, war alles was Jastany auf dieser komischen Begrüßung erwidern konnte. »ʼTschuldigung aber kennen wir uns?«
»Du bist so groß geworden seit dem letzten Mal.«
»So etwas habe ich andauernd zu hören bekommen … auf meiner Konfirmation. Und da wusste ich auch nicht einmal wer die Leute waren.«
»Benutze deinen Verstand, Kleines. Welche anderen Kitsunes kennst du noch?«
»Keine, außer meiner…« Jetzt dämmerte es erst. Manches Mal besaß auch ein kluger Fuchs eine lange Leitung. »Oh.«
»Ja, ich bin es.«
Tausend Fragen sowie Vorwürfe drangen auf Jastany ein und sie wusste gar nicht so recht was sie als nächstes Tun sollte, aber sie musste irgendwie das Schweigen brechen damit sie irgendwie irgendwo loslegen konnte. »Hi?«
»Hallo. Ich weiß, dass du viele Fragen hast, aber diese müssen warten. Wir haben nur wenig Zeit bis du endgültig ertrinkst. Es gibt da nämlich etwas das du wissen musst.«
Fortsetzung folgt…
»Also, lass uns beginnen, Kleines.«
»Womit?«
»Deine wahre Elemtarkraft muss geweckt werden, damit du nicht ertrinkst.«
Jastany schnalzte verächtlich mit der Zunge »Auf einmal willst du mir helfen? Du hast uns verlassen!«
»Dein Vater ist mir auf die Schliche gekommen und da musste ich ihn verlassen. So ist nun mal unsere Natur. Bitte wir haben nicht viel Zeit.«
»Wowowow! Keine Zeit? Du hattest auch keine Zeit als ich in die Pubertät kam und Papa mit mir über meine Periode reden wollte.«
»Du musst zur Fuchsstatue rüber gehen und versuchen den darin gefangenen Geist zu befreien! Bitte!«
»Oder damals als mein Vater mir einen potthässlichen Rock gekauft hat mit der Aussage es sei „in“.«
»Du hast ziemlich viel Wasser aus der Quelle getrunken seit du untergetaucht bist. Seine mystischen Kräfte müssten dir dabei helfen.«
»Verschwinde einfach aus meinem Leben!«, schrie Jastany und entfesselte eine Schockwelle die die andere Kitsune aus ihrem Geiste fegte. Keuchend sah sie auf den Brandfleck der den Bereich kennzeichnete an dem sie eben noch gestanden hatte.
Die Kitsune sah zur Statue hoch wie sie Zähnefletschend mit einer gewissen Erhabenheit den Kopf reckte. »Wer braucht die schon«, murrte sie. »Ich komme auch so zurecht.«
Plötzlich waren Jastanys Füße ganz nass und als sie hinunter blickte stand ihr das Wasser bis zu den Knöcheln.
Fortsetzung folgt…
Das Wasser stieg immer weiter an. Bereits nach wenigen Minuten musste Jastany schwimmen. Schnell schwamm sie rüber zur Fuchsstatue deren Krallen fast die Wasseroberfläche berührten.
»Okay, Geist! Komm raus da! Ernsthaft! Ich ertrinke! Und wenn ich sterbe stirbst du auch.«
Die Statue blieb stumm.
»Sag gefälligst etwas!«
»Warum sollte das Geschwafel eines Menschen mich kümmern.«
»Hey! Ich bin du!«
»Du bist schwach! Ich nicht!«
»Warte nur, wenn das Wasser hoch genug ist! Dann zeig ichs dir!«
»Wie jämmerlich! Nach allen Versuchen mich zu kontrollieren ist das alles was du tun kannst.«
»Warte nur wenn ich hier rauskomme! Dann kannst du was erleben!«
»Ein Floh droht einem Sturm, wie amüsant.«
Jastany spürte wie das Wasser weiter anstieg, doch es war nun viel langsamer. Die Statue schien das Wasser aufhalten zu können. Sie musste sie also aus ihrer Starre bringen. Eine List war notwendig.
»Du? Ein Sturm? Ha! Das ich nicht lache! Gib es doch zu, du kannst mich gar nicht retten. Du bist bloß eine blöde Statue, sonst nichts!«
»Glaubst du wirklich, dass ich mich von deiner Tücke beeindrucken lasse?«
Verdammt! Jastany war aufgeflogen.
»Aber ich zugegeben«, meinte die Statue und drehte mit leuchtenden Augen ihren Kopf zu der Kitsune, »du amüsierst mich. Tue dies auch in Zukunft. Nimm dies dafür dass du soweit gekommen bist.«
Fortsetzung folgt…
Jastany kehrte unverzüglich in die Realität zurück. Ihr gesamter Körper strahlte vor Energie. Jaulend zog der Fuchs seine Pfote aus dem kochenden Wasser. Dampfend entstieg Jastany der Quelle.
Mit brennenden Augen blickte sie den Fuchs an der recht verstört wirkte. »Willst du dich mit mir anlegen?«
Jaulend zog sich das riesige Ungetüm mit eingekniffenem Schwanz zurück.
»Dachte ich mir doch.«
Locker schulterte Jastany die Feldflasche und pfiff auf dem Rückweg ein Lied.
Am Schrein wieder angekommen, stürmte sie sofort auf Gādo zu neben der ein dösender Musubi saß.
Jastany hielt ihre Hand zum Mund des Onimädchens. Sie atmete nicht mehr.
Weinend sackte die Kitsune zusammen. Gādo war tot. Alles umsonst. Jastany spürte wie ihre Unterlippe sich nach oben zog um dann einen Heulkrampf zu entfesseln.
Musubi wachte mit einem Male auf. Ohne zu zögern nahm der die Flasche und führte sie zum Mund des Onimädchens.
»Es bringt nichts mehr!«, heulte die Kitsune. »Sie-sie-sie-sie ist tot!«
»In einer Minute wäre sie vielleicht tot gewesen«, meinte der Kami.
Jastany wischte sich einige Tränen aus dem Auge und hielt mit dem Heulkrampf inne. »Was?«
»Ihr Leben hing am seidenen Faden. Noch eine Minute später und sie wäre tot gewesen.«
Jastany brach unverzüglich zusammen. Die Erschöpfung forderte ihren Tribut. Sie hatte einfach keine Kraft mehr um wach zu bleiben.
Fortsetzung folgt…
Jastany wusste nicht wie lange sie geschlafen hatte. Aber irgendwann öffnete sie die Augen. Ihr Hals war trocken und ihr Magen leer. Obwohl der Schlaf erholsam war so war der Körper der Kitsune noch immer geschwächt. Die zittrigen Hände streckte sie nach einem Wasserkrug aus um wenigstens eines ihrer Probleme zu lösen.
Plötzlich fiel Gādo von der Decke und verschüttete sämtliches Wasser.
»Was hast du denn da oben gemacht?«, fragte die Kitsune mit krächzender Stimme.
»Das ist eine laaaaange Geschichte«, meinte das Onimädchen während sie sich den Staub abklopfte. Dann starrte sie zu Jastany. »Du lebst!«
Und das ausgerechnet von aus deinem Munde?, dachte sie. Doch sie konnte ihre Worte nicht ausdrücken da Gādo Jastany sofort mit einer erstickenden Umarmung töten wollte.
»Keine-Luft«, kam es leise.
»Oh, Sorry. Mein Fehler. Endlich bist du wach. Kann ich dir irgendetwas bringen? Sake, Rindfleisch? Sag an. Ich besorge dir alles was du willst.«
Jastany zeigte nur auf das verschüttete Wasser.
»Was zu trinken, geht klar! Bin gleich wieder da.«
Kurz darauf hörte Jastany nur noch wie ein Tablett zu Boden fiel und etwas auf selbigen zersprang.
Obwohl die Kitsune nicht mehr konnte, so war sie doch froh darüber dass ihre beste Freundin sich immer noch ihres Lebens erfreute. Auch wenn sie so tollpatschig wie eh und je war.
Fortsetzung folgt…
»Und was machen wir jetzt?«
»Ich weiß ja nicht was du so gedacht hast, Gādo, aber ich denke wir haben uns eine Auszeit verdient.«
»Urlaub klingt gut. Ich weiß gar nicht mehr wann ich zuletzt einfach nur gesoffen hab wie ein Loch.«
»Mir würde es schon reichen wenn nicht dauernd jemand versuchen würde uns zu töten.«
»Och. So eine kleine Schlägerei zwischendurch wäre ganz nett.«
»Für dich vielleicht. Aber… wo sollen wir hin? Du kennst dich hier doch besser aus als ich.«
»Urlaubsziele in den Herbstlanden… Puh. So auf die Schnelle fällt mir da nichts ein. Wie wäre es aber wenn wir in die Winterlande ziehen würden?«
»Du meinst wir sollten uns an einem Ort voller Monster ausruhen?«
»Nein, nein. Ich meine wir gehen an die Grenze und bleiben auch dort. Ich bin schon die Grenze rauf und runter gelatscht, weil ich abschätzen wollte ob die Herbstlande sich lohnen. Dabei bin ich auf gar keine Monster gestoßen.«
»Wirklich? Kein einziges?«
»Nope.«
»Ehrlich?«
»Kein einziges.«
»Irgendwie kaufe ich dir das nicht ab, Gādo.«
»Na gut, da waren ein, zwei kleine Rudel, aber das waren Schwächlinge! Die sind keine Herausforderung für uns.«
»Na gut. Auf in die Winterlande. Aber wenn wir irgendwelche Monster treffen übernimmst du die. Und pass ja auf nicht schon wieder reingelegt zu werden!«
Fortsetzung folgt…
Während ihrem Marsch in die Winterlanden fragte sich Jastany: »Wie war das eigentlich? Ich meine all diese Macht und Bosheit als du weggetreten warst?«
»Keine Ahnung. Ich erinnere mich nur verschwommen daran. Ab und an bricht etwas durch, aber es sind meist nicht mehr als ein paar Sekunden.«
»Was sind das für Sekunden?«
»Weiß nicht. Ich sehe meine Arme wie sie meine Keule schwingen. Oder wie ich auf dich zustürme. Irgendwie erinnere ich mich nur an das was mich quält.«
»Tut mir leid.«
»Hey, damit muss ich klar kommen. Außerdem spornt es mich an nicht noch mal die Kontrolle zu verlieren. Aber eine gute Sache hat es.«
»Und das wäre?«
»Sobald ich aufwache fühle ich mich entspannt. Es ist als wäre die überschüssige Energie die ich mit rumschleppe abgebaut.«
»Verstehe.« Die Kitsune lächelte. Vielleicht war dieser Zustand ja doch nicht so schlimm wenn es immer noch etwas Positives gab was man der Situation abgewinnen konnte.
»Aber mal ein anderes Thema Jastany. Was ist eigentlich mit dir passiert?«
»Du hast deinen dritten Schweif bekommen.«
»Ach so, ja. Sieht er nicht toll aus?«
»Wunderschön. Aber wie kam´s?«
»Ich habe etwas von dieser Quelle intus bekommen. Mein ganzer Körper hat danach geglüht. Sogar meine Augen.«
»Das klingt ziemlich krass.«
»Das war es wohl auch«, meinte die Kitsune verlegen.
Fortsetzung folgt…
»Sag mal Jastany, worüber haben du und Musubi eigentlich geredet.«
»Ach«, meinte Jastany ausweichend. »Über dieses, jenes und das.«
Ein paar Tage zuvor.
»Musubi, ich muss mit dir reden.«
Jastany erzählte dem Kami alles was sie auf dem Weg erlebt hatte. Vom Auftauchen des riesigen Fuchses über das selbige ihrer Mutter bis hin zur Fuchsstatue.
Den Kami schien das Auftauchen ihrer Mutter jedoch nicht so sehr zu interessieren wie die Fuchsstatue.
»Sei vorsichtig, junge Kitsune. Das was du dort gesehen hast war dein dunkles Selbst. Der Teil von dir der sich nicht kontrollieren lassen will. Aber eines Tages wirst du dich dem stellen müssen, um dein wahres Potenzial zu erreichen.«
»Und was ist mit meiner Mutter?«
Musubi streichelte sich nachdenklich das Kinn. »Vermutlich wollte sie dich retten.«
»Aber warum ausgerechnet jetzt? Warum nicht bei den Tengus oder den hyakki?«
»Musubi weiß es nicht. Die Gedanken einer Frau sind genauso kraus und verworren wie das Anwesen eines exzentrischen Krimibesessenen Eremiten der einen Mord plant.«
»Danke Musubi, du hast mir sehr geholfen«, meinte die Kitsune im ironischen Tonfall.
»Immer wieder gerne«, meinte der Kami mit einem Grinsen welches nicht verriet ob seine Antwort ernst gemeint oder eine Retourkutsche war.
»Was meinst du mit dies und das?«, fragte Gādo.
Jastany stöhnte. »Das erzähl ich dir ein anderes Mal.«
Fortsetzung folgt…
Saigo war früher ein ganz normales Gespenst. Schon immer hatte er davon geträumt den hyakki beizutreten. Jenen tollkühnen Geistern die weder Tod noch Teufel fürchteten. Seine Eltern waren jedoch strikt dagegen. Er hätte gefälligst einen ehrenwerten Beruf zu wählen wie Buchhalter oder Reisbauer. Jedoch blieb Saigo bei seiner Entscheidung. Allerdings gab es da einen Haken. Die hyakki waren bereits einhundert Mann. Jeder war scheußlicher und grässlicher anzusehen als der andere. Aber das sollte den jungen Geist nicht abschrecken. Er übte sich im Kämpfen für den glorreichen Tag an dem er selbst den hundert Geistern beitreten würde. Alle hatten sie über ihn gelacht und gespottet doch die würden sich noch wundern. Irgendwann während seines Philosophiestudiums fiel Saigo auf dass die hundert Geister solange sie nur hundert waren niemals einen Sieg davontragen würden. Immer wenn sie jemand beschwor schickte er sie auch sogleich zurück bevor sie jemandes Opfer töten konnten. Doch das Tor zwischen der Geisterwelt und der Anderswelt war groß genug dass noch ein weiterer Geist sich hindurchzwängen konnte.
Sogleich stellte er seine geniale Idee den hyakki vor. Diese doch eher einfachen schwerbewaffneten Gesellen standen dem komplexen Plan zuerst skeptisch gegenüber, doch ein wenig Überzeugungskraft schaffte es dann doch noch das Saigo der hundertunderste hyakki wurde. Nie war die Brust des Geistes vor Stolz geschwollener gewesen.
Fortsetzung folgt…
An der verschneiten Grenze zwischen den Herbst- und den Winterlanden erreichten die beiden Heldinnen ein Hotel in dem sie ihren Urlaub verbringen konnten.
»Endlich da«, meinte Jastany. »Nachdem wir eingecheckt haben gehe ich erst mal eine Runde dösen.«
»Okay. Ich werde ein paar Locations suchen. Irgendwo hier muss es doch einen Ort zum Feiern geben.«
»Super. Habt ihr hier in der Anderswelt eigentlich Skier? Ich wollte schon immer mal Skilaufen.«
»Ich habe nicht den blassesten Schimmer wovon du da faselst.«
»Okay. Vergiss das Skilaufen.«
»Wie kann ich den Damen behilflich sein?«, fragte eine furchterregende bucklige Gestalt.
»Ja, meine Freundin Gādo und ich hier möchten für zwei Wochen ein Zimmer mieten. Was für Preisklassen bieten sie hier an?«
»Äh, Jastany? Es … kann … irgendwie sein, dass … also ich …«
Die Kitsune stöhnte. »Du hast unseren gesamten Sold versoffen.«
»Das macht nichts die Damen. Unsere Zimmer sind kostenlos.«
»Ach wirklich? Wie kommt’s?«
»Nun, ja wie soll ich sagen … mit unserem Ruf steht es nicht zum Besten seit dem die Gäste angefangen haben sich gegenseitig umzubringen.«
Irgendwie hatte die Kitsune es geahnt dass es darauf hinauslaufen würde. Aber sie war zu erschöpft und zu genervt um sich eine andere Bleibe zu suchen. Gādo hingegen gefiel es hier. Somit war es beschlossen dass Zimmer zu nehmen.
Fortsetzung folgt…
Müde warf sich Jastany aufs Bett. Es ließ sich nicht mehr sagen wann sie einfach nur mal so geschlafen hatte ohne vorher eine Schlacht zu schlagen oder nachdem sie um ihr überleben gekämpft hatte.
Die Bemerkung an der Rezeption über die mordenden Gäste hatte sie längst vergessen, selbst als sich ein leises Stimmchen in ihren Geist verirrte. Jastany! Jastany! Töte deine Onifreundin
»Hm. Halt die Fresse.«
Ich meine es nur gut mit dir. Gādo plant ein Komplott gegen dich. Sie wird dich verraten sobald du ihr eine Gelegenheit bietest.
»Sie hat mich schon mal verraten. Die Phase haben wir hinter uns. Lass mich jetzt pennen bevor ich dich abfackel. Später kannst du mir immer noch versuchen einzureden dass Gādo versucht mich auszuliefern.«
Die Stimmte verstummte darauf. Vermutlich war ihr so etwas noch nie passiert.
Mit Sicherheit ließ es sich nicht sagen da Jastany sofort wegtrat und einen wilden Traum von riesigen Füchsen mit neun Schwänzen hatte die auf dem Wasser liefen. Ihre Mutter war auch dabei, doch die Kitsune war immer noch wütend auf sie und schlug ihre Faust in ihr Gesicht nur um darauf zu sehen wie ihr Spiegelbild zersprang. Darauf stürzten sich die gewaltigen Füchse auf sie, verdunkelten mit ihren Leibern den Himmel und verschlangen Jastany bis nichts mehr von ihr übrig war.
Fortsetzung folgt…
Gādo erkundete unterdessen die Gegend mit ihren verschneiten Tannen.
»Hier muss es doch irgendetwas geben wo wir feiern können. Aber hier ist nur Schnee, Schnee und oh Wunder noch mehr Schnee.«
Etwas landete plötzlich hinter ihr. Als sie sich umdrehte war da ein humanoider Affe.
»Hey, weißt du wo man hier so richtig abfeiern kann?«
»Du bist gegen mich!«, schrie der Affe als er mit seinem Kampfstab auf den Oni zustürmte.
»Von mir aus. Wenn du das sagst.«
Mit einem Faustschlag setzte Gādo den Affen außer Gefecht. Doch damit nicht genug, denn auf einen folgten noch ein paar dutzende Affen mit ähnlichen Sprüchen auf den Lippen.
Der Oni war das egal. Sie freute sich nur dass sie ihre Urlaubsschlägerei bekam. Die Affen waren auch nicht keine harte Herausforderung.
Einige grün und blau geprügelte Affen später ging Gādo Pfeiffend weiter. Jedoch war ihre Suche nach einer Schenke oder ähnlichem nicht von Erfolg gekrönt. Und so ging sie zurück um den Kerl an der Rezeption nach einem Tipp zu fragen. Jener riet ihr es bei dem heruntergekommen Haus zu versuchen welches sich dort befand wo der Wald am tiefsten und dunkelsten war. Wo die Schatten bedrohlich flüsterten und Augen einem aus der Finsternis heraus mordlüstern anstarrten.
Für Gādo klang das wie der perfekte Ort für eine Fete.
Fortsetzung folgt…
Nachdem Albtraum fiel Jastany in eine ruhigere REM-Phase ohne nennenswerte Träume. Als sie schließlich aufwachte war es bereits dunkel. Noch etwas verschlafen tappte sie durch das Zimmer.
»Gādo? Bist du hier? Hallo? Hm, keiner da.«
Als sie schließlich den Mann an der Rezeption fragte was los sei, antwortete er dass das Onimädchen trotz seiner Warnungen in den dunklen Wald gegangen sei zu einer Geisterhütte in dem Irrglauben dort feiern zu können.
Die Kitsune hatte geahnt dass ihre Freundin etwas Dummes anstellen würde. Aber ob es sich lohnte ihr hinterherzulaufen? Andererseits was konnte sie sonst tun? Hier rumsitzen und Löcher in die Luft starren? Dann doch lieber dem Tollpatsch hinterher.
Kaum dass sie die Abstiege verließ kam wieder diese Stimme.
Wahrscheinlich ist sie fortgelaufen um dich zu verraten und dich zu betrügen.
»Kann mal jemand diesen Quälgeist abstellen. Das hält man doch im Kopf nicht aus.«
Nur ich bin dein Freund.
»Ignorier die Stimme. Die geht schon weg.«
Plötzlich tauchte ein Schatten vor der Kitsune auf. »Hör nicht auf sie! Sie bringt dir nur verderben!«
Beim genaueren hinsehen erkannte Jastany dass der Sprecher ein silberner Menschaffe oder ähnliches war. »Dir auch einen wunderschönen Abend.«
»Du und deine Freundin ihr müsst-«
»ihr müsst fliehen«, fiel ihm die Kitsune ins Wort. »Ja, ja. Es ist immer das gleiche.«
Fortsetzung folgt…
»Bitte sag mir aber nicht dass die Welt wieder untergeht. Das hatten wir schon.«
»Ich weiß es nicht«, gab der Affe zu. »Eine bösartige Präsenz hat all meine Söhne in den Wahnsinn getrieben. Sie glauben nun dass jeder gegen sie ist und sie verraten will.«
»Und darauf fallen sie rein, ernsthaft?«
»Wie bitte?«
»Ich meine, eine Stimmte im Kopf sagt dir was du zu tun hast? Hallo? Das ist das übelste Klischee. Vor allem wenn man tut was sie sagt. Schließlich bin ich diejenige die entscheidet was sie tut und warum. Aber diese Stimme ist wie ein kaputter Plattenspieler und sagt immer nur dasselbe. Sie hat mich noch nicht einmal gefragt wie ich überhaupt geschlafen habe. Nein, stattdessen sagt sie einfach ihren Text auf. Und sie begründet es noch nicht einmal. Ich bin doch keine 2-D-Type die einfach so tut was man ihr sagt.«
»Wow.«
»Sorry, aber musste halt sein. Was wolltest du noch sagen.«
»Ich glaube dass es zwei Präsenzen gibt die sich dieses Gebiet hier aufgeteilt haben. Eine ist im Wald bei der Hütte, die andere im Hotel. Ich schätze mal dass sie die Beute fair aufteilen weshalb jeder zweite bleibt und die anderen zur Hütte marschieren.«
»Lass uns erst mal Gādo finden. Danach gibt es noch mehr als genug Action. Mal wieder.«
Fortsetzung folgt…
»So? Und wo ist jetzt diese Hütte?«
Hier entlang! Folge unserer Stimme.
Gādo war froh dass es mehrere Sprecher in ihrem Kopf gab die ihr halfen sich nicht zu verlaufen. Sonst hätte sie die Hütte vermutlich nie gefunden und wäre Ewigkeiten orientierungslos durch den Wald geirrt.
Hier ist es. Geh in die Hütte. Dort bist du sicher. Dort sind keine Monster.
»Keine Monster? Dann kann ich ja gleich wieder abzischen.« Das Onimädchen machte kehrte und begab sich auf den Rückweg.
