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Kapitel 1

 

Amy war schon ganz gespannt wie ihr erster Schultag werden würde. Noch nie hatte sie eine Schule besucht und auch nie irgendwelche gleichaltrigen Freunde gehabt. Nun hatte sie die Chance bekommen diese zu finden und sie war wirklich glücklich darüber. Es war nicht so, dass sie ihr altes Leben, gemeinsam mit Nozomi, nicht gemocht hätte, aber sie hatte sich schon immer eine Freundin an ihrer Seite gewünscht. Der Lehrer an ihrer Seite hielt ihr nun die Tür auf und sie folgte seiner Einladung und betrat vor ihm das Klassenzimmer. Sofort waren alle Augen auf sie gerichtet und sie wurde neugierig gemustert. „Setzt euch alle an euren Platz. Wir begrüßen heute eine neue Mitschülerin. Sie hat bis vor kurzem noch im Ausland gewohnt, seid also alle so freundlich und helft ihr sich hier bei uns einzufinden.“ Dann sah Herr Smith zu Amy und nickte ihr aufmunternd zu. „Du solltest dich am besten mal selbst kurz vorstellen.“, forderte er sie auf. „Hallo. Ich heiße Amy Cooper und habe bis vor kurzem in der Schweiz gewohnt. Ursprünglich komme ich von hier, doch wegen familiären Gründen musste ich als Kind umziehen. Ich hoffe wir können alle gut miteinander auskommen.“ Danach wurde ihr noch ein Platz zugewiesen und der Unterricht begann. Amy war sich über die versteckten, neugierigen Blicke ihrer Mitschüler bewusst, doch sie ignorierte diese einfach. Sie war die Neue, also war es nicht weiter verwunderlich, wenn ihre Mitschüler ihr solche Aufmerksamkeit schenkten. Sie hoffte wirklich, sie würde es schaffen Anschluss zu finden, sie konnte zwar gut allein zurecht kommen, doch wie schon erwähnt, würde sie wirklich gerne eine Freundin haben. Als die erste Stunde beendet war, blieb Amy auf ihrem Platz sitzen und sah aus dem Fenster, doch was sie sah, ernüchterte sie sofort wieder. Alles was es hier in New York gab waren Beton-, Glas- und Stahlklötze. Sie vermisste das Grün aus den Bergen und die frische Luft. Im nächsten Moment wurde sie von der tristen Aussicht abgelenkt, als eine ihrer Mitschülerinnen sie ansprach. „Hallo. Mein Name ist Rachel Blue.“ Amy wand dem Mädchen vor sich nun ihre Aufmerksamkeit zu. „Hey. Ich bin Amy. Freut mich dich kennen zu lernen.“ Das andere Mädchen begann übers ganze Gesicht zu strahlen. „Freut mich ebenfalls. Wo kommst du denn her? Ich kann keinen Akzent bei dir erkennen, hast du wirklich im Ausland gelebt?“ Amy besann sich auf die Worte ihres Bodyguards Alexej, Versuch nicht zu viel über deine Familie und Umstände Preis zu geben, wenn heraus kommt wer du bist, wird dein Vater nicht zögern dich wieder von der Schule zu nehmen und zu Hause unterrichten zu lassen. Vergiss niemals, dass es dir nur möglich ist eine normale öffentliche Schule zu besuchen, da niemand weiß wie Ayumi Cooper aussieht und du deswegen sicher bist. „Ich habe in der Schweiz gelebt, doch zu Hause haben wir nur Englisch gesprochen, es ist also kein Wunder, dass ich keinen Akzent habe.“ Bis vor wenigen Monaten hatte selbst sie nicht gewusst, dass sie eigentlich aus wohlhabenden Verhältnissen stammte. Ihr Vater hatte in seinen Besuchen nie etwas erwähnt und auch Nozomi und Brandan waren sehr zurück haltend gewesen, wenn sie nach dem Grund für die Trennung von ihrem Vater und ihrer Abgeschiedenheit fragte. „Das ist ja cool. Wie ist es so in der Schweiz?“ Amy dachte darüber nach was sie antworten sollte, denn auch wenn sie dort fast ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hatte, so hatte sie vom Land selbst doch nicht wirklich viel gesehen. „Ich lebte in den Alpen in einem wirklich sehr kleinen Dorf. Die nächst größere Stadt war 70 Kilometer entfernt und hatte gerade mal 30.000 Einwohner.“ So wie sie nun von einigen angesehen wurde, hielt man sie jetzt wohl für einen Bauerntrampel und wirklich unrecht hatten sie damit nicht. Amy hatte keine Ahnung vom wirklichen Leben, alles was sie wusste hatte sie von ihren Lehrern, die sie zu Hause unterrichteten oder Li Yang, welcher sie immer wieder besuchen kam, gelernt. „Du hast also auf dem Land gelebt? Ist es denn dort wirklich so wie in all den Filmen? Also mit den Kühen auf der Weide und all so was?“ Amy kicherte vor sich hin, als sie sich daran erinnerte wie sie als kleines Mädchen ungeheure Angst vor den Kühen gehabt hatte. „Ja, so kann man es sich im Groben wirklich vorstellen. Es ist das genaue Gegenteil von der Großstadt, aber ich mochte es dort.“ Ja, sie würde die Ruhe, die Natur, die frische Luft und die Freiheit die man dort hatte wirklich vermissen. Doch am meisten von allem würde sie ihren Husky Sammy vermissen. Sie hatte ihn vor 4 Jahren zu ihrem 10. Geburtstag von ihrem Vater geschenkt bekommen. Seit diesem Tag hatte sie sich nicht einmal mehr einsam gefühlt, doch ihr Sammy war bei Nozomi in der Schweiz geblieben. Er war in den Bergen ohne Leine aufgewachsen und würde in New York wohl eingehen, wenn er eingesperrt in ihrer Wohnung würde leben müssen. „Magst du New York denn nicht?“ Sofort schüttelte sie ihren Kopf. „Doch, die Stadt ist wirklich beeindruckend, doch die Umstellung war nicht wirklich einfach, allerdings gewöhne ich mich langsam daran.“ Danach kamen noch andere Mitschüler aus Amys Klassen und bombardierten sie mit Fragen, die sie alle ganz geduldig beantwortete.

Nach dem ersten Schultag war Amy vom ganzen Fragen beantworten völlig erledigt, doch sie war tief in sich drin auch glücklich. Das war es, was sie sich immer gewünscht hatte, wenn sie irgendeinen Film gesehen hatte in dem das Schulleben gezeigt wurde. Rachel begleitete sie noch nach draußen, sie war wirklich ein nettes Mädchen und Amy war sich sicher, in ihr schon eine gute Freundin gefunden zu haben. Direkt vor dem Eingang wartete Alexej schon auf sie und Amy hätte mit den Augen rollen können. Wieso hatte ihr Bodyguard nicht mitgedacht und ein etwas unauffälligeres Auto nehmen können? Am besten noch hätte er sie ohne Wagen abgeholt oder es wenigstens eine Straße weiter geparkt. Jetzt musste sie improvisieren, immerhin war er es gewesen, der sie darauf hingewiesen hatte, dass niemand erfahren durfte aus welcher Familie sie stammte. Amy rannt auf ihren Leibwächter zu und sprang ihm in die Arme. „Hey Alexej. Ich freue mich so dich wieder zu sehen. Ich wusste gar nicht, dass du wieder in den Staaten bist. Bist du hier um mich zu besuchen und abzuholen?“ Immerhin spielte er sofort mit und legte nun auch seine Arme um sie und hob sie vom Boden hoch. „Hey Kleines. Ich habe hier einige Geschäfte zu erledigen und werde wohl eine ganze Weile in der Stadt sein. Als ich hörte, dass du nun hier zur Schule gehst, dachte ich mir, ich könnte dich abholen und dich zum Essen einladen.“ Langsam ließ er sie wieder runter und sie strahlten sich an, doch mit ihren Augen duellierten sie sich. Alexej versuchte sie wegen ihrer Verhaltens zurecht zu weisen, doch sie bestand darauf, dass all dies nur seine Schuld sei. „Gern.“ Dann drehte sich Amy wieder zu ihrer neuen Freundin. „Rachel, ich würde dir gern einen alten Freund von mir vorstellen. Ich habe ihn damals in der Schweiz kennen gelernt. Seine Familie besitzt ein Ferienhaus ganz in der Nähe vom Ort in dem ich gelebt habe.“ Dann drehte sie sich zu ihrem Bodyguard. „Alexej, das hübsche Mädchen neben mir ist Rachel Blue, wir sind in einer Klasse und haben uns gleich angefreundet.“ Beide gaben sich die Hand und begrüßten sich höflich, danach verabschiedete sich Amy schnell von ihrer Mitschülerin und nahm auf dem Beifahrersitz platz. „Ayumi, du weißt, dass du auf den Rücksitz musst.“ Noch so eine dumme Regel, wieso muss sie immer allein hinten sitzen, wo der Beifahrersitz doch frei war? „Dann fahr erstmal wo hin, wo keiner meiner Mitschüler mich sehen kann, dann gehe ich nach hinten. Was hast du dir nur dabei gedacht direkt vor der Tür zu parken? Hast du mir nicht noch selbst gesagt, ich solle keine unnötige Aufmerksamkeit auf mich ziehen, damit niemand heraus findet wer mein Vater ist?“ Alexej schien eine ganze Weile nachzudenken, während er den Wagen zu Amys Wohnung lenkte. „Verstanden, dann werde ich den Wagen morgen in einiger Entfernung parken und dich zu Fuß abholen kommen.“

„Du hättest auch einfach ein Mittelklasse Wagen nehmen können um mich unauffällig von der Schule nach Hause zu fahren.“

„Du solltest dir über deinen Status im Klaren sein, selbst wenn du deine Herkunft verstecken musst. Du solltest auch langsam mal anfangen dich an einen gewissen Standart zu gewöhnen. Nicht mehr lang und dein Vater wird dich in die Gesellschaft einführen und dann wirst du für immer Teil dieser Welt sein.“ Sie konnte wohl wirklich froh sein, dass ihr Vater, ihr wenigstens versprochen hatte eine normale Schulzeit an der Junior High School verbringen zu können. Das Jahr ging zwar nur noch 5 Monate, aber immerhin würde sie diese Zeit haben um ein normales Leben, wie jeder andere Teenager in ihrem Alter, zu haben. Danach würde sie entweder an eine elitäre High School gehen oder wieder privat unterrichtet werden, diese Entscheidung hatte ihr Vater Amy überlassen. „Ja ich habe das Alles verstanden, doch noch habe ich etwas Zeit und diese würde ich gerne genießen. Wenn ich wegen deiner Aktion auffliegen sollte, werde ich dir das nicht so schnell verzeihen.“ Sie fuhren gerade in die Tiefgarage und Amy bemerkte mal wieder, dass diese Gebäude nicht wirklich etwas für sie waren. Auch ihre Wohnung war irgendwie nicht wirklich ihr Geschmack. Natürlich war sie wunderschön, hatte 250 Quadratmeter, eine atemberaubende Aussicht und war gemütlich eingerichtet, doch es fühlte sich eben nicht wirklich nach einem Zuhause an.

Schon seit 3 Wochen ging Amy auf ihre Schule und sie hatte es geschafft sich gut einzuleben. Was ihr allerdings auffiel und missfiel war diese Gruppenbildung, es gab die Schönen, die Sportler, die Cheerleader, die Technikfreaks, die Leseratten, die Mathematiker, die Wissenschaftler, die Außenseiter und viele Andere. Jeder blieb nur in seinem kleinen Kreis und versuchte entweder nicht weiter aufzufallen um die Beliebten nicht gegen sich aufzubringen oder hielt sich für etwas Besseres und hielt sich deswegen von den Mitschülern, die angeblich unter ihrem Niveau waren, fern. Amy fand dieses Verhalten zum kotzen, doch sie hielt sich Rachel zu liebe daran und fand sich deswegen mit ihrer Freundin bei den Außenseitern wieder, da sie nicht wirklich irgendwo reinpassten. Allerdings hielten die Beiden sich auch von den anderen Außenseitern fern, da Rachel mit diesen nicht klar kam, was bedeutete, dass sie eigentlich ihre gesamte Schulzeit zu zweit verbrachten. Amy hatte damit nicht wirklich ein Problem, sie hatte in Rachel eine echte Freundin gefunden und interessierte sich nicht wirklich für die Anderen. Trotzdem hatte sie mit dem Verhalten mancher ein gewaltiges Problem, doch sie würde diese Leute solange sie Rachel und sie in Frieden ließen so gut es ging ignorieren. Gerade saßen sie draußen auf dem Hof und aßen zu Mittag und Rachel erzählte ihr von ihrem großen Bruder, der wohl das genaue Gegenteil von ihr war und zu den Sportlern gehörte und demnach entsprechend beliebt auf seiner Schule war. Er spielte wohl Baseball und war der Ass Pitcher seiner Mannschaft. „Nimmst du mich mal zu einem seiner Spiele mit? Ich habe noch nie ein Baseball Spiel live gesehen, immer nur im Fernseher.“ Nozomi kam aus Japan und war eingefleischter Yomiuri Giants Fan, weswegen sie keine Übertragung ihrer Spiele verpasst hatten. Es würde sie schon interessieren wie hier im Geburtsland des Baseballs gespielt wurde. „Gern. Er müsste diesen Samstag ein Spiel haben, wenn du willst kannst du zu mir kommen und dann fahren wir gemeinsam hin um es uns anzusehen. Meine Eltern sehen sich jedes seiner Spiele an, wenn sie frei haben, so können wir uns ihnen einfach anschließen und müssen nicht mit der U-Bahn fahren.“

„Gern. Allerdings hatte ich mich für Samstag schon mit Alexej verabredet. Ich weiß jedoch, dass er ein Baseball Fan ist, also wird er bestimmt nichts dagegen haben, uns zu begleiten. Wäre das für dich in Ordnung?“ Wenn sie so viele Stunden im Freien verbringen wollte, dann würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als ihren Bodyguard mitzunehmen. „Kein Problem. Langsam habe ich mich an ihn gewöhnt. Außerdem ist er ganz nett anzusehen.“ Amy begann zu lachen und ihre Freundin schloss sich ihr an. Rachel hatte Recht, ihr russisch stämmiger Leibwächter, war wirklich schön anzusehen, doch er hatte ein solches Babyface, dass man ihn unmöglich als männlich attraktiv bezeichnen könnte. Als sie fertig waren mit essen, standen sie auf und machten sich auf den Weg zurück zur Kantine um ihre Tabletts zurück zu bringen. Noch bevor sie ankamen, rannte eine der Cheerleader in Rachel und ihr Tablett wurde an ihrer Brust gepresst, wodurch das Shirt ihrer Freundin nun von ihren Essensresten befleckt wurde. „Kannst du nicht aufpassen, du Tölpel?“ Rachel sah auf den Boden. „Tut mir leid.“ Amy ertrug es einfach nicht, den Mund zu halten, nicht mal ihrer Freundin zu liebe. „Entschuldige dich bei Rachel.“ Arrogant wurde sie von dem dürren Mädchen in ihrer Uniform angesehen. „Was?“ Wieso trug sie in der Pause überhaupt diesen Fummel? Es ergab einfach keinen Sinn. „Es heißt wie bitte und ich habe gesagt, dass du dich bei Rachel entschuldigen sollst. Du bist einfach so in sie rein gerannt und hast ihr mit deiner Handlung die Klamotten dreckig gemacht. Deswegen solltest du dich bei ihr Entschuldigen und deine herablassenden Bemerkungen für dich behalten.“ Die Tussi begann schallend zu lachen an und tippte ihr nun bei jedem Wort das sie sprach gegen die Brust. „Und wer hat dich zur Moralpolizei ernannt? Deine Sprüche kannst du in deinen Bergen klopfen, du Landei.“ Amy musste sich zusammen reißen um ihr Kampftraining im Moment nicht bei ihrer unhöflichen Mitschülerin einzusetzen. „Ich sage es noch mal, entschuldige dich bei Rachel, für deine Unhöflichkeiten.“ Ihre Freundin zog sie nun am Arm zu sich. „Bitte, lass uns einfach gehen. Ich kann meine Klamotten waschen und dann ist die Sache erledigt.“ Tief atmete Amy durch und tat ihrer Freundin dann den Gefallen ihr zu folgen. Auf dem Weg zurück zum Klassenzimmer hielt es Rachel scheinbar nicht mehr aus. „Wieso hast du das getan? Jetzt werden sie es auf dich absehen.“

„Das ist mir egal. Es geht hier ums Prinzip. Dieses Mädchen hat einen Fehler gemacht und muss sich dafür entschuldigen. Das ist eine der grundlegenden Anstandsregeln und egal um wen es sich dabei handelt, er hat sich daran zu halten, so gehört es sich in unserer Gesellschaft. Ohne diese von allen akzeptierten Regeln würde unser Gesellschaftsstruktur zusammen brechen.“

„Nichts wird passieren, wenn diese Cheerleader an der High School machen was sie wollen.“

„Da liegst du falsch. Durch dieses System werden die komplett falschen Werte vermittelt. Jeder Mensch ist gleich, was gibt ihnen also das Recht sich über den Rest zu stellen? Und was lässt dich glauben, dass du ihnen unterlegen bist? Du bist eine gute Schülerin, bist hübsch und interessant, wieso denkst du, dass du weniger Wert bist, als diese hopsenden Mädchen?“

„Ich denke nicht, dass ich weniger Wert bin.“ Diesen Satz flüsterte Rachel beinahe und sah dabei verschämt auf den Boden. Amy hob Rachels Kopf mit ihrem Finger unter ihrem Kinn an und sah ihr fest in die Augen. „Du bist ein wunderbares Mädchen und solltest dir eindeutig etwas Selbstbewusstsein zulegen.“ Rachel wurde bei Amys Aussage ganz rot im Gesicht. Dann gingen sie schweigend zurück in ihre Klasse und Amy hoffte, dass ihre Freundin sich ihre Worte zu Herzen nehmen würde.

Nach dem Unterricht gingen sie gemeinsam über den Schulhof zum Hintertor um das Schulgelände zu verlassen. Von dort gab es nur 2 Minuten Fußweg entfernt ein Parkhaus in dem Alexej den Wagen parkte und sie dann abholte. Rachel würden sie nach Hause fahren, sie hatte sich mittlerweile an diesen Luxus gewöhnt und wurde nicht mehr nervös wenn sie in diesem Luxuswagen saß. Was Amy ihr zu Gute halten musste war, dass sie keine Fragen gestellt hatte, wieso Alexej sie jeden Tag abholte und womit er sein Geld machte. Leider wurde ihnen an diesem Tag von den ach so tollen Sportlern und Cheerleadern der Weg versperrt. Ein paar mal hatte Amy versucht einfach an ihnen vorbei zu gehen, doch sie würden die zwei Mädchen wohl nicht einfach so gehen lassen. Sicherheitshalber zog Amy ihre Freundin hinter sich um sie so vor Angriffen schützen zu können, doch es half nichts, die Jungs teilten sich auf und umkreisten sie, jetzt saßen sie endgültig in der Falle. Wenigsten schien Alexej sie entdeckt zu haben und kam zu ihnen geeilt, doch schon kam der erste Typ auf Amy zu und sie machte sich bereit ihn abzuwehren. Sie glaubte zwar nicht, dass er sie schlagen würde, allerdings schon, dass die Jungs sich einen Spaß daraus machen würden sich die Mädchen zuzuschubsen. Dies hatte sie schon einige Male beobachten können. Der Junge kam gar nicht bist zu ihr, im Bruchteil einer Sekunde lag er keuchend auf dem Boden vor ihren Füßen und Amy blieb die Luft weg. Der Mann, der ihren Angreifer fest im Polizeigriff vor ihr auf dem Boden drückte, war ihr Freund Li Yang. Sie hatte ihn nun schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen und hatte keine Ahnung gehabt, dass er in den Staaten war. „Yang, was machst du denn hier?“ Als Amy Rachel erschrocken aufschreien hörte, löste sie ihren Blick aus den schwarzen Augen ihres Freundes und sah sich um. Erschrocken keuchte sie auf, als sie das Bild vor sich sah. „Yang, hol sofort die Männer von meinen Mitschülern weg.“ Er drückte dem Jungen am Boden die Luft ab und stand auf als dieser das Bewusstsein verlor. „Tut mir wirklich leid, aber das kann ich nicht.“ Amy wollte ihren Kindheitsfreund schon anschreien als er weiter sprach. „Das sind nicht meine Männer sondern deine.“ Sofort flog ihr Blick zu Alexej, der peinlich berührt zu Boden blickte. Ihr Vater hatte sie also die gesamte Zeit beschatten lassen um ihre Sicherheit zu garantieren. Trotzdem war deren Reaktion auf die Schüler maßlos übertrieben. „Gut. Wären die Herren dann vielleicht so freundlich, die Waffen und Messer von meinen Mitschülern wegzurichten?“ Dann wand sie sich wieder Yang zu. „Wieso bist du dann hier?“

„Tut mir leid, Ayumi. Mathew hat mich rufen lassen um dich zu ihm zu bringen. Es wurde ein Foto von dir aufgenommen und deine Identität aufgedeckt. Mathew konnte mithilfe seines Einflusses alle Spuren verschwinden lassen, doch ab jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit bis es raus kommt. Du musst nach Hause und bekommst dann wieder dort Unterricht.“ Wut baute sich in Amy auf, doch sie wusste einfach nicht wohin damit, immerhin konnte ihr Kindheitsfreund auch nichts dafür. „Verstanden. Gib mir bitte noch ein paar Minuten mit Rachel um mich zu verabschieden.“ Yang nickte ihr zu und entfernte sich etwas von ihr. Noch immer standen die Sportler von ihren Leibwächtern bedroht da und zitterten unkontrolliert. „Verdammt noch mal. Nehmt endlich eure Waffen runter und lasst die Kinder gehen. Denkt ihr wirklich sie haben vor mich zu entführen oder mich umzubringen? Wir sind hier an einer Junior High School.“ Langsam ließen sie endlich ihre Waffen sinken und die Teenager sackten kraftlos zu Boden. Nun kamen auch noch die Lehrer angerannt, die wohl den Tumult bemerkt haben. „Yang kümmere dich bitte um die Lehrer. Der Rest bringt die armen Jungen bitte rein, damit sie sich setzen und erholen können.“ Scheiße, dass konnte doch alles nicht wahr sein, sie hatte noch nicht mal einen Monat von ihren versprochenen fünf in der Schule gehabt. „Tut mir leid Rachel. Jetzt heißt es wohl erstmal Abschied nehmen. Verzeih mir, dass ich dir nicht die Wahrheit über mich sagen konnte.“ Mit Tränen in den Augen schüttelte ihre Freundin den Kopf und riss sie dann in die Arme. „Ich werde dich vermissen.“ Ja, sie würde Rachel auch vermissen. „Wir sehen uns doch Samstag schon wieder. Ich habe dir doch versprochen mit dir das Spiel deines Bruders anzusehen und ich gedenke dieses Versprechen zu halten. Ich werde dir dann alles erklären.“ Sie nickte und ließ sie dann langsam los. Schnell drehte sich Amy weg und machte sich zu Alexej auf den Weg. „Bring Rachel bitte sicher nach Hause. Ich werde mit Yang fahren, komm dann wenn du alles erledigt hast zum Anwesen meines Vaters.“

„Ist dir eigentlich klar, dass meine Tarnung eigentlich nur durch euer unbedachtes Eingreifen vorhin aufgeflogen ist? Wenn du sagst Dad konnte die Fotos zurück halten, dann hätte ich doch eigentlich noch etwas Zeit gehabt, bevor irgendjemand etwas von mir erfahren hätte. Immerhin werden die Paparazzi nur Fotos von mir machen und mich nicht entführen oder umbringen.“ Amy war bewusst, dass sie gerade wie ein bockiges Kind sprach, doch es hatte ihr wirklich viel bedeutet, mal ein normales Leben führen zu können. Jetzt mit der Aktion ihrer Leibwächter, von denen sie nicht einmal etwas gewusst hatte, würde sie nicht in die Schule zurück kehren können. Selbst wenn niemand mitbekommen hatte wie Yang sie Ayumi nannte, so würden nun doch Gerüchte auftauchen und man würde sie nicht mehr in Ruhe lassen. „Uns blieb in diesem Moment keine andere Möglichkeit. Deine Leibwächter mussten vom Schlimmsten ausgehen, um dich effektiv schützen zu können und ich würde nie zulassen, dass dich so ein unverschämter Typ einfach so berührt.“ Da ist er wieder, der überbehütende Yang. Amy konnte sich noch daran erinnern als wäre es erst gestern gewesen, als Yang sie 7 Kilometer den Berg hoch getragen hatte und das nur weil sie zuvor hingefallen war und sich die Knie aufgeschürft hatte. Jeder normaler Mensch hätte einfach darüber hinweg gesehen, war diese Verletzung doch nichts wirklich Schmerzhaftes und schränkte einen auch nicht ein, doch Yang bestand darauf Amy zu tragen. Was er wohl sagen oder tun würde, wenn er erfahren würde wie viele blaue Flecken und Verstauchungen sie sich bei ihrem Kampftraining zugezogen hatte. Amy war sehr wohl ganz gut selbst in der Lage auf ihre Sicherheit zu achten, damals noch in den Alpen hatte sie nie verstanden, wozu sie dieses Training so dringend brauchte. Nun da sie die Umstände ihres Vaters, ihre Position und auch die Wahrheit über den Tod ihrer Mutter kannte, konnte sie das Bedürfnis ihres Vaters, sie in Sicherheit zu wissen gut nachvollziehen. Amys Brust zog sich bei dem Gedanken an ihre Mutter zusammen, was sie eigentlich wunderte, immerhin war diese gestorben, als sie gerade mal 2 Jahre alt gewesen war und Amy konnte sich nicht mehr wirklich an sie erinnern. Man hatte versucht Amy zu entführen und ihre Mutter einfach eiskalt erschossen, damit sie der Entführung nicht in die Quere kam. Die Kidnapper hatten sie schon mit sich genommen, doch schafften sie es nicht weit, bis sie von der Polizei umzingelt waren. Alle wurden erschossen und Amy war wieder in Sicherheit, doch ihr Vater war in Trauer, seine Liebe verloren zu haben und voller Angst auch noch sein einziges Kind verlieren zu können, dass er sie mit seinem Sekretär und seiner Frau in die Schweiz tief in die Berge schickte. Dort wurde sie von vielen verschiedenen Privatlehrern unterrichtet. Nicht nur die regulären Schulfächer, sondern gerade Sprachen, standen ganz oben bei ihrem Unterricht, genau wie ihr Kampftraining. Jetzt konnte sie 8 Sprachen fließend und akzentfrei sprechen, da sie ihre Akzente mithilfe von Logopäden abtrainiert bekommen hatte. Wenn sie heute darüber nachdachte, hatte sie wirklich ihres Standes entsprechen eine Ausbildung erhalten, vielleicht sogar darüber hinaus. „Der Typ hätte mich nicht mal zu greifen bekommen, du hättest dich also nicht einmischen brauchen.“ Jetzt standen sie vor dem Büro ihres Vaters und Amy freute sich ihn endlich wieder zu sehen. Zwar war sie nun schon einige Monate wieder in den Staaten, doch trotzdem hatte sie ihren Dad in dieser Zeit nur 2 Mal gesehen. Auch jetzt war es schon wieder 5 Wochen her. Als Yang anklopfte und die Tür öffnete, setzten sich ihre Beine ohne ihr zutun in Bewegung und sie befand sich in der nächsten Sekunde in den Armen ihres Vaters wieder. Fest wurde sie an seine Brust gedrückt und sanft auf den Kopf geküsst. „Ich freue mich dich wieder zu sehen, Kleines. Es tut mir wirklich leid, dass ich Yang holen musste, um dich von der Schule abzuholen.“ Schlagartig fiel ihr wieder ein, dass ihr Vater sein Versprechen gebrochen hatte. Sie stieß ihn von sich und verpasst ihm eine Ohrfeige, die laut im Zimmer nachhallte. Etwas war sie erschrocken über sich selbst, aber sie war deswegen wirklich sauer. „Das hatte ich wohl verdient. Es tut mir wirklich leid, aber du musst verstehen, dass deine Sicherheit bei mir immer an erster Stelle steht. Lieber nehme ich deine Wut und Hass in Kauf, als dass ich dabei zusehe wie dir etwas zustößt.“ Sofort schmiss sich Amy zurück in seine Arme und drückte sich fest an ihn. „Tut mir leid, ich hätte dich nicht schlagen dürfen. Ich weiß doch, dass du immer nur das Beste für mich möchtest. Allerdings solltest du mal darüber nachdenken, ob ich so wirklich erwachsen werden kann.“

„Lasst uns Platz nehmen, ich habe einiges mit dir zu besprechen, außerdem habe ich noch ein Geschenk als Entschuldigung für dich.“ Sofort war Brandan, sein Sekretär bei ihm und reichte ihm eine Schmuckschachtel, die dieser gleich weiter an Amy reichte. Yang war schon im Begriff den Raum zu verlassen, wohl in der Annahme, dass nun ein Tochter-Vater Gespräch folgen würde, doch er wurde von Mathew Cooper aufgehalten. „Li Yang, setz du dich bitte auch mit zu uns. Ich habe einen Vorschlag für meine Tochter und je nach dem wie sie sich entscheidet, habe ich ein Angebot für dich.“ Yang neigte den Kopf und nahm dann in einiger Entfernung neben Amy platz, während diese den Deckel der Schatulle endlich hochhob und dann mit offenem Mund auf die Kette hinab starrte. Es war eine einfache silberne Kette mit einem tränenförmigen Anhänger, wirklich schlicht, aber einfach wunderschön. Vorsichtig strich Amy mit ihrem Finger über den Stein. „Das ist ein schwarzer Diamant. Ich dachte, er passt perfekt zu deinen Haaren und fällt weniger auf als etwas zu sehr Glitzerndes.“ Yang lehnte sich nun zu ihr hinüber und sah sich das Schmuckstück an, doch er behielt eine neutrale Mine und sagte auch nichts dazu. Amy nahm die Kette aus der Schachtel und reichte sie ihrem Vater. „Würdest du sie mir bitte umlegen?“ Vorsichtig hob sie ihre langen Haare hoch und machte so den Nacken für ihren Vater frei. Danach setze sie sich wieder und wartete gespannt darauf was ihr Vater ihr mitzuteilen hatte. „Ich habe beschlossen dass es an der Zeit ist, dir einen Verlobten zu suchen. Du bist jetzt 14 Jahre alt und lange können wir dich nicht mehr vor der Öffentlichkeit verstecken, es wäre also nur sinnvoll dir jetzt schon einen Mann zur Seite zu stellen. Was hältst du davon?“ Was sie davon hielt? Sie war gerade mal 14 Jahre alt. Amy hatte keine wirkliche Meinung dazu, sie hatte mehr oder weniger in Isolation gelebt und sich noch nie verliebt. Sicher war sie sich, dass sie einer Zweckehe nicht zustimmen würde, sie wollte jemanden als ihren Partner an ihrer Seite. „Warten Sie Mathew. Ayumi ist für so etwas doch noch viel zu jung.“

„Meine Tochter braucht jemanden an ihrer Seite auf den sie sich zu 100 Prozent verlassen kann um in unserer Gesellschaft zu überleben. Und was wäre besser als einen Verlobten, der sie von Herzen liebt?“ Yang neigte erneut sein Haupt. „Ayumi was meinst du dazu?“ Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und atmete tief durch. „Ich möchte niemanden heiraten, nur weil es so einfacher für mich werden würde.“ Brandan der schräg hinter ihrem Vater stand, nickte resolut bei ihrer Aussage. „Ich denke, dass ich auf mich selbst aufpassen kann und mich mit der Zeit auch an diese Gesellschaftsschicht gewöhnen werde, dafür brauche ich nicht unbedingt einen Mann an meiner Seite.“ Ihr Vater begann zu grinsen und sie bekam ein wirklich ungutes Gefühl dabei. Bis jetzt hatte es ihr Vater noch immer geschafft seinen Willen durchzusetzen, genau deswegen war er in der Wirtschaftswelt so gefürchtet. „Gut dann mache ich dir einen anderen Vorschlag. Lass uns ein Spiel daraus machen. Ich habe einige junge Männer für dich ausgewählt, die ich für passend als deinen Ehemann halte. Sie kommen alle aus gutem Hause und haben ihre eigenen Vorzüge. Ich werde sie dir nicht vorstellen und dich nicht zu einem Treffen mit ihnen zwingen, doch ich werde es so arrangieren, dass ihr euch über den Weg laufen werdet, ab da steht es dir frei zu wählen was du tun willst. Keiner der Männer hat eine Ahnung davon wer du bist und das ich sie als einen möglichen Ehemann für dich gewählt habe. Als Gegenleistung dafür dass du dich auf dieses Spiel einlässt, werde ich mit der Familie von Rachel Blue sprechen und sie davon überzeugen sie zusammen mit dir privat unterrichten zu lassen. Du wärst also in der Lage noch immer deine Schulzeit mit ihr zu verbringen, auch wenn ihr die einzigen Schüler sein werdet. Was hältst du von diesem Vorschlag?“ Er hatte sie und irgendwie ärgerte es sie, dass er es immer schaffte zu bekommen was er wollte. Wenn sie ehrlich war, hatte er sie schon überzeugt, als er davon sprach daraus ein Spiel zu machen. Amy liebte Spiele. „Sagst du mir wer die Männer sind?“ Er schüttelte den Kopf. „Wie soll ich sie dann erkennen, wenn weder sie noch ich vom anderen wissen?“

„Ich habe doch gesagt, dass ich sie ausgewählt habe. Die Auswahl habe ich nicht nur wegen ihrem familiären Hintergrund oder finanzieller Lage getroffen. Jeder einzelne von ihnen ist etwas Besonderes und strahlend wie ein Juwel. Glaub mir, wenn du sie siehst, wirst du sie erkennen. Als Hilfestellung gebe ich dir noch diese.“ Brandan legte 4 Edelsteine von der Größe eines Tennisballs vor ihr auf den Tisch. „Die schenke ich dir als Anhaltspunkt zu den Männern. Einen Smaragd, einen blauen Topas, einen blaugrünen Opal und einen Saphir. Jeder einzelne der heute geschenkten Edelsteine steht für einen deiner potenziellen Ehepartner.“ Also würde sie vier Männer finden und kennen lernen müssen um dieses Spiel zu beenden. „Das Spiel ist doch vorbei wenn ich alle getroffen habe. Oder erst wenn ich mich entschieden habe?“

„Erst wenn du dich entschieden hast.“

„Es gibt keine zeitliche Begrenzung? Aber ich muss mich für einen dieser Auserwählten entscheiden, richtig?“ Mathew Cooper nickte und Amy würde am liebsten wieder einen Rückzug machen. Sie war keine ängstliches Mädchen, doch wenn sie nun auf dieses „Spiel“ einging würde sie sich an die Regeln halten müssen, dass befahl Amy ihre Rechtschaffenheit. Was würde sie tun, wenn sie sich nun in einen vollkommen Anderen verlieben würde, jemand den ihr Vater nie in Betracht gezogen hätte? Dann kam ihr ein Gedanke. „Was gewinne ich, wenn ich das Spiel beende?“ Sie musste das Spiel ja nicht unbedingt gewinnen, sie konnte sich auch gegen alle entscheiden und damit das Spiel aufgeben und verlieren. „Ich werde dir einen Wunsch erfüllen. Egal welchen, solange es in meiner Macht steht werde ich ihn dir gewähren.“ Amy dachte noch eine ganze Weile über die Vor- und Nachteile nach und fällte dann eine Entscheidung. „Ich gehe auf dieses Spiel ein, allerdings möchte ich nicht mit Rachel zusammen unterrichtet werden. Es reicht doch wenn ich auf ein normales Schulleben verzichten muss, dass möchte ich meiner Freundin nicht antun. Ich möchte dafür lieber das Versprechen von dir, dass ich mich an den Wochenenden mit ihr treffen darf um etwas vollkommen Normales mit ihr zu unternehmen. Alexej kann mich begleiten und für meinen Schutz sorgen, aber ansonsten will ich keine Sicherheitskräfte in meiner unmittelbaren Nähe haben. Wäre das in Ordnung?“

„Einverstanden. Doch du wirst zu bestimmten Anlässen immer mal wieder ins Ausland müssen, dies wird überwiegend an Wochenenden sein. Wenn so etwas vorkommt, dann wirst du deinen Verpflichtungen nachkommen müssen. Außerdem werden zusätzliche Leibwächter in Entfernung dabei sein. Sie werden euch nicht weiter auffallen, aber sollte etwas passieren werden sie für deine Sicherheit sorgen.“ Ihr Vater hatte anscheinend wirklich vor sie demnächst in die Gesellschaft einzuführen. „Okay. Solange ich sie nicht sehe, kann ich mich auch nicht an ihnen stören. Den Rest lasse ich auf mich zukommen.“ Nun wandte Mathew Cooper sich Yang zu. „Nun zu meinem Angebot an dich und deine Familie. Ich würde dich gern, solange das Spiel läuft, zu Ayumis Aufsichtsperson erklären. Du bist dann für ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen zuständig, sollte also etwas passieren würde ich dich dafür verantwortlich machen. Natürlich würde ich dich für deine Zeit entsprechend gut entschädigen und deine Familie bei einigen ihrer Verhandlungen immer mal wieder aus dem Hintergrund unterstützen. Was sagst du? Nimmst du den Auftrag an?“ Amy würde sich freuen endlich mal wieder etwas längere Zeit mit Yang verbringen zu können. „Ich nehme das Angebot an.“ Ihr Vater sah sehr zufrieden mit der Entwicklung aus und Amy ärgerte es mal wieder, dass alles so gelaufen war wie er es geplant hatte. Andererseits schien sie diese Eigenschaft von ihm vererbt bekommen zu haben. Sie war auch nicht schlecht darin anderen ihren Willen aufzuzwingen ohne dass sie es bemerkten, oder anders, sie bemerkten es manchmal schon, doch sie konnten ihr einfach nichts abschlagen. Wenn sie gerade darüber nachdachte, war dies eigentlich keine gute Eigenschaft, wenn es immer nach ihrem Willen gehen musste. Machte sie das nicht zu einem verwöhnten Mädchen, dass immer durchsetzen musste, was sie wollte? Komisch, dabei wusste sie bis vor kurzem noch gar nichts von ihrem Status.

