Cover

Vorgeschichte

Im Wiener Landeskriminalamt ist Oberleutnant Patrick Nowak ein erfolgreicher Ermittler. Einige verzwickte Fälle löste er überraschend schnell. Er gilt als der „Wunderwutzi“. Schon wird ihm ein Platz im Bundeskriminalamt angeboten.

Da verbeißt er sich in einen Verdächtigen. Die von ihm gesammelten Fakten überführen den Mann, der nicht gesteht, als Mörder. Während des Prozesses, kurz vor der Verurteilung, stellt sich die Unschuld des Angeklagten heraus. Der wahre Täter wird von einem Revierinspektor überführt. Um den Skandal zu vertuschen, wird in der Presse die Ermittlung, als etwas Besonderes dargestellt. Nowak befördert man vorzeitig zum Hauptmann und versetzt ihn nach Krems in die Außenstelle des Niederösterreichischen Landeskriminalamtes. Seinen neuen Kollegen ist unklar, weshalb der „so erfolgreiche“ Wiener, bei ihnen Leiter, der neu aufgestellten Abteilung, für Tötungsdelikte wird.

 

Major Mold, der frühere Leiter der Abteilung, wechselt ins Landeskriminalamt nach St. Pölten. Oberleutnant Gudrun Berger macht sich große Hoffnungen und meint, jetzt wird ihr die Aufgabe der Neuorganisation übertragen. Sie schaut sich bereits nach geeigneten Mitarbeitern um und hat bereits Hilde Mörth von der Polizeistation Krems Umgebung angeworben.

Der Leiter der Außenstelle des Landeskriminalamtes Oberst Wurm übernimmt Nowak, dem man in St. Pölten ebenfalls nicht wünscht. Als seinen Vertrauten bestellt Wurm, Abteilungsinspektor Georg Haffner in die neue Gruppe. Georg nützt alte Kontakte zu Kollegen, die er von diversen Seminaren und Schulungen kennt, und erfährt Nowaks wahre Geschichte. Noch behält er sie für sich, um bei günstiger Gelegenheit damit aufzutrumpfen.

 

Nowak übernimmt die Abteilung. Er spürt Gudruns Widerstand. Ihr haben sich auch die Offiziere der unterstützenden Abteilungen angeschlossen. Die zwei Inspektoren, Hilde und Georg warten ab, bevor sie irgendeine Stellung beziehen. Alle betrachten Nowak als Fremdkörper, von dem man annimmt, er bleibt ohnehin nicht lange. Dementsprechend ist die Stimmung in der Abteilung. Vorläufig pendelt Nowak zwischen seiner Wohnung in Wien und dem Amt in Krems.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1 Freitag im Oktober

Der Journaldienst meldet Nowak, „eine Leiche in Paudorf. Major Mold in St. Pölten ist nicht erreichbar. Wer übernimmt? “

„Wir übernehmen. Ich fahre selbst hin. Wer hat noch Dienst?“

„Abteilungsinspektor Haffner. Leutnant Müller ist mit der Spurendienst schon unterwegs.“

 

In einem kleinen, ehemaligen Bauernhaus, im Dunkelsteiner Wald wird der Tote gefunden. Die Blätter der Kastanien, die das Gebäude umrahmen, verfärben sich bereits. Vor dem abgelegenen, weißgetünchten Haus steht ein knallroter Mustang. Nowak registriert, ein gepflegter Oldtimer.

Innen ist das Haus einfach und sauber eingerichtet. Im Schlafzimmer steht neben dem Bett mit Baldachin ein Schrank mit Anzügen und Herrenwäsche. Am stummen Diener, sorgfältig aufgehängt, sind die Kleider, die der Tote vorher trug. Neben der Türe befindet sich eine Kommode, darin feine Damendessous. Im zweiten Raum, unberührt, ein für zwei Personen gedeckter Tisch. Wurst mit Kraut und Brot. Ein billiger Landwein, die Flasche ist geöffnet. Nur ein Glas wurde benützt.