Hastig machten die Stimmen einen Rückzug mit ihren Behauptungen. Nein, da sind Monster drinne. Unzählige Monster. So viele dass wir sie gar nicht zählen können!
»Ja was denn nun? Monster oder keine Monster?«
Monster! Schreckliche Monster, böse Monster! Wir wollen gar nicht weiter darüber reden.
»Hey, ihr verarscht mich doch nicht oder?«
Nein? Scheinbar wussten die Stimmen Gādo nicht so recht einzuordnen.
»Ihr klingt nämlich, als würdet ihr es nicht wirklich ernst damit meinen was ihr sagt.«
Wir meinen es ernst. Wir meinen es ernst. Da drin sind Ungeheuer. Wir haben solche Angst. Bitte rette uns!
Das Onimädchen lächelte. »Hehehe. Heldin Gādo rettet den Tag! Keine Angst ihr Stimmen! Ich werde euch helfen!«
Hätten die Stimme einen Körper besäßen vermutlich hätten sie nur fassungslos mit dem Kopf geschüttelt. So etwas war ihnen noch nie untergekommen.
Fortsetzung folgt…
»Dies hier war mal eine anständige Gegend«, meinte der Affe.
»Aha.«
»Wir sind jeden Sommer hier gewesen.«
»Verstehe.«
»Und jetzt siehe sich das einer an! Überall riecht man Tod und Verderben. Und überall hört man nichts anderes.«
»So ist die heutige Welt einfach.«
»Und meine Söhne sind jetzt fort und versuchen jeden aufzuhalten, der sich ihnen in den Weg stellt. Egal wer ihnen begegnet, er kann einem nur leidtun. Sie sind starke unaufhaltsame Krieger«
»So wie die da drüben?«, fragte Jastany im trockenen Tonfall.
»Bei den Kamis!«, entfuhr es dem Alten als er einen Berg verprügelter Menschenaffen sah. »Das ist unmöglich!«
Jastany packte einem der Affen der noch bei Bewusstsein war hoch. »Zierliches Mädchen mit großer Keule?«
»Du… Du hast sie auf uns gehetzt!«
»Kein Zweifel. Gādo war hier.«
»Mach dich nicht lächerlich Kitsune. Es ist unmöglich dass ein kleiner Oni all diese Kämpfer ausgeschaltet hat.«
Mit einem ernsten Tonfall erwiderte sie: »Gādo und ich haben die hyakki bekämpft und sie besiegt. Wenn das möglich ist, dann ist es folglich auch möglich dass deine Jungs gegen sie den Kürzeren zogen.«
»Bei den Kamis! Ich habe von solchen Yōkais gehört, hielt es aber immer für übertriebene Legenden. Was ist wenn diese Oni dem Einfluss der Stimmen unterlag?«
»Ich bedaure die Stimmen dann mehr als meine Freundin.«
Fortsetzung folgt…
Gādo betrat das Haus. »Hm. Leer.« Es gab nichts in der Hütte. Es war ein einziger Raum ohne Möbel oder sonstiges. Höchstens ein schmutziges Fenster ließ einem Blick nach draußen zu.
Du bist gefangen. Hehehehe. Gefangen bist du, kicherten die Stimmen hämisch.
»Hä?«
Der Boden tat sich unter Gādos Füßen auf und legte einen tiefen Abgrund frei an dessen Ende eine Kreatur saß die einzig aus einem Maul mit rasiermesserscharfen Zähnen bestand.
»Auweia! Das sieht schlecht aus.« Ohne zu zögern sprang das Onimädchen durch das Fenster ins Freie.
Du glaubst du bist gerettet, Oni? Falsch gedacht! Du wirst springen! So wie alle vor dir! Wir werden dich quälen und an deinen Nerven zerren. Jede Sekunde deines Lebens wird eine einzige Tortur sein und das solange bis du da hinunter springst!
»Ihr wollt also das ich springe?«
Ja, kam es gierig.
»Und ihr seid euch da absolut und hundertprozentig sicher?«
Ja! ja!
»Na, klar. Klingt cool.« Aufgrund ihres diabolischen Lächelns verstummten die Stimmen.
Dann sprang sie mit lautem Gegröle und Keule schwingend welche lilane Blitze von sich gab hinab in den Schlund der Hölle. Oder die Hölle kam zu dem Ungeheuer. Je nachdem aus welcher Sicht man es betrachtete. Doch jene die Gādo kannten konnten das Ungeheuer so fies es auch sein mochte nur noch bemitleiden.
Fortsetzung folgt…
Als Jastany und der lte Affe den Platz mit der Hütte erreichten sahen sie nichts als einen rauchenden Krater.
»Was ist hier nur geschehen?«
Jastany sah auf ihre Arme wo sich die kleinen Härchen kribbelnd sträubten. »Gādo…«
»Ich fürchte junge Kitsune, wir kommen zu spät um deiner Freundin das Leben zu retten.«
Ein lautes Knistern wie von hundert Blitzen folgte. Lilanes Licht stieg dem Krater empor, worauf ein scheußliches Heulen kam. Ein furchteinflößendes Ungetüm entstieg dem Krater. Jastany zog ihren Pinsel und machte sich für einen Kampf bereit. Doch das Monster brüllte bloß wütend in den nächtlichen Himmel ehe es laut krachend zu Boden sank. Der Geruch vom verkohlten Fleisch stieg der Kitsune in die Nase. Und es wunderte sie nicht als das runde Maul des Ungetüms zu zucken begann. Sie ging furchtlos darauf zu und hob den Mund etwas an.
»Du hast aber lange gebraucht um hierherzukommen.«
»Was soll ich sagen Gādo, ich hatte eine nette Unterhaltung mit einem Affen und habe zusätzlich auch noch die frische Abendluft genossen.«
»Bei den Kamis!«
»So etwas sagt er öfters. Puh! Du stinkst vielleicht.«
»Glaub mir wenn du von so etwas gefressen wärst, würdest du nicht anders geduftet.«
»Ich glaube eher du bist ihm ins Maul gesprungen.«
»Jeep.«
»Komm, lass uns zurückgehen. Wir haben noch etwas zu klären.«
Fortsetzung folgt…
»Also wenn du jetzt so liebenswürdig wärst uns zu sagen was hier los ist«, fragte Jastany den Kerl von der Rezeption, während Gādo ihn kopfüber am Fuß festhielt.
»Von mir erfahrt ihr gar nichts. Überhaupt nichts.«
»Okay. Dann kann ich dir nicht helfen. Gādo, dein Zug.«
Brutal schlug das Onimädchen den Buckligen gegen die Wand. Die Kitsune empfand es als Wunder dass sie ganz blieb. Der alte Affe hatte sich nicht getraut das Gebäude zu betreten und hatte seitdem nichts von sich hören lassen. Was vermutlich auch besser für ihn war.
»Also noch mal von vorn. Was ist hier los?«
»Ich weiß es. Ja. Aber ich werde es euch nicht sagen.«
Erst nach einigen Versuchen wurde der Kerl gesprächig.
»Okay, okay. Ich rede.«
»Setz unseren Freund bitte ab, ja?«
»Also … also es sind Yōkais. Ziemlich alt. Zu alt um sie heute überhaupt klassifizieren zu können. Und ziemlich mächtig. Einen von ihnen habt ihr bereits getötet. Er … er verschlang die Leiber der Gäste.«
»Und die anderen? Wo sind die?«
»Ich hab keine Ahnung! Es sind immer nur zwei gewesen. Einer fraß die Körper. Der andere ernährte sich von den Emotionen. Vor allem Aggressionen. Mehr weiß ich nicht.«
»Wo finden wir ihn?«
»Ich weiß es nicht. Er hat sich nie gezeigt.«
»Wir finden ihn schon.«
Fortsetzung folgt…
Töte Gādo! Hier und jetzt bevor es zu spät ist.
»Ah, pünktlich auf die Minute.«
»Was ist, Jastany? Hörst du gerade diese Stimmen?«
»Allerdings. Aber kommen wir nun doch mal zu euch. Wo seid ihr?«
Töte Gādo! Hier und jetzt.
»Ja, das hatten wir bereits vorhin. Warum zeigst du dich nicht?«
Töte!
»Deine Antworten werden irgendwie immer kürzer.«
»Ich muss euch töten, bevor ihr mich tötet.«
»Wo kommt denn plötzlich der Affe her? Ich dachte der traut sich nicht hierher.«
Jastany sah ihn sich genauer an. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er besessen war.
»Gib ihm mal einen kleinen Stromstoß, um ihn außer Gefecht zu setzen.«
Schließlich drehte die Kitsune den armen bewusstlosen Affen auf den Rücken. Mit ihrem Pinsel malte sie ihm ein Loch in die Brust und griff hinein.
»Iiihhh.«
»Ich weiß, Gādo. Mir gefällt das auch nicht besonders.« Schließlich zog die Kitsune etwas Durchsichtiges aus dem Loch. »Hab ich es doch geahnt. Der Typ ist ein Art Geist. Deshalb trat er nie in Erscheinung.«
»Und jetzt?«
»Sehen ob er feuerfest ist?« Ohne Worte erschuf Jastany Flammen an ihren Fingern welche sich schnell ausbreiteten und den Geist verbrannten.
»Das hätten wir dann auch. Und? Fertig mit dem Urlaub?«
»Und du?«
»Ist doch egal. Gādo, ich glaube uns gönnt niemand einen Urlaub.«
Fortsetzung folgt…
Nachdem die beiden Yōkais besiegt waren, kehrte in dem Grenzlande wieder Frieden ein. Der alte Affenmensch hatte sich mit seinen Söhnen zusammen ausgiebig bei den beiden bedankt ebenso der Bucklige der nun endlich seine Karriere als Opernsänger vorantreiben durfte, da ihm die Stimmen nichts mehr befahlen.
Allerdings fluchte Jastany innerlich vor sich hin. Zwar war es schön und gut ein paar Leuten geholfen zu haben, doch es wurmte sie keinen Urlaub gehabt zu haben. Es war einfach ungerecht dass ihr keine ruhigen Pausen vergönnt waren. Doch Gādo erinnerte sie dafür daran dass sie viel Spaß hatten und mit tollen Erinnerungen nach Hause gehen konnten.
Und so zogen die beiden doch recht fröhlich in die Stadt ein und standen bald erneut vor dem Herrscher.
Dieser sah die beiden mit einer starren Fratze an die mit einem gelegentlichen Zucken in Bewegung geriet. »Ihr schon wieder?!«
»Hey, Alter!«
»Wie geht es euch, mein Herr?«
»Wenn ich euch sehe? Schlecht! Jetzt schulde ich meiner Frau auch noch eine Fußmassage weil ihr einfach nicht von den hyakki vernichtet werden konntet.«
»Mein untertänigster Vorschlag wäre das Wetten einfach bleiben zu lassen«, meinte die Kitsune.
»Schnauze! Was soll ich bloß mit euch anstellen? Himmelfahrtkommandos gibt es momentan nicht.«
»Was sollen wir dann machen? Oh, bitte keinen Dienst bei der Stadtmauer!«, jaulte Gādo.
Fortsetzung folgt…
Kenmeina seishin war ein leidenschaftlicher Kartenspieler. Sein Spiel mit dem Oni Shuten Dōji sollte allerdings unvergesslich bleiben.
Der Marderhund würde seinem Mitspieler derart die Hosen runterziehen dass er danach alles tun würde um seine Schulden zu bezahlen. Allein bei der Vorstellung dass Shuten Dōji der grausamste aller Onis in seiner Schuld stehen war wie ein Traum.
Er brauchte kein gutes Blatt um zu gewinnen. Er half seinem Glück nach. Mit genügend Assen im Ärmel konnte niemand verlieren. Doch zu seinem Pech reichte das zweitbeste Blatt nicht aus. Zumal kein guter Falschspieler immer das beste Blatt auf seiner Hand haben würde, da dies auffallen würde. Stattdessen versuchte man den Gegenspieler zu deuten und dann seine Hand dementsprechend zu formen. Und der Oni hatte zweifelsohne ein gutes Blatt.
Wie bereits erwähnt konnte kein zweitbestes Blatt gegen das beste anstinken. Kenmeina seishin verlor darauf alles, denn er hatte mit dem Oni unter anderem um sein eigenes Leben gespielt. Ursprünglich wollte der Oni den Marderhund fressen, da sie seiner Aussage nach recht deliziös seien. Aber Kenmeina seishin konnte den Oni überzeugen sein Leben zu verschonen und dass es bestimmt auch etwas gäbe was besser schmeckte als er selbst. Das gab es allerdings. Das zweitbeste Blatt, der Marderhund sollte gegen das beste Blatt, eine schwer zu fangende Kitsune getauscht werden.
Fortsetzung folgt…
Schlotternd stand Kenmeina seishin vor Shuten Dōji. Jener war ungehalten und zudem nicht gerade für seine Geduld bekannt. Noch immer harrte er darauf seine spitzen Zähne in das weiche Fleisch einer Kitsune schlagen zu dürfen.
»Ich bin enttäuscht, Kenmeina seishin.«
»Tut mir leid. Ich habe alles versucht, doch eine Kitsune zu fangen ist kein Zuckerschlecken, dass wissen wir beide.«
»Und wir beide wissen, dass es dein Problem ist und nicht meines. Schließlich siehst du immer noch sehr schmackhaft aus.«
»Ich habe bereits ein passendes Opfer für euch ausgewählt, doch diese Kitsune ist zäh. Ich habe ein Vermögen in ihre Verfolgung investiert.«
»Du versuchst dich rauszureden mit Lappalien doch das wird dich nicht retten. Du weißt, dass ich keine Gnade kenne. Das weiß jeder.«
»Ja, großer Shuten Dōji, doch gib mir bitte noch etwas Zeit bis ich Jastany in meinen Händen halte.«
Der Oni überlegte kurz. »Ein untypischer Name für eine Kitsune. Weißt du denn wo sie ist?«
»Ja, allerdings. Um meinen Jägern zu entfliehen ist sie in die Hauptstadt der Herbstlande geflüchtet und hat dem Herrscher dort ihre Dienste angeboten.«
»Gut. Du darfst nun gehen.« Mit diesen Worten schnappte sich der Oni den kleinen Marderhund und aß ihn unter lautem Gebrülle und Gekreische auf. Er schmeckte gut, aber nicht so gut wie eine junge Kitsune.
Fortsetzung folgt…
»Boah, eye, ist das langweilig«, stöhnte Gādo als sie mit Jastany zusammen den Sonnenaufgang auf der Mauer genoss.
Der Kitsune hingegen gefiel der Wachdienst da er nach den letzten Abenteuern wie Urlaub für sie war. »Stell dich nicht so an. Versuch doch einfach mal den Sonnenaufgang zu genießen.«
»Die ganze Nacht kein Auge zugetan…«, maulte sie.
»Obwohl du es wirklich oft versucht hast…«, führte Jastany fort.
»Und du mich immer geweckt hast«, beendete Gādo und nahm noch einen Schluck aus ihrem Sakekrug.
»Du sollst doch nicht während des Dienstes trinken! Wenn wir kontrolliert werden und du betrunken über der Brüstung liegst bekommen wir beide mächtigen Ärger.«
»Ach was! Wenn wir die Typen da vorne durchlassen würden, DANN bekämen wir Ärger.«
»Was für Typen?«
»Na, die Gestalten da hinten!«
Jastany folgte Gādos Finger. Es dauerte einige Zeit bis sie kleine Punkte am Horizont erkannte.
»Wow. Du hast ganz schön gute Augen. Moment mal… die Dinger müssen riesige sein, wenn man sie bereits auf so einer Entfernung sehen kann.«
»Das sind Onis. Hundert pro. Ich weiß doch wie meine Sippschaft herum latscht.«
»Und so wie es aussieht halten sie genau auf die Stadt zu.«
»Das sind Uronis. Also die großen. Wenn die in die Stadt kommen bleibt kein Stein auf dem anderen.«
»Wir müssen sofort Alarm schlagen!«
Fortsetzung folgt…
»Es ist doch immer dasselbe mit euch! Kaum setzt ihr einen Fuß in diese Stadt schon werden wir mit Katastrophen überhäuft!«, schimpfte der Hauptmann.
»Das finde ich etwas übertrieben«, versuchte die Kitsune die Situation zu entschärfen.
»Wusstet ihr eigentlich dass diese Stadt vor eurem Auftauchen sicher war? Das schlimmste was uns jemals wiederfahren war, war eine Mausplage. Sie haben zwar alles angeknabbert aber niemand kam dadurch sonderlich zu schaden. Es gab höchstens einige Käseliebhaber die aufgebracht waren und selbst diese kleinen Unruhen waren nichts im Vergleich dazu!«
Jastany wusste nicht was sie erwidern sollte um die Aussage zu entkräften, aber Gādo wusste wie üblich wie man sie verschlimmerte. »Wenigstens ist jetzt hier immer fette Action angesagt.«
»Ich weiß, dass der Herrscher euch genug hasst um es gutzuheißen, wenn ich euch beide alleine an vorderste Front schicken.«
»Wird er dann auch wieder mit seiner Frau wetten?«, fragte das Onimädchen verschmitzt.
»Ich glaube sogar dass er die Tore für euch nie wieder öffnen würde, um euch einen qualvollen und langsamen Hungertod sterben zu lassen.«
»Dann gebe ich zu bedenken dass unser Hauptmann aus erster Hand weiß, dass eine Mauer uns nicht aufhalten kann.«
»Und genau da liegt der Haken bei euch. Ihr seid einfach zu overpowered.«
»Och, gibt es doch zu Hauptmann, das ist unsere liebenswürdigste Eigenschaft.«
Fortsetzung folgt…
Jastany und Gādo konnten nur noch zusehen wie das große Haupttor sich krachend vor ihrer Nase schloss.
»Ich hätte echt nicht gedacht, dass er es wirklich tut«, meinte das Onimädchen, während die Kitsune unterdessen glaubte Partygeräusche hinter der dicken Tür zu vernehmen.
»Also echt jetzt«, meinte sie, »haben die denn überhaupt keine Scham?!«
»Ist dir aufgefallen, dass wir eigentlich nichts mit unseren Kollegen unternehmen?«
»Ja, aber das ist nicht wirklich unsere Schuld. Immerhin ziehen wir die Scheiße magnetisch an. Die haben vermutlich Angst dass ihnen etwas zustößt.«
»Auf jeden Fall werde ich unsere Kneipenschlägerei in Ehren halten«, schwor sich Gādo.
»Sag mal was du über deine Sippschaft weißt.«
»Nicht viel. Die meisten glauben nicht dass es die Uronis gibt, aber ich habe es immer gewusst. Angeblich gehorchen sie nur dem Befehl des fiesen und bösen Shuten Dōji.«
»Stärke und Fähigkeiten?«
»Keine Ahnung. Ich habe nur gehört dass sie riesig sein sollen. Wird bestimmt lustig gegen sie zu kämpfen.«
»Ernsthaft, ist das immer so? Sobald man einen Feind getötet hat kommt ein neuer und mächtigerer nach? Läuft´s hier so?«
»Nein. Nur bei Helden.«
»Und seit wann sind wir das? Wir waren immer nur Flüchtlinge.«
»Ich schätze mal, seit dem wir dem Herrscher die Treue geschworen haben.«
Jastany stöhnte denn nach dieser Theorie war es ihre Schuld.
Fortsetzung folgt…
Die Erde erzitterte unter dem Stampfen dieser Giganten. Die Tiere flohen und etliche Ställe und Häuser die ihren Weg versperrten wurden mit einem Tritt aus der Welt geschafft. Ihre Befehle waren eindeutig gewesen. In die Hauptstadt der Herbstlande zu marschieren und sie einzunehmen. Nichts und niemand vermochte es diese Krieger aufzuhalten, denn jeder einzelne von ihnen war wie eine Naturgewalt. Sie waren die ältesten und mächtigsten Onis der Anderswelt.
Jedoch waren sie nicht sonderlich schlau im Gegensatz zu ihrem Nachkommen. So war Beispielsweise der Befehl jemand bestimmtes gefangen zu nehmen viel zu komplex für ihre mentalen Kapazitäten. So merkte auch niemand wie sich ein Geist in ihren gewaltigen Schatten bewegte. Wobei dies kein geringerer als Saigo war. Er hatte schnell erkannt wohin diese Riesen schlürften und auf welchem Feind sie treffen würden. Da traf es sich gut dass er sie begleitete und ihnen dabei helfen konnte die Kitsune und das Onimädchen zu vernichten. Auch wenn die Uronis nichts davon wussten, denn sie hätten die Absichten des Geistes wahrscheinlich nicht verstanden und ihn einfach aus Stumpfsinnigkeit heraus getötet oder verspeist. Und Saigo wusste dass dieses Heer den hyakki überlegen gewesen wäre, wären die beiden Legenden in der Schlacht aufeinandergetroffen. Allerdings würde dies nie passieren nun da die hyakki besiegt waren. Doch sie würden bald gerächt werden.
Fortsetzung folgt…
Jastany und Gādo flogen auf einer schwarzen Wolke welche von der Kitsune erschaffen worden war.
»Das Ding hat ja einen Affenzahn drauf«, meinte das Onimädchen.
»Cool nicht? Damit müssten wir bald bei den Onis sein. Wir können sie schließlich gar nicht verfehlen.«
Und schließlich erreichten sie ihr Ziel. Gādo sprang von der Wolke ab um die Feinde vom Boden aus angreifen zu können, während Jastany in den Lüften blieb.
Die Onis waren wirkliche Riesen und sahen entfernt aus wie Oger aus Fantasyfilmen, bloß dass sie Hauer und Hörner besaßen. Unverzüglich schlug das Onimädchen einem ihrer Verwandten auf den Fuß, doch dieser reagierte nicht darauf. Er stapfte unbeeindruckt weiter. Jastany schuf einige Schmetterlingsbomben die sie einem der Riesen ins Gesicht feuerte. Sie explodierten unverzüglich und hüllten den Kopf des Onis in einer Rauchwolke ein. Für einen Moment hielt der Riese inne und schaute zum Himmel hinauf wo er die Kitsune entdeckte. Mit seiner gewaltigen Hand wedelte er um sich als wenn er ein nervtötendes Insekt verscheuchen wollte. Aber dies sollte dann auch schon alles sein.
Die Uronis gingen weiter und ließen die beiden Heldinnen einfach so links liegen. Jedoch waren die beiden ziemlich sauer, denn so sind sie noch nie behandelt worden. Da wurden sie schon an die Front geschickt und dann ignorierte man sie einfach.
Fortsetzung folgt…
»Wir müssen sie aufhalten bevor sie die Hauptstadt erreichen!«
»Nein, Jastany. Du wirst vorgehen und die Stadt warnen. Ich versuche derweil sie aufzuhalten.«
Die Kitsune nickte ernst und flog mit ihrer Wolke davon. Doch etwas holte sie plötzlich vom Himmel. Im fallen sah sie den letzten hyakki, der auch prompt auf sie zuraste. Jastany konnte gerade noch ihren Pinsel schützend vor sich halten.