 

 

Kapitel 2


Endlich war der versprochene Samstag gekommen und Amy war schon ganz aufgeregt endlich ihr erstes Baseballspiel live sehen zu können. Außerdem freute sie sich ihre Freundin nach dieser katastrophalen Verabschiedung wieder zu sehen und ihr alles erklären zu können. Nun konnte sie nur hoffen, dass Rachel ihr ihre Lügen verzeihen würde und alles beim Alten bleiben würde. Yang hatte sie darauf hingewiesen, dass es viele Menschen geben wird, die ihr aufgrund ihres Vater näher kommen wollten und das sie deswegen vorsichtig in der Auswahl ihrer Freunde sein musste um nicht ausgenutzt zu werden. Alexej hielt den Wagen vor Rachels Haus und Amy sah sie schon davor stehen. Als ihre Freundin das Auto entdeckte, rief sie noch etwas durch ihre Haustür und kam dann zu ihr in den Wagen. „Hey. Ich gehe davon aus wir fahren mit deinem Auto?“ Amy zog sie in ihre Arme und drückte sie fest an sich. „Hey. Tut mir leid.“ Sie spürte wie ihre Freundin den Kopf schüttelte. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, denn du hast absolut nichts falsch gemacht.“ Sie lösten sich wieder voreinander und Rachel schnallte sich an und nannte Alexej die Adresse zum Baseballfeld auf dem ihr Bruder spielen würde. „Es gibt vieles wofür ich mich bei dir entschuldigen muss. Als erstes wäre da, dass ich dir nicht die Wahrheit über meinen familiären Hintergrund erzählt habe. Zum Anderen, dass ich dich jetzt in der Schule allein lassen muss. Dann wäre da noch das Verhalten der Männer am Dienstag auf dem Schulhof und als letztes, dass wir uns wohl nicht mehr ohne Bewachung so frei treffen können wie bisher. Auch heute werden Alexej und Yang immer in meiner Nähe bleiben müssen.“

„Ich habe am Dienstag deinen Namen gegooglet und mir einen groben Überblick über deinen Vater geschaffen und wenn ich ehrlich bin, kann ich gut nachvollziehen wieso du niemandem von deiner Herkunft erzählen wolltest und konntest. Es tut mir leid, was damals mit deiner Mutter passiert ist. Auf jeden Fall bin ich dir deswegen nicht böse. Mach dir also keinen Kopf darum und entschuldige dich nicht weiter.“ Rachel hatte sich also schlau gemacht und hatte beschlossen alles beim Alten zu belassen. „Jetzt wo du alles weißt, siehst du mich da nicht mit anderen Augen?“ Rachel sah sie verwirrt an und runzelte die Stirn. „Amy ist Amy, wer dein Vater ist spielt dabei keine wirkliche Rolle. Wenn ich ehrlich bin kann ich mir dein Leben und alles was dazu gehört nicht wirklich vorstellen. Für mich fühlt es sich eher so an, als hätte ich einen Film gesehen als ich das alles gelesen hatte. Ich bin nur ein ganz gewöhnliches Mädchen aus einem normalen Haushalt und habe keinen Bezug zu deiner Welt. Und da ich es eher wie aus einem Film wahrgenommen habe, konnte ich es nicht wirklich mit dem Mädchen das meine Freundin ist zusammen bringen. Für mich bist du einfach nur Amy, meine Freundin die ich in der Schule kennen gelernt habe und mit der ich wirklich gern meine Zeit verbringe.“ Amy fiel ein Stein vom Herzen, wie es schien würde sich zwischen ihnen wirklich nichts ändern. „Wenn ich ehrlich bin, hatte ich etwas angst davor, dass sich unsere Beziehung nach dieser Enthüllung verändern könnte. Yang hatte mich davor gewarnt, dass es passieren könnte, dass sich das Verhalten der Menschen in meiner Umgebung ändern könnte, wenn sie erfahren wer ich wirklich bin. Einige werden mich deswegen ablehnen und andere würden meine Nähe suchen um Vorteile durch eine Verbindung zu mir zu haben.“ Rachel begann zu lachen. „Ich wüsste nicht welche Vorteile ich durch die Geschäfte deines Vaters bekommen könnte. Wie gesagt ich bin nur ein ganz normales Mädchen aus einem normalen Haushalt, meine Mutter ist Krankenschwester und mein Vater Freuerwehrmann.“ Beides Berufe die sich der Hilfe Anderer verschrieben haben, deswegen war Rachel wohl auch so ein liebenswertes Mädchen. „Okay ich habe verstanden. Dann lass uns das Thema einfach wechseln. Sind deine Eltern denn schon beim Spiel?“

„Nein, sie haben noch einige Dinge zusammen gepackt und werden dann später losfahren. Wir sollen schon mal einen guten Platz finden und für sie Sitze freihalten. Mein Bruder ist zwar erst 16, aber spielt schon in der Big League, deswegen werden wohl eindeutig mehr Zuschauer da sein, als in den jüngeren League.“ Hatten sie sich deswegen schon so früh getroffen? Es war gerade mal 8 Uhr und das an einem Samstagmorgen. „Wieso sind gerade diese Spiele so beliebt?“

„Weil sich viele Scouts die Spiele ansehen um vielversprechende Talente für ihr Collage anzuwerben. Noch dazu lieben die Amerikaner diesen Sport und wenn man ihn sich ansehen möchte ohne zu viel Geld für ein Ticket auszugeben, dann sieht man sich die Big League an, da sie von ihren Spielzügen den Profis nach den Uni Teams wohl am nächsten kommen.“ Darüber musste Amy erst mal nachdenken. Den Rest der Fahrt dachte sie über die Aussagen ihrer Freundin nach, sie hatte wirklich keine Ahnung von dieser Sportstruktur die es hier in den USA gab. Hier musste man nur Begabt sein in seinem Sport und einem standen die Türen zu einer guten Ausbildung offen. Sie war sich nicht sicher, was sie davon hielt, auf einer Seite war es gut für diese Sportler, andererseits unfair den anderen Leuten gegenüber, die hart arbeiteten um die Aufnahmeprüfungen zu bestehen oder an einer der Eliteuniversitäten angenommen zu werden. Natürlich war es auch hartes Training herausragend in einem Sport zu werden. Während sie noch weiter darüber nachdachte was sie wirklich davon hielt, parkte Alexej den Wagen vor einem kleinen Stadion und Rachel zog sie mit sich aus dem Auto. „Lass uns versuchen einen Platz direkt beim Catcher zu finden. Ich liebe es dem Pitcher gegenüber zu sitzen, man hat dann immer das Gefühl er würde direkt zu dir werfen.“ Als sie das Stadion betraten war Amy wirklich erstaunt wie viel schon los war, natürlich war es noch nicht wirklich voll, aber dafür das das Spiel erst in knapp einer Stunde beginnen würde, war schon verdammt viel los. Rachel zog sie an ihrer Hand mit sich und ging mit ihr zielstrebig auf ihren gewünschten Platz zu. Kurz stockte sie in ihrem Schritt als sie einen jungen Mann dort sitzen sah, wo sie hin wollten, doch dann setzte sie ihren Weg fort und Amy trottete ihr einfach hinter her. Rachel ließ zwei Sitze zu dem Mann frei und nahm dann platz, Amy jedoch konnte sich nicht vom Fleck bewegen, all ihre Muskeln verweigerten eine Bewegung und wurden starr. Der unbekannte junge Mann hatte wirklich eine unglaubliche Ausstrahlung, als würde er von inner heraus strahlen. So etwas hatte Amy noch nie erlebt. Obwohl doch, einmal, als sie Yang das erste Mal getroffen hatte, hatte ihr sein Anblick auch den Atem verschlagen. Jetzt erlebte sie dieses Phänomen erneut und sie wusste nicht wirklich was sie damit anfangen sollte. Sie befahl ihren Muskeln sich zu entspannen und sich zu bewegen. Langsam ging sie auf den jungen Mann zu und sah ihn sich interessiert an. „Entschuldigung, aber ist neben dir noch frei?“ Er sah zu ihr auf und ihre Blicke verhackten sich ineinander, während keiner von ihnen auch nur ein weiteres Wort sagte. Der Augenblick wurde unterbrochen als Yang sie ansprach. „Amy, hast du dein Versprechen vergessen?“ Sie drehte sich zu ihrem Freund und sah ihm fest in die Augen. „Nein, habe ich nicht.“ Dann sah sie den Fremden wieder fragend an, dieser zeigte nun auf den Platz neben sich und lächelte ihr entgegen. „Du kannst dich gern setzen, ich bin allein hier.“ Sofort nahm sie platz und zog Rachel einen Sitz zu sich, damit sie neben ihr saß. Sie hatte nur versprochen nichts gefährliches zu tun und immer in der Nähe ihrer Bewacher zu bleiben, jedoch nicht die ganze Zeit an seiner oder Alexejs Seite zu kleben. „Mein Name ist Amy, die hübsche Lady neben mir ist Rachel und unsere Begleiter sind Yang und Alexej.“ Wieder sah er sie an und jetzt fiel es ihr auf. Dieser Mann war der blaugrüne Opal. Seine Augen waren sowohl blau als auch grün, Amy konnte nicht sagen ob sie nun blau mit grünen Sprenkeln, oder grün mit blauen Sprenkeln waren. Es sah fast so aus, als wäre ein Feuerwerk aus Grün und Blau in seinen Augen explodiert, sie waren wirklich außergewöhnlich und wunderschön. „Mein Name ist Orell, freut mich eure Bekanntschaft zu machen.“ Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Die Freude ist ganz meinerseits.“ Rachel neben ihr nuschelte auch so etwas wie Freut mich., während die Männer nichts weiter dazu sagten. „Spielt ein Bekannter von dir mit oder wolltest du nur zum Spaß zuschauen?“

„Ich komme eigentlich aus der Schweiz, aber ich mochte diesen Sport schon immer sehr gern, deswegen wollte ich meine Freizeit während des Studiums dazu nutzen mir so viele Spiele wie möglich anzusehen.“ Amy hatte das Gefühl einen wirklich traurigen und resignierten Unterton in dieser Aussage gehört zu haben. Tröstend legte sie ihre Hand auf sein Knie und drückte kurz zu. „Und was macht dich dann so traurig?“ Erstaunt blickte er wieder zu ihr und wieder hatte sie das Gefühl von seinen Augen gefangen zu werden. „Wie kommst du darauf, dass ich traurig sein könnte?“ Da war sie sich selbst nicht wirklich sicher. „Ich hatte einfach das Gefühl da einen Unterton in deiner Stimme gehört zu haben. Ein Ton von unendlicher Traurigkeit gepaart mit Resignation.“ Die Augen Orells wurden größer. „Du bist ein wirklich aufmerksames Mädchen. Ich wollte immer mal selbst spielen, doch hatte nie die Gelegenheit dazu. In der Schweiz interessieren sich die Leute nicht wirklich für diese Sportart. Ich habe immer allein Zuhause trainiert doch das ist nicht das Selbe wie wirklich in einem Spiel dabei zu sein.“ Dabei konnte sie ihm leider nicht helfen, für ein Spiel brauchte man 18 Spieler und diese konnte sie nicht für ihn auftreiben. Aber sie konnte ihm vielleicht etwas Spaß schenken. „Dann lass uns doch einfach spielen. Natürlich kein richtiges Spiel, dafür fehlen uns die Leute, aber wir könnten uns einen Platz mieten und du könntest ein paar Bälle werfen. Rachel hat es zwar versucht zu verstecken, aber sie spielt in ihrer Freizeit immer mit ihrem Bruder, der heute auf dem Platz stehen wird. Ich habe zwar selbst auch noch nie gespielt, doch ich war schon öfter aus Spaß Batter und könnte es mal versuchen. Yang und Alexej würden sich uns bestimmt anschließen.“ Gerührt blickte es zu ihr. „Wenn es euch keine Umstände machen würde, würde ich mich darüber freuen.“

Was war nur los mit ihm? War er gerade wirklich auf den Vorschlag dieses Mädchens eingegangen? Er musste eindeutig verrückt geworden sein, doch es hatte ihn irgendwie gerührt, dass sie versuchte ihn von seiner Traurigkeit zu befreien. Es war seit seinem 8. Lebensjahr sein Traum gewesen irgendwann nach Amerika zu gehen und in der Major League zu spielen und somit Profispieler zu werden. Sein Vater hatte ihn gewähren lassen, wohl im Glauben seine Freude und Besessenheit an diesem Sport würde mit der Zeit vergehen, doch er hatte sich getäuscht. Orell hatte täglich hart trainiert und nie damit aufgehört seinen Traum zu verfolgen. Was er jedoch nicht ändern konnte war seine praktische Erfahrung, die praktisch Null war. Also hatte er seinen Vater davon überzeugt ihn in den Staaten studieren zu lassen, in der Hoffnung auf der Universität spielen zu können. Leider war das Leben nicht so einfach, er hatte es zwar auf die Columbia geschafft und sich wie von seinem Vater gewünscht an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät eingeschrieben und somit die erste Hürde geschafft, doch es gab einen Aufnahmetest um in die Mannschaft zu kommen, an dem er grandios gescheitert war. Damit hatte sich sein Traum erledigt und sein Vater würde seinen Willen bekommen. Nach dem Studium würde er in die Schweiz zurück kehren und an der Seite seines Vaters arbeiten um irgendwann später sein Geschäft zu übernehmen. „Sehr schön, dann lass uns morgen treffen. Ich werde einen Platz suchen den wir verwenden können und vielleicht finde ich ja auch noch ein paar mehr Mitspieler.“ Er lächelte sie so gut es ging an, sie war wirklich ein gutes Mädchen und sehr freundlich. „Gern.“

Schon wieder schwang Kummer in seiner Stimme mit, doch Amy würde ihn nicht erneut darauf ansprechen. „Was für eine Position hättest du denn gern gespielt, wenn du in einer Mannschaft gewesen wärst?“ Vielleicht half es ihm über seine Leidenschaft zu sprechen. „Da ich immer nur allein Trainieren konnte, wäre ich wohl am besten zum Pitcher geeignet.“ Ja, diese Position konnte man gut allein trainieren. „Deswegen sitz du also hier. Rachel sagte vorhin, sie wolle hinter dem Catcher sitzen, weil sie so den Pitcher genau sehen konnte und immer das Gefühl haben würde er würde den Ball zu ihr werfen. Wenn du hier sitzt, kannst du dir genau ansehen, wie der Pitcher wirft und sich bewegt. Auf diesem Platz hast du die beste Möglichkeit durch das Zuschauen zu lernen.“ Eine Weile schien er über Amys Aussage nachzudenken, bevor er antwortete. „Vielleicht habe ich mich deswegen unbewusst hier hin gesetzt.“ Ein Lächeln erschien erneut auf ihrem Gesicht und dann kamen auch schon Rachels Eltern die sich nun zu ihnen setzten und ein Gespräch begannen. Dann endlich begann das Spiel und Amy war glücklich Rachel gefragt zu haben, ob sie sie begleiten könnte. Es war wirklich ein ganz anderes Gefühl, ein solches Match im Stadion zu sehen, als zu Hause vor dem Fernseher. Man fiebert bei jedem Pitch und jedem Batter mit und fühlt den Fluss des Spiels. Rachel erklärte ihr Stolz, dass ihr Bruder mit seinen 16 Jahren der Ass Pitcher seiner Mannschaft war und Amy musste ihr zustimmen, dass er wirklich gut war. Er hat im gesamten Spiel nur einen Run zugelassen und das obwohl er die Batter immer wieder absichtlich treffen ließ. Er war kein kraftvoller Pitcher, der die Batter mit seinen Würfen überwältigte, sondern er ging auf Kontakt und packte soviel Bewegung in den Ball, dass die Batter nicht richtig trafen und somit die Feldspieler das Out holten. Am Ende gewann die Mannschaft von Shane, Rachels Bruder, mit 5 zu 1. „Glückwunsch zum Sieg deines Bruders. Er war wirklich klasse.“ Die ganze Familie strahlte übers ganze Gesicht. „Danke. Er ist wirklich klasse und mit etwas Glück schaffte er es später sogar Profi zu werden.“ Sie sollten es besser langsam angehen lassen. Noch war der Junge erst 16 Jahre alt und würde sich schnell verletzen, wenn er es übertreiben würde. Es gab wohl keine Sportart in der sich die Spieler selbst so oft verletzten wie im Baseball. Deswegen gab es für Jungendliche im Wachstum auch ganz bestimmte Regelungen wie viele Bälle sie werfen, wie oft sie spielen dürfen und so weiter. Eine Menge vielversprechender Spieler haben sich durch zu hohen Druck, durch zu hartes Training, am Ende selbst zerstört. „Wollen wir noch zusammen Mittag essen?“ Das Spiel ging knapp drei Stunden und es wäre die perfekte Zeit für Mittagessen. „Mein Mann und ich werden nach Hause gehen, aber Rachel kann gern bleiben.“ Amy sah ihre Freundin an, die erfreut nickte. „Gut, dann lasst uns mal schauen wo wir essen können.“ Amy drehte sich zu Orell und fragte ihn, ob er sich ihnen anschließen würde und er willigte ein. „Können wir euch vielleicht noch um einen Gefallen bitten? Wärt ihr so nett und nehmt Shane mit euch?“ Amy sah zu Yang und dieser antwortete für sie. „Kein Problem. Wir warten auf ihn und bringen ihn später zusammen mit Rachel nach Hause.“ Rachel begann zu lachen, als ihre Eltern dabei waren zu gehen. Fragend flogen alle Blicke in ihre Richtung und sie wurde prompt rot im Gesicht. „Ich fand es nur lustig wie erleichtert und erfreut meine Eltern schienen, endlich mal einen Samstag für sich zu haben. Mein Bruder hat nur Baseball im Kopf, was heißt, dass er außer zum Training das Haus kaum verlässt. Und ich hatte vor Amy nie wirklich eine Freundin mit der ich mich am Wochenende verabredet hätte. Deswegen sind sie wohl froh uns endlich mal los zu sein.“

„Gut dann lasst uns mal beim Ausgang zu den Umkleideräumen auf Shane warten. Gibt es irgendwelche Wünsche was das Essen angeht?“ Amy sah zu ihrer Freundin, doch diese schüttelte nur den Kopf. „Dann hätte ich einen Wunsch. Ich würde gern italienisch essen, ich habe Lust auf eine gute Pasta.“ Yang nickte und begann während sie zum Ausgang liefen auf seinem Smartphone herum zu tippen.

Am nächsten Morgen trafen sie sich wie vereinbart auf dem Trainingsplatz von Shanes Mannschaft. Beim Mittagessen am Tag zuvor hatte Shane angeboten mit seinem Trainer zu sprechen und ihren Platz zu organisieren, genau wie noch zusätzliche Spieler. Es gab wohl viele in ihrer Mannschaft die auf der Bank saßen und sich über ein gutes Trainingsspiel freuen würden. Nun standen hier 20 junge Leute die ganz heiß darauf zu sein schienen Baseball zu spielen, nun ja alle außer Yang und Alexej, die Beiden mussten hier sein, doch zumindest mussten sie nicht unbedingt am Match teilnehmen, da sie eh 2 zu viel waren. Orell kam zu ihr und nahm sie in den Arm, Amy war davon völlig überrumpelt. „Wofür hab ich das denn verdient?“ Langsam legte sie nun auch ihre Arme um seine Taille und erwiderte die Umarmung. „Du hast das alles hier auf die Beine gestellt oder zumindest hast du es initiiert. Ich bin dir wirklich dankbar dafür, jetzt kann ich wenigstens einmal in meinem Leben ein richtiges Spiel spielen.“ Sie trennten sich wieder und Amy zog Shane zu ihnen. „Du solltest dich besser bei dem hier bedanken. Er hat diese Möglichkeit geschaffen.“ Sofort bedankte sich Orell auch anständig bei dem Bruder ihrer besten Freundin, doch dieser lachte nur laut los. „Wir sind hier alle baseballsüchtig und die Jungs freuen sich wenn sie auch mal ein komplettes Spiel durchspielen dürfen. Also tut ihr ihnen genau so einen Gefallen wie wir euch.“

„Spielst du denn heute auch wieder?“

„Ja ich spiele mit, aber ich werde nicht der Pitcher sein. Ich habe gestern 97 Bälle geworfen und war schon hart an meiner Grenze. Meine Schulter muss sich ausruhen, aber ich werde batten und irgendwo im Outfield stehen. Ich habe zwar keine große Erfahrung auf dieser Position, doch Amy und Rachel sind ja auch noch Neulinge.“ Dann sah er zu meinen Wachhunden. „Spielen Yang und Alexej mit?“ Amy sah zu ihnen und sie schüttelten synchron den Kopf. „Wie es scheint, werden sie Umpire sein.“ Sie brauchten schließlich auch einen Schiedsrichter. „Wie wollen wir die Mannschaften bestimmen?“ Immerhin wäre es am günstigsten, wenn Rachel und sie nicht in einer Mannschaft wären und wenn die Pitcher getrennt wären. „Ich habe gedacht ein Team wird rot und bekommt als Pitcher und Catcher unseren Ersatz, das andere Team spielt in schwarz und bekommt Orell und den anderen Catcher. Den Rest sollten wir durch Lose entscheiden.“

„Es wäre aber etwas unfair wenn Rachel und ich in einer Mannschaft landen würden.“

„Dann zieht eine von euch ein Los und die andere geht automatisch in die gegnerische Mannschaft.“ Damit konnte sie leben. Amy ging zurück zu Yang und ließ sich ihre Schuhe reichen. „Denkst du ich bekomme das hin?“ Sie hatte zwar ein paar Mal aus Spaß mit Nozomi ein paar Bälle geschlagen, doch hier musste sie Bälle von erfahrenen Spielern treffen. „Naja, mit etwas Glück triffst du ja vielleicht. Du bist eine schnelle Läuferin, also könntest du mit einem schlechten Hit zur ersten Base kommen.“ Na, wenn das mal keine aufbauenden Worte waren. „Mach dir einfach keine zu großen Gedanken darum. Entspann dich einfach und konzentrier dich auf den Ball.“ Die Teams wurden in der Zwischenzeit gewählt und Amy freute sich, dass sie mit Orell in einer Mannschaft würde sein können. Nun dehnten sich alle und auch die Pitcher machten ihre Probewürfe um ihre Schultern aufzuwärmen. Dann ging es endlich los, sie waren zuerst in der Offensive und aus einem ihr nicht verständlichen Grund würde sie die erste am Schlag sein. Hatten die Jungs ihr eigentlich nicht zugehört als sie gesagt hatte, dass sie noch nie wirklich einen Ball geschlagen hatte? Etwas nervös ging sie zur Plate und stellte sich in die Batter-Box, tief durchatmen und konzentrieren. Nichts würde passieren, wenn sie es nicht schaffte den Ball zu treffen und niemand erwartete wirklich von ihr es zu schaffen. Sie könnte auch einfach nur hier stehen und die Bälle an sich vorbei fliegen lassen, auch das würde ihr wohl niemand übel nehmen. Der Erste Pitch sauste an ihr vorbei und Amy war wirklich erstaunt wie schnell er war. Mal im ernst wie sollte man denn aus so kurzer Entfernung einen so schnellen Ball treffen? Yang schrie laut „Ball“ und Amy hätte ihn küssen mögen. Dann kam der zweite Wurf und Amy schlug danach und wie auch immer sie es geschafft hatte wusste sie nicht, doch ihr Schläger erwischte den Ball und er flog. Vollkommen geschockt blieb sie stehen, bis sie hörte wie sie von ihrer Seite aus angeschrien wurde zu rennen. Sofort ließ Amy ihren Schläger fallen und rannte zur ersten Base, doch dort blieb sie stehen und sah sich dann noch mal um. Alexej kam zu ihr und nahm lachend ihren Ellenbogenschützer entgegen. „Du hättest es locker bis zur dritten Base geschafft, wenn du sofort losgerannt wärst und nicht einfach stehen geblieben wärst. Dein Ball ist perfekt zwischen Left- und Centerfield gefallen.“ Woher hätte sie das wissen sollen? „Ich habe keine Ahnung davon, wie schon gesagt ich spiele gerade zum ersten Mal, als ob ich da Zeit gehabt hätte zu sehen wo mein Ball gelandet ist.“ Alexej lachte erneut und beugte sich zu ihr runter um ihr ins Ohr zu flüstern. „Wenn du siehst, dass der Pitcher sein Bein zum Wurf anhebt renn so schnell du kannst zur nächsten Base. Du bist schnell und sie werden so eine Aktion nicht von dir erwarten.“ Okay, also die nächste Base stehlen. Das konnte sie, ruckartig nickte sie ihrem Bodyguard zu und konzentrierte sich wieder aufs Spiel. Mittlerweile war der zweite Batter in der Batter-Box und wartete auf seinen ersten Pitch. Amy tat genau wie von Alexej verlangt, sobald sie sah wie der Pitcher sein Bein hob rannte sie so schnell sie konnte zur zweiten Base und sie konnte es kaum glauben, aber sie hatte es tatsächlich geschafft.

Am Ende ging das Spiel 1 zu 0 aus. Amy hatte im ersten Inning einen Run geschafft, doch das waren die einzigen Punkte die in diesem Match gemacht wurden und sie war sich sicher, dass sie es nur geschafft hatte, da sie der Pitcher unterschätzt hatte oder sie schonen wollte und deswegen genau in die Mitte geworfen hatte. Was wohl wirklich alle überrascht hatte, war Orell. Er hatte ein komplettes No-No geschafft. Also No Hit, No Run. Er hat die Batter vollkommen mit seiner Kraft überwältigt und sie hatten keine Chance. Seine Fastballs waren laut Shane bestimmt zwischen 95 und 100 Meilen pro Stunde, was so zwischen 153 und 160 Kilometer pro Stunde war. Normalerweise warfen nur Profispieler so schnelle Bälle, noch dazu hatte er ein ganzes Arsenal an verschiedenen Würfen auf Lager gehabt, selbst Amy konnte das erkennen und für sie sahen die Würfe normalerweise alle gleich aus. Ihre Augen konnten nicht erkennen ob der Ball gerade flog oder eine Kurve machte, dafür fehlte ihr die Übung. Shane zog Orell nun zu sich und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Du hättest uns sagen müssen, dass du Profibälle werfen kannst.“ Und da war es wieder, diese Trauer in seinen Augen, doch nun hatte Amy einen winzigen Gedanken dazu im Kopf. „Orell, kann es sein, dass du hier gar nicht studieren möchtest, sondern lieber Baseball spielen wolltest? War es dein Traum Profi zu werden?“ Verschämt sah er zu Boden, doch wieder klopfte Shane ihm auf die Schulter. „Sollen wir dir helfen? Ich könnte mit unseren Trainer sprechen ob wir jeden Sonntag das Feld für ein Übungsspiel nutzen können und vielleicht erlaubt er es sogar, dass du beim Training mitmachen darfst. Du solltest dein Talent nicht vergeuden, ich kann nur davon träumen jemals solche Bälle wie du zu werfen.“ Dann lachte er erneut. „Trotzdem habe ich nicht vor gegen dich zu verlieren.“ Ja das waren Männer, sie konnten es nicht ertragen jemand anderem zu unterliegen. „Was für Würfe kannst du denn? Wenn ich mich nicht irre habe ich eine Fastball, Slider, Curveball und Changup erkannt.“

„Ich kann noch einen Gyroball werfen, aber den habe ich heute nicht eingesetzt.“ Oha sogar den Phantomwurf konnte er? Starke Leistung, er ist nicht weit verbreitet und die wenigsten schafften es ihn zu werfen. Der Gyroball ist so ähnlich wie ein Fastball, nur mit dem Unterschied, dass er keinen Rückwärts- sondern einen Seitwärtsdrall hat. Er dreht sich wie ein Football oder ein Projektil seitwärts um die eigene Achse und behält deswegen seine Flugbahn bei. Im Gegensatz dazu sinkt der Fastball etwas ab, bevor er die Plate erreicht und genau dies macht den Gyroball für viele so schwierig zu treffen, da ihn nur vereinzelt Leute werfen können. „Erstaunlich, wieso spielst du dann nicht in deiner Universitätsmannschaft?“

„Weil sie vorher das Fielding überprüfen und da ich vor heute noch nie gespielt habe, konnte ich nicht tun was von mir verlangt wurde. Noch bevor die Pitcher getestet wurde, war ich ausgeschlossen.“ Kein Wunder, dass er immer so traurig aussah wenn er darüber redete nur zuzuschauen oder wenn es an sich um Baseball ging. Amy hackte sich bei ihm ein. „Gut dann ist das jetzt beschlossene Sache. Wir helfen dir alle deinen Traum zu verwirklichen. Als ersten trainieren wir dein Fielding, danach dein Batting. Bis zum nächsten Semester haben wir dich soweit, dass du es ins Team schaffst.“ Sofort schüttelte er den Kopf. „Ich studiere an der Columbia und kann mir keine schlechten Noten leisten. Mein Vater würde mich direkt zurück in die Schweiz holen.“ So ein Quatsch. „Wir sorgen schon dafür, dass du alles unter einen Hut bekommst, doch du darfst nicht aufgeben. Es ist dein Traum, also musst du auch mit beiden Händen danach greifen und dich festbeißen. Du darfst nicht locker lassen. Baseball ist genau das was du dir immer gewünscht hast, also musst du dafür kämpfen. Wir unterstützen dich und werden dir helfen wo wir nur können, du musst nun nicht mehr alles allein machen.“ Orell sah sie erstaunt an und nickte dann langsam. „Verstanden, ich werde mein Bestes geben.“ Schon besser. Sie würden Orell schon fit für das nächste Try-Out bekommen und dieses Mal würde er es in das Team der Columbia schaffen und wenn er sein Studium beendet hatte, würde er die Majors herausfordern.



Kapitel 3


5 Monate hatten sie jetzt jede Woche hart mit Orell trainiert und endlich war es soweit und er konnte es erneut versuchen in die Mannschaft seine Uni aufgenommen zu werden. Leider würde Amy ihn nicht begleiten und unterstützen können, da sie mit Yang zu seinem Onkel fliegen musste. Dieser gab eine Party und hatte sie eingeladen und es war ihr gesellschaftstechnisch nicht möglich gewesen diese Einladung auszuschlagen, sie ging immerhin auch als Vertretung ihres Vaters. Außerdem wäre Yang bestimmt froh mal wieder etwas Zeit bei seiner Familie zu verbringen. Jetzt saßen sie im Flieger und würden in kürze in Singapur landen und Amy freute sich eigentlich mal wieder etwas Neues zu sehen. Die erst 14 Jahre hatte sie abgeschnitten von Rest der Welt gelebt, doch nun war sie frei und konnte viele neue und interessante Dinge entdecken. Außerdem wurde es mal Zeit, dass sich die ganzen Sprachstunden endlich auszahlten. „Yang, gibt es irgendwas auf das ich gesondert bei deiner Familie achten muss?“ Mal wieder spielte Amy mit dem Anhänger ihrer Kette, das tat sie immer wenn sie über etwas nachdachte, oder aufgeregt war. „Nein, du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Sei einfach immer höflich, alles andere ist egal.“ Da sie immer höflich war, außer man erlaubte sich einen groben Fehltritt, brauchte sie sich also keine Sorgen machen. „Ist mein Malaiisch okay, oder sprecht ihr Mandarin?“ In Singapur, da war sie sich sicher, wurde Malaiisch gesprochen, doch Yangs Familie stammte ursprünglich aus China. So weit sie verstanden hatte, waren sie bis vor 4 Generationen noch ein Verbrechersyndikat gewesen, doch dann beschloss das Oberhaupt ihre Geschäfte auf die legale Schiene zu verlegen und sie verteilten sich über den kompletten Globus. Noch heute hatten sie die Strukturen ihres Syndikats und bezeichneten sich als Familie, doch in Wirklichkeit waren sie nicht wirklich alle verwandt miteinander. Dieser Onkel der die Party gab, war demnach auch nicht wirklich Yangs Onkel, sondern wurde nur so bezeichnet, da er ein älteres Mitglied war und Yang miterzogen hatte, der schon mit 16 Jahren zum Oberhaupt der Familie wurde. Dieser Titel wurde nicht vererbt, sondern durch eine Abstimmung der ranghöheren Familienmitglieder gewählt. Amy verstand das Yang ein fähiger junger Mann war, doch sie hatte nie nachvollziehen können wieso diese alten Männern ihm sowohl seine Kindheit und Jungend nehmen konnten nur damit er das Oberhaupt werden konnte. Wenn sie darüber nachdachte, konnte sie sich vielleicht wirklich glücklich schätzen, dass ihr Vater sie von allem ferngehalten hatte und sie bis zu ihrem 14. Geburtstag frei von dieser Welt gewesen war. „Du kannst auch Englisch mit ihnen sprechen. Wenn du jedoch lieber in ihrer Sprache reden möchtest dann solltest du beim Mandarin bleiben.“ Gut dann würde sie dies tun. Amy ließ ihre Hand sinken und sah aus dem Fenster wie sie dem Boden immer näher kamen, jetzt wo sie ihre Fragen geklärt hatte war sie wieder vollkommen ruhig.

Am Abend zog sie ihr Kleid und Schuhe an, die sie für diesen Anlass eingepackt hatte und schüttelte noch mal ihre Haare durch, bevor sie hinaus auf den Flur trat, wo schon Alexej auf sie wartete. „Ich bringe dich zur Party. Yang musste schon mal vor, aber er wird dich dort in Empfang nehmen.“

„Gut.“ Was sollte sie auch sonst dazu sagen? Sie hätte es sich ja schon denken können, dass er jetzt wo er endlich mal wieder bei seiner Familie war, auch arbeiten musste. Immerhin war er nun schon fast ein halbes Jahr an ihrer Seite und sie hatte es erst geschafft einen ihrer Kandidaten zu finden und kennen zu lernen. Sie mochte Orell wirklich und war der Meinung, dass er bestimmt ein toller Ehemann sein würde, sie mochte ihn auch, doch ob diese Zuneigung einfach nur auf freundschaftlicher Ebene war, oder sie tiefer ging, wusste sie nicht. Dazu fehlte es ihr wohl auch einfach an Erfahrung. Auf jeden Fall sah es nicht danach aus, als würde dieses Spiel bald enden und Yang musste seine Geschäfte nun von den Staaten aus erledigen, doch manche Sachen mussten einfach persönlich besprochen oder verhandelt werden. Es war also kein Wunder, wenn Yang diese Chance nutzen würde. Außerdem waren sie auf dem Anwesen seines Onkels untergebracht, also war es nicht wirklich schlimm, dass er schon vorgegangen war. Immerhin musste sie nur den Flur entlang, die Treppe hinab und dann durchs Foyer zum Festsaal. „Das Kleid steht dir wirklich sehr gut.“ Darüber ließ sich streiten, doch sie nahm das Komplement dankend an. Sie fühlte sich nicht wirklich wohl in solch feiner Kleidung, doch natürlich verstand sie, dass es zur Etikette gehörte. Das Kleid für welches sie sich entschieden hatte, war bodenlang und komplett geschlossen. Der schwarze Stoff verlief in einer A-Linie, bedeckte ihre Arme und hatte einen schlichten Rundausschnitt der unter ihrem Schlüsselbein verlief. Also ein vollkommen unspektakuläres Kleid, doch genau dies passte zu ihr. Sie hatte keine Ambition auf dieser Party weiter aufzufallen. Amy würde den Gastgeber begrüßen und ihm für die Einladung danken, danach würde sie sich etwas zu trinken holen und sich im Hintergrund halten. Genau so sah der Plan für diesen Abend aus, sie hätte sich nicht mehr täuschen können. Schon in wenigen Stunden würde sie vor dem totalen Chaos stehen. Doch noch war die Zeit dafür nicht so weit, erstmal kam sie jetzt mit Alexej an ihrer Seite im Festsaal an und wurde sofort von Yang in Empfang genommen. „Du siehst wirklich wunderschön aus in dem Kleid.“ Verschämt sah sie auf den Boden und bedankte sich. Eigenartig, als Alexej ihr ein Kompliment gemacht hatte war sie nicht so verlegen gewesen. „Ayumi, darf ich dir meinen Onkel Lin Kim vorstellen. Er ist der heutige Gastgeber.“ Amy reichte ihm die Hand und er beugte sich hinab um sie zu küssen. „Freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen Miss Cooper.“ Amy machte einen leichten Knicks wie es sich gehörte. „Die Freunde ist ganz meinerseits. Ich freue mich hier sein zu dürfen und mit Ihnen gemeinsam dieses Fest genießen zu dürfen.“ Dann zog er eine jüngere Version seiner Selbst an seine Seite, wenn Amy schätzen müsste, würde sie ihn auf Ende Zwanzig schätzen. „Ich würde Ihnen gern noch meinen Sohn vorstellen. Er hat einige Jahre in den Staaten gelebt und würde sich über ein Gespräch mit Ihnen sicher freuen.“ Wieder wurden Höflichkeiten ausgetauscht, bevor Yang sie erlöste und mit ihr weiter in den Saal hinein ging. Er besorgte ihr ein Wasser zu trinken und manövrierte sie zum Rand des Raumes. Amy sah sich um und war erstaunt festzustellen, dass sie anscheinend bei weitem nicht die Jüngste bei dieser Veranstaltung war. Yang sah sich immer wieder im Saal um und sie konnte ihm ansehen, dass er nicht entspannen konnte. „Geh schon. Ich bleibe hier und werde mich benehmen. Wenn irgendwas sein sollte, dann habe ich immer noch Alexej an meiner Seite. Du warst lange nicht mehr so nah bei deinen Geschäftspartnern, also mach das Beste daraus.“ Yang bedankte sich schnell und machte sich anschließend auf den Weg um mit diversen Gästen zu sprechen. „Wie lange unser Oberhaupt wohl noch vorhat den Babysitter für ein verwöhntes kleines Gör zu spielen?“ Alexej neben ihr verspannte sich, aber Amy machte es nicht wirklich etwas aus. Yang war auf diesen Deal eingegangen und wurde dafür bezahlt und profitierte auch in seinen Geschäften von dieser Vereinbarung. Sie hatte also keinen Grund sich schuldig zu fühlen. Yang hatte diese Entscheidung getroffen, zum Wohle seiner Familie und um Amy zu unterstützen bei diesem Spiel. Wenn seine Familie damit ein Problem hatte, dann hatte sie das nicht zu interessieren, sollten sie sich bei ihrem Oberhaupt darüber beschweren. Amy sah sich im Saal um und konnte richtig sehen wie der gesamte Raum aufgeteilt war. Die meisten Frauen standen beieinander und schienen sich locker miteinander zu unterhalten, während die Gruppen der Männer alle angespannte und ernste Minen trugen und eindeutig übers Geschäft sprachen. Vereinzelt waren in diesen Gesprächen zwar auch Frauen vertreten, doch man konnte ganz klar erkennen, dass die Geschäftswelt von Männern dominiert wurde. Nach zwei Stunden hatte Amy schon keine Lust mehr auf diese Party und wollte nur noch zurück auf ihr Zimmer. „Alexej, ich geh man schnell für kleine Mädchen. Du kannst so lange hier warten.“ Er wollte widersprechen, Amy konnte es klar in seinem Gesicht erkennen. „Bitte. Wir sind hier im Haus von Yangs Familie. Hier wird es keine Gefahren geben vor denen du mich schützen müsstest. Lass mich also wenigstens allein auf Toilette gehen.“ Er nickte ihr zu und Amy machte sich auf den Weg aus dem Saal. Kaum aus der Tür wurde sie auch schon von einem Mann aufgehalten. „Hey. Mein Name ist Li Sino, ich bin ein Cousin von Yang. Ich habe gesehen, dass du heute Nachmittag zusammen mit ihm gekommen bist und wollte mich deswegen mal vorstellen.“ Eine ziemlich unformelle Begrüßung. „Nett dich kennen zu lernen. Ich bin Ayumi Cooper.“ In seinen Augen blitzte es auf und er kam näher zu ihr und irgendwie bekam Amy ein ungutes Gefühl, doch sie konnte nicht sagen wieso. „Die berühmte Ayumi Cooper. Es ist mit wirklich eine Ehre dich persönlich kennen lernen zu dürfen. Hättest du vielleicht Lust dich etwas mit mir zu unterhalten?“ Dann hob er seine Hand und begann mit ihren Haarspitzen zu spielen. „Würdest du bitte etwas Abstand halten?“ Dieser Einbruch in ihre persönliche Zone gefiel ihr nicht. „Sei doch nicht so. Wir werden uns sicher wunderbar verstehen.“ Tief durchatmen, sie durfte hier nicht für einen Aufruhr sorgen. „Ich sage es noch einmal, würdest du bitte etwas Abstand nehmen?“ Jetzt wurde er sogar noch dreister und legte ihr seine Hand auf die Schulter, während er mit dem Daumen über ihr Schlüsselbein fuhr. Das war der Moment in dem irgendwas in Amys Gehirn aussetzte. Das nächste das sie wieder klar wahrnahm war, dass der Typ hart gegen die Tür knallte und sie unter der Wucht nachgab und umfiel. Jetzt starrten sie alle im Saal an und Yang kam gemeinsam mit Alexej auf sie zu gerannt. Amy war geschockt über ihren Aussetzer und schämte sich dafür, sich nicht besser unter Kontrolle gehabt zu haben. „Ayumi, was ist denn passiert?“ Ach verdammt, sie hasste diese beschissene Konditionierung, gegen die sie machtlos war. „Er hat mich angefasst. Ich habe ihn mehrmals gebeten Abstand zu halten, doch er hörte einfach nicht.“ In Amys Kopf drehten sich die Gedanken, zum einen war ihr klar, dass sie richtig gehandelt hatte. Dieser Mann hatte sie bedrängt und hatte es nicht anders verdient, doch dass sie sich nicht beherrschen konnte, machte ihr Sorgen. Sie hätte diesen Mann umbringen können. „Was meinst du damit er hat dich angefasst?“ Yang sah auf den Boden und sein Blick wurde eiskalt. „Er hat mit meinem Haar gespielt, dann seine Hand auf meine Schulter gelegt und angefangen mein Schlüsselbein zu streicheln. Irgendwas setzte in mir aus und ich habe ihn von mir getreten. Ihr solltet ihn in ein Krankenhaus bringen, seine Rippen sind sehr wahrscheinlich gebrochen.“ Yang sah wieder zu ihr, doch nun waren seine Augen wieder weich. „Mach dir keine Gedanken darum. Er hat bekommen was er verdient hat. Sag mir lieber, wie du das gemacht hast? Ich meine dein Tritt war so hart, dass du ihn an die Tür geschleudert hast und diese aus den Angeln geflogen ist.“ Ja dies war ein Teil ihrer Erziehung von dem niemand etwas wusste, auch Yang nicht. „Adrenalin vielleicht? Ich wollte einfach nur dass er mich nicht mehr anfasst. Außerdem denke ich dass die Angeln davor schon nicht so fest gewesen sein können.“ Yang nickte und begab sich zu den Umstehenden um wieder für Ordnung zu sorgen. Alexej jedoch ließ sie nicht aus den Augen und sie konnte es in seinem Gesicht sehen, dass er ihr nicht glaubte. „Ich geh jetzt erstmal endlich auf Toilette.“ Alexej nickte, doch begleitete sie nun bis zur Tür und wartete davor auf sie. Jetzt hatte sie es geschafft und ungewollt alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Alles was Amy im Moment wollte war weg. Weg von dieser Party, diesem Haus, diesen Menschen. Sie öffnete das Fenster und stellte erfreut fest, dass davor ein Baum wuchs an dem sie würde hinab klettern können. Schnell stieg sie aus ihren Schuhen und nahm sie in die Hand. Das Kleid musste sie auch aufraffen, aber so schaffte sie es wirklich nach unten, zumindest hatte sie das gedacht, leider hatte sie im Dunkeln nicht gesehen, das jemand unter ihr saß und sprang dem unbekannten Mann direkt in den Schoß. Schnell stand sie auf und entschuldigte sich bei ihrem unbeabsichtigten Opfer. Dieser fluchte leise in Japanisch vor sich hin, allerdings hatte Amy diesen Akzent noch nie zuvor gehört. Zumindest verstand sie ihn und konnte sich noch mal bei ihm entschuldigen, dieses mal in seiner Sprache. „Es tut mir wirklich furchtbar leid. Ich habe nicht gesehen, dass hier unten jemand saß.“ Sie reichte ihm ihre Hand und zog ihn nach oben. Er war relativ klein für einen Mann, doch wenn man seine asiatische Herkunft betrachtete, war er wohl doch groß. So um die 1,75m würde sie tippen. „Wieso springt denn jemand von dort oben runter?“ Er schien noch immer verstimmt zu sein und Amy konnte es ihm wirklich nicht übel nehmen. Allerdings hatte sie auch keine Zeit sich weiter mit ihm zu unterhalten, jeden Moment könnte Alexej mitbekommen, dass sie sich nicht mehr im Bad befand und würde sich auf die Suche nach ihr machen. „Ich habe meine Gründe. Also noch mal mir tut es wirklich furchtbar leid. Sollte ich deine Kleidung kaputt gemacht haben oder sollten doch noch Verletzungen auftreten, dann melde dich bitte einfach bei Li Yang. Ich muss jetzt wirklich los. Noch mal es tut mir wirklich leid.“ Dann drehte sie sich schnell weg und rannte los, noch immer ihre Schuhe in der Hand und ihr Kleid nach oben gerafft. Wie sie diese Kleidung hasste, sie war so unpraktisch. Beim Zaun angekommen überlegte sie in welche Richtung sie gehen musste um zum Tor zu kommen. Hinter ihr raschelte es, sie drehte sich erschrocken um und rechnete schon damit Alexej oder Yang vor sich zu sehen, doch wer vor ihr stand, war der Junge auf den sie zuvor gefallen war. „Das Tor ist zu weit entfernt, wenn du wirklich vom Grundstück willst bevor du entdeckt wirst, musst du klettern.“ Amy sah sich die Gitterstäbe genauer an, sie waren um die 2,50m hoch, dass sollte sie schaffen. Schnell schmiss sie ihre Schuhe auf die andere Seite und begann zu klettern. Erstaunt stellte sie fest, dass der junge Mann es ihr gleich tat. Wie es schien war sie nicht die einzige die vor diesem Ort flüchten wollte. Als sie auf der anderen Seite ankam hörte sie Yang wie er nach ihrem Namen schrie. „Tut mir leid, Yang. Ich komme bald wieder.“, flüsterte sie reuevoll. Dann hob sie schnell ihre Schuhe auf und rannte erneut los. Hauptsache so schnell wie möglich weg von hier und noch immer wurde sie von dem ihr Unbekannten begleitet. Nach einer halben Stunde erreichten sie endlich die Stadt, verlangsamten ihren Schritt und Amy zog sich auch wieder ihre Schuhe an. „Wieso wolltest du unbedingt von dort weg?“ Warum sie weg wollte, wusste sie, doch es erschloss sich ihr nicht wieso der Asiat an ihrer Seite das Fest auch verlassen wollte. „Ich bin als Vertreter meines Vaters hier und war froh endlich mal was von der Welt sehen zu können. Doch mein Kammerherr wollte mich das Anwesen einfach nicht verlassen lassen. Angeblich wäre es für mich zu gefährlich und ich würde zu sehr auffallen. Als ich sah wie du losranntest, dachte ich mir, es wäre eine gute Gelegenheit endlich mal raus zu kommen. Mein Kammerherr war gerade dabei mir etwas zu trinken zu besorgen, es war also ideal.“ Hatte diese Junge gerade Kammerherr gesagt und jetzt sah sich Amy ihren Begleiter das erste Mal richtig an. Er fiel wirklich auf, mit seiner traditionellen Kleidung die mehr Ähnlichkeit mit einem Hanfu, traditioneller chinesischer Kleidung, als einem Kimono, traditionelle japanische Kleidung, hatte. Und genau das war seltsam, immerhin sprach er eindeutig Japanisch, wenn auch mit einem eigenartigen Akzent. „Wo kommst du her?“ Was auch auffiel waren seine Handschuhe. „Ich komme von Kami Shima.“ Amy hatte darüber gelesen und viel von ihren Lehrern erfahren. Immerhin war dieses Land für den Reichtum ihres Vaters verantwortlich. Vor über 25 Jahren stand Mathew Cooper mit seiner Firma Cooper Mining kurz vor dem Bankrott als auf der fast vollkommen unbekannten Insel Kami Shima eine riesige Goldader entdeckt wurde. Viele haben ein Gebot für die Abbaurechte eingereicht, doch ihr Vater bekam den Zuschlag. Bis heute war dieses Geschäft, das größte Rätsel der Finanzwelt. Ihr Vater schaffte es dadurch seine Firma zu retten und weiter auszubauen. Nun war es eine der fünf größten Firmen der Welt, die jährlich Milliarden gewannen. Aus Cooper Mining wurde der Mischkonzern Cooper Multi-Industry Company oder einfach nur Cooper Industrials. Es gab kaum noch einen Wirtschaftszweig in dem ihr Vater nicht seine Finger hatte und alles begann mit dieser Insel. „Du fällst wirklich etwas auf, doch ich mache da keinen Unterschied mit meinem Abendkleid. Erzähl mir doch noch etwas von dir.“ Amy war sich nicht sicher wieso, doch dieser junge Mann war ihr sympathisch und hatte eine sehr ruhige und ausgeglichene Ausstrahlung, doch gleichzeitig spürte sie auch etwas Wildes unter der Oberfläche. „Mein Name ist Daichi no Kami Shima, Prinz von Kami Shima und erster in der Thronfolge.“ Amy blieb fast die Luft weg, zum einen vor Erstaunen und zum Anderen weil sie sich ihr Lachen verkneifen musste. So stellte man sich doch nicht vor, zumindest nicht wenn man gerade gemeinsam vom Anwesen eines Gastgebers abgehauen war und gemeinsam auf Entdeckungstour ging. „Erfreut dich kennen zu lernen. Ich heiße Ayumi Cooper. Bitte nenn mich einfach nur Amy, ich werde dich auch einfach nur Daichi nennen.“ Zuerst sah er etwas verstimmt aus doch dann nickte er. „Ist es in deiner Kultur normal einen Menschen der über dir steht so vertraut anzusprechen?“ Amy schnappte nach Luft und sah ihren Begleiter wütend an und blieb stehen. „Eines wollen wir gleich jetzt festhalten. Du stehst in keiner Weise über mir. Alle Menschen sind gleich, dein Titel spielt dabei keine Rolle. Du isst wie alle anderen, atmest wie alle anderen, schläfst wie alle anderen, du magst ja von königlicher Abstammung sein, doch trotzdem bist auch du nur ein Mensch. Solltest du verletzt werden verspürst du Schmerz und sollte dich die Kugel eines Gewehrs treffen so stirbst du auch wie jeder andere. Wenn du darauf bestehst werde ich dich mit deinem Titel ansprechen, weil es die Höflichkeit so verlangt, doch sicher nicht weil ich dich für etwas Besseres halte.“ Amy hatte sich etwas in Rage geredet und war nun ganz außer Atem. Gern hätte sie noch mehr gesagt, doch sie sah in Daichis Gesicht, dass er wirklich über ihre Worte nachdachte. Sie ging weiter und zog ihn mit sich. „Tut mir leid. Ich wollte wirklich nicht unhöflich sein, doch bei diesem Thema bin ich wirklich empfindlich.“ Er nickte. „Ich entschuldige mich auch. Mir kam nie in den Sinn, dass jemand es als Beleidigung auffassen könnte, wenn ich ihn darauf hinweise über ihm zu stehen.“ Hatte er wirklich verstanden was sie ihm gerade gesagt hatte? „Aber du hast Recht. Die Königsfamilie mag sich für die Nachkommen unseres Gottes halten, doch wir sind auch nur Menschen. Wieso ist mir dies vorher nie aufgefallen?“ So was nannte man dann wohl Gehirnwäsche, wenn man jemandem immer wieder dieselbe Lüge erzählte, glaubte er sie irgendwann. „Du bist so aufgewachsen und es wurde dir so beigebracht. Vielleicht habe ich deswegen gerade auch zu viel gesagt.“ Am Ende würde er noch auf sie hören und Yang würde sie ausschimpfen weil sie ihm Flausen in den Kopf gesetzt hatte. „Wieso bist du nun genau hier?“ Er hatte etwas von Verhandlungen erzählt, doch eigentlich waren sie was ihr Gold anging, an Mathew Cooper gebunden. Hatten sie also einen neuen Wirtschaftszweig gefunden? „Im Süden unserer Insel wurde eine neue Goldader gefunden und ich bin hier um mit dem Sohn unseres Gastgebers die Verhandlungen darüber zu führen.“ Das konnte nicht sein. „Seid ihr nicht vertraglich an die Cooper Multi-Industry Company gebunden?“

