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Dessen Mitarbeiter für die Tiere in ihrem Heim, der letzten Zuflucht für die Unerwünschten, alles geben.
Ich kenne diese Menschen nicht, ich lebe nicht einmal in der Nähe von Rees. Ich wurde auf ihre Problematik durch einen Blog aufmerksam:
http://de.blog.360.yahoo.com/blog-FMZo6K8yIrWoM45ymchsIch sage:

Diese Tiere haben WIR erschaffen.
WIR.


Sie sind kein Abfall und keine Ware und wenn etwas lebendiges, von uns geschaffenes zu Milliarden ein erbärmliches Dasein fristet, nur um von uns unnötig qualvoll getötet zu werden, dann - davon bin ich vollkommen überzeugt - wird uns eines Tages dasselbe Schicksal ereilen.
Und völlig zu Recht.


Ein nostalgischer Rückblick
Sternen-Schauer
Familien-Glück
Murphy auf Weltreise
Delfine, Elfen und Menschen
Tut mir leid, ich weiß auch nicht mehr weiter


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Also das hier sollten Kurz-Geschichten werden.
Oder auch Essays, Short-Storys, was auch immer. Eben meine Kommentare zu diesen oder jenen nicht so ganz wichtigen Nachrichten. Den Geschichten, die kurz erzählt und eben so kurz vergessen werden.
Und wie ich sehe, neigen eine Menge Menschen dazu, so allerlei zu schreiben, was man vorher nie vermutet hätte.
Oder hätte wollen.
Na, jedenfalls sollte ich wohl nicht ganz so herablassend sein, denn Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall und wer weiß, über was man hier so alles fallen kann.
Zumal ich gerade feststelle, dass es gar nicht so übel ist, wenn man ein Scheingespräch mit wer weiß wie vielen anderen führt – oder auch gar keinem, aber das weiß man dann ja auch nicht – ohne auch nur die geringste Rücksicht nehmen zu müssen.
Ja, ja. Hier redet niemand dazwischen, stellt Fragen oder bemängelt meine Rhetorik. Und wenn es doch jemand tut, ich hörte von der Möglichkeit, dann allenfalls als Kommentar, den ich noch dazu löschen könnte.


Ein ganz zahnloser Kritiker also, mit so was wie einer temporär geduldeten Knäffel-Erlaubnis.
Wie äußerst Olympia-like!
Und da hätte ich auch schon mein erstes Thema.
Heute morgen, beim Sonntags-Kaffee, sah ich meinen fröhlichen Sonntags-Mann von den Nachrichten, der mit ebenso herzlichem Lächeln den tragischen Tod dutzender Menschen, die von Bomben zerfetzt wurden – was ja wirklich tragisch ist – wie gleich anschließend und ohne die Miene zu wechseln den neuesten Klatsch über diesen und jenen verkündete.
Auch von der Olympiade gibt’s nachträglich noch was zu berichten, richtiger gesagt, zu bejubeln; denn obwohl die hehre olympische Fackel – wie ja fatalerweise jeder sehen konnte - inmitten eines Haufens bis an die Zähne Bewaffneter durch aller Herren Länder Seitenstraßen schlich, ist das noch lange kein Grund, sich nicht nachträglich so richtig Gorilla-like gegen den Latz zu ballern und „JUCHU“ zu rufen.
Ist ja Zeit vergangen und das einfache Volk ist vergesslich.


Und in China herrschen wieder die normalen Sitten, will sagen im Olympiastadion, bei dessen Bau passenderweise eine nicht näher bekannte Zahl Sklavenarbeiter zu Tode kam, werden nun zwar auch Leute in Massen zusammengetrieben, allerdings weniger zu Spiel und Spaß.
Was soll’s?
Hauptsache die Fackel des Sports-Geistes wird wacker hochgehalten.
Apropos Fackel! Wie oft ist die auf dem Weg nach China von ganz bösen Aufrührern eigentlich ausgeblasen worden? Fünfmal? Zehnmal? Ein Pluspunkt für die Raucher dieser Welt! Und weil die meisten Chinesen rauchen, hatte die Begleitmannschaft außer Schieß- und anderen Prügeln wohl auch immer genug Feuerzeuge dabei.
Da muss das Olympische Komitee aber froh gewesen sein.
Das alles berichtete mit erfreuter Miene ein deutscher Reporter. Ja! Wie schön es war. Wie wunderbar die Gastgeber. Wie sehr es ihm gefällt dort. Und wie gerne er uns alle an seinem Glück teilhaben lassen will. Und dass er jederzeit wieder dort hin möchte.
Natürlich nicht.