»Ich werde nicht zulassen dass ihr die Stadt warnt. Ihr sollt sehen wie eure Heimat bis auf die Grundmauern niederbrennt.«
Schnell malte Jastany ein Loch in das sie verschwand, nicht aber ohne vorher den Pinsel auf den Boden zu werfen und ihm einen Schwarm Schmetterlinge hinterherschickend. Die künstlichen Insekten wirbelten den Pinsel derart hin und her dass er einen Kreis malte, aus welchem die Kitsune dann geschleudert wurde. Sie konnte gerade ihren Pinsel schnappen bevor sie dem Fuß des Onis ausweichen musste.
Unterdessen hatte sich Gādo eingeschaltet und sich dem Geist gestellt. »Los, Jastany! Verschwinde gefälligst bevor alles verloren ist!«
Jastany tat wie ihr geheißen. Sie malte eine Wolke und flog davon. Allerdings wollte sie der Geist nicht gehen lassen. Die Kitsune wehrte ihn mit ihrem Pinsel ab und das Onimädchen schnappte ihn sich und zog ihn zurück auf die Erde.
Die Kitsune musste alle warnen bevor es zu spät sein würde.
Fortsetzung folgt…
Gādo stand vor dem Geist und wusste das dies ein interessanter Kampf werden würde. Der hyakki versuchte sofort Jastany hinterher zu eilen, doch das Onimädchen rannte einen der Riesen hoch, sprang von seinem Knie ab und schlug mit blitzender Keule nach dem Geist. Dieser löste sich in Luft auf und Gādo landete auf einem Lendenschurz und hielt sich daran fest.
»Ihr habt mir mein Heim genommen! Mein ein und alles! Glaubst du wirklich dass ich euch dann euer selbiges verteidigen lasse? Niemals!«
Der Typ scheint durchgeknallt zu sein, dachte sich das Onimädchen. Ihr Gegner schien nun seine Taktik geändert zu haben, denn anstatt abzuhauen ging er in den Angriff über. So hab ich es lieber.
Gādo sprang ihm entgegen, doch der Geist löste sich abermals in Nichts auf. Jedoch konnte die Oni genau erkennen wie sich die Rauchschwaden verflüchtigten und sich in einem der Riesen niederließen.
Als das Onimädchen auf dem Boden landete hatte sie große Mühe dem wild um sich tretenden Fuß auszuweichen. Sie rannte so schnell sie konnte. War der Oni noch eben gemütlich und langsam gewesen so bewegte er sich nun fast so schnell wie Gādo selbst. Aber zu ihrem Glück nur fast.
»Ihr habt mir meine Familie genommen! Jetzt werde ich euch zerquetschen!«, tönte der Riese mit der Stimme des Geistes.
Fortsetzung folgt…
Keuchend landete Jastany auf dem Wall. »Ich muss sofort zum Hauptmann!«
Unverzüglich eskortierte man die Kitsune zu ihrem Vorgesetzten.
»Was haben wir denn hier?!«, brüllte er. »Befehlsverweigerung! Hältst mich wohl für blöd, was?! Diese Riesenonis sind nicht besiegt und solange dies so ist bist du und deine versoffene Freundin aus der Stadt verbannt, kapiert?!«
Jastany hielt dem Hauptmann den Mund zu, um endlich selber zu Wort zu kommen. »Wir sind nicht das Ziel«, begann sie. »Die Stadt ist es! Wenn diese Viecher hinter uns her wären hätten sie uns nicht ignoriert als wir versucht haben gegen sie zu kämpfen.«
»Sie haben euch links liegen gelassen?«
»Und sind schnurstracks weiter auf die Stadt zumarschiert«, vollendete der Fuchsgeist. »Alle Mann müssen auf Gefechtsstation gebracht werden. Wir brauchen schwere Belagerungswaffen. Gādo und ich konnten nichts gegen sie ausrichten, obwohl wir unser Bestes gegeben hatten.«
»Bei den Kamis. Gokigen-tori!«
»Herr!«, salutierte der Soldat der die Schlägerei damals angefangen hatte.
»Versammeln sie alle Männer auf dem Wall beim Haupttor, bringen sie sämtliche schweren Geschütze die sie finden können dorthin. Sagen sie der achten Division dass sie sich um die Zivilisten kümmern soll. Evakuriert alle! Und danach schließen sie sich uns beim Tor an! Das war gute Arbeit Jastany. Du würdest einen hervorragenden Späher abgeben.«
Hat der Hauptmann mich gerade gelobt?
Fortsetzung folgt…
»Stirb! Stirb!! Stirb! STIRB!!!!«, brüllte der Riese.
Gādo konnte nicht anders als diese urgewalte Kraft zu bewundern. Es erinnerte sie an ihre unschuldigen Tage als sie noch gedacht hatte dass sie selbst die Königin der Winterlande sei. Schließlich hatte sie sich diesen Titel selbst verliehen und kein Oni war ihr gewachsen gewesen. Doch dann war sie eines Tages einem Samurai begegnet der von einem Dorf angeheuert war um sie zu töten. Nie war dem Onimädchen jemand begegnet der derart schnell und stark war. Er hatte Gādo mit nur einem einzigen Schwertstreich besiegt. Doch anstatt sie zu töten hatte der Schwertkämpfer Mitleid mit ihr gehabt. Als er zum Dorf zurückkehrte zeigte er ihnen nur ein abgebrochenes Horn und kassierte die Belohnung. Es hatte lange gedauert bis es wieder nachgewachsen war, doch es war ein vergleichsweise kleiner Preis für ihr Leben. Doch diese Erfahrung hatte sie eines gelehrt, unterschätze niemals deinen Gegner und für je mächtiger du dich hältst desto mehr neigst du dazu ihn zu unterschätzt.
Gādo konzentrierte sich wieder auf das hier und jetzt. Ihr war aufgefallen dass der Riese immer nur mit einem Fuß nach ihr stampfte. Das konnte ihre Chance sein. Mit wildem Gebrüll bündelte sie einen Großteil ihrer Kraftreserven in die Keule, rannte auf den Riesen zu und schlug nach seinem Knöchel…
Fortsetzung folgt…
Knackend brach der Knöchel und der Gigant fiel krachend und staubaufwirbelnd in den Dreck. Gādo wurde von der Schockwelle davon geschleudert, konnte sich aber schnell fangen. Jetzt bloß nicht nachlassen, dachte sie. Sie rannte mit allem was sie noch hatte und schlug mit ihrer Keule gegen den Kiefer des am Boden liegenden Onis. Krachend knackte der Unterkiefer und lag ausgerenkt da.
Doch dann donnerte eine gigantische Faust von oben auf sie nieder. Obwohl das Onimädchen nach hinten sprang wurde sie von der erneuten Schockwelle zu Boden gerissen. Nur mit knapper Not konnte sie dem zweiten Schlag entkommen.
»Stirb endlich!«, tönte der hyakki.
Am liebsten hätte Gādo ihn die Keule erneut mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen, doch ihre Ausdauerreserven waren erschöpft. Ihr blieb nur der Rückzug. Doch der Geist welcher den Riesen besetzte wollte sie nicht gehen lassen. Er krabbelte ihr mit seinen unverletzten Gliedmaßen wie ein Wahnsinniger hinterher. Für das Onimädchen war dies eine neue Erfahrung. Normalerweise würde sie dem Tod im Kampf der Flucht vorziehen, doch Jastany hatte alles verändert. Nun gab es etwas zudem sie zurückkehren wollte. Etwas dass das Leben lebenswert machte.
Mit eisernem Willen ließ sie ihre Beine noch schneller rennen. Aber eines bereitete Gādo sorgen. Wenn die Heldinnen die Onis nicht aufhalten konnte, wer dann? War alle Hoffnung verloren?
Fortsetzung folgt…
»Es ist soweit, Gādo. Nun kann ich endlich zusehen wie du stirbst«, meinte der Sakekrug während das Onimädchen darum bemüht war am Leben zu bleiben.
»Redʼ keinen Stuss. So werde ich bestimmt nicht enden.«
»Natürlich nicht«, meinte das Gefäß augenverdrehend, obwohl es über keine Sehorgane verfügte. »Dann erleuchte mich doch mit deinem Plan wie du hier wieder rauskommen willst.«
»Schritt eins: Nicht sterben.«
»Faszinierend. Und weiter?«
»Schritt zwei: … Keine Ahnung. Improvisieren.«
Die Faust des tobenden Riesen schlug gefährlich nahe neben Gādo ein.
»Unser Freund holt auf. Du machst nicht mehr lange.«
»Ich verspreche dir, sobald ich das hier überlebt habe, werfe ich dich gegen die nächste Wand.«
»Das glaube ich nicht, Tim.«
»Wer zur Hölle ist Tim?!«, brüllte das Onimädchen als die Faust sie schon streifte. »Warte! Kannst du mir keinen Vorsprung geben?«
»Gleich hab ich dich, Oni!«
»Gleich hat er dich, Gādo.«
»Halt die Schnauze und lass mich rennen!«
Ein Beben riss das Onimädchen von den Füßen. Sie versuchte schnell wieder aufzustehen, doch die Faust sauste erneut herunter und zertrümmerte ihr Bein. Kriechend floh Gādo weiter. Sie sah nur noch dass ein bedrohlicher Schatten über sie schwebte.
»Endlich hab ich dich!«
Gādo versuchte schneller zu kriechen doch mit nur einem Bein war das so gut wie unmöglich. Und dann sauste die Faust hernieder…
Fortsetzung folgt…
Jastany schluckte als sie auf dem Wall stand und auf Gādo wartete. Die Kitsune wusste zwar wie stark ihre Freundin doch war, allerdings machte sie sich trotzdem sorgen. Was war wenn sie wieder in eine Falle des hyakki stolperte oder gegen ihre Sippschaft unterlag? Egal wie sehr Jastany auch versuchte die Zweifel abzuschütteln, sie ließen einfach nicht locker.
Schließlich half die Kitsune den anderen bei der Aufstellung der Belagerungswaffen. Da waren Ballisten, Katapulte und ähnliches Zeugs. Dabei glitten ihre Blicke immer wieder zum Horizont an dem sich die Schatten der Riesen immer deutlicher abhoben.
Selbst als alle auf den Wehrgängen standen und den Angriffsbefehl abwarteten war immer noch kein Zeichen ihrer Freundin eingetroffen. In der Kitsune löste dies einen Zwiespalt aus da sie zum einen bleiben wollte um die Stadt zu verteidigen andererseits wollte sie losziehen um Gādo zu suchen. Sie überlegte hin und her um herauszufinden was ihr wichtiger war. Die Freundschaft oder die Pflicht. Diese Stadt würde dem Ansturm der Onis nicht standhalten und Gādo hatte bisher auch oft genug auf sich alleine aufpassen können. Doch was war wenn sie verletzt war und Jastanys Hilfe brauchte? Wie in Trance machte Jastany einen Schritt nach vorne und trat aus den Reihen ihrer Kameraden. Sie ging zur Brüstung und setzte einen Fuß darauf, um abzuspringen.
Fortsetzung folgt…
Plötzlich legte sich eine Hand auf Jastanys Schulter. Es war der Hauptmann der sie mit Verständnis ansah und wehmütig mit dem Kopf schüttelte.
Es ist zu spät um sich um zu entscheiden, wurde sich die Kitsune bewusst.
Die Miene des Hauptmannes verfinsterte sich und Jastany wurde klar dass es nun beginnen würde.
»Spannt die Ballisten! Macht die Katapulte bereit!«
Eine aufgeregte Hektik machte sich breit, denn viele würden den Kampf nicht überleben. Es war anders als die Schlacht um Rinjin. Die Tengus waren furchteinflößende Gegner fürwahr, doch sie konnten sich nicht mit diesen Monstren messen die in der Abenddämmerung auf sie zumarschierten.
Die Kitsune zog mit klopfendem Herzen ihren Pinsel vom Rücken. So viel Angst hatte sie noch nie gehabt. In den Filmen sah das immer toll aus wenn auf einmal alles in Zeitlupe lief und man sah wie hastig Befehle gebrüllt wurden und andere sich bereit machten dem Feind die Stirn zu bieten. Doch die Realität war anders. Sie war echter und die Angst um einem selbst greifbarer. Die Kitsune sah wie die Felsbrocken an den Riesen zerschellten und sie für einige Augenblicke stoppten. Doch dann liefen sie ohne weiteres aufheben weiter. Die Armbrustschützen feuerten Salven mit Seilen ab, welche die Nahkämpfer nutzten um die Giganten im Nahkampf zu überrennen. Eine davon war Jastany.
Fortsetzung folgt…
Jastany war bemüht nicht nach unten zu sehen während sie das Seil entlang rannte. Wut machte sich in ihr breit. Wut auf die Onis die ihrer Freundin unbeschreibliche Dinge angetan hatten. Wie sonst konnte kam es, dass sie nicht zurückgekehrt war?
Schreiend erhöhte sie ihre Geschwindigkeit und schlug dem Oni ihren Pinsel ins Gesicht. Die Wucht des Schlages ließ seinen Schädel krachen, doch es hielt ihn nicht auf. Wilde Flammen der Wut stiegen empor als sich die Kitsune der Lächerlichkeit ihres Angriffes bewusst geworden war. Die Wut gab ihrem Feuer neue Kraft und ihren Attacken mehr Wucht. Sie sprang von den Seilen ab, da ihre Füße brannten konnte sie damit fliegen als hätte sie Raketenstiefel an. Schließlich steckte sie ganz den Pinsel weg und formte mit den Feuer in ihrer Hand gewaltige Flammen in der Form von Fäusten die den Oni KO schlugen. Doch seine Artgenossen hatten in dieser Zeit bereits den Wall zerstört. Die Flammen der Stadt wurden von Janstany aber nicht mehr bemerkt. Sie wurde nur noch von dem Gedanken beherrscht ihre Feinde tot zu sehen. So musste sich Gādo immer fühlen wenn sie die Kontrolle verlor und es war fürwahr ein tolles Gefühl. Jastany merkte gar nicht wie die wilde Fuchsstatue in ihrem Inneren immer mehr die Kontrolle über die Kitsune erlangte.
Fortsetzung folgt…
Es geschah plötzlich mitten in der Schlacht. Mit einer lauten Explosion kam der neunschwänzige Fuchs aus dem Nichts. Er sprang auf die Onis zu und zerfetzte sie mit seinen Zähnen und Klauen. Andere wurden von seinen Schweifen erwürgt.
Jastany befand sich unterdessen mehr träumend als wachend an dem dunklen Ort. Während die Bestie aus ihrem Inneren tötete merkte sie nur am Rande dass sie ihre menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Die Gestalt eines einfachen Menschenmädchens welches im Schneidersitz auf einem Sockel saß und verträumt Löcher in die Luft starrte. Sie merkte gar nicht wie ihr Körper immer tauber wurde und sie in den Füßen gar kein Gefühl mehr besaß und sie immer härter und härter wurden um darauf zu versteinern. Dieser Zustand breitete sich aus je länger Janstany dasaß und nichts tat. Wozu auch? Es war so still und friedlich hier. Wozu etwas tun? Nur ab und an wurde die Ruhe vom höhnischen Gelächter des Fuchses unterbrochen.
Unterdessen waren die Truppen nicht mehr darauf aus die Onis zu stoppen sondern hatten sich mit ihnen gegen den gemeinsamen Feind gestellt. Der Fuchsgeist wütete ohne Unterlass. Egal wie sehr sich die anderen auch anstrengten ihn mit Seilen zu Fesseln oder mit gigantischen Fäusten auf ihn einzukloppen. Nichts davon half. Bis schließlich ein Fremder aus dem Nichts auftauchte…
Fortsetzung folgt…
Gādo kniff die Augen zu. Doch der Schlag blieb aus. Der Uroni hielt sich wütend schreiend den Kopf und begann zu toben, obwohl seine Beute bereits auf dem Präsentierteller lag.
»Was ist denn plötzlich los? Hey, du! Sie liegt doch schon halbtot da! Na los! Klopp einmal drauf und sie ist Mus!«
Doch stattdessen lief der Oni fort und ließ Gādo verletzt zurück. Das Onimädchen wusste nicht was los war, aber sie wollte ihr Glück besser nicht hinterfragen. Sie nahm ihre Keule als Stütze und versuchte mit ihrem verletzten Bein zurück zu humpeln. »Scheiße! Verdammte! Mist!«, fluchte sie bei jedem schmerzvollen Schritt. Dummerweise jedoch hatte sie sich in ihrer Flucht verirrt.
»Weißt du wo es langgeht?«
»Selbst wenn ich es wüsste würde ich es dir nicht verraten, damit du hier im Nirgendwo verhungerst. Aber ich denke, dass du Gierschlund immer was zu fressen findest«, erwiderte der Sakekrug.
»Okay, als wir ankamen, war die Sonne dort. Dann kam der Kampf und ich bin in diese Richtung gerannt. Also müsste ich … irgendwo sein. Sooooo… Ja. Irgendwo im Nirgendwo.«
»Was war das?«
Gādo hatte nichts gehört, aber als sie darauf achtete glaubte sie tobenden Kampflärm in weiter Ferne zu hören. »Jepp. Die Richtung ist es. Einfach dem Lärm folgen. Jastany lässt es bestimmt gerade ordentlich krachen. Hehehe.«
Fortsetzung folgt...
Als Gādo schließlich die Hauptstadt erreichte, lag sie in Trümmern. Überall brannte es. Einige Uronis hatte es erwischt doch ihre Zahl war verglichen mit den toten Soldaten gering. Das Onimädchen humpelte auf die verbliebenen Männer zu die versuchten die Schwerverletzten auf dem Schlachtfeld notdürftig zu versorgen damit sie nicht verbluteten.
Gādo hielt einen von ihnen an. »Was ist passiert? Haben wir verloren?«
»Ein Fuchsgeist tauchte plötzlich auf und lief Amok«, kam es ungewöhnlich ruhig von ihm. Vermutlich stand er unter Schock und hatte es noch nicht realisiert was passiert war. »Zum Glück kam ein Fremder und hat alle fortgeschafft. Die Uronis und den Fuchsgeist. Einfach so. Vermutlich ein Kami.«
»Und wohin hat er sie alle gebracht?«
Der Soldat zuckte nichtssagend mit den Schultern.
Doch das Onimädchen ließ sich damit nicht abspeisen. »Wie, weißt du nicht? Muss ich erst grob werden, damit du es kapierst?!«
»Reg dich ab, kleiner Yōkai. Es bringt dir die Kitsune auch nicht wieder zurück.«
Mit Tränen in den Augen ließ Gādo den Soldaten los. Der Hauptmann hatte recht und dies machte sie ja so verzweifelt. Das `nichts tun können´. Hier brachten sie rohe Kraft und wilde Gewalt nicht weiter. Nicht einmal der Sake konnte ihr hier Linderung verschaffen. Zum ersten Mal in ihrem Leben war Gādo die Lust am Trinken vergangen.
Fortsetzung folgt…
Musubi hatte nie aufgehört über seine Schützlinge zu wachen. Es stimmte zwar dass er gerne aktiv anderen half, doch diese beiden waren ihm wirklich ans Herz gewachsen. Obwohl das Leben es ihnen immer mehr schlecht als recht machte kämpften sie weiter. Egal wie groß die Gefahr auch war. Und letztlich waren die beiden trotz ihrer überdurchschnittlichen Stärke nichts anderes als Sandkörner im tosenden Sturm.
Doch nun schien Jastany selbst zum Sturm geworden zu sein. Musubi hatte es gespürt wie ihre Kraft das Gefüge zwischen Gut und Böse völlig aus den Fugen riss. Und er war eingeschritten um den Schaden in Grenzen zu halten. Dafür hatte er die Onis, die Kitsune und sich selbst in eine andere Sphäre befördert in welcher sie keinem Schaden anrichten und so lange und ausgiebig kämpfen konnten wie sie wollten.
Nun da dies geschafft war musste Musubi die Kämpfenden außer Gefecht setzen. Selbst einem alten Kami wie ihn sollte es schwerfallen all diese Feinde zu besiegen zumal der Transport hierher schon anstrengend genug gewesen war. Mit bloßen Fäusten erschlug Musubi etliche der Uronis, doch nachdem nur noch er und Jastany übrig waren wurden seine Bewegungen schwerfälliger. Die Kitsune hingegen schien kein Quäntchen ihrer Kraft eingebüßt zu haben.
»Da hat Musubi sich ja wieder mal in was reingeritten, heh?«, keuchte der Kami.
Fortsetzung folgt…
Gādo konnte nicht schlafen. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um die letzten Stunden. Ihre Selbstvorwürfe lasteten schwer auf ihrer Seele. Hätte sie sich mehr Mühe gegeben wäre alles vermutlich besser gelaufen. Im Nachhinein hatte sie den hyakki unterschätzt und dies war Jastany zum Verhängnis geworden.
»G-G-Gādo«, krächzte eine Männerstimme.
Das Onimädchen konnte den Kerl nicht genau erkennen. Auch seine Stimme ließ sich nicht einwandfrei zuordnen. Er hielt jedoch etwas im Arm. Gādo glaubte hoffen zu können. War es Jastany?
»Nimm sie«, krächzte die Stimme weiter.
Sofort eilte Gādo auf die Gestalt zu und nahm ihr die Kitsune ab. Die Wolken die den Mond verdeckt hatten zogen weiter und offenbarten die Identität des Sprechers. Es war Musubi. Jedoch schien es ihm nicht gut zu gehen. Blut tropfte aus seinem Mundwinkel und das Loch in seiner Brust sah auch nicht besonders gesund aus.
»Musubi! Meine Fresse, geht es dir gut?«
»Eine dämlichere Frage fällt dir wohl nicht ein, was?«, tönte der Sakekrug.
»Alles gut. Ich muss mich nur etwas ausruhen«, meinte der Kami, stand auf und ging aus der Hütte.
»Hey! Warte! Du legst dich gefälligst hin!«
»Aber Musubi-«
»Kein Aber! Hinlegen und Fresse halten. Ich kümmer mich um den Rest.«
Gādo würde niemandem hier mit schweren Verletzungen einfach gehen lassen. Sie würde sich um beide kümmern.
Fortsetzung folgt…
»Meine Dame, bitte beruhigen Sie sich doch«, versuchte der Arzt Gādo zu beschwichtigen doch diese ließ sich nicht damit abspeisen.
Zwar hatte sich das Onimädchen geschworen sich um beide Verletzten zu kümmern, doch vom Verarzten hatte sie keinen Schimmer. Also hatte sie den besten Arzt der zerstörten Hauptstadt aufgesucht und versuchte ihn nun mit Drohungen in das Haus mit ihren Freunden zu zwingen.
»Ich will mich aber nicht beruhigen!«, brüllte Gādo.
»Hey, Doc, besser du tust was sie sagt, sonst bist du gleich nur noch Mus.«
»Du hast es mit dem Mus, kann das sein?«
»Es ist momentan mein Lieblingswort, weil es so schön klingt. M-u-s«, kicherte der Sakekrug vor sich hin.
Das Onimädchen schüttelte ihre Zerstreuung von sich. Sie musste sich konzentrieren, sonst wäre es zu spät.
»Bitte, meine Dame. Durch die Schlacht sind viele schwer verletzt worden und die meisten bedürfen meiner Hilfe. Ich kann für niemanden eine Ausnahme machen.«
»Ich verstehe«, meinte Gādo ruhig. Zwei Worte die vom Fachmann leider falsch gedeutet wurden. Denn das Onimädchen wollte seine Ansichten nicht nachvollziehen, wie er es interpretierte, sondern verstand, dass hier nur noch grobe Gewalt half.