„Ja, aber er meinte es gebe ein Schlupfloch im Vertrag und er würde uns ein besseres Angebot unterbreiten.“ Die Goldpreise waren jährlich immer weiter gestiegen und durch den Vertrag von vor 25 Jahren machte ihr Vater noch größere Gewinne. „Und deswegen hat dein Vater der König dich geschickt um mit ihm in Verhandlung zu treten?“

„Genau. Doch so wichtig war es ihm gar nicht einen lukrativeren Vertrag auszuhandeln sondern heraus zu finden, woher er den bestehenden Vertrag mit Cooper Industrials hat.“ Das waren doch mal gute Nachrichten. Trotzdem würde sie ihrem Vater alles darüber erzählen müssen. Nicht dass sie sich wirklich für sein Geschäft interessierte, auch nicht für all das Geld, welches damit zusammenhing. Aber diese Hinterhältigkeit sich den Vertrag zu beschaffen und auch die Informationen über diese neue Ader waren ihr einfach zuwider. Genau deswegen würde sie dagegen vorgehen. Während sie sich weiter unterhalten hatten, hatten sie die Hauptstraße verlassen und befanden sich nun in einem ärmlich aussehenden Stadtteil. Sofort als es ihr auffiel stoppte Amy und zog Daichi wieder in die Richtung aus der sie gekommen waren. Sie fielen schon auf einer belebten Straße sehr auf, doch in einem solchen Bezirk konnte es schnell gefährlich für sie werden. Natürlich war es schon zu spät, im nächsten Moment traten Männer aus den Schatten und sie waren umzingelt. So ein verdammter Mist. Daichi war ein Prinz und noch dazu der Thronfolger, sollte ihm etwas zustoßen würde Yang sie umbringen. Vorsichtig raffte sie erneut ihr Kleid auf und griff nach ihren Dolchen die sie immer am Körper trug, hoffentlich würde sie sie nicht benutzen müssen. „Na, wenn das nicht unser verehrter Thronprinz ist. Was tut Ihr hier so ganz allein mit einer Frau in der Dunkelheit?“ Amy drehte sich zur Stimme und zog Daichi hinter sich. Normalerweise war sie es die immer beschützt wurde, doch in diesem Moment war ihr Leben nicht so viel Wert wie das ihres Begleiters. Nicht weil er über ihr stand, sondern weil er in der Zukunft mal über ein Land herrschen würde und sich somit dem Leben von Millionen widmen würde. An seinem Leben hangen mehr Leben, als nur sein eigenes, genau deswegen war sein Überleben wichtiger als das ihre. „Wer seid Ihr. Zeigt Euch und sagt was Ihr wollt.“ War jetzt wirklich die Zeit um so geschwollen und von Oben herab zu sprechen? Bemerkte der Prinz denn nicht in was für einer Lage sie sich befanden? Er konnte unmöglich denken, dass sein Titel ihn schützen könnte. Der Angesprochene begann schallend zu lachen und seine Kumpanen stimmten mit ein. Amy lief es dabei eiskalt den Rücken hinab. Plötzlich erstarb das Lachen und wurde von einem Gurgeln abgelöst. Amy konnte nichts Genaues erkennen, doch sie konnte einen zweiten Schatten hinter dem Sprecher erkennen, dann sank er auch schon zu Boden und die Hölle brach aus. Die Hälfte der Männer griffen sie an und es war eindeutig zu erkennen, dass sie Daichi nach dem Leben trachteten, die zweite Hälfte stürzte sich auf den Neuankömmling. Zumindest schien niemand Schusswaffen dabei zu haben und Amy schaffte es Daichi zu verteidigen, leider nicht ohne die Dolche in ihren Händen einzusetzen. Die Männer waren alle kräftig und ausgebildet, ohne ihre Waffen würde sie diese Typen nicht besiegen können. Daichi half ihr so gut er konnte, doch unbewaffnet konnte er die Angreifer auch nicht besiegen, aber zumindest konnte er ihr damit Zeit verschaffen, sodass sie einen nach dem nächsten ausschalten konnte. Als die Kampfgeräusche endlich verstummten, war alles was Amy noch wahrnehmen konnte ihr rascher Atem und ihr rasender Herzschlag. Irgendetwas lief ihr den Hals hinab, instinktiv wischte Amy drüber und ekelte sich dann, als ihr bewusst wurde, dass es sich um Blut handelte. Nur am Rande bekam sie mit wie sich der Unbekannte vor Daichi kniete und mit ihm sprach, dann wurde auch schon alles dunkel um sie herum.

Yang war außer sich vor Sorge. Wo konnte Ayumi nur hingegangen sein? Eigentlich war sie ein vernünftiges Mädchen, doch wenn sie sich erstmal was in den Kopf gesetzt hatte konnte sie niemand mehr aufhalten. Alexej zeigte auf einen der Monitore. „Hier, da sieht man wie Amy zusammen mit einem jungen Mann über den Zaun klettert. Es hat nicht den Anschein als wäre sie dazu gezwungen worden. Wir sollten die Stadt nach ihnen absuchen, so weit können sie noch nicht gekommen sein, immerhin sind sie zu Fuß unterwegs.“ Das waren immerhin einigermaßen gute Neuigkeiten. Ayumi konnte die Landessprache und würde sich zur Not verständigen können. Niemand wusste, dass sie sich gerade in Singapur aufhielt, also war nicht mit einer Entführung zu rechnen. Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und ein Mann in außergewöhnlicher Kleidung betrat den Überwachungsraum, gemeinsam mit Yangs Onkel. „Was ist hier los?“ Verschämt sah sein Onkel auf den Boden und stellte ihm den Mann vor. „Dies hier ist Seiichiro Shimada, er ist der Kammerdiener, des Prinzen Daichi no Kami Shima, welcher sich gerade bei uns als Gast befindet. Wie es scheint ist der Prinz verschwunden und wir wollten uns die Überwachungsbänder ansehen.“ Wie konnte sich ein Prinz bei einem seiner Familienmitglieder befinden und dies ohne dass er davon unterrichtet wurde? „Ich gehe davon aus, dass er der Unbekannte ist mit dem Ayumi vor einer dreiviertel Stunde das Anwesen verlassen hat. Wir sind gerade dabei eine Suche zu organisieren.“ Sollte Ayumi den Prinzen zu dieser Dummheit überredet haben, würde er sich noch mal formell dafür entschuldigen müssen, immerhin war er für sie verantwortlich, doch erstmal galt es die zwei Ausreißer zu finden und sicher nach Hause zu bringen. „Ich danke Ihnen. Unser Prinz kennt sich hier nicht aus und auch die Sprache ist ihm fremd.“

„Wir finden sie, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“ Jetzt musste er Worten Taten folgen lassen und die Beiden aufspüren.

Noch bevor Ayumi auf dem Boden hätte aufkommen können, war Daichi bei ihr und fing sie auf. War sie irgendwo verletzt oder war es einfach nur zu viel für sie gewesen? „Junichiro, was ist mit ihr?“ Sofort war der Leibwächter an seiner Seite und nahm ihm das Mädchen ab, langsam legte er sie auf dem Boden ab und tastete sie vorsichtig ab. „Sie hat kleine Verletzungen, ich gehe davon aus, dass ihr Adrenalin sie verlassen hat und ihr Geist erschöpft war. Sie ist noch ein kleines Mädchen, hat gerade aber ganz allein 7 Gegner besiegt. Dieses tapfer Mädchen hat sich diese Ruhe jetzt redlich verdient.“ Daichi war erleichtert, dass es Ayumi gut ging und sie nicht seinetwegen verletzt worden war. Doch jetzt hatte er ein ganz anderes Problem zu lösen. Wieso hatte man versucht ihn zu töten? „Wieso bist du hier Junichiro? Du bist eine der persönlichen Leibwächter meiner Bruders und solltest nicht hier sein.“

„Ich bitte um Vergebung, doch ich vernahm ein Gerücht, nachdem der zweite Prinz Attentäter auf Euch angesetzt haben soll. Als ich dies hörte machte ich mich augenblicklich auf den Weg zurück an Eure Seite um Euch zu beschützen.“ Fast gaben seine Knie nach, doch er hielt sie mit ganzer Kraft durchgedrückt. Schon als Kind wurde ihm eingebläut niemals vor jemandem auf die Knie zu gehen. Als zukünftiger König durfte er sich nicht vor anderen klein machen. Es gab nur zwei Ausnahmen, wo der Königsfamilie ein Kniefall gewährt wurde. Zum einen wenn sie sich einem Gegner geschlagen gaben. Heut zu Tage kam dieser Grund nicht mehr wirklich zum Tragen, doch es wurde noch immer gelehrt. Der andere ist wenn man seine Liebe verkündet. Gleichzeitig hält man damit auch um die Hand der Frau an. Bei dieser Gelegenheit zogen sie auch ihre Handschuhe aus und legten ihre bloßen Hände auf die heilige Erde um ihren Worten eine Art Schwur zu verleihen. Dies und die Gebete, waren auch die einzigen Anlässe an denen sie ihre Handschuhe ausziehen durften und dieses Gesetz galt nicht nur für die Königsfamilie, sondern für jeden Einwohner ihres Landes. Nur im eigenen Heim, durften sie ebenso abgelegt werden, da man nicht Gefahr lief versehentlich die heilige Erde zu berühren. Natürlich würde, dies auf jedes geschlossen Gebäude zutreffen, doch die Höflichkeit verbot, vor fremden seine Hände zu zeigen. Junichiro war einer seiner Leibwächter gewesen, seit er klein war. Als sein Bruder begonnen hatte sich immer mehr von ihm zurück zuziehen, hatte Daichi ihn an seine Seite geschickt um den Grund heraus zu finden. „Das kann nicht sein. Wieso sollte mein Bruder mich töten lassen wollen?“ Sein Kopf weigerte sich, daran zu glauben. Unmöglich könnte sein einziger Bruder zu so etwas grausamen fähig sein. „Ich wünschte mich zu täuschen, Eure Hoheit.“

Langsam kämpfte Amy sich zurück in ihr Bewusstsein und lauschte dem Gespräch zwischen Daichi und dem Mann, der zu seiner Rettung kam. „Schon lange neidet euer Bruder Euch Eure Beliebtheit beim Volk und bei Hof. Ich fürchte nun hat er einen Punkt erreicht an dem er nicht mehr des rationalen Denkens fähig ist. Bitte kehrt umgehend in unsere Heimat zurück und nehmt Euch dieses Problems an, bevor es aus Euren Händen gleitet.“ Amy kamen die Tränen beim Gedanken daran was Daichi gerade zu ertragen hatte. Wie musste er sich wohl fühlen, erfahren zu müssen, dass sein Bruder ihm das Leben nehmen wollte? Langsam öffnete sie ihre Augen und der Mond spiegelte sich perfekt in Daichis Augen. „Du bist der Smaragd.“, flüsterte Amy voller Staunen. Sofort flog sein Blick zu ihr und er half ihr beim aufstehen. „Wie geht es dir?“ Als sie sich aufgerichtet hatte, spannte sie jeden ihrer Muskeln an und freute sich ihr Kraft wieder gefunden zu haben. „Ganz gut soweit, doch ich würde wirklich gern von hier weg.“ Sie würde sich nicht noch mal umsehen, ihre Taten würden sie auch so in ihren Träumen verfolgen. Zumindest wusste sie nun, dass diese Männer es nicht anders verdient hatten, außerdem hatte sie keinen von ihnen getötet, da war sie sich sicher. „Lass uns zurück zum Anwesen gehen.“ Das war eine wirklich gute Idee. Plötzlich wollte sie nur noch zurück zu Yang, dabei war sie davor von dort geflohen. Jetzt besänftigte ein Gedanke an ihren Kindheitsfreund ihre aufgewühlte Seele. Sie kamen nicht weit, als ein Wagen mit quietschenden Reifen bei ihnen hielt und Männer aus diesem gesprungen kamen. Der Leibwächter, der den Namen Junichiro trug, genau wie der Mann ihrer Großmutter, griff sofort wieder nach seinem Schwert und machte sich angriffsbereit. Amy hingegen rannte sofort los als sie Yang erkannt und sprang ihm in die Arme. Fest drückte er sie an sich. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht.“ Dann ließ er sie wieder auf den Boden und erkannte dann wohl endlich das ganze Blut auf ihr. Sofort schrie er nach einem Krankenwagen und man sah die Panik in seinen Augen. „Beruhig dich Yang. Mir geht es gut, dies ist nicht mein Blut. Daichi und ich wurde angegriffen, das Blut stammt von den Angreifern und nicht von mir.“ Dann schlang sie erneut ihre Arme um seine Taille. „Bitte bring mich jetzt nach Hause. Ich möchte gern duschen und dann ins Bett.“ Dann kam erneut Bewegung auf und sie wurde gemeinsam mit Daichi, Yang und Junichiro im Wagen verfrachtet, welches sie in wenigen Minuten auf das Anwesen gebracht hatte. An der Seite von Yang betrat sie das Haus und blickte in besorgte braune Augen, dieser Mann musste eindeutig ein Gefolgsmann von Daichi sein. Dann geschah etwas womit sie weder gerechnet hatte noch in ihrem erschöpften Zustand hätte reagieren können. Die Hand dieses Mannes landete hart auf ihrer Wange und sie flog durch die Wucht gegen Yang. Dieser hielt Amy nun erneut in seinen Armen und ihr kamen nun doch die Tränen. Den Schmerz hätte sie ertragen können, doch diese Ohrfeige war die Kirsche auf dem Sahnehäubchen, es war einfach zu viel. „Wie konnten Sie es wagen unseren Prinzen einer solchen Gefahr auszusetzen?“ Amy krallte sich verzweifelt an ihrem Kindheitsfreund fest. „Bitte bring mich einfach auf mein Zimmer.“ Langsam führte er sie, noch immer an seine Brust gepresst, in die Richtung ihres Zimmers. „Wie kannst du es wagen Hand gegen meine Retterin zu erheben? Ohne Ayumi wäre ich heute ermordet worden. Sie hat mich mit ihrem Leben verteidigt und meine Angreifer abgewehrt. Du wirst dich sofort für deine Unverschämtheit entschuldigen und danach reden wir über deine Bestrafung.“

Hatte der Prinz gerade gesagt, dass seine kleine Ayumi die Angreifer abgewehrt und bekämpft hatte? War sie deswegen so voller Blut? „Bitte Yang, bring mich auf mein Zimmer. Ich werde dir morgen alles erzählen, versprochen.“ Er hob sie sich nun auf die Arme und brachte sie ins Badezimmer ihres Zimmers. Danach verließ er den Raum und setzte sich auf den Stuhl in der Ecke des Schlafzimmers. Er musste Mathew anrufen und ihn über die Geschehnisse des Abends aufklären, doch was sollte er ihm genau sagen? Er hatte bis jetzt noch keine wirkliche Erklärung bekommen und könnte somit nur diese Bruchstücke weiter geben. Vielleicht sollte er sich mit dem Prinzen zusammen setzen und ihm ein paar Fragen stellen. Allerdings wagte Yang zu bezweifeln, dass er einfach so würde mit einem Prinzen sprechen können. Mit dem Kammerherrn jedoch hatte er noch ein Hühnchen zu rupfen, niemand legte in seiner Gegenwart ungestraft Hand an seine Ayumi. Wie konnte ein Abend nur so gründlich schief gehen? Es fing ja schon damit an, dass Ayumi von einem seiner Cousins belästigt wurde und deswegen vom Anwesen verschwand. Dies tat sie nicht allein, sondern mit dem Kronprinzen, des wohl wichtigsten Geschäftspartners ihres Vaters. Dann wurden sie angegriffen und Ayumi war gezwungen den Prinzen zu beschützen, wobei sie es zu seinem Erstaunen auch noch schaffte. Erst als alles vorbei war, konnten sie Ayumi finden und in Sicherheit bringen. Sie war doch gerade mal 14 Jahre alt, gut sie würde in 10 Tagen Geburtstag haben, aber noch war sie 14 und musste eine so schlimmen Nacht durchmachen. Das war auf so vielen Ebenen verkehrt. Seine Ayumi sollte nie einer Gefahr ausgesetzt und immer fröhlich sein. Sie war ein so guter Mensch, der die Begabung hatte einem Menschen bis tief in die Seele zu blicken und ihn zu retten. So war es damals bei ihm gewesen und sie hatte es Yang wieder bewiesen, als sie sich die letzten Monate so sehr um Orell gekümmert hatte. Instinktiv hatte sie erkannt, dass er unglücklich war und dann herausgefunden woran es lag. Danach hatte sie alles getan was sie konnte und hatte ihm geholfen sich selbst wieder zu finden und nicht aufzugeben. Yang hatte kurz vor der Party eine Nachricht bekommen, dass Orell es in die Mannschaft seine Uni geschafft hatte, doch er hatte bis jetzt vergessen es Ayumi mitzuteilen. Diese Information würde sie sicherlich etwas aufheitern können. Auch ihn hatte sie damals mit ihren gerade mal 3 Jahren gerettet. Er war damals 8 Jahre alt gewesen und hatte kurz zuvor seine Mutter verloren. Die Familie hatte beschlossen wo er erzogen werden sollte und hat immer nur davon gesprochen was in Zukunft seine Aufgaben werden würden. Er sollte sein Leben der Familie verschreiben und ihnen zu neuem Glanz verhelfen. Er hatte das Gefühl, keine eigenen Gedanken und Emotionen haben zu dürfen, doch dann kam dieses kleine Mädchen auf ihn zu und nahm ihn an der Hand. Sie zwang ihn mit ihr zu spielen und er tat wie es von ihm verlangt wurde. Er sollte sich mit der Tochter von Mathew Cooper anfreunden, also tat Yang alles was Ayumi wollte, in dem Glauben sie für sich gewinnen zu können, wenn er ihr gab was sie sich wünschte. Doch Ayumi begann zu weinen und drückte sich an ihn. „Tut mir leid, wir können jetzt etwas spielen was dir Spaß macht.“ Obwohl er versucht hatte ein fröhliches Gesicht aufzusetzen, hatte sie ihn sofort durchschaut. Yang hatte versucht ihr zu erklären, dass er nichts spielen wollte und sie ein neues Spiel wählen sollte, doch sie weigerte sich resolut. „Was machst du sonst gern?“ Und mit dieser Frage hatte sie ihn, er hatte nichts. Keine Hobbys, keine Vorlieben, ja nicht mal Dinge die er hasste. Als er dies dem kleinen Mädchen mitteilte begann sie erneut zu weinen, doch dieses Mal weinte sie um ihn und diese Tränen berührten etwas ganz tief in ihm. Seit diesem Tag wusste er, dass er dieses Mädchen in Zukunft zu seiner Frau machen würde. Sie wurde zu seinem Hobby, seiner Liebe, seinen Emotionen, sie war die einzige die es schaffte ihn aus seiner Gelassenheit zu reißen. Das Schicksal konnte schon grausam sein, hatte er sich damals geschworen, sie zu der seinen zu machen und nun musste er sie dabei begleiten und beobachten wie sie andere Männer kennen lernte unter denen sie sich dann einen Ehemann suchen würde. Wieso nur hatte Mathew ihn nicht zu einem der Kandidaten gemacht? Wieso war er nicht gut genug um in die Auswahl mit aufgenommen zu werden. Denn eines war Yang klar, die Edelsteine beschrieben die Männer und wenn man von Orell als Beispiel ausging, dann handelte es sich wohl um ihre Augenfarbe. Er selbst hatte schwarze Augen und fiel somit aus der möglichen Liste. Die Tür vom Bad wurde geöffnete und riss ihn damit aus seinen Gedanken, dafür war er wirklich dankbar, er wollte sich nicht tiefer an diesen dunklen Ort begeben. „Wie geht es dir?“ Ayumi setzte sich erschöpft auf ihr Bett. „Mir geht es gut, ich bin nur wirklich fertig. Mit ein bisschen Schlaf werde ich wieder wie neu sein.“ Sie schlug die Bettdecke zur Seite, legte sich dann hin und kuschelte sich in ihre Kissen. „Bleibst du bitte noch bei mir, bis ich eingeschlafen bin?“ Ein Lächeln erschien ungewollt auf seinen Lippen. „Selbstverständlich.“ Sie seufzte zufrieden und schloss ihre Augen. „Ach ja, Daichi ist der Smaragd und der Sohn deines Onkels versucht meinen Vater auszuspielen.“ Der Prinz war einer der Auserwählten? Wieso nur? Ayumi könnte niemals eine Königin sein. Nicht weil sie kein Potential hätte oder so etwas, sondern einfach, weil man eine Frau wie Ayumi unmöglich in einen Palast sperren konnte. Sie würde viel zu vielen Einschränkungen unterliegen. Dann hüpfte sein Gedanke weiter. Hatte Ayumi gerade gesagt, dass ein Teil seiner Familie versuchte Geschäfte zu machen, die ihnen Mathew zum Feind machen würden? Musste wirklich immer alles auf einmal kommen? Dieser Sache musste er auf jeden Fall nachgehen. Viele unterschätzen Mathew Cooper gewaltig, da seine Firma erst 25 Jahre alt war. Außerdem hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass Mathew ohne den Goldabbau und Handel seine Firma verlieren würde. Er hätte nur Glück gehabt, dass er damals diesen Deal an Land ziehen konnte und damit hatten sie wohl auch Recht. Doch Mathew war ein begnadeter Geschäftsmann, wer den Fehler machen sollte ihn wegen seiner jungen Firma zu unterschätzen würde dafür teuer bezahlen müssen. Als Yang bemerkte, wie Ayumis Atem gleichmäßig wurde stand er auf und machte sich auf den Weg die Probleme des Tages zu lösen.



Kapitel 4


Am nächsten Morgen erwachte Ayumi vollkommen ausgeruht und ausgeglichen. Sie dachte über den vergangenen Abend nach, doch nun berührte sie die ganze Geschichte nicht mehr so sehr wie zuvor. Bestimmt wurde sie durch die Ereignisse nur so sehr aus der Bahn geworfen, da sie das erste Mal hatte gewalttätig werden müssen. Seit sie mit zwei Jahren in die Schweiz gekommen war, waren ihr Meister Shang und Meister Kien zur Seite gestellt worden um sie zu trainieren. Niemand außer Nozomi wusste davon, Mathew hatte es nicht mal Brandan erzählt. Der Plan sah vor, dass Amy wie ein unschuldiges Mädchen aussah und von möglichen Entführern unterschätzt wurde. Mit ihrem Training könnte sie sich aus einer unvorteilhaften Lage befreien und abhauen können. Ja genau, deswegen hatte ihr Vater verboten, dass irgendwer darüber sprach und Meister Sheng und Kien verrieten so wie so nie wen sie zu ihren Schüler nahmen. Als sie 7 Jahre Alt war, hatten sie ihr erklärt, dass normalerweise Meister nicht zusammen arbeiteten, da es die Schüler verwirren und vielleicht sogar vorher erlerntes zunichte machen könnte. Sie waren die einzigen Meister auf der Welt die einen Weg gefunden hatten ihre Lehren weiter zu geben ohne sich gegenseitig zu behindern. Viele wollten von ihnen unterrichtet werden, doch bis jetzt hatten sie nur 2 Schüler gehabt die sie beide für würdig gehalten hatten um beide Lehren vermittelt zu bekommen. Amy war die Zweite gewesen die sie von sich überzeugen konnte und sie hatten sie 12 Jahre lang in den Alpen unterrichtet. Auch heute noch ließ Amy in ihrem Training nicht nach und hatte einen versteckten Trainingsraum hinter ihrem Schlafzimmer. Kung Fu verlangte hartes Training und Disziplin, da sie damit aufgewachsen war waren ihr die Lehren in Fleisch und Blut übergegangen. Deswegen konnte man Amy auch nur sehr schwer aus der Ruhe bringen, aber sie war eben doch noch ein Kind und konnte sich nicht immer vollkommen beherrschen. Deswegen war sie wohl auch gestern zusammengebrochen und hatte geweint. Was sie jedoch immer noch etwas belastete war ihr Aussetzer bei Yangs Cousin, dass sie so die Kontrolle über sich verlor war ihr zuwider. Amy war sich bewusst, dass ihre Meister daran die Schuld trugen, doch es änderte nichts daran, dass sie angst davor hatte erneut jemanden unbeabsichtigt verletzen zu können. Als sie 9 Jahre war, hatten ihre Lehrer festgestellt, dass sie oft nicht mit voller Kraft zuschlug, aus Furcht jemandem weh zu tun. Da Beide anscheinend wussten was in Zukunft auf sie zukommen würde, hatten sie Amy darauf konditioniert mit voller Kraft zuzuschlagen, wenn sie Angst hatte. Als sie älter wurde, hatte sie diese Schwäche überwunden und eigentlich auch gedacht ihre Konditionieren abgelegt zu haben, doch wie der Abend gestern bewies, war dies nicht der Fall. Ihre Disziplin und Kontrolle über ihren Körper ließen eindeutig noch zu wünschen übrig, wenn sie wieder zu Hause war musste sie ihr Training erhöhen. Amy schwang sich aus dem Bett ins Bad, wo sie sich für den Tag fertig machte. Sie musste wissen wie es Daichi ging, immerhin hatte er Schlimmes über seinen Bruder erfahren müssen. Außerdem sollte sie sich bei Yang nach den Verletzten erkundigen, sie war sich zwar sicher, niemanden getötet zu haben, doch es würde sie beruhigen es bestätigt zu bekommen. Schnell schlüpfte sie in Jeans, Shirt und Schuhe, dann machte sie sich auf die Suche nach Yang. Vor ihrer Tür wartete Alexej schon auf sie und zog sie sofort in seine Arme. „Tu so etwas nie wieder. Wir haben uns wahnsinnige Sorgen gemacht. Ich bin froh, dass du unversehrt bist.“ Amy liebte ihre Freiheit, doch vielleicht sollte sie sich den Menschen in ihrer Umgebung zu liebe etwas zurück halten. Diesen Drang nach Freiheit hatten nicht mal ihre Meister aus ihr heraus bekommen und sie meinten, dieser könnte irgendwann mal zu ihrer Stärke werden. „Ich werde versuchen mich das nächste Mal besser zu beherrschen. Weißt du wo Yang ist? Ich wollte mich nach den Verletzten von letzter Nacht erkundigen.“ Alexej führte sie die Treppe hinab und klärte sie auf. „9 der Angreifer sie gestorben und 7 wurden verletzt, mit diversen Schnittwunden und gebrochenen Knochen, ins Krankenhaus gebracht. Die Toten wurden alle mit einem Langschwert getötet, falls es das war was du wissen wolltest.“ Ein Stein fiel ihr vom Herzen, damit hatte sie ihre Bestätigung. „Wurden die Männer im Krankenhaus verhört?“ Sie gingen gerade die Treppe hinab, als Amy Daichi entdeckt und sich sofort zu ihm auf den Weg machte. Sie beschleunigte ihre Schritte und flog ihm dann in die Arme. Der Prinz schien von dieser Behandlung vollkommen überrascht worden zu sein, doch dann legte er seine Arme auch um sie. „Ich bin froh, dass es dir gut geht.“ Als sie wieder vor ihm, mit etwas Abstand, dafür hatte der Mann der sie gestern geohrfeigt hatte, gesorgt, stand, sah sie ihm ernst in die Augen. „Wisst ihr nun schon genau um wen es sich bei den Attentätern handelte?“ Noch bevor Daichi antworten konnte, beantwortete Yang ihre Frage, der soeben das Foyer betreten hatte. „Es handelt sich nicht um Auftragsmörder, sondern um Palastwachen aus Kami Shima. Wir haben ihnen Fingerabdrücke abgenommen und mit den Daten die wir von Junichiro bekommen haben abgeglichen. Einige meiner Männer haben versucht sie zu verhören, doch alle schweigen.“ Nicht gut. Sie mussten unbedingt heraus bekommen was auf Kami Shima los war und ob der zweite Prinz wirklich den Auftrag gab, seinen großen Bruder zu ermorden. „Selbstverständlich schweigen die Wachen. Sie sind loyale Diener des Königshauses, nie würden sie ihren Prinzen verraten.“

„So loyal gegenüber dem Königshaus können sie nicht sein, wenn sie versuchen den Thronprinzen zu ermorden.“ Mein Blick flog tadelnd zu Yang. Diese Tatsache musste er nicht noch mal betonen. Daichi war so schon genug durch den Wind. „Was hältst du davon wenn ich mir die Männer mal ansehe und versuche heraus zu finden wer in seinen Gefühlen unsicher ist. Wenn es nur einen gibt der nicht 100 Prozent hinter dem Auftrag stand, dann könnte ich versuchen ihn zu finden. Daichi kann danach den Rest übernehmen.“ Sofort schüttelte Yang den Kopf. „Oh nein junge Dame. Du gehst hoch, packst deine Sachen und fliegst heute Nachmittag noch zurück in die Staaten.“

„Ganz sicher werde ich das nicht tun. Ich bleibe hier und unterstütze Daichi.“

„Diese ganze Geschichte ist zu gefährlich und um so länger du hier bleibst desto tiefer wirst du in diesen Konflikt mit hinein gezogen.“ Das war ihr doch vollkommen egal. „Daichi ist mein Freund und er hat Probleme, da kann ich doch nicht einfach so verschwinden. Ich bleibe hier bis das geklärt ist, außerdem bin ich als Vertretung für meinen Vater hier, also habe ich die Pflicht die Sache mit dem Sohn deines Onkels zu klären.“ Es gab hier noch einige Dinge die sie beschäftigten. Außerdem kam noch hinzu, dass sie gerade erst den Smaragd gefunden hatte. „Bitte mach das nicht. Gib mir noch etwas Zeit die Sache selbst zu bereinigen.“ Junichiro unterbrach nun ihre Unterhaltung, als nun auch er von draußen herein kam. Sofort kam er zu ihr und kniete sich vor ihr hin. „Ich möchte Euch meinen Dank für die Rettung unseres Prinzen letzte Nacht aussprechen. Ihr habt ihn mit Eurem Leben verteidigt und wir, alle Einwohner von Kami Shima, werden auf Ewig in Eurer Schuld stehen.“ Amy reichte ihm ihre Hand und zog ihn wieder auf die Füße und lächelte ihn freundlich an. „Ich bedanke mich für deine Worte, doch ein Dank von deiner Seite ist vollkommen unnötig. Daichi ist mein Freund, da ist es doch nur selbstverständlich, dass ich ihn beschütze wenn er in Gefahr gerät. Bitte sprecht nicht mehr davon dafür in meiner Schuld zu stehen.“ Unsicher nickte die Leibwache und schien nun mit der Situation überfordert zu sein. Vorsichtig holte er zwei Dolche irgendwo von seinem Rücken und überreichte sie Amy. „Ich habe sie aufgehoben bevor wir gegangen sind, wie es schein habt Ihr sie fallen gelassen, als Ihr das Bewusstsein verloren habt.“ Yang kam näher zu ihnen und starrte auf die Dolche. „Du hast das Bewusstsein verloren?“ Sie nickte und nahm dann vorsichtig die Geschenkte ihrer Meister entgegen. „Das sind Dolche von Meister Sheng und Kien, wenn ich mich nicht täusche. Wie kannst du in den Besitz solch wertvoller Waffen kommen?“ Jetzt war es wohl an der Zeit Yang und Alexej reinen Wein einzuschenken. „Vielleicht sollten wir uns setzen um alles Weitere zu besprechen.“

Yang konnte nicht fassen was er dort hörte. Er kannte Ayumi seit ihrem 4 Lebensjahr, wie konnte er etwas so bedeutsames von ihr nicht wissen? Er hatte sich schon ein paar Mal gedacht, dass sie sicher in irgendeiner Kampfkunst ausgebildet wurde, um sich im Notfall verteidigen zu können, doch dabei hatte er mehr an Aikido oder Jiu Jitsu gedacht. Etwas zur Selbstverteidigung, doch nun beherrschte sie eine Kampfkunst mit der sie einen Menschen mit bloßen Händen würde umbringen können. Er wusste wovon er sprach, denn auch er wurde in dieser Kampfkunst unterrichtet, neben einigen Anderen. Seine Onkel hatten versucht die berühmten Meister Sheng und Kien für ihn zu bekommen, doch sie hatte ihn gesehen und gegen einen Ausbildung entschieden. Yang wusste, dass Beide eine Menge Schüler hatten, doch die Ehre der Doppelausbildung gewehrten sie nur Ausgewählten und Yang konnte es wirklich nicht fassen, dass seine kleine Ayumi dazu zählen sollte. Andererseits war sie auch keine Lügnerin und die Dolche waren ein zusätzlicher Beweis. Zumindest konnte er sich jetzt etwas beruhigen und konnte seine Sorge etwas runterschrauben. Natürlich war sie durch diese Ausbildung nicht unbesiegbar und würde noch immer seinen und Alexejs Schutz brauchen. Gegen Schusswaffen war sie machtlos und auch gegen andere Arten von Übergriffen. Deswegen sollte er sie so schnell wie möglich von hier wegschaffen. Die nächsten Attentäter würden mit Sicherheit keine Palastwachen sondern Auftragsmörder sein. „Ich denke noch immer es wäre das Beste wenn du zurück in die Staaten fliegst. Auch denke ich es wäre sinnvoll für den Prinzen die Abreise vorzuziehen und zurück in sein Land zu gehen. Die Situation muss aufgeklärt werden und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Von hier habt Ihr keine Möglichkeiten zu agieren, deswegen solltet Ihr zurück in Euer Herrschaftsgebiet und alles regeln.“ Wenn er es schaffte den Prinzen loszuwerden, würde Ayumi sicher auch nachgeben.

Das Oberhaupt der Familie Zhao sprach wahre Worte. Er sollte in den Palast zurück kehren und versuchen die Angelegenheit dort zu klären. Außerdem lag es dann an seinem Vater eine Entscheidung zu treffen, wie mit seinem Bruder verfahren werden sollte. Noch immer fiel es Daichi schwer zu glauben, dass sein kleiner Bruder ihm nach dem Leben trachtete, nie hatte er etwas getan, was diesen Hass rechtfertigen würde. Wenn er erst einmal zurück war, konnte er dem ganzen nachgehen und vielleicht in einem Gespräch mit seinem Bruder heraus finden worin sein Problem lag und es gemeinsam mit ihm lösen. Was ihn jedoch traurig stimmte, war die Tatsache sich von Ayumi verabschieden zu müssen. Sie hatte ihm das Leben gerettet und er hatte das Gefühl von ihr eine vollkommen neue Welt gezeigt bekommen zu können. Ayumi hatte ihn als ihren Freund bezeichnet und auch wenn er sich nicht sicher war, was alles zu einer Freundschaft dazu gehörte, so war er sich doch sicher, dass es etwas ganz Besonderes war. Er sollte sie, wenn erstmal alles geregelt wurde, zu sich nach Kami Shima einladen. Er wollte sich noch über so viel mehr mit ihr unterhalten, noch mehr ihrer Ansichten kennenlernen. Was als nächstes geschah riss ihm den Boden unter den Füßen weg. Sein Gastgeber betrat den Raum und schaltete den Fernseher an und suchte im Internet nach einem Video, welches er dann abspielte. „Was Sie hier sehen ist der Palast eines kleinen Inselstaates im Pazifik namens Kami Shima. Uns erreichte die Nachricht, dass die Gemächer des Königs in den frühen Morgenstunden plötzlich in Flammen aufgingen und man kann sogar noch jetzt den Qualm von Weitem sehen. Berichten zufolge, hat der König dieses Attentat nicht überlebt. Jetzt stellt sich die Frage, wer steckt hinter diesem Angriff auf den Herrscher? Welche Motive hatte der Täter? Und wie gelang es ihm in den Palast einzudringen? Verzeihen Sie kurz, aber uns erreicht gerade in diesem Augenblicke neue Untersuchungsergebnisse, der zuständigen Behörde. Wie es scheint wurde der Täter gefasst und in Gewahrsam genommen. Beim Verhör konnte der Drahtzieher hinter diesem feigen Anschlag aufgedeckt werden. Es handelt sich bei diesem um keinen geringeren als den ersten Prinzen des Landes Daichi no Kami Shima, welcher sich gerade im Ausland für diplomatische Verhandlungen befindet. Der Täter war einer seiner Kammerherren, der in seinem Auftrag die Ermordung des Königs erledigte. Viele Fragen bleiben ungeklärt, doch die Dringendste ist wohl, was hat den Thronprinz zu einer solchen Handlung bewogen?“ Danach suchte Lin Kim ein weiteres Video raus. „Wir berichten noch immer live von Kami Shima, wo gerade der zweite Prinz Akiyama no Kami Shima eine Rede an sein Volk gerichtet hat. Er verurteilte das Vorgehen seines älteren Bruders und verkündete Daichi no Kami Shima als Strafe ins Exil zu schicken, sollte er doch zurückkehren würde er gefangen genommen und seiner gerechten Strafe zugeführt werden. Das Volk jubelt seinem neuen Kronprinzen zu und verlangt seine baldige Krönung. Was wird der momentan im Ausland befindliche Prinz nun tun, nachdem seine Machenschaften aufgedeckt wurden und er seine Machtposition verloren hat?“ Das konnte einfach nicht wahr sein. Alles Lügen, nie wäre er dazu in der Lage gewesen seinen Vater zu verletzten. Eine Hand an seinem Knie lenkte seine Aufmerksamkeit zu Ayumi die vor ihm kniete und traurig zu ihm aufblickte. „Es tut mir so unglaublich leid.“ Ihr Blick schnürte ihm die Kehle ab und trieb ihm Tränen in die Augen, doch er würde nicht vor ihr weinen. Ein Prinz weinte nicht vor anderen, ließ sie niemals seine Tränen sehen. „Du kannst jetzt nicht mehr zurück. Was hast du nun vor?“ Er wusste es nicht. Sein Innerstes schrie danach zurück in sein Land zu fliegen und diese schändliche Lüge aufzudecken, doch wie sollte er es anstellen? Er brauchte Beweise und er glaubte nicht, dass er die Wahrheit würde aufdecken können. Nicht ohne die Unterstützung der am Hofe Lebenden. Verzweifelt schüttelte er den Kopf, was sollte er jetzt nur tun? „Kannst du dich noch daran erinnern, was ich dir gestern gesagt habe? Über den wichtigsten Besitz den ein König haben muss?“

„Der wichtigste Besitz eines Königs ist nicht sein Blut, die Krone oder Macht, sondern das Herz seines Volkes. Ein guter König besitzt die Liebe und Unterstützung der Menschen seines Landes. Er erhört ihre Stimmen und nimmt sich ihrer Probleme an, er denkt zuerst immer an das Wohlergehen seines Volkes und ihr Leben. Nie darf ein König Entscheidungen treffen die seinem Land und den Menschen darin zum Nachteil gereicht wird.“ Ayumi nickte ihm zu. „Genau. Was denkst du würde passieren wenn du jetzt in dein Land zurück kehrst?“ Er konnte sich denken worauf sie hinaus wollte. „Wenn ich es schaffe einer Verhaftung zu entgehen, könnte ein Bürgerkrieg ausbrechen und viele Menschen meines Landes würde ihr Leben lassen müssen.“ Wieder nickte sie und er sah es ja auch ein. Doch sein Herz schmerzte bei dem Gedanken daran, dass er sein geliebtes Land nie wieder würde betreten können. „Komm mit mir. Ich werde dich vor dem Rest der Welt verstecken und für deine Sicherheit sorgen. Im Moment gibt es sonst nichts was du tun könntest. Die Menschen von Kami Shima wollen deinen Bruder auf dem Thron haben und wenn du keinen Konflikt eingehen möchtest, solltest du ihm die Krone überlassen.“ Konnte er einfach so nachgeben? Er wurde aufgezogen in dem Glauben eines Tages den Thron seines Vaters zu übernehmen. Was sollte er nun tun, da man ihm diesen gestohlen hatte? Daichi sah zu seinem Leibwächter und er nickte ihn zu. „Wir sollten erstmal auf das Angebot eingehen, bis wir die gesamte Lage aufgeklärt haben. Hier sind wir für Verfolger leicht zu finden.“ Er nickte Ayumi zu und sie lächelte ihn vorsichtig an. „Noch ist es nicht vorbei. In den Staaten kannst du studieren und dir Wissen aneignen, welches dir in deinem Land verwehrt geblieben wäre. Von dort aus beobachtest du die Regentschaft deines Bruders und entscheidest dann dein weiters Vorgehen. Sollte er ein guter König sein und dein Land vorantreiben, verzichtest du endgültig auf deinen Thron und baust dir in den Staaten ein neues Leben auf. Sollte er sich als schlechter Herrscher erweisen, kannst du noch immer einen Plan schmieden um dein Recht einzufordern und deine Unschuld zu beweisen.“ Vielleicht sagte Ayumi die Wahrheit und er sollte sich erstmal in sein Schicksal fügen und abwarten.