Denn während er angestrengt grinsend plaudert, hat er auch jetzt noch, Monate nach dem Ende der fröhlichen Spiele seine Dolmetscherin im Schlepptau. Frau Wang (glaube ich), deren Anwesenheit dem aufrechten Journalisten keinerlei Unbehagen bereitet. Wie er mehrfach versichert.
Ok, womöglich hat er sich in all den Monaten an Frau Wang gewöhnt. Und außerdem mag ein Dolmetscher in fremden Landen ja auch nicht unbedingt von Übel sein. Doch war mir neu, dass ein Land jedem einzelnen Journalisten ganz kostenlos einen solch nützlichen Übersetzer zur Seite stellt. Ich würde ja eher darauf tippen, dass Frau Wang (wenn sie denn so heißt) und all ihre Mitstreiter genau in dem Augenblick, in dem ihre Schützling die erlaubten Pfade verlassen hätten, ein wie auch immer geartetes Überzeugungs-Gerät aus der Kutte gezogen und das Problem auf die altmodische Art gelöst hätte.
So etwa wie bei diesen und jenen, die – wie der freundliche Mann im Fernsehen lächelnd verkündete – irgendwie verschwunden sind.


Bestimmt haben die was Böses getan. Und dann waren es ja doch irgendwie nur Chinesen. Und wer kann die verstehen? Also so bei Licht betrachtet, haben die alle immer gelächelt. Also muss ja alles in Ordnung gewesen sein.
Das sagt auch das Internationale und ganz besonders auch das Deutsche Olympische Komitee. Es gibt halt immer Schand-Täter und sowieso waren Hitlers Verbrechen kaum schlimmer zu bewerten als dergleichen Störerei solch friedlicher und lieber Spiele und drum sind sie nun weg.
Ja. Weg.
Und nein. Die chinesische Polizei hat damit nichts zu tun. Ja, ja. Sie kamen und verhafteten die Aufrührer – hieß das früher nicht mal Demonstranten? – dass will ja der eine oder andere Gast gesehen haben. Statt froh zu sein, dass er oder sie wieder heil da raus kamen. Undankbares Gesindel. Na gut, wurden die halt abgeführt. Und dann waren sie eben weg. Sind vermutlich in die Luft gesprungen und davon geflogen. Böse Menschen können so was.


Und noch einen schönen Morgen, schönen Tag und Auf Wiedersehen.
Und weg war auch er, der lächelnde Mann und eine lächelnde Frau erschien und pries eine Käse-Sorte an.

So ist das Leben und meine Tasse ist leer.







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Ich würde ja guten Morgen sagen, aber irgendwie ist’s schon fast Mittag.
Macht ja nichts. Heute ist Sonntag, da darf man das. Nur mein netter Frühstücks-Mann aus dem Fernsehen ist nicht mehr da. Oder ist heute nicht da. Ganz klar, der braucht auch mal einen freien Tag, sonst lächelt er sich noch in eine Wahnvorstellung rein.
Und was nehme ich heute als Thema?
Na, das ist doch sonnenklar.
Hm. Das war jetzt ein bisschen ungeschickt ausgedrückt, denn leider ist es alles andere als Sonnen-klar. Und das könnte den Helden meines Themas einen dicken Strich - oder besser gesagt eine dicke Wolke - durch die Rechnung machen.
Sie haben es sicher schon erraten.
Es ist der alljährliche Perseiden-Schauer!
Ja, ja. Mein Sonntags-Thema ist ein Sternschnuppen-Regen. Ich finde, das passt wunderbar zu einem verregneten Sonntag.