Unter schreien und brüllen packte sie den Arzt am Schlafittchen und zerrte ihn aus seiner Praxis.
»Jetzt stell dich mal nicht so an, ja? Ich fresse keine Weicheier.«
Fortsetzung folgt…
Es war einmal ein Dorf welches von einem bösen Oni terrorisiert wurde. Die Dorfbewohner wussten nicht weiter, denn obwohl sie eine Belohnung für die Tötung der Bestie ausgesetzt hatten vermochte kein Kämpfer sie aufzuhalten. Zudem liebte dieser Oni Sake über alles und das Dorf war für selbiges Getränkt berühmt.
Eines Tages kam ein armer Schwertkämpfer des Weges. Aufgrund der Schulden in der Gastwirtschaft des Dorfes machte er sich auf den Oni zu töten. Zu seiner Verwunderung sah dieses Mädchen mehr wie ein Mensch aus als die Onis mit ihren Hauern, der roten Haut und den Hörnern. Allerdings war anhand ihrer Manieren schnell klar dass sie dennoch ein Oni war. Der Namenlose verletzte das Monstrum mit einem Schwertstreich schwer.
Schließlich kehrte er ins Dorf zurück und übergab die Hörner des Onis und beglich somit seine Schulden. Keiner der Dorfbewohner bezweifelte dass der Oni tot war, denn keiner dieser Unholde würde sich freiwillig von seinen Hörnern trennen.
Als der Schwertkämpfer das Dorf verließ begegnete ihm das Onimädchen Gādo erneut. Sie war stinksauer weil er ihre Hörner abgesäbelt hatte, doch war sie auch froh darüber am Leben zu sein.
Auf die Frage warum er sie verschonte meinte der Schwertkämpfer, dass er die Trauer in ihren Augen gesehen hatte und niemand mit solchen Augen als böse zu bezeichnen sei.
Fortsetzung folgt…
Gādo sah besorgt zu wie der Arzt seine Arbeit tat.
»Könnten Sie mir bitte nicht so auf die Pelle rücken, während ich arbeite? Verbindlichsten Dank.«
»Wie geht es ihnen?«
»Nun, der Mann hat durchaus eine schwere Verletzung aber mit ein paar Heilkräutern dürfte es ihm bald besser gehen. Einen Kami haut schließlich nichts so schnell um. Das Mädchen hingegen ist problematisch.«
Gādos Herz setzte aus. »Was-was ist mit ihr?«
»Kann ich nicht genau sagen. Ich bin Arzt und kein Geistlicher der mit der Materie der Natur stark genug verbunden ist, um eine Diagnose zu stellen. Wie es aussieht hat sich dieses junge Mädchen sehr stark verausgabt und teilweise wohl auch selbst aufgegeben. Sie ist in einer Art Koma.«
»Und was können wir tun?«
»Abwarten und Tee trinken.«
Es fiel dem Onimädchen schwer den Arzt darauf gehen zu lassen, doch selbst sie musste einsehen dass er alles Mögliche getan hatte um zu helfen. Damit sie wenigstens etwas zu tun hatte kümmerte sich Gādo um die Wunden von Musubi. Jastany war hingegen nicht zu helfen. Sie war körperlich top-fit. Aber der Kami konnte sie bestimmt heilen oder etwas gegen das Koma machen. Drei Tage dauerte es bis er wieder auf dem Damm war. Drei Tage lang hatte Gādo nichts getrunken. So lange hatte sie noch nie durchgehalten.
Fortsetzung folgt…
Jastany lag auf seltsamem Wasser. Obwohl es sich bewegte wie sonst auch, spürte sie weder Nässe noch dass das Element unter ihr nachgab. Es war so stabil wie jeder andere Fußboden auch.
Aber das kümmerte sie nicht. Sie wollte nur noch schlafen. Egal wie lange sie es tat sie wurde nie wirklich wach. Allerdings waren ihre Füße jetzt wieder normal und nicht mehr versteinert.
Die Ruhe und Stille war alles was brauchte. Und sie war alles was da war. Plötzlich kam jedoch Bewegung ins Wasser. Ein leises Flüstern wurde von den Wellen an ihr Ohr getragen. Sie glaubte diese Mädchenstimme zu kennen. Doch woher? Woher sollte sie ein anderes Mädchen kennen wenn sie diesen Ort noch nie verlassen hatte? Der Versuch sich zu erinnern schmerzte. Sie wollte sich nicht daran erinnern was hinter ihr lag. Es war nur schmerz. Einen Schmerz den sie willentlich vergessen hatte.
Die Stimme wurde leiser und verschwand schließlich wieder. Jastany wollte sich nicht den Kopf darüber zerbrechen was passierte sollte sie wiederkommen. Sie wollte nur schlafen. Nur noch ein kleines bisschen.
Schlafe meine Kleine, säuselte die Fuchsstatue. Du brauchst nichts mehr zu tun. Es gibt nichts mehr was zu erreichen sich lohnt. Schlafe einfach nur weiter. Ich werde dich beschützen und dafür sorgen dass dich diese Stimme nie wieder belästigt.
Fortsetzung folgt…
Gādo wusste, dass Jastany sie hören konnte. Sie schlief schließlich nur und war noch lange nicht tot. Außerdem hatte sich die Kitsune auf ihren gemeinsamen Reisen immer über die laute Stimme des Onis beschwert oder dass sie angeblich schnarche. Gādo und Schnarchen waren zwei fremde Welten die aufeinandertrafen.
Währenddessen tat sie alles was nötig war um Musubi wieder aufzupäppeln damit er sich um Jastany kümmern konnte.
»Die Sorge um deine Freundin ist ja rührend, doch es wird Musubis Heilungsprozess nicht beschleunigen.«
»Maul halten und Ramenhänchensuppe aufessen! Wenn du es nicht aufisst werde ich dich so dermaßen zusammenschlagen dass du es nur durch einen Trichter schlürfen kannst!«
»Musubi glaubt du übertreibst es.«
»Musubi soll nicht schwafeln; Musubi soll schnell wieder gesund werden, bevor ich ihn gesund schlage!« Gādo blickte zu der immer noch reglosen Jastany.
Musubi schien es aufzufallen. »Oh. Wir haben ein Problem. Die Suppe ist alle und wir haben keine Zutaten mehr. Musubi schätzt er muss jetzt einkaufen gehen.«
»Das lässt du mal schön bleiben! Wenn hier jemand einkauft, dann bin ich das!«
»Wenn du mich fragst, will der Heini dich nur loswerden.«
Wütend band das Onimädchen zum ersten Mal überhaupt ihren Sakekrug ab um ihn auf den Tisch in der Hütte zu stellen. Wutentbrannt stürmte sie nach draußen um die nötigen Lebensmittel einzukaufen.
Fortsetzung folgt…
Musubi war froh dass das Onimädchen nun für eine Weile fort war. So konnte er sich vernünftig erholen. Zudem war es besser für Gādo wenn sie sich draußen mal ein wenig die Beine vertrat. Hätte der Kami es vermocht so hätte er ihre Sorgen zerstreut, doch der Zustand von Jastany war kritisch. Stabil, ja, aber dennoch heikel. Sie hatte sich selbst aufgegeben. Vermutlich hatte die Angst um ihre Freundin es soweit kommen lassen. Aus Trauer wurde Wut, aus Wut wurde Zorn der letztlich in Hass umschlug. All diese Gefühle hatten ihre dunkle Seite genährt und es ihr ermöglicht die Oberhand zu gewinnen. Einmal hatte Gādo versucht es mit ihren eigenen Phasen böswilliger Zerstörung zu vergleichen, doch ein Oni und eine Kitsune waren zwei vollkommen unterschiedliche Dinge mit verschiedenen Naturalien sowie Komplexitäten.
Sollte Jastany aus irgendeinem Grund gestört oder verletzt werden könnte sie sich erneut in das tobende Ungeheuer verwandeln und dann würde dieser Zustand unumkehrbar sein. Musubi brauchte daher Zeit für sich um in aller Stille über seine Optionen nachzudenken um die Kitsune aus ihrem Elend zu befreien. Es brauchte etwas was Jastany aus dem Schlaf riss ohne gleich negativ zu sein. Gādos Stimme allein schien jedoch nicht ausreichend zu sein. Nein, er musste tiefer vordringen um sie zu retten. Besser gesagt Gādo musste es.
Fortsetzung folgt…
Wütend kickte Gādo einen Stein fort. Das ging alles zu langsam. Wäre sie kein sensibler Oni hätte sie den Kami bei den Füßen gepackt und so lange geschüttelt bis er darum bettelte Jastany heilen zu dürfen. Obwohl dies keine so schlechte Idee war… Aber nein. Das half ihr hier nicht weiter. In letzter Zeit fühlte sie sich deswegen auch so nutzlos. Ihre Kraft hatte ihr bisher immer aus jeder Notlage helfen können, doch nun war sie mit Situationen konfrontiert die ihre körperlichen Eigenschaften unnötig machten.
»Hey, Gādo!«, quatschte sie plötzlich eine Stimme von der Seite an.
Zuerst wollte das Onimädchen nicht glauben was sie da sah. Es war Yamag der in einer weißen Schürze mit Rüschen Gäste bediente.
»Ach du Scheiße, was ist denn mit dir passiert?«
»Was soll passiert sein? Ich verdiene mir etwas nebenbei.«
»In DER Schürze?«
»Warum nicht?«
»Ich würde ja bleiben und dich auslachen, aber ich muss weiter. Einkaufen.«
»Oh, sag mir bloß dass du kochst.«
»Das geht dich nichts an!«
»Also wenn du gute Lebensmittel suchst, Gādo, geh mal zum Gemüseladen dort hinten am Ende der Straße. Die haben frische Ware.«
»Pffft. Als ob ich das nicht selber wüsste.«
»Und grüß Jastany von mir.«
Gādo wurde sich der Dringlichkeit ihrer Tätigkeit bewusst und brachte den Einkauf in Rekordzeit hinter sich.
Fortsetzung folgt…
»Bin wieder daha.«
»Gādo, komm her. Wir müssen uns beeilen.«
»Was ist denn los, Musubi. Ist wieder das Klo verstopft?«
»Nein. Wir müssen Jastany retten.«
Mehr brauchte es nicht, damit das Onimädchen sämtliche Sachen stehen und fallen ließ um sofort zu dem Kami zu spurten. »Wie?!«
»Wir müssen tief in ihren Geist eindringen und sie wecken. Besser gesagt, du machst das.«
»Du kannst dich auf mich verlassen. Wenn ich eines kann dann Krach machen.«
»Musubi weiß dies. Du hältst ihn jede Nacht vom Schlafen ab mit deinem Schnarchen.«
»Gādo schnarcht nicht. Ihr ist dies vollkommen fremd«, antwortete das Onimädchen pikiert.
»Wie dem auch sei. Lege jetzt deine Hände auf ihr Herz.«
»Okay.«
»Fühle ihren Herzschlag…«
»Ja, ich spür etwas schlagen.«
»Wie sie ihren und deinen Körper mit Leben durchflutet.«
»Puh! Ich glaub das wird mir jetzt etwas zu hoch.«
»Konzentrier dich! Passe deinem Herzschlag dem ihren an und hör mir nun gut zu.«
Während Gādo überlegte wie sie das Pochen ihres Herzens an das einer anderen Person anpassen sollte, drangen die Worte des Kamis durch ihre Ohren in ihren Verstand ein. Dem Onimädchen wurde ganz schummerig. Alles drehte sich und sie glaubte, dass die Realität verblasste. Der Körper der Oni schwankte stark als hätte sie den stärksten Suff seit langem und dann wurde alles schwarz…
Fortsetzung folgt…
»Wo bin ich?«, fragte sich Gādo und sah sich um. »Hey, dahinten ist sie ja. HALLO! JASTANY! HALLÖCHEN! JUHU!«
Doch die Kitsune hörte sie nicht.
Vollkommen fasziniert näherte sich die Oni der Fuchsstatue. »Wohow! Neun Schwänze. Alle Achtung, Meister.«
Sei ruhig, Unwürdige, knurrte die Fuchsstatue.
»Warum sollte ich? Ich bin geboren worden um krach zu machen, verstanden? Das ist meine Bestimmung. Meine Legende.«
Argh. Deine Stimme ist nervtötender als die jedes Waschweibes.
»Öh, danke … schätze ich.«
Verschwinde, sonst weckst du das Mädchen noch vollends auf, nachdem ich so viel Mühe hatte sie ruhig zu stellen.
»Soll das heißen, Jastany schläft deinetwegen?«
So könnte man es ausdrücken, meinte der Fuchs mit einem gewissen Stolz inne.
Freudig schlug Gādo ihre Faust in die hohle Handfläche. Mit einem Grinsen drückte sie aus dass es endlich mal wieder einen Zeitpunkt gab an der sie rohe Gewalt weiter brachte.
Momentmal! Glaubst du wirklich eine Chance gegen einen Fuchs zu haben?
»Ganz ehrlich, ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber ich werde es trotzdem versuchen.«
So sei es dann.
»Zeig was du drauf hast, kleines Füchschen.«
Laut brüllend und Prügelschwingend stürmte Gādo auf die Statue zu, welche sich bereits in Kampfstellung begab.
Nicht mehr lange, Jastany. Gedulde dich noch ein wenig. Mama hat da noch einer Kleinigkeit den Hintern aufzureißen.
Fortsetzung folgt…
Gādos Keule schlug dem Dämon auf den Zeh, doch dieser machte keinerlei Anstalten aufzuspringen und zu jaulen. Der Stein war ziemlich hart. Also musste das Onimädchen noch eine Schippe drauflegen. Doch die Statue fegte Gādo mit ihren Schweifen davon. Keuchend landete das Onimädchen auf ihren Füßen und stützte sich mit der Keule ab.
So funktioniert das nicht, dachte sie sich. Wieder einmal stand sie einem Gegner gegenüber der ihr überlegen war, obwohl sie eigentlich stärker geworden war seit den hyakki. In blinder Wut stürmte sie wieder auf den Dämon zu. Dieser versuchte sie mit seiner Pranke zu erschlagen, doch Gādo sprang zur Seite und auf die Pfote hinauf. Blitzschnell erklomm sie den Arm, sprang von dort ab und schlug ihre Keule direkt ins Gesicht des Dämons. Von der Wucht des Schlages betäubt fiel die Fuchsstatue zur Seite weg.
»YES!«, schrie Gādo.
Doch als sie zur Seite blickte sah sie, dass Jastany noch immer nicht bei bewusst sein war.
»Hey, Jastany. Wach auf, du Schlafmütze!«
Der Fuchs erhob sich wieder und das Onimädchen erkannte dass sie hier nicht so ohne weiteres ausrichten konnte, es sei denn…
Gādo konzentrierte sich auf ihr Innerstes. Versuchte ihre eigene dunkle Seite zu finden. Ihr Körper begann wieder zu leuchten und mit lautem Gebrüll stürzte sich das Onimädchen auf den Fuchs.
Fortsetzung folgt…
Die Fuchsstatue bemerkte die Veränderung an dem Oni. Hier ging es nicht mehr darum den steinernen Dämon zu besiegen um das Mädchen zu befreien. Sondern nur noch um blinde Zerstörung. Noch gerade eben wirkte diese Gādo wie die unterlegene doch nun schwang sie ihre Keule in wilder Besessenheit. Sie lachte und brüllte dabei, während die Statue immer weiter von ihr wich. Der erste Schlag hatte sie ein Ohr gekostet und nun hatte das Onimädchen Blut geleckt und wollte selbiges sehen.
»Komm schon. Komm schon! KOMM SCHON!«, brüllte sie immerzu. »Gibʼs mir!«
Die Statue beschwor ihre Flammen herauf doch diese wurden von der Oni einfach mit starken Schwüngen ihrer Keule ausgeblasen. Selbst mit der Pfote vermochte der Dämon seine Gegnerin nicht zu erschlagen, denn sie fing den Angriff mit ihrer Keule einfach ab. So langsam vertrieb die Wut die Angst aus dem Herzen des Dämons. Fauchend und ebenso blind wie seine Feindin schlug der Fuchs um sich. Er war schließlich eines der mächtigsten Wesen der Anderswelt. Kein kleiner Oni würde ihn zu besiegen vermögen. Allerdings musste er zugeben dass es schon seltsam war. Eine derartige Kraft hatten noch nicht einmal die Uronis inne. Somit schien das Mädchen selbst auch etwas Besonderes zu sein. Aber wie war sie letztlich hierhergekommen? Nur der Kami konnte es bewerkstelligt haben.
Fortsetzung folgt…
Jastany grummelte genervt. Dieser Krach war ja nicht zum Aushalten. Sie hatte Gādo tausend Mal gesagt sie soll sich nicht am frühen Morgen prügeln. Doch wer war Gādo? Die Kitsune erinnerte sich nicht an so jemanden. Was sollte ein Gādo überhaupt sein?
Das Wasser um sie herum wurde immer unruhiger. Das Gebrüll nahm zu, ebenso wie das tierische Fauchen. Unruhig drehte sich Jastany um wenigstens eine ruhige Ecke zu haben. Aber Fehlanzeige. Egal wohin sie auch schaute überall war nichts als störender Lärm. Dabei konnte man ja kein Auge zu machen.
Schlaf weiter, versuchte die Stimme sie zu beruhigen, doch das half nur wenig. Selbst sie klang gestresst und war damit selbst nur störender Lärm. Immer mehr baute sich die Unruhe in ihr auf und je mehr sie bekämpft wurde desto größer wurde sie. Aus Unruhe wurde schnell Verdruss der sich in Groll umwandelte. Jastany knurrte wütend. Noch ein Laut; noch ein Wort und sie würde aus der Haut fahren.
Dann kehrte Stille endlich ein. Doch nach diesem kurzen Moment heulte die Stimme auf.
Jetzt wird’s mir hier zu bunt! Jastany fuhr rasend vor Zorn hoch und schrie: »Ruhe jetzt oder ich reiße euch in Stücke!«
Einen Augenblick war sie von Gādos Anblick verwirrt. Dann erinnerte sie sich und wurde wieder in die Realität gerissen…
Fortsetzung folgt…
Jastany schreckte hoch und war in der Realität. Gleichzeitig merkte sie wie Gādo erschöpft sowie keuchend nach hinten fiel. Die Kitsune hielt sich den dröhnenden Schädel. Sie war eindeutig viel zu heftig nach Oben gefahren, denn ein leichter Schwindelanfall machte sich breit.
»Danke, Gādo.«
»Null Problemo.«
»Ruht euch aus. Musubi wird währenddessen etwas zu essen kochen.«
Jastany war sich nicht sicher ob sie das als Essen bezeichnen würde. Wenn der Teller nur mit grauer Masse gefüllt war fiel es ihr schwer das was vor ihr lag als nahrhaft zu bezeichnen. Dem Hunger des Onimädchens schien dies jedoch keinen Abbruch zu tun. Sie schaufelte das Zeug in sich hinein als gäbe es kein Morgen mehr.
Nun erst wurde sich Jastany auch bewusst wie es dazu gekommen war. Gādo war verschwunden gewesen und sie hatte sich von ihrer Verzweiflung dahin reißen lassen. Nun war das Onimädchen aber wieder da und alles schien beim Alten zu sein. Dies brachte die Kitsune zum Lächeln.
»Hey, Gādo, willst du meine Portion auch noch haben?«
»Oh ja! Lass mal rüberwachsen!«
»Hier bitte.«
Die Kitsune konnte aber nicht darüber hinwegsehen dass diese Ruhe nur von kurzer Dauer sein würde. Der Oni der seine Schergen ausgesandt hatte würde wiederkommen und wenn er es nicht war, würde es ein anderer sein. So wie immer.
Fortsetzung folgt…
Der Oni Shuten Dōji wartete voller Ungeduld auf die Rückkehr seiner Krieger. In seiner Residenz war er der einzige der noch nichts von der Niederlage gehört hatte, noch dass ein Kami und ein neunschwänziger Fuchs während des Kampfes auf den Plan getreten waren. Auch traute sich niemand es ihm zu berichten, denn Shuten Dōji tötete alle Boten die mit schlimmer Nachricht kamen, was wiederum zur Folge hatte das ihm niemand schlechte Kunde überbrachten.
Solange der Geduldsfaden ihres Herrn jedoch nicht gerissen war und er drohte den gesamten Palast in Schutt und Asche zu legen würde die Dienerschaft auch weiterhin schweigen. Am Ende aber würde es auf Strohhalmziehen hinauslaufen, wobei der Verlierer es Shuten Dōji beichten musste. Jedoch würde dies etliche Zeit dauern da ihr Herr von der Unschlagbarkeit seiner Krieger überzeugt war und vermutlich eher glaubte dass sie sich mal wieder auf dem Nachhauseweg verirrt hatten, wie es öfters vorkam.
Somit blieben noch etliche Monate der Ruhe und des Friedens bis der Tod einen aus ihrer Mitte reißen würde. Den noch jungen Bediensteten bangte davor, während die Dienstältesten ihr Leben während dieser Zeit in vollen Zügen genossen. Es ließ sich auch nicht sagen wie viele Kinder in Zeiten wie dieser gezeugt worden waren in denen niemand dem Oni Shuten Dōji eine schlechte Nachricht überbringen wollte.
Fortsetzung folgt…
»Meine Fresse, was für ein Tag«, stöhnte Jastany als sie sich abends nach der Arbeit mit Gādo zusammen in einer Schenke setzte.
»Wem sagst duʼs. Schließlich hast du fast alles kaputt gemacht.«
»Wieso ich? Deinetwegen ist doch das ganze Gerüst in sich zusammengestürzt. Wie kann man auch so blöd sein um „ausversehen“ am Gestell rumzusägen?«
»Eigentlich meinte ich das was du während der letzten Schlacht alles zertrümmert hast.«
»Ach so.«
Gādo fing an zu lachen.
»Was?«
»Seit wir in dieser Stadt sind gibt es nur Katastrophen und der Aufbau ist da nicht anders.«
Die Kitsune musste darauf auch schmunzeln. »Gādo und Jastany. Sie zerstören alles. Selbst dann wenn sie es aufbauen wollen.«
»Hey, Mädels! Kann ich euch was bringen?«
»Ja, Yamag. Ich schätze du überraschst uns einfach. Alles ist besser als Musubis Fraß.«
Das Onimädchen pflichtete nickend ihrer Freundin bei.
Seitdem die Schlacht vorüber war wurde die Stadt wieder aufgebaut und alle halfen fleißig mit. Von den Soldaten bis zu den Bettlern packte jeder irgendwo mit an. Der Herrscher fürchtete bereits die nächste Katastrophe und befahl deshalb den Schutzwall zu reparieren und zu verstärken. Jedoch hatte er strickte Order gegeben die Heldinnen so weit weg wie möglich vom Wall zu postieren. Wie man an Gādos Verhalten sah war es keine schlechte Idee Wohnhäuser wieder aufzubauen.