Kapitel 5


„Ich dachte du wärst endlich zur Vernunft gekommen und hättest diesen kindischen Traum Profibaseballspieler zu werden endlich aufgegeben. Findest du nicht es ist langsam mal an der Zeit das du erwachsen wirst und deinen Pflichten als mein Nachfolger nachkommst? Ich werde dir diesen Zeitvertreib während deines Studiums durchgehen lassen, doch sobald du fertig bist verlange ich von dir nach Hause zu kommen und deine Position an meiner Seite einzunehmen.“ Orell hielt bei dem ganzen Geschrei seines Vaters das Telefon etwas von seinem Ohr weg. Schon seit einer halben Stunde sagte er immer wieder das Gleiche, von wegen, er sei undankbar, verwöhnt, solle sich seiner Position endlich bewusst werden, Baseball war eine Zeitverschwendung, würde Orells Verhalten nicht tolerieren, er wäre kindisch und so weiter und so fort. Anfangs hatte sich Orell noch entschuldigt, in der Hoffnung ihn so besänftigen zu können, doch es half nichts. Mittlerweile hörte er gar nicht mehr wirklich zu. Er hatte es durch die Hilfe so vieler endlich in die Mannschaft seiner Uni geschafft und er würde sich diese Freude nicht wieder nehmen lassen. Zu gern würde er endlich Amy wieder sehen um ihr endlich persönlich von dem Test erzählen zu können, doch Amy war nun schon seit 3 Wochen nicht mehr wirklich zu erreichen. Alles was er wusste war, dass sie mit Yang zu einer Feier seines Onkels wollte, doch sie wollten nur ein Wochenende weg sein, nun sind schon drei Wochen vergangen und sie sind immer noch nicht wieder aufgetaucht. Er hatte immer mal zwischen durch Nachrichten von Amy bekommen, dass es ihr gut ging und sie noch einige Dinge zu erledigen hatten und deswegen Momentan keine Zeit, doch langsam begann er sich Sorgen zu machen. „Hörst du mir überhaupt zu?“ Schnell konzentrierte sich Orell wieder auf seinen Vater. „Wie bitte?“ Wieder begann sein Vater zu schimpfen, bevor er endlich zum eigentlichen Thema kam. „Ich habe dir gesagt, dass ich dieses Wochenende in New York bin. Einer meiner Geschäftspartner gibt eine Party und ich möchte, dass du auch kommst. Ich habe schon eine passende Begleiterin für dich gefunden.“ Da würde er wohl nicht drum herum kommen. „Verstanden.“ Erst danach realisierte er was genau sein Vater gerade gesagt hatte. „Vater, ich werde selbst für eine Begleitung sorgen.“

Mittlerweile waren 3 Wochen vergangen seit Daichi ins Exil geschickt wurde. Amy hatte das Gefühl er würde sich langsam mit der ganzen Situation abfinden. Allerdings schien es ihn etwas zu belasten, dass er das Anwesen nicht verlassen konnte. Noch waren sie sich nicht sicher, ob sein Bruder nicht noch mehr Attentäter schicken würde, deswegen musste er zu seiner eigenen Sicherheit auf ihrem Gelände bleiben. Amy zog ihr klingelndes Handy aus der Tasche und ein Lächeln erschien auf ihren Lippen als sie Orells Namen auf dem Display las. Sie hatte ihn in den letzten Wochen sträflich vernachlässigt, genau wie Rachel. Doch Daichi ging mit seinen Problemen im Moment einfach vor. „Hey Orell. Wie geht es dir?“ Sie ging hinaus auf die Terrasse und setzte sich dort auf die Stufen. „Hey Amy. Mir geht es soweit ganz gut, allerdings hätte ich da ein Anliegen, welches ich gern mit dir besprechen würde.“ Das hörte sich nach etwas Ernstem an. „Schieß los. Ich helfe wo ich kann.“ Sie hörte wie Orell am anderen Ende der Leitung ein paar Mal tief durchatmete. „Mein Vater kommt am Wochenende nach New York. Ein Geschäftspartner von ihm“ Gerade kam Yang heraus und setzte sich zu ihr und sie machte den Lautsprecher an. „gibt am Wochenende eine Party. Ich soll dort auch hin und er wollte mir eine Begleitung aufs Auge drücken. In meiner Panik habe ich ihm gesagt, dass ich selbst eine Begleiterin mitbringen werde. Wärst du also so lieb und würdest mich auf diese Party begleiten? Ich bin mir sicher, du wirst diese Veranstaltung hassen, doch ich wüsste nicht wen ich sonst um so einen Gefallen bitten könnte.“

„Warte bitte mal kurz.“ Dann deckte sie mit ihrer Hand den Lautsprecher ab und sah Yang fragend an. „Kann es sein, dass wir uns Orell nie richtig vorgestellt haben?“ Yang runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. „Wir müssen so wie so auf die Party, also kann ich doch auch einfach für Orell die Begleitung spielen.“ Wenn sie ihm damit helfen könnte, dann würde sie es tun. „Kannst du nicht. Wenn du mit ihm als Begleitung gehst, wird es so aussehen, als wärt ihr ein Paar und nicht nur Freunde.“ Nicht die besten Voraussetzungen. „Orell, ich bin wieder dran. Yang meint gerade ich kann mit dir hingehen, aber nicht als deine Begleitung, da dies zu Missverständnissen führen würde. Wir erklären dir dann alles Freitagabend.“ Jetzt am Telefon die Bombe ihrer Herkunft platzen zu lassen, wäre wohl keine wirklich gute Idee. „Verstanden. Dann hole ich dich Freitag halb sechs ab. Schreib mir später einfach deine Adresse.“ Yang schüttelte sofort den Kopf. „Ich denke es ist besser wenn wir uns direkt am Veranstaltungsort treffen. Ich werde kurz vor sechs da sein und wir können zusammen hinein gehen.“ Lieber hätte sie sich vorher in Ruhe mit Orell unterhalten und die ganze Sache aufgeklärt. „Okay, wenn es dir so lieber ist. Ich danke dir auf jeden Fall, dass du mir diesen Gefallen tust. Ich wüsste nicht was ich tun sollte, wenn mein Vater jetzt auch noch mit Brautvorschlägen anfangen würde.“ Ja das wäre schrecklich, einen 19 jährigen jungen Mann so etwas zuzumuten. Sie schüttelte über den Sarkasmus in ihren Gedanken den Kopf. „Ich helfe gern, dass weißt du ja. Ich habe jetzt noch einiges zu erledigen. Wir sehen uns dann Freitagabend. Machs gut.“ Auch Orell verabschiedete sich und Amy legte auf. „Ob er es uns übel nimmt, dass wir ihm bis jetzt nichts von unseren Hintergründen erzählt haben?“ Sie hoffte das nicht. Sie hatte ihn wirklich gern und wollte ihn nicht mehr in ihrem Leben missen. Yang lächelte sie liebevoll und beruhigend an. „Darüber brauchst du dir keine Gedanken machen. Wir haben es ja nicht mit Absicht vor ihm geheim gehalten. Als du uns das erste Mal vorgestellt hattest, wussten wir doch absolut nichts über ihn. Und später hat es einfach keine Rolle gespielt.“ Yang hatte Recht, sie hatten ihm diese Tatsache nicht mutwillig vorenthalten. „Du musst mir noch ein Kleid für den Anlass raussuchen. Ich habe keine Ahnung was angemessen ist.“ Dann stand sie auf und machte sich auf den Weg hinein um zu ihrem Vater zu gehen. Der Helikopter war gerade gelandet, was bedeutete, dass er endlich von seiner Geschäftsreise zurück gekommen war. Amy musste ihm erzählen, dass sie nun einem Prinzen auf der Flucht Asyl boten, außerdem freute sie sich ihn wieder zu sehen. Schnell lief sie in Richtung seines Büros, da sie schon jetzt wusste, dass dies der erste Raum sein würde den er ansteuern würde. Vor der Tür wartete sie auf ihn und etwas nagte nun doch die Unsicherheit an ihr, ob ihr Vater mit ihrer Entscheidung Daichi bei ihnen aufzunehmen einverstanden war. Als er dann endlich durch die Tür kam, flog sie ihm wie eigentlich immer in die Arme und bekam ihren Kuss auf den Kopf. Sie liebte dieses Begrüßungsritual. „Hallo Kleines. Ich freue mich auch dich wieder zu sehen.“ Lachend gingen sie in sein Büro und setzten sich. „Dad, in deiner Abwesenheit ist so einiges passiert und das Resultat daraus ist, dass ich Daichi no Kami Shima bei uns Zuflucht gewährt habe.“ Ernst sah ihr Vater ihr entgegen und dann plötzlich erschien ein Lächeln auf seinen Lippen. „Ich weiß und ich hätte in deiner Lage genau wie du reagiert. Allerdings werde ich mich in diese Geschichte nicht einmischen. Ich erlaube dir nach deinen Wünschen mit Daichi no Kami Shima zu verfahren, doch meine Firma wird sich nicht in die politische Lage der Insel einmischen. Ich war zur Zeit des Anaschlags auf Kami Shima, um den Vertrag für die Abbaurechte an der neu entdeckten Goldader zu verhandeln. Ich brauche nicht wirklich etwas zu fürchten, da die Verträge alle schon vor dem Attentat abgeschlossen waren, doch trotzdem möchte ich jeglichen Konflikt zwischen der Cooper Multi-Industrie Company und dem Land Kami Shima vermeiden. Ich werde dir nicht verbieten ihn hier zu behalten, auch kann ich dir Männer und mein Vermögen zur Verfügung stellen, allerdings kannst du nicht auf meinen Einfluss oder meine Kontakte hoffen um ihn bei seinen Absichten zu unterstützen.“ Dies reichte Amy vollkommen, sie hatte eh nie damit gerechnet, dass ihr Vater in dieser Angelegenheit Partei ergreifen würde. Ihr reichte seine Unterstützung schon, dass er ihr freie Hand gab und ihr nicht verbot Daichi weiter zu verstecken. „Ich danke dir.“ Neben ihr rückte Yang etwas unruhig hin und her was sie etwas stutzig machte. Yang war nie nervös und wenn doch dann hatte er genug Selbstkontrolle sich diese nicht anmerken zu lassen. Gerade vor ihrem Vater hatte Amy das Gefühl, dass ihr Kindheitsfreund immer genau auf seine Worte und Taten achtete. „Verzeih die Frage, aber hast du gesagt, dass du noch vor dem Anschlag auf Kami Shima warst um wegen der neuen Goldader zu verhandeln?“

„Mach dir keine Gedanken, ich wusste die ganze Zeit darüber bescheid, was der Sohn deines Onkels, Lin Jet, versuchte für ein Spiel zu spielen. Noch bevor er von der Neuentdeckung erfahren hatte stand ich schon mit dem König in Verhandlungen. Eine solch langjährige Beziehung kann man nicht so einfach zerstören. Mir ist vollkommen klar, dass du von diesem Vorhaben keine Kenntnis hattest und ich werde deswegen auch keine Schritte einleiten. Er ist nur ein kleiner Junge der sich beweisen wollte. Du solltest ihm allerdings mal zur Seite nehmen und ihm klar machen, dass er sich seine Gegner besser aussuchen sollte.“ Da schwang eindeutig eine Drohung in den Worten ihres Vaters mit. Yang bedankte sich und verließ den Raum dann, während Amy zurück blieb und noch etwas mit ihrem Vater sprach, immerhin hatte sie nicht oft die Gelegenheit sich längere Zeit mit ihm zu unterhalten.

Er war so ein Idiot. Natürlich wusste Mathew über den versuchten Deal einem seiner Familienmitgliedern und Kami Shima bescheid. Immerhin war der Prinz, wenn er Amy glauben schenkte, der Smaragd. Was hieß, Mathew hatte Amy mit ihm zu dieser Veranstaltung geschickt um die Möglichkeit einer Begegnung der Beiden zu schaffen, was hieß, er wusste das der Prinz sich zu dieser Zeit auf dem Anwesen seines Onkels befinden würde. Er hatte sie alle an der Nase herum geführt und so gelenkt wie er sie haben wollte. Trotzdem würde er Lin Jet jetzt bestrafen müssen, zum einen um ihm verständlich zu machen, dass er ein solches Vorgehen nicht dulden würde und zum anderen, damit er Mathew beruhigen konnte. Er hatte die Drohung im Tonfall von Amys Vater eindeutig bemerkt. In seinem Zimmer angekommen rief er sofort seinen Onkel an und begann alles zu regeln.

Es war schon kurz nach sechs und von Amy war noch immer keine Spur zu sehen. Er zog erneut sein Telefon aus der Tasche um es auf Nachrichten zu kontrollierten und endlich hatte er eine. Tut mir leid für die Verspätung. Bei mir zu Hause gab es einige Schwierigkeiten, die ich noch klären musste. Ich bin mittlerweile unterwegs, aber geh doch schon mal rein. Ich schreibe dir wenn ich ankomme, dann kannst du mich abholen kommen. Musste Amy wirklich ausgerechnet am heutigen Tag zu spät kommen? Sein Vater würde sich darüber nur wieder maßlos aufregen und ihm einen Vortrag darüber halten, dass er sich seine Gesellschaft besser aussuchen sollte. Pünktlichkeit gehörte für ihn zur Höflichkeit. Ganz Unrecht hatte er damit auch nicht, allerdings gab es Probleme die keinen Aufschub duldeten und Orell war sich sicher, dass es sich um ein solches Problem gehandelt haben musste, damit Amy zu spät kam. Sich innerlich schon auf eine Ansprache vorbereitend ging er hinein und zu seinem Vater, der sich gerade im Gespräch mit einem seiner Freunde befand. Orell hatte diesen Mann schon auf einer Vielzahl von Veranstaltungen gesehen und wie immer hatte er seine Tochter an seiner Seite. Am liebsten hätte er mit den Augen gerollt, da er nun genau wusste was auf ihn zukommen würde. Ohne Amy als Schild würde sein Vater keine Rücksicht nehmen und versuchen ihn an die Frau zu bringen. „Ah, da ist ja mein Junge.“ Er sah sich fragend um. „Wo ist deine Begleitung?“ Er hatte es gewusst, natürlich würde ihm dieses Detail nicht einfach mal entgehen. „Leider verspätet sich Amy ein wenig. Sie hatte einige Probleme zu Hause, weswegen sie aufgehalten wurde.“ Missbilligend sah sein Vater ihn an, doch er sagte zum Glück nichts weiter dazu. „Du erinnerst dich noch an Susanne? Sie ist die Tochter, meines alten Studienkollegen.“ Freundlich reichte er ihr zur Begrüßung die Hand. „Ich erinnere mich.“ Danach begrüßte er auch ihren Vater. „Susanne studiert seit diesem Semester an der NYU und ist gerade erst nach New York gezogen.“ Und da war es auch schon. „Eine wirklich gute Wahl.“ Ihre wirtschaftswissenschaftliche Fakultät war der von der Columbia sogar überlegen. Orell jedoch hatte unbedingt in der Ivy League spielen wollen und sich deswegen für die Columbia entschieden. „Da sie noch neu in der Stadt ist hatte ich gedacht du könntest sie etwas herum führen und ihr dabei helfen Anschluss zu finden.“ Noch bevor er antworten konnte klingelte sein Telefon und er entschuldigte sich kurz. Bin jetzt da. Dem Himmel sei dank. „Meine Begleitung ist soeben eingetroffen, wenn ihr mich also für einen Moment entschuldigen würdet.“ Er wartete noch die Antworten ab und machte sich dann auf den Weg aus dem Saal raus, um Amy zu begrüßen. Zu seinem Erstauen musste er die Party gar nicht verlassen. Amy stand dort in einem wunderschönen Kleid neben Yang in einem perfekt sitzenden Anzug und wurde vom Gastgeben begrüßt. Langsam ging er näher, er war nicht wirklich sicher, wie er die ganze Situation deuten sollte. „Miss Cooper, es ist mir eine ausgesprochene Ehre Sie auf meiner bescheidenen Feier begrüßen zu dürfen.“ Amy lächelte den Mann freundlich an. „Ich danke für die Einladung und freue mich hier sein zu dürfen.“ Danach wandte sich Herr Marceau, der Gastgeber, an Yang. „Es ist mir eine Freunde Sie mal wieder zu sehen, Mister Li.“ Yang tauschte noch einige Höflichkeiten aus und dann kamen sie zu ihm. „Erklärt ihr mir bitte was hier los ist?“ Amy sah etwas unsicher aus, deswegen nahm Yang wohl die Erklärung auf sich. „Wir haben uns dir noch nie richtig vorgestellt. Mein Name ist Li Yang, Oberhaupt der Zhao Familie. Und Amy, heißt in Wirklichkeit Ayumi Cooper und ist die Tochter von Mathew Cooper, dem Präsidenten der Cooper Multi-Industry Company. Bis zu deinem Anruf am Dienstag war uns gar nicht aufgefallen, dass wir dir nie unsere vollen Namen verraten hatten. Es hatte bei unseren Begegnungen ja auch eigentlich keine Rolle gespielt.“ Da sagte er etwas Wahres, trotzdem war es ein Schock zu erfahren, dass seine Freunde mit denen er sich seit Monaten traf eigentlich solche Persönlichkeiten waren. „Ehrlich gesagt ist das grad ein ganz schöner Schock für mich. Ich nehme es euch nicht übel und ihr habt Recht, unsere familiären Hintergründe hatten für unsere Treffen keinerlei Bedeutung.“ Tief atmete er noch mal durch und riss sich wieder zusammen. „Gut, dann will ich euch mal meinen Vater vorstellen.“

Amy war unendlich erleichtert, dass Orell die Tatsache, dass sie ihm bis jetzt ihre Namen verschwiegen hatten, nicht übel nahm. Sie ließ sich von ihm zu zwei Männern und einer jüngeren Frau führen. „Vater, darf ich dir meine Begleitungen Ayumi Cooper und Li Yang vorstellen?“ Dann drehte er sich zu ihnen. „Amy, Yang, darf ich euch meinen Vater Sebastian Moser vorstellen?“ Alle begrüßten sich und ihnen wurden auch noch der Studienkollege und seine Tochter vorgestellt, doch diese verabschiedeten sich so schnell es die Höflichkeit zu ließ, wieder. Orell beugte sich zu ihr hinunter, um ihr ins Ohr flüstern zu können. „Er wird sich jetzt das nächste Opfer suchen, dem er seine Tochter andrehen kann. Er und mein Vater haben es gerade schon bei mir versucht.“ Amy musste sich ein Kichern verkneifen, doch sie schaffte es mit viel Disziplin einen ausdruckslosen Gesichtsausdruck beizubehalten. „Darf ich fragen wie ihr euch alle kennen gelernt habt?“ Jetzt war ihre Chance Orell unter die Arme zu greifen. „Wir sind uns bei einem Baseballspiel begegnet und sind darüber ins Gespräch gekommen. Da wir uns auf Anhieb gut verstanden haben, haben wir uns für ein Spiel verabredet und treffen uns seitdem regelmäßig. Orell ist ein wirklich beeindruckender Spieler, Sie sollten sich unbedingt mal ein Spiel von ihm anschauen, nun da er es in die Mannschaft seiner Universität geschafft hat.“ Amy erkannte genau, dass dem Mann ihr Gesagtes nicht wirklich zusagte. Also beschloss sie noch eins drauf zu setzen. „Mein Vater liegt mir immer wieder in den Ohren, wie sehr er Sie um Ihren Sohn beneidete. Es gebe keine bessere Möglichkeit Kontakte zu amerikanischen Unternehmen zu knüpfen, als wenn der eigene Sohn Profispieler sein würde. Man könnte ihn zum Aushängeschild der Firma machen und da die Amerikaner Baseball lieben, würde sie bei seinem Gesicht immer sofort zu Ihrem Unternehmen Bezug nehmen. Und da so eine Profikarriere meist nur ein Jahrzehnt lang wehrt, könnte man ihn danach zur Firma holen und so weitere Kunden anziehen. Wenn man dann noch den asiatischen Raum dazu zählt, indem Baseball mittlerweile auch weit verbreitet und beliebt ist, sind Sie wirklich zu beneiden, so einen talentierten Sohn zu haben.“ Sie konnte es in seinem Gesicht sehen, dass sie ihm etwas zum Nachdenken gegeben hatte. Mit etwas Glück würde er nun Orell seinen Willen lassen, ohne dass dieser mit der Verstoßung seines Vaters würde rechnen müssen. „Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte. Wenn ich ehrlich bin, stand ich bis jetzt dem Sport meines Sohnes eher reserviert gegenüber, ich hatte ja keine Ahnung, dass es solche Vorteile mit sich bringen könnte.“ Wie es aussah könnte Orell nun durchatmen. „Dürfte ich mir die Frage erlauben woher Sie so gut Deutsch sprechen können?“ Sie sah fragend zu Yang und dieser nickte ihr zu. „Ich habe tatsächlich bis zu meinem 14. Geburtstag in der Schweiz gelebt und wurde dort auch unterrichtet.“ Dann verwickelte Sebastian Moser sie in ein Gespräch, welches eigentlich ganz amüsant war. Yang und Orell machten sich auf den Weg um Getränke zu besorgen, während sie bei dem älteren Banker zurück blieb.

„Bilde ich mir das nur ein, oder hat Amy gerade einfach mal so die Probleme zwischen mir und meinem Vater gelöst?“ Orell konnte es noch immer nicht fassen, wie einfach Amy es geschafft hatte seinen Vater um den Finger zu wickeln und seine Meinung gegenüber dem Baseball zu ändern. Er war durch und durch Geschäftsmann, Amy hatte dies sofort erkannt und ihm deswegen die Vorteile eines Profispielers schmackhaft gemacht. „So könnte man es sagen. Sie hat ein untrügliches Gespür für die Gefühle und Stimmungen ihres Gegenübers. Deswegen ist es für sie ein leichtes die Menschen um sie herum in die Richtung zu lenken, wie sie es sich wünscht. Normalerweise setzt sie dieses Talent nur zum Wohle anderer ein, wie damals, als sie anfing dich beim Baseball zu unterstützen, da sie merkte wie viel es dir bedeutet. Es macht ihr keinen Spaß Menschen zu kontrollieren und ich denke sie hat gerade nur eine Ausnahme gemacht, da sie dir so helfen konnte und dein Vater dadurch keine Nachteile haben wird.“ Amy war nur für ihn über ihren eigenen Schatten gesprungen. Sie war ein herzensguter Mensch und Yang brauchte ihm gar nicht zu sagen, dass es ihr nicht gefiel solche Tricks anzuwenden. Andere zu manipulier lag einfach nicht in ihrem Wesen, auch wenn sie dafür Talent haben sollte. Er hatte am eigenen Leib erfahren, wie sensibel Amy auf die Gefühle ihrer Mitmenschen reagierte. Vor ihr konnte sich niemand verstellen, wie oft hatte er das Handtuch werfen wollen und wurde von ihr immer wieder vom Abgrund weggezogen? Nur ihr hatte er es zu verdanken, dass er nun seinem Traum nachjagen konnte, dass er, er selbst sein konnte. Als sie in sein Leben getreten war, hatte sie seine Zukunft verändert. Er konnte gar nicht in Worten ausdrücken wie dankbar er ihr dafür war und wie sehr er sie dafür liebte. „Manchmal frage ich mich, ob ich ihr jemals ihre Freundlichkeit zurück zahlen kann.“ Eines stand fest, sollte sie jemals seine Hilfe brauchen würde er sie unterstützen, egal worum es ging oder was er dadurch aufgeben musste. „Darüber solltest du dir keine Gedanken machen, wenn Ayumi davon erfahren sollte, wäre sie wahrscheinlich traurig darüber. Allerdings könnte es in Zukunft wirklich passieren, dass sie deinen Einfluss gebrauchen könnte, dann biete ihr deine Unterstützung an, doch sprich nicht davon, damit ihre Freundlichkeit zu bezahlen. Sie betrachtet dich als ihren Freund und es würde ihr das Herz berechen, wenn sie das Gefühl von einem Geschäft hätte.“

In einem war sich Yang sicher, nun da Ayumi den verstoßenen Prinzen bei sich aufgenommen hatte, würde sie früher oder später alle Hilfe brauchen die sie bekommen konnte. Gerade weil Mathew schon verkündet hatte, dass er sie nicht unterstützen würde. „Verstanden. Ich hatte mich gerade wohl auch etwas unglücklich ausgedrückt.“ Orell war ein wirklich anständiger junger Mann und man konnte ihm ansehen, dass er hilflos in Ayumi verliebt war. Yang versuchte seine Eifersucht an die Zügel zu nehmen und verbot sich eine Abneigung gegen ihn zu entwickeln. Orell konnte nichts dafür, dass Mathew ihn zu einem der Ehemannanwärter gemacht hatte. Und Yang konnte ihm auch seine Gefühle nicht übel nehmen, immerhin konnte er sie nur zu gut nachvollziehen. Es war nur verständlich, dass er sich in ein so wunderbares Mädchen wie Ayumi verliebte.

Noch eine ganze Weile hatte sich Amy mit Sebastian Moser unterhalten und musste wirklich feststellen, dass er gar kein so übler Kerl war. Er war einfach nur altmodisch und etwas eingefahren in seinen Ansichten. „Entschuldigen mich die Herren bitte.“ Yang wollte sie schon begleiten, doch sie machte ihm mit einem Blick klar, dass er sich nicht vom Fleck bewegen sollte. Sie konnte gut allein aufs Klo gehen, sie war ja schon froh, dass Yang sie nicht gezwungen hatte Alexej mitzunehmen. Dieser war auch ganz glücklich gewesen, hatte er doch so endlich mal wieder einen Abend frei. Ihr Bodyguard war immerhin auch erst 19 Jahre alt, er wurde sein ganzes Leben darauf vorbereitet eines Tages für ihre Sicherheit zu sorgen. Er war der Sohn des persönlichen Bodyguards ihres Vaters und so ging der Sohn an die Tochter. Irgendwie eine traurige Geschichte in Amys Augen, doch Alexej hatte ihr immer wieder versichert, dass er nie ein anderes Leben gewollt hatte. Sein Traum war es in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Als Amy auf dem Rückweg von der Toilette in den Saal war, fiel ihr plötzlich ein Mann vor die Füße. Um seinen Hals lag ein Strick und er stöhnte qualvoll auf, während er versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Schnell half sie ihm auf und stütze ihn ab. Dann ging sie einfach den Flur entlang und öffnete eine der Türen. Im Raum brannte kein Licht, doch die Stadt war so hell, dass ihr die Beleuchtung von draußen reichte um zu erkennen, dass sie sich in einem Wohnzimmer befand. Sie schleppte den Mann zum Sofa und setzte ihn darauf ab, bevor sie damit begann, seine Beine nach Verletzungen abzutasten. Er war ganz eindeutig von der Brüstung ein Stockwerk höher hinunter gesprungen, doch wie es schien, hatte er sich dabei nichts gebrochen. Sie fuhr auch noch seine Arme ab, bevor sie ihm die Schlinge vom Hals entfernte und einfach hinter sich schmiss. Wieso hatte dieser Mann nur versucht sich das Leben zu nehmen? Und weshalb gerade bei einer solchen Veranstaltung? „Geht es dir gut?“ Er antwortete ihr auf Französisch, womit sie nicht wirklich ein Problem hatte, es jedoch ziemlich ungewöhnlich und auch unhöflich fand, immerhin hatte er sie verstanden und konnte nicht wissen, ob sie seiner Sprache mächtig war. „Mir geht es gut. Könntest du mich dann wieder allein lassen?“ Ja, unhöflich war der Kerl auf jeden Fall, leider ließ ihre Sorge es nicht zu ihn einfach allein zu lassen. „Nein. Ich werde hier bei dir bleiben.“ Er fluchte etwas vor sich hin, doch dann legte er sich einfach hin und schloss seine Augen. Endlose Minuten sagte keiner ein Wort. „Wie lange hast du noch vor hier zu bleiben?“ Gute Frage, sie wusste es nicht. Sie konnte schlecht die ganze Zeit hier bleiben und auf einen ihr unbekannten Mann aufpassen, der eindeutig den Wunsch nach dem Tod verspürte. „Bis ich mir sicher sein kann, dass du dir nichts antun wirst.“ Was für eine dumme Aussage, doch der Unbekannte begann unterdrückt zu lachen. „Dann wird das ein langer Aufenthalt in diesem Haus sein.“ Wohnte er hier? „Ich bin ziemlich ausdauernd, dies sollte also kein Problem werden.“ Ruckartig erhob er sich wieder und sah sie an, zumindest glaubte Amy das, da im Raum kein Licht brannte und er mit dem Rücken zu den Fenstern saß, konnte sie nur seine Schemen erkennen. „Was kümmert es dich was aus mir wird?“

„Was für eine dumme Frage. Als ob irgendein Mensch mit Herz einen Mann, der gerade versucht hatte sich das Leben zu nehmen, allein lassen würde.“ Eine ganze Zeit lang saß er einfach unbewegt da. „Meinst du wirklich es liegt daran, dass du ein Herz hast und nicht eher daran, dass du dich nicht mit einem schlechten Gewissen belasten willst?“ Also dieser Typ war wirklich das Letzte. „Was du denkst spielt für mich nicht wirklich eine Rolle, ich kenne die Wahrheit.“ Dann plötzlich legte er seine Hand an Amys Wange und streichelte sie zärtlich. Sie sah wie er mit seinem Gesicht näher kam und spürte schon seinen Atem an ihren Lippen. „Du bist wirklich ein wunderschönes Mädchen und in einem anderen Leben hätte ich mich sicher sofort in dich verliebt. Bitte versteh, dass ich jetzt gern allein sein möchte. Wärst du also so lieb und erfüllst mir meinen Wunsch?“ Diese Worte sprach er in einer solch einschmeichelnden Stimme, dass Amy fast versucht gewesen wäre, seiner Aufforderung wirklich zu folgen, aber eben nur fast. Sie schnappte sich seine Hand und verdrehte sein Handgelenk so sehr, dass er schmerzerfüllt aufschrie, an diesem Punkt ließ Amy wieder etwas locker, doch sie hielt ihn weiter in ihrem Griff. „Dachtest du wirklich du könntest mich mit einer solchen Methode überzeugen? Einfach lächerlich. Du kommst jetzt mit mir mit und ich bringe dich zu deiner Begleitung.“ Wenn er hier wohnte, musste er ein Verwandter ihres Gastgebers sein. Sollte der sich um diesen Mann kümmern. Sie würde ihn in sichere Obhut geben und dann war er eines Anderen Problem. Sie zog ihn mit sich zurück auf den Flur, wo ihnen schon eine Frau entgegen kam. „Jean-Luc wo hast du nur gesteckt? Dein Vater wollte dich noch einigen seiner Geschäftsfreunden vorstellen.“ Dann sah sie Amy an und zog arrogant die Augenbraue hinauf. „Also wirklich. Wir strengen uns an, gute Gastgeber zu sein und du suchst dir ausgerechnet ein solch unscheinbares Ding aus um dich privat zu vergnügen?“ Jetzt reichte es Amy endgültig, so viel zu ihrer eisernen Disziplin. „Jetzt da du anscheinend jemanden hast der auf dich aufpassen kann verabschiede ich mich. Ich wünsche euch noch einen schönen und unfallfreien Abend.“ Schnell ging sie zurück zur Party und gesellte sich zu ihren Freunden. Der Abend war für sie gelaufen.

Jean-Luc konnte es noch immer nicht fassen. Noch nie hatte es einen Menschen gegeben, der sich einer Bitte von ihm entziehen konnte, abgesehen von seiner Mutter und seinem Vater und selbst sie schafften es nicht immer. Diese Tatsache war schon erstaunlich genug gewesen, doch sie hatte wirklich Hand an ihn gelegt und ihn verletzt. Natürlich nicht ernsthaft, doch sie hatte ihm Schmerzen bereitet, um ihre Aussage zu unterstreichen und sich von ihm zu lösen. Sonst belagerten ihn die Menschen immer und suchten seine Nähe, doch nicht dieses Mädchen. Ihr schien sein Aussehen nicht mal wirklich aufgefallen zu sein oder es war ihr einfach nur egal. Sein Vater kam nun auf sie zu und blickte zwischen ihm und seiner Mutter hin und her. „Gab es schon wieder ein Problem?“ Wenigstens hatten sie dieses Mal nichts von seinem Selbstmordversuch mitbekommen. „Dein Sohn hat sich von der Party geschlichen um sich mit irgendeinem reizlosen Mädchen die Zeit zu vertreiben.“ Geschockt sah sein Vater in Richtung Saal und wieder zurück zu ihm. „Bitte sag mir, dass du das Mädchen, welches gerade durch die Tür ist, nicht angefasst hast.“

„Nein habe ich nicht. Ich bin nur gestürzt und sie hat mich gestützt, damit ich mich im Salon kurz ausruhen konnte. Als wir auf dem Weg zurück zur Party waren, kam uns auch schon Mutter entgegen und schloss die falschen Schlüsse.“ Dieses eine Mal konnte er sich wirklich nichts vorwerfen lassen. Sein Vater atmete erleichtert auf. „Gut, halt dich am besten einfach fern von ihr, damit du sie mit deiner altbekannten Art nicht beleidigst.“ Dafür war es jetzt wohl schon etwas zu spät. „Wenn du dir sorgen machst, solltest du besser auch deine Frau von ihr fernhalten, immerhin hat sie gerade erst gesagt, ich zitiere: Du suchst dir ausgerechnet ein solch unscheinbares Ding aus um dich privat zu vergnügen.“ Er wusste, dass er gemein war, doch er liebe es seinen verdorbenen Eltern beim Streiten zu zusehen. Sein Vater bekam einen roten Kopf und sah seine Ehefrau nun verachtend an. „Du wirst auf der Stelle zurück zur Party gehen und das Mädchen um Vergebung bitten.“ Als sie sich nicht bewegte wurde er etwas lauter. „Sofort. Beweg dich.“ Dann wand er sich wieder Jean-Luc zu. „Du gehst am besten zurück auf dein Zimmer. Bei deinem Taktgefühl schaffst du es auch noch mich heute zu blamieren. Ich muss jetzt zurück und schauen ob ich unser Ansehen noch retten kann.“ Wer das Mädchen wohl war? Er war ihr jedenfalls dankbar, denn dank ihr konnte er endlich diese beschissene Party verlassen.

Kurze Zeit später kam die Frau von zuvor zu ihr und begann sich für ihr unhöfliches Verhalten zu entschuldigen. Dann kam auch noch der Gastgeber hinzu und schloss sich dieser um Verzeihung bittenden Tirade an. Egal wie sehr Amy beteuerte, dass alles in Ordnung sei und sie sich nicht beleidigt fühlte, hörten sie einfach nicht auf. Irgendwann schritt dann Gott sein Dank Yang ein. „Eure Entschuldigung ist angekommen und Ayumi verzeiht euch euer Verhalten. Sie ist ein sehr großzügiges Mädchen und wird euch nichts nachtragen. Leider ist es jetzt schon spät und Ayumi ist erst 15 Jahre alt, deswegen werden wir uns jetzt verabschieden müssen.“ Sie konnte Yang nicht genug danken für sein Eingreifen und dem Vorwand zu Verschwinden. Das Ehepaar Marceau nahm diese Aussage nun endlich hin und verabschiedet sie, sodass sie endlich gehen konnten. Orell begleitete sie noch bis vor die Tür um sich zu verabschieden, danach würde er wieder zurück gehen müssen. „Was hat die Frau denn zu dir gesagt, dass die da oben so einen Aufstand veranstaltet haben?“ Eigentlich wollte Amy nicht weiter darüber nachdenken, doch nach dem ganzen Aufsehen, war sie ihnen wohl zumindest eine kleine Erklärung schuldig. „Ich bin auf dem Flur, wohl auf ihren Sohn gestoßen. Als die Mutter uns zusammen sah, regte sie sich darüber auf, dass er der Party fern blieb und dies wohl um sich ausgerechnet mit einem so unscheinbaren Ding wie mir privat zu vergnügen.“ Orell und Yang begannen zu lachen und Amy boxte ihnen spielerisch in den Bauch. „Schön dass ihr darüber lachen könnt. Tut mir ja leid, dass ich nur ein kleines Mädchen ohne jegliche Reize bin.“ Sofort wurden sie wieder ernst. Wie aus einem Mund sprachen sie dann. „Du bist wunderschön.“ Dann sahen sie sich an und nun musste Amy lachen. „Danke. Aber eigentlich macht mir die Aussage nicht wirklich etwas aus, doch ich kann Unhöflichkeit eben nicht leiden und auch mit Arroganz habe ich so meine Probleme.“ Orell schien über etwas nachzudenken, während Yang dem Parkservice seine Karte reichte. „Du hast also Jean-Luc kennen gelernt. Was hältst du von ihm?“ Sie konnte Orells Sorge in seiner Stimme hören, doch dieses Mal konnte sie sie nicht zuordnen. „Keine Ahnung. Ein unhöflicher Mann ohne Benehmen, mit einen Drang zur Selbstzerstörung?“ Ihr Freund schien nun erleichtert und lächelte wieder. „Mit seinem Aussehen hat er Höflichkeiten wohl auch nicht wirklich nötig. Die meisten Menschen werden wie von selbst von seiner Schönheit angezogen.“ Sie hatte ihn sich gar nicht wirklich angesehen. Sie war in ihrem Kopf mit wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen. „Ich habe ihn mir nicht genauer angesehen. Wenn ich ihn morgen auf der Straße sehen würde, dann würde ich wohl einfach an ihm vorbei gehen.“ Sofort schüttelte Orell lachend den Kopf. „Du bist wirklich nicht wie normale Menschen. Selbst ich als Mann kann mit ihm im Raum kaum meine Augen von ihm lassen. Einmal habe ich mit ihm gesprochen und ich hatte das Gefühl von seiner Stimme hypnotisiert worden zu sein.“ Ja diese Erfahrung hatte sie auch gemacht, doch dem hatte sie ja zum Glück sofort einen Riegel vorgeschoben. „Allerdings so schön sein Äußeres auch sein mag, gibt es eine Menge Gerüchte um seine Person. Fünf Frauen sollen sich wegen ihm schon das Leben genommen haben. Unzählige Ehen sind wegen ihm zerbrochen und er scheint auch sonst nichts anbrennen zu lassen. Dabei spielt es für ihn wohl auch keine Rolle ob es sich bei seinem Partner um eine Frau oder einen Mann handelt. Die Gefühle seiner Mitmenschen sind ihm völlig gleichgültig, doch ihm wird jedes Verhalten verziehen, da er so unsagbar Schön ist.“ Orell wollte noch mehr erzählen, doch Yang hielt ihr nun die Ohren zu. Paar Sekunden später gab er sie wieder frei. „Verzeih, aber eigentlich hatte Orell davor schon zu viel für deine Ohren gesagt. Du bist erst 15 Jahre alt und es gibt Dinge, von denen du noch nichts wissen musst.“ Da war er wieder, Yang die übervorsichtige Glucke. Frech grinsend stellte sich Amy auf die Zehspitzen um Orell ins Ohr flüstern zu können. „Was Yang wohl tun würde, wenn er erfahren würde was ich mir manchmal nachts im Fernsehen anschaue?“ Orell beugte sich nun seinerseits zu ihrem Ohr. „Wahrscheinlich würde er dir den Fernseher nehmen und dann auch noch all deine Bücher kontrollieren und eine Kindersicherung in dein Smartphone packen.“ Jetzt mussten sie beide lachen, da es so absurd klang, Yang jedoch wirklich zu zutrauen wäre. Nun fuhr Yangs Wagen vor und sie verabschiedeten sich nun endgültig für den Abend.



Kapitel 6


Was tat sie hier eigentlich? Alexej sah sie mittlerweile auch schon komisch an und sie hatte das Gefühl er würde sie mit seinen Augen auslachen. Amy stand nun schon eine geschlagene halbe Stunde vor dem Haus der Marceaus und traute sich einfach nicht zu klingeln. Die vergangene Nacht hatte sie kaum ein Auge zugetan, da sie der Mann, der sich das Leben nehmen wollte, einfach nicht mehr losgelassen hatte. Genau deswegen hatte sie am Morgen beschlossen her zu kommen um sich zu versichern, dass es ihm gut ging, doch nun zweifelte sie etwas an ihrem Beschluss. „Entweder du klingelst jetzt oder ich stecke dich zurück in den Wagen und wir fahren wieder.“ Anscheinend war Alexej das Warten leid und hatte auch keine Freude mehr an ihrem erbärmlichen Anblick. Wieso nur verschwand dieser unhöfliche Kerl nicht einfach aus ihren Gedanken? Amy gab sich einen Ruck und drückte nun endlich auf die Klingel.

