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Table of Contents

Inhaltsverzeichnis

Dank

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Über den Autor

Dank

Dank

Danken möchte ich vor allem David Hollmer und Daniela Kriegler vom Lektorat „derlezterschliff.de“, ohne sie würde meine Geschichte immer noch nur in der Schublade liegen. Vielen Dank auch an meine Kinder Mina Rojin und Ilyas, die in jungen Jahren schon viele Schicksalsschläge hinnehmen mussten, diese aber tapfer durchstehen. Im Weiteren möchte ich Frau Kossen und Herrn Dering von der Jugendhilfe kjfo.de danken, die meine Kinder und mich schon jahrelang begleiten und ohne die mir eine Erziehung meiner Kinder unmöglich wäre.

Kapitel 1

Kapitel 1

Der Regen prasselte leise gegen das Fenster. Das Holz im gusseisernen, grün-weiß lackierten Ofen verbrannte mit einem leisen Knacken, als Rojdas Großmutter Bahar flüsternd, aber doch für jeden deutlich hörbar, sagte: „Elif ist meine Tochter, auch wenn sie nicht mehr bei uns weilt.“

Um das Bett von Bahar hatten sich ihre Töchter, ihre Söhne und Rojdas Jugendpsychiaterin Frau Marie Luise versammelt.

Ihr Ehemann Arif warf kurz einen sorgenvollen Blick auf seine Frau Bahar und ging dann, sichtlich erleichtert, ins Wohnzimmer, um sich weiter die Nachrichten anzusehen.

Frau Bahar Kaya hatte sich vor sieben Tagen, Anfang Dezember 2014, im Dachgeschoss ihres Hauses in Köln-Mülheim ins Bett gelegt und war seitdem nicht mehr aufgestanden.

Da sie die letzten Tage fast ausschließlich geschlafen und nicht gesprochen hatte, freute sich die ganze Familie, als sich Frau Kaya noch etwas schwach an ihre Tochter Mehtap wandte: „Setz doch bitte Teewasser auf und bringe mir einen Teller Sarma.“

Als sie zurück ins Zimmer kam, saß die Familie ganz nah um Bahar zusammen. Es schien fast so, als ob Rojdas Großmutter ein Lagerfeuer sei, um das sich alle ängstlich zusammengerückt versammelt hatten, um andächtig die vielleicht letzten Worte dieser Frau zu vernehmen.

Frau Kaya aß ein wenig von dem Sarma und trank dazu schwarzen Tee, während Kerzen den Raum schwach erleuchteten und der Regen immer lauter an das große Fenster prasselte.

„Elif ist meine Erstgeborene.“ 

Marie Luise horchte auf. Sie war als Einzige aus beruflichen Gründen anwesend und notierte nun Bahars Erzählung sorgfältig, denn die Geschichte von Elif Kaya war der Grund, weshalb sie in dieser Nacht anwesend war.

Kapitel 2

Kapitel 2

Rojda gegenüber saß ihre Jugendpsychiaterin Marie Luise.

Die Auszeichnungen an ihrer Wand zählten sie zu einer der besten Jugendpsychiaterinnen Deutschlands, doch Rojda war davon nicht sonderlich überzeugt.

Seit inzwischen zwei Jahren schickte ihre Familie sie wegen ihrem Marihuana-Konsum wöchentlich hierher.

Gelangweilt betrachtete sie die Psychiaterin.

„Die Geschichte von Elif Kaya betrifft dich ganz persönlich, Rojda, denn Elif ist deine Mutter und Bahar ist deine Großmutter, nicht deine Mutter. Verstehst du?“, fragte Frau Luise, „Deine Familie wünscht sich, dass ich dir die ganze Geschichte über deine Mutter erzähle, weil sie denken, es könnte dir helfen. Das denke ich auch, daher habe ich die Aufgabe gerne übernommen. Es war bereits damals der ausdrückliche Wunsch deiner Mutter, dass du, wenn du alt genug bist, alles erfährst.“

Bevor sie mit ihrer Erzählung fortfuhr, blickte sie zu Rojda, während diese keine Miene verzog. „Ich habe es immer schon geahnt, Arif und Bahar können nicht meine Eltern sein, die sind doch viel zu alt dafür.“

„Deine Familie hat mir für dieses Vorhaben, neben der Erzählung deiner Großmutter, auch die Tagebücher deiner Mutter, die sie seit dem sechszehnten Lebensjahr geführt hat, zugänglich gemacht. Teilweise lesen sie sich etwas sonderbar, doch so sind sie von deiner Mutter geschrieben und so werde ich dir die Geschichte erzählen.“

Seufzend rückte sich Rojda auf dem Stuhl zurecht.