Fortsetzung folgt…
Einige Minuten später kam Yamag mit dem Essen. »Ich hörte ihr seid mal wieder prächtig dabei alles zu zerstören.«
»Ach weißt du, irgendwie muss man die Zeit zwischen den Schlucken Sake überbrücken.«
»Das kann ich mir bei dir sehr gut vorstellen, Gādo. Habt ihr bereits das neuste gehört?«
»Du weißt doch uns erzählt niemand irgendetwas aus Angst es würde in einer Katastrophe enden. Außerdem will uns der Herrscher immer noch tot sehen.«
»Hoffentlich hat er aufgehört darüber mit seiner Frau zu wetten.«
In weiter Ferne vernahm der geneigte Hörer jene Klagelaute die nur ein Mann hervorbrachte wenn er mal wieder eine Wette gegen seine Ehefrau verloren hatte. Wieso und worum es dabei ging, werden wir vermutlich niemals erfahren.
»Wie dem auch sei. Was ich sagen wollte war, dass es heißt der Marderhund Kenmeina seishin sei tot.«
»TOT?! Wie jetzt?!«, brüllte Gādo und spuckte alle in ihrer Nähe mit halbdurchgekautem Essen voll.
»Wenn meine Informationen stimmen, hatte er gewaltige Schulden bei Shuten Dōji«
»Ja, kurz vor der Schlacht fiel sein Name auf dem Wall.«
»Möglich. Aber wie man munkelt soll er sein Leben bei einem Kartenspiel verwettet haben. Er verlor, wollte sein Leben aber nicht hergeben. Also wollte er Shuten Dōji stattdessen eine Kitsune bringen, doch leider ist der Oni ungeduldig geworden und hat ihn gefressen.«
Fortsetzung folgt…
Am nächsten Tag auf der Baustelle.
»Schade dass der alte Marderhund von uns gegangen ist. Ich hätte ihm gerne die Fresse poliert.«
»Du brauchst mir nichts mehr zu beweisen, Gādo. Ich vertraue dir voll und ganz.«
»Trotzdem. Ich schulde dir wegen dieser Sache noch was.«
»Quatsch. Du schuldest mir gar nichts.«
»Ach ja? Ein Verrat ist ziemlich groß verglichen mit einer Rettungsaktion.«
»Wenn du mich fragst, hebt die Rettung den Verrat wieder auf. Altes Kitsune-Gesetz.«
»Wirklich?«
»Frage dich, bin ich eine Kitsune?«
» Schweife, Fuchsohren, Reißzähne … ja passt.«
»Dann bin ich eine Kitsune und folglich auch an ihre Gesetze gebunden.«
»Wusste gar nicht, dass es das gibt.«
Gab es auch nicht, aber Jastany wollte ihre Freundin von der selbstauferlegten Schuld befreien.
»Aber danach hast du mich zu Musubi geschleppt als ich krank war.«
»Nachdem du mich vor den Häschern gerettet hast.«
»Stimmt. Später hast du mich gerettet, als ich mich selbst verloren hatte.«
»Was du bei mir aber auch vor kurzem gemacht hast. Und das mal davor.«
»Das zählt nicht, denn es war ein kleiner Anfall. Was war aber mit meiner Vergiftung bei den hyakki oder während der Schlacht?«
»Jetzt mal ernsthaft Gādo wir könnten dieses Spielchen ewig weitermachen und kämen trotzdem auf kein Ergebnis. Wir sind Waffenschwestern wir schulden uns gegenseitig nichts.«
»Okay.«
Fortsetzung folgt…
»Hebst du den Balken mal hoch?«, fragte Jastany.
»Nichts leichter als das«, antwortete das Onimädchen während sie das Holz unter ihrem Arm klemmte. Es war der zweite große Stützbalken und mit beiden ging zum Baumeister.
»Sorry, für die Störung, aber-«
»Hey, Gādo!«, kam es vom Gerüst. »Heute mal keine Verletzten und nichts kaputtmachen, klar?!«
Um dem Sprecher gebührend zu antworten, wandte sich das Onimädchen zur Seite und schlug dem Baumeister die beiden Balken seitlich gegen den Schädel. »Natürlich nicht! Bis jetzt habe ich noch niemanden wehgetan.« Das Stöhnen des Verletzten strafte ihre Worte jedoch der Lüge beziehungsweise der Ahnungslosigkeit.
Durch Gādos tatkräftige Mithilfe verzögerte sich die Fertigstellung um satte drei Monate plus drei Tage für jede weitere Stunde in der das Onimädchen mithalf. Jedoch kam es zu einer unerwarteten Wendung als Gādo den gesamten Rohbau verwüstete weil sie eine große Spinne gesehen und danach in blinder Panik um sich geschlagen hatte. Darauf kam der gutmütige Bauleiter und gab dem Onimädchen eine neue Anstellung. Sie bekam eine zehnprozentige Gehaltserhöhung und sollte in der Schenke die Plätze für den Feierabend freihalten. Gādo gefiel dieser Stellungswechsel sehr gut und teilweise ging sie sogar früher zur Arbeit um auch die besten Plätze belegen zu können und sie war immer die letzte die ging und unter den Tisch getrunken wurde.
Fortsetzung folgt…
Jastany sägte fröhlich weiter, während Gādo betrunken in der Schenke die Stellung hielt.
Seitdem die Kitsune die Anderswelt betreten hatte wurde sie mit zahlreichen neuen Herausforderungen konfrontiert. Das Kämpfen fiel ihr jedoch leichter als das gerade Säge. Ansonsten jedoch unterstützte sie die Bauarbeiter mit ihren magischen Zeichnungen die immer wieder nützlich waren, wenn das Gerüst erweitert werden musste und nichts mehr da war, weil Gādo mal wieder alles zerstört hatte.
Aber all das machte nichts. Jastany genoss die Ruhe und das Wissen darum. Als sie noch ein Mensch gewesen war, hatte sie jede freie Sekunde verplant. Sie war mit Freunden unterwegs gewesen, hatte gemalt, Sport betrieben und dann war da natürlich noch die Schule. Aber hier hatte sie sich ebenfalls dem Stress stellen müssen und dieser war durchaus Adrenalingeladener als in ihrem früheren Dasein. Je aufregender die Abenteuer wurden desto mehr schätzte die Kitsune die ruhigen Momente in denen man sich einfach zurücklehnte und die Beine baumeln ließ. Die Tage in denen man einfach nur ein paar Bretter zersägte waren da keine Ausnahme.
Die Kitsune wusste, dass irgendwo außerhalb der zerstörten Mauern immer noch dieser Oni lauerte und Jastany nach dem Leben trachtete. Und solange sie Feinde hatte würde sie sich auch gewiss niemals langweilen.
Feinde. Pfft. Welches normale Mädchen hat schon so richtige Erzfeinde?
Fortsetzung folgt…
Heute ist der Tag. Heute traue ich mich, sagte sich Uchiki immer wieder, welcher der niederste Diener des Onis Shuten Dōji war. Aber dies war gar nicht mal das schlimmste. Nein. Das schlimmste war das Pech welches ihn verfolgte wie es ein Jagdhund mit einem Hasen zu pflegen tat. Und die Belegschaft wusste, dass die Stunde des Strohhalmziehens näher rückte. Mit Sicherheit würde Uchiki derjenige sein der den Kürzesten zog. Das wussten alle einschließlich ihm selbst. Aber dies war noch gar nicht das schlimmste, denn Uchiki war verliebt in das bildschöne Dienstmädchen Airashī die eine auffallende Schweinsnase trug, jedoch diesen äußerlichen Makel mit Humor ertrug. Und heute sollte der Tag in Uchikis kurzem Leben sein in welchem er Airashī um eine Verabredung bat. Sein Leben währte nur noch kurz und was machte es daher einen Versuche bei seinem heimlichen Schwarm zu wagen? Morgen konnte er tot sein, also was konnte schlimmsten Falls passieren? Jedoch waren diese Worte leichter gesagt als getan.
Es dauerte fast einen Tag bis Uchiki genug Mut zusammengekratzt hatte um sich ihr zu nähern. Danach hatte es noch fast eine Stunde gebraucht bis er ihr die wichtige Frage mit klopfendem Herzen stellen konnte. »Airashī, würdest du … also würdest du mit mir … also mit mir jetzt etwas nach der Arbeit unternehmen?«
Fortsetzung folgt…
»Ja, klar. Warum auch nicht«, antwortete Airashī.
Uchiki war darauf überglücklich doch erkannte schnell dass er nun vor einem erneuten Problem stand. Airashī hatte nämlich ja gesagt, doch was war wenn die Verabredung nicht so gut lief? Was war wenn er sich daneben benahm oder das Mädchen seine schlechten Witze nicht mochte? Und überhaupt hatten sie noch keine feste Uhrzeit oder ähnliches abgemacht. Was war also wenn sie sich in zwei verschiedenen Stellen treffen wollten? Dann würden sie sich verpassen.
Je mehr die Gedanken kreisten desto unwohler wurde Uchiki. Ihm wurde sogar schlecht und beinahe wäre er aus lauter Verzweiflung zu seinem Meister gerannt um ihn darüber zu informieren dass sie verloren hatten. Somit hätten sich seine eigenen Probleme gelöst. Aber dies erschien ihm nicht die passende Lösung zu sein, also rannte er zu der Köchin Musubi um sich einen Rat zu holen.
Die Köchin war zudem die freundlichste Person der Welt.
»Verzieh dich, du kleine Rotzgöre!«
Sie war Uchiki zudem sehr zugetan.
»Oh, ich hasse dich Uchiki! Wenn es nach mir ginge würde Shuten Dōji dich heute noch in den Kochtopf werfen!«
Nichts was Musubi sagt steht in irgendeinem Gegensatz zu den Worten des Erzählers. Aber sie gab Uchiki einen guten Rat: »Wenn du ʼn Mädel abkriegen willst, dann schenk ihr einen abgehackten Schweinekopf!«
Fortsetzung folgt…
Somit hatte Uchiki schon mal ein Geschenk für seine Angebetete. Aber noch musste er eine Uhrzeit festmachen und die Lokalität bestimmen. Was dem jungen Diener ziemliche Überwindung kostete. Als er Airashī fragen wollte wurde ihm bewusst was für eine weise Frau Musubi doch war. Mit dem Schweinekopf konnte Uchiki seiner Liebsten beweisen dass ihm ihre Nase vollkommen egal war.
»Also, wegen der Verabredung und so… Wann wollen wir uns … nun ja, treffen? Und wo?«
»Hm. Gute Frage. Wie wäre es mit Yotta chikan um acht?«
»Ja … das klingt toll … und so …«
»Ist dir nicht gut?«
»Nein, w-wieso?«
»Immer wenn ich dich sehe bist so rot. Hast du vielleicht Fieber?«
Als sie ihre Hand auf seine Stirn legte spürte Uchiki wie sein Puls in unendliche Höhen raste und scheinbar alles in seinen Hosenbeutel landete.
»Bei den Kamis. Du glühst ja richtig, Uchiki.«
»Hehe. Ach … das ist gar nichts. Wirklich.«
»Ich denke wir sollten unser Date verschieben bis es dir wieder besser geht.«
»Nein, nein. Es ist nichts. Wirklich nichts.«
»Auwww. Du bist ganz schön tapfer«, meinte Airashī und ging fröhlich weiter.
Derweil stand Uchiki wie gelähmt da und brauchte einige Zeit bis er sich von dieser göttlichen Berührung erholt hatte.
Aber schnell erkannte er das nächste Problem. Was sollte er anziehen?
Fortsetzung folgt…
»Sag mal Musubi. Was sollte ich lieber anziehen? Das oder das hier?«
Jeder in der Dienerschaft war fasziniert darüber wie es diese Köchin schaffte sich nie vom Flecke zu bewegen und nichts anderes tat als den Kochlöffel zu rühren. Es schien als seien all diese Dinge untrennbar miteinander verwachsen. Somit stellte Musubi eine Ausnahme der berüchtigten „Seit wann kommt der Knochen zum Hund?“-Regelung dar.
»Wenn ich du wäre, würde ich mir einen Reissack überziehen. Danach würde ich mich zwischen ein paar Mülltonen stellen. Wird bestimmt ein schönes Familienfoto.«
»Bei den Kamis! … Musubi, du bist ein Genie! Damit zeige ich Airashī, dass ich ihr selbst in der Armut treu bleibe.«
»Eigentlich verarsche ich dich bloß die ganze Zeit, Junge. Aber … mach mal wie du denkst. Wird schon schiefgehen.«
Und so machte Uchiki sich auf einen Sack Reis von seinem mehr als jämmerlichen Gehalt zu erwerben. Das billigste Angebot kostete ihm darauf nur ein Jahresgehalt, aber für Airashī würde er es mit den hyakki höchst selbst aufnehmen, hätte er nicht so viel Angst vor ihnen. Danach besorgte er sich einen kostenlosen Schweinekopf, wobei der Diener betonte dass er ihn im abgehackten Zustand bevorzugte statt im abgetrennten. Worin da nun der genaue Unterschied liegt weiß niemand.
Gerüstet und blank poliert stand er dann an dem Treffpunkt.
Fortsetzung folgt…
Nervös scharrte Uchiki mit seinem Fuß herum. Hätte es in der Anderswelt Armbanduhren gegeben, er hätte jede Sekunden drauf geschaut.
Dann kam jedoch Airashī rechtzeitig. Uchiki hatte in seiner Aufregung ganz vergessen dass er drei Stunden früher als vereinbart aufgetaucht war um ja pünktlich zu sein.
Als er seine Verabredung sah streckte er ihr den abgehackten Schweinekopf entgegen wie andere Verehrer es mit Blumensträußen handhabten. Verwundert und auch etwas angewidert nahm die reizende Dame das Körperteil entgegen. »Danke … schätze ich.«
»Weißt du, ich könnte dir auch einen größeren besorgen.«
Das Dienstmädchen schüttelte heftigst den Kopf. »Nein, nein, der ist toll … irgendwie.«
»Weißt du, damit will ich dir zeigen dass mir deine Nase egal ist.« Panik kam in Uchiki auf. »Nicht das sie mir egal ist. Es ist eine schöne Nase und sie steht dir. Macht dich niedlich und so … Was ich aber meine ist, dass sie anders ist. Nicht schlecht anders. Einfach nur anders und ich wollte dir zeigen dass mir dieses anders egal ist. Nicht egal, es ist toll. Äh. Natürlich ist es nicht toll dass deine Nase wie bei einem Schwein ist, was nicht heißen soll das du Fett bist oder so.«
Der Diener verstummte als Airashī ihm einen Finger auf dem Mund legte. »Ganz ruhig. Lass uns reingehen, okay?«
Fortsetzung folgt…
»So, da wären wir also. Hehe.« Uchiki wurde immer unwohler in seiner Haut. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Vermutlich wäre es besser gewesen sich von Anfang an von Shuten Dōji fressen zu lassen als hier zu sitzen und vor lauter Scham im Boden zu versinken.
»Weißt du Uchiki, ich habe dich immer für einen sonderbaren Typen gehalten. Geht es dir gut? Du wirst schon wieder so rot.«
»Nein, nein. Alles okay. Sprich weiter.«
»Und dann kommst du hier an mit einem Reissack und einem Schweinekopf, wie ein Anhänger irgendeiner Sekte. Und nun … ich dachte du wärst irgendwo ein netter Kerl, aber sowas. Ich glaube, dass mit dem Date war wohl doch keine so gute Idee.«
Damit stand Airashī auf und verließ das Etablissement. Uchiki saß noch eine ganze Weile da und konnte sich Ohrfeige für seine eigene Dummheit. Statt ein Herz zu erobern hatte er es verschreckt.
Er wollte nur noch gehen. Als Uchiki sich umsah und all die Leute erblickte, glaubte er das Airashī sich nur mit ihm hingesetzt hatte um wenigstens ein paar Leute dabei zu haben sollte der Diener sie vergewaltigen wollen oder ähnliches, was natürlich vollkommener quatsch war. Er war verliebt, das war alles. Wer tat dann keine verrückten Dinge?
Mit gesenktem Kopf verließ Uchiki den belebten Ort.
Fortsetzung folgt…
Uchiki wollte gerade davongehen um sich von Shuten Dōji fressen zu lassen, als er gerade noch sah wie ein unheimlicher Schatten sich über einen zweiten zierlicheren hermachte. Einem Gefühl folgend dass es sich bei letzterem um Airashī handelte ging der Diener ihm nach. Darauf ging alles ganz schnell. Ein Schrei ertönte und als Uchiki um die Ecke bog sah er eine finstere Gestalt die sich den Schritt hielt. Über ihr ragte ein bedrohliches Dienstmädchen auf die scheinbar doch nicht so wehrlos schien wie anfangs vermutet. Und feige wie der Diener war versetzte er dem zwielichtigen Schurken einen Tritt ins Gesicht.
Von Wut gepackt handelte Uchiki entgegen seiner Natur. »Du wirst sie in Ruhe lassen, klar! Oder ich werde dich in Stücke reißen.« Mit einer Kraft die er sich nie im Leben zugetraut hätte schlug der Diener wieder und wieder zu.
Als er schließlich Airashī sah, setzte er erneut alles auf eine Karte. »Darf ich dich wenigstens Nachhause begleiten?«
»Sicher. Also wie du diesem Kerl einfach so ins Gesicht gesprungen bist war schon irgendwie abgefahren.«
»Ach was. Dein Tritt hat ihn abgelenkt.«
»Schlag«, verbesserte sie ihn. »Als er sich kurz in seiner Überlegenheit gesonnen hat, habe ich ihm ins Gemächt geboxt.«
»Whow.«
»Jupp. Damit rechnen Kerle am wenigstens. Danke übrigens dass du eingeschritten bist.«
»Gern geschehen.«
Fortsetzung folgt…
Uchiki führte Airashī nachhause.
»Weißt du warum ich so eine Nase habe?«
Der Diener zuckte mit den Schultern.
»Ich war in meiner Jugend ein eingebildetes Miststück. Dann traf ich einen Kyonshī der mit mir gehen wollte. Ich beleidigte ihn aber und verletzte seinen Stolz indem ich über seine Männlichkeit herzog.«
»Das kann ich mir bei dir gar nicht vorstellen.«
Airashī gluckste. »Es war damals aber so.«
»Und was ist dann passiert?«
»Er verglich mich mit einem Schwein und als ich am nächsten Morgen aufwachte, tada«, sagte sie und setzte sich selbst in Szene. »Am Anfang war das ziemlich hart. Ich hatte mal eine ganz schöne Nase.«
»Mir gefällt deine Nase, wie sie ist.«
»Auww. Lieb dass du das sagst. Aber belass es dabei und schenke mit keine Schweineköpfe mehr als Beweis, okay?«
»Ja-Ha. Das war keine so gute Idee, was?«
»Nicht so wirklich.« Nach einem Moment des Schweigens führte Airashī fort: »Am Anfang haben mich alle ausgelacht und meine „Freunde“ haben sich von mir abgewandt. Aber naja. Die Spreu hat sich vom Weizen getrennt.«
»Und deine echte Freunde sind geblieben.«
»Ja, echte Freunde«, meinte Airashī etwas gestelzt.
Schlagartig wurde es Uchiki klar. »Du hast keine Freunde mehr?«
Sie schüttelte mit Tränen in den Augen ihren Kopf.
»Aber jetzt hast du doch mich, wenn du willst.«
Fortsetzung folgt…
Den Rest des Weges verbrachten die beiden schweigend.
»So, da wären wir«, meinte Airashī schließlich.
»Ja, sieht ganz so aus. … Na dann mache ich mich mal auf dem Heimweg.«
»Ja, klar. Ach und Uchiki? Könnten wir das beizeiten mal wiederholen?«
»Ohne Reissack?«
»Ohne Reissack«, bestätigte das Dienstmädchen.
»Gut. Du weißt gar nicht wie das Ding scheuert.«
Sie lachte und ging hinein, während Uchiki noch einen Moment lang dastand und das Gefühl genoss. Trotz Startschwierigkeiten war die Verabredung ein voller Erfolg gewesen. Er dachte nicht mal daran bald von seinem Herrn verspeist zu werden. Der Diener war einfach nur glücklich und nichts vermochte ihm dieses Gefühl zu nehmen. Selbst als einige Straßenräuber versuchten ihn auszurauben blieb er der Glückseligste unter freiem Himmel. Und dass obwohl ihn die Diebe sogar zusammenschlugen. Uchiki hatte jedoch nur noch Augen für die Sterne und die Schönheit um ihn herum. Ein siebter Himmel war geschaffen worden den nichts in Wanken brachte. Keine Gewalt, Folter oder Realität. Jedoch hätte der Diener beinahe sein Leben verwirkt als die Sonne aufging und er immer noch nicht auf der Arbeit erschienen war.
So spurtete Uchiki mit Vollgas voraus um nicht vor der Zeit des Strohhalmziehens getötet zu werden. Fürs zuspätkommen gab es zehn Peitschenhiebe bei einem gut Tag des Meisters und schlimmstenfalls lebendige Häutung.
Fortsetzung folgt…
Im Thronsaal des Onis Shuten Dōji.
»Wann kehren endlich meine Soldaten heim? Sie sind schon seit Wochen unterwegs«, seufzte der Oni. »Ich will meine Kitsune und zwar jetzt!«
»Gut möglich dass sie in einen Hinterhalt geraten sind als sie zurückkehren wollten«, meinte Uchiki der mit einem Schwung und Elan seiner Arbeit nachging, dass es nur eine Freude war.
»Hat dich wer gefragt?!«, erwiderte der Meister barsch. »Du redest nur wenn du gefragt wirst und … was machst du da?«
»Ich tanze, Herr.«
»Warum? Lass das!«
»Meine Füße sind nur glücklich dass sie Euch dienen dürfen, das ist alles.«
»Pfft. Na wenn das so ist… Hey, Einschenker! Ist dir schon mal aufgefallen, dass es innerhalb meiner Dienerschaft zu erhöhter Lebensfreude kommt sobald man mir unangenehme Nachrichten verschweigt?«
»Nein, Herr. Das müsst ihr euch wohl einbilden.«
»Pfft. Gut möglich. Schenk mir aber bitte noch etwas Blut von dem letzten Einschenker nach.«
»Mit dem größten Vergnügen, Herr. Darf ich zudem erwähnen was für ein Geniestreich es war diesen Tropfen die letzten dreihundert Jahre mit Schimmelpilzen reifen zu lassen?«
»Ja, darfst du mein…«
»Ich heiße Uchiki.«
»Uchiki? Für deinen Namen bist du nicht gerade zurückhaltend.«
»Das ist gut möglich, mein Herr.«
»Uchiki, das könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaftsein.«
»Ist das ein Zitat?«
»Wenn dann kommt es von mir.«
Fortsetzung folgt…
»Spürst du das Uchiki? Überall wo man hinschaut sieht man die Liebe, erblüht im Angesicht der drohenden Gefahr. Des Untergangs durch den grausigen Tod.«
»Ist ja schon gut, Shijin. Wir alle sind gut drauf, und? Freu dich doch lieber. Jeder packt die Dinge an die er schon immer mal tun wollte.«
»Auch wenn es bei euch Neulingen etwas länger dauerte.«
»Neulingen? Shijin, du bist genauso lange hier wie ich.«
»Nein. Beim ersten Tag war ich fünf Minuten vor dir da.«
»Das zählt nicht.«
»Das zählt wohl.«
»Komm, schreib doch einfach noch ein paar Gedichte. Danach geht es dir wieder besser.«
»Ich habe etwas Besseres gefunden, als das Verseschmieden. Ich sage nur Ino.«
»Du hast doch nicht wirklich…? Mit ihr? Ich meine, sie ist schon ein ziemlicher Brummer.«
»Na und? Bei diesen Hungerhaken habe ich immer Angst ihnen beim Rummachen das Rückgrat zu brechen und versuch dass dann mal ´nen Richter zu erklären.«
»Klingt als hättest du Erfahrung.«
»Ich will nicht darüber reden. Und du solltest nicht über Ino lästern. Schließlich bist du mit ´nem halben Schwein ausgegangen.«
»Nenn Airashī nicht so!«
»Wieso? Sie hat doch eine… Und wer weiß was da sonst noch „schweinisches“ an ihr ist.«
»Haben die Weiber genug getratscht? Zurück an die Arbeit oder ihr werdet Suppe, so wahr ich Musubi heiße!«
Fortsetzung folgt…
Bescheuerter Shijin mit seiner fetten Freundin, dachte Uchiki grummelnd. Aber was war wenn er recht hatte? Was wäre wenn Airashī wirklich noch weitere Körperteile eines Schweines besaß? Oder was war wenn die Nase nur eine Andeutung etwas größeren war? Vielleicht verwandelte sich Airashī bei Vollmond ganz in ein Tier? Ein Werschwein zur Freundin zu haben schien nicht besonders charmant zu sein, ganz im Gegensatz zum Lächeln der Dienerin mit dem sie Uchiki letztens beschenkt hatte.