Jean-Luc hatte das Mädchen vom vergangenen Abend nun schon eine ganze Weile vor seinem Haus beobachtet und amüsierte sich köstlich über ihr ständig wechselndes Minenspiel. Er konnte sich nicht daran erinnern, schon jemals an etwas solche Freude gefunden zu haben und dieser Gedanke erschreckte ihn. Wieso bereitete es ihm Freude dieses Mädchen zu beobachten? Wieder sah er aus dem Fenster und sah wie sie ihren Mut zusammen nahm und endlich die Türklingel betätigte. Eine der Dienstmädchen würde sicher die Tür öffnen, also ging er leise aus seinem Zimmer und versteckte sich im Flur. So konnte er hören was am Eingang gesprochen wurde, doch niemand würde ihn sehen können. „Guten Tag. Mein Name ist Ayumi Cooper. Wäre es möglich mit Monsieur Marceau zu sprechen?“ Sie war also gar nicht gekommen um ihn wieder zu sehen? Eigenartig, wieso fühlte er sich plötzlich so enttäuscht? Das Dienstmädchen eilte los und keine fünf Minuten später kam sein Vater angeeilt. Vor der Tür richtete er noch mal seine Krawatte und strich seinen Anzug glatt, bevor er dann mit einem strahlenden Lächeln die Tür öffnete. „Ich wünsche einen wunderschönen guten Tag. Möchten Sie nicht reinkommen?“

„Nein danke, ich habe nicht vor lange zu bleiben. Ich wollte mich nur erkundigen ob es dem Mann von gestern Abend gut geht.“ Sie war also doch wegen ihm da. „Bitte?“ Natürlich sein Vater wusste nicht, dass er mal wieder vergeblich versucht hatte sich das Leben zu nehmen. „Ihr Sohn hatte sich gestern verletzt und ich habe ihm deswegen geholfen. Jetzt wollte ich mich erkundigen, ob auch wirklich alles gut ist.“ Sie hatte ihn nicht verraten. Doch wieso? Es wäre doch sinnvoller seinen Eltern davon zu erzählen, damit sie etwas gegen seinen Drang sich umzubringen, tun konnten. Oder hatte das Mädchen ihre Aussage mit Absicht so formuliert um sehen zu können wie sein Vater reagierte? „Jean-Luc geht es gut. Wenn Sie wollen, kann ich ihn eben zur Tür holen.“ Für seinen Geschmack klang sein Vater etwas zu aufgeregt. „Nein danke. Wenn Sie mir sagen, dass es Ihrem Sohn gut geht, dann reicht mir dies.“ Wieso spürte er erneut diese Enttäuschung. Sonst war es ihm doch auch immer zuwider wenn seine Eltern ihn dazu missbrauchten die Leute um den Finger zu wickelt. „Dürfte ich erfahren ob mein Sohn Ihnen irgendwelche Unannehmlichkeiten verursacht hat?“ Eine ganze Weile war es still und Jean-Luc rechnete schon damit, dass sie seinem Vater alles sagte, was er am Abend zuvor gesagt und getan hatte. „Wenn ja, dann lasse ich sofort nach ihm rufen und er wird sich bei Ihnen entschuldigen.“ Sofort schrie er nach dem Hausmädchen und verlangte ihn zur Tür zu bringen. Jetzt würde er wohl aus seinem Versteck kommen müssen. „Bitte, machen Sie sich keine Umstände.“ Doch ihr Einwand kam zu spät, er stellte sich nun zu seinem Vater in die Tür und sie bekam bei seinem Anblick große Augen. „Oh.“ Ja, dass war schon eher die Reaktion die er von den Menschen die ihn sahen gewohnt war. Erneut machte sich Enttäuschung in ihm breit. Er hatte irgendwo ganz tief in sich drin gehofft, dass sie anders war. „Mein Verhalten gestern tut mir wirklich leid.“ Er sprach mit seiner einschmeichelnden Stimme und wollte gerade wieder seine Hand auf ihre Wange legen um sie um den Finger zu wickeln. „Noch einen Zentimeter näher und ich breche dir den Arm dieses Mal.“ Sofort zog er seine Hand zurück und sein Vater keuchte erschrocken. „Ich bitte um Verzeihung, doch ich lasse mich von Fremden nicht anfassen, dabei spielt sein Aussehen, oder seine betörende Stimme keine Rolle. Ich nehme die Entschuldigung an, aber ich verbitte mir weitere oberflächige Annäherungen dieser Art.“ Irgendetwas passierte in diesem Moment mit ihm, doch er hatte absolut keine Ahnung was es war. Nun schüttelte sie den Kopf, sah ihm wieder in die Augen und hielt ihm die Hand entgegen. „Mein Name ist Ayumi Cooper. Es freut mich dich kennen zu lernen. Ich hoffe wir schaffen es noch Freunde zu werden.“ Perplex griff er nach ihrer Hand und schüttelte sie. „Jean-Luc. Die Freude ist ganz meinerseits.“ Dann drehte sie sich ihrem Begleiter zu. „Alexej hast du zufällig Zettel und Stift einstecken?“ Der Mann sah sie an als hätte sie den Verstand verloren und zeigte an sich hinab. „Wir sind mit dem Auto da. Kann doch sein, dass du dort Schreibzeug hast.“ Der Mann stöhnte genervt und lief die Straße etwas hinab zu einer schwarzen Limousine. Als er zurück kam reichte er Ayumi die gewünschten Sachen und sie schrieb etwas auf den Zettel. „Hier ist meine Nummer. Ich würde mich freuen wenn du dich bei mir melden würdest.“ Sein Vater nahm den Zettel entgegen. Noch eine ganze Weile standen sie einfach so da während niemand ein Wort sagte. „Amy wir müssen langsam los. Orell hat heute sein erstes Spiel und wir wollten ihn unterstützen gehen.“ Nun sah sie ihn strahlend an. „Was hältst du davon uns zu begleiten? Wir treffen uns mit einigen Freunden um ein Baseballspiel zu sehen.“ Er wollte nicht. Zum einen hielt er nichts von dieser Sportsart und zum anderen hatte er kein Interesse noch mehr Zeit mit diesem Mädchen zu verbringen, dass ihn ganz durcheinander machte. „Das ist eine hervorragende Idee.“, sagte da schon sein Vater. Jetzt waren Widerworte zwecklos, er hatte keine Wahl mehr. „Sehr schön, dann fahr doch gleich mit uns, wir bringen dich auch später wieder Heim.“

Amy war sich selbst nicht wirklich sicher, was sie geritten hatte diese Frage zu stellen, doch sie konnte diesen Mann einfach nicht allein lassen. Ja er war unhöflich, von sich selbst eingenommen und machte eine desinteressierten Eindruck, doch in seinen Augen konnte Amy so viele negative Emotionen erkenne, dass sie es nicht über sich brachte, ihn sich selbst zu überlassen. Dass er anscheinend der blaue Topas war, spielte bei dieser ganzen Aktion nur eine untergeordnete Rolle. Gemeinsam stiegen sie in den Wagen und Alexej fuhr los um sie zum Unigelände zu bringen. Amy freute sich schon darauf Orell in seinem ersten Spiel sehen zu können, hoffentlich würde alles gut ausgehen. Jean-Luc neben ihr sah völlig ausdruckslos aus dem Fenster und Amy fragte sich wirklich, was mit diesem Mann nicht stimmte. Ja, er war wunderschön, so schön, dass man das Gefühl hatte ein Engel selbst wäre vom Himmel hinabgestiegen, doch ihn umgab eine Kälte, die ihr Gänsehaut bereitete. Doch irgendetwas störte sie bei diesem Anblick, wenn man sein Aussehen mal außer Acht ließ, dann war alles was Amy sehen konnte ein kleiner Junge der so viele negative Gefühle mit sich herum schleppte, dass es ein Wunder war, dass er darunter noch nicht zusammen gebrochen war. Obwohl so ganz stimmte dies auch nicht, immerhin hatte er sich am vergangenen Abend versucht das Leben zu nehmen. „Verzeih, dass du gezwungen bist mit uns das Spiel anzusehen.“ Ihr war bewusst, dass er ihre Einladung ablehnen wollte, aber sich nicht gegen die Entscheidung seines Vaters aussprechen konnte. Nun zuckte er nur mit den Schultern. „Es ist nichts Neues, dass mein Vater mich mit Menschen schickt von denen er sich Vorteile durch gute Verbindungen erhofft.“ Das klang ja schrecklich. „So ist es doch auch bei dir. Dein Vater hat dich sicher gestern zu dieser Veranstaltung geschickt um durch dich neue Verbindungen knüpfen zu können. Vielleicht hat er dich aber auch mitgenommen um dir einen Ehemann zu suchen, um mit seiner Familie ein Bündnis einzugehen.“ Amys Hand ballte sich bei diesen Worten über ihren Vater zur Faust. „Ich würde dich bitten solche Anschuldigungen für dich zu behalten. Ja mein Vater hat mich auf diese Party geschickt, aber nur damit ich mich an diese Gesellschaft gewöhnen kann und mir schon mal ein Bild davon machen kann wie es in der Geschäftswelt wirklich vorgeht. Viele Verträge werden auf solchen Partys entschieden oder verhandelt. Und genau deswegen muss ich mich an dieses Leben gewöhnen. Mein Vater hat nicht vor mich zu seinem Instrument zu machen und mich zu seinem Vorteil einzusetzen. Auch würde er mich nie billig an einen Mann verkaufen, nur um seine Firma zu vergrößern. Ich bitte dich also wirklich inständig diese haltlosen Aussagen zu unterlassen.“ Ihr Vater liebte sie mehr als sein eigenes Leben und auch wenn er ihr dieses Spiel zur Suche ihres Mannes aufgedrückt hatte, so hatte er dabei sicher immer nur ihr Bestes im Sinn. Und er zwang sie ja auch nicht einen der ausgewählten Männer zu heiraten. Jean-Luc sah sie nun das erste Mal während der Fahrt an und Amy blickte ihm in seine wunderschönen Augen. Sie hatten die Farbe eines blauen Topas´ und sahen aus wie die ihres geliebten Huskys Sammy. „Ich wollte dich oder deinen Vater mit meiner Aussage nicht beleidigen.“ Mit einem Nicken nahm sie diese Aussage einfach hin, doch sie würde nichts weiter dazu sagen, im Moment war sie wirklich wütend auf diesen Mann. Schweigend brachten sie die restliche Fahrt hinter sich und Amy überlegte was sie nun mit Jean-Luc anfangen sollte. Sie wollte ihm helfen und ihn von seinen Qualen befreien, doch dafür musste sie den Grund für diese erfahren und dieser Mann machte nun wirklich keinen kooperativen Eindruck. Er würde eine harte Nuss werden, doch sie würde ihn knacken, es würde nur etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Als Ayumi endlich im Stadion ankam, konnte Yang sich endlich wieder beruhigen. Zumindest hätte er das, wenn sie nicht ausgerechnet Jean-Luc Marceau mitgebracht hätte. Er hatte sich schon gewundert wieso sie das Haus so früh verlassen und darauf bestanden hatte nur Alexej mit sich zu nehmen. Yang schüttelte über sich selbst den Kopf, er hätte es eigentlich besser wissen müssen. Letzt Nacht hatte er sich noch über Jean-Luc schlau gemacht und ihn beschlich bei seinem Foto ein ungutes Gefühl und auch das Dossier über diesen Mann war nicht ohne. Fünf Frauen und einem Mann hatte er schon in den Selbstmord getrieben, dazu schien er nie irgendeine feste Beziehung einzugehen, hatte dafür aber über den ganzen Erdball verteilt mehrer Geliebte. Seine Eltern haben außer ihm noch einen Sohn, der sechs Jahre älter war und vor etwas mehr als einem Jahr die Geschäfte ihres Vaters übernommen hat. Jean-Luc hatte zwar Anteile an den Firmen, war aber eher so etwas wie ein Aushängeschild und übernahm keinen wirklichen Posten. Er war ein Freigeist der das ganze Jahr durch die Welt reiste und sein Leben genoss, nur wenn sein Eltern es verlangten unterbrach er seine Reisen und nahm an diversen Veranstaltungen teil, bei denen er meist die Aufgabe bekam gewisse zukünftige Geschäftspartner um den Finger zu wickeln. Was noch aus dem Bericht über ihn heraus stach war die Information, dass Jean-Luc wohl seit seinem zwölften Lebensjahr regelmäßig versuchte sich das Leben zu nehmen. Jedoch wurde er nie in eine Einrichtung zur psychischen Behandlung eingewiesen, noch gab es sonstige Informationen darüber, dass er sich in Behandlung eines Psychiaters befand. So ein Mann sollte nicht in der Nähe von Ayumi sein, dafür war sie einfach zu sensibel gegenüber den Stimmungen ihres Gegenübers. „Was macht er bei dir?“ Ayumi sah ihn durchdringend an. „Ich habe Jean-Luc eingeladen sich mit uns gemeinsam das Spiel anzusehen.“ Dann drehte sie sich einfach von ihm weg und setzte sich neben diesen Typen. „Also Jean-Luc, der unfreundliche Mann zwei Plätze weiter ist Li Yang, er ist das Oberhaupt der Zhao Familie, einen Platz weiter sitzt mein Bodyguard Alexej, den hast du ja zuvor schon kennen gelernt. Die reizende junge Dame neben mir ist meine beste Freundin Rachel Blue.“ Er nuschelte eine Begrüßung doch schien sich nicht wirklich für die Menschen um ihn herum zu interessieren. Alexej tippte ihm an die Schulter und er schenkte ihm nun seine volle Aufmerksamkeit. „Wir ziehen mit diesem Typen zu viel Aufmerksamkeit auf uns.“ Dagegen konnte er nun auch nichts unternehmen. Ayumi jedoch überraschte ihn, sie reichte dem Mann neben sich einen Hut und Sonnenbrille. „Hier, setz die auf. Du stichst zu sehr hervor und würdest die Spieler nur ablenken.“ Stirn runzelnd schaute Jean-Luc auf den Hut und drehte ihn etwas unsicher in der Hand. „Stell dich nicht so an. Ich hätte dich nicht für einen eitlen Typen gehalten.“ Mit einem genervten Seufzer tat er wie Ayumi von ihm verlangte. Zumindest würde er damit etwas weniger herausstechen, doch viel half es auch nicht. „Ayumi könntest du für einen Moment zu uns rüber kommen?“ Sie kam zu ihnen und kniete sich vor ihn und ihren Bodyguard. „Was gibt’s?“ Provokativ sah Yang zu ihren Neuzugang. „Was soll das?“ Unschuldig sah sie ihm jetzt in die Augen. „Wovon redest du?“ Oh nein, diese Unschuldsnummer kaufte er ihr nicht ab. „Du weißt wovon ich spreche. Wieso hast du diesen Typen mit her gebracht? Du hast doch gestern gehört was für ein Mensch er ist. Ich möchte, dass du dich von ihm fern hältst.“ Jetzt blitzten Ayumis Augen schon wütend und Yang wusste genau was nun kommen würde. „Ich entscheide selbst mit was für Menschen ich mich umgeben möchte. Ich habe ihn mit hier her genommen, weil ich ihn gern besser kennen lernen wollte, ich möchte wissen was sich unter diesen ganzen Oberflächlichkeiten befindet.“

„Ich bin deine Aufsichtsperson. Dein Vater hat die Verantwortung für dich an mich übertragen und ich werde dich nicht wegen deiner Neugier, einer Gefahr aussetzen. Ich sage, du hältst dich von diesem Typen fern.“ Ayumi stand ruckartig auf und ging auf ihren Sitz zurück. Sollte sie ruhig sauer auf ihn sein, damit konnte er leben. Nach dem Spiel würde er dafür sorgen, dass sich die Wege dieser Beiden nicht erneut kreuzen werden.

Also Yang hatte sie doch nicht mehr alle. Sie würde sich von ihm sicher nicht vorschreiben lassen mit wem sie befreundet sein durfte und mit wem nicht. Jean-Luc war einer der Kandidaten die ihr Vater selbst ausgewählt hatte, er war also keine unmittelbare Gefahr für sie. Er mochte vielleicht nicht der netteste Typ sein, aber unter dieser Fassade, da war sich Amy sicher, hatte er eine vollkommen andere Persönlichkeit. „Ich bitte um Verzeihung, für das unhöfliche Verhalten meines Begleiters. Wir sind Kindheitsfreunde und er ist etwas überbehütend wenn es um mich geht. Sei also so gut und vergib ihm seine Unfreundlichkeit.“

Eigentlich war es Jean-Luc ja egal was die Leute von ihm hielten und sagten, doch bei diesem Li Yang ging es ihm irgendwie auf die Nerven. Er sprach so als wolle er Ayumi etwas Böses tun und hätte sich ihr aufgedrängt, dabei war sie es doch die auf ihn zugekommen war. Noch dazu schien sich Ayumi nicht zu ihm hingezogen zu fühlen, so wie es normalerweise der Fall war. Er glaubte nicht daran sie irgendwie in seinen Bann ziehen zu können. Welche Frage jedoch blieb war, wieso sie ihn eingeladen hatte sie zu begleiten und wieso sie anscheinend mit ihm befreundet sein wollte. Vorsichtig lehnte er sich etwas zu ihr rüber um ihr ins Ohr flüstern zu können. Wenn sie wollte könnte sie den Kopf wegziehen ohne ihn erneut verletzen zu müssen. Die ganze Zeit wurde Jean-Luc aus stechenden schwarzen Augen beobachtet und auf eine verschobene Art und Weise machte es ihm Spaß diesen Asiaten zu ärgern. „Was hältst du davon als Entschuldigung für deinen Freund und dafür, dass ich mir dieses Spiel ansehen muss, heute Abend mit mir spazieren zu gehen?“ So, was würde sie nun tun? Würde sie ablehnen, da ihr Wächter es ihr verboten hatte, oder würde sie sich gegen seine Anweisung stellen und auf Jean-Lucs Vorschlag eingehen? „Okay, dann komm heute Abend zum Haupttor unseres Anwesens.“ Ein Kribbeln erfasste seinen Körper als er ihre Antwort vernahm. Was war das für ein Gefühl? Jean-Luc, der sein gesamtes Leben nie irgendwelche anderen Gefühle als Schmerz, Wut, Verachtung, Einsamkeit, Angst, Unzufriedenheit und so weiter kannte, konnte das Gefühl der positiven Aufregung einfach nicht benennen. „Dann warte ich heute Abend gegen 7 Uhr auf dich.“ Ayumi schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und nickte. Was er sich jedoch fragte war, wie konnte diese kleine Mädchen nur ein so reines und aufrichtiges Lächeln haben, wenn sie an ein Treffen mit ihm dachte? Sie war ihm wirklich ein Rätsel, noch nie war er einem Menschen wie ihr begegnet.

„Das Spiel fängt an.“ Amy konzentrierte sich nun ganz auf das Match, immerhin war es Orells heißersehntes Debüt und er hatte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit verdient. Seine Mannschaft war zuerst in der Offensive, was wohl bedeutete, dass es noch etwas dauern würde bis sie ihn zu sehen bekamen. „Wo ist eigentlich Shane? Wollte er sich nicht auch unbedingt dieses Spiel ansehen?“ Rachels Bruder dürfte eigentlich kein eigenes Match haben, wieso hatte sie ihn also noch nirgends gesehen? Als ihre beste Freundin ihr nicht antwortete, wendete Amy ihren Blick vom Spielfeld ab und sah nun zu Rachel. Diese starrte vollkommen erstarrt Jean-Luc an und Amy hätte darüber lachen mögen, wenn es nicht gleichzeitig auch so tragisch wäre. Sie klapste ihrer Freundin leicht auf den Hinterkopf und sicherte sich so ihre Aufmerksamkeit. „Jetzt reiß dich mal wieder zusammen.“ Verschämt sah Rachel mal wieder auf den Boden. „Tut mir leid. Aber mal im Ernst, ich habe noch nie einen so schönen Mann gesehen. Die Models in den Zeitschriften sind ja ein Witz gegen ihn.“ Dafür bekam sie gleich noch einen Klaps. „Ich sagte reiß dich zusammen. Das Aussehen eines Menschen spielt doch nun wirklich nur eine untergeordnete Rolle. Außerdem ist es unhöflich Jean-Luc anzustarren wie ein Tier im Zoo.“ Amy verstand das Aufheben um das Aussehen einfach nicht. War der Charakter eines Menschen nicht das wirklich Wichtige? Ein Mensch kann so hübsch sein wie er will, wenn er im Inneren ein Arsch war, dann war er ein Arsch und daran konnte sein Aussehen auch nichts ändern. Ein weniger hübscher Mensch jedoch konnte durch einen guten Charakter zum Strahlen gebracht werden. „Solche Dinge kannst du nur sagen, weil du selbst eine Schönheit bist, die ihres Gleichen sucht. Aber ich werde mich für das Anstarren entschuldigen, das war wirklich unfreundlich.“ Rachel lehnte sich etwas vor und entschuldigte sich wirklich bei Jean-Luc, jedoch ohne ihn wirklich anzusehen. Diese Hürde, des direkt ins Gesicht sehen, war wohl noch etwas zu hoch für das zurückhaltende Mädchen. Etwas beschäftigte Amy jedoch an Rachels Aussage. Sie war keine Ausnahmeschönheit. Sie war einfach nur ein normales Mädchen. Mit ihren 1,68m lag sie vollkommen im Durchschnitt, hatte schwarzes Haar, etwas dunklere Haut, olivgrüne Augen, die nun wirklich nicht schön waren, sondern eher aussahen, als hätte sich ihr Erbgut nicht entscheiden können und hat deswegen ein schönes Grün mit Dreck vermischt. Auch waren ihre Gesichtszüge typisch westlich und hatte nichts mehr von ihrem japanischen Großvater. Ihr Körper war wohl für den Westen schön anzusehen, da er schlank und durchtrainiert war, doch davon gab es in Amerika einige. Ihr Aussehen war also wirklich nicht aufsehenerregend, sondern einfacher Durchschnitt. Wie kam Rachel also auf eine solche Idee? Erst Recht wenn man die Männer in ihrer Umgebung betrachtete und sie daneben stellte. Die Offensive im Top des ersten Innings war zwischenzeitlich beendet worden und nun kam endlich Orell aufs Spielfeld. Amy stand auf und jubelte ihm zu, Rachel schloss sich ihr enthusiastisch an, während die Männer sitzen blieben und nur Klatschten. Anscheinend waren sie sich zu fein dazu ihrem Freund offen zuzujubeln. Orell blickte sich nach ihnen um und winkte ihnen etwas zurückhaltend zu. Hoffentlich würde er auf dem Mount etwas mehr Elan zeigen. Amy setzte sich wieder und beobachtete genau das Spiel ihres Freundes. Eine tiefe Freude und Zufriedenheit breitete sich in ihr aus, als sie ihn dort auf dem Feld spielen sah, so voller Schweiß und Dreck. Endlich war er einen Schritt näher dran seinen Traum zu verwirklichen. Der Weg lag jetzt genau vor ihm und er musste ihn einfach nur noch gehen. Eine Träne stahl sich aus ihrem Augen und erschrocken zuckte sie weg als Jean-Luc sie ihr von der Wange wischte. „Läuft das Spiel so schlecht, dass du deswegen schon Tränen vergießen musst?“ Geschockt blickte Amy zu dem Franzosen. „Kann es sein, dass du keine Ahnung hast wie Baseball gespielt wird?“ Als er nickte, konnte sie sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Sie waren mittlerweile schon im sechsten Inning und er hatte die ganze Zeit still dagesessen und zugesehen ohne irgendetwas zu verstehen? „Du hättest etwas sagen können, dann hätte ich es dir erklärt.“ Und dies holte sie dann auch gleich nach. „Und wieso hast du dann geweint, wenn dein Freund so gut spielt und am gewinnen ist?“

„Weil wir das letzte halbe Jahr damit verbracht haben gemeinsam mit Orell für diesen Tag zu trainieren. Wenn ich daran denke wie viel Schweiß, Blut und Tränen es ihn gekostet hat hier her zu kommen, um seinem Traum einen winzig kleinen Schritt näher zu kommen, dann kann ich meine Tränen einfach nicht mehr zurück halten. Ich freue mich so sehr für ihn und ich bin stolz auf ihn, weil er nicht aufgegeben hat und immer weiter gemacht hat.“ Wieder geschah etwas mit Jean-Luc, in ihm baute sich der Wunsch auf, dass dieses Mädchen eines Tages auch um ihn Tränen vergießen sollte. Er wollte ihr so wichtig sein, dass sie auch über ihn mit solcher Wärme in der Stimme sprechen würde.

Es war kurz vor sieben und Amy hatte es geschafft Yang abzulenken, damit sie sich aus dem Haus schleichen konnte. Leider lief sie am Ausgang direkt in Daichi rein, den sie ehrlich gesagt vollkommen vergessen hatte. „Wo willst du denn jetzt noch hin?“ Sie war so dumm, sie wusste doch, dass Daichi am Abend gern vor dem Eingang auf den Stufen saß und den Wachposten beim Wechsel zusah. „Ich wollte etwas spazieren gehen.“ Sofort stand er auf. „Ich begleite dich.“ Sie konnte ihn unmöglich mit zur Grundstücksgrenze nehmen, die Gefahr, dass ihn ein Reporter oder schlimmer ein Attentäter sehen könnte war zu hoch. „Verzeih mir, ich wollte gern etwas allein sein, um über etwas nachdenken zu können.“ Daichi sah etwas enttäuscht aus, doch er nickte nur und setzte sich wieder hin. „Tut mir wirklich leid. Wir können dafür später Go spielen wenn du möchtest.“ Fast jeden Abend saßen sie in seinem Zimmer und unterhielten sich, wobei sie nebenbei Go spielten. Daichi erzählte ihr viel über seine Heimat, Familie, Geschichte der Insel und lustige Anekdoten über den Hof. Amy hatte mittlerweile das Gefühl das Land schon zu kennen, obwohl sie noch nie dort gewesen war. Allerdings hörten sich die Beschreibungen an, wie das Land aus dem Märchen welches ihr der Mann ihrer Großmutter immer vor dem Schlafengehen erzählt hatte, wenn sie Amy in der Schweiz besucht hatten. Es musste einfach traumhaft schön sein. „Gern, ich wünsche dir viel Spaß beim spazieren und nachdenken.“ Jetzt musste Amy sich beeilen, wenn sie Jean-Luc nicht zu lange warten lassen wollte. Kaum war sie außer Sichtweite von Daichi rannte sie so schnell sie ihre Beine tragen konnten zur Haupteinfahrt. Wieso musste das Anwesen auch so groß sein, dass man vom Haus zur Einfahrt fast einen Kilometer laufen musste? Völlig außer Atem kam sie wenige Minuten später beim Wachhaus an, wo sie neugierig von den Wachen gemustert wurde. „Was machst du denn hier, so außer der Puste? Bist du gerade joggen oder wolltest du noch wo hin? Uns liegt kein Bericht vor in dem erwähnt wurde, dass du heute das Anwesen noch mal verlassen wolltest.“ Genau deswegen hatte sie Jean-Luc auch zu sich eingeladen, ohne die Erlaubnis von Yang konnte sie dieses Gelände niemals verlassen. „Ich bin nur hier um jemanden abzuholen. Ich habe mir einen Freund eingeladen und wollte ihn persönlich hier begrüßen.“ Amy sah sich um und sah Jean-Luc in einem Sportwagen sitzen. Sie winkte ihn zu sich, er stieg etwas unmotiviert aus und kam zu ihr gelaufen. „Hey, komm doch rein. Wir können hier auf dem Anwesen spazieren gehen.“ Jean-Luc begrüßte sie und kam ihrer Aufforderung nach, doch er sah nicht wirklich zufrieden mit dieser Entwicklung aus. Er hatte sicher gedacht, dass er irgendwo mit ihr hinfahren könnte und sie dann spazieren gehen würden, doch Amy hatte nicht vor Yang noch mehr zu verärgern als ohnehin schon. Sie reizte ihn wohl schon genug indem sie den Mann von dem sie sich fernhalten sollte auf ihr Anwesen einlud. Amy hackte sich bei ihrem Begleiter ein und lenkte ihn am Zaun entlang über den Rasen. „Es freut mich, dass du gekommen bist. Heute Morgen beim Spiel hatten wir ja nicht die Gelegenheit uns wirklich zu unterhalten. Also erzähl mir doch etwas über dich. Wieso hast du gestern versucht dich umzubringen?“ Amy hatte schon vorher beschlossen jegliche einschränkende Höflichkeit wegzulassen. Zum einen weil sie so wohl schneller an ihr Ziel kommen würde und zum anderen war Jean-Luc selbst nicht wirklich die Höflichkeit in Person.

Anscheinend hatte dieses Mädchen beschlossen allen Anstand bei Seite zu lassen, fast hätte es ihn zum Lachen gebracht, wenn ihre Frage nicht so ernst gewesen wäre. „Ich heiße Jean-Luc, bin 25 Jahre alt und der zweite Sohn der Familie Marceau. Ich habe Wirtschaft an der NYU studiert und reise seit meinem Abschluss durch die Welt. Meine Familie stammt aus Frankreich und hat ihr Geschäft mit altem Geld gemacht, wir stammen aus irgendeiner alten Adelslinie, doch so genau habe ich meinem Vater nie zugehört wenn er mal wieder anfing darüber zu erzählen. Ich bin 1,85m groß, habe hellblaue Augen, spreche 6 Sprachen und habe eine Vorliebe für Schokolade.“ Neben ihm begann Ayumi zu lachen und Jean-Luc war sich nicht sicher wie er es einordnen sollte. Fragend blickte er sie an und unterbrach seine Erzählung. „Tut mir leid. Alles was du gesagt hast, klingt als würdest du dich gerade bei einer Online Datingseite registrieren. Die Standartdaten über dich interessieren mich nicht wirklich, ich würde liebe etwas mehr über dich als Person erfahren. Hast du vielleicht irgendwelche Hobbys? Oder gibt es Themen die dich beschäftigen und die du gern mit jemandem diskutieren würdest? Wie du aufgewachsen bist würde mich auch interessieren. War deine Erziehung streng, bist du gern zur Schule gegangen, warst du überhaupt in der Schule? Gab es ein schönes Erlebnis, an das du dich selbst jetzt nach all den Jahren erinnern kannst, weil es dich geprägt hat? Vielleicht sollte ich besser anfangen etwas über mich zu erzählen dann hast du einen Vergleich.“ Schnell nickte er, denn er hatte trotz ihrer Erklärung keinen wirklichen Schimmer was Ayumi genau zu erfahren versuchte. „Also ich bin jetzt 15 Jahre alt. Als ich 2 Jahre war hat eine Gruppe Männer versucht mich zu entführen und deswegen meine Mutter ermordet. Die Männer konnten schnell gefasst und ich wieder befreit werden, doch mein Vater fürchtete um meine Sicherheit und schickte mich mit der Frau seines Sekretärs in die Alpen. Abgeschnitten von der Außenwelt wurde ich dort in einer Hütte in der Schweiz privat unterrichtet. Es war hart und einsam, stundenlanges Kampftraining, gefolgt von stundenlangem Unterricht in den normalen Schulfächern, dann folgten Unterweisungen in den verschiedensten Sprachen. Und obwohl es hart war, machte es mir Freude. Ich bin von Natur aus sehr neugierig, weshalb mir das Lernen auch immer so viel Spaß gemacht hat. Außerdem hatte ich die Wochenenden immer Frei und konnte in den Bergen spielen gehen, ich würde sagen ich hatte eine ganz erfüllte Kindheit. Doch die wohl schönsten Zeiten hatte ich wenn Yang zu Besuch da war.“ Dann begann sie zu kichern. „Ich musste gerade an unsere erste Begegnung denken. Ich hatte ihn gezwungen mit mir und meinen Puppen eine Teeparty zu veranstalten, ich war damals erst 3 Jahre alt gewesen und Yang schon 8. Doch trotz des Altersunterschieds hatte ich mich einfach wahnsinnig gefreut endlich mal ein anderes Kind in meiner Nähe zu haben. Nach wenigen Minuten jedoch fielen mir seine Augen auf und ich begann haltlos zu weinen an. Sie waren vollkommen ausdruckslos gewesen, als wären sie tot und Yang würde gar nichts fühlen. Mich hat dieser Anblick als Kind erschreckt, aber gleichzeitig auch so traurig gemacht. Anfangs dachte ich noch es wäre meine Schuld, da ich ihn zwang mit mir zu spielen, doch dies war nicht der Fall. Yang war einfach ein Kind ohne eigene Emotionen gewesen, er hat seinem Gegenüber einfach immer die Gefühle gezeigt von denen er dachte, dass sie sie sehen wollten. Er war ein kleiner Junge, der genau so erzogen wurde und deswegen keine Ahnung hatte was er selbst in Wirklichkeit empfand. Mit der Zeit hatte ich ihn aus diesem Zustand holen können, doch noch heute sehe ich manchmal diese leeren Augen in seinem Gesicht.“ Dann war sie eine Weile still. „Verzeih ich bin vom Thema abgekommen. Auf jeden Fall sah mein Leben bis zu meinem 14. Geburtstag genau so aus. Dann holte meine Vater mich zurück in die Staaten und offenbarte mir was in Zukunft für ein Leben auf mich warten würde. Du kannst dir vorstellen was für ein Schock das war, immerhin bin ich in dem glauben aufgewachsen ein ganz gewöhnliches Mädchen zu sein. Nun ja zumindest so gewöhnlich wie ein Mädchen, das in Isolation groß wurde sein könnte. Dann erzählt mein Vater mir plötzlich, dass ich später sein Milliarden Doller Unternehmen erben würde und er mich zurück zu sich geholt hat um mich mit dieser Gesellschaft in der ich ab sofort verkehren werde vertraut zu machen. Dann blieb ich einige Monate hier auf diesem Anwesen um mich mit anderen Menschen vertraut zu machen, immerhin waren alle Leute die ich davor kannte, mein Vater, seine Eltern, Nozomi und ihr Mann gewesen, ach ja und Yang. Also lernte ich wie man sich in Gesellschaft zu verhalten hatte und all diesen Blödsinn. Und dann wurde mein größter Wunsch wahr. Ich durfte zur Schule gehen und wie ein ganz normales Mädchen sein.“ Dann erzählte sie ihm von Rachel und Geschichten was sie alles so zusammen gemacht hatten. Und er musste ihr Recht geben, das hörte sich wirklich sehr nach dem stereotypischen Teenager Alltag an. Ayumi jedoch sprach davon mit solcher Freude, dass Jean-Luc das Gefühl hatte von diesen Emotionen angesteckt zu werden. „So jetzt bist du dran. Erzähl mir etwas über dich.“ Was sollte er ihr erzählen? Er hatte immer getan was seine Eltern von ihm verlangt hatten, hatte nie Freunde gehabt und auch keine wirklichen Vorlieben über die er sprechen konnte. Und genau dies teile er Ayumi auch mit, worauf hin sich Tränen in ihren Augen sammelten. „Verstanden. Wir werden ab sofort etwas an deinem Leben ändern. Du bist erst 25 Jahre alte, es ist noch nicht zu spät den Kurs zu ändern und nach etwas zu suchen, das dir Freude bereitet. Ich werde dich dabei so gut ich kann unterstützen, immerhin machen Freunde so etwas füreinander. Lass uns mal überlegen womit wir anfangen könnten.“ Dann begann sie in die Luft zu starren und immer wieder ihren Kopf von einer zur anderen Seite zu neigen. „Gut beginnen wir mit etwas Kleinem. Was hältst du davon wenn wir morgen zusammen einen Schokoladenkuchen backen? Du meintest du magst Schokolade, zusammen etwas zu erschaffen gibt einem das Gefühl von Zusammengehörigkeit und man kann am Ende Stolz auf seine Arbeit sein und sie dann auch noch genießen.“ Er sollte sich in eine Küche stellen? Noch nie in seinem Leben hatte er diesen Raum von Innen gesehen. Anscheinend sah Ayumi ihm seine Zweifel an denn sie begann erneut zu lachen. „Stell dich nicht so an. Es ist nur ein Kuchen und wir werden Spaß haben, das verspreche ich dir. Wenn du dir Sorgen machst, weil du noch nie gebacken hast, dann kann ich die Hauptaufgaben übernehmen und du wirst mich unterstützen.“ Eigentlich hatte er nichts zu verlieren, außerdem würde das Gesicht von Li Yang, wenn er ihn gemeinsam mit Ayumi sehen würde, schon Befriedigung genug sein. „Okay, ich komme morgen wieder vorbei und wir werden einen Kuchen backen. Allerdings werde ich nicht garantieren können, dass ich irgendeine Hilfe sein kann.“

„Das spielt doch überhaupt keine Rolle. Es geht darum gemeinsam an etwas zu arbeiten, was uns später Freude bereiten wird, wenn wir es essen.“ Jean-Luc hatte keine Ahnung woher dieses kleine Mädchen ihre Begeisterung nahm, doch es faszinierte ihn.



Kapitel 7


Schon den ganzen Vormittag stritten sich Ayumi und Yang schon, mittlerweile war es schon nach dem Mittag und es machte nicht den Anschein als würden sie bald ein Ende ihres Disputes finden. Daichi verstand nicht wirklich worum es ging, nur, dass Ayumi sich gestern heimlich mit einem Mann getroffen hatte und dieser heute vorbei kommen würde. Etwas war Daichi verstimmt darüber, dass seine Gastgeberin ihn gestern angelogen hatte, doch so einen Aufstand wie Yang gerade veranstaltete, wollte sie wohl einfach nur sicher gehen, dass von ihrem Treffen nichts zu ihm durchdrang. Gestern Abend war sie dann auch noch gut gelaunt, wie fast jeden Abend, zu ihm gekommen und hatte mit ihm eine Runde Go gespielt. Ayumi hatte ihm von dem Baseballspiel ihres Freundes erzählt und ihm versprochen, dass sie sich etwas einfallen lassen würde damit er sie das nächste Mal würde begleiten könnte. Er würde sich freuen endlich mal etwas außerhalb dieses Geländes sehen zu können, doch Baseball war nicht wirklich ein Sport für den er besondere Begeisterung aufbringen konnte. Allerdings würde er schon gerne mal diesen Orell kennen lernen, immerhin redete Ayumi ziemlich oft über ihn und dies machte ihn schon neugierig darauf um was für einen Menschen es sich dabei handelte. Außerdem war es immer besser seine Konkurrenz zu kennen und da er hier in diesem Haus lebte hatte er einen Vorteil, denn die Angestellten redeten. Man musste also nur zuhören, wenn man Informationen haben wollte. So hatte er heraus gefunden, dass Ayumi noch keinen Verlobten hatte, ihr Vater jedoch einige Anwärter für sie ausgesucht hatte. Er hatte ihr nicht verraten um wen es sich dabei handelte und auch die Männer wussten nichts von ihrem Glück, jedoch hat Ayumi von ihm als Hinweis Edelsteine erhalten und wie es aussah war er der Smaragd. Was hieß, dass ihr Vater ihn für würdig hielt sich um seine Tochter zu kümmern und ihr ein guter Ehemann zu sein. Daichi hatte dagegen absolut nichts einzuwenden. Ayumi war ein wunderbarer Mensch und würde noch zu einer wundervollen Frau heranreifen. Er könnte sich glücklich schätzen, wenn sie ihn zu ihrem Auserwählten machen würde. „Ich habe es dir schon einmal gesagt. Ich bin für dich verantwortlich, dein Vater hat dich in meiner Obhut gelassen und ich werde nicht zulassen, dass du dich mit einem solchen Mann triffst.“ Ayumi raufte sich mittlerweile die Haare und es war wirklich ein Spaß sie so zu sehen. Normalerweise war sie immer die Ruhe selbst, nur Yang schaffte es sie aus der Fassung zu bringen. „Und ich sagte dir, dass ich mir von dir nicht vorschreiben lasse mit wem ich befreundet sein darf und mit wem nicht. Ich habe Jean-Luc eingeladen und du wirst dich damit abfinden müssen.“

„Ich habe der Wache schon bescheid gegeben, dass sie ihn nicht durchlassen dürfen und ich diesen Besuch nicht gestatte. Du siehst also, dass ich sehr wohl etwas dagegen unternehmen kann.“ Yang sah sehr selbstsicher aus und mit sich selbst auch sehr zufrieden. „Das kannst du nicht machen. Du kannst doch nicht einfach meinem Besuch verbieten das Anwesen zu betreten.“

„Und wie ich das kann, wie schon gesagt ich habe hier das Sagen so lange dein Vater nicht da ist.“ Ayumi sah aus, als würde sie gleich platzen. „Gut, dann gehe ich eben. Ich wollte dir extra entgegen kommen und habe ihn hier her eingeladen, weil ich wusste, dass du dir Sorgen machst. Jetzt weiß ich, dass ich mir nicht mehr die Mühe machen sollte auf dich Rücksicht zu nehmen, immerhin nimmst du ja auch keine auf mich.“ Dieser Satz hatte Yang verletzt, dass konnte man ihm ansehen, doch Daichi war sich nicht sicher, welcher Teil davon. Er öffnete schon seinen Mund um Ayumi etwas zu erwidern, doch sein Telefon klingelte und er nahm das Gespräch entgegen. „Was gibt’s? … Das ist kein Problem, lasst ihn durchfahren, wir werden ihn vor dem Haus empfangen.“ Dann legte er einfach wieder auf und in Ayumis Augen blitzte es und ein kurzes Grinsen erschien auf ihren Lippen. Aber wirklich nur ganz kurz, dann setzte sie wieder ihr wütendes Gesicht auf. „Orell scheint dich besuchen zu kommen. Die Wachen lassen ihn durch, also lass uns jetzt aufhören zu streiten und ihn begrüßen gehen.“ Ayumi drehte sich ruckartig um und rannte zum Ausgang, was einen gequält aufstöhnenden Yang zurück ließ. „Ich habe keine Ahnung was ich hätte anders machen sollen.“ Vielleicht gar nichts und vielleicht auch alles. Hier gab es wohl kein Richtig oder Falsch. Yang war der festen Überzeugung, dass dieser Mann nicht gut für Ayumi war, doch sie glaubte daran, dass dieser Mann ein Freund werden könnte. „Darf ich mit zur Tür kommen? Ich würde diesen Orell gern kennen lernen.“ Yang nickte erschöpft und sie gingen gemeinsam zum Eingang, wo sie Ayumi gemeinsam mit zwei jungen Männern antrafen. Yang neben ihm stockte im Schritt und wurde ganz starr neben ihm. „Danke, dass du mir diesen Gefallen getan hast Orell. Ich habe keine Ahnung wie ich sonst diesen Sturkopf hätte besiegen können.“ Dann umarmte sie den Unscheinbareren der Beiden, wobei dieser Begriff nicht wirklich zutreffend war, doch neben dem anderen Mann schienen alle Anderen zu erblassen. Noch nie in seinem Leben war er einem so schönen Menschen begegnet. Allerdings erkannte er nun, wieso Ayumi gelächelt hatte als Yang den Anruf der Wachen bekommen hatte. Sie wusste von Anfang an, dass Yang seine Meinung nicht ändern würde und zu allen Mitteln greifen würde. Sie hatte also schon zu Beginn eine Ausweichstrategie.

Ayumi drehte sich um, als sie die Wut in ihrem Rücken spürte und machte sich auf einen weiteren Streit gefasst, doch Yangs Augen waren vollkommen leer und ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Er begrüßte Orell und Jean-Luc und führte sie in den Salon, wo er ihnen auch sofort Getränke anbot. Noch bevor er den Raum verlassen konnte, eilte Ayumi zu ihm und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Geschockt wurde sie von den vier Männern im Raum angesehen, doch dies spielte keine Rolle. Immerhin hatte sie es so geschafft Leben in Yangs Augen zurück zu holen. „Tu das nicht. Schrei mich an, beschimpf oder bestraf mich, doch zieh dich nicht zurück. Ich will diese toten Augen nie wieder sehen müssen.“ Tränen liefen ihr das Gesicht hinab, so sehr verletzte es sie, Yang wieder so gesehen zu haben. Yang schüttelte den Kopf, als wäre er verwirrt und würde versuchen seine Gedanken zu sortieren, dann riss er sie in seine Arme und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr. „Es tut mir so leid. Ich verspreche es nie wieder vor dir zu tun, also bitte weine nicht mehr. Ich werde sogar mein Einverständnis zu eurem Backvorhaben geben, nur bitte hör auf zu weinen.“ Nie wieder vor ihr, genau da lag der Knackpunkt. Nur bei ihr hatte er das Recht zu sein wer er war. Sobald er zu seiner Familie als Oberhaupt zurückkehren würde, würde er diesen Ausdruck wieder aufsetzen und seine Emotionen so tief in sich begraben, dass sie praktisch nicht existent waren. Wie konnten die Menschen seiner Familie nur so etwas mit ihm machen? Wie konnten sie von diesem jungen Menschen verlangen sich selbst für sie zu opfern? Wieder einmal wurde sie wütend bei dem Gedanken daran. Irgendwann würde sie ihn aus diesem Leben holen und ihm seine Freiheit schenken. Vielleicht würde es noch Jahre dauern, vielleicht sogar Jahrzehnte, aber irgendwann, irgendwann würde Yang frei sein. Als sie sich beruhigt hatte löste sie sich wieder von ihm und lächelte ihm zittrig zu. „Lasst uns alle zusammen einen Kuchen backen.“ Umso mehr, desto besser und lustiger würde es werden.