Der nackte Mann auf dem Massagetisch ist gepflegt, Maniküre, Pediküre, Toupet. Der Körper liegt am Rücken. Der Kopf ist abgeschnitten, und liegt zwischen seinen gespreizten Oberschenkeln. Der rechte Arm wurde aus der Schulter gelöst und liegt am Boden. Der Leib ist vorne, von der Scham bis zum Hals geöffnet. Ein Hackbeil, wie es Fleischer verwenden, steckt noch in der Brust. Teile des Körperinhaltes befinden sich in einer, neben dem Massagetisch stehenden, Schüssel. Fäulnisgeruch im Raum erschwert das Atmen. Auch Ratten haben sich am Körper bereits bedient, vor allem der aufgeschlitzte Bauch war angenagt. Papiere, Autoschlüssel und Geldbörse, alles liegt fein säuberlich am Esstisch. Ein blutiger großer Schraubenzieher liegt, etwas vom Massagetisch entfernt, am Boden.

Eine Kollegin von der Spurensicherung packt den Schraubenzieher in ein Plastiksäckchen. „Ein wunderschöner Fingerabdruck, wahrscheinlich von einem Mittelfinger“, strahlt sie.

„Felix Seehofer, dreiundvierzig, in Wien ausgestellt“, liest Haffner vom Führerschein ab. „In der Geldbörse sind über dreihundert Euro. Eine Visitenkarte, er ist Autohändler.“

„Kein Raubmord“, stellt Nowak fest. „Eigentlich wenig Blut am Tisch und auf dem Boden“, er schaut den Arzt erstaunt an.

„Eine Sauerei“, ist Doktor Freisings Kommentar. „Wahrscheinlich ist er schon mehrere Tage Tod. Am Montag knöpfe ich mir die Leiche vor, dann erfahren Sie Genaueres.“

„Haben Sie sowas schon einmal gesehen?“, will Haffner von seinem neuen Chef wissen. „Es schaut aus, als ob jemand das Opfer schlachten wollte.“

„Hm, und dabei hat ihn wer gestört. Ich habe sowas noch nicht erlebt.“ Nowak ist ebenfalls schockiert.

„Es wimmelt nur so von Fingerabdrücken. Sogar auf der Weinflasche befinden sich 4 Abdrücke, diese könnten, der Anordnung nach,  von unterschiedlichen Personen stammen.“

Leutnant Müller, Teamleiter der Spurensicherung schüttelt den Kopf. „Das Türschloss ist kaputt, es lässt sich nicht versperren.“

Haffner neugierig, „wurde es aufgebrochen?“

„Nein, das ist schon länger hin. Ein altes Schloss, der abgebrochene Schüssel steckt.“

„Herr Haffner fahren Sie vor zu dem Gasthof an der Straße und fragen Sie, ob ihn wer kennt“, ordnet Nowak an.

Haffner will den Fall an das Bundeskriminalamt abgeben. „Wir werden Kompetenzprobleme bekommen. Viele Fragen können wir nur in Wien stellen.“

Nowak stört das. Er will den Fall selbst bearbeiten. „Sie können ja, wenn Sie wollen, das Landeskriminalamt in St. Pölten verständigen. Die streiten sich dann sicher mit den Wienern.“

Haffner begreift, was Nowak bewegt. „Ermitteln wir, solange man uns lässt. Ein paar Fahrten nach Wien kann uns doch keiner verwehren.“

„Vor Montagmittag brauche ich keinen Bericht abgeben. Bis dahin haben wir freie Hand.“

Haffner nickt zustimmend. Sie sind sich einig. Das Wochenende verlangsamt jede Bürokratie.

 

 

Haffner fährt die zwei Kilometer zum Gasthof. In der Stube sitzen das Wirtspaar und fünf männliche Gäste. Schwach besucht für einen Freitagnachmittag, findet Haffner. „Da vorne am Waldrand, in dem kleinen Haus, liegt eine Leiche. Kennt wer den Mann?“

„Wer will das wissen?“, meint unwirsch der Wirt. Die fünf Männer verstummen und schauen neugierig auf.