„Eure Familie lebt jetzt inzwischen schon in der dritten Generation hier in Köln-Mülheim. Die Familie Kaya zählt mittlerweile an die hundert Familienmitglieder. Arif und seine Frau Bahar, Elifs Eltern und deine Großeltern, Rojda, sind 1973 nach Köln emigriert. Nach und nach sind auch die Brüder und Schwestern deiner Großeltern nach Köln ausgewandert. Die Kinder und mittlerweile sogar Enkelkinder der Familie Kaya sind alle hier in Köln geboren. Die Heimat eurer Familie war bis dahin eine bergige Region im Osten der Türkei. Sie waren dort kurdische Bauern, fleißige und ehrliche Leute, sie hatten Land und beackerten es. Eure Familie hat ihre Kultur, Tradition und islamische Religion mitgenommen, sie halten bis heute daran fest.“

„Ja, das stimmt. Manchmal geht das einem ziemlich auf die Nerven“, erwiderte Rojda. 

„Jetzt hör genau zu.“ Die Psychiaterin sah Rojda fest in die Augen. „Ich möchte meine Erzählung mit einer Anekdote aus der Kindheit deiner Mutter beginnen.“

„Ja, bitte“, flüsterte Rojda. Man konnte ihre innerliche Anspannung jetzt deutlich spüren, obwohl sie sonst immer darauf bedacht war, lässig und cool zu wirken. 

Kapitel 3

Kapitel 3

1980 besuchte deine Mutter den Kindergarten gleich hier in der Nähe.

Elif wuchs zwar in einer muslimischen Familie auf, durch den Kindergarten und ihre Freundin Claire kam sie jedoch schon früh in Kontakt mit dem westlichen Lebensstil.

Sie und Claire verbrachten schon als Kinder viel Zeit zusammen.

Eines Tages kam Elif früh am Abend vom Spielen nach Hause. Die Küche duftete nach Reis und gebratenen Auberginen.

Elif lief das Wasser im Mund zusammen. Sie setzte sich zu ihrer Schwester Fidan an den Tisch. Ihr gegenüber saß ihr Vater Arif.

Obwohl sie bereits sehr hungrig war, griff sie nicht sofort nach dem Essen, sondern machte ein ernstes Gesicht und faltete die Hände zusammen, wie man es ihr im Kindergarten gezeigt hatte. „Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name ...“

Da erhielt sie von ihrem Vater eine Ohrfeige, dass sie von ihrem Stuhl fiel. Sie weinte keine einzige Träne, aber das Blut floss ihr aus der Nase. Verdutzt sah sie ihn an. Was hatte sie denn falsch gemacht?

Ihre Mutter griff nach Elif und zerrte sie schnell aus der Küche ins Badezimmer. Sie wischte ihr das Blut mit Watte aus dem Gesicht und sah ihr fest in die Augen. Ihre Hände hielten nun fest ihre Schultern umschlungen. „Wir sind keine Christen, wir sind keine Christen, Elif!“

Elifs Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. Der Schreck wich ihr aus dem Gesicht und machte nun ihren großen, traurigen Augen Platz.

Sie hatte ihren Vater böse gemacht.

Elif riss sich von ihrer Mutter los und lief zu ihrem Vater, immer und immer wieder küsste sie seine Hand.

Da fing er, plötzlich an zu weinen. Elif strich ihm sanft über das Gesicht, um ihn zu trösten.

Kapitel 4

Kapitel 4

Deine Mutter kannte ihre beste Freundin Claire seit dem Kindergarten. Da sie in gegenüberliegenden Häusern wohnten, verbrachten sie von Anfang an viel Zeit miteinander.

Durch Claires Mutter wuchs Elif sehr westlich geprägt auf. Claires Mutter, Valerie, zog 1970 mit ihrer Tochter von Frankreich nach Köln. Dadurch, dass Elifs Mutter viel arbeiten musste, verbrachte Elif jede freie Sekunde bei Claire zu Hause.

„Ich wuchs damals mit meiner besten Freundin Claire auf. Das war eine sehr schöne Zeit, doch den Tag, an dem meine Familie Claire aufgenommen hat, werde ich nie vergessen, ist in Elifs Tagebuch vermerkt.“

Der Ablauf war für Claire derselbe, wie in jeder anderen Nacht auch. Es war nicht unüblich, dass das Telefon mitten in der Nacht noch klingelte und Claire weckte. Auch die darauffolgenden Worte ihrer Mutter waren ihr mehr als vertraut.

„´allo, Miezekatze hier“, flüsterte Valerie jedes Mal in den Hörer.

Claire konnte den Anrufer zwar nicht verstehen, aber aus der Antwort ihrer Mutter und dem üblichen Ablauf schloss sie, dass wieder ein fremder Mann vorbeikommen würde.