Jean-Luc wusste nicht so wirklich was er von dieser Zusammenstellung in der Küche halten sollte, doch es war ganz amüsant anzusehen, wie Ayumi versuchte die vier Männer anzuleiten. Wie es schien war er nicht der einzige, der noch nie irgendwas Essbares selbst gemacht hatte. Yang schien wohl öfter für sich selbst zu kochen, doch auch er hatte Probleme den Anweisungen immer zu folgen. Ayumi lachte viel, genau wie die Anderen und Jean-Luc musste erstaunt feststellen, dass ihm diese Umgebung Ruhe und Frieden gab. Seine inneren Dämonen waren ruhig, niemand flüsterte ihm Gemeinheiten zu, es war einfach still in seinem Kopf. Niemals hätte er es für möglich gehalten, nach 14 Jahren endlich mal wieder einen solchen Tag zu erleben. Und dieses Erlebnis hatte er ganz allein Ayumi zu verdanken, der sein Aussehen und seine Familie völlig gleichgültig waren. Sie wollte ihm Freude schenken, da sie merkte, dass er dieses Gefühl nicht kannte. Einfach nur weil sie ein netter Mensch war. Vielleicht könnte sie seine Rettung sein und ihn den Abgrund wieder hinauf ziehen, denn er stand nicht mehr nur am Rand. Nein er hatte den Halt schon verloren und konnte sich gerade noch so mit einer Hand verzweifelt an der Kante festhalten. Schon bald würde es kein Zurück mehr geben, aber sollte es doch noch eine Möglichkeit für ihn geben, dann war dies Ayumi. Vielleicht war dieses kleine Mädchen in der Lage seine Dämonen zu besiegen und ihm den Frieden zu schenken, nach dem er nun schon seit Jahren im Tod suchte. „Jean-Luc, hör auf vor dich hin zu träumen und rühr die Schokolade im Topf vor dir um, sonst wird sie klumpig.“ Sofort setzte er seine Hand wieder in Bewegung, ihm war nicht mal aufgefallen, dass er aufgehört hatte umzurühren. „Yang würdest du bitte Rachel und Shane anrufen? Ich würde sie gern zum Kaffee einladen, dann können sie auch gleich unsere Neuzugänge kennen lernen.“ Noch mehr Menschen? Wie viele Freunde hatte dieses Mädchen denn? „Wird gemacht. Soll ich ihnen einen Wagen schicken?“ Ayumi bestätigte dies und machte sich weiter daran, aus anderer halbweicher Schokolade Rosen zu formen. Ein neuer Mann betrat die Küche und blieb geschockt in der Tür stehen. „Eure Hoheit, Ihr könnt doch nicht einfach Eure Handschuhe ablegen.“ Eine zu Boden krachende Schüssel ließ alle zusammen zucken und Ayumi sah mit schreckgeweiteten Augen zu dem Mann. „Seiichiro.“ In diesem Namen klang eine so schwere Anklage mit, dass Jean-Luc froh war, dass es nicht gegen ihn gerichtet war. Daichi war unterdessen dabei hektisch den Fußboden, von der verschütteten Schokolade zu säubern. „Ich bitte um Verzeihung. Habe ich etwas falsch gemacht?“ Ayumi ignorierte diese Frage und sah ihn und Orell nun durchdringend an. „Ihr habt nichts gehört.“ Dann sah sie zu dem Mann in etwas ausgefallener Kleidung, was Jean-Luc gerade erst auffiel und dann machte es auch endlich Klick in seinem Gehirn. Er war schon einige Male auf Kami Shima gewesen, allerdings nicht in den letzten Jahren, da er die Königsfamilie gegen sich aufgebracht hatte. „Jean-Luc, ich sagte du hast nichts gehört. Ich sehe dir an wie du gerade darüber nachdenkst und die richtigen Schlüsse ziehst.“ Orell hingegen hatte eine eiserne Mine aufgesetzt, was Ayumi nun zum Schmunzeln brachte. „Ich verstehe schon. Ihr habt ein wirklich schlechtes Pokerface. Daichi, dein Geheimnis ist raus, allerdings versichere ich dir, dass diese Beiden es bewahren werden und du hier immer noch sicher bist. Allerdings würde ich es begrüßen, wenn Rachel und Shane nichts davon erfahren würden, auch nicht durch Zufall. Sie sind ein leichtes Ziel für Leute die nach Informationen über dich suchen könnten.“ Jetzt wurde ihr Blick eiskalt während sie Jean-Luc anstarrte. „Ich vertraue dir, dass du kein Wort darüber verlierst, bitte nutze dies nicht aus.“ Dann sah sie Orell an und dieser nickte ihr zu und auch er hatte ohne wirkliches zutun seinerseits genickt. Er zuckte nur mit den Schultern, ihn interessierte die Politik eines fremden Landes nicht wirklich. „Dürfte ich nun erfahren, wieso der Prinz hier in der Küche steht und sich die Hände wie ein gemeiner Bürger dreckig macht?“ Ayumi stöhnte gequält auf und auch Daichi konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. „Vielleicht weil er hier im Moment kein Prinz ist und Erfahrungen eines einfachen normalen Bürgers machen möchte?“ Ayumis Aussage tropfte nur so vor Sarkasmus und etwas wunderte er sich darüber. Wenn er ehrlich war, hatte er ihr so etwas nicht zugetraut. Wo war das kleine, nette Mädchen geblieben, dass jedermann Freude bringen wollte? „Ich bitte um Verzeihung, wenn meine Frage für Sie unangebracht schien.“ Ging er gerade auf ihre Provokation ein oder meinte er es ernst? „Seiichiro, das reicht. Ich verbitte es mir, dass du unseren Gastgeber beleidigst. Du hast sicherlich noch nicht vergessen wie großzügig und auch rücksichtig Ayumi dir gegenüber war.“ Der Mann verneigte, entschuldigte sich und verließ den Raum wieder. „Es tut mir wirklich leid Ayumi. Ich weiß nicht was er mit dir für ein Problem hat.“ Ayumi winkte ab und setzte ihre Arbeit vor. „Jean-Luc, du kannst die Schokolade jetzt vom Herd nehmen und über den Kuchen gießen. Achte darauf, dass du sie gleichmäßig darauf verteilst. Und du Daichi solltest dir nicht so viele Gedanken machen. Ich nehme es ihm nicht wirklich übel, allerdings werde ich seinem Verhalten entsprechend reagieren. Wenn man mal genau darüber nachdenkt, dann ist es kein Wunder, dass er mich nicht wirklich mag. Unsere erste Begegnung endete damit, dass er mir eine Ohrfeige verpasste und du ihn dafür bestraft hast. Auch denke ich, dass er die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, dass du eines Tages doch noch König wirst und dementsprechend ist er gegen meinen westlichen Einfluss den ich auf dich ausübe. Er ist eben ein sehr traditionell eingestellten Mensch.“ Daichi nickte und sie beendeten den Kuchen schweigend. Der Auftritt dieses Mannes hatte wirklich die fröhliche Stimmung versaut.

Der Nachmittag war dann doch noch ganz angenehm geworden, als Rachel und ihr Bruder eingetroffen waren und somit die Stimmung wieder lockerten. Der Kuchen war ganz lecker gewesen, natürlich kein Vergleich zu der Pattiserie aus Paris, doch Ayumi hatte Recht, es war ein gutes Gefühl etwas zusammen zu erschaffen und es dann gemeinsam zu genießen. Was er allerdings festgestellt hatte war, dass er wohl nie wirklich gut mit Yang auskommen würde. Sie wurden einfach nicht warm miteinander und hatten eine latente Abneigung gegeneinander. Auch hatte er heraus gefunden, dass Daichi anscheinend nichts von Jean-Lucs Affäre mit seiner Cousine wusste, worüber er sich freute. Er war damals erst 19 Jahre alt und hatte nicht wirklich darüber nachgedacht in was für Schwierigkeiten er sich damit bringen konnte. Zum Glück für ihn war alles Gut ausgegangen, er hatte eben nur ein gebrochenes Herz zurück gelassen. Jetzt lag er hier in seinem Zimmer auf dem Bett und sah lächelnd an die Decke während er zurück an den Tag dachte. Vielleicht konnte er es wirklich noch schaffen, zusammen mit Ayumi und den anderen. Leider waren die Stimmen in seinen Kopf zurück gekehrt die ihm unaufhörlich versuchten den Tag schlecht zu reden und ihn weiter nach unten in den Abgrund zogen. Verzweifelt versuchte Ayumi ihn zu halten, doch sie war eben nur ein kleines schwaches Mädchen, wenn nichts geschah würde sie ihn nicht mehr lange halten können. Es fehlte nicht mehr viel. „Jean-Luc, kommst du bitte zu uns in den Salon? Dein Vater und ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen.“ Lustlos folgte er seiner Mutter und setzte sich dann seinen Eltern gegenüber hin. „Du bist nun schon 25 Jahre und deine Mutter und ich haben festgestellt, dass wir dir genug Freiheiten gelassen haben. Es wird Zeit das du endlich auch mal etwas Verantwortung in der Firma und vor allem für die Familie übernimmst. Deswegen haben wir beschlossen, dass du im Herbst Jessica Clark die Tochter von Harry Clark heiraten wirst. Harry hat uns die Zusicherung gegeben, seine Firma zu einer Tochterfirma von Marceau Public Company zu machen. Er würde weiter Chef über diesen Zweig bleiben, ihn jedoch nach seinem Ruhestand an dich und Jessica abtreten.“ Sie wollten ihn an diesen Perversen verkaufen? Er spürte richtig wie Ayumi die Kraft verlor und er nun letztlich doch in den Abgrund stürzte. An diesem Ort war es dunkel, kalt und schmerzhaft. Es fühlte sich an als würden Millionen Nadeln durch seine Haut gestochen. Langsam stand er auf und ignorierte die Proteste seiner Eltern, zumindest ging er davon aus, dass sie etwas sagten, wirklich hören tat er nichts mehr. Jean-Luc ging den Flur entlang zum Ausgang und verließ das Haus dann. Wohin wusste er nicht, es war auch egal, spielte einfach keine Rolle mehr.

Ayumi hatte plötzlich eine Gänsehaut. Irgendetwas stimmte nicht, dass konnte sie spüren. Schnell rannte sie aus ihrem Zimmer und sah nach Yang, dieser saß in seinem Zimmer am Schreibtisch und schien zu arbeiten. „Yang ist bei dir alles in Ordnung?“ Dieser drehte sich verwirrt zu ihr herum und nickte. „Alles bestens. Stimmt was nicht?“ Ayumi zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Ich habe nur plötzlich so ein schlechtes Gefühl, als würde irgendwas Schreckliches passieren.“ Dann drehte sie sich um und versicherte sich, dass bei Daichi alles in Ordnung war. Wieso nur dieses komische Gefühl? „Yang ruf bitte bei Orell an und ich werde versuchen Rachel zu erreichen.“ Doch auch bei diesen Beiden war alles wie immer und nichts Schlimmes war vorgefallen. Dann blieb jetzt nur noch Jean-Luc. Er würde doch nicht erneut versuchen sich das Leben zu nehmen? Am Nachmittag hatte Amy das Gefühl gehabt er hätte sich etwas geöffnet und die Qualen in seinen Augen wären etwas zurück gegangen. Hatte sie sich zu früh gefreut und würde nun die Rechnung dafür zahlen müssen? Sie rannte zum Ausgang und wurde von allen begleitet, da sie sie anscheinend mit ihrer Nervosität angesteckt hatte. „Yang wir müssen zu Jean-Luc. Kannst du bitte eine Wagen holen?“ Hoffentlich würde nun keine neue Diskussion ausbrechen, denn dafür hatten sie im Moment wirklich keine Zeit. Dann klingelte Yangs Telefon und er sah sie etwas komisch an. „Wir sind gleich da. Er soll dort warten.“ Dann sah er zu Alexej. „Besorg uns einen Wagen und trommel noch ein paar Männer zusammen. Jean-Luc ist verschwunden und der Butler dachte er könnte ihn vielleicht hier finden. Wir werden eine Suche starten.“ Ayumi versuchte ruhig zu bleiben und schon mal nachzudenken, wo sie suchen könnten, doch sie kannte ihn dafür einfach zu wenig. Hatte er denn Orte die ihm etwas bedeuteten? Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, doch konnte sie wirklich so eingebildet sein? „Junichiro ich möchte, dass du Yang und Ayumi an meiner Stelle begleitest. Ich kann hier leider nicht raus, aber ich werde dafür beten, dass ihr ihn schnell und sicher finden werdet.“ Er musste einfach unverletzt sein, etwas anderes würde Ayumi nicht akzeptieren. Endlich fuhr der Wagen vor und sie sprang hinein um sich ans Tor bringen zu lassen, wo der aufgelöste Butler bereits wartete. „Steigen Sie ein und reden Sie während wir fahren. Wir sollten keine Zeit verlieren.“ Schnell und erleichtert stieg der ältere Herr ein und begann zu erzählen. „Die Herrschaften Marceau haben dem jungen Herrn Jean-Luc gerade eröffnet, dass er diesen Herbst die Ehe mit einer gewissen Jessica Clark eingehen würde. Nach dieser Verkündung ist der junge Herr einfach aufgestanden und hat vollkommen neben sich stehend den Wohnsitz verlassen. Ich versuchte ihn einzuholen, doch war nicht schnell genug. Als ich meine Sorge um den Zustand des jungen Herrn äußerte, meinten die Herrschaften nur, er müsste sich etwas beruhigen und würde danach zurück kommen. Ich jedoch zweifle daran, schon zu oft hat der junge Herr versucht sich das Leben zu nehmen und da war er in besserer Verfassung als heute. Mein Gefühl sagt mir einfach, dass er es dieses Mal schaffen würde, wenn wir ihn nicht vorher finden. Bitte helfen Sie mir den jungen Herrn zu retten.“ Also hatte er, so wie sie schon vermutet hatte, schon vorher versucht sich umzubringen. „Alexej, fahr mich zum Baseballstadion der Columbia. Junichiro und ich werden dort suchen. Die restlichen Personen in diesem Wagen suchen den Campus nach ihm ab. Die Männer in den anderen Autos sollen von seiner Wohnung aus jeden möglichen Platz an dem er unentdeckt sein könnte, absuchen.“ Dann wand sie sich wieder den Butler zu. „Wieso sind Sie gerade zu mir nach Hause gekommen? Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin froh darum, doch ich verstehe es nicht wirklich.“ Ein kleines Lächeln erschien auf dem faltigen Gesicht und seine Augen schwammen in Tränen. „Ich hörte wie der Herr mit seiner Frau darüber sprach, dass der junge Herr heute bei Ihnen zu Besucht gewesen sei. Als ich den jungen Herrn am Abend begrüßte, war ich erstaunt wie gelöst seine Stimmung zu sein schien. So ausgeglichen hatte ich ihn schon seit sehr, sehr vielen Jahren nicht mehr gesehen. Deswegen kam ich zu Ihnen, wenn es jetzt noch jemanden gibt, der den jungen Herrn aus seiner Finsternis zurück holen kann, dann Sie, da bin ich mit sicher.“ Ayumi hoffte wirklich, dass die Einschätzung des alten Mannes zutraf. Als sie an der Columbia ankamen sprangen alle aus dem Auto und rannten los. Junichiro folgte ihr und trennte sich erst im Stadion wieder von ihr. Ayumi betete zu allen Göttern die sie kannte, dass sie Jean-Luc retteten und noch nicht zu sich holten. Schon eine Viertel Stunde suchte sie und ihre Nervosität nahm neue Ausmaße an. Sie wollte sich beeilen, doch sie konnte nicht schneller laufen, da sie sonst Gefahr laufen würde ihn zu übersehen. Wieso nur musste dieses beschissene Stadion so groß sein? Dann endlich konnte sie eine Gestalt am oberen Rand ausmachen. Sofort sprintete sie los und ließ sich vor ihm auf die Knie fallen. Er saß mit ausgestreckten Beinen an die Wand gelehnt auf dem Boden und hielt sich gerade eine Rasierklinge ans Handgelenk. Instinktiv handelte Ayumi und schob ihre Hand zwischen Handgelenk und Klinge. Erleichtert atmete sie auf und ignorierte den Schmerz ihrer Hand. Sie hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft. Nur ein paar Sekunden später und sie hätte wohl nichts mehr für ihn tun können. Ayumi riss ihm die Klinge aus der Hand und schmiss sie hinter sich. Dann konzentrierte sie sich ganz auf den Mann, der wie eine leere Hülle vor ihr saß. Er sah aus wie eine Puppe, so schlaff saß er da, nur seinen Augen konnte man ansehen, dass er da war. In ihnen brannte so viel Schmerz, dass es Ayumi die Brust zuschnürte. Wie konnte sie ihm nur helfen? Sie wusste einfach nicht wo sein Problem lag. An der baldigen Hochzeit konnte es nicht liegen, immerhin hatte er schon davor mit seinem Leben abschließen wollen. Nein es musste irgendetwas Fundamentales sein. Diese Ehe hatte ihn einfach nur auf dem falschen Fuß erwischt und daran war sie schuld. Sie hatte versucht ihm Freude zu schenken ohne weiter über seine Umstände nachzudenken. Jetzt hatte er bei ihnen seine Probleme vergessen können und wurde dann durch die Verkündung seiner Eltern in ein tiefes Loch gerissen. Daher dass Ayumi ihm davor das Hoch gezeigt hatte, war er nur noch tiefer gefallen. Sie war schuld daran, dass er nun hier saß, nicht ansprechbar und bereit zu sterben. „Jean-Luc. Hey, Jean-Luc. Kannst du mich hören?“ Sie streichelte ihm, vorsichtig mit ihrer unverletzten Hand über die Wange, doch er reagierte nicht auf sie. So ein verdammter Mist. Ayumi riss einen Streifen von ihrer Bluse und wickelte sie um ihre blutende Wunde, dann setzte sie sich neben ihn und zog ihn an sich. Fast wäre sie mit ihm umgekippt, da er wirklich absolut keine Spannung in den Muskeln hatte und sein gesamtes Gewicht gegen sie drückte. Sie änderte ihre Idee und legte ihn auf ihrem Schoß ab. Nun lag er seitlich auf dem Boden und sein Kopf auf ihrem Schoß. Wieder begann Ayumi ihn zu streicheln, seinen Kopf mit der einen Hand, zumindest so gut es ihr provisorischer Verband zuließ und seine Schulter und Arm mit der anderen. Vielleicht würde sie ihn so mit der Zeit erreichen können.

Jean-Luc war an einem dunklen Ort. Es war kalt und schmerzhaft, die Nadeln waren noch immer da und quälten ihn. Er wollte all dies nicht mehr, er betete endlich davon erlöst zu werden. Wieso konnte es nicht einfach alles vorbei sein? Dann plötzlich spürte er etwas Warmes an seinem Kopf, kurze Zeit später auch an seine Schulter. Was war das? Wo kam diese Wärme her? Er versuchte zu der Quelle zu gelangen, doch er konnte sich nicht bewegen, er war hier gefangen. Es war als würden schwarze Tentakeln seinen Körper an Ort und Stelle festhalten. Er stand dort in der Tiefe und konnte sich nicht rühren, während weiter Nadeln in ihn gestochen wurden und die Kälte versuchte hartnäckig die Wärme von seinem Kopf und seiner Schulter zu vertreiben. „Geh nicht weg. Bleib hier bei mir.“ Wer sprach da zu ihm? Es war eine solch angenehme und weiche Stimme. „Du bist nicht allein, also komm zu mir zurück. Ich werde da sein, an deiner Seite bleiben. Bleib nicht an diesem schmerzvollen Ort.“ Sie lockte ihn und er wollte ihr nachgeben. Die Stimme versprach Erlösung und es gab nichts was er sich mehr wünschte. Aber ein Monster wie er wird nie Rettung finden. Die Wärme breitete sich auf seinen Arm aus und befreite ihn von den Schmerzen. „Ich bin hier, also komm zu mir zurück. Bleib nicht da.“ Er wollte auf sie hören, doch die Dunkelheit würde ihn nicht gehen lassen. Sie war ein Teil von ihm und hatte ihn nun in seinen Fängen. „Ich kann nicht.“ Er konnte spüren wie seine Schulter gepackt wurde. „Doch du kannst. Ich bin bei dir und werde dir helfen.“ Jean-Luc versuchte wirklich sich gegen diese Schlingen die ihn festhielten zu wehren, doch er konnte sie einfach nicht lösen. „Ich kann nicht. Ich bin ein Monster, sie werden mich nicht gehen lassen.“ Genau, er hätte nie geboren werden sollen, er war ein Geschöpf wider die Natur.

„Was macht dich zum Monster?“ Vielleicht würde Ayumi einen Weg finden ihn aus diesem dissoziativen Zustand zu holen. Er schien Momentan in seiner eigenen Welt zu sein und es nicht wieder hinaus schaffen. „Ich hätte nie geboren werden sollen, bin wider die Natur.“ Junichiro war nun bei ihr angelangt und sah besorgt zu dem Mann in ihrem Schoß und ihre Hand an. Sie winkte ihn zu sich um ihm ins Ohr flüstern zu können. „Sag den anderen Bescheid, dass ich ihn gefunden habe. Sie sollen vor dem Stadion warten und nicht her kommen. Ich denke nicht, dass Jean-Luc möchte, dass alle ihn so sehen. Bring mir aber den Butler her. Vielleicht kann er mir etwas erzählen.“ Der Leibwächter nickte und machte sich sofort auf den Weg und wählte schon die erste Nummer. „Was an dir geht gegen die Natur?“ Ayumi war sich sicher, dass genau darin der Knackpunkt lag. „Ich bin kein Mensch sondern ein Monster.“ So würden sie nicht weiter kommen. Sie brauchte Antworten und am besten einen Abschluss in Psychologie. „Ich halte dich nicht für ein Monster.“

„Weil du der Lüge meines Äußeren glaubst.“ Anscheinend hatte sie das falsche gesagt, hoffentlich würde der Butler bald kommen und Antworten für sie haben. In langsamen Bewegungen streichelte Ayumi ihn weiter und blieb erstmal still. Nach einer viertel Stunde kam endlich die gewünschte Person zusammen mit Junichiro angerannt und ließ sich neben ihr fallen. Sofort legte sie ihm den Finger auf die Lippen, damit er nichts Falsches sagen konnte. „Jean-Luc, komm zu mir zurück.“ Mal schauen ob es dieses Mal funktionieren würde. „Ich kann nicht. Ich versuche es, aber sie lassen mich nicht gehen.“ Oh, na das war doch schon eine Änderung. „Wer lässt dich nicht los?“

„Die Schlingen halten mich fest. Ich darf nicht gehen. Ein Monster wie ich darf nicht sein.“ Da war es wieder und Ayumi sah fragend zum Butler, doch dieser schüttelte den Kopf. „Wieso bist du ein Monster?“

„Ich hätte niemals geboren werden dürfen. Ich bin nicht normal, wurde gezüchtet damit sie mich wie Vieh behandeln konnten.“ Nun keuchte der Mann neben ihr auf und sah mit Schreck geweiteten Augen auf den jungen Mann hinab. Vorsichtig lehnte sie sich zu ihm. „Was meint er damit? Bitte Sie müssen es mir sagen, damit ich ihm vielleicht helfen kann.“ Langsam nickte er, begann zu erzählen und Ayumi hätte sich am liebsten übergeben. „Der Herr war vor seiner jetzigen Ehe schon einmal verheiratet gewesen. Diese Frau ist die Mutter seines ersten Sohnes, des Halbbruders vom jungen Herrn. Dieser Sohn entsprach jedoch nicht den visuellen Ansprüchen des Herrn, weswegen er sich von dieser Frau scheiden ließ und sich eine neue Frau suchte. Diese fand er dann in seiner jetzigen Gemahlin, die genau wie er besessen von Äußerlichkeiten war. Sie ist Wissenschaftlerin und versprach ihm ein perfektes Kind, wenn er ihre Forschung finanzieren und geheim halten würde. Der junge Herr ist das Resultat dieser Forschung. Die Herrin nahm ihre Eizelle und Sperma von vielen verschiedenen Männern um ihn zu erschaffen. Sie manipulierte das Genmaterial so lange, bis sie die gewünschten Eigenschaften hatte. Erst dann ließ sie sich ihre Eizelle implantieren und trug das Kind aus. Ich habe keine Ahnung wie genau sie das geschafft hat, noch möchte ich es mir vorstellen. Der junge Herr dürfte davon eigentlich nichts wissen, seine Eltern hatten ihm nie etwas davon erzählt und wie schon erwähnt, die Forschungen waren streng geheim. Wie man an ihm jedoch sehen kann, war dieses Experiment erfolgreich und sein Vater hat das perfekte Kind bekommen. Als Resultat hatten sie ihn immer locker sein Leben führen lassen wie er wollte und nie irgendwelche Ansprüche an ihn erhoben. Im Gegenzug dazu verlangte sein Vater, von seinem ältesten Sohn immer die besten Noten und später die beste Uni und dann die beste Arbeit für seine Firma. Als der junge Herr dann 15 Jahre wurde, veränderte sich plötzlich das Verhalten seiner Eltern. Es reichte ihnen nicht mehr ihr Wunderwerk nur anzusehen. Nein, sie wollten, dass die Menschen sie um ihren Sohn beneideten, also begannen sie ihn mit zu Partys zu nehmen. Ich weiß nicht wirklich was sie noch alles von ihm verlangten, doch seit dieser Zeit begannen die Selbstmordversuche des jungen Herrn.“ Ayumi war wirklich übel und sie musste krampfhaft schlucken um sich nicht zu übergeben. Was sollte sie nun tun? Diese Geschichte war so unglaublich, dass sie sie noch nicht mal wirklich verarbeitet hatte. „Jean-Luc, komm zu mir. Du bist kein Monster. Du bist Jean-Luc, ein junger Mann und mein Freund.“

Jean-Luc, genau dies war sein Name. „Dein Freund?“ Hatte er denn Freunde? Er war schon immer allein gewesen. Es waren immer nur er und diese Stimmen in seinem Kopf. „Du bist mein Freund, also komm zu mir. Mir ist egal wie du aussiehst, wer deine Familie ist oder was in deiner Vergangenheit passiert ist. Mir ist egal, wie deine Mutter dich geschaffen hat. Du bist ein Mensch und kein Monster. Du kannst Schmerz spüren, bluten, lachen, Freude empfinden, weinen und noch so viel mehr. Es spielt keine Rolle, dass deine DNA nicht von zwei Menschen stammt. Dies ist nichts was dich definiert. Wie du dich entschließt dein Leben zu leben und mit wem du es teilen möchtest wird festlegen was für ein Mensch du bist. Also komm zu mir zurück und bestimm dein Leben selbst, nimm es in deine Hand und befrei dich von all den Dingen die dich festhalten.“ Sich selbst definieren? Konnte er dies? Durfte er dies? „Ich werde an deiner Seite bleiben und dir dabei helfen heraus zu finden wer du sein möchtest. Lass dich nicht von deiner Geburt binden.“ Sie würde bei ihm bleiben. „Sie werden mich nicht gehen lassen.“ Niemals würde er frei sein können. „Doch, ich werde dir helfen und dich beschützen. Ich verspreche es dir. Komm zu mir und du wirst nie wieder eingesperrt sein. Du wirst frei sein und der Mensch sein, der du schon immer sein wolltest. Ich weiß, dass unter all der Fassade ein wunderbarer Mensch steckt, also komm zu mir und stell ihn mir vor.“ Jean-Luc vertraute dieser Frau. Sie würde ihn beschützen und an seiner Seite bleiben. Sie war keine Lügnerin und wenn sie sagte, dass er kein Monster war, dann war es genau so. Er drängte sich gegen die Schlingen und sie gaben nach und er blickte plötzlich in Ayumis Augen. „Schön dich wieder bei uns zu haben.“ Sie lächelte ihn an und Tränen liefen ihr das Gesicht hinab. Langsam hob er seinen Arm und wischte sie weg. Eigenartig, noch am Tag zuvor hatte er sich gewünscht dieses Mädchen würde für ihn solche Tränen vergießen, doch nun da er sie so sah, wollte er sie nur noch trösten und sie zum versiegen bringen. „Ich danke dir.“ Sie hatte ihm das Leben gerettet und seine Dämonen besiegt. Jetzt war ihm auch klar um wen es sich die gesamte Zeit dabei gehandelt hatte. „Dürfte ich heute Nacht bei dir bleiben?“ Vorsichtig erhob er sich und half dem Mädchen auf die Füße und erst da fiel ihm auf, dass sein alter Butler auch anwesend war. „Ich bin froh, dass es Euch gut geht, junger Herr.“ Adrien war die gute Seele ihres Heims, er war immer da gewesen wenn Jean-Luc sich versucht hatte das Leben zu nehmen. Es war als hätte er immer aus den Schatten heraus auf ihn aufgepasst. „Ich danke dir für alles was du in der Vergangenheit für mich getan hast, doch ich bin ab sofort nicht mehr dein junger Herr. Ich werde mein Elternhaus verlassen.“ Er wollte seine Erzeuger nie wieder sehen, sie waren Schuld an seinen Qualen gewesen. Nicht nur hatten sie ihn durch illegale Forschung geschaffen, sie hatten ihn auch entsprechend behandelt. Für sie war er nie mehr als ein Geschöpf, welches sie erschaffen hatten und nie ihr Sohn. Deswegen hatten sie ihn auch nicht wie einen Menschen sondern wie einen Gegenstand behandelt. Er würde sie nicht mehr mit seinem Leben spielen lassen und es endlich selbst in die Hand nehmen. Ayumi hatte ihm gesagt, sie würde ihm helfen und an seiner Seite bleiben und mit ihr, da war er sich sicher, konnte er einfach alles schaffen. Sie war sein persönlicher Engel, die Frau die ihn gerettet hatte und ihm Frieden geschenkt hatte. „Wie Ihr wünscht. Ich werde alles organisieren und Eure Sachen packen lassen.“ Er verbeugte sich noch einmal und ging dann. „Was hast du nun vor?“ Ayumi sah zu ihm auf und setzte sich dann auch in Bewegung um diesen Ort zu verlassen. Jetzt sah sich Jean-Luc um und war erstaunt sich in einem Baseball Stadion wieder zu finden. „Ich habe keine Ahnung, aber mir gehören 30 Prozent der Anteile unserer Familienfirma. Solange sie also nicht bankrott gehen habe ich für mein Leben ausgesorgt. Ich bin nicht wirklich der Typ Mensch, der für sein Geld arbeiten würde, also ist es so ganz gut.“ Ayumi kicherte neben ihm und er freute sich ihr dieses entlockt zu haben. „Es tut mir leid, dass du mich so hattest sehen müssen. Außerdem bin ich dir unglaublich dankbar dafür, dass du mich aus diesem Loch geholt hast. Seit ich elf bin waren da diese Stimmen in meinem Kopf und dieser Abgrund genau vor mir, seit ich erfahren hatte wie ich entstanden bin. Doch jetzt herrscht eine Ruhe in mir, die mir schon fast Angst macht. Für dieses Geschenk bin ich dir wirklich dankbar.“ Sie hackte sich bei ihm unter und begann beim laufen zu hüpfen. „Nicht der Rede wert. Ich bin einfach nur glücklich dich gesund und munter zu sehen. Auch freue ich mich nun endlich wirklich deine Augen sehen zu können. Sie sind wirklich schön wenn sie nicht von Qualen verdeckt werden.“ Als sie das Stadion verließen war Jean-Luc erstaunt wie viele Männer dort auf sie warteten. „Schön zu sehen, dass es dir gut geht. Tut mir allerdings den Gefallen und mach uns nicht noch mal solche Sorgen.“ Er bedankte sich bei allen und versprach Yang, solche Unternehmungen ab sofort zu unterlassen. „Ayumi, wir sollten ins Krankenhaus fahren und deine Hand verarzten lassen.“ Der ihm noch Unbekannte, sagte damit etwas, was die gesamte Gruppe in Aufruhr versetzte und ihn am Meisten. Hatte er seine Retterin verletzt? „Alles nicht so schlimm. Wir fahren zum Krankenhaus und ich lasse mich untersuchen, also beruhigt euch alle wieder.“

„Wie konntest du dich überhaupt verletzten?“ Sie sah kurz zu ihm und dann kopfschüttelnd zu Yang. „Ist nicht so wichtig. Lasst uns jetzt gehen.“ Also war es wirklich seine Schuld. „Mach dir keine Gedanken darum. Es ist nur ein leichter Schnitt in der Hand. Hätte ich nicht eingegriffen, hättest du dir die Pulsader aufgeschnitten und wärst mittlerweile verblutet. Meine Wunde wird schnell heile und das bisschen Schmerz ist ein kleiner Preis dafür, dass du noch immer bei uns sein kannst und wir deine Gesellschaft genießen können. Außerdem hättest du das Gleiche auch für mich getan, oder?“ Das verstand sich von selbst, trotzdem blieb ein bitterer Beigeschmack. „Wenn du es wieder gut machen willst, dann versprich mir, so etwas nie wieder zu versuchen, dein Leben ab sofort immer zu schätzen und nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.“

„Ich verspreche es. Allerdings mit einer Ausnahme. Sollte es eine Wahl zwischen deinem Wohlergehen und meinem Leben sein, dann werde ich immer dein Wohlergehen wählen. Du bist das Wichtigste für mich und ich würde ohne dich nicht leben könne, also steht deine Sicherheit und dein Glück immer an erster Stelle für mich.“



Kapitel 8


„Wir haben ein Problem.“ Yang musste sich zusammenreißen um nicht zu knurren, als er Jean-Luc neben Ayumi auf dem Sofa sah. Seit er sich von seinen Eltern getrennt hatte, war er beinahe jeden Tag bei Ayumi. Er erinnerte Yang etwas an Sammy, Ayumis Husky, der war ihr auch immer auf Schritt und Tritt gefolgt und auch der Hund hatte eine Abneigung gegen ihn gehabt. „Was ist denn los?“ Yang sah sich um. „Ist Daichi grad in der Nähe?“ Als Ayumi den Kopf schüttelte, eilte er zu den Fenstern und schloss sie, dann ging er zurück zur Tür. „Alexej, bleib bitte vor der Tür stehen und sorg dafür, dass keiner lauschen kann. Sollte Daichi kommen, klopf drei Mal gegen die Tür und lass ihn dann rein.“ Dann schloss er die Tür wieder und setzte sich zu den Beiden. „Im Fernseher läuft gerade ein Bericht über Kami Shima. Wie es aussieht bricht langsam Unruhe bei der Bevölkerung aus.“ Ayumi legte ihr Buch weg und setzte sich nun gerade hin und sah ihn aufmerksam an. „Was genau ist denn passiert?“ Eigentlich hatte er versucht, alle Informationen über dieses Land vor Ayumi und Daichi geheim zu halten, doch nun würde er wohl Ayumis Hilfe brauchen. „Seit der Krönung hat der König einige sehr fragwürdige Entscheidungen und Gesetzte erlassen. Er hat die Palastwachen fast vervierfacht und einen Großteil des Militärs unter seine direkte Kontrolle gestellt. Die Steuern wurden erhöht, da er die neuen Palastwachen sonst nicht hätte bezahlen können. Auch wird gemunkelt, dass die Beamten am Hof, ebenso die Kammerdiener begonnen haben, Gelder in die eigenen Taschen zu stecken und Bestechungsmittel annehmen. Die Innenwirtschaft ist wegen ausländischer Firmen die dort gerade ansiedeln geschwächt und viele Einwohner haben ihre Arbeit verloren und verarmen aufgrund der gestiegenen Steuern. Noch sind es nur Einzelne die davon betroffen sind, doch wenn es so weiter geht, dann dauert es noch höchstens drei Jahre bis das Land in den Ruin getrieben wird. Das Volk ist wegen dieser Entwicklung beunruhigt und es würde mich nicht wundern wenn es zu einem Aufstand kommen würde, wenn der Palast nichts unternimmt um die Lage wieder zu entspannen.“ Wenn Daichi davon erfahren würde, dann würde er wohl gleich hier bei ihnen einen Aufstand veranstalten und verlangen in sein Land zurück zu kehren. „Vielleicht sollten wir hinfliegen und uns selbst ein Bild von der Lage machen. Eventuell gibt es sogar Dinge die wir tun können.“ Genau deswegen hatte er versucht Ayumi aus diesem Thema heraus zu halten. Sie versuchte immer allen Menschen zu helfen und beachtete dabei nicht, dass es für sie Nachteile bedeuten oder gefährlich werden könnte. „Ich denke wir sollten Daichi von diesen Informationen fern halten und versuchen durch unsere Kontakte weitern Einblick in die Lage zu bekommen.“ Wenn er ihr jetzt sagte, sie dürfe nicht fliegen, würde Ayumi nur auf Stur schalten und nicht mehr locker lassen. „Ich könnte im Palast anrufen und nachfragen?“ Hatte Jean-Luc jetzt vollkommen den Verstand verloren? „Hältst du das für eine gute Idee? Was wenn sie dir noch immer böse ist?“ Jean-Luc zuckte mit den Schultern. „Ich will sie ja nur anrufen und nicht hinfliegen. Obwohl ich auf deinen Wunsch hin auch sofort zu ihr fliegen würde um an die gewünschten Infos zu kommen.“ Yang konnte nur mit den Augen rollen. Dieser Typ war wirklich das Letzte und was ihn daran wirklich aufregte war, dass Jean-Luc jedes Wort davon ernst meinte. „Gut dann versuch dein Glück. Wenn wir Auskunft direkt von der Prinzessin bekommen können, dann wissen wir was dort im Palast wirklich vor sich geht.“ Ayumi stand auf und ging zur Tür. „Alexej, könntest du bitte Junichiro zu uns bringen? Pass aber auf, dass Daichi nichts davon mitbekommt.“

„Womit kann ich helfen?“ Ayumi schrie kurz auf und fasste sich vor Schreck ans Herz. „Überrasch mich bitte nie wieder so.“ Der Leibwächter aus Kami Shima entschuldigte sich und kam zu ihnen. „Wie kann ich nun helfen?“ Yang klärte ihn über die aktuelle Situation seines Landes auf und erläuterte Jean-Lucs Plan. „Ihr könnt doch nicht einfach die Prinzessin anrufen.“ Genau dies dachte er auch. „Vielleicht wird sie einfach wieder auflegen, nachdem sie mich beschimpft hat. Aber es besteht auch die Möglichkeit, dass sie mir nicht böse ist und mir deswegen geben wird was ich möchte.“ Ayumi bat Junichiro nun auch inständig, worauf er einknickte.

Das Gespräch mit der Prinzessin dauerte nun schon fast eine halbe Stunde, doch am Ende hatte Jean-Luc die Informationen die sie brauchten und auch eine Einladung in den Palast bekommen. Er war sich nicht wirklich sicher, ob es wirklich eine kluge Entscheidung wäre sich in die Höhle des Löwen zu begeben. Sollte Ayumi allerdings von ihm verlangen zu gehen, würde er nicht zögern. „Also ich habe ein paar Infos. Wie es scheint sind die Berichte die Yang hat wahr. Der König hat einige sehr fragwürdige Entscheidungen getroffen und auch die Leute am Hof scheinen verrückt zu spielen. Sachiko versucht alles in ihrer Macht stehende um das Land stabil zu halten und heraus zu finden, was der König für einen Plan verfolgt, allerdings mit nur mäßigem Erfolg. Ihr Einfluss reicht eben nicht um die Entscheidungen des Königs groß abzumildern. Sie konnte jedoch heraus finden, dass er jede Nacht stundenlang mit einem Mann Gespräche führt. Sachiko ist sich sicher, dass dieser Mann aus dem Hintergrund die Fäden zieht und ihren Cousin so lenkt wie er ihn haben möchte. Auch meint sie, dass Akiyama nie für den Thron vorgesehen war und deswegen von Politik nicht annähernd so viel Ahnung hat, wie er bräuchte um ein Land zu führen. Er versteht sehr wahrscheinlich nicht mal was gerade vorgeht und welche Folgen seine Erlässe haben, da er den Palast ja nie verlässt und auch noch sehr jung ist. Sie hat versucht mit ihm zu sprechen, doch die Kammerdiener verweigern ihr den Zutritt zu den königlichen Gemächern. Sie ist machtlos. Alles was ihr bleibt ist zu sehen und zu versuchen die nächste Katastrophe zu verhindern.“ Es sah wirklich nicht gut aus. Noch würde es einige Monate gehen, doch die Unzufriedenheit wird zunehmen und die Menschen würden beginnen sich aufzulehnen. „Wir sollten erstmal versuchen die Geschehnisse vor Daichi geheim zu halten. So wie sein Bruder sich benimmt, würde er ihn sofort erschießen lassen wenn er auch nur einen Fuß auf die Insel setzt.“ Alle pflichteten ihm bei und so beschlossen sie Daichi von allem fern zu halten was ihm die Situation auf Kami Shima verraten könnte. „Es ist nun schon ein dreiviertel Jahr her, seit wir hier her gekommen sind, weil Ayumi die Freundlichkeit hatte dem Prinzen eine Zuflucht zu bieten. Damals hatte ich wirklich gehofft, er würde hier einfach ein friedliches Leben führen können. Doch so wie sich die Lage entwickelt, sieht es eher danach aus, als würde er irgendwann eingreifen müssen und seinem Bruder den Thron wieder nehmen müssen.“ Ayumi nickte traurig und sah schweigend aus dem Fenster. „Wir sollten uns jetzt fertig machen. Mathew hatte gemeint Ayumi muss diesen Abend unbedingt auf diese Party gehen. Es gibt wohl noch einige Geschäftspartner die sie unbedingt kennen lernen wollen.“ Und so gingen sie alle wieder auseinander und machten sich für die Party fertig. Etwas hatte Jean-Luc noch immer ein ungutes Gefühl zurück in sein Elternhaus zu gehen, doch nun da sie keine Macht mehr über ihn hatten war es erträglich. Sie hatten einige Male versucht ihn zurück zu holen, doch erfolglos. Er hatte sich mit seinem Bruder zusammen geschlossen um seinen Eltern die Handhabe über sie zu nehmen. Jeder von ihnen besaß 30 Prozent der Firma, während ihre Eltern 40 Prozent hatten, dies hieß sie hatten gemeinsam 60 Prozent und konnten frei über alles verfügen. Noch immer hielt sich Jean-Luc größten Teils aus den Geschäften heraus, doch immer wenn seine Eltern versuchten einen ihrer Söhne zu kontrollieren oder ähnliches stellte er sich auf die Seite seines Halbbruders. Manchmal übertrumpften sie ihren Vater auch einfach nur zum Spaß oder weil sie wussten, dass ihm besonders viel an einem gewissen Geschäft lag. Sie Beide hatten so sehr unter ihm leiden müssen, dass dies ein guter Ausgleich war. Trotzdem würden sie wohl nie ein wirklich brüderliches Verhältnis haben, dafür waren die Gefühle die sie für den anderen währen ihrer Jugend entwickelt hatten einfach zu negativ behaftet gewesen. Jean-Luc hatte seinen Bruder immer um sein normales Leben beneidet, hatte nie verstanden wieso er Geschäfte mit Worten machen durfte, während seine Eltern seinen Körper dafür verkauften. Sein Bruder jedoch hatte ihn immer um die Aufmerksamkeit ihres Vaters beneidet. Er hatte nie verstanden, wieso sein eigener Vater ihn nicht genau so liebte wie seinen kleinen Bruder. Zumindest waren sie sich einig, dass sie sich nicht mehr von ihren Eltern würden definieren lassen und schlossen sich zu diesem Zweck immer mal wieder zusammen.

Amy hatte absolut keine Lust auf diese dämliche Veranstaltung, zu sehr beschäftigte sie das vor kurzem Erfahrene. Allein der Gedanke daran wie sich Daichi fühlen würde wenn er die Wahrheit erfahren würde, brach ihr beinahe das Herz. Er liebte sein Land so sehr und man sah ihm auch immer mehr an wie sehr er es auch vermisste. Irgendwie mussten sie ihm helfen, doch Amy wusste auch ganz genau, dass Daichi keinen Kampf um den Thron mit seinem Bruder ausfechten wollte. Er liebte ihn und sah trotz der Anschläge noch immer nur das Gute in ihm. Sie mussten eine friedliche Lösung finden um jedem zu geben was er wollte, erst Recht wenn Akiyama gar nicht selbst handelte, sondern jemand aus dem Hintergrund die Fäden zog. Vielleicht konnten sie alles wieder in Ordnung bringen wenn sie diesen einen Mann ausschalteten. Dabei schwebte Amy kein Attentat sondern eine Verhaftung vor, sie wollte kein Blut vergießen und Daichi sicher auch nicht. Wenn die Situation sich jedoch nicht bald entspannte, dann würden bald Aufstände ausbrechen und dann würde das Blut der unschuldigen Bürger fließen. „Bist du soweit?“ Amy schreckte aus ihren Gedanken und ging nun zu Yang. „Kann losgehen.“ Sie hackte sich bei ihm unter und ließ sich zum Wagen führen, den Alexej schon vorgefahren hatte. „Versucht deinen Kopf für den Abend frei zu bekommen. Es wäre unhöflich, wenn du mitten im Gespräch Löcher in die Luft starren würdest.“ Für diesen Kommentar hatte Amy nur ein Augenrollen übrig. Sie hatte genug Disziplin um sich nicht ablenken zu lassen und ihre Gedanken zu kontrollieren. Sehr wahrscheinlich hatte sie mehr Disziplin als alle anderen auf diesem Anwesen. „Fährt Jean-Luc nicht mit uns?“ Immerhin hatte er sich in seinem Gästezimmer fertig gemacht. „Nein, er fährt mit seinem Wagen, da er nach der Party direkt in seine Wohnung fahren wird.“ Auch deswegen konnte Amy nur mit den Augen rollen. Jean-Luc hatte sich eine wunderschöne Wohnung in Manhattan gekauft als er sein Elternhaus verlassen hatte. Doch den größten Teil seiner Zeit verbrachte er bei ihnen auf dem Anwesen, weswegen Amy ihm eines der Zimmer zur Verfügung gestellt hatte indem er einige seiner Sachen lassen konnte. Yang jedoch achtete penibel darauf, dass Jean-Luc jede Nacht in seiner Wohnung verbrachte. Amy verstand einfach nicht welche Probleme Yang mit dem Franzosen hatte, denn mit Orell oder Daichi hatte er keine. Vielleicht lag es ja an den Augen, mit Sammy, ihrem Husky hatte Yang auch immer so seine Schwierigkeiten gehabt.

