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Roll on

Jeder kennt diese endlosen Minuten, da einen das elektronische weiße Blatt mit seinen weißen Augen um schwarze Buchstaben anfleht. Mir passiert das täglich. Mir fällt nur nicht täglich etwas ein, womit ich dieses Blatt zufrieden stellen könnte. Säße ich in einem Raum voller Krimskrams, wäre ja alles gut, aber ich befinde mich in einem sterilen Büro, starre vom weißen Blatt auf eine weiße Wand und versuche mal, den Tüddelchen in der Raufasertapete einen kreativen Gedanken zu entlocken.

Genial! Mit „Tüddelchen“ und „rau“ sind wir nämlich schon mitten im Thema. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass man die Rentabilität eines Unternehmens am Toilettenpapier in den Mitarbeitersanitärräumen ablesen kann? Nein? Ist aber so. Als unser Betrieb kurz vor der Pleite stand, wurde von oben bis unten gespart. Untenrum am Papier.  „Der Arbeitsplatz wird auch auf der Keramik verteidigt!“, sprach unser Chef und ersetzte „Softi, 3-lagig“ durch Restbestände irgendeiner Armee. Einlagig, rau, im Einzelblattspender. Das saugt nicht, das saut.

Wir haben uns beschwert – ohne Erfolg. Wir wollten die Gewerkschaft einschalten – die streikten gerade irgendwo. Wir haben uns bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durchgeklagt. Die haben was von Gleichheit für alle erzählt und gesagt, dass wir nicht besser gestellt werden dürften als die Soldaten am Hindukusch. So ein Sch…

Längst bringt jeder sein privates Softi mit zur Arbeit. Anfangs sah man uns verschämt mit der Rolle unterm Arm aufs stille Örtchen huschen. Bis jemand auf die Idee mit den Roll-ons kam. Kennen Sie diese gehäkelten Klopapierhäubchen, die man früher in den Heckfenstern großer Autos mit huttragenden Fahrern sah? Irgendjemand hat sich an die Dinger erinnert und spezielle Taschen kreiert, in denen wir nun unsere Softis stolz mitführen. Es gibt Roll-ons aus Wolle, aus Stoff, aus Metall. Das Luxus-Modell hat Routenplaner und GPS. Die Kollektion ist inzwischen das zweite Standbein der Firma und wird weltweit vermarktet.

„Wow!“, höre ich Sie sagen. „Dann könnte man ja jetzt das Armeepapier wieder ersetzen!“

Und daran sehe ich, dass Sie von Wirtschaft keine Ahnung haben. Wenn niemand mehr Roll-ons braucht und kauft, stehen wir bald wieder vor der Pleite. Und wer weiß, wo der Chef dann unseren Arbeitsplatz verteidigen möchte.

Winke, winke

Wanda

Psst!

Es gibt ja Menschen, deren Neugier passt auf keine Kuhhaut. Da war ich doch letztens mit meiner Freundin in einem Café und wir plauderten so unbedarft vor uns hin, als ich merkte, dass die Ohren am Nebentisch immer länger wurden. Ihre Creolen hingen schon fast bis zur Tischkante. Unglaublich, so was. Dabei haben wir nur ganz gewöhnlichen Frauenkram erzählt, über Männer und so. Weiß der Geier, was daran so interessant war.
Ich guckte die Creolenfrau so böse an, wie es nur eben ging, mit meinem berühmten Teufelchenblick. Die hat auch schwupps ihre Ohren wieder eingezogen. Dachte ich.

Dieser Tage saßen meine Freundin und ich auf einer Parkbank, als es hinter uns im Gebüsch raschelte. Für ein Häschen war das eindeutig zu laut. Wir sprangen auf, kreisten das Gebüsch ein (so gut das zu zweit ging) und riefen: „Buh!“ Andernorts sind bei so einer Gelegenheit schon Großvögel tot umgefallen, hier aber hörten wir ein entsetztes Einatmen, dem ein aus vollem Herzen ausgestoßenes „Scheiße“ folgte.

„Nun bin ich gespannt“, sagte ich und traute meinen Augen nicht, als – leicht zerkratzt und mit verwuschelten Haaren – die Creolenfrau aus dem Blattgrün kroch.
„Das gibt’s doch nicht“, entfuhr es meiner Freundin.
In mir entspann sich der altbekannte Kampf zwischen meinem ES und meinem Über-Ich.
‚Hau ich ihr sofort eins auf die Nase oder hör ich mir erst mal an, was sie sagt?‘
Ich sagte nichts und guckte nur, nicht mehr à la Teufelchen, sondern eher satanisch.