„Abteilungsinspektor Haffner vom Landeskriminalamt. Wem gehört das Haus?“

„Das hat ein Wiener vor zwei oder drei Jahren gekauft. Der Herr Seehofer trifft sich dort mit seinen Flittchen.“

„Einer Freundin?“

„Ne, ständig andere Weiber. Sagte doch Flittchen. Einige schauen aus, als ob sie am Strich gehen.“

„Woher wissen Sie, wie die ausschauen?“

„Er bringt sie oft her. Bei mir stärkt er sich öfter, danach.“

„Danach? Verstehe. Wann war er das letzte Mal hier?“

„Vor einen Monat oder noch früher. Ist er Tod? Wer hat ihn den umgebracht?“

„Wieso glauben Sie, dass er umgebracht wurde?“

„Na, Hörens, weswegen Fragens denn?“

„Sonst hat er keine Besucher? Ich meine Männer, Geschäftsfreunde.“

„Manchmal gab´s in der Hütte einen Wirbel. Da stehen vier und noch mehr Autos herum.“

„Kommen die Leute auch her?“

„Meistens nur er mit einer Tussi. Manchmal kommt vereinzelt auch der eine oder andere von den Besuchern her.“

„Danke, bis später.“ Haffner fährt zum Haus zurück.

 

Nowak telefoniert inzwischen mit Hilde im Amt und sie gibt ihm die Wohndresse vom Seehofer in Wien durch. Es ist dieselbe Adresse, wie die von der Visitenkarte des Autohandels. Er begrüßt Haffner, „ich habe die Adresse von dem Seehofer. Fahren wir nach Wien.“

„Wenn Sie meinen.“ Haffner ist es gleich. Er hat Wochenenddienst und da macht es mehr Spaß herumzufahren, als wenn man hinter dem Schreibtisch auf einen Anruf wartet.

 

 

Sie müssen in die Innenstadt, Weißgerber Lände. Ein altes besseres Bürgerhaus mit Blick über den Donaukanal zum Prater. Die Werkstätte befindet sich unten im Souterrain. Der Rollladen vorne zur Straße ist bereits geschlossen. Vorne am Eck befindet sich ein gut besuchtes Beisel.

„Die machen pünktlich Schluss“, knurrt Nowak. „Es ist noch nicht mal sechs.“

Seehofers Wohnung ist im zweiten Stock. Sie läuten, niemand öffnet. Sie gehen runter in den Hof und wollen durch die Hintertüre in die Werkstätte. Ein athletischer Kerl steht, den Weg blockierend, im Türrahmen.

Haffner geht den ölverschmierten jungen Mann, der ihnen den Eintritt verwehrt, an. „Guten Tag, Kriminalpolizei. Wer ist hier zuständig?“

„Ha, was will die Polizei? Wir machen legale Überstunden.“

„Der Chef ist ja nicht hier. Also wer ist zuständig?“

Der Kerl wird bleich. „Felix, unser Chef weiß Bescheid. Gustl und ich reparieren unser eigenes Auto für ein Rennen. Wer hat sich den beschwert?“

„Felix ist tot. Er wurde ermordet. Erzählen Sie uns etwas über ihn.“

Dem Kerl bleibt kurz der Mund offen. Dann, als er sich wieder fasst, „ha, ermordet? Was soll ich erzählen? Er ist der Chef und wir haben es gut bei ihm.“

„Wie viele Mitarbeiter gibt es? Auf seiner Visitenkarte steht Autohändler.“

„Ha, das behauptet er gerne. Hin und wieder verkauft er einen Wagen an Freunde. Manchmal haben wir drei oder vier gebrauchte Autos hier stehen. Unser Geschäft ist die Werkstätte.“

„Sie sind?“

„Rupert, ich arbeite hier seit vier Jahren.“

„Schön, wie viele seid ihr?“

„Ha, drei und der Chef. Moritz ist Meister, ich und Gustl sind Gesellen. Ach ja und Sepp unser Lehrling.“