Ich sitze hier, mit meiner Kaffeetasse in der Hand und schaue sozusagen durch den Regen, durch die dicken grauen Wolken hindurch bis ich weit, weit weg bin, mitten zwischen den Sternen und dort sehe ich einen riesigen, in tausend Farben – für die noch keine Worte erfunden sind – funkelnden Schweif, der auf die Erde zustürzt.
Und vielleicht wäre mir dann ein wenig ängstlich zumute, wenn sie so an mir vorbei wogen; ganz lautlos wie ein Schwarm unirdischer Zugvögel auf ihrem letzen Flug durch ihre Heimat, vorbei an den großen stillen Riesen und fort von der dunklen Leere, in der sie so lange Zeit ihre Bahnen zogen.
Ja, so stelle ich es mir vor.
Wie ihr uraltes Dasein in einem letzten furiosen Spektakel verglüht; heller als die Sterne der Nacht und schöner als alles, was Menschen erschaffen könnten.
Und überall dort auf der Welt, wo die Wolken den Menschen nicht die Sicht versperren, werden wir stehen und ihren Todeskampf bewundern.


Und jeder einzelne von uns wird sich etwas wünschen, denn wir alle hoffen, dass etwas so Wunderschönes, das nur für uns zu verglühen scheint, in seiner letzten Sekunde den einen, besonderen menschlichen Wunsch mit auf seine Reise in jene andere Welt nimmt, wo Wünsche immer in Erfüllung gehen.

Ich wünsch mir was und meine Tasse ist leer.






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Also heute morgen, nach den üblichen Bomben, Kriegen und sonstigen Katastrophen, verkündete mein lächelnder Fernseh-Mann – ja, ja, er ist wieder da! – die wahrhaft erstaunliche Erleuchtung einer Dame namens Ohoven, die sich zwar ohne konkret festzumachende Leistung, dafür jedoch qua Mo’Money für den Posten einer UNO-Sonderbotschafterin qualifiziert hatte.
„Die heutige Jugend“ verkündete diese Dame also höchst bekümmert, zeige einen „gewissen Verrohungs-Grad!“.
Nun will man ja nicht unhöflich sein und gleich aufrichtig zur endlich gefundenen plattesten aller platten Phrasen gratulieren, denn wie alle die lesen können wissen, beklagten sich schon die antiken Philosophen über just jenes Ärgernis – und man darf getrost annehmen, auch deren Vorfahren kannten dieses Thema zur Genüge.
Um nicht ins Endlose zu geraten, einigen wir uns doch einfach auf die ganz allgemeine Aussage, dass die ersten Worte der Menschheit vermutlich ein beidseitig muffiges „Du verstehst mich nicht!“ gewesen sein könnten.


Aber zurück zu Frau Ohoven.
Frau Ohoven bietet ja immerhin eine Lösung für das Problem, wofür ihr die nachfolgenden Generationen dann dankbar sein sollten.
Sollten.
Wäre da nicht ein kleiner Schönheits-Fehler in Frau Ohovens – äh – Gedankengang.
Nun ja, dass sie den „Zusammenhalt der Familie“ als tolle Neuerung preist, oder wahlweise auch als vergessene Tugend - was ja beides einer gewissen Komik nicht entbehrt, gedenkt man der harmonischen Familienverhältnisse aus früheren Zeiten, als Prügel noch das netteste Kommunikationsmittel der Familien-Oberhäupter war – mag man ihr noch verzeihen.
Dass sie aber sich selbst, respektive ihre Familie - und hier meint sie wohl ihre Tochter, als leuchtendes Beispiel anbringt, ist denn doch des Guten zuviel. Sicher, es hat etwas sehr Unterhaltsames sich Frau und Fräulein Ohoven gemeinsam nebeneinander auf zwei Pritschen vorzustellen.


Wie sie synchron beim Aufspritzen der Lippen jammern, wie sie beim Chirurgen ihres Vertrauens beide mit blauen Strichen am ganzen Körper bemalt, ernsthaft ihre Problemzonen besprechen oder wie sie zu Hause am trauten Familien-Tisch mit einer Nagelschere kleine Schnipsel aus Salat-Blättern knipsen, um die dann auf einer Nano-Gramm-Waage gemeinsam zu wiegen.
Das alles, ich gebe es zu, zeigt gewiss viel Gemeinschaftssinn. Und man darf es Frau Ohoven im Großen und Ganzen auch zugestehen, dass sie ernsthaft gedenkt, eine Art Familientradition aus derlei Spaßhaftigkeiten zu etablieren. Hier kommt ihr sicher zugute, dass mit fortschreitender Verschlimmerung aller Lebens-Umstände der Menschheit ein kleines Klientel, zu dem sich die Familie Ohoven gewiß freudig dazu rechnet proportional ver-lächerlicht; soll heißen, sollte die nächste Generation zufällig XY-chromosomig sein, wäre auch das völlig egal. Bis dahin, da würde ich wetten, macht das gar keinen Unterschied mehr.


