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Ruhe sanft

Es war ein kalter grauer Novembertag. Der feine niesel ging langsam in Regen über. Ja selbst der Himmel fing an zu weinen, dachte sie.
Sie stand auf der kleinen Wiese vor dem offenen Grab. Die kleine schwarze Kiste stand schon bereit. Gleich würde ihr Vater ein paar tröstende Worte sprechen, und mit der Zeremonie anfangen. Sie kannte das schon. Denn es war bereits ihre zweite Beerdigung, an der sie teilnahm. Genau wie damals vor drei Jahren, zerriss es ihr das Herz.
Damals musste sie sich von Henry trennen. Nun hieß es von Toby Abschied zu nehmen. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie erinnerte sich daran, wie glücklich sie mit Toby gewesen war.
Er war ja auch so ein süßer kleiner Hund gewesen, als sie ihn bekam. Sie hatte alles getan, damit es Toby gut ging. Am Anfang, als er noch ganz klein war, gab sie ihm dreimal am Tag sein Futter und ließ ihn ganz oft Gassi gehen. Sogar nachts war sie alle zwei Stunden aufgestanden, um ihn zu versorgen. Nach ganz kurzer Zeit hatte sie es geschafft, dass Toby stubenrein war. Was war sie darauf stolz gewesen und hatte es jeden erzählt. Die Erwachsenen lobten sie, wie gut sie sich doch um den kleinen Kerl kümmerte. So oft sie konnte, spielte sie mit Toby, damit er keine Langeweile bekam. Das machte ihm ganz viel Spaß und er gedieh prächtig. Er bekam ganz viele Vitamine von ihr zu fressen, und jeden Tag bürstete sie ihn. Als er ein halbes Jahr alt war, gab sie ihm nur noch zweimal am Tag sein Futter, und kümmerte sich in gewohnter Weise um ihn.
Toby wurde immer größer und stärker. An seinem ersten Geburtstag bekam er dann seinen ersten Knochen. Darüber war er sooo glücklich gewesen.
Dann war Toby erwachsen, und bekam nur noch einmal am Tag sein Futter von ihr. Sie wusste alles über Hunde, schließlich war es ja nicht ihr erster Hund. Sie kümmerte sich weiterhin so gut um Toby, dass er nur einmal krank wurde. Doch da gab sie ihm gleich eine Spritze und er wurde noch am gleichen Tag wieder gesund. Ihr Toby war auch so gut erzogen, dass sie ihn überall mitnehmen konnte. Alle, denen sie Toby zeigte, waren davon beeindruckt, wie gut sie sich um ihren kleinen Hund kümmerte. Sie und Toby waren unzertrennlich. Bis heute.
Heute war Tobys dritter Geburtstag, und da geschah das Unfassbare. Tobys Vitalität ließ drastisch nach. Sie versuchte alles. Gab ihm Spritzen, mehr Futter, mehr Liebe und spielte noch mehr mit ihm. Doch nichts half. Tobys Vitalität sank immer weiter, bis sein Herz keinen Schlag mehr tat. Sie war verzweifelt, denn genauso war es damals mit Henry geschehen. Was machte sie nur immer wieder falsch?
Sie schaute zu ihrem Vater, der gerade das Grab zuschaufelte und lächelte. Ach was soll es. Sie freute sich jedenfalls schon auf morgen. Denn Morgen würde sie von ihrem Vater einen neuen Tamagotchi bekommen, und diesmal würde sie sich eine Katze aussuchen.
Hieß es nicht, Katzen hätten sieben Leben?



Impressum

Texte: Bild und Text: Coppyright by Martina Köhler
Tag der Veröffentlichung: 11.05.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Manchmal ist es schwer zwischen Technik und Lebewesen zu unterscheiden.

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