Die Party war an diesem Abend wirklich kaum auszuhalten, ihr Vater hatte nicht übertrieben als er gemeint hatte, es gäbe Geschäftspartner die sie unbedingt kennen lernen wollten. Sie musste dieses Mal mehr Hände schüttelt und mehr höfliche Konversation führen als gewöhnlich auf solchen Veranstaltungen. Vielleicht hatte sie aber bis jetzt auch einfach nur Glück, dass die Geschäftsmänner sie nicht belagert haben, weil Yang, Orell und Jean-Luc immer an ihrer Seite waren. Jetzt schienen sie ihre Scheu verloren zu haben oder aber jemand hatte ihnen gesagt es wäre in Ordnung sich Ayumi zu nähern. Wenn es so eine Person gab, dann wird es sich dabei wohl um ihren Vater gehandelt haben der jetzt irgendwo in Südamerika war und sich einen ablachte. Manchmal konnte er einen schrägen Sinn für Humor haben, aber er meinte es nie böse und war ein guter Geschäftsmann, also würden diese Treffen wohl auch irgendeinen Sinn haben. „Mademoiselle Cooper, meine Herrin lässt fragen, ob Sie bereit wären mit ihr in einem separaten Raum einen Drink einzunehmen?“ Wie kam die Mutter von Jean-Luc auf die Idee Ayumi würde sich mit ihr privat unterhalten wollen? Es würde nur in einem Skandal enden wenn man sie zusammen allein ließe, da sich Ayumi sicher war ihr dann mal ihre wahren Gedanken entgegen zu schleudern. „Die Herrin meinte, es würde um etwas Wichtiges gehen und würde die Geschäfte Ihres Vaters auf Kami Shima betreffen.“ Verdammt, was sollte sie nun tun? Sie konnte eine Chance auf neue Informationen nicht verstreichen lassen, aber es durfte auch niemand bemerken, dass sie überhaupt danach suchten. Yang, Orell und Jean-Luc hatten sich immer wieder umgehört und ihr bestätigt, dass niemand auch nur ahnte wo sich der verbannte Prinz aufhielt und dabei sollte es auch bleiben. Wenn sie und ihre Freunde nun zu auffällig agierten, würde er mit Sicherheit auffliegen und wenn nicht würden zumindest Gerüchte entstehen. „Verstanden, ich würde mich freuen einen Drink mit unserer Gastgeberin einnehmen zu dürfen.“ Ayumi gab Yang noch ein Zeichen, dass er bleiben sollte wo er gerade war und folgte dann dem Butler aus dem Saal den Flur entlang. „Adrien, würden sie mir bitte ein Wasser bringen? Ich hätte lieber schon ein Glas in der Hand, so werde ich nicht unhöflich erscheinen wenn ich Alkohol ablehne.“ Noch so eine Sache die ihr aufgefallen war, Geschäftsmänner schienen keine Rücksicht darauf zu nehmen, dass sie erst 15 Jahre war, andauernd wollte ihr jemand Cocktails oder Wein andrehen. Schnell ging der Butler los um ihr den Gefallen zu tun und Ayumi wartete auf dem Gang auf seine Rückkehr. Hoffentlich würde diese Begegnung nicht in einer Katastrophe enden. Ayumi nahm tiefe und lange Atemzüge und nahm sich selbst an die Leine, so wie sie es schon von klein auf gelernt hatte. Als Adrien zurück kam, hatte sie sich selbst fest zusammengeschnürt, wenn sie sich in diesem Zustand befand konnte sie absolut nichts aus der Fassung bringen. Zumindest hatte sie das gedacht, leider sollte sie eines Besseren belehrt werden. Aber sie hatte es geschafft beinahe keine körperliche Gewalt anzuwenden. Der Butler kam zu ihr zurück und reichte ihr ein Glas, bevor er an die Tür klopfte und sie hinein ließ. Zu Amys Überraschung befand sich die Mutter ihres Freundes nicht allein ihm Raum. Am Fenster stand ein Mann, mit dem Rücken zu ihr, er drehte sich auch nicht um, als sie in das Zimmer trat und die Tür wieder geschlossen wurde. „James, wir müssen unsere Unterhaltung für einen Moment unterbrechen. Ich entschuldige mich dafür, doch ich werde versuchen, das Gespräch mit dieser jungen Dame kurz zu halten.“ Dann schenkte sie Amy ihre komplette Aufmerksamkeit und das Mädchen wunderte sich über das Verhalten der Frau. Wieso hatte sie nach ihr rufen lassen, wenn sie gerade eindeutig eine Besprechung hatte? Sie hätte einfach ihr Treffen beenden und danach nach ihr rufen lassen können. „Es freut mich Sie mal wieder zu sehen, Madame Marceau.“ Sie nahm Amys Hand in ihre und schüttelte sie. „Die Freunde ist ganz meinerseits, Miss Cooper.“ Nun zuckte der Mann am Fenster zusammen und drehte sich zu ihnen um und begann Amy zu mustern. „Ich habe heute ein reichlich unangenehmes Thema mit Ihnen zu besprechen. Wie Sie sicher wissen hat mein Sohn beschlossen sein Elternhaus zu verlassen und eigenständige Entscheidungen zu treffen. Bedauerlicherweise sind einige dieser Entscheidungen zum Nachteil unserer Firma gewesen.“ Was wollte diese Frau nur von ihr? „Ich würde Sie deswegen bitten mal ein Gespräch mit ihm zu führen und ihn wieder auf den richtigen Weg zu führen.“ Fast hätte Amy gelacht, doch sie hielt ihre ausdruckslose Mine bei. „Mit kam zu Ohren, dass mein Sohn Ihnen sehr zugetan ist. Ich bin mir also sicher, dass Sie eine Möglichkeit finden werden Ihn vom Richtigen zu überzeugen.“

„Ich würde Sie bitten dieses schwammige Gerede einzustellen und mir einfach zu sagen was genau Sie jetzt von mir wünschen.“ Amy wollte diese Unterhaltung einfach nur hinter sich bringen und so schnell es ging wieder von dieser, mittlerweile gekünstelt lachenden Frau verschwinden. Sie war ihr einfach nur auf so viele Weisen zu wider, dass sie schon Gänsehaut bekam, wenn sie nur in ihrer Nähe war. „Vorher würde ich Ihnen gern noch James Williams MacGrey vorstellen. Unsere Familien sind schon seit Jahrzehnten Geschäftspartner und wir unterstützen uns gegenseitig in Zeiten der Not. So hat die Familie Marceau vor 25 Jahren den MacGreys geholfen, als sie aufgrund einer Fehlkalkulation kurz vor dem Bankrott standen.“ Wieso erzählte diese Frau ihr das Alles? „Wie es aussieht haben Sie keinerlei Kenntnisse darüber was vor 25 Jahren auf Kami Shima vorfiel und wie ihr Vater die Familie MacGrey beinahe in den Ruin trieb. Ich werde Ihnen den Gefallen tun und sie aufklären.“ Amy wurde schlecht bei dem Gedanken dieser Person noch für längere Zeit zuhören zu müssen, doch ihre Neugier auf die Geschichte half ihr. „Vor etwa 26 Jahren gab es ein stärkeres Erdbeben im Pazifik und erschütterte auch die Insel Kami Shima. Es gab einige Tote, doch das größte Problem für das Land waren die immensen Schäden an den Behausungen ihrer Einwohner. Der König versuchte sein Möglichstes und schaffte es einigermaßen sein Land zu stabilisieren. Masuyo no Kami Shima war ein guter König, der seinem Land schon zu einigem Aufschwung verholfen hatte, doch nun stand er vor einer unlösbaren Aufgabe. Doch es kam zu keinem Zusammenbruch, es war sogar das Gegenteil der Fall. Dieses Erdbeben, welches das Land eigentlich hätte vernichten müssen, brachte ihnen den Reichtum den sie heute besitzen. Durch die Erschütterungen wurde die Goldader im Nordwesten der Insel entdeckt und brachte somit die ersehnte Rettung. Viele Minenbesitzer versuchten zu dieser Zeit die Abbaurechte für das Gold zu ergattern, doch dann geschah etwas, das die Welt der Wirtschaft erschütterte. Alle rechneten damit das der Zuspruch an die MacGreys gehen würde, denn auch wenn die Gebote geheim waren, so war die Firma der Familie, der größte Minenbetrieb der Welt und hatte somit die größten Finanzmittel zur Hand. Die Firma Ihres Vaters stand, nach einem Fehlkauf, kurz vor der Pleite und hatte eigentlich keinen wirklichen Handlungsspielraum. Auch war die Firma erst von Ihrem Vater gegründet worden und konnte somit nicht mal auf langjährige Verbindungen zurück greifen. Sie sehen also, dass die Entscheidung eigentlich hätte klar sein müssen, der Zuschlag hätte an die MacGreys gehen müssen. Nun stellen Sie sich mal vor wie geschockt die Welt war, als Ihr beinahe mittellose Vater den Zuspruch bekam und seine Firma somit retten konnte und damit auch noch beinahe über Nacht zum führenden Mann beim Goldhandel wurde. Die MacGreys hingegen hatten sich fest auf diesen Vertrag eingestellt und anderweitig Investitionen getätigt, als er dann nicht zustande kam, fielen sie wirklich tief. Kurz vor dem Bankrott wendete sich Richard an meinen Mann und dieser half ihm zurück auf die Beine.“ Schöne Geschichte und bis auf der Teil mit den MacGreys kannte Amy sie auch schon. Worauf wollte diese Frau nun hinaus? „Und worauf genau wollen Sie nun hinaus?“ Vielleicht war sie ja endlich mal so freundlich und würde zum Punkt kommen. „Darauf, dass Sie meinen Sohn dazu bringen werden sich wie ein Erwachsener zu benehmen. Er soll zu uns zurück kommen und sich auch nicht mehr in die Geschäfte meines Mannes einmischen.“ Amy presste ihre Lippen fest zusammen, zum einen um nicht mit dem Lachen anzufangen und zum anderen um ihre Wut zu kontrollieren. Denn diese Aussage war genau so lächerlich wie sie auch unverschämt war. „Ich werde nichts dergleichen tun. Wenn dies alles gewesen ist was Sie sagen wollten, dann werde ich mich jetzt entschuldigen und zurück zu meiner Begleitung gehen.“ Amy stand auf und machte sich auf den Weg zur Tür. Sie musste hier ganz schnell raus, schade eigentlich, sie hätte sich gern etwas mit dem Mann unterhalten. Irgendwie hatte sie das Bedürfnis ein Gespräch mit ihm zu führen. „Sie sollten sich meine Ausführung bis zum Ende anhören. Ich versichere es, Sie würden es bereuen wenn Sie uns jetzt schon verlassen würden.“ Amy drehte sich wieder um und sah sich nun den Mann genauer an. Er schien keine Ahnung zu haben was hier vor sich ging, denn er studierte den Gesichtsausdruck ihrer Gastgeberin ausführlich, wohl in der Hoffnung daraus schlau zu werden. „Dann bitte ich Sie erneut endlich zum Punkt zu kommen.“ Und nun kam der Knall. Sie drehte sich zu dem jungen Mann um. „Wir bieten Ihnen unsere volle Unterstützung bei Ihren Plänen gegen die Cooper Multi-Industry Company an. Im Gegenzug verlangen wir, dass Ihr uns dabei helft unsere Anteile von Jean-Luc, unserem Sohn, zurück zu bekommen.“ Diese Frau war wirklich widerlich und so wie Amy dies erkennen konnte, war sie nicht die Einzige im Raum, die das so sah. „Ich bin nicht mein Vater und habe keinerlei Interesse daran mir die Coopers zum Feind zu machen.“ Kurz flackerte Unsicherheit in den Augen dieser Frau auf, doch sie hatte sich schnell wieder im Griff und ging zu einer Akte die sie auf den Tisch abgelegt hatte. „Dein Vater hat dich für die Verhandlungen mit uns her geschickt, du solltest dir wirklich überlegen, wie du dich nun entscheidest.“ Amy hatte genug gehört, solche Geschäftsmethoden gingen ihr gegen den Strich. Sollten sie sich doch verbünden und versuchen die Firma ihres Vaters zu zerstören. Amy hatte vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten als Geschäftsmann. Ihr Dad würde sich nicht von solchen Machenschaften besiegen lassen. „Sie können ruhig auf das Angebot der Dame eingehen, doch es wird sich nichts an der gesamten Situation ändern. Weder wird mein Vater unter gehen, noch wird Jean-Luc zurück zu seinen Eltern gehen. Schmieden Sie also gern so viele Intrigen wie Sie wollen.“ Amy versuchte erneut den Raum zu verlassen, doch wurde sie erneut aufgehalten. „Sie werden mir dabei helfen zu bekommen was ich wünsche, denn wenn nicht werden diese Bilder bald in allen Zeitschriften des Landes abgedruckt werden.“ Die Frau reichte ihr den Ordner den sie in der Hand hielt und Amy hielt die Luft an, als sie ihn öffnete. Sie hatte damit gerechnet darin Bilder von Daichi auf ihrem Anwesen zu sehen, doch es war noch schlimmer als sie es sich hätte vorstellen können. Sie betrachtete nun Bilder von Jean-Luc bei eindeutig sexuellen Handlungen. Zusammen mit mehreren Frauen, mehreren Männern oder zusammen mit beiden Geschlechtern. Immer war er der Hauptakteur auf den Fotos und die anderen Personen unkenntlich gemacht. Amy widerten die Bilder einfach nur an, wusste sie doch, dass die Eltern, Jean-Luc zu dem Verkehr mit diesen Menschen gezwungen hatten. Das schlimmste Foto für sie war, Jean Luc gefesselt und mit verbundenen Augen auf dem Boden kniend, während zwei Männer sich an ihm vergingen. Tränen sammelten sich in ihren Augen und ihre Hand wanderte ohne ihr Zutun zu ihrem Bein. Schnell blinzelte sie die Flüssigkeit aus ihren Augen und entspannte ihre Muskeln. Sie musste sich beruhigen und durfte sich in diesem Moment nicht von ihren Gefühlen kontrollieren lassen. Mit einem Knall landete der Ordner auf dem Tisch und die Fotos verteilten sich darauf. Als der Mann sie sah, konnte man ihm den Ekel ansehen. „In Ordnung, Sie haben es geschafft.“ Amy konnte richtig sehen wie diese Frau sich ihres Sieges sicher war. „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich habe damit nicht gemeint, dass ich Ihr Vorhaben unterstützen werde. Genau das Gegenteil ist der Fall, sie haben mich nun soweit getrieben, dass sie sich mir zum Feind gemacht haben. Ich hatte so sehr gehofft es würde nie soweit kommen, doch wenn sie anfangen meine Liebsten zu bedrohen, dann müssen sie jetzt mit den Konsequenzen leben.“ Hämisch begann diese Person zu lachen an und Amy griff unter ihrem Kleid nach einem ihrer Dolch, an ihrem Bein und warf ihn knapp an ihrem Kopf vorbei, sodass er hinter ihr in der Wand stecken blieb. Sofort verstummt diese Frau und sah ihr geschockt und ängstlich entgegen. Amy griff nun auch nach ihrem zweiten Messer und begann damit zu spielen. „Ich sage Ihnen jetzt wie dieses Treffen ausgehen wird. Sie werden mich nicht noch einmal unterbrechen, denn das nächste Mal könnte ich mich dazu entschließen Ihr wunderschönes Gesicht zu verletzen. Haben Sie mich verstanden?“ Madame Marceau hatte es wirklich übertrieben, doch nun nickte sie schnell und abgehackt. „Sehr schön. Bevor ich Ihnen jedoch genau erkläre was passiert, wenn jemand meine Freunde bedroht, würde ich Ihnen gerne noch sagen, wie sehr sie mich als Person anwidern. Allein schon mit Ihnen in einem Raum sein zu müssen verschafft mir eine Gänsehaut und ich habe das Gefühl mich waschen zu müssen aus Angst mich an Ihnen beschmutzt zu haben.“ Amy fühlte sich wirklich erleichtert, dass es endlich raus war. „Gut jetzt zum eigentlichen Thema. Sie werden sämtliche Bilder, die Jean-Luc in verfänglichen Lagen zeigen vernichten und die Daten dazu löschen. Zusätzlich werden Sie mir Ihre Anteile an Ihrer Firma überschreiben. Da ich noch Minderjährig bin werden sie also vorübergehend von meinem Vormund Li Yang verwaltet werden. Dann werden sie noch ihren gesamten Besitz an ihre Söhne abtreten und damit meine ich alles was sie besitzen. Jedes Gebäude, jede Wertanlage, jedes Kunstwerk, jedes Fahrzeug, einfach alles, wird als frühzeitiges Erbe an Ihre Söhne gehen. Das sind meine Forderungen, sollten Sie nicht darauf eingehen, werden alle Daten die ich über Sie und Ihren Mann gesammelt habe an den Staatsanwalt von New York gehen. Da hätten wir Bestechungsgelder die gezahlt wurden, Veruntreuung von Geldern einiger Ihrer Investoren und noch einige andere Wirtschaftsverbrechen. Doch die Krönung all dessen ist wohl die Wahrheit um die Entstehung von Jean-Luc, denn damit werden sie nicht mal die Möglichkeit bekommen in ein einfaches Gefängnis mit hohem Komfort zu kommen. Ich werde Sie zu nichts zwingen, doch ich lasse Ihnen nur die Wahl zwischen diesen Beiden Möglichkeiten. Rufen Sie Ihren Mann und besprechen Sie es mit ihm.“ Die Frau brach nun zusammen und begann haltlos zu schluchzen, allerdings kam bei Amy kein Mitleid auf. Sie hatte es gerade zu heraus gefordert. Amy ging zur Tür vor der noch immer Adrien wartete. „Könnten Sie bitte den Herrn des Hauses und seine Söhne zu uns bringen?“ Amy setzte sich nun wieder und wartete entspannt auf die Ankunft der Männer. „Wissen Sie ich bin ein weichherziger Mensch, der versucht Probleme immer so zu lösen, dass keine Partei dabei wirklich zu Schaden kommt. Ich hasse es solche Tricks anwenden zu müssen und ich ekele mich vor mir selbst, weil Sie mich dazu gezwungen haben auf Ihr Niveau hinab zu steigen. Hätte Sie Jean-Luc einfach ziehen lassen und die neuen Umstände akzeptiert, dann hätten Sie weiter in Ihrer verzerrten aber luxuriösen Welt bleiben können. Ich hatte nie vorgehabt diese Daten gegen Sie zu verwenden und habe sie deswegen sogar vor Jean-Luc geheim gehalten. Doch Sie können einfach nicht genug bekommen und ich glaube sogar, dass Sie dem Irrglauben erlegen sind, dass Sie das Recht hätte Ihren Sohn so zu behandeln und ihn zu Ihren Vorteilen zu verwenden. Haben Sie sich mal überlegt, was passieren würde, wenn Jean-Luc sich entschließen würde zu reden? Wie viele Menschen würden zusammen mit Ihnen in die Tiefe stürzen, weil Sie Ihren Sohn an Perverse verkauft haben?“ Endlich öffnete sich die Tür und Jean-Luc kam sofort zu ihr geeilt, leider hatte Amy die Fotos auf dem Tisch vergessen, sodass er sie nun zu sehen bekam. Wie erstarrt klebten seine Augen auf dem Tisch und Amy beeilte sich sie zusammen zu legen und zurück im Ordner verschwinden zu lassen. Dann zog sie ihren Freund zu sich und legte ihre Arme um ihn. „Alles ist gut. Ich habe mich um alles gekümmert, niemand wird diese Bilder jemals wieder zu Gesicht bekommen und du wirst ab heute wirklich frei sein.“ Amy sah ihre Gastgeberin aus stechenden Augen an. „Na los erzählen sie Ihrem Mann was Sie getan haben und was Ihnen nun noch für eine Wahl bleibt. Mir ist es vollkommen egal wofür Sie sich entscheiden.“ Unter Schluchzern begann sie zu berichten und ihr Mann wurde immer blasser im Gesicht. Kurzzeitig rechnete Amy sogar damit, dass er in Ohnmacht fallen würde. „Also was darf es sein? Ein Leben in Freiheit aber mittellos oder lieber reich ein Leben lang hinter Gittern?“ Am Ende fiel der Entschluss auf ihre Freiheit, sie würden alles aufgeben, aber sie hatten ja noch immer die Möglichkeit noch mal von vorn zu beginnen. Sie hatten noch immer ihre Kontakte, vielleicht hatten sie ja das Glück und jemand würde ihnen einen Job geben. „Adrien würdest du bitte noch Li Yang herholen? Er soll alle Verträge fertig machen, könnten Sie ihm dafür bitte einen Computer und Drucken zur Verfügung stellen?“ Der Butler neigte leicht den Kopf und verließ den Raum wieder. Er war wirklich ein Schatz, soviel war sicher.

James wusste nicht was er von dieser Entwicklung halten sollte und vor allem was er seinem Vater sagen sollte. Dieser war besessen von seinen Rachegefühlen gegen Mathew Cooper und nun hatte seine Tochter einfach mal so ihren größten Unterstützer ausgeschaltet. Wenn er ehrlich war, dann hatten diese Leute es wirklich verdient, doch in ihrer Welt hatte fast jeder irgendwo Dreck am stecken. Jetzt konnte er nur hoffen, dass sein Vater seine sinnlose Rache aufgeben würde. Wenn nicht, dann wusste er nicht wie lange er die Firma noch am Laufen halten könnte. Nun kam ein asiatischer Mann in den Raum gestürzt gefolgt von einem Europäer, James kannte sie, es handelte sich um Li Yang, dem Oberhaupt den Zhao Familie, die Geschäfte auf dem ganzen Erdball betrieben. Der Andere war Orell Moser, der Sohn eines Schweizer Bankers, der es in den letzten Jahrzehnten geschafft hatte seine Privatbank auch in anderen Ländern zu etablieren. Vorläufig sind diese in Ländern angesiedelt die es den Reichen in Amerika und Europa einfach machten ihre Finanzen zu verschleiern. Beide sahen sich um und während Orell zu dem Mädchen stürmte, ging Li Yang zur Wand und zog das Messer hinaus, während er eiskalt auf das Ehepaar am Boden blickte. „Haben sie dir irgendetwas angetan?“ Das junge Mädchen klärte die Lage auf und sofort begannen die Männer damit auf den Notebooks die ihnen der Butler gebracht hatte herum zu tippen. Nach kurzer Zeit wurde dem Mädchen der erste Vertrag gereicht. „Das ist der Vertrag für die Anteilsüberschreibung. Sie läuft auf deinen Namen, allerdings bin ich als dein Vormund erwähnt und werde mich bis zu deinem 18. Geburtstag darum kümmern.“ Ayumi reichte ihn einfach an das Ehepaar weiter und reichte ihnen auch gleich noch einen Kuli. Sie musste diesen Männern wirklich vorbehaltlos trauen, wenn sie sich die Verträge nicht einmal durchlas. Immerhin ging es um 40 Prozent einer Firma die hunderte Millionen im Jahr einbrachte. „Yang mach gleich noch eine Anteilsübertragung fertig. Ich möchte, dass du von meinen 40 Prozent, 10 an Jean-Luc und 10 an seinen Bruder gibst. Ein Außenstehender sollte nicht mehr Anteile an dieser Firma besitzen als die Familie, außerdem reichen 20 Prozent vollkommen. Die Beiden sollen die Firma so führen wie sie es für sinnvoll halten, wir werden uns dort nicht einmischen. Sollten Unstimmigkeiten auftreten, dann entscheidet meine Stimme was getan wird.“ Jetzt verschenkte sie auch noch ihre Anteilsmehrheit? Was war das nur für ein komisches Mädchen? Hatte sie denn überhaupt keinen Geschäftssinn? „Verstanden.“

„Orell du kümmerst dich gerade um die Besitzabtretung, oder?“ Dieser bestätigte ihre Annahme. „Halte es einfach. Der Besitz soll an ihre Söhne gehen, wer dann am Ende was bekommt können die Beiden später klären.“ Mittlerweile lag der Sohn der Marceaus auf ihrem Schoß und sie streichelte liebevoll seinen Kopf. „Und jetzt wäre ich Ihnen noch sehr verbunden, wenn sie alle Daten löschen und mir sämtliches Bildmaterial und Beweise über Jean-Luc aushändigen würden. Sollte jemals etwas davon durchsickern, dann werde ich davon ausgehen, dass es ein Vergeltungsakt ihrerseits ist und nicht zögern sie ans Messer zu liefern.“ Dann ging alles eigentlich ganz schnell, weiter Verträge wurden unterschrieben und Dokumente übergeben. Am Ende blieb dem Ehepaar nichts mehr, außer 2 Koffer voll Kleidung die Ayumi ihnen gelassen hatte. Den Rest der Kleidung wollte sie zu einem guten Zweck versteigern, hatte sie gemeint. „Jetzt bist du wirklich frei. Sie werden nie wieder in deine Nähe kommen können.“

„Amy ich möchte diesen Moment eigentlich nicht stören und ich sehe, dass es Jean-Luc gerade wirklich nicht gut geht, doch würdest du mir erklären wieso James William MacGrey hier ist?“ Anscheinend hatten ihn die Männer endlich mitbekommen, doch was sollte er nun tun? Er war hier der Feind im Raum. „Er wurde von seinem Vater hergeschickt um Verhandlungen mit den Marceaus zu führen. Anscheinend ging es um eine Allianz um sich gegenseitig bei ihren Interessen zu unterstützen.“ Ja so war es wohl ziemlich diplomatisch ausgedrückt. „Was übersetzt hieß, die Marceaus wollten sie unterstützen um gegen deinen Vater zu intrigieren.“ Genau so war es und sein Vater wollte, dass dieses Abkommen unbedingt zustande kommt. Drohend kam der Schweizer nun auf ihn zu. „Und du glaubst wir würden zulassen, dass irgendjemand Amy schaden könnte?“ Er kam immer näher und James´ Herz begann zu rasen. „Orell bleib sofort stehen und entfern dich wieder von ihm. Er hat nichts falsch gemacht, er hat sogar eingeräumt, dass er persönlich kein Interesse an diesem Disput hat.“ Noch immer stand diesem Mann direkt vor ihm und rührte sich nicht vom Fleck. „Orell, geh endlich weg von ihm bevor er das Bewusstsein verliert.“ Er kam der Aufforderung nach und endlich konnte James wieder durchatmen. „Was ist hier los?“ Das würde ihn auch interessieren, dieses Mädchen konnte unmöglich seine größte Schwäche kennen. Nicht mal seine Familie wusste davon. „Er ist ein Mysophobiker. Kommt ihm also nicht zu nahe.“ Das konnte nicht sein, noch nie hatte jemand erkannt wie es um ihn stand. „Seit ich diesen Raum betreten habe, hast du peinlichst genau darauf geachtet nichts hier drin zu berühren oder einer anderen Person zu nahe zu kommen. Auch hast du einmal die Hand gehoben um dich im Gesicht zu kratzen, doch du konntest nicht. Ich gehe davon aus, du kannst dich in Mund- und Nasennähe nur anfassen wenn du deine Hände vorher mehrmals desinfiziert hast. Du versteckst es wirklich gut und hast dich gut unter Kontrolle, aber alle Ticks kannst du nicht abstellen.“ Das durfte einfach nicht wahr sein. „Mach dir keine all zu großen Gedanken darum, wir werden es sicher niemandem sagen. Allerdings solltest du dir überlegen eine Therapie zu machen. So ein eingeschränktes Leben, kann einem keine Freude bringen.“ Wenn jemand der so bekannt war wie er zu einem Psychologen gehen würde, dann wüsste es in wenigen Wochen die gesamte Finanzwelt, dieses Risiko konnte er nicht eingehen. „Nun gut, deine Entscheidung. Aber ich würde gern etwas versuchen, bevor wir gehen.“ Dann stand sie auf und kam langsam auf ihn zu. Sein Herz begann wieder schneller zu schlagen, doch seine Atmung blieb dieses Mal regelmäßig. Kurz vor ihm blieb sie stehen und griff in ihre Tasche, dort holte sie eine kleine Box mit Desinfektionstüchern heraus und wische sich die Hände damit sauber. Danach hob sie sie hoch und legte sie vorsichtig auf seine Wange. James wunderte sich über sich selbst, denn er empfand keinen Ekel bei ihrer Berührung. Dann senkte sie ihre Hand wieder und trat einen Schritt zurück. „Wieso?“ Mehr konnte er nicht sagen, seine Gedanken überschlugen sich. „Weil ich für dich keine schmutzige Person bin. Deswegen konntest du meine Berührung ertragen nachdem du gesehen hast wie ich meine Hand gesäubert habe. Jede Phobie hat ihren Ursprung in irgendeinem Erlebnis, damit du geheilt werden kannst solltest du dir mal Gedanken darüber machen, was der Auslöser für deine Krankheit war.“

Amy hatte eine Vermutung was dieser Auslöser sein könnte oder besser gesagt sie kannte die Richtung, doch wie schon zuvor bei Jean-Luc war sie eben keine Psychologin und könnte alles nur noch schlimmer machen, wenn sie einen Fehler machte. Nur weil es bei ihrem Freund gut ausging hieß nicht, dass sie wieder solches Glück haben würde. „Den Auslöser?“ Diese Worte nuschelte er nur, doch sie konnte es genau verstehen. „Amy lass und von hier verschwinden, die Party ist gelaufen und du hast für einen Tag genug durchgemacht.“

„Gut, aber heute will ich euch alle bei mir haben.“ Gerade Jean-Luc würde sie diese Nacht nicht allein in seiner Wohnung schlafen lassen. „Woher wusstest du, dass ich dich nicht für schmutzig halten würde?“ Tief durchatmend drehte sich Amy noch mal um. „Du hast ein Problem mit Frauen, du ekelst dich vor ihnen. Als ich in den Raum kam konnte ich es genau in deinen Augen erkennen, doch nachdem was alles hier passiert ist hast du deinen Ekel vor mir verloren. Mit Männern kommst du klar, aber auch die können Keime übertragen, deswegen hältst du dich von ihnen fern. Ich denke deine Phobie hat mit einer Frau oder mehreren Frauen begonnen denen du nur Abscheu entgegen bringen konntest. Seit dieser Zeit hast du dich von Frauen fern gehalten, mit Männern aber keine Schwierigkeiten gehabt. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als du feststellen musstest, dass sich die meisten Männer zu Frauen hingezogen fühlen, dann begann dein Ekel sich auch auf sie zu übertragen. Irgendwann ging es dann soweit, dass du nichts mehr anfassen konntest, was ein Anderen berührt haben könnte. Wenn du nichts dagegen unternimmst, wirst du bald nicht mehr in der Lage sein deinen Job zu machen und irgendwann wirst du dein Haus gar nicht mehr verlassen können.“ Damit hatte sie genug gesagt. „Aber wieso habe ich dich dann nicht für schmutzig gehalten?“ Er würde wohl nicht locker lassen. „Ich gehe davon aus, dass ich das genaue Gegenteil davon bin wie du dir normalerweise eine Frau vorstellen würdest. Keine Ahnung was dir mal angetan wurde, doch dieses Ereignis hat dein Bild von Frauen geprägt. Ich passte nicht in deine Vorstellung. Wenn du noch weiter reden möchtest, dann komm doch noch etwas mit zu mir. Jetzt möchte ich erstmal Jean-Luc aus diesem Haus schaffen.“ Vorsichtig nickte er und sie alle gingen hinaus und teilten sich in die Wagen auf. Hoffentlich würde es ihr niemand übel nehmen, dass sie einfach ohne Verabschiedung gegangen waren. „Wieso hast du James Willian MacGrey zu dir eingeladen? Sicher nicht nur um über seine Krankheit zu sprechen. Ich kenne dich dafür zu gut, du bist zwar ein Mensch der anderen immer helfen möchte, doch auch dir ist bewusst, dass es sinnvoller wäre ihn zu einem Psychologen zu schicken.“ Yang hatte Recht, wie so oft. „Ich denke, dass er der Saphir ist, allerdings bin ich mir nicht sicher. Die Anderen hatten eine gewaltige Ausstrahlung und waren deswegen leicht für mich zu erkennen. Natürlich hatte jeder von ihnen diese auf eine andere Weise, doch man konnte in ihrer Nähe immer spüren, dass sie etwas ganz Besonderes waren. Irgendwie fehlt mir das bei James. Doch die Augenfarbe würde passen und ich habe das Bedürfnis ihn näher kennen zu lernen. Deswegen habe ich ihn eingeladen um so vielleicht mehr zu erfahren, außerdem gibt es da noch etwas, was ich ihm sagen muss.“

Wenn Ayumis Vermutung zutreffen sollte, hieß dies, dass sie alle Auserwählten gefunden hatte und bald eine Entscheidung anstehen würde. Seine Hände griffen fester nach dem Lenkrad und Yang versuchte seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Es gab nichts was er dagegen tun konnte, immerhin würde niemand Ayumi zwingen, sie würde diese Entscheidung selbst und aus freiem Willen treffen. Vielleicht hatte er Glück und sie würde sich noch Zeit mit der Wahl lassen und er konnte noch etwas die Zeit mit ihr genießen. „Dann mach dir ein gutes Bild von ihm bevor du deine Entscheidung triffst.“ Ayumi nickte nur abwesend und sah aus dem Fenster. Was sollte er nur tun, er konnte sich nicht vorstellen, es über sich zu bringen, Ayumi an einen anderen Mann zu übergeben.



Kapitel 9


Sie versammelten sich alle im Wohnzimmer und Amy hatte Alexej losgeschickt um dafür zu sorgen, dass Daichi erstmal auf seinem Zimmer blieb. Immerhin hatten sie jemanden im Haus den sie noch nicht einschätzen konnten. „Bevor wir zurück zum Thema von vorhin kommen, möchte ich noch etwas loswerden.“ Amy stand noch mal auf und ging zu James hinüber und kniete sich direkt vor ihn. „Sollten du oder deine Vater jemals auf die Idee kommen, meine Familie oder Freunde zu bedrohen wie es die Marceaus versucht hatten, dann verspreche ich dir, dass ich auch euch gegenüber keine Gnade zeigen werde. Dein Vater möchte sich für die Vergangenheit rächen? Bitte soll er nur versuchen, doch wenn er zu unlauteren Mitteln greifen sollte, werde ich für seinen Untergang sorgen. Niemand vergreift sich an meiner Familie oder Freunden, richte ihm das von mir aus und mach ihm klar wie ernst es mir dabei ist.“ Dann stand Amy wieder auf und setzte sich zurück auf ihren Platz. „Gut da dies nun geklärt ist, können wir zurück zum Thema kommen.“ Sie gab Jean-Luc ein Zeichen zu ihr zu kommen und platzierte ihn erneut auf ihrem Schoß und begann seinen Kopf zu streicheln. Dies tat sie öfter, vor allem immer dann wenn seine Erinnerungen ihn zu Erdrücken versuchten. Mittlerweile kam dies zwar immer seltener vor, doch heute kam alles wieder hoch. „Wer ist die Frau die du am meisten auf dieser Welt hasst?“ James brauchte nicht zu überlegen, denn seine Antwort kam prompt. „Mein älteren Schwestern.“ Irgendwie hatte Amy mit der Mutter gerechnet. „Sie haben mich groß gezogen, da meine Mutter bei meiner Geburt gestorben war. Mein Vater war immer geschäftlich unterwegs und so war ich ihrer Gnade ausgeliefert.“ Die Worte die er benutzte zeigten schon ganz deutlich was er für ein Verhältnis zu ihnen hatte. „Du musst nicht darüber reden, doch kann es sein, dass ihr Verhalten im Allgemeinen und auch dir gegenüber der Grund für deine Abneigung gegen Frauen ist? Und wäre es möglich, dass ich das genau Gegenteil zu ihnen bin?“ Wie es schien hatte sie ins Schwarze getroffen. „Yang du kennst mich am besten, wie würdest du einen Person beschreiben, die meinem Charakter komplett gegensätzlich ist?“ So würden sie vielleicht ein gutes Bild bekommen. „Lass mich überlegen. Egoistisch, egozentrisch, arrogant, machthungrig, verschwenderisch, geldgierig, unsensibel, narzisstisch, gemein, sadistisch, hasserfüllt, manipulierend, freudlos, oberflächlich, reicht das?“ Amy hätte lachen können. „Das sollte reichen. Also James, beschreibt das deine Schwestern?“ Er nickte und er tat Amy leid. „Unter diesen Umständen ist es wohl kein Wunder, dass du Frauen abstoßend findest. Doch es muss einen Knackpunkt gegeben haben, an dem aus Abscheu Ekel wurde. Was haben sie gemacht? Haben sie des Geldes wegen mit Männern geschlafen? Okay, an deinem Blick erkenne ich, dass ich nah dran bin. Hmm, habe sie vielleicht mit einem sehr viel älteren Mann geschlafen? Näher aber noch nicht ganz. Ich kenne mich mit solchen Sachen nicht aus. Jean-Luc kannst du mir bitte weiterhelfen? Du kennst die widerwärtigen Vorlieben solcher Perversen. Wenn es zu hart für dich ist darüber zu reden, dann vergiss die Frage einfach wieder.“ Hoffentlich war sie ihm nicht zu Nahe getreten. „Ich helfe wo ich kann, dass weißt du. Es gibt nichts was ich für dich nicht tun oder geben würde.“

„Also, kannst du dir etwas vorstellen was James´ ältere Schwestern getan haben können mit ihren älteren Männern, was so schlimm war, dass er nur noch Ekel für sie empfand?“ Jean-Luc dachte kurz nach. „Da würden mir über hundert Dinge einfallen. Ich stelle ihm Fragen und du tippst mich an, wenn ich näher komme.“ Gut das konnte sie. „Deine Schwestern hatten ältere Männer. Nicht? Ich dachte es ging um ältere Männer. Ah, also es ging um einen älteren Mann und deine beiden Schwestern. Gut, dann hatten sie zur selben Zeit eine Affäre mit ihm? Haben sie auch Beide mir ihm geschlafen? Haben sie gleichzeitig mit ihm geschlafen? Stand der Mann auf Fesselspiele? Nein, okay, dann vielleicht auf Peitschen oder andere Dinge die Schmerzen zufügen sollen? Auch nicht, dann vielleicht Rollenspiele? Was haben wir noch? Stand er vielleicht auf Spiele mit Körperflüssigkeiten?“

„Stopp. Das geht zu weit. Ayumi ist erst 15 Jahre alt und ihr redet hier von Dingen, über die sie am besten niemals in ihrem Leben etwas erfahren sollte.“ In diesem Punkt konnte Amy Yang nur Recht geben, nicht weil sie noch jung war, sondern weil sie schon die Vorstellung von all diesen Dingen erschreckte. Wahrscheinlich würde sie niemals mit einem Mann intim werden können nachdem sie diese Sachen gehört hatte. „Wir finden aber nichts heraus wenn wir nicht weiter machen und James kann nicht darüber reden.“ Orell hatte vollkommen Recht, sie musste durchhalten. „Mach weiter.“ Danach würde sie auf jeden Fall eine Mange Schokolade brauchen. „Dann vielleicht Sexspielzeug? Auch nicht, dann würden noch Nahrungsmittel im Bett bleiben. Was noch? Hatten sie mit ihm Sex irgendwo in der Öffentlichkeit? Standen sie oder er darauf gewürgt zu werden? Sollte irgendwas anderes in irgendwelche Körperöffnungen gesteckt werden? Okay, langsam weiß ich auch nicht mehr weiter. Lasst mich etwas nachdenken.“ Amy war mittlerweile schlecht und sie konnte James ansehen, dass er kurz davor war in Ohnmacht zu fallen. „Vielleicht gehen wir die ganze Sache falsch an. Um wie viel Jahre sind deine Schwestern älter als du?“ Wie es schien hatte Orell einen neuen Ansatz. „11 und 13 Jahre.“ Orell nickte und sah James jetzt genau an. „Kann es sein, dass sie dich dazu gezwungen haben zuzusehen als du noch ein Kind warst?“ Oha, jetzt waren sie schon ganz dicht dran. „Du musstest also dabei zusehen wie deine Schwestern mit einem alten Sack schliefen?“ Jetzt bewegten sie sich wieder weg. „Ich hab es. Ich erinnere mich an einen alten Börsenmakler, der darauf stand Geschwistern dabei zuzusehen wie sie es miteinander trieben.“ Volltreffer. „Dieser Mann wollte also, dass deine Schwestern miteinander schliefen und wollte dabei zusehen. Und weil ihn diese ganze Geschwistersache anturnte zwangen deine Schwestern dich dazu auch zuzusehen.“ Langsam nickte James und jetzt hatte er wirklich all das Mitgefühl, welches Amy in sich trug, für sich. „Wie alt warst du damals?“ Eigentlich spielte es keine Rolle, so ein Erlebnis würde jeden schocken und traumatisieren. „8 oder 9 Jahre.“ Wie konnten diese Frauen, so etwas nur einem Kind antun und dann auch noch ihrem eigenen Bruder? „Ich denke es wäre am Besten wenn du erst mal lernst, dass nicht alle Frauen so wie deine Schwestern sind, dann könnte es einfacher für dich werden deine Mysophobie zu kurieren. Ich denke auch immer noch, es wäre das Sinnvollste, wenn du dich damit an einen Spezialisten wendest.“ Sofort schüttelte er den Kopf. „Okay, dann werde ich mich schlau machen und mit dir daran arbeiten, was hältst du davon? Ich werde mit ein paar Psychologen sprechen und mir mögliche Therapien nennen lassen. Wäre das für dich in Ordnung?“

„Ich kann nicht. Ich hätte nicht mal mit hier her kommen sollen. Wenn mein Vater heraus bekommt, dass ich hier war wird er vollkommen ausrasten. Und du solltest auch nicht so freundlich zu mir sein, hast du etwa vergessen warum ich heute bei den Marceaus war?“ Natürlich hatte sie das nicht. „Der Streit unserer Väter hat absolut nichts mit uns zu tun. Als all das begonnen hat waren wir noch nicht mal geboren worden, es wäre falsch wenn wir diesen Hass weitertragen würden.“ Er wollte gerade widersprechen, doch dann begann sein Handy zu klingeln und er entschuldigte sich. Kaum hatte er das Gerät am Ohr veränderte sich seine komplette Ausstrahlung. Weg war der verunsicherte Mann, der Angst vor Keimen hatte und zurück blieb der knallharte Geschäftsmann. In diesem Moment war er auf jeden Fall ein Edelstein der strahlte. Amy hatte sich also wirklich nicht getäuscht und er war der noch fehlende Anwärter, der Saphir.