„Ich hab ...“, die Creolenfrau rang nach Worten, „Pilze gesucht!“ stieß sie erleichtert hervor.
„Und? Was gefunden?“
„Nein.“
„Wo ist denn dein Körbchen?“
„Welches Körbchen?“
„Jeder, der Pilze sucht, hat ein Körbchen!“
„Ich nicht.“
„Hast du denn ein Tütchen?“
„Nein.“
„Sonst irgendwas, wo du die Pilze hättest reintuen können.?“
„Nein.“

Meine Freundin und ich blickten uns an.
„Tja. Und nun?“, fragte ich.
Ich sah wilde Gelüste in ihren Augen aufblitzen und bekam Panik. Bisweilen ist sie nämlich wimmelig und dann geht ihr Temperament mit ihr durch.
„Aufhängen!“, sagte sie. Ich hatte es befürchtet.
Die Creolenfrau wurde weiß. Ich sah eine Bilderflut durch ihren Kopf zischen und spürte sie um ihre letzten Minuten zittern.
„Nicht dich, die Dinger in deinen Ohren. Damit selbige nicht mehr so lang gezogen werden.“, stellte meine Freundin klar.
Die Creolenfrau nahm ihren Schmuck ab und wir ihn mit. Wir banden ihn an einen Faden und warfen ihn über den höchstmöglichen Ast, den wir finden konnten.
„Schöner Baumschmuck“, sagte ich.
„Wir hätten ihn für Weihnachten aufbewahren sollen.“
„Nöö.“

Was aus der Ohrenfrau wurde, wissen wir bis heute nicht.

Ich kann nix dafür!

Es gibt ja Menschen, die es gut meinen, aber trotzdem ein heilloses Durcheinander anrichten. So Leute wie mich, zum Beispiel.

Da wollte ich mich dieser Tage mit einer lieben Freundin treffen. „Ich komme mittags mit dem Zug!“, sagte sie. „Prima!“, dachte ich und beschloss, sie zu überraschen. Also vertraute ich mich schon am frühen Morgen der deutschen Bundesbahn an (mit einmal Umsteigen ein nicht ganz ungewagtes Unterfangen!), fuhr eine Station weiter als ihr Zusteigebahnhof, dann wieder zurück und freute mich auf ihr verdutztes Gesicht, wenn sie mich im Zug erblicken würde.

Der Zug hielt, ein Schwarm Leute stieg ein – doch meine Freundin war nicht dabei. Schockschwerenot.
Sms von mir: Bist du im Zug?
Anruf von ihr: „Ja, ich bin ganz vorne, direkt beim Fahrer.“
Der Zug bestand natürlich aus zwei gekoppelten Zügen ohne Durchgangsmöglichkeit. Und ich war hinten.
„Warte, ich komme an der nächsten Station zu dir.“

Gesagt, getan. Am folgenden Bahnhof sprang ich raus, rannte nach vorn, hechtete ins Abteil, schlug mich bis zum Fahrer durch und – fand meine Freundin nicht.
Sms von mir: Wo bist du?
Anruf von ihr: „Wo bist du???“
„Vorn beim Fahrer, aber du bist nicht da.“
„Ich stehe mal auf und winke.“
„Bei mir steht und winkt niemand!“
Sowohl sie als auch ich wurden von den Blicken der Mitreisenden durchbohrt.
Der Zug wurde wieder langsamer und ich sah unsere Chance im nächsten Bahnhof.
„Der Zug läuft gerade in XY ein.“
„Meiner ist gerade in Z.“
Mir blieb das Herz stehen!

Sie hatte es tatsächlich geschafft, die S-Bahn in die gleiche Richtung zu nehmen, in die ich mit dem Zug unterwegs war. Leider nur auf einer anderen Strecke.
Scheiß Überraschung.
„Steig aus!“, sagte ich in einem Anflug von Wahnsinn. Und wir stiegen aus. Sie in Z, ich in XY.
„Ich komme zu dir“, sagte sie und war tatsächlich in einer Viertelstunde da.