Und so werden möglicherweise irgendwann zig Generationen Ohovens nebeneinander auf Luxus-Pritschen liegen und ihren Gemeinschaftssinn demonstrieren. Als probates Gegen-Mittel gegen die herbei geahnte „gewisse Verrohung“ der Jugend halte ich persönlich derlei Aktivitäten eher für völlig ungeeignet.
Und wie viel Geld Frau Ohoven dank ihrer Lieblingsbeschäftigung auf all diesen geldbestückten Festen auch einsammeln mag, wäre die UNO doch gut beraten, ihren schon nicht besonders repräsentablen Ruf, noch durch solche, in ihrem Namen verkündete Possen zu verschlechtern.

Das wäre mein Rat und meine Tasse ist leer.







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Und schon wieder ist es Sonntag!
Kaum zu glauben. Und ich sitze hier, mit meinem Kaffee und schaue der lächelnden Vertretungs-Dame im Fernsehen zu, wie sie die üblichen Bomben, Toten und Medaillen herbei- und davon lächelt.
Ach!
Die Themen purzeln nur so über mich. Da will doch Herr Becker tatsächlich eine hüstel hüstel Dame heiraten –
Ja! Ist schwierig so zu tun, als wäre man ein toleranter Mitbürger, wenn es denn so gar keine korrekte Art zu sagen gibt, Herrn Beckers Neue ist weiß.
Wieso sagt das eigentlich niemand? Na, ist ja auch egal. Das soll jedenfalls NICHT mein Thema sein. Denn wen interessiert schon Herr Becker? Mich jedenfalls nicht.
Aber Murphy Stuart aus Gloucester interessiert mich. Sogar mehr als der ganze Rest des Promiklatsches zusammen.
Ich will nicht lügen: Murphy ist keine Schönheit und ich ahne mal so, dass er leider auch nicht durch besonders unterhaltsame Konversationskünste aus der Menge sticht.


Tatsächlich ist er so gewöhnlich, dass ich niemanden auf den Schlips trete, wenn ich mal einfach so behaupte, es gibt ihn sicherlich im Dutzend billiger.
Dafür hat Murphy etwas erlebt, was nicht viele seiner Art – ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster und behaupte: gar keiner – erlebt haben.
Murphy Stuart aus Gloucester wurde entführt!
Und wenn Sie nicht wissen, wer Murphy Stuart ist, sind Sie jetzt sicher empört. Lesen Sie halt weiter. Die paar Sätze werden schon nicht wehtun.
Also zurück zu Murphy Stuart, der schnöde aus seiner Heimat in Gloucester gerissen wurde und kurz darauf begann, seinen Angehörigen aus aller Welt Karten zu schicken.
Ja, ja.
Murphy schrieb aus Australien, wie gut ihm die Kängurus gefallen. Und aus Afrika, dass es dort einfach unbeschreiblich sei. Er schaute vom Empire State Building und auf die Niagara-Falls. In Indien bestieg er einen Elefanten und in Thailand lächelten ihn die Tempeltänzerinnen an.


Murphy, der Glückliche, reiste durch Feuerland zum Südpol, kreuzte über alle 7 Meere, hörte Walen beim Singen zu, schleppte sich auf die große Pyramide von Giseh, bewunderte die unglaublichen Lichter des Nordens und lauschte den letzten Wölfen unter dem silbernen Eis-Mond, trank Sake mit den Samurei und begaffte den K2 wenigstens von unten.
Was ja auch nicht viele von sich behaupten können. Aber irgendwann, so scheint es, packte auch den glücklichen Weltreisenden Murphy ganz simples Heimweh.
Wir können natürlich niemals erraten, wie er sich seinem Entführer mitteilte, aber er muss es wohl getan haben, denn eines Morgens, als Frau Stuart-Kelso aus Gloucester in ihren Garten hinaus trat, stand er wieder da.
Ein bisschen mitgenommen – aber wen wundert das schon, bei einem solch rührigen Lebenswandel – mit einem Rucksack und einem Fotoalbum, das ohne jeden Zweifel bewies, dass die vielen Karten aus aller Welt kein Scherz gewesen waren.