Aber nein, er musste ruhig bleiben und nicht überdramatisieren. Es war Airashī über die er hier sprach. Sie hatte niemals gegrunzt oder gequiekt wie ein Schwein. Und warum sollte ein Kyonshī einem Mädchen mehr als eine Schweinsnase herbei hexen? Was war aber wenn es gar kein Kyonshī gewesen war, sondern etwas anderes? Auf einmal schien die Theorie über das Werschwein nicht mehr ganz so lächerlich. Und heute hatten sie Vollmond. Im Gegensatz zu gestern. Uchiki war diese Vermutung aber nicht genug. Er wollte es wissen. Also würde er sich seinen besten Freund Shijin schnappen und Airashī heute Nach beschatten.
»Hey, Uchiki«, kam es plötzlich von hinten. »Wollen wir heute Abend wieder etwas zusammen machen?«, fragte Airashī.
»Ja … klar. Was denn so?«
»Ich dachte, wir gehen in den menschenleeren Wald um im See zu schwimmen.«
»Klingt toll.« Ich bin geliefert.
Fortsetzung folgt…
»Ich bin echt froh, dass du mich begleitest, Shijin.«
»Soll das ein Witz sein, Uchiki? Ein Werschwein in Action zu sehen ist das coolste was ich je gehört habe.«
»Jetzt versteck dich schon in den Büschen, bevor Airashī kommt.«
»Okay. Hoffentlich frisst sie dich.«
»Ich liebe dich auch, Mann.«
»Mit wem redest du da Uchiki?«
»Mit niemandem, Airashī.«
»Wollen wir?«
So folgte der Diener dem Dienstmädchen tief in den Wald. Eines musste man Shijin lassen, er blieb wirklich im Hintergrund. Oder folgte er ihnen nicht mehr? Was war wenn er sich verlaufen hatte oder anderen Werschweinen zum Opfer gefallen war?
»Du wirkst heute abgelenkt. Ist alles in Ordnung?«
»Ja, klar. Ich habe mich nie besser gefühlt. Boah, ist das warm hier.«
»Ja, nicht wahr?«
Uchiki hatte es geahnt. Die Verwandlung begann bereits. Mit einem starken Wärmegefühl fing alles an und ehe man es sich versah wurde ihr zierlicher Körper massiger und am Ende war der Diener tot.
Nun war es schon so weit gekommen dass er lieber von der Liebe seines Lebens in Stücke gerissen wurde statt von seinem Meister der ihn langsam sympathisch fand.
»Sieh, nur Uchiki! Dahinten ist der See auch schon. Sieht der Vollmond heute nicht wunderschön aus?«
Bei Vollmond mit einem Werschwein an einem See zu sein, gibt es nichts Schöneres?
Fortsetzung folgt…
Gebannt starrte Uchiki auf Airashī und wartete jeden Moment darauf, dass sie sich verwandelte. Aber nichts geschah.
»Komm, lass uns schwimmen.«
»Jetzt?«
»Nein, erst nachdem wir was gegessen haben«, meinte sie ironisch. »Natürlich jetzt.«
»Oh-okay.«
»Urgh. Mhm. Ich hab plötzlich so ein komisches Gefühl.«
Uchiki distanzierte sich von Airashī. »Alles okay?«
»Ich glaub schon«, grunzte sie.
Scheiße! Was mach ich denn jetzt?
»Der Mond ist so hell … so schön«, quiekte sie, während sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Seite hielt.
»Oh mein…«
Airashī ließ sich auf alle viere nieder und kippte mit spastischen Zuckungen zur Seite.
Fasziniert und anderseits voll des Mitleids näherte sich der Diener seiner leidenden Flamme die immer noch quiekte und grunzte.
»Alles in Ordnung?«
Ein plötzlicher Schmerz machte sich in Uchikis Genitalien breit als eine Faust darin steckte.
»Nein, du Spinner. Wie kannst du bloß glauben, dass ich ein Werschwein bin?! Das ist so ziemlich das dämlichste was ich je gehört habe!«
»Woher…«, wimmerte er mit einer Mädchenstimme.
»Ino ist meine beste Freundin, schon vergessen? Und sie hat es von Shijin.«
Wie aufs Stichwort traten die beiden aus den Büschen. Uchiki erkannte seine eigene Dummheit, denn sein Freund war schlimmer als jedes Waschweib und erzählte immer gleich alles weiter.
»Es tut mir wirklich leid. Irgendwie mache ich immer alles falsch.«
Fortsetzung folgt…
»Und was jetzt?«, fragte Uchiki.
»Das!« und Airashī schubste ihn in den See.
Prustend tauchte der Diener wieder auf und sah gerade noch wie eine Arschbombe neben ihm landete um ihn danach unter Wasser zu drücken.
Nach einem harten Wasserkampf schleppte sich Uckiki mit letzter Kraft ans Ufer. Neben ihm befand sich eine genauso erschöpfte Airashī. »Damit wären wir dann wohl Quitt.«
»Ach ja?«
»Jetzt mal ernsthaft, du dachtest ich wollte dich fressen.«
»Nun ja… Du wolltest mich auch ertränken.« Sofort bereute Uchiki seine schamlose Bemerkung.
Airashī lachte. »Wie gesagt, wir sind Quitt, aber du bist immer noch ein komischer Kauz.«
»Sagte die Dame mit der Schnauze«, meinte Uchiki übermütig und bekam dafür einen Seitenhieb geboxt.
»Du bist schon Okay. Zwar schräg, aber okay. Ich schätze mal wir sollten für die Zukunft eine Liste anlegen mit Dingen die du machen darfst und am besten vermeiden solltest.«
»Die da wären?«
»Schweinekopf? Und ich will nie wieder etwas über Werschweine hören, okay?«
Zum Glück befanden sich die Liebenden nicht am anderen Ende der Welt wo die Armee der Werschweine ein ganzes Dorf auseinandernahm und sich im Schlamm ihres Sieges gütlich taten. Deshalb ist auch nur allzu verständlich dass in diesem Teil der Anderswelt der Angriff der Werschweine das absolute Topthema war und es sich nicht vermeiden ließ von ihnen zu hören.
Fortsetzung folgt…
»Wie habt Ihr letzte Nacht geruht, Herr?«, fragte Uchiki.
»Fürchterlich. Ich habe die ganze Zeit geträumt, dass meine Krieger von einem neunschwänzigen Fuchs und einem Kami besiegt wurden.«
»Ihr wisst doch was man sagt: Träume sind Schäume«, versuchte der Diener mehr Zeit für sein Ende hinauszuzögern.
»Schon möglich, aber ich habe ein komisches Gefühl in letzter Zeit.«
»Ihr sorgt euch einfach zu sehr darüber, ob ihr das Volk auch genug knechtet, großer Shuten Dōji.«
Der Oni grunzte. »Mag sein. Stell dir vor, ich habe geträumt dass eine Herde Werschweine sich über ein wehrloses Dorf hermacht.«
Uchiki schluckte bei diesem Zufall leicht, da er die Aussage nicht einzuordnen wusste.
»Ob ich damit zum Seelenmarder gehen sollte? Ich mache mir vermutlich wirklich zu viele Sorgen darüber ein grausamer Herrscher zu sein. Vielleicht habe ich gerade eine Midlifecrisis oder so. Ich bin immer Shuten Dōji. Ich habe Landstriche verwüstet, kleinen Kindern den Lolli geklaut. Nun gut das Waisenhaus hätte ich danach nicht anzuzünden brauchen, aber es war Weihnachten, verdammt! Auch wenn wir es in der Anderswelt nicht feiern, so will man doch ein wenig Stimmung an dem Tag machen. Das geht doch jedem so?«
»Selbstverständlich, Herr.«
Immer mehr wurde Uchiki zum geheimen Vertrauten seines Herrn. Was zum einen eine Ehre war, andererseits die Chance minderte gefressen zu werden.
Fortsetzung folgt…
»Oh, man, da hast du vielleicht gestern was angerichtet, Uchiki.«
»Ich?! Du hast davon angefangen, dass bei ihr nicht alles normal sei. Du hast mich angesteckt.«
»Hey, wenn ihr wieder tratscht, werde ich euch beiden Bengeln meinen Kochlöffel in den Hintern rammen, kapiert?!«
»Komm, lass uns gehen, Shijin, bevor sie noch ernst macht.«
»Nun mach mal halblang. Die alte Musubi hat noch nie ihren Platz verlassen.«
»Es gibt aber für alles ein erstes Mal. Was ist wenn es dabei uns trifft?«
»Guter Einwand, Neuling. Lass uns von hier verschwinden!«
»Nenn mich nicht Neuling, Shijin!«
Während die beiden Diener versuchten beschäftigt durch das gewaltige Anwesen rannten, um Musubi zu entgehen führten sie ihre Unterhaltung weiter.
»So, ihr beide wollt es also noch ein drittes Mal versuchen?«
»Jupp. Hoffentlich klappt diesmal alles.«
»Na ja, was könnte schlimmsten Falls passieren?«
»Du könntest etwas darüber sagen, worauf ich mich selbst wieder in den Wahnsinn treibe.«
Seit Uchiki mit der bezaubernden Airashī ging hatte er an Selbstbewusstsein gewonnen und die Schüchternheit war von ihm gefallen wie ein alter Mantel und dass obwohl es bisher immer schief gegangen war. Letztlich erinnerte sich der Diener aber nur an die schönen Momente als wenn Airashī die schlechten einfach auslöschen würde.
Das dritte Mal würde Uchiki aber alles richtig machen. Dafür würde er sorgen.
Fortsetzung folgt…
»Okay Uchiki, dann lass uns mal die Liste erstellen.«
»Das war ernst gemeint?«
»Selbstverständlich. Also, zuerst einmal keine Schweineköpfe oder die Erwähnung des Wortes Werschwein.«
»Da fällt mir ein, dass Meister-«
»Ich will´s nicht hören.«
»Gut, dann will ich aber, dass das Unterlassen von körperlicher Gewalt in die Liste mit aufgenommen wird.«
»Das Unterlassen von körperlicher Gewalt«, äffte Airashī ihn nach. »Sei nicht immer so eine Memme. Ich will auch mal das Mädchen in unserer Beziehung sein.«
»Dann …« Uchiki konnte es nicht sagen. Er wollte ihr sagen, dass sie sich dann auch wie ein Mädchen verhalten sollte. Doch für so eine freche Aussage fehlte ihm der Mut.
»Was dann?«
»Dann werde ich mir mehr Mühe geben härter rüberzukommen.« Der Diener wollte diesen Worten unverzüglich Taten folgen lassen, doch sich das Dienstmädchen einfach so zu schnappen war ihm zu gewagt. Nachher glaubte sie noch dass Uchiki nur an ihrem Körper interessiert sei. Somit war dies ein Risiko dass er nicht eingehen konnte. Kein Mann der Welt wollte eine Frau verletzen. Zumindest kein richtiger Mann.
»Ich glaube dir nicht. Du und hart sind zwei Welten. Sogar deine Hände sind weicher als meine. Da fühle ich mich total Macho.«
»Es tut mir leid. Ich werde mir zukünftig mehr Mühe geben. Was soll sonst noch auf die Liste?«
Fortsetzung folgt…
»Okay. Das letzte Mal waren wir an einem See und das Mal davor war es ein Restaurant. Wer hätte da gedacht, dass wir dieses Mal in einem Restaurant an einem See landen würden?«
»Es war Shijins Idee. Sorry.«
»Macht nichts, Uchiki.«
»Das nächste Mal werde ich das Schwein… also… äh… Sorry.«
»Wieder nervös?«
Nervös war eine Untertreibung. Nach einem Gespräch mit Ino um herauszufinden was Airashī mochte und was nicht, meinte die Freundin dass dies Uchikis letzte Chance sei und sollte er es vermasseln konnte er sich gleich fressen lassen.
»Nein, überhaupt nicht«, log Uchiki.
»Ja, klar. Was ist es diesmal, Lügner?«
»Ino meinte, dass dies meine letzte Chance für uns beide sei.«
»Ach, was. Die hat auch bei mir versucht ihre Binsenweisheiten aufzutischen. Hör nicht immer auf jeden Unsinn den du hörst.«
»A-aber … ich…«
»Was?«
»Ich bin nur so nervös. Ich hatte noch nie eine Beziehung oder die Chance eine aufzubauen.«
»Echt jetzt?«, fragte Airashī.
»J-ja.«
»Wie kann denn sowas sein?«
»Es hat sich … eben halt … nie ergeben … also…«
»Also bin ich dein erster Versuch?«
»Und auch der bezauberndste, wenn ich das so sagen darf«, fügte Uchiki schüchtern hinzu.
Es war schon komisch wie bei ihm immer die Gefühle schwankten und er mal mehr und mal weniger aus sich herauskam.
Fortsetzung folgt…
Ein plötzliches Beben erschütterte die Lokalität.
»Was war das?«, fragte Airashī, während in den Sakeschalen kleine Wellen durch die Vibration entstanden, was wiederum filmreif aussah.
Ein fernes Donnern grollte durch die Nacht, doch je näher es kam, desto weniger ähnelte der Klang einem Gewitter. Es hörte sich eher nach einem wahnsinnigbrüllenden Riesen an.
Geistesgegenwärtig packte Uchiki seine Verabredung am Handgelenk und stürmte mit ihr aus dem Restaurant, nur um sehen zu können wie besagtes Gebäude von einem trampelnden Riesen zerstört wurde.
» Das war knapp. Alles okay, Airashī?«
»Geht schon. War das ein Uroni?«
»Darauf habe ich leider nicht geachtet. Ich war darauf konzentriert seinen Füßen auszuweichen.«
»Ich weiß nur, dass es Hörner und Stoßzähne hatte und… oh! Eine orange Haut!«
»Wir sollten dem besser nachgehen, bevor Shuten Dōji Wind von der Sache hier bekommt. Er häutet bestimmt jeden aus der Dienerschaft der den Oni gesehen hat.«
»Glaub ich auch. Besser wir folgen ihm damit wir seine Spuren verwischen können.«
Uchiki sah sich die Verwüstung an und fragte sich wie man so etwas verwischen konnte. Aber es war vermutlich wirklich erst mal das Beste seiner Spur zu folgen, um danach dementsprechend ein Versteck aufzusuchen oder falls nichts war am nächsten Tag pünktlich zur Arbeit erscheinen. Heutzutage wurde man viel zu schnell von seinem Arbeitgeber bestraft.
Fortsetzung folgt…
Es war nicht schwer der Spur aus Zerstörung zu folgen. Aber je näher sie ihren Ziel kamen, desto unwohler fühlte sich Uchiki. Das Auftauchen dieses Onis hatte klar gemacht wie kostbar die Zeit mit Airashī doch war. Liebe hin und Selbstbewusstsein her, so war sich der Diener noch darüber im Klaren, dass er sterben würde sollte die Stunde des Strohhalmziehens schlagen. Danach würde es kein Zurück mehr geben.
Einmal soll sich ein Diener geweigert haben Shuten Dōji die Nachricht zu überbringen. Darauf soll angeblich Musubi einen Brief verfasst haben, welcher mit dem Namen des ruchlosen Feiglings unterzeichnet war. Somit war ein Rückzieher nicht drin.
Aber vielleicht würde Shuten Dōji ja Gnade zeigen. Mit schüttelndem Kopf tat Uchiki diesen Gedanken als totale Fantasterei ab. Jedoch löste ein anderer Gedanke ihn schnell ab. Was war wenn Airashī die auserwählte sein würde? Nein, das war unmöglich. Sie erzählte allen immer wieder, dass ihre Nase ihr Glück bringen würde. Schließlich gibt es nicht umsonst die Redewendung „Schwein zu haben“.
»Wir müssten bald da sein«, hechelte Airashī.
In einiger Entfernung hörte man bereits erneut das Dröhnen und Poltern des tobenden Uronis. Von da war es nur noch ein Katzensprung indem man dem Lärm folgte. Aber plötzlich kamen sich die beiden sehr klein vor als sie vor dem gewaltigen Oni standen.
Fortsetzung folgt…
Immer wieder hielt sich der Uroni grundlos den Kopf und brüllte dabei unentwegt wie ein Irrer.
»Was hat der denn nur?«
»Besser du kommst ihm nicht zu nahe, Airashī.«
Ein durch die Luft fliegender Baum kam nur knapp neben dem Dienstmädchen auf und hätte beinahe Uchiki erschlagen.
»Im Ernst, wir müssen hier weg. Wir können nichts für den tun.«
»HEY! GEHT ES DIR GUT?! WARUM HÄLTST DU DIR STÄNDIG DEN KOPF? WILLST ´N ASPIRIN?«
»Lass das bevor er dich-«
Mit einem Mal drehte sich das Ungetüm zu den beiden um. Der Wahnsinn sprühte aus seinen Augen und der Atem fiel ihm schwer, aber scheinbar hatte dies keine Auswirkung auf seine Vitalität.
Plötzlich hauchte der Oni nur ein Wort: »Gādo! GĀDO!«
»Gādo? Schämst du dich vielleicht weil du ein Tollpatsch bist?«
»Vorsicht! Pass auf!«, schrie Uchiki und schubste Airashī zur Seite bevor sie die Faust des gewaltigen Yōkais sie zu Mus verarbeiten konnte.
Plötzlich fing der Uroni an zu dampfen und kippte aus unerfindlichem Grund um als sei er vollkommen ausgebrannt. Und in Sekundenschnelle verdampfte das Fleisch und die Knochen schmolzen dahin als seien sie weiche Butter in der Sonne.
Uchiki war aber froh, dass sich das Problem scheinbar von selbst in Luft aufgelöst hatte. Dadurch durfte er sich seines Lebens noch ein kleinwenig länger erfreuen.
Fortsetzung folgt…
»Letzte Nacht hatte ich schon wieder einen verrückten Traum, Puhkiki«, erzählte Shuten Dōji, welcher sich große Mühe gab Uchikis Namen zu merken. Mit mittelmäßigem Erfolg wie man sieht. »Es war so traurig. Der Krieger ist dem Wahnsinn anheimgefallen und hat alles in seinem Wege zerstört. Und alle waren gegen ihn. Sie haben ihn mit Mistgabeln und Fackeln bedroht. Ich weiß, was mir mein Unterbewusstsein und du damit sagen wollen. Ihr wisst, dass ich andere nur unterdrücke und foltere, weil man mich nie wirklich akzeptiert hat. Oh du kennst mich so gut, mein lieber Chikus. Du weißt, dass ich im Innern ein verletzliches zartes Blümlein bin, das von aller Welt verachtet wird«, meinte der Tyrann ehe er in Tränen ausbrach.
Jedoch wusste der Diener rein gar nichts und war zu nicht mehr im Stande als ein Ach du Scheiße zu erdenken.
»Ich sehne mich doch nach Liebe und Akzeptanz wie jeder andere auch«, weinte er und schnäuzte in ein überdimensionales Taschentuch. »Aber wir leben in einer Diktatur. Niemand akzeptiert die anderen so wie sie sind ohne sie vorher vierteilen zu lassen.«
Uchiki verbot sich selbst jegliches Wort aus Angst etwas Unangebrachtes über die Staatsform zu sagen, da immerhin sein Herr der Tyrann selbiger höchst selbst war. Aber so waren die Diktatoren dieser Welt halt. Komplizierte Persönlichkeiten.
Fortsetzung folgt…
Der Ort an dem der Uroni starb. Doch wer war er eigentlich? Letztlich hatte er nämlich nur aus einem Grund den Ansturm auf die Hauptstadt überlebt, der hyakki Saigo hatte von ihm Besitz ergriffen um das Onimädchen Gādo zu vernichten. Doch Geist und Körper hatten sich nicht vertragen und waren deshalb außer Kontrolle geraten. So kam es dass die physische Hülle nicht verdampfte und schmolz wie die beiden Diener dachten. Eher veränderte sich der Zustand des Körpers und verschmolz nun vollends mit dem Geist, wodurch ein neues Übel geboren wurde. Mit der Macht eines hyakki und der Stärke eines Uronis. Doch noch war die Zeit nicht gekommen um zuzuschlagen. Zuerst einmal wollte sich Saigo an seine neue Kraft gewöhnen und schlafen. Schlafen und die Welt vergessen lassen was geschehen war. Danach würde eine neue Macht in der Anderswelt gedeihen. Langsam und mit Bedacht würde sie wachsen und mehr und mehr Macht und Einfluss gewinnen. Während der Körper sich dem Geist anpasste und mächtiger wurde konnte der Geist in der Welt umherziehen und eine Armee aufbauen. Mächtiger und glorreicher noch als die alten hyakki. Und mit seiner neuen Macht brauchte Saigo auch kein Ritual mehr um auf die andere Seite hinübertreten zu können. Nun begann seine Zeit. Keine Meister mehr außer ihm. Nichts mehr zu verlieren, aber dafür alles zu gewinnen.
Fortsetzung folgt…
Dann war es auch schon soweit. Shuten Dōji wurde mit jedem Tag rastloser und zertrümmerte immer mehr von der Einrichtung. Die Dienerschaft konnte es nicht weiter hinauszögern. Nun war es also Zeit die Strohhalme zu ziehen. Alle versammelten sich in der Küche. Für jeden gab es einen Strohhalm. Die einzige Ausnahme war Musubi, denn niemand konnte von der Köchin verlangen dass sie ihren Platz verließ, um eine Nachricht zu überbringen. Das wäre zu viel verlangt.