„Was machst du?“, fragte sie.
„Ich wollte dich überraschen.“
„Und jetzt?“
„Jetzt fahren wir dahin, wo wir uns treffen wollten.“
„Und warum haben wir das nicht gleich gemacht, anstatt auszusteigen???“

Irgendwie war diese Frage nicht ganz unberechtigt.
„Weil dann die Überraschung kaputt gewesen wäre!“ Ich hätte gern überzeugender geklungen.
„Du machst mich verrückt!“

Ich schwieg. Sie hat ja Recht. Ich bin manchmal nicht einfach. Aber ich kann wirklich nix dafür!

Im falschen Film

Es gibt ja Menschen, die sind manchmal irgendwie verkehrt. So Leute wie mich, zum Beispiel.

Da kam ich heute Morgen ins Büro, erzählte der weltbesten Kollegin von einer um die Ohren gehauenen Nacht und sie fragte so: „Bist du denn fit genug zum Arbeiten?“
„Klar!“, erwiderte ich im Brustton der Überzeugung.

Ich fuhr den Rechner hoch, schaute in aller Ruhe meine Mails durch und stieß um 7.57 Uhr auf folgende Nachricht: „Planänderung. Die Vorstellungsgespräche beginnen schon um 8 Uhr. Wir treffen uns zur Vorbesprechung um 7.45 Uhr.“
Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Info von den Augen ins Gehirn gelangte und dort verarbeitet wurde. Es folgte ein: „Scheiße, ich muss weg!“, dabei hat doch mein Mund eigentlich die Order, keine Schimpfworte mehr auszustoßen.

Ich raffte Papier und Stift zusammen, sperrte meinen Rechner, sprang auf und begab mich fliegenden Schrittes die Treppe hinunter. Natürlich landete ich zunächst im falschen Besprechungsraum – dort war niemand, bevor ich nebenan den richtigen betrat, wo mich vier erstaunte Augenpaare anblickten, darunter das der ersten Bewerberin. Ich entschuldigte mich und das Vorstellungsgespräch begann.

Mh. Es ging um Stellen für Erzieherinnen. Hatte ich zugesagt, hier teilzunehmen? Aber wenn nicht, warum war dann die Nachricht über die Verschiebung in meinem Maileingang? Ich schob meine Unsicherheit auf beginnendes Alzheimer und tat so, als wäre alles in bester Ordnung (Das kann ich gut).
Das erste Vorstellungsgespräch lief gut, das zweite plätscherte so dahin, die dritte Bewerberin war mir sympathisch, dann hatten wir Pause.

„Nebenan sind gerade die Vorstellungsgespräche für die Sachbearbeiter“, hörte ich die Kollegin aus der Personalabteilung sagen.
Sachbearbeiter? Da war doch was. Langsam, ganz langsam dämmerte es mir. – „Oh Gott!“, rief ich aus und die Kollegin in meinem Büro an.
„WO BIST DU?“, brüllte sie in den Hörer, „Die suchen dich!“
„Ich bin in den Vorstellungsgesprächen.“
„Aber in den falschen!“
„Ja.“
„Du hast Glück, da sind zwei Bewerber nicht gekommen, die fangen erst in 20 Minuten an.“
„Kannst du da nicht hin?“, versuchte ich mich zaghaft aus der misslichen Lage zu befreien, in dem Wissen, dass ich aus diesem Schlamassel ganz allein wieder raus musste.
„Nee, geht nicht.“ Ich atmete durch.
„Also, ich hab mich vertan, ich muss nach nebenan“, gab ich kleinlaut zu und die drei übrigen Damen der Auswahlkommission „Erzieherinnen“ konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ich verließ fluchtartig den Raum.

Nebenan war noch niemand, aber mein Namensschild auf dem Tisch hieß mich herzlich willkommen.

‚Das kann ich wieder niemandem erzählen, die halten mich für verrückt‘, dachte ich.
‚Sag, es ist nur ein Text‘, hörte ich eine innere Stimme.
Und das mache ich jetzt. Es IST nur ein Text :-)

So und nicht anders

Es gibt ja Menschen, die wundern sich über nichts mehr. So Leute wie mich, zum Beispiel. Da fragte mich dieser Tage eine weitläufige Bekannte, wie das denn so wäre. Und ich, ehrlich wie ich nun mal bin, sagte, das wäre so.
„Och“, antwortete sie, „ich sehe, du traust mir nicht. Du hättest mir ruhig sagen können, dass es anders ist.“
Tja. Da wusste ich nun wieder nicht, was ich tun sollte. In Wahrheit ist es nämlich nicht anders, sondern so, aber wenn einem das So niemand glauben möchte, weil das Anders viel sensationeller wäre, soll ich dann deswegen lügen? Nö. Mach ich nicht.

