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Liebesglück im Fahrstuhl

Marisa ging die Straße entlang. Noch 100 Meter, dann wäre sie am Ziel. Die Prinz-Albrechtstr. 110. Dort hatte die Import – Export Firma Carrisi & Co ihren Sitz und sie einen Termin um sich dort als Sekretärin zu bewerben.
Zeugnisse, Empfehlungsschreiben ihrer letzten Arbeitgeber, Lebenslauf. Marisa ging im Geiste noch einmal alles durch, ob sie auch nichts vergessen hatte. An einem kleinen Tabakladen blieb sie stehen um sich ihr Spiegelbild in der Schaufensterscheibe anzusehen. Was sie dort sah gefiel ihr. Eine schlanke junge Frau mit langem blonden Haar, das ihr locker über die Schulter fiel und die in einen blauen Businesskostüm steckte, das das Blau ihrer Augen unterstrich. Die dazugehörigen hochhackigen blauen Wildlederpumps streckten ihre schlanken Beine, und ließen sie größer wirken. Die weiße Bluse hatte sie weit genug aufgeknöpft, damit es sexy, aber nicht billig wirkte.
Perfekt, dachte sie und ging die letzten Meter zu dem Hochhaus dessen verspiegelte Fensterfront die Sonnenstrahlen reflektierte. Sie trat beschwingt durch die große Drehtür, betrat das Foyer, und ging begleitet vom Klicken ihrer Absätze auf dem polierten Marmorboden zum Empfangstresen in der Mitte der Halle.
Dort versah ein älterer untersetzter Mann im Anzug seinen Dienst. „Guten Tag, ich habe einen Termin bei der Firma Carrisi & Co“ Der Portier sah freundlich lächelnd von seiner Zeitung auf und wies mit seiner Hand zum anderen Ende des Foyer „Dort drüben mit dem Fahrstuhl in den 20. Stock, bitte.“ In der 20. Etage, schoss es Marisa durch den Kopf. Ihr wurde heiß und kalt. Das kann nicht sein. Bitte, bitte nicht in den Fahrstuhl. Angstschweiß lief ihr den Rücken entlang. Seit sie vor einem Jahr im Fahrstuhl stecken geblieben war, konnte sie keinen Aufzug mehr betreten. Sechs unendlich lange Stunden war sie in dem engen, stickigen Aufzug gefangen gewesen, ehe sie vom Notdienst befreit wurde. Allein schon der Gedanke wieder solch ein enges Gefängnis betreten zu müssen ließ sie erschaudern.
Trotzdem zwang sie sich dazu einen Schritt nach dem anderen in Richtung des Aufzuges zu machen. Ihre Beine zitterten dabei und ihr schossen die verrücktesten Gedanken durch den Kopf.
Brauche ich diesen Job wirklich so nötig? Was ist wenn ich einfach hoch laufe? Aber 20 Stockwerke? Nein, das schaffe ich nicht. Was soll ich nur tun? Scheiße, Scheiße, Scheiße! Ich bin so nah dran.
„Hoppla, nicht so stürmisch“, sagte eine tiefe Bassstimme zu ihr.
Marisa schreckte aus ihren Gedanken auf und schaute geradewegs in zwei freundliche braune Augen.
„Oh Entschuldigung“, brachte sie stotternd hervor, während sie den Fremden in den sie einfach blind hineingelaufen war taxierte.
Was für ein Mann! Das scharf geschnittene Gesicht das im scharfen Widerspruch zu diesen freundlichen Augen stand. Die braune Haut, das schwarze Haar, und dieser athletischen Körper der in einem teuren Gucci Anzug steckte, brachte sie noch mehr aus der Fassung. Mein Gott auch das noch, nicht nur das ich völlig verschwitzt bin und bestimmt grauenvoll aussehe, nein ich renne auch noch diesen Supertypen fast um und bekomme kein anständiges Wort hervor. Der Tag wird immer schlimmer.
„Wo wollen sie denn hin“, fragte der Mann und lächelte.
„Äh“, ein dicker Kloß saß in ihre Kehle.
Da erklang ein feines Kling und die Fahrstuhltüren öffneten sich.
„Nun?“ Als der Mann keine Antwort erhielt, ergriff er Marisas Arm und zog sie in den Fahrstuhl.