Uchiki schluckte als er an der Reihe war. Er kniff die Augen zu. Ein kleiner Teil von ihm hatte sich mit dem Tod noch nicht abgefunden. Als er die Augen öffnete sah er bei seinem Halm keinen roten Streifen, der das Vergleichen vereinfachen sollte.
Anschließend war Airashī dran. Der Diener glaubte in Ohnmacht zu fallen, als er den Streifen an ihrem Halm sah und selbst die Züge des Dienstmädchens erschlafften, doch dann sprach Shijin »Ruhig Blut. Er ist orange und nicht rot. Ich habe mir einen kleinen Spaß erlaubt.« Dieser Spaß kostete ihm von etlichen Dienern Schläge. Aber er meinte darauf, dass dies es wert gewesen sei. Als Uchikis bester Freund aber zog verging ihm das Lachen als er den roten Streifen sah.
Somit war es abgemacht, dass Shijin Shuten Dōji von der glorreichen Niederlage der Uronis in Kenntnis setzte.
Fortsetzung folgt…
»Was sollen wir nur machen? Wir können meinen besten Freund doch nicht einfach sterben lassen!«
»Ich weiß, ich weiß. Wir müssen uns etwas ausdenken. Hmmm. Wie wäre es wenn du die Nachricht überbringst? Unser Herr und du scheinen in letzter Zeit ja ziemlich dicke zu sein.«
Vor Uchikis geistigem Auge spielte sich gerade die Szene ab mit dem Ausgang dass Shuten Dōji ihn sofort fraß.
»Airashī, dein Plan in allen Ehren, aber ich halte das für keine…«
»Okay, okay. Schon verstanden. Was wäre wenn… Ich hab´s! Wir lassen Shuten Dōji glauben er würde Shijin fressen!«
»Und wie sollen wir das anstellen?«
»Keine Ahnung. Eine Puppe vielleicht. Aber du musst sofort eilen, Uchiki, bevor Shijin in sein Verderben stürzt. Ich kümmere mich währenddessen um die Details.«
Der Diener eilte los und versuchte seinen Freund noch rechtzeitig zu erreichen. Hoffentlich ging Airashīs Plan auf, denn wenn nicht waren sie alle drei geliefert.
»SHIJIN! HEY, SHIJIN!!! WO STECKST DU!«
»Na, Uchiki? Willst du mich auf meinem letzten Marsch begleiten? Ich habe Ino schon gesagt, wie sehr ich sie liebe und dich liebe ich auch … natürlich auf eine rein platonische Weise.«
»Gibt es nicht ein Ultimatum für die Überbringung?«
»Äh, ja. Einen Tag darf ich mich noch von den anderen verabschieden. Wieso?«
»Komm mit, wir haben einen Plan.«
Fortsetzung folgt…
»Ich hab ihn gefunden. Was nun?«
»Er soll sich bis auf die Unterwäsche ausziehen.«
»Muss ich wirklich, Airashī?«
»Wenn du leben willst, ja. Komm her Uchiki! Du musst mir helfen diese Vogelscheuche hier mit Fleisch zu füllen.«
»Warum mit Fleisch?«
»Denkst du, unser Herr kennt den Unterschied zwischen Stroh und Fleisch nicht?«
»Stimmt.«
»Okay, Ino. Du ziehst der Puppe jetzt die Hosen an. Ich male ihr schon mal ein Gesicht auf.«
Es dauerte eine ganze Weile bis alles fertig war und scheinbar war Airashī mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
»Sieht total scheiße aus, wenn ihr mich fragt.«
Das Dienstmädchen stöhnte. »Dich fragt aber niemand, Musubi. Okay, Leute lasst es uns durchziehen.« Airashī streckte ihre Hand mit dem Rücken nach oben aus. Die anderen taten es ihr gleich. Nur zusammen waren sie stark und konnten ein Leben retten.
»In Ordnung, Mädels. Ihr geht jetzt. Wir ziehen diese Sache gemeinsam durch.«
»Vergiss es. Wir kommen mit.«
»Nein, Ino. Uchiki hat recht. Wenn es schief läuft betrifft es nur uns beide. Ihr solltet euch da raushalten. Wir schaffen das schon.«
Damit gingen Ino und Airashī zurück an die Arbeit.
»Alles in Ordnung, Shijin?«
»Ja. Ich wüsste niemandem mit dem ich es lieber durchziehen würde als mit dir, Uchiki.«
Die beiden gaben sich eine Faust und schulterten die Puppe.
Fortsetzung folgt…
»Oh, großer Shuten Dōji. Ich bringe schlechte Kunde.«
Uchiki postierte sich neben seinem Herrn. Die Puppe befand sich auf der anderen Seite des Thrones aus Knochen. Ein kleines Seil verband den leblosen Ersatzmann mit dem inzwischen wieder gekleideten Hauptdarsteller.
Die anfänglichen Zweifel das Seil könnte auffallen erwiesen sich als vollkommen aus der Luft gegriffen, denn sofort fuhr Shuten Dōji vor Wut in die Höhe.
»Ich hasse schlechte Neuigkeiten! Und du weißt, was ich mit denen mache, die sie mir bringen!«
»Soll ich noch Wein nachschenken, großer Shuten Dōji?«
»Nein!«
Währenddessen hatte Shijin schon mal am Seil gerissen, um die Puppe ein Stückchen weiter zu sich zu ziehen.
»Die Uronis sind besiegt worden.«
»WAS?!«
»S-scheinbar ha-hat sich ein Kami und ein neun-neunschwänziger Fuchs in den Kampf aaa-eingemischt. Und da haben sie eben Halt verlor´n.«
»Du kleiner! Ich werde dich-«
»Hier! Nehmt einen Schluck, um ihn leichter runterzuschlucken.«
»Jetzt wo du´s sagst… Du machst dir wirklich keine Vorstellung wie einem Boten mit schlechten Nachrichten im Halse stecken bleiben.«
»Ich kann es mir gut vorstellen. Hier nehmt.«
»Ah, danke. Nun, wo waren wir? Ach da liegt der Bote ja schlaff und zu Tode verängstigt am Boden. Komm nur her, du…«
Nachdem Dienst trafen sich Uchiki und Shijin auf den Weg in die Küche, um sich gegenseitig zu umarmen.
Fortsetzung folgt…
In der Küche wurden die beiden mit einem Empfang begrüßt. Noch nie war es einem Diener gelungen nach dem Strohhalmziehen an seinem Arbeitsplatz zurückzukehren. Wobei Shijin sich ein klein wenig verändert hatte.
Um nämlich dem Zorn von Shuten Dōji nachhaltig zu entkommen, hatte Uchiki ihm im Namen von Airashī einen falschen Schnurbart gegeben.
Das erste was der Diener tat, war mit seiner korpulenten Freundin Küsse auszutauschen. Während der Rest der Belegschaft sich an Speis und Trank gütlich tat verschwanden die beiden recht schnell an einen ruhigeren Ort. Überall im Anwesen herrschte Freude. Der Meister hatte einen Boten gefressen und der Rest feierte das Überleben selbigen. Selbst die Köchin schien ein kleines Lächeln im jenen Moment zu tragen. Aber scheinbar besaß sie keine Übung darin, denn es wirkte eher verstörend.
Eine seltsame Sache gab es aber. Scheinbar glaubte die gesamte Belegschaft dass die Idee auf Uchikis Mist gewachsen sei. Er wollte das Missverständnis aufklären, doch Airashī gab ihm zu verstehen, dass sie es so lieber mochte.
Dieser epische Vorfall, dieser Trick der von zwei unvergleichlichen Helden ausgeführt worden war sollte zukünftige Generationen dazu inspirieren es ihnen gleich zu tun. Und so kam es, dass in der Dienerschaft eines jeden Tyrannen die Menschen (sogar die Frauen) mit Bärten durch die Gegend liefen, denn sie starben des Öfteren.
Fortsetzung folgt…
»Warum wolltest du eigentlich nicht, dass jeder weiß, dass es eigentlich deine Idee war, Airashī?«
»Ich dachte halt, dass es deinem kleinen Ego ganz gut tun würde, wenn es dein Einfall gewesen wäre.«
»Du bist mir vielleicht eine«, lachte Uchiki. »Nun ist alles wieder beim Alten. Jeder ist genauso verängstigt und verstört wie sonst auch. Außerdem scheint unser Herr wieder einen Plan auszuhecken der diese Kitsune fangen könnte.«
»Aber eines ist anders. Wir sind zusammen.«
»Ja…«
»Was hast du?«
»Es ist das wovon ich immer geträumt habe. Mit nur einer Ausnahme. Ich bin nicht gefressen worden. Stattdessen liege ich immer noch in den Armen einer bezaubernden Frau.«
»Also Ende gut, alles gut?«
»Schätze schon. Was kann uns jetzt noch schlimmsten Falls passieren? Wenn wir wieder schlechte Nachrichten bekommen tauschen wir ganz einfach den Kerl mit einer Puppe aus und kleben ihm einen Bart an.«
»Auch den Frauen?«, fragte Airashī verspielt-herausfordernd.
»Besonders denen«, meinte Uchiki mit einem Grinsen. »Aber ganz besonders versauten Frauen.«
»Oh! Dann zeig ich dir mal, wie versaut ich sein kann«, meinte sie und küsste dem Diener auf den Mund.
Darauf folgten einige nicht jugendfreie Szenen die keiner Erwähnung bedürfen. Schließlich weiß ja jeder dass man vom Küssen Kinder bekommt. Und so möchten wir dieses kleine Schauspiel beenden und mit unserer Haupthandlung fortführen.
Fortsetzung folgt… (Ende des Zwischenspiels)
»Endlich sieht es aus als bekämen wir etwas Action geboten.«
»Und das aus deinem Mund, Gādo? Ich dachte schon, du kämest nie aus dieser Schenke«, erwiderte Jastany als beide auf dem Weg zum Thronsaal des Herrschers waren.
»Jetzt darf ich leider keine mehr betreten. Weißt du noch wie die ausgerastet sind, als du mir den Sake nach draußen gebracht hast?«
»Jepp, ich erinnere mich. Ich habe noch nie alle auf einmal schreien hören: NICHT DIE SCHON WIEDER! Was hast du da eigentlich angestellt?«
»Möchtest du es wirklich wissen?«
»Ich bin deine beste Freundin. Also schätze ich, dass ich es mir gut vorstellen kann.«
»Aber es ist schon unglaublich wie lange nichts mehr passiert ist. So als habe ein Kami oben im Himmel all unsere Probleme an einen anderen Punkt der Welt befördert.«
»Nennst du das wirklich nichts? Es gab zahllose von dir angezettelte Schlägereien und ich hätte einmal beinahe die halbe Stadt abgefackelt.«
Gādo zuckte nur unschuldig mit den Schultern. »Hält das Blut in Wallung.«
»Ich schätze mal, dass wir gleich etwas zu tun bekommen, was uns mehr als nur „in Wallung“ bringt.«
»Meinst du?«
»Der Herrscher hat nach uns persönlich verlangt. Also ist von einer Selbstmordmission auszugehen.«
»Yeah! Abgefahren!«
»Finde ich auch«, meinte die Kitsune mit einem Lächeln. Ihnen beiden war wirklich langweilig gewesen.
Fortsetzung folgt…
»Wisst ihr beiden, was ich jedes Mal denke, wenn ich euch zu mir her zitiere?«
»Warum du die Wetten mit deiner Alten immer verlierst?«
Jastany boxte Gādo wieder einmal in die Seite. Inzwischen schien dies schon beinahe zur Routine geworden zu sein.
Der Kitsune entging nicht, dass die Stressadern des Herrschers deutlich hervortraten, noch bevor er eine Handvoll Schriftstücke hervorholte. »Nein, deswegen«, sagte er mit deutlich unterdrücktem Ärger in der Stimme.
Jastany traute sich kaum zu fragen. »Was ist das?«
»Rechnungen. Die Summe all eurer unwillkürlichen Zerstörung.«
Die Kitsune schluckte, während Gādo scheinbar nur Bahnhof verstand.
»Glaubt mir, wenn ihr von einigen Leuten nicht als Helden verehrt werden würdet, hätte ich euch schon längst an Shuten Dōji mit einer Schleife oben drauf verschenkt.«
»Red´ nicht lange um den heißen Brei, Herrscherlein. Was hast du Neues für uns? Ich hoffe, doch etwas actionlastiges.«
»Nein, ehrlich gesagt, habe ich nun die Lösung für mein Problem – sprich euch beide – gefunden. Ihr werdet mit sofortiger Wirkung aus der Stadt ziehen und das Königreich bereisen, um meinen Willen zu vollstrecken.«
»Wir tun also was genau?«
»Ihr reist zur Grenze und lauft diese entlang. Solltet ihr damit fertig sein fangt ihr nochmal von vorne an und nochmal. Solange ich euch nicht sehe ist mir alles recht. Also raus aus meiner Stadt.«
Fortsetzung folgt…
»Und wieder sind wir auf dem Weg zur Kaserne. Moment… Wieso eigentlich?«
»Gādo, hast du wieder nicht zugehört?«
»Hm? Hast du was gesagt? Ich hab grade nicht zugehört.«
Jastany seufzte. »Wir gehen jetzt in die Kaserne um unsere Marken zubekommen. Außerdem lagern sie dort unsere Waffen seit der Konfiszierung, schon vergessen?«
»Wie könnte ich das vergessen?«, grummelte Gādo wütend vor sich hin.
Die Kitsune erinnerte sich daran wie die Wachen versucht haben die Eisenkeule zu beschlagnahmen. Letztlich war es Jastany gewesen, die das Onimädchen davon überzeugte ihren Schatz freiwillig abzugeben.
»Ah, Mädels. Da seid ihr ja. Ich habe schon Order erhalten, was ihr braucht. Es ist eine ganzschöne Ehre als Herbstwächter durch die Lande zu ziehen und im Willen des Herrschers zu handeln.«
»Wie man´s nimmt«, meinte Jastany. »Wir werden hier weggelobt. Was ist eigentlich die Aufgabe eines solchen Herbstwächters?«
»Oh, die machen tolle Sachen. Sie arbeiten außerhalb des Gesetzes und reisen durch das Land und bekämpfen das Unrecht. Die meisten Legenden handeln über ihre Heldentaten und es ist eine Ehre in diesem Orden aufgenommen zu werden.«
»Außerhalb des Gesetzes operieren wir sowieso. Das ändert sich also nicht und ein wenig reisen würden mir und Gādo ganz gut tun. Gibt also die Marken her, dann hauen wir auch sofort ab und begehen ein paar Heldentaten.«
Fortsetzung folgt…
»Was meintest du eigentlich, dass uns reisen gut tun würde, Jastany?«
Die Tore der Stadt lagen weit hinter den Freundinnen. Sie hatten genügend Proviant für die nächsten Wochen unter der heißen Sonne der Herbstlande.
»Na, überleg doch mal, Gādo. Wie lange ist es her, dass wir angegriffen wurden?«
»Puh. Keine Ahnung.«
»Und gerade das beunruhigt mich. Ich sag, dir da braut sich was zusammen. Während wir die Hauptstadt wieder aufgebaut und dabei halb zerstört haben, hat sich unser Feind in Position gebracht.«
»Das heißt im Klartext?«
»Okay. Gehen wir unsere Feinde doch mal durch. Da wäre zum einen dieser Oni Shuten Dōji und dann wäre da noch dieser hyakki der uns tot sehen will.«
»Und von beiden haben wir lange nichts mehr gehört.«
»Eben. Die planen etwas Großes und dann hätte der Angriff bestimmt wieder der Stadt gegolten. Jetzt jedoch sind wir ständig unterwegs und bewegliche Ziele sind schwerer aufzufinden. Außerdem kann es gut sein, dass wir von ihren Plänen erfahren, bevor sie durchgeführt werden. Ich schätze also, es wäre vorerst das Klügste die Augen und Ohren offenzuhalten.«
»Aha.«
»Du hast mir nicht zugehört, stimmt´s?«
»Doch. Irgendwas mit brauen und Zielübungen.«
Jastany seufzte genervt. Das würde noch ein langer Marsch werden. »Pass einfach auf ungewöhnliche Dinge auf.«
»Okay. Wenn ich vorher noch was trinken kann.«
Fortsetzung folgt…
»Ah, ist das schön. Die heiße Luft brennt einem in der Lunge und der Boden auf dem man schläft ist knallhart.«
»Schön, dass es wenigstens einer gefällt. Ich brauche ein Tröpfchen Sake.«
»Wir kommen bestimmt bald in ein Dorf. Aber sieh dir das mal an, Gādo, die endlose Weite. Es ist so unbeschreiblich schön. Wir hätten schon viel früher Herbstwächter werden sollen. Kein Stress mit dem Hauptmann oder einem Herrscher der uns lieber tot sehen will.«
»Wenn wir nicht bald was zu trinken bekommen, sind wir ärmer dran als tot. Aber sag mal, wieso macht dir die Hitze nichts aus?«
»Keine Ahnung. Vielleicht weil die Hitze mein Element ist und ich mich in ihr wohlfühle, vielleicht? Komm, lass uns weitergehen. Bevor dich die Mittagssonne grillt.«
»Warum muss ich eigentlich das meiste Gepäck tragen?«
»Wer von uns tönt denn andauernd, dass sie die stärkere sei?«
»Ja, aber nicht bei dieser Affenhitze, Jastany. Ich will wieder zurück.«
»Seit wann bist du denn so ein Jammerlappen, Gādo?«
»Seitdem ich mich an weiche Betten und regelmäßig gefüllte Sakekrüge gewöhnt habe.«
»Weißt du was? Wenn wir uns beeilen erreichen wir gegen Mittag eine kleine Stadt.«
Somit machten sich die beiden Heldinnen auf die Stadt zu erreichen. Gādo schien diese Reise unbedingt nötig zu haben. Hoffentlich härtete sie der Marsch ab.
Fortsetzung folgt…
»Siehst du, Gādo. Da hinten ist auch schon die Stadt.«
»Wo denn? Ich sehe gar nichts.«
»Siehst du nicht wie die schwarzen Schatten der Baracken sich von der Abendsonne abheben?«
»Was?! Da ganz hinten! Du sagtest doch wir erreichen die nächste Stadt gegen Mittag.«
»Ich sagte, dass wir sie gegen Mittag erreichen wenn wir uns beeilen, aber du musstest ja andauernd eine Pause einlegen.«
»Es ist auch heiß hier.«
Jastany ging mit schüttelndem Kopf weiter. »Wie hast du es eigentlich das letzte Mal hier ausgehalten als du auf dem Weg in die Sommerlanden warst?«
»Ganz einfach, ich hab mir einen Wagen geschnappt und dann bin ich eben gefahren.«
»Wobei geschnappt in Wirklichkeit geklaut heißt«, ergänzte der Sakekrug.
»Aber du bist nicht gelaufen?«
»Soll das ein Scherz sein? Ich war damals noch an das Klima der Winterlande gewöhnt. Diese Affenhitze hält doch kein Yōkai aus.«
»Außer einer Kitsune«, vollendete Jastany grinsend. »Ach, ich fühle mich gerade wohl in meiner Haut. Und siehst du, die Bauten werden größer. In ein oder zwei Stunden sollten wir da sein.«
»Adiós Amigos«, war alles was das Onimädchen sagte bevor sie zusammenbrach.
Stöhnend packte Jastany ihre Freundin unterm Arm und schleppte sie den Rest mit. Auch sie war erschöpft aber sie konnte ihre Freundin plus Gepäck noch bis zur Stadtgrenze tragen.
Fortsetzung folgt…
»Uff… Boah… Du könntest ruhig mal abnehmen, Gādo. Und noch ein kleines… ja… Wir sind jetzt in der Stadt.«
Jastany ließ ihre Freundin achtlos in den trockenen Staub fallen und schaute sich die Baracken an die aus losen Hölzern zusammengezimmert worden waren. Es wirkte ruhig, doch das Onimädchen hatte bereits einige Worte zum Thema Sicherheit fallen gelassen. Die großen Städte wie Rijin waren zivilisiert aber der Rest der Herbstlande war rau und voller Blutvergießen. Während die Sommerlande ein friedliches Königreich und die Winterlande eine erbarmungslose Diktatur war, so stellte das Herbstland sich als chaotisches anarchisches Land dar. Somit mussten sie erst nach einer Bleibe suchen, während die Nacht über die Gegend hinweg zog und allerlei Schurken anlockte auf die die Kitsune momentan keine Lust hatte. Es war ein langer Tag gewesen. Die Sonne hatte unbarmherzig auf sie niedergeknallt und Gādo hatte die ganze Zeit über nur noch gestöhnt und gejammert. Somit waren Jastanys Nerven jetzt blank und sie hatte daher keine Lust sich noch mit irgendwelchen kleinen Fischen herumzuärgern, die dann noch nicht einmal wussten mit wem sie es überhaupt zu tun hatten.
Somit Stöhnte die Kitsune noch einmal ihren ganzen Unmut heraus, hob ihre Freundin vom Boden auf und ging in Richtung Gasthaus in der Hoffnung auf ein freies Zimmer in der lärmenden Gastronomie.
Fortsetzung folgt…
»Entschuldigung, ein Zimmer für-«
Jastany spürte eine fremde Hand die sie dort berührte wo sie absolut nichts zu suchen hatte. Damit begann das Ganze. Sie schleuderte den Grabscher mit ihrem Pinsel aus dem Gebäude und brachte damit seine Freunde gegen sich auf. Als diese von der Kitsune verdroschen wurden, kamen die Freunde der Freunde. Und am Ende stand sie als einzige im Raum noch aufrecht, während der Kerl hinter dem Tresen sich panisch gegen die Wand drückte.
»Was ich sagen wollte, bevor dieser Kerl mich unterbrach: ein Zimmer für zwei, bitte.«
Mit zittriger Hand wurde der Schlüssel überreicht und ein Knurren der Kitsune reichte aus um jedwedes Wort über eine Kaution im Keime zu ersticken.
Erschöpft warf Jastany Gādo aufs Bett. Mit einem lauten Stöhnen warf sich die Kitsune darauf ebenfalls in die Federn. Der Schlaf war traumlos, doch wie immer zerrte etwas an ihr, seit der Schlacht in der Hauptstadt. Der Fuchs in ihr griff mit seinen Krallen nach ihr um sie wieder ganz einzunehmen. Im wachen Zustand war nichts von seiner Anwesenheit zu spüren, doch im Schlafe spürte Jastany seinem Atem auf ihrer Haut. Es war als hätte sie damals in ihrer Verzweiflung die Büchse der Pandora geöffnet. Aber nichtsdestotrotz musste sie schlafen und sie versuchte ihn so erholsam wie möglich zu gestalten.
Fortsetzung folgt…
Verschlafen schlug sich Gādo das Kissen vor das Gesicht als die Sonne gegen ihr Gesicht knallte. Doch dann drang ein verführerischer Duft an ihre Nase. Mit einem schmatzenden Gähnen stand das Onimädchen mit steifen Bewegungen auf.
Grummelnd begab sie sich mit zerzausten Haaren in den Gesellschaftsraum. »Einmal Sake, bitte.«
»Hey, bist du nicht die Freundin dieser Kitsune von gestern?«, fragte eine zwielichtige Gestalt von der Seite.