Ich sah mich auch nicht genötigt zu erklären, warum das So aussieht, als ob es Anders wäre. „Wer sich rechtfertigt, erscheint im Unrecht“, sagte mal ein Politiker zu mir und das habe ich mir gemerkt. Er sagte auch, dass man den Leuten nie mehr sagen solle, als unbedingt nötig, weil sie sonst von den wichtigen Dingen abgelenkt sind und anfangen, Nebensächlichkeiten zu Elefanten aufzublasen. Und schon habe ich Kopfkino mit einem ganzen Fußballstadion voller Elefantenaufblaser und weiß, ich kriege das wieder die ganze Nacht nicht aus der Birne.

Daher meine Schlaflosigkeit. So ist das. Und nicht anders.

English for Oldies oder: Dat Kreuz mit dem Kreuz

Es ist ja ein Kreuz, mit dem Kreuz. Und nicht nur damit. Wer auch immer mal ins Krankenhaus musste, weiß ein Lied davon zu singen, vor allem dann, wenn er von einem Arzt mit Migrationshintergrund betreut wurde.
„Ich hab et im Kreuz“, hörte ich einen Patienten sagen, woraufhin der Arzt „Jesus?“ nachfragte. Der Patient schüttelte den Kopf

Nun hat irgendwer festgestellt, dass 20% aller Behandlungsfehler auf Verständigungsschwierigkeiten zwischen Patient und Arzt zurückzuführen sind. Das ist mir klar, weil doch die migrierten Ärzte beim Erlernen der deutschen Sprache mit dem Wort „Rücken“ in Kontakt kommen und nicht mit „Kreuz“.

Würden wir weltweit eine Sprache sprechen, hätten wir die Probleme nicht. So was Ähnliches hat auch NRW-Arbeits- und Sozialminister Schneider gesagt, als er meinte, die Patienten sollten Englisch können. Das ruft zwar allseits ein Kopfschütteln hervor, aber ganz so doof ist die Erkenntnis ja nicht. Ich sah mich jedenfalls gleich veranlasst, mal bei der hiesigen Volkshochschule anzurufen, um meine über 70-jährigen Eltern wenn schon nicht auf Allgemeine Hochschulreife, so doch zumindest auf sprachliche Krankenhausreife zu bringen.

„Guten Tag, hier ist Songline, ich würde gerne für meine Eltern den Kurs ‚English for Oldies‘ buchen“, sagte ich.
„Bitte?“
„Ich würde gerne …“, wiederholte ich mein Anliegen.
„Aber das bieten wir nicht an!“, bekam ich zu hören.
„Aber Minister Schneider hat doch gesagt …“, insistierte ich.
„Ja, aber da müssen doch zunächst einmal Kurse konzipiert werden. Mit einem normalen Einsteigerkurs ist es ja nicht getan, wir müssen auch medizinisches Fachvokabular vermitteln.“
Das sah ich ein. „Wie lange wird das dauern?“, fragte ich nach.
„Jetzt beginnt zunächst einmal das Frühjahrssemester, die Planungen für das Herbstsemester sind abgeschlossen, also könnten wir frühestens im nächsten Jahr starten.“
„Uff“, sagte ich. „Können Sie meine Eltern denn schon mal vormerken, die Nachfrage wird ja sicher riesig sein?“
Das wurde mir zugesagt.

Und nun grübele ich. Wenn bald alle Englisch sprechen und dadurch 20% der Behandlungsfehler vermieden werden, bleiben doch immer noch 80%, die entstanden sind, obwohl sich Arzt und Patient verstanden haben. Ich rufe gleich mal beim Schneider an und schlage ihm vor, dass die Patienten ein Medizinstudium vorweisen sollten. Wenn er einverstanden ist, brauchen wir auch dafür einen Kurs. Die Volkshochschule wird sich sicher freuen.