Frau Stuart-Kelso war überwältigt und rief – wer will ihr DAS verdenken – die örtliche Presse herbei. Die kam und – wer will denen das verdenken – informierten umgehend die ganze Welt, samt mir, von der Entführung, der Weltreise und der glücklichen Heimkehr des Murphy Stuart-Kelso.
Und als ich ihn da so sah, den kleinen, ein bisschen ramponierten Gartenzwerg, zurück neben Bambi, da wurde mir auch ein bisschen warm ums Herz.

Ganz ehrlich und meine Kaffeetasse ist leer.






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Sonntag! Ja, heute ist Sonntag und ich sitze hier, mit meiner Tasse extrastarkem Kaffee und gucke ein bisschen angestrengt der nordischen Nachrichten-Frau im Fernsehen zu, wie sie mit starrem Grinsen der Toten gedenkt, die ein Sturm mit sich riss, über ein paar kleinere Kriege parliert und ohne viel Federlesens in der Miene den baldigen Hungertod eines ganzen Landes angekündigt.
Na gut, es ist nur ein kleines Land. Und weit weg.
Das ist dann ja gar keine richtige Nachricht.
Sie haben es sicher schon erraten.
Ich bin im Urlaub.
In nördlichen Landen und es ist Sonntag und da bestehe ich auf meinem Frühstücks-Klatsch. Ok, ich verstehe nicht immer alles, aber die gelangweilte Miene der Dame verstehe ich schon. Sie schwafelt in gelangweiltem Tonfall über die Widrigkeiten der Welt.
Was soll’s.
Es geht ja nicht um Fjorde, Elche oder Trolle.
Oder Elfen.
Besser gesagt um Steine oder Bäume in denen Elfen wohnen (könnten).


Wenn es sie denn gäbe.
So was sagen Sie aber lieber nicht laut, falls Sie im hohen Norden Gast sind. Die Leute da nehmen Ihnen das leicht übel. Denn die sind dort alle mächtig naturverbunden.
Ja, ja. Die haben sogar ein eigenes Ministerium für Elfen-Angelegenheiten.
Oder so.
Ok. Sie schlagen jedes Jahr Tausende Delfine tot, um sie anschließend auf Müllhalden zu schmeißen, denn wer will schon Delfine essen. Nicht mal die. Aber die Tot-Schlagerei hat sich im Laufe des letzten Jahrhunderts zu einem beliebten Sport entwickelt und da möchte dann aber auch jeder dabei sein.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich kein Außenstehender DAS Bild vorstellen kann. Ich konnte es auch nicht, bis uns unser freundlicher Gastgeber, der Besitzer unseres Mini-Fjords + Hytta auf seinem Mobile stolz seine letzt-jährige Teilnahme am Gemetzel vorgeführt hat.
Ich erspare hier mal allen die widerlichen Details.


Nur soviel. In einer Art Bucht wimmelte es von (wie es schien) Millionen grauenhaft schreiender Delfine, manche schon halb zerhackt. Während die Menschen – einen passenden Ausdruck gibt es nicht, denn kein Tier würde DAS tun – in ihrer Freizeit-Fischer-Kluft durch die Sterbenden wateten und mit Äxten, Beilen und was sonst noch zum Morden geeignet ist, drauf schlugen.
Übrigens, das Rot auf dem kleinen Bild ist nicht nachträglich eingefärbt. Genau so sieht die Bucht aus, beim Freizeit-Sport der Norweger.
Er, unser liebenswerter Gastgeber, hatte auch „einige“ erwischt. Und war mächtig stolz drauf.
Mein Gesichts-Ausdruck muss ihm nicht so gefallen haben, denn mich erwischte er, oder besser gesagt, der Elfen-Beamte den er herbei rief, einen Tag später.
Ich vermute mal meine angewidert Miene hätte er noch hingenommen. Allerdings nicht, dass ich auf sein teures Mobile mit der lieben Erinnerung ans Delfin-Morden gereihert habe.