Auch die nächsten Schritte waren ihr mehr als bekannt. Valerie öffnete nach einem kurzen Klingeln die Haustüre und begrüßte jeden Mann mit demselben übertriebenen Akzent. Ihre Mutter sprach sehr gut Deutsch, den französischen Akzent hörte man beim Sprechen fast nicht mehr, deshalb verstand Claire nicht, wieso ihre Mutter plötzlich so komisch sprach.

Vor dem, was nun kam, graute es Claire ein wenig. Sie verstand nicht weshalb, aber die Geräusche, die anschließend aus dem Zimmer ihrer Mutter drangen, versuchte sie zu überhören. Das Kissen über ihrem Kopf half dabei ein wenig.

„Ich will mein Geld zurück!“

Das kam Claire nicht bekannt vor. Schnell zog sie das Kissen von ihrem Kopf, um der Unterhaltung folgen zu können. Aus irgendeinem Grund fingen ihre Hände an zu zittern und sie versuchte, keinen Mucks zu machen. Dabei presste sie ihre kleine Hand so fest auf den Mund, dass sie fast keine Luft mehr bekam.

Doch als sie ihre Mutter plötzlich schreien hörte, nahm Claire all ihren Mut zusammen und lief in ihr Schlafzimmer.

Alles, was Claire in dem schummrigen Licht erkannte, war, wie ihre Mutter sich zusammengekrümmt den Bauch hielt.

Der Mann war schon geflüchtet.

„Ich habe es für dich getan.“ Das waren die letzten Worte, die Valerie zu ihrer Tochter sagte.

Diese Worte waren dieselben, die Claire nun brüllte, als sie schluchzend an die Wohnungstür der Familie Kaya hämmerte. Immer und immer wieder schrie sie die Worte ihrer Mutter.

Als Frau Kaya endlich die Tür öffnete, brach das Mädchen in sich zusammen und verstummte. Mit großen, traurigen Augen sah Claire zu ihr auf.

So kam es also dazu, dass Elif und ihre Familie Claire für eine Weile aufnahmen.

Doch nach einiger Zeit kam sie in ein katholisches Waisenhaus hier in Köln-Mülheim. Weder ihr Vater noch andere Familienangehörige konnten, trotz aller Mühe der Behörden, ermittelt werden. Die Behörden fanden zwar eine französische Geburtsurkunde von Claire, aber auch hier war der Vater nicht vermerkt.

Bald munkelte man in ganz Köln-Mülheim hinter vorgehaltener Hand, Claire sei das Kind eines Freiers. Doch feststellen ließ sich das jetzt natürlich nicht mehr.

Kapitel 5

Kapitel 5

Die Grundschule, in der Elif und Claire mittlerweile die zweite Klasse besuchten, hatte einen großen Schulhof. Der Schulhof war durch eine riesige Mauer geschützt, die den gesamten Schulhof umfriedete. Die Mauer war liebevoll mit Blumen, Häusern, Hunden und Katzen bemalt. Große Bäume, die nahe der Mauer standen, spendeten im Sommer ausreichend Schatten.

Elif und Claire waren in unterschiedlichen Klassen untergebracht und sahen sich deshalb nur während der Pause.

Einmal bekam Claire im Deutschunterricht von einem afrikanischen Mädchen, das links von ihr saß, einen Brief zugesteckt, der von Schüler zu Schüler bis zu ihr weitergereicht worden war.

Alle Schüler kicherten, grölten und lachten.

Als Claire den Brief neugierig öffnete, schossen ihr Tränen in die Augen. Sie schluchzte. Groß stand auf dem Zettel: „Claire ist im Puff geboren“.

Als die Klingel Claire endlich in die Pause erlöste, rannte sie aus dem Klassenzimmer, das Briefchen fest in der Hand, geradewegs zum Schulhoftor, als sie Elif sah, die bei ihren Cousinen Bedriye und Zuhalcan stand.

Dicht hinter Claire folgten ihre Schulkameraden. „Nutte, Nutte, Nutte“, sangen sie, während Claire am Tor hochklettere, um sich auf der Mauer in Sicherheit zu bringen.

Doch die Kindermeute griff nach ihr und zog sie zurück auf den Boden.

„Hört auf, hört auf“, schrie Elif und stellte sich schützend vor Claire.

Da griff einer der Jungen in Elifs Haare, zog und schubste sie auf den Boden.

Das Gerangel wurde jäh von der Schulklingel unterbrochen. Die Lehrer,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Roj Cico
Bildmaterialien: Roj Cico
Cover: Roj Cico
Lektorat: Letzter Schliff
Korrektorat: Letzter Schliff
Satz: Roj Cico
Tag der Veröffentlichung: 31.03.2023
ISBN: 978-3-7554-3747-5

Alle Rechte vorbehalten

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