„Wie schaut es privat aus? Gattin, Familie?“

„Ha, der Hurenbock? Ständig eine andere Schlampe. Die wüstesten Weiber hat er abgeschleppt. Richtig geil sind die Partys in seinem Landhaus. Ich war einmal dort.“

„Alleine oder mit Freundin?“

Rupert schaut finster. „Ha, natürlich alleine. Meine Braut hat dort nichts zu suchen.“

„Verstehe, so schlimm?“

„Ha, na es geht. Ich hab das erste Mal öffentlich, na Sie wissen was. Moritz war öfter dort, obwohl er verheiratet ist.“

„Geht das Geschäft gut?“

„Ha, die Werkstätte? Weiß ich nicht. Ich glaube, Felix macht noch was anderes, etwas, das ihm mehr bringt.“

„Danke“, Haffner beendet das Gespräch und wendet sich, um zu gehen.

„Ich will noch den Gustl befragen und geben Sie uns die Adresse von Moritz“, verlangt Nowak.

„Ha, Gustl! Die wollen dich sprechen.“ Die Adresse von Moritz kritzelt er auf einen Block.

Ein zweiter, genauso ölverschmierter, Bursche kommt zur Türe. „Was schreist Rupert? Wer will was von mir?“

Haffner übernimmt wieder, „Kriminalpolizei. Wir brauchen Auskünfte über Herrn Seehofer. Er wurde ermordet.“

„Hat ihm eine von seinen Huren die Eier abgeschnitten?“, greint Gustl.

„Nein, ein Fachmann hat ihn zerlegt. Woran er gestorben ist, erfahren wir noch.“

„Fachmann? Ein Chirurg? Der magere Franz ist Arzt. Was für einer weiß ich aber nicht.“

„Danke, wissen Sie wo wir ihn finden?“

„Am Samstag? Wenn er nicht Dienst hat, dann sicher in Paudorf oder Krems.“

„Wo arbeitet er?“

„In einer Privatklinik, am Willhelminenberg. Wo genau? Ich habe keine Ahnung.“ Gustl zuckt die Schultern zur Bekräftigung seiner Ahnungslosigkeit.

„Und in Krems oder Paudorf? Auch keine Ahnung?“

„Das kann ich Ihnen genau sagen. Ich habe seinen Maserati öfter repariert. Der Angeber. Sein Kübel verdient schon länger kein Pickerl mehr. Er steckt Moritz immer einen schönen Schein zu und der bestätigt die Fahrtauglichkeit.“ Rupert gibt Haffner die Adresse.

„Danke“, meint diesmal Nowak.

Zu Haffner draußen, „zuerst noch zu Moritz und dann hoffen wir, dass der Arzt in Krems anwesend ist.“

 

Moritz finden sie ein paar Gassen weiter. Eine dralle Dirn, stellt Haffner fest, als die Frau ihnen öffnet. Moritz bestätigt nur, was sie bereits wissen. Auf die Frage, „Sie waren öfter bei Seehofer im Landhaus?“, wehrt er entsetzt ab. „Dort war ich nie. Sicher nicht.“

Haffner schaut Nowak fragend an. Dass er etwas verschweigt, ist offensichtlich, aber vorladen können sie Moritz nicht.

„Kennen Sie den Doktor Franz?“

„Sicher, der heißt Jörgen und hat eine Villa in Krems-Rehberg.“

Nowak reagiert zurückhaltend, „wir werden uns noch sprechen. Für heute vielen Dank.“

 

Sie fahren nach Krems, um Doktor Franz Jörgen aufzusuchen. Sie haben Glück. Der alte Maserati steht vor der Villa. Es ist bereits 21 Uhr. Die Villa ist ein einstöckiger Bau aus den 60er Jahren und benötigt eine gute Restaurierung. „Finanzstark ist dieser Arzt also nicht“, stellt Nowak

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 05.03.2018
ISBN: 978-3-7438-5937-1

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /