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1. Kapitel

Kapitel 1

 

„Calli, ich brauche Hilfe!“ rufe ich meine beste Freundin zu mir.

„Wieder die jährliche Postkarte?“ rief sie und taucht lachend hinter mir auf. Ich nicke nur.

„Schreib einfach fast dasselbe wie letztes Jahr. Er merkt es sowieso nicht!“ sie nimmt sich einen Stuhl und setzt sich neben mich. „Das fällt doch auf!“ seufze ich. Wie ich es hasste diese Postkarte an meinen Bruder zu schreiben. Es stehen ja doch nur Lügen darin. „Der bemerkt das nicht, wie schon gesagt! Ich erzähle meinem Bruder auch immer dasselbe!“

„Nagut. Aber ich änder wenigstens etwas.“ Sage ich und konzentriere mich auf neue Lügen, die ich auf die Postkarte pinsel.

 

Lieber Lucas,

ich hoffe dir geht es gut!

Also mir auf jeden Fall.

Ich habe eine tolle, nein, eine großartige Nachricht für dich!

Deine kleine Schwester wird befördert! Ich werde bald die Filialleiterin des kleinen Supermarktes in dem ich arbeite.

Ist das nicht toll?

Und wenn ich dann etwas Geld zusammen habe komme ich dich besuchen! In Liebe,

Brook:)

 

Calli sieht mich geschockt an, als sie die Postkarte liest.

„Du willst deinen Bruder besuchen? In AUSTRALIEN?“ Ich schüttele schnell den Kopf. „Spinnst du? Ich habe das nur geschrieben, damit er nicht irgendwann auf die Idee kommt mich zu suchen!“ erkläre ich ihr.

„Er weiß nicht einmal wo du wohnst Süße!“ sagt sie lachend.

„Man weiß ja nie. Lass uns einfach zur Arbeit gehen, dann schmeiße ich die Postkarte auf dem Weg in den Briefkasten.“ Calli drückt mir meine Jacke in die Hand und öffnet die Tür.

„Morgen hast du wieder Sturmfrei, ich fahre zu Steve.“ Steve ist ihr Bruder. Er wohnt eine Stunde von London und damit auch von uns entfernt. Calli besucht ihn regelmäßig. Ich nicke und nähre mich dem Briefkasten. Zehn Minuten später kommen wir bei der Arbeit an.

„Da seid ihr ja Ladies, die anderen warten hinten!“ sagt unser Chef und drückt uns einen Kuss auf die Wange.

Calli und ich fanden ihn schon immer etwas seltsam. Als wir die Tür zu der Umkleide öffnen kommen die anderen Mädchen direkt auf uns zu und umarmen uns. Ich bin hier bereits seit sechs Jahren. In der Zeit sind mir die Mädchen echt ans Herz gewachsen. Sie sind für mich wie eine Art Familie.

Ronnie zieht mich direkt zur Seite und erzählt mir von ihrem gestrigen Tag. Sie wird unterbrochen, als mich Calli an der Hand zu den Kleiderstangen zieht. „Wir müssen uns noch umziehen.“ Sagt sie und öffnet die Kleidersäcke, die mit unseren Namen bestückt sind.

„Schon wieder Polizistin?“ fragt Calli sofort gelangweilt. „Brian hat doch den Motto tag wieder eingeführt.“ Erinnert uns Ronnie, die auf einmal hinter uns steht. Brian ist unser Chef.

„Ich frage mich immer wieder, warum es in einem Strippclub Motto tage gibt.“ Sagt Calli lachend und schüttelt den Kopf. Ich zucke nur die Schultern und nehme mir die Sachen aus dem Kleidersack.

 

Calli PoV

 

Nach der Arbeit verlassen wir mit den anderen Mädchen den Club. Der heutige Tag ging für manche mehr beziehungsweise weniger gut aus. Kommt immer auf das Trinkgeld an, dass jeder bekommt. Für mich lief es heute eigentlich ganz gut. Brook und ich gehen noch ein Stück mit Chrissi und Ronnie, da sie ungefähr in dieselbe Richtung müssen. „Und was macht ihr morgen an eurem freien Tag?“ frage ich Chrissi und Ronnie, die nur die Schultern zucken.

„Da fragst du mich was!“ sagt Chrissi lachend. „Vielleicht mache ich eine Party. Könnt ja dann mal vorbei kommen.“ Bietet uns Ronnie an. Brook und Chrissi bejahen sofort.

„Wie steht es mit dir Calli?“ fragt sie mich. „Fahre zu meinem Bruder.“ Gebe ich nur enttäuscht wieder. Ich wäre gerne gegangen.

„Nagut, dann ein anderes Mal.“ An der Stelle müssen wir uns von den beiden verabschieden, da sich hier unsere Richtungen trennen.

„Was glaubst du wird Steve zu deinen Haaren sagen?“ fragt Brook lachend, als wir wieder zu Hause sind und gemeinsam kochen.

„Es ist mir völlig egal, was mein wundervoller Bruder zu meinen Wundervollen Haaren sagt!“ antworte ich ebenfalls lachend. Begeistert war er schon bei meinen pinken Haaren nicht. Gestern wurden sie Türkis, aber ich habe ehrlich gesagt vor meine Haare mal wieder blond zu färben, so habe ich sie meistens. Chrissis Haare sind Lila. Ronnies sind rot. Ziemlich viele von uns haben bunte Haarfarben, ausgeschlossen von Brook. Sie hat höchstens mal ein paar Strähnchen.

Die Besuche bei meinem Bruder gestalten sich für mich immer als sehr anstrengend, da Steve so gut wie nichts außer Lügen über mich weiß. Er denkt, genauso wie Brooks Bruder, dass ich in einem Supermarkt arbeite. Von den Partys, die nicht gerade harmlos sind weiß er ebenfalls nichts. Das heißt, ich darf ihn den ganzen Tag anlügen. Besonders schlimm für mich ist es, wenn er damit anfängt, wie stolz er doch auf mich ist. Wüsste er die Wahrheit, wäre er alles andere als stolz!

Nachdem wir gegessen haben gehen wir ins Bett. Wir teilen uns ein Zimmer, da die Wohnung ziemlich klein ist. Aber ich bin froh, dass Brook mich hier damals überhaupt aufgenommen hat. Fünf Jahre ist es nun her.

Die Zeit vergeht wir im Flug. Auch wenn es Zeiten gibt, in denen ich mir einfach nur wünsche, es wäre nie etwas passiert und ich wäre noch die unschuldige, süße kleine Calliandra vom Land. Aber daran kann man nichts ändern. Zeiten ändern sich. Und wenn du keine Perspektive in Sicht hast, nimmst du das, was sich dir als erstes bietet.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.12.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch einer ganz besondern Person, die vielleicht die ein oder andere Stelle aus ihrem Leben wieder erkennen dürfte! Ich liebe dich Süße:*

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