Auf jeden Fall tauchte am nächsten Tag, als wir zum x-ten Mal in der Bucht auf dem riesigen Stein dort Fotos machten ein Typ auf, der sich als Elfen-Beamter auswies und behauptete, durch das Stehen auf dieser Elfen-Behausung hätten wir womöglich der vermuteten Bewohnerin einen nicht wieder gut zu machenden Schaden zugefügt.
Das Ganze hat mich am Ende den Gegenwert von ein paar sehr, sehr schönen Schuhen gekostet.
Mein Stehen auf der (vermuteten) Elfen-Behausung den linken und mein dummes Gelache über den Elfen-Beamten dann noch den rechten.
Tja, es hat mir kein bisschen leid getan, dass die Summe sich noch mal verdoppelt hat, als mein fotografierendes Bei-mir herbei geschlendert kam und den Elfen-Beamten ohne eine Miene zu verziehen fragte, ob es nicht doch vielleicht sinnvoller wäre den lebenden und nicht minder schönen und geheimnisvollen Kreaturen, wie zum Beispiel Delfinen und Walen soviel Aufmerksamkeit zu schenken wie einem Haufen hasen-ohriger Nonsens-Figuren.
Ach ja. Ich liebe den Norden!


Und eigentlich habe ich auch viel für die Sprache übrig.
Ja, ich bin schon mal extra in einen Blumen-Laden spaziert, nur um mit aufrichtigem Stolz: Blomker! zu sagen. Ich geb mal zu, die Frau sah so ein bisschen genervt aus. Womöglich stürzen häufiger Touristen bei ihr rein und schreien: Blomker!
Ich jedenfalls hatte den Ergeiz, eines Tages auf dem Nordpol zu stehen. Also nicht einfach hinfahren, das kann ja jeder. Nein, ich wollte natürlich alle sehenswerten Sehenswürdigkeiten, so Natur-mäßig, ansteuern und zwar richtig und nicht nur so im Vorbeigehen betrachten.
Das dauert halt.
Und ich liebe die kleinen Hyttas auf den Mini-Fjorden - ein Hotel käme nie in Betracht! – zu denen man mit dem Bötchen fahren muss und auf denen es selten bis nie eine richtige Toilette gibt.
Dafür aber Elche.
Elche, das weiß ich deshalb seit langem, stehen ersten total auf Brot und haben zweitens die Mentalität von wirklich gemeinen Mafia-Erpressern. Kein Brot, kein Klo-Gang.


Hilfsweise bedienen sich Elche auch selbst. Ich hab mal mit eigenen Augen gesehen (ich stand ein bisschen starr in einer Ecke und habe Garderoben-Ständer gespielt) wie einer ein Brot recht elegant und flüssig aus der Tüte holte.
Ja, das alles liebe ich am Norden. Und obwohl ich Lappland schon fast hinter mir gelassen hatte, unter Mitnahme von einem Paar extrem lustiger Fell-Stiefel, werde ich wohl niemals wieder dorthin fahren.

Und nun bin ich traurig und meine Tasse ist leer.







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Und auch heute ist ein wunderschöner Sonntag-Morgen.
Die Sonne scheint, es ist herrlich warm und ich sitze mit meiner Kaffee-Tasse hier und schaue wütend nach draußen. Auf meine Nachbarn, die grillen, lachen, Musik hören und mit ihren Kindern und Hunden durch die Gärten toben.
Meine Nachbarin rechts liegt auf einem großen Liegestuhl, zusammen mit ihren beiden fetten Katzen und normalerweise würde ich jetzt lächeln.
Oder der Nachbar auf der anderen Seite, der immer so pingelig an seinem Rasen rum-fisselt und der jetzt ohne Rücksicht auf (Gras-) Verluste mit seinen Enkeln drüber tobt. Ja, und der keinen Blick auf das ratten-artige Tier seiner Tochter wirft, das in einer Ecke des Gartens mal wieder eifrig ein Loch buddelt.
Ich sehe ihm manchmal ein paar Minuten zu, wenn er tags darauf ernst alle Löcher wieder zuschüttet, liebevoll platt klopft und Gras und Blumen drauf setzt.
Ich habe ihn mal gefragt, ich war halt neugierig, wo er das Gras und die Blumen denn immer hernimmt. So was hat man ja nicht einfach so rum stehen.