»Klaro. Wieso?«, fragte Gādo mit einem unterdrückten Gähnen.
Ehe sie sich versah war das Onimädchen mit einer schweren Eisenkette gefesselt, während der Kerl dreckig lachte. »Jetzt wird dieses Miststück dafür bezahlen uns gestern vermöbelt zu haben.«
Nichtsdestotrotz wurde vor Gādo eine Sakeschale gestellt. Ohne großartig nachzudenken, sprengte das Onimädchen ihre Ketten indem sie nach der Schale griff und sie in einem Zug leer trank. Völlig entsetzt von der Leichtigkeit mit der das Mädchen die Ketten zerriss kippte der Gauner nach hinten.
Gādo wandte sich zu ihm. »Ich hab grad nicht zugehört. Hast du irgendetwas gesagt?«
»N-nein gar-gar ni-nichts«, waren seine letzen Worte bevor er auf nimmer wiedersehen verschwand.
Bereits nach zwei Sekunden hatte das Onimädchen ihn vergessen. »Komischer Kerl.«
Momentan war sie so müde und ignorant dass ihr die fahlen Gesichter der anderen Schurken gar nicht auffielen, welche sich im gedanklichem einvernehmen schworen an dieses Monster keine Hand anzulegen.
Fortsetzung folgt…
»Ach da bist du Schlafmütze also«, rief Jastany als sie den Gesellschaftsraum betrat. Zuerst dachte die Kitsune dass das Zusammenzucken der gesamten Gäste im Raum auf die gestrige Schlägerei zurückzuführen sei, doch als sie die zerrissen Ketten um das Onimädchen sah wurde ihr klar was passiert war. Innerlich schüttelte sie dabei den Kopf. Diese Trottel.
»Hey, Jastany. Gut gepennt?«
»Och geht so.« Jastany schlief nicht mehr richtig und fühlte sich nur noch wie gerädert. Scheinbar wurde es schwieriger zu schlafen.
»Ich muss wohl gestern ziemlich einen im Tee gehabt haben. Ich weiß nämlich gar nicht mehr wie ich in mein Bett kam.«
»Du hast gestern gar nichts getrunken, sondern bist vor der Stadt zusammengebrochen und ich habe dich den ganzen restlichen Weg hierhergeschleppt.«
»Wow. Danke, Jastany. Ich … Moment … Ich habe gestern nichts getrunken? GAR NICHTS?! Hey, du, gib mir alles was du hast! Ich muss da noch was nachholen.«
»Sag mal, kann es sein, dass du ein kleines Alkoholproblem hast?«
»Wenn man es als Problem bezeichnen will, so ist es ein liebenswertes.«
»Hey, Sakekrug. Gibt es in der Anderswelt eigentlich so etwas wie die anonymen Alkoholiker?«
»Nicht das ich wüsste und selbst wenn, wie willst du die da hinkriegen?«
»Wenn ich Gādo in die Stadt tragen kann, kann ich sie auch dahin prügeln.«
Fortsetzung folgt…
»Wer seid ihr beiden?«, fragte der Mann hinter der Theke verängstigt.
»Ich bin Jastany und der Saufkopf hier ist Gādo.« Mit einem freundlichen Lächeln fügte sie hinzu: »Wir sind Herbstwächter.«
»Mein Beileid.«
»Wieso?«
»Goddofāzā regiert diese Stadt schon seit vielen Jahrhunderten. Und sie ist so weit abgelegen von der Hauptstadt, dass sie auf keiner Karte mehr verzeichnet ist.«
»Ich glaube, wir beiden wissen nun was zu tun ist«, meinte Jastany als sie sich eine Sakeschale schnappte und sie mit einem Lächeln zum Mund führte.
»Das kann doch wohl nicht euer ernst sein!«
»Schlimmer als die Uronis kann es ja nicht werden«, meinte Gādo zwischen den Schlücken Sake.
»Moment mal, ihr seid bei der Belagerung dabei gewesen?«
Jastany bestätigte es mit einem Kopfnicken. »Wir sind sogar an vorderster Front gewesen.«
»Bei den Kamis… Ihr seid wirklich… Ihr seid es wirklich, nicht?«
»Wer sollen die sein?«, fragte der Sakekrug.
»Ihr seid die Densetsu!«
»Wer?«, fragten die beiden wie aus einem Munde.
»Ich habe von euch gehört«, meinte der Kerl ganz aufgeregt und holte ein zerknittertes Stück Papier hervor. »H-Hier steht es«, meinte er ehrfürchtig.
Jastany versuchte die Schriftzeichen zu lesen, doch sie konnte kein Wort von dem entziffern, da sie nie eine solche Schrift gesehen, geschweige denn gelernt hatte sie zu lesen.
»Wir sind Legenden«, lallte Gādo.
Fortsetzung folgt…
»Da sind die beiden ja!«, kam es von der Türe her.
»Ihr könnt uns nicht aufhalten«, lallte Gādo. »Wir sind Densetsu. Legenden. Und Legenden können nicht sterben.«
»Das werden wir ja sehen!«, grölte das halbe Hemd.
Zwei Sekunden später. »Wir ergeben uns«, lallte die ramponierte Fresse jenes Herrn von vor eben.
»Dass diese Typen es aber auch nie lernen«, seufzte die Kitsune.
Gādo unterdessen trällerte stockbesoffen ein Lied, was Jastany doch sehr verwunderte. Irgendetwas stimmte mit ihrer Freundin nicht. Sie war nur selten betrunken und Sake gegenüber resistent, aber SO hatte sie sich noch nie verhalten. Dann jedoch fiel ihr Blick auf den Barmann und ihre Augen verengten sich.
»Was ist in dem Sake?«
Jener lächelte und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Sofort packte Jastany ihn. Sie konnte es nicht leiden wenn ihren Freunden wehgetan wurde.
»E-es ist eigentlich ein Wunder«, bammelte er. »Das Gift hätte sie töten müssen.«
Jastany schaute zu ihrer Freundin die dämlichlachend den Kopf rollte. »Bei der Menge an Alkohol die sie regelmäßig konsumiert scheint es kein Wunder zu sein, wenn sie gegen so etwas immun wird. Oh man, was soll ich nur mit ihr machen? In diesem Zustand kann ich sie nicht alleine lassen.«
Wie aufs Stichwort fing Gādo an alles zu zertrümmern, während Jastany sich entnervt den Kopf hielt.
Fortsetzung folgt…
»Nein, Gādo! Nicht! Nicht die Wand! Und der Balken, verdammt der stützt das Ganze doch!«
Es erschien schon wie ein kleines Wunder, dass Jastany dem entkam ohne einen einzigen Kratzer. Dafür jedoch war ein Chor aus Stöhnlauten von dem Bretterhaufen zu hören, der mal ihre Unterkunft gewesen war.
Also zog die Kitsune los, um einen Arzt zu suchen der ihre Freundin kurieren konnte.
»Und? Wie geht es ihr?«
»Sagen wir es so, ich habe nie ein Wesen gesehen das in seinem Blutbild einen Alkoholspiegel von zehn Promille aufweist. Das ist bemerkenswert. Überaus bemerkenswert. Eine Herausforderung an die Wissenschaft!«
»Und das Gift?«
»Hm? Oh, ja, das Gift. Nun sie wird in ungefähr zehn Stunden tot sein.«
»Was soll ich tun? Eine heilige Quelle aufsuchen und ihr das Wasser bringen?« Wäre nicht das erste Mal, dachte sich die Kitsune.
»Was?! Nein, meine Dame. Ich bin ein Mann der Wissenschaft! Und das Gegengift habe ich hier.«
»Also? Worauf warten Sie? Helfen Sie ihr!«
Der Arzt räusperte sich und streckte Jastany vielsagend die offene Hand entgegen.
Die Kitsune stöhnte. »Okay, wie viel wollen Sie?«
»Sagen wir, eine Dienstleistung gegen eine Dienstleistung? Der Herrscher dieser Stadt Goddofāzā mag es nicht, wenn man ihm kein Schutzgeld zahlt, also…«
»Schon verstanden. Ich bin gleich wieder zurück.«
»Ja, aber-«, weiter kam er nicht.
Fortsetzung folgt…
»Goddofāzā? Ich soll dir eine Lektion erteilen«, brüllte Jastany über das Stöhnen der besiegten Wachen die ihren Weg mehr als zahlreich gepflastert hatten.
»Ich hätte ahnen müssen, dass es nicht so leicht werden würde. Schließlich seid ihr Herbstwächter. Warum habt ihr einen bescheidenen Geschäftsmann wie mich nicht einfach in Ruhe gelassen?«
»Warum hast du nicht einfach zwei bescheidene Herbstwächter in Ruhe gelassen?«, konterte die Kitsune.
»Nun gut. Nenne mir deinen Preis Yōkai.«
Jastany tat gespielt nachdenklich. »Mal überlegen. Wie wäre es mit deinen Kopf?«
»Wie wäre es mit deinem Kopf als Gegenangebot?«
»Nein, an den hänge ich viel zu sehr.«
»Oh, das ist keine Verhandlungsbasis, meine Liebe. Yamata no Orochi, schnapp sie dir.«
Die Bretter brachen und ein alter Bekannter steckte seinen Kopf aus dem Erdboden.
Jastany machte nur eine Wegwerfende Bewegung. »Ach die. Na du alte Blindschleich wie geht es dir?«, fragte die Kitsune und wurde sich peinlich bewusst, dass sie so langsam immer mehr wie Gādo klang.
Die mächtige Schlange unterdessen schaute zuerst bedrohlich auf Jastany herab, ehe sie sie und den Pinsel erkannte. Noch nie hatte jemand zuvor gesehen, wie die mächtige Schlange Yamata no Orochi in Schweiß ausbrach und Anstalten machte sich lauthalsschreiend aus dem Staub zu machen. Doch eine Kette hinderte sie daran.
»Hast du noch mehr auf Lager, Goddofāzā?«
Fortsetzung folgt…
»Yamata no Orochi, du willst doch nicht etwa, dass ich böse werde, oder?«, fragte Goddofāzā mit einem bedrohlichen Unterton.
Der ängstliche Blick verschwand in den Augen der Schlange und wurde durch etwas Wilderes ersetzt. Vermutlich war die Furcht vor dem Meister größer als die Angst vor der Kitsune und ihrem Pinsel. Fauchend stürzte sich die Schlange auf Jastany und drohte sie zu verschlingen. Die Kitsune sprang zurück und blieb stehen. Erneut bäumte sich Yamata no Orochi bedrohlich auf und startete einen erneuten Angriff. Ohne mit der Wimper zu zucken blieb der Yōkai einfach stehen. Plötzlich kam der Ansturm zum Erliegen und die Schlange schaffte es gerade mal Jastany mit der Zungenspitze zu berühren. Die Kette war schuld daran. Die Kitsune schwang ihren Pinsel und malte der Schlange einen Maulkorb, um danach unbeeindruckt an ihr vorbei zu laufen.
Doch so schnell gab Yamata no Orochi nicht auf. Er wand seinen Körper um den zerbrechlich wirkenden Leib von Jastany. Diese jedoch kleidete sich in die Flammen ihrer Seele, worauf die Schlange unverzüglich von ihr Abstand nahm.
»Netter Versuch, mehr aber auch nicht«, meinte sie zur Schlange ehe sie sich an seinen Meister wandte. »Mehr hast du nicht zu bieten, Goddofāzā?«
Dieser knirschte nur verärgert mit den Zähnen und grummelte etwas von wegen: »So ein kleines, verfluchtes Monster.«
Fortsetzung folgt…
Goddofāzā baute sich bedrohlich auf.
»Was ist nun? Bekomme ich endlich mein Gegengift?«
»Glaubst du wirklich, du kannst tun was du willst, nur weil du ein Herbstwächter bist?! Ich arbeite für einflussreiche Personen! Wenn du mir ein Haar krümmst, werden sie dich jagen und dann finden sie dich und töten dich auf langsame und qualvolle Art.«
Jastany nahm Anlauf und schlug dem Gangster ihre bloße Faust ins Gesicht. »Mir doch schnurz! Ich muss Gādo retten! Gib mir das Gegengift, denn sonst…«, ließ sie den Rest des Satzes bedrohlich in der Luft schweben.
Goddofāzā fing an zu lachen. »Ich mag dich. Du lässt dich nicht einschüchtern. Es wird mir eine Freude sein dir eine Kette anzulegen und dich als Sklavin zu halten.«
»Glaubst du wirklich, du hast eine Chance-«, plötzlich blieb Jastany die Luft weg. Sie fiel keuchend auf alle viere und schnappte panisch nach Luft ohne irgendetwas inhalieren zu können.
»Schön, nicht wahr? Ich bin ein Luftgeist. Ich herrsche sowohl über den Wind als über den Sauerstoff. Ein Nicken von mir reicht und dir bleibt nichts mehr zum Atmen. Und nun tue mir einen Gefallen, kleine Kitsune, schlaf einfach ein. Mach es dir nicht unnötig schwer. Schlafe einfach.«
Jastany versuchte wach zu bleiben, doch sie dämmerte immer weiter weg und verlor letztlich doch das Bewusstsein.
Fortsetzung folgt…
»Diese Göre ist ja dämlich. Eigentlich sollte sie für mich das Schutzgeld zahlen, doch stattdessen rennt diese Irre einfach los und legt sich mit Goddofāzā an. Schöne Bescherung ist das. Und was soll ich nun mit diesem Oni-Mädchen machen?«
Stöhnend und ächzend erhob sich Gādo mit einem wahnsinnigen Funkeln in den Augen. »Muss-Jastany-retten«, sagte sie.
»Du kannst sie nicht retten! Vermutlich ist sie schon längst in Gefangenschaft geraten oder schlimmeres! Du bist verletzt und wirst an einer Vergiftung sterben! Es ist ein Wunder dass du überhaupt stehen kannst. Eine Herausforderung an die Wissenschaft! Aber übertreibe es nicht! Schon die kleinste Anstrengung könnte dein Verderben sein!«
»Dann gib mir das Gegenmittel her, alter Mann!«
»Das wird aber nicht billig sein«, wand sich der Heiler in Ausflüchte, doch Gādo drohte wütend mit der geballten Faust und so gab er ihr das verlangte Heilmittel ohne großes Flennen oder gar Klagen.
»Aber nur ein Fläschchen auf einmal! Wenn du alle nimmst, dann-«
Jedoch kam er nicht weiter, da Gādo bereits alle geöffnet und sie in den gierigen Schlund gestopft hatte, wodurch sie sämtliche Fläschchen auf einmal zu entleeren vermochte.
Der Arzt senkte seinen belehrenden Finger und ließ das Oni-Mädchen heftig schwankend von dannen ziehen. Sie hätte keine Chance einem Kampf zu bestehen. Eine Herausforderung für die Wissenschaft!
Fortsetzung folgt…
Gādo wusste weder wer noch was sie war. Sie fühlte sich wie in einer merkwürdigen Zwischendimension. Scheinbar war nicht nur die Überdosis an Medizin daran schuld sondern auch der hohe Alkoholspiegel. Von weiter Ferne hörte sie ihren Vater grollen der sie verschlingen wollte. Sie floh und lief an den toten Oni-Körpern vorbei die sie in ihrem Leben in den Winterlanden erschlagen hatte. Ihr eigener Leib schrumpfte und ihre weiblichen Kurven gingen zurück bis sie nur noch ein kleines Oni-Mädchen war welches zu schwach war die eigene schwere Eisenkeule zu halten. Und dann stand er mit einem Male vor ihr. Ihr Vater. Hungrig und voller Zorn wie je. Er war ihre größte Angst, die sogar die Furch vor ihrer eigenen dunklen Seite übertraf.
»Frauen sind nur zu zwei Dingen gut«, grollte er. »Zum Gebären und zum Fressen.« Damit griff er nach dem kleinen Mädchen, das noch fast ein Säugling war und versuchte es in seiner gewaltigen Pranke zu zerquetschen. Mit aller Macht stemmte sich Gādo gegen die überlegene Kraft ihres Vaters, doch er war zu stark. Wenn sie ihn nicht besiegen konnte, wie sollte sie dann jemals Jastany retten können? Ihr Widerstand brach damit in sich zusammen und sie ergab sich kampflos ihrem Schicksal. Ihr Vater führte die Faust zum Munde und verschlang sein eigenes Kind.
Fortsetzung folgt…
Jastany öffnete die Augen und als sie den Kopf anhob hörte sie das Rasseln einer langen Kette. Sie lag zu Füßen eines Thrones auf dem Goddofāzā saß. Sie fühlte sich ein wenig an den sechsten Star Wars-Film erinnert. War da Prinzessin Lea nicht etwas Ähnliches passiert?
»Ah, mein Haustier wach«, flötete der Gangster-Boss fröhlich vor sich hin.
Unterdessen stand eine ganze Schar von zwielichtigen Gestalten vor dem Thron.
»Mylord Goddofāzā«, kniete sich einer vor dem Thron nieder.
Mylord?, fragte sich Jastany. Ist der Kerl ein Adeliger hier oder so etwas?
»Ich habe lange gewartet, um diese Bitte Euch vorzutragen: Werdet ihr weitere Waffen an die herrlichen Sommerlanden senden? Wir bezahlen gut.«
»Natürlich.« Der Don grinste gierig. »Wie könnte ich meinem besten Kunden auch so etwas verwehren?«
»Hä? Wieso kaufen die Sommerlande Waffen? Wozu?«, mischte sich die Kitsune ein.
»Ach, die wollen irgendwie Krieg führen mit den Winterlanden, was weiß ich, Hauptsache ich werde bezahlt.«
Einen Krieg?! Mit den Winterlanden?! Ein kalter Schauer machte sich bei Jastany bemerkbar.
»Aber die Winterlande sind auch am Aufrüsten«, wand Goddofāzā ein. »Wenn die beiden erst einmal anfangen sich zu bekriegen werde ich steinreich sein und noch mehr verkaufen können. Aber für dich, meine Kleine, würde ich am meisten bekommen. Kitsunes sind sehr wertvoll auf dem Schwarzmarkt.« Er lachte dreckig.
Fortsetzung folgt…
Gādo befand sich im Magen ihres Vaters und zerfloss in Selbstmitleid. Sie war ohne nennenswerten Widerstand in einem Happen vertilgt worden. Sie war umgeben von den Knochen ihrer Schwestern und Mutter und all jener Frauen die vor ihnen waren und danach. Das Oni-Mädchen hatte sich immer vorgenommen nie so zu enden. Aber nun war sie doch hier gelandet. Sie hatte stets gewusst dass sie ihrem Schicksal nicht ewig entkommen konnte. Deshalb hatte sie sich dazu entschieden nie einem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Aber all die Kämpfe hatten nichts gebracht. Sie hatte ihrer Bestimmung nicht entkommen können.
Ein helles Leuchten beschien plötzlich den schleimigen Darm und vor Gādo stand plötzlich eine Oni die ihr sehr ähnlich sah.
»Es wird immer so weitergehen«, sagte sie. »Wenn du aufgibst wird es nie enden.«
»Wozu weiterkämpfen? Ich habe verloren.«
Die Erscheinung strich zärtlich über ihr Gesicht. »Noch ist nichts verloren, mein kleiner Tollpatsch.« Sie lächelte aufmunternd. »Du hast immer noch deine Fäuste und wenn man dir die Fäuste nimmt bleiben dir die Füße und der Kopf. Solange du noch ein schlagendes Herz hast und immer wieder aufstehst, kannst du gar nicht verlieren.«
»Bist du, meine Mutter?«
»Sehe ich so alt aus?! Ich bin natürlich deine große Schwester, du Idiot! Und jetzt steh gefälligst auf und räche mich!«
Fortsetzung folgt…
Der Schwertkämpfer Kandai betrat das Dorf und wunderte sich das Oni-Mädchen Gādo vollkommen apathisch auf der staubigen Straße zu entdecken. Einst hatte er dem kleinen Mädchen das Leben gerettet und sie in die Sommerlande begleitet. Dies lag jedoch lange Zeit zurück und er konnte sich nicht vorstellen was ihr in der Zwischenzeit widerfahren war.
Dennoch war er rasch zur Hilfe geeilt und maß ihren Puls. Er war schwach, dennoch spürbar. Er zog seine Feldflasche hervor und gab ihr etwas von dem Wasser aus einer heiligen Quelle zu trinken welches er immer notfalls mit sich führte.
»Hey, Kleines? Alles in Ordnung?«
»Wer… Ach du… Soll ich dich auch rächen?«
»Dir scheint das Wetter nicht zu bekommen. Du fantasierst, Gādo.«
»Soll das heißen, du bist nicht tot, Kandai?«
Der Schwertkämpfer lachte auf. »Wie soll ich denn sterben? Ich bin viel zu arm für so etwas.«
»Du hast es gut, Kandai«, sagte das Oni-Mädchen ehe es wieder einschlief.
»Hey! Was hast du bloß?«
»Zu viel Medizin«, nuschelte sie verträumt. »Zu viel Sake.«
Der Schwertkämpfer nickte wissend. »Ja, ja. Du hast noch nie sonderlich viel vertragen.«
»Pfft! Hat der ʼne Ahnung«, ächzte der Sakekrug. »Das kleine Monster säuft wie ein Loch und wird nie betrunken. Es liegt eindeutig an der Medizin.« Darauf erzählte der Krug was sich zugetragen hatte.
Fortsetzung folgt…
Der Türrahmen explodierte. »Hey, ihr Knilche! Ich bin Gādo! Und werde hier alles zerdeppern! Du da! Mit dir fange ich an!« Sie trat demjenigen ins Gesicht der dem Oni-Mädchen am nächsten stand. »Rückt sofort meine Freundin raus!«
»Ähm, Gādo?«, trat der Schwertkämpfer Kandai an sie heran.
»Nicht jetzt! Ich muss noch testen wer härter ist. Meine Keule oder dieser tragende Balken hier! Nimm dass du blöder Pfosten!«
Alle flohen darauf und nur die dümmsten und mutigsten unter ihnen blieben um die randalierende Yokai aufzuhalten, doch jene wurden kurzerhand am Kopf gepackt und von ihr wie Strohpuppen durch die Luft geschleudert.
»Ich meine ja nur…«
»Verdammt, jetzt nicht! Ich werde später an deinen Hosen schnüffeln um die Paviane aus unserem Zuckerland zu vertreiben, Kandai!«, schrie das Oni-Mädchen während sie sinnlos mit ihrer Keule in die Luft schlug. Sie war gerade voll auf einem Trip.
»Okaaaaaaaayyyyyyy«, meinte dieser nur und ging einen respektvollen Schritt auf Abstand.
»Jastany! Wo bist du!«
»Ich vermute mal, dort«, sagte Kandai und deutete mit seiner Hand auf das Gebäude nebenan.
Gādo senkte verblüfft ihre Arme und ließ damit die Keule krachend in den Bretterboden fallen. »Hä?«
»Du bist in das falsche Gebäude gestürmt. Das versuche ich dir die ganze Zeit zu sagen. Und-«
Darauf sprang Gādo durch die Wand in das Nachbargebäude.
Fortsetzung folgt…
Texte: Screeny, EINsamer wANDERER
Tag der Veröffentlichung: 15.07.2014
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