Mack Hack

Es gibt ja Menschen, die stehen kurz vor Alzheimer. So Leute wie mich, zum Beispiel. Neben den tausend Dingen, die ich mir ständig aufschreibe, damit sie nicht im Nirwana meiner schwindenden Erinnerungen verloren gehen, gibt es auch Geheimnisse, die nicht aufgeschrieben werden dürfen. Wie Passwörter.

 

Nun passen mein Alzheimer und die Sicherheit meiner Passwörter nicht zusammen, was dazu führt, dass ich letztere ständig vergesse. Um so ärgerlicher ist es, wenn meine Passwörter gehackt werden und ich mir andauernd neue ausdenken muss.

 

Gestern bemerkte ich, dass meine gmail-Email gehackt war, änderte das Passwort, alles war gut und das Hacker-Script verschwunden. Heute nun war das Hacker-Script wieder drauf und der Kerl kennt nun auch mein neues Passwort.


Wenn also jemand Post von meiner gmail bekommt, kann sie genauso gut von mir wie von dem Hacker sein.

Wollte ich nur mal gesagt haben. Nicht dass ihr irgendwas seltsames bekommt und meint, neben dem Alzheimer leide ich nun auch noch an Irrsinn. Ich kann gar nix dafür.

Ich bin nicht Domian

Es gibt ja Leute, die brauchen ihren Nachtschlaf. So Leute wie mich, zum Beispiel. Leider gibt es andere Leute mit umgekehrt proportionalem Biorhythmus, die denken nicht darüber nach.

 

Mitternacht. Geisterstunde. Vom Handybimmeln geweckt, schrecke ich hoch.
„Schläfst du schon?“, dringt es an mein Ohr und mechanisch antworte ich: „Nein.“ Ich weiß nicht, warum ich immer „nein“ sage, wenn mein Großhirn im „standby“-Modus steht, vielleicht hat das entwicklungsgeschichtliche Gründe, ist ja auch egal. Jedenfalls fährt es fort:
„Kann ich dich auf Festnetz anrufen, mein Handy ist bald leer?“
„Was?“ Ich bin noch nicht ganz da und mir sind anderer Leute Handys ziemlich egal.
„Oh, Du hast doch schon geschlafen, oder?“, piepst es gewollt unschuldig klingend.
„Was ist los?“
„Oh, das tut mir leid, ich rufe an, weil …“

 

Nein, es tut nicht wirklich leid. Würde es wirklich leidtun, hätte jemand vorher darüber nachgedacht, dass man einen nur weitläufig bekannten Menschen nur im wirklichen Notfall zu mitternächtlicher Stunde anruft. In diesem Fall aber geht es um weniger als jemandes Hämorrhoiden am Darmausgang.

Meine Adrenalinproduktion läuft auf Hochtouren. Mein ES flüstert: „Brüll in den Hörer“, mein Über-Ich rät: „Bleib höflich“, mein Ich schüttelt den Kopf und legt einfach auf. Das „Problem“ ist auch am nächsten Tag noch da und dann kann man sich immer noch darüber unterhalten. Wenn überhaupt.

Tja. Nun sehe ich jemanden verzweifelt das Handy anstarren, während ich nicht mehr da bin. Da hilft nur noch einer: Domian. Der hört sich nachts ab 1 Uhr allen Kummer an. Oder die Telefonseelsorge. Die macht das rund um die Uhr. Ob die allerdings Interesse an Hämmorhoiden haben, weiß ich nicht zu sagen.

Wertarbeit

Es gibt ja Menschen, denen passieren ständig Missgeschicke. So Leute wie mich, zum Beispiel.

Da stand ich heute Morgen vor dem Badezimmerspiegel und vertraute auf gute deutsche Wertarbeit. Also auf die Haltbarkeit eines Wattestäbchens.

Leider ist die Wertarbeit auch nicht mehr das, was sie mal war, und mein Vertrauen endete mit einem Hilfeschrei und dem beherzten Eingreifen meiner Tochter, die wagemutig eine Pinzette in mein Ohr einführte und dafür sorgte, dass ich wieder hören konnte. Also, wenn ich wollte. Ich höre ja nicht immer.

Aber das hat nichts mit Wattestäbchen zu tun.

Impressum

Texte: Autorin 2013 / 2014
Bildmaterialien: Autorin
Tag der Veröffentlichung: 20.04.2013

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