„Kommen Sie! Sie können mir ja auch noch hier drinnen sagen in welche Etage sie möchten. Also?“.
Die Türen schlossen sich und der Fremde drückte den Knopf für die 20. Etage. In Marisa stieg die Panik hoch. Sie merkte wie ihr das Atmen schwer fiel. Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung und sie musste sich gegen die Wand lehnen, dabei krallten sich Ihre Hände an den Messingstangen fest, die ringsherum angebracht waren. Das weiß ihrer Fingerknöchel trat hervor und ihr Gesicht wurde bleich.
„He, was haben sie denn? Geht es ihnen nicht gut?“
Sie konnte nur den Kopf schütteln. Besorgt kam der Mann auf sie zu und legte den Arm um ihre Schulter.
„Raus, ich muss hier raus“, stammelte sie. Kaum das sie ausgesprochen hatte gab es einen Ruck, und der Fahrstuhl blieb stecken. Marisa schrie auf und begann zu weinen.
„Wie heißen Sie? Wer sind Sie?“
Sie merkte wie der Mann ihre Schultern rüttelte, doch es wollten keine Worte über ihre Lippen kommen. Nicht schon wieder. Nicht schon wieder, war der einzige Gedanke, den sie fassen konnte. Da spürte sie plötzlich einen brennenden Schmerz auf ihrer Wange. Der Mann hatte sie geohrfeigt.
„Was fällt ihnen ein“, schrie sie ihn an und hörte wie der Mann lachte.
„Sie unverschämter, ungehobelter Kerl!“.
„Na sind wir endlich wach geworden?“, fragte er noch immer lachend.
„Jetzt können sie mir doch bestimmt sagen wer sie sind und was mit ihnen los ist? Oh! Verzeihung, vielleicht sollte ich mich zuerst vorstellen. Gestatten, mein Name ist Carrisi, Toni Carrisi“, dabei hielt er ihr seine Hand hin.
Auch das noch. Marisa schaute in seine Augen und merkte wie sie langsam ruhiger wurde. Sein Blick hatte etwas magisches an sich. Er strahlte solch eine Ruhe und Selbstsicherheit aus die sich auch auf sie übertrug. Er ist einfach sexy, schoss es ihr irrwitziger Weise durch den Kopf und sie musste über diesen absurden Gedanken lachen. Mein Gott Marisa jetzt ist es soweit, erst bist du panisch und im nächsten Moment denkst du daran wie sexy dieser Mann ist. Ach ja, und ganz zufällig ist er auch noch der Mann für den du arbeiten wolltest. Na das hat sich ja nun gründlich erledigt.
„ Marisa Pohl“.
„Und sie sind hier um sich als Sekretärin zu bewerben“, fiel er ihr ins Wort.
„Somit hat sich auch endlich geklärt wo sie hin wollen. So und jetzt möchte ich noch gerne wissen, was mit ihnen eben los war.“
Marisa wusste selbst nicht warum, aber dieser Mann hatte etwas an sich dass sie ihre ganze Scheu und Angst vergessen ließ, und sie begann zu erzählen. Von dem unfreiwilligen Aufenthalt im Fahrstuhl vor einem Jahr, ihre Panik seitdem wieder einen Lift zu betreten, ihre Freude über das Vorstellungsgespräch, ja sogar von ihrem Leben überhaupt. Es sprudelte alles nur so aus ihr heraus, und er hörte ihr aufmerksam zu ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen.
„Aber das mit den Job hat sich ja nun erledigt“, beendete sie gerade ihren letzten Satz, als er sie an sich zog und küsste.
Dabei murmelte er in ihr Ohr: „Das mit dem Job schon, aber ich möchte dich viel näher kennenlernen. Du bist so süß und ich weiß nicht was mit mir los ist, aber bitte sag dass es dir auch so geht“.
„Ja“ hauchte sie und gab sich seinen drängenden Küssen hin und hoffte, dass der Fahrstuhl noch lange stecken blieb.

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Texte: Text und Cover: alle Rechte beim Autor
Tag der Veröffentlichung: 20.06.2011

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