Und er sagte: Doch, davon habe ich immer ein paar Töpfe voll bei mir stehen. Die pflanze ich extra dafür an.
Das von einem Menschen, der in anscheinender Seelenruhe einer dackel-großen Töle, die ansonsten keinerlei Ähnlichkeit mit einem Dackel oder einer mir sonst bekannten Hunderasse hat, zusieht, wie die seinen geliebten Garten wegscharrt!
Ja. Ich habe liebenswerte Nachbarn, nicht wahr?
Ganz oben in meiner Straße, auf der anderen Seite, ist ein Tierarzt.
Wie praktisch für alle Nachbarn und Tiernarren. Wenn ihr Liebling mal ein Aua hat, auf zum Onkel Doktor. Der macht dann immer ein Scherzchen, tätschelt das arme Schnucki und ist ganz allgemein ein ganz Verständnisvoller und Besorgter.
Tja. Und auch das sollte mich als stolze Ernährerin einer Katze und liebevolle Spazier-Geh-Hilfe eines Waus doch außerordentlich freuen und nicht den Morgen vermiesen.
Sollte man denken.


Währe da nicht die letzte Nacht gewesen.
So gegen halb zwölf klingelt es an meiner Tür und ich gebe zu, zuerst schaute ich misstrauisch und vor allem verstohlen aus einem meiner Fenster.
Auf der Straße stand eine ältere Dame, die so offensichtlich etwas auf dem Arm trug, wie sie weinte. Selbst durch das geschlossene Fenster konnte ich ihr Schluchzen hören. Also warf ich alle Bedenken (geh niemals Nachts allein an die Tür … und NIEMALS öffne die Tür…… ) in den Wind und ging nach draußen.
Es war ein Hund, auf dem Arm der Dame. Und er lag im Sterben.
Und niemand, niemand hatte der alten, um Hilfe rufenden und klingelnden Dame auch nur ein Fenster geöffnet. Und wie sie leise sagte, hatte sie sich vom netten Onkel Doktor nach unten gerufen und geklingelt.
Auf beiden Seiten der Straße.
Sie hatte kein Handy, sagte sie. Sie käme damit nicht zurecht. Und nun wüsste sie nicht, wo sie hin sollte, mit ihrem sterbenden Liebling. Ob ich ihr sagen könnte, wo eine Telefonzelle sei.


Ich hätte gerne einen großen Knüppel geholt und meinen lieben Nachbarn die Türen und Fenster ihrer versteinerten Wohn-Höhlen zerschlagen, stattdessen lief ich ins Haus und holte mein Telefon.
Nach fast einer halben Stunde und dem immer leiser werdenden Röcheln des Tieres hatte ich endlich in einer Nachbar-Gemeinde einen Tierarzt erreicht, der willens war um diese Zeit in seine Praxis zu kommen.
Als die Dame mit ihrem kranken Hund davon gefahren war, bin ich langsam meine Straße auf und ab gegangen.
Nichts rührte sich.
Hinter keinem Fenster war Licht und doch wusste ich genau, dass überall, in jedem Haus, jemand stand und mich stumm beobachtete. Ich konnte es fast spüren.
Wie eine Welle aus Bockigkeit und Wut.
Und als ich heute morgen total zerschlagen und müde nach draußen ging, da drehte sich meine nette Nachbarin – die, mit den fetten Katzen – stumm zur Seite, vermutlich um mir ja nicht in die Augen sehen zu müssen.


Aber ich habe sie angeschaut und dann den Nachbarn gegenüber und den daneben und so weiter.
Ja.
Ich bin wieder die Straße auf und ab gegangen, im Schlafanzug und ich habe jeden angeschaut und alle haben mehr oder weniger verlegen zur Seite geguckt oder sich gleich ganz umgedreht. Auch der liebe Onkel Doktor, der mitsamt seiner Familie und seinen Hunden im Garten saß.
Wer braucht da noch böse Menschen, wenn das hier die guten sind?
Und nun sitze ich hier und mein Kaffee schmeckt irgendwie bitter.





Impressum

Texte: Jede Verwendung des Textes oder der Grafiken bedarf der Genehmigung der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 06.10.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Diese Geschichten und alle weiteren dieser Reihe widme ich dem: Tierschutzverein Samtpfote e.V. in 46459 Rees in der Emmericher Landstr. 102, der um sein Überleben kämpft.

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