Amy wurde langsam immer nervöser, die Lage auf Kami Shima spitzte sich immer weiter zu und es war schon zu ersten Aufständen gekommen die auf brutale Weise vom Militär unterbunden wurden. Lange könnten sie Daichi die Wahrheit nicht mehr verschweigen und ihn von den Informationen fern halten. Die ersten amerikanischen Fernsehsender begannen schon darüber zu berichten und es war nur noch eine Frage der Zeit. „Ist mit dir alles in Ordnung? Du scheinst heute ziemlich abgelenkt zu sein.“ Amy schüttelte den Kopf und sortierte ihre Gedanken neu. „Ich bitte um Verzeihung. Es gibt da etwas, was mich einfach nicht mehr loslässt. Aber ich werde später weiter darüber nachdenken. Wie läuft es mit deiner Liste?“ Mittlerweile war über ein Jahr seit James und ihrem Kennenlernen vergangen und er besuchte sie regelmäßig, damit sie ihm bei seiner Krankheit helfen konnte. Natürlich geschah dies alles heimlich und war nur mit der Hilfe von Alexej, Jean-Luc und Orell möglich. Denn offiziell besuchte James einen von ihnen und Alexej holte sie aus der Tiefgarage ab und brachte sie dann wieder zurück. „Ich hänge bei Punkt 9 fest.“ Amy war bei einigen Psychologen gewesen und hatte mit ihnen den Fall von James besprochen und alle meinten, dass es gut war den Grund für den Beginn der Krankheit gefunden zu haben und dagegen vorzugehen indem man ihm zeigte, dass Frauen im Allgemeinen nicht so waren wie er sie sich vorstellte. Dann haben sie alle eine andere Vorgehendweise vorgeschlagen, doch alle gingen mit intensiven Therapiesitzungen einher und darauf hätte sich James nie eingelassen. Also hatte Amy Bücher zu diesem Thema gekauft und ganz oft wurde gesagt, dass der Patient eine Liste schreiben sollte von Dingen die für ihn im normalen Alltag unmöglich waren. Diese sollten nach Schwierigkeitsgrad aufgezählt werden und dann abgearbeitet werden. Amy hatte es auf 15 Punkte beschränkt und James war nun dabei sie abzuarbeiten. Die ersten acht hatte er schon geschafft, doch er hang nun schon seit fast zwei Monaten am neunten Punkt. „Wie wäre es wenn du einfach mal mit uns anfängst. Beginn doch damit dich daran zu gewöhnen und deine Überwindung zu finden indem du uns die Hand schüttelst.“ Eine so alltägliche Geste über die normalerweise Niemand nachdachte, war für James eine solch hohe Hürde, an der er Momentan noch scheiterte. „Okay.“ Amy streckte ihm provokativ ihre Hand entgegen. „Na komm schon. Schüttle meine Hand.“ James saß da und kam ihrer Hand immer mal wieder näher, doch es waren nun schon zwanzig Minuten vergangen und es sah nicht danach aus, als würde er sich dazu durchringen können. „James, bring Amy in Sicherheit.“ Noch bevor sie reagieren konnte, zog ihr Freund sie an ihrer Hand zu sich, über den Tisch und drückte sie fest an sich. Jetzt schien er nach der Gefahr zu suchen, doch Yang stand nur mit den Anderen grinsenden im Raum und sah auf sie hinab. Schnell versuchte Amy sich wieder von James zu trennen um ihm nicht zu großem Stress auszusetzen, doch er presste sie noch stärker an sich. „Bleib noch ganz kurz.“ Amy entspannte sich und legte ihren Kopf wieder ab. Was sie wohl gerade für ein Bild abgaben, im Wohnzimmer, auf dem Boden liegend, Zwischen Sofa und Couchtisch und Amy in den Armen von James. „Ich spüre absolut keine Abscheu oder ähnliche Gefühle in mir aufkommen wenn ich dich so in den Armen halte. Um genau zu sein fühle ich mich sogar wohl hier so mit dir zu liegen.“ Ob sie ihn darauf hinweisen sollte, dass er gerade auf dem Boden lag, wo normalerweise Menschen mit ihren Schuhen drüber liefen? Besser nicht, sie sollte ihm diesen Moment gönnen. „Nur damit du es weiß, dass war eine ganz miese Nummer gewesen, Yang.“ Amy hörte wie die Anderen versuchten ihr Lachen zu unterdrücken. „Ich habe nur versucht ihm zu helfen. Außerdem war es ein Test und er hat ihn mit Bravour bestanden. Nun ist er endgültig einer von uns.“ Dann veränderte sich plötzlich die Stimmung im Raum, Amy konnte es ganz genau spüren, doch sie sah nichts, da sie immer noch in James´ Armen lag und an seine Brust gedrückt wurde. „Wie es aussieht ist mein kleines Mädchen mittlerweile erwachsen geworden und vergnügt sich mit ihrem Freund auf dem Boden. Ich dachte ich hätte dich andere Werte gelehrt.“ Kaum hatte Amy die Stimme gehört, drückte sie gegen James´ Brust und er ließ sie auch sofort los. In einem Wimpernschlag war Amy auf den Beinen und rannte auf den Mann der in der Tür stand zu und sprang ihm in die Arme. „Ich wusste gar nicht, dass du zu Besucht kommen wolltest. Ich freue mich so, dich wieder zu sehen. Ich habe dich unglaublich vermisst.“ Sie wurde fest gedrückt und dann mit einem Kuss auf ihren Kopf wieder auf dem Boden abgesetzt. „Ich habe dich nun schon über zwei Jahre nicht mehr gesehen, es wurde eindeutig mal wieder Zeit. Also lass dich mal anschauen. Dreh dich mal für mich.“ Amy tat ihm den Gefallen. „Du bist so erwachsen geworden. Jetzt bist du eine wunderschöne junge Frau. Trotzdem solltest du ein solches Verhalten nicht an den Tag legen, es ziemt sich einfach nicht für eine Frau.“ Ja der Stiefvater ihres Dads konnte manchmal wirklich altmodisch sein. „Das ist ein Missverständnis. Wir sind gerade dabei James zu helfen seine Mysophobie zu überwinden und dafür sollte er meine Hand schüttelt. Yang hat ihn dann angeschrien mich in Sicherheit zu bringen und er hatte wohl mit einer Gefahr gerechnet und hat mich deswegen in seine Arme gezogen und mit seinem Körper geschützt. Als er bemerkte, dass er meine Berührung ertragen konnte, wollte er es einfach länge aushalten.“ Junichiro nickte zufrieden und nun kam auch ihr Vater zu ihnen. „Ich würde dir gern alle meine Freunde vorstellen.“ Amy drehte sich um und führte ihren Besuch in den Raum hinein, doch sie kam nicht weit, denn sein Blick heftete sich auf Daichi und er erstarrte und fasste sich an die Brust. Sofort war Mathew bei ihm und stützte ihn. „Alles in Ordnung?“ Langsam richtete der ältere Mann sich wieder auf und sah seinen Stiefsohn aus eiskalten Augen an. „Du hättest die Pflicht gehabt deine Tochter zu beschützen.“ Was war hier nur los? „Genau das habe ich immer getan und ich tue es noch immer.“ Junichiro stieß Mathew wütend von sich und wandte sich wieder Amy zu. „Dann stell mir mal deine Freunde vor.“ Irgendetwas ging hier vor und Amy verstand einfach nicht was dies war. „In Ordnung. Li Yang kennst du ja schon. Daneben haben wir Orell Moser, dann Daichi no Kami Shima mit seinem Leibwächter Junichiro Kitano. Lustig, ihr habt den gleichen Vornamen. Auf der anderen Seite haben wir Jean-Luc Marceau und James William MacGrey und meinen persönlichen Leibwächter Alexej. Heute fehlen noch zwei Weitere, ein Geschwisterpaar, Rachel und Shane Blue.“ Dann wurden Hände geschüttelt und Höflichkeiten ausgetauscht, bevor sich alle setzten. „Und welchem dieser Herren hast du dein Herz geschenkt?“ Wenn sie das nur endlich mal heraus finden würde, dann könnte sie das Spiel mit ihrem Vater endlich beenden. „Sie besitzen alle einen Teil meines Herzens, ich liebe sie alle und möchte sie an meiner Seite haben.“ Junichiro begann zu lachen und schüttelte nachsichtig den Kopf. „Das ist aber nicht wirklich nett von dir. Bist du es den jungen Herren nicht schuldig dich bald zu entscheiden? Ich kann ihnen ansehen wie wichtig du ihnen bist. Manche lieben dich wie eine Schwester, andere wie einen potentiellen Liebhaber und andere rein Freundschaftlich, aber am Ende triffst du die Entscheidung.“ Wusste der ältere Mann von dem Spiel mit ihrem Vater? „Ja ich weiß davon, dein Vater hat mir davon erzählt, doch hat er mir nicht erzählt wen er gewählt hat.“ Ach so ein Mist, jetzt war wohl die Zeit gekommen um alle einzuweihen. „Yang würdest du mir bitte die Steine bringen? Sie müssten noch hier im Safe sein.“ Er stand auf, holte das Gewünschte und stellte die Kiste auf dem Tisch vor ihr ab. Amy gab den Zahlencode ein und hob den Deckel an. „Die hat Dad mir als Anhaltspunkt zu den Männern gegeben. Mehr hatte ich nicht.“ Junichiro nahm den Saphir aus der Kiste und legte ihn vor James, dann den Opal vor Orell, den blauen Topas vor Jean-Luc und den Smaragd vor Daichi. „Und hast du deinen Dad auch gefragt, ob es sich wirklich um diese Männer handelt?“ Nein hatte sie nicht, denn für Amy stand diese Tatsache einfach fest. „Anscheinend nicht. Also Mathew sag mal was dazu. Sind dies die Männer die du als potentielle Ehemänner für deine Tochter ausgesucht hattest?“ Ein Raunen ging durch den Raum und Amy starrte nun auf ihre verschränkten Hände auf ihrem Schoß. „Ja, dass sind sie. Für jeden Edelstein den ich Amy an diesem Tag geschenkt habe, befindet sich der passende Mann im Raum.“

„Du hast wohl vollkommen den Verstand verloren. Dir ist hoffentlich bewusst, dass ich dir eher die Tochter nehme als dieser Ehe zuzustimmen.“ Was war heute nur los mit ihm? „Ich werde meine Tochter niemandem überlassen, doch sie wird diese Entscheidung fällen und nicht wir. Hab doch etwas Vertrauen in ihren Instinkt und ihr Intuition.“ Amy sah nun doch auf und in den Gesichtern ihrer Freunde sah sie dieselbe Verwirrtheit, die auch sie befiel. Wie sie es hasste wenn sie dies taten, schon als sie noch klein gewesen war hatten sie oft so gesprochen, dass sie keine Rückschlüsse auf das eigentliche Thema schließen konnte. „Könnten wir bitte zurück zum Thema kommen? Wenn ihr unbedingt diskutieren wollte tut das bitte wo anders. Es ist verwirrend euch zuzuhören, da keiner außer euch etwas versteht.“ Nun drehte sich Amy ihren Freunden zu und erklärte ihnen erstmal worum es eigentlich ging und was es mit dem Spiel auf sich hatte. Die gesamte Zeit starrte sie dabei wieder auf ihre Hände, da sie sich nicht traute ihnen in die Augen zu sehen. Was würde sie tun wenn sie sich deswegen betrogen fühlen würden? Wenn sie denken, dass sie nur mit ihnen befreundet war weil sie dieses Spiel gewinnen wollte? „Sieh uns doch endlich mal an. Keiner von uns ist dir böse. Ich für meinen Teil wusste es schon die ganze Zeit, immerhin lebe ich hier und die Angestellten reden. Aber ich denke ich kann auch für die anderen sprechen, wenn ich sage, dass wir wissen, dass du nicht deswegen mit uns befreundet bist und uns in deiner Nähe haben möchtest. Zum einen bist du dafür nicht der Typ, zum anderen zwingt dich dieses Spiel ja nicht dazu Zeit mit einem von uns zu verbringen. Du musstest uns nur finden und wenn du alle getroffen hast eine Entscheidung treffen, zu mehr bist du nicht verpflichtet.“ Alle nickten bekräftigend und Amy fiel ein Stein vom Herzen, sie hatte wirklich angst gehabt. Diese Männer waren ihr alle so unheimlich wichtig und sie würde es nicht ertragen auch nur einen von ihnen zu verlieren. „Du solltest ein bisschen mit Junichiro spazieren gehen, Ihr habt euch so lange nicht mehr gesehen und habt euch sicher eine ganze Menge zu erzählen. Das Wetter ist perfekt um etwas im Garten die Sonne zu genießen.“ Amy erhob sich und zog den älteren Mann mit sich hoch, dann machte sie sich auf den Weg Jean-Lucs Vorschlag zu befolgen.

„Also Männer nun da wir darüber Bescheid wissen würde ich gern etwas im Voraus klären. Egal für wen sich Ayumi auch entscheiden sollte, niemand wird sich von ihr zurück ziehen. Ich weiß, dass jeder von uns ihr ganz besondere Gefühle entgegen bringt und sie niemals absichtlich verletzen würde, doch wenn sie sich für einen Anderen entscheiden sollte, werden damit automatisch auch die Gefühle der Anderen verletzt. Ich möchte, dass jeder hier in diesem Raum schwört, dass sich dadurch nichts an der Beziehung zu Ayumi verändern wird. Es würde ihr das Herz brechen, wenn sie erleben würde wie sich ihre Freunde von ihr abwenden und sie das Gefühl haben würde es wäre ihre Schuld.“ Jean-Luc war es im Grunde egal für wen sich Ayumi entscheiden würde, er hatte schon immer gewusst, dass er nie eine normale Liebesbeziehung mit ihr würde haben können. Dafür war er einfach zu kaputt und viel zu Abhängig von ihr, aber gerade für Menschen wie Orell und Jimi könnte es schwer sein weiter wie bisher zu sein, wenn Ayumi einen Mann an ihrer Seite hatte. Was Daichi betraf, so war sich Jean-Luc nicht wirklich sicher, ob dieser überhaupt romantische Gefühle für Ayumi hegte. Bei wem er sich allerdings die größten Sorgen machte war Yang. Er war genau wie er selbst Abhängig von Ayumi, doch wäre im Gegensatz zu ihm dazu in der Lage eine gesunde Beziehung mit ihr zu führen. Allerdings glaube er nicht daran, dass er es ertragen könnte sie mit einem anderen Mann zu sehen. Schon jetzt konnte man ihm die Eifersucht immer mal wieder ansehen. Allerdings würde Ayumi den Verlust von Yang nicht unbeschadet überstehen, dafür hatte er sie zu sehr geprägt. „Ich verspreche es, doch ich möchte einräumen, dass jedem von uns Zeit von einem Monat nach ihrer Entscheidung zugestanden werden sollte. Wir sind auch nur Menschen und Amy kann die Menschen so gut lesen, dass sie den Schmerz in uns sehen würde. Deswegen ein Monat damit diejenigen sich selbst wieder zusammen flicken können und dann wird alles wieder beim Alten sein.“ Das war ein guter Vorschlag und auch gut umzusetzen, immerhin kam es öfter vor, dass sie aus geschäftlichen Gründen länger getrennt waren. „Ich schwöre es auch. Ich möchte die Freundschaft zu ihr nicht verlieren.“ Sehr schön. „Ich schwöre es auch.“ Bei Daichi hatte er mit nichts anderem gerechnet. „Und du Yang?“ Verwundert sah er ihn nun an. „Was soll mit mir sein? Ich bin in diesem Spiel doch gar nicht mit inbegriffen.“ Und genau das war es wohl, was ihn am meisten verletzte. Er kannte sie nun schon so lange und liebte sie wahrscheinlich auch schon so lange wie er sie kannte und trotzdem hatte Mathew Cooper ihn nicht in Betracht gezogen. „Ja, aber jetzt bist du ja auch nur hier, weil du einen Handel mit Mathew eingegangen bist solange dieses Spiel anhält. Ich möchte, dass du uns versprichst Ayumi mindestens drei Mal im Jahr für eine Woche zu besuchen, wenn das Spiel beendet ist. Sie hat mir erzählt, dass ihr euch ungefähr so oft damals gesehen hattet als sie noch in der Schweiz gelebt hat. Also versprich uns, sie mindestens drei Mal im Jahr für mindesten eine Woche zu besuchen.“ Yang sah nicht begeistert aus und presste die Lippen zusammen. Jean-Luc hatte es ja schon geahnt, aber dieser Feigling hatte vor nach der Entscheidung von Ayumi einfach zu verschwinden. „Versprich es. Du kannst sie nicht einfach zurück lassen. Denk doch mal an ihre Gefühle.“ Für Yang war Ayumi das Wichtigste auf der Welt, er konnte unmöglich wollen, dass sie traurig war. „Verstanden. Ich verspreche es, allerdings mit der Bedingung, dass ich diese Wochen allein mit Ayumi in dem Haus in den Alpen verbringen kann. Ganz wie in unserer Kindheit.“ Er nickte und auch die anderen stimmten zu. Sollte Yang diese Wochen allein mit ihr bekommen. „Ich will mich hier ja eigentlich nicht einmischen, aber ist euch auch mal in den Sinn gekommen, dass Amy sich gegen jeden von euch entscheiden könnte? Sie muss zwar einen von euch wählen um zu gewinnen, doch sie kann sich auch dazu entschließen aufzugeben und einen anderen Mann wählen.“ Ehrlich? Nein, Jean-Luc war nie in den Sinn gekommen, dass Ayumi sich für jemand Anderen entscheiden könnte. Allerdings wenn er darüber nachdachte, dann würde Yang nun gerade in Frage kommen. Wenn Ayumi sich entschließen sollte das Spiel zu verlieren, dann würde sie dies für Yang tun. „Dann akzeptieren wir das auch und nehmen ihn in unserer Mitte auf.“ Damit wäre dann wohl alles geklärt.



Kapitel 10


Sie saßen nun in ihrer Runde am Abend wieder alle zusammen im Wohnzimmer, mittlerweile waren auch Rachel und Shane dazu gestoßen, da Junichiro sie hatte kennen lernen wollen. Sie haben gemeinsam zu Abend gegessen und der ältere Mann hatte sich danach für die Nacht entschuldigt und sie hatten sich gemeinsam ins Wohnzimmer zurück gezogen. „Freust du dich deinen Großvater wieder zu sehen?“ Ayumi bekam gleich wieder Tränen in den Augen und Yang wusste genau worum es ihr dabei ging. Junichiro war nicht ihr Großvater und hatte sich von ihr auch nie so ansprechen lassen, auch Mathew hatte ihn nie Dad genannt. Wieso dies so war wusste keiner, denn an der fehlenden Zuneigung konnte es nicht liegen. „Ja ich freue mich riesig ihn mal wieder bei mir zu haben. Als ich noch klein war hatte er mich sehr oft gemeinsam mit meiner Großmutter in der Schweiz besucht. Er hat mir nachts vor dem Schlafen gehen immer eine Geschichte erzählt, ich habe diese Erzählung geliebt und er musste sie immer und immer wieder erzählen. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, war sie gar nicht besonders schön, hatte sie doch kein Happy End im eigentlichen Sinne.“ Ayumi sah glücklich aus als sie sich an ihre Kindheit zurück erinnerte. „Erzählst du sie uns?“ Rachels Neugier schien geweckt zu sein und auch die Anderen sahen Ayumi gespannt an. „Na gut, aber ich kann nicht versprechen, dass ich sie so gut erzählen kann.“ Und dann begann sie zu erzählen.

Es gab einmal, vor gar nicht all zu vielen Jahren, eine wunderschöne junge und vor allem gutherzige Frau, die davon Träume anderen Menschen zu helfen. Ihr Land befand sich mit einem weit entfernen Staat im Krieg und hatte viele Verletzte zu verzeichnen. Der Kampf dauerte nun schon 14 Jahre an und die Unterstützung des Volkes begann zu sinken. Es gab nicht mehr genug freiwillige Krankenschwestern, Sanitäter und Ärzte, weshalb die junge Frau beschloss ihr Alter zu fälschen um die armen Soldaten, die dort fern der Heimat ums Überleben kämpften zu unterstützen. Sie meldete sich als Unterstützung und wurde zur Krankschwester ausgebildet. Nach einigen Monaten sollte sie mit einem Flugzeug, welches medizinisches Material transportierte in das Kriegsgebiet gebracht werden. Der Name des Mädchens war Jean und sie war furchtbar aufgeregt, immerhin würde dies das erste Mal sein, dass sie fliegen würde. Ihr Sitz befand sich im Hintern Teil des Flugzeugs und sie sah gespannt dabei zu wie sie immer mehr an Höhe zunahmen und schon bald über den Wolken waren. Jean war verzaubert vom Anblick der weißen Pracht die aussah, als könnte man sich in sie schmeißen und darauf ein Schläfchen halten. Nach einigen Stunden jedoch wurde diese wunderschöne Pracht immer dunkler, bis sie schon fast schwarz war. Das Flugzeug wurde immer stärker durchgerüttelt und das Mädchen versuchte sich so gut es ging festzuhalten und zog ihren Gurt noch mal fester. Der Pilot teilte dem Mädchen mit, dass sie sich in einem Gewitter befanden und es für eine Weile ungemütlich werden würde. Beunruhigt vom Geschehen und die Angst vor dem Unbekannten, hatten Jean fest im Griff. Sie war noch nie geflogen und wusste nichts von Turbulenzen oder Ähnlichem. In einem jedoch war sie sich schon in diesem Moment sicher, durch ein Gewitter zu fliegen konnte nicht ungefährlich sein. Eine weitere Stunde ging es so weiter und Jean begann schon sich daran zu gewöhnen, als ein Lauter Knall sie zusammen zucken ließ und ihr Herz zum rasen brachte. Erneut sah sie aus dem winzigen Fenster und erschrak als sie Feuer an einer der Turbinen entdeckte. Sie schrie dem Piloten zu, doch dieser versuchte wohl die Maschine vergeblich in der Luft und auf Kurs zu halten. Und dann ging es nur noch im Sturzflug hinab. Jean schrie sich die Seele aus dem Leib, ihre Ohren schmerzten, da sie mit dem schnellen Druckabfall nicht klar kamen und sie betete. Betete zu Gott er möge sie noch nicht zu sich holen, sie war doch noch viel zu jung zum sterben, hatte in ihrem Leben noch nichts erreicht, hatte den Menschen noch nicht helfen können, kein Leben retten können. Sie spürte wie die Maschine wieder etwas in die Horizontale ging und im nächsten Moment spürte sie den Aufprall. Danach wurde alles Schwarz um sie herum und ihre Sinne schwanden.

Unterdessen saß der Prinz eines kleinen Inselstaates gemeinsam mit seinem besten Freund und Leibwächter in einer Höhle, da sie von dem Unwetter überrascht worden waren. Sein Name war Suyo und er hatte sich diese Nacht mal wieder aus dem Palast geschlichen, um sein Land erkunden zu gehen. Der Prinz war der Ansicht, dass ein guter Herrscher sein Volk kennen musste, um Entscheidungen treffen zu können, die seine Untertanen sich wünschten. Sein Vater jedoch, war anderer Ansicht und wollte alle äußeren Einflüsse von seinem Sohn fernhalten. Deswegen schlich er sich auch heimlich nachts gemeinsam mit seinem besten Freund hinaus um der strengen Hand seines Vaters zu entkommen. Manche würden ihn dafür vielleicht einen Rebellen nennen, doch alles was Suyo sich wünschte war ein Verständnis für seine Mitbürger. Als sie von dem Gewitter überrascht worden, hatten sie sich schnell in einer Höhle in Sicherheit gebracht. Da saßen sie nun fest und warteten auf das Ende des Regens, als eine Erschütterung und ein lauter Knall sie aufschreckte und die trockene Unterstellung verlassen ließ. Nicht weit entfernt entdeckten sie ein Wrack, welches ganz klar der Grund für den Knall gewesen sein musste. Sofort stürmten er und sein Freund los und suchten nach Überlebenden, zwar rechnete keiner der Beiden damit einen zu finden, doch sie mussten zumindest nachsehen. Während sein Leibwächter in den vorderen Teil stieg, ging der Prinz in den Hinteren. Viel konnte er nicht erkennen, doch es sah so aus, als würde es sich um ein Flugzeug handeln, welches für den Transport von Gütern zuständig war und außer dem Piloten keine weiteren Passagiere dabei gewesen waren. Plötzlich vernahm der Prinz ein Geräusch noch weiter hinten. Er räumte die Kisten zur Seite und schuf sich so einen Weg weiter ins Flugzeug hinein. Und dort war der Ursprung des Geräusches, eine Frau die regungslos in ihrem Sitz hang und nur noch von ihrem Gurt an Ort und Stelle gehalten wurde. Suyo hätte sie für tot gehalten, wenn er nicht immer wieder ein schmerzerfülltes Ächzen von ihr vernehmen würde. Er eilte zu ihr hinüber und löste vorsichtig den Gurt, wodurch sie direkt in seinen Armen landete. Sein Leibwächter klärte ihn darüber auf, dass der Pilot sein Leben verloren hatte und fragte nach weiteren Überlebenden. Der Prinz drückte die Unbekannte an seine Brust und trug sie aus dem Wrack. Die Männer beschlossen die Überlebende in die Höhle zu bringen und der Prinz bat seinen besten Freund sich im Flugzeug noch nach brauchbaren Dingen umzusehen. Der Leinwächter kam der Bitte des Prinzen nach und er trug die Frau zurück zu der Höhle um sie dort dann vorsichtig abzulegen. Er hatte kein Licht dabei und würde sie im Dunkeln nicht auf Verletzungen absuchen können, alles was er tun konnte, war zu warten und zu hoffen. Seine Hoffnungen wurden erfüllt, als sein Freund zu ihnen kam. Er hatte mehrere Taschenlampen und Verbandsmaterial dabei, falls sie irgendwo verletzt wäre. Beide Männer waren keine Mediziner und konnten, da es keine oberflächlichen Wunden gab nur hoffen und beten, dass der Frau nichts weiter fehlte. Stunden vergingen in denen sie an ihrer Seite wachten und dann endlich schlug die junge Frau ihre Augen auf. Sie sah sich verwundert um und konnte sich nicht orientieren. Wo war sie und was machte sie an diesem Ort? Wer waren diese Männer und wieso tat ihr ganzer Körper weh? All diese Fragen stellte sie sich in Gedanken. Einer der Männer sprach sie an und fragte sie nach ihrem Namen und befinden. Er sprach Englisch, doch mit sehr starkem Akzent und es fiel Jean nicht leicht ihn zu verstehen, da in ihrem Kopf noch immer alles ziemlich verschwommen war. Sie fragte wo sie sich befand, sie hatte Angst und war verwirrt. Die Männer erzählten ihr von dem Flugzeugabsturz und dass sie sich hier auf einer Insel im Pazifik befand. Der Pilot hätte im Gegensatz zu ihr nicht überlebt. Nun erinnerte Jean sich wieder an alles und atmete erleichtert auf, da sie wie es aussah unbeschadet überlebt hatte. Sie tastete sich selbst am ganzen Körper ab und musste erstaunt feststellen, dass sie außer einiger blauer Flecken und einer geprellten Hand unverletzt war. Sie bedankte sich bei ihren Rettern und schickte ein Dankgebet gen Himmel und betete für die Seele des verstorbenen Piloten. Der Prinz begann der Frau etwas über die Insel zu erzählen auf der sie gelandet war und beschwor sie die Höhle nicht zu verlassen. Er würde sich um sie kümmern und mit allem versorgen. Auch würde er versuchen ihr Land zu erreichen, damit sie ihr Hilfe schicken konnten. Danach kehrte der Prinz mit seinem Leibwächter in den Palast zurück und Jean bleib allein in der Höhle zurück. Immerhin hatten die Männer ihr aus den Decken die im Flugzeug waren eine weiche Unterlage gezaubert und sie hatte noch genügend um nicht frieren zu müssen.

In der nächsten Nacht kamen die Männer wieder zu der Verunglückten. Sie hatten Nahrung und Wasser für sie dabei, wofür das Mädchen dankbar war, hatte sie doch den ganzen Tag noch nicht gegessen. Der Prinz wollte sich mit der Frau unterhalten und mehr über die Welt außerhalb dieser Insel erfahren und sie erfüllte ihm seinen Wunsch und erzählte ihm von ihrem Land. Doch schnell wurde klar, dass sie aus verschienen Welten kamen und sich auch ihre Werte fundamental unterschieden. Jean erzählt über ihre Schulzeit und ihrem Vorhaben in ein Kriegsgebiet zu gehen, um ihre verwundeten Soldaten versorgen zu können. All dies wäre in der Heimat des Prinzen undenkbar gewesen. Frauen gingen nicht zur Schule, gab es doch auch keinen Grund dafür, immerhin war es ihre Aufgabe sich um die Kinder und den Haushalt zu kümmern. Jean, die aus der westlichen Welt stammte, war von dieser rückständigen Haltung geschockt. „Gerade weil Frauen die Kinder groß zogen war es doch so wichtig ihnen Bildung zukommen zu lassen. Immerhin übernehmen sie die Erziehung eurer Zukunft. Außerdem wer weiß schon wie viel Potential ihr verschwendet, wenn ihr von vornherein die Hälfte der Bürger aus der Entwicklung ausschließt. Vielleicht könnte eine eurer Frauen eines Tages Ärztin sein oder Diplomatin, doch diesen Weg verschließt ihr ihnen und das nur weil sie mit dem falschen Geschlecht geboren wurden. Findest du dies nicht Ungerecht? Denkst du nicht, dass die kleinen Mädchen, diese Chance verdient hätten?“ Der Prinz war von den Worten des Mädchens tief berührt worden und er begann darüber nachzudenken. Es war jedoch unmöglich seinen Vater von solchen Ideen überzeugen zu wollen. Zu sehr hang er an den alten Traditionen, nie würde er solch einschneidenden Veränderungen zustimmen. Als die Männer die Frau wieder verließen, tat der Prinz dies mit bedauernd. Diese Frau aus einem fremden Land und ihrer fremdartigen Weltanschauung hatte ihn verzaubert. Zwei weitere Tage vergingen auf dieselbe Art wie schon davor und Suyo wurde immer weiter in den Bann dieser Frau gezogen. Sie hatte ihm noch mehr über ihr Land und ihre Gedanken erzählt und er hatte sich haltlos und unwiderruflich in sie verliebt. Je mehr er von ihr erfuhr, desto mehr verzauberte es ihn und überzeugte ihn von den Vorteilen für sein Land, wenn einige Dinge geändert werden würden. Auch Jean begann Gefühle für den etwas jüngeren Mann zu entwickeln, welcher wie ein Kind an ihren Lippen hing und all das Wissen, welches sie mit ihm teilte, in sich aufsog. Mittlerweile hatte sie auch schon einiges über das Land erfahren in dem sie gelandet war und sie schwärmte etwas für deren Kultur und ihren Glauben. Und so kamen sich zwei Menschen, die aus vollkommen verschiedenen Welten stammten immer näher und verliebten sich ineinander. Das Gehirn des Prinzen war vernebelt vor Liebe und er beging einen entscheidenden Fehler. Als Kronprinz war er auch Berater des Königs und er unterbreitete ihm die Idee einer Schule für Frauen, dabei brachte er all die Begründungen vor, die Jean ihm zuvor genannt hatte. Natürlich lehnte der engstirnige König diesen Vorschlag sofort ab. Allerdings war nun sein Misstrauen geweckt und er begann nachzuforschen woher sein Sohn solche fremdländischen Ideen haben könnte. Zwei Tage später war der König der Meinung seine Antworten gefunden zu haben Er hatte von dem Absturz erfahren und war sich sicher, dass der Leibwächter seines Sohnes eine Überlebende versteckte und deren ketzerischen Gedanken in den Kopf Suyos pflanzte. Für diesen Hochverrat gab es nur eine Strafe und er verlangte nach dem Kopf des Verräters. Der Prinz, der von dem Vorhaben seines Vaters erfuhr, floh gemeinsam mit seinem besten Freund aus dem Palast und brachte ihn zu seiner Liebsten. Sie schlugen sich noch in dieser Nacht zur Küste durch, wo schon ein Boot auf sie wartete. Schweren Herzens schickte er seine Liebste und seinen besten Freund fort, doch er fürchtete um ihr Leben. Er versprach die Differenzen mit seinem Vater zu beseitigen und sie Beide dann zu sich zurück zu holen. Er würde den König überzeugen und Jean dann zu seiner Frau nehmen. Dann überreichte er seinem Freund noch einen Ring und ließ sich schwören, dass er auf seine Liebste aufpassen würde und sie vor allem Unheil beschützen würde. Der Leibwächter schwor, sich bis zu ihrer Rückkehr um Jean zu kümmern und für sie zu sorgen. Dann verabschiedete sich der Prinz noch von seiner Liebsten, mit dem erneuten Versprechen sie bald zu sich zurück zu holen und sie zu seiner Frau zu machen. Dann verschwand das Boot in der Dunkelheit und ließ den Prinzen allein zurück, dies war das letzte Mal, dass er die zwei wichtigsten Menschen in seinem Leben sehen sollte. Er versuchte alles um seinen Vater davon zu überzeugen seiner Hochzeit mit der Ausländerin zuzustimmen, doch es war zwecklos. Nur vier Monate nach dem Abschied verstarb sein Vater plötzlich und die Briefe die davor noch regelmäßig von seinem Freund geschickt wurden, kamen nicht mehr. Nun da er den Thron besteigen musste, konnte er das Land nicht mehr verlassen um Jean wieder zu finden. Einige Zeit noch hatte er die Hoffnung gehabt seine Liebsten würden zu ihm zurückkehren, wenn sie erst vom Tod des früheren Königs erfahren würden, doch nach Monaten des Wartens, gab er die Hoffnung schließlich auf. Auch die Männer die er losgeschickt hatte um seinen alten Leibwächter und die Frau des Absturzes zu finden, kamen ohne Spuren zurück und nach zwei Jahren gab er die Suche schließlich ganz auf und heiratete die Frau, die ihm schon seit ihrer Geburt versprochen war. Sie war eine gute Frau, doch er würde sie nie lieben können.

Jean und ihr Begleiter hatten es mit dem Boot geschafft, dass Schiff zu erreichen, welches einige Meilen vor der Küste auf sie gewartet hatte und so wurden sie sicher zurück in die Heimat des Mädchens gebracht. Wochen vergingen in denen sie auf ihren Prinzen wartete, doch irgendwann setzte sich in ihr die Erkenntnis fest, dass er ihr nicht würde folgen können. Er hatte seinen Vater nicht überzeugen können. Anfangs war dieser Gedanke noch sehr schmerzhaft für das Mädchen, doch dann eines Tages beruhigten sich ihre Gefühle. Sie hatte erfahren, dass sie schwanger war und würde so für immer einen Teil ihrer Liebe bei sich haben, dieser Gedanke gab ihr Frieden. Sie überzeugte den Leibwächter davon mit ihr davon zu laufen und sich vor möglichen Verfolgern zu verstecken. Anfangs war er noch dagegen doch Jean hatte gute Argumente und überzeugte ihn am Ende doch. Eigentlich sprach ihre Schwangerschaft gegen eine Flucht, doch er musste auch an ihre Sicherheit denken. Was würde der König mit ihr und dem Kind tun, wenn er von deren Existenz erfahren würde? Und so brach er den Kontakt zu seinem Prinzen ab und versteckte sich gemeinsam mit Jean vor ihm. Auch als sie vom Tod des Königs erfuhren, blieben sie wo sie waren, denn nun war ihr Prinz kein Prinz mehr, sondern ein König. Er hatte die Pflicht sich um sein Volk zu kümmern und es nach diesem plötzlichen Verlust stabil zu halten, dies würde er nicht schaffen wenn er ihnen plötzlich eine schwangere westliche Frau als seine Zukünftige präsentieren würde. Und so fand ihre Liebe ein Ende. Suyo wurde ein guter König und brachte seinem Land Fortschritt und Reichtum. Und Jean studierte Medizin um sich ihren Traum zu erfüllen anderen Menschen zu helfen. Sie heiratete den Leibwächter, der dem Kind ein wundervoller Ersatzvater war und führte ein erfülltes Leben. Doch die Liebe die diese Menschen füreinander empfanden würde niemals erlischen, auch wenn sie nur wenige Tage gelebt werden konnte.

„Ende der Geschichte.“ Yang konnte nicht fassen was er da gerade gehört hatte. Er sah sich im Raum um und entdeckte wie Rachel sich verstohlen eine Träne von der Wange wischte, während Junichiro starr aus dem Fenster starrte. Der Leibwächter schien vollkommen in seinen Gedanken gefangen zu sein und Yang konnte sich genau denken worüber der Inselbewohner nachdachte. Auch in seinem Kopf hatte sich während dieser Geschichte ein Verdacht gebildet und er konnte wirklich nur hoffen, dass seine Phantasie gerade mit ihm durch ging. Wenn er jedoch Gewissheit haben wollte, würde er wohl mit Mathew sprechen müssen. „Das war eine wirklich einzigartige Geschichte.“ Orell schien nicht wirklich zu wissen was er hätte sagen sollen, doch er wollte wohl die Stille die im Raum entstanden war unterbrechen. „Ich sagte ja, sie hat nicht wirklich ein Happy End, doch ich habe sie als Kind trotzdem geliebt. Auch jetzt noch finde ich die Geschichte toll, natürlich ist es traurig, dass sich der Prinz und das Mädchen nie wieder gesehen haben. Aber sie haben ihr Leben trotzdem in voller Fülle gelebt und ihre Liebe zueinander ist nie ins Schwanken geraten.“ Klar dies mag eine schöne Vorstellung sein, doch wenn man sich mal in die Personen hinein versetzt, so war es doch unendlich traurig wie es ausgegangen war. Wie sehr mussten sie sich danach verzehrt haben, ihren Liebsten wieder zu sehen? Wie viel Kraft musste es sie gekostet haben, dass Wohl Anderer vor ihr eigenes Glück zu stellen? Sein ganzes Sein geriet schon in Aufruhr, wenn er nur daran dachte, dass Ayumi eines Tages einem Anderen gehören konnte und er würde sie danach wenigstens noch sehen können. Natürlich wäre dies sehr schmerzvoll, doch er würde die Wahl haben. „Junichiro, könnte ich kurz draußen mit dir sprechen?“ Der Mann war gerade aus seiner Starre erwacht und Yang musste auf jeden Fall verhindern, dass dieser seinen Verdacht laut aussprach. Sie gingen gemeinsam vor die Tür und er führte die Leibwache in die Bibliothek, wo er sich mit ihm an den Tisch setzte. „Ich möchte, dass du den Gedanken, der dir gerade im Kopf herum schwebt wieder vergisst.“ Entgeistert blickte er ihm entgegen und schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht. Wenn ich Recht habe, dann wäre Mathew Cooper der Sohn von Masuyo no Kami Shima und somit mein rechtmäßiger König. Nein, dies ist nicht wirklich korrekt, sein Anspruch auf den Thron ist nach 10 Jahren die Daichis Vater König war erloschen, was bedeutet, dass Ayumi die rechtmäßige Königin ist.“ Yang hatte es geahnt und ihm war genau der gleiche Gedanke gekommen. „Denk doch mal nach, was es bedeuten würde, wenn du diese Vermutung äußern würdest? Solltest du es erst einmal aussprechen, wirst du es nicht mehr zurück nehmen können. Denk bitte auch an Ayumi und Daichi. Sie wird mit Sicherheit keine Königin sein wollen und Daichi würde es wohl das Herz brechen. Außerdem würde es Ayumis Leben in Gefahr bringen, sollte diese Info in die falschen Hände gelangen. Ganz davon zu schweigen, dass es Kami Shima noch weiter destabilisieren würde. Jetzt schon steht dein Land kurz vor einem Bürgerkrieg, die Rebellen könnten Ayumi als Anreiz nehmen zu den Waffen zu reifen.“ Yang konnte sehen wie seine Wort Junichiro erreichten und atmete erleichtert auf. „Verstanden, ich werde erst einmal nichts sagen, doch ich brauche Gewissheit.“ Ja, die wollte er auch, bis jetzt hatten sie nur eine Gute-Nacht-Geschichte, die in ihnen Vermutungen geweckt hatten und mehr nicht. Vielleicht täuschten sie sich auch Beide und diese Geschichte war genau dies, eine Geschichte, die ein alter Mann einem kleinen Mädchen erzählt hatte.



Kapitel 11


Amy saß mit Alexej, Jean-Luc und Orell im Flugzeug, auf dem Weg nach Kami Shima. Es hatte zwar eine ganze Weile gedauert Yang von ihrem Besuch der Insel zu überzeugen, doch letztendlich hatte er nachgegeben. Es hatte weitere kleinere Aufstände gegeben, die leider weitere Tote gefordert hatten. Amy konnte nun einfach nicht mehr still sitzen bleiben und abwarten. Jean-Luc hatte noch immer die Einladung in den Palast und Orells Vater befand sich gerade im Land um mit der Regierung über eine Ansiedlung seiner Bank zu verhandeln. Nun war eindeutig die perfekte Gelegenheit für sie, sich unbemerkt im Land umzuhören und Informationen zu sammeln. James würde in den nächsten Tagen auch noch zu ihnen stoßen, denn wie es aussah versuchte sein Vater schon wieder ihren Vater auszustechen. Sein Sohn sollte versuchen Verbindungen zu den Beamten aufzubauen, in der Hoffnung jemanden zu finden, der ihnen helfen würde an die Abbaurechte von Mathew Cooper zu kommen. Dieser Mann würde wohl wirklich nie aufgeben. Eigentlich schade, es war so viel verschwendetes Potential welches er in seine Rache steckte, anstatt in sein Unternehmen. Daichi hatte bei ihrem Abschied einen Riesenaufstand veranstaltet, da er sie begleiten wollte. Doch unter den gegebenen Umständen war es einfach viel zu gefährlich für ihn in seine Heimat zurück zu kehren. Außerdem könnte er die Lage auf Kami Shima nur noch weiter destabilisieren. Sie mussten die ganze Sache vorsichtig angehen und bedacht handeln, wenn sie erst einmal heraus gefunden hatten wer hinter all dem steckte, würden sie sich einen Plan überlegen können. „Ayumi, wir landen bald. Vergiss nicht was du versprochen hast und versuch keine Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen.“ Die Männer machten sich eindeutig zu viele Gedanken um sie. Amy hatte nicht vor etwas Unüberlegtes zu tun, sie würde die Männer machen lassen, immerhin waren sie es die ihre Kontakte nutzen konnten, dabei würde sie ihnen keine Hilfe sein können. Allerdings wäre es möglich, dass ihr Name ihnen einige Türen würde öffnen können, deswegen hatte sie Yang auch überzeugen können, sie gehen zu lassen. „Ich werde im Hotel bleiben und euch machen lassen.“ Es gefiel ihr nicht wirklich, doch sie musste auch einsehen, dass sie den Männern unter Umständen nur ein Klotz am Bein war. Allerdings machte sie sich auch Sorgen um sie, immerhin war es nicht gefahrlos was sie vor hatten. Sollte jemand mitbekommen wofür sie wirklich ins Land gekommen waren, könnte man versuchen sie aus dem Weg zu räumen. Leider mussten sie diese Gefahr in Kauf nehmen wenn sie irgendetwas erreichen wollten. Sie würden nur eine Woche bleiben und dann nach New York zurück kehren, bis dahin mussten sie heraus gefunden haben, was sie brauchten, wenn nicht würden sie einen anderen Weg finden müssen. „Bitte schmoll nicht. Du weißt, dass wir nur um deine Sicherheit besorgt sind. Wenn du allerdings unbedingt etwas tun willst, dann sage ich dir jetzt was du machen kannst.“ Abwartend sah sie Jean-Luc an und er beugte sich zu ihrem Ohr. „Sag einfach, dass du dir die Stadt ansehen möchtest und hör dich so unauffällig um. Als normale Touristin wirst du sicherlich die Stimmung der Stadt und ihrer Bewohner heraus finden können. Alexej wird zwar nicht begeistert darüber sein, doch du hast nie versprochen, die gesamte Zeit im Hotelzimmer zu bleiben. Also geh auf die Straßen und versuch etwas über die Rebellen heraus zu finden. Nur bitte versprich mir dabei mit Bedacht vorzugehen und dich keiner unnötigen Bedrohung auszusetzen. Ich würde es nicht überleben wenn dir etwas zustoßen würde.“ Amy nahm ihren Freund in die Arme und gab ihm einen Kuss auf den Kopf. Jean-Luc war wirklich etwas ganz Besonderes, allerdings machte ihr dies auch Sorgen. Er hatte ihr gerade eine Möglichkeit eröffnet wie sie ihnen eine Hilfe sein konnte, doch dies hatte er nur getan, weil er wusste, dass sie dies wollte. Er wollte ihr immer geben was sie wollte oder brauchte und nahm dabei keinerlei Rücksicht auf seine eigenen Wünsche. „Ich werde auf mich aufpassen. Mach du bitte das Gleiche, immerhin gehst du von uns allen das größte Risiko ein. Bitte mach nichts Dummes wenn du im Palast bist und komm sicher zu uns zurück.“ Er hatte zwar noch öfter mal mit der Prinzessin gesprochen und sie schien wirklich keinen Groll gegen ihn zu hegen, doch wirklich sicher konnten sie sich nicht sein. Was auch niemand ihrer Begleiter wusste war, dass sie von Junichiro, dem Stiefvater ihres Vaters einen Kontakt und einen Brief mitbekommen hatte. Er hatte ihn ihr im Vertrauen gegeben und gemeint sie könnte diesem Mann und seiner Familie vertrauen und sich ganz auf ihre Hilfe verlassen. Dieser Mann war wohl ein alter Freund, den er in seiner Jugend kennen gelernt hatte und noch immer ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm unterhielt. Ihn würde Amy als erstes aufsuchen, um etwas über die wirkliche Situation im Land zu erfahren.

Sie waren gestern in ihrem Hotel angekommen und hatten beschlossen sich erst einmal auszuruhen und dann am Morgen an ihre Aufgaben zu machen. Nun war Jean-Luc auf dem Weg zum Palast und Orell würde bald zu seinem Vater aufbrechen. Jetzt würde alles beginnen und Amy betete, dass alles wie geplant laufen würde. Niemals könnte sie es sich verzeihen, wenn einem der Männer ihretwegen etwas zustoßen würde. Sie selbst würde sich nun auf den Weg zu dem Freund von Junichiro machen und sehen was dieser Kontakt bringen würde. „Alexej, ich würde mir gern etwas die Stadt ansehen und einen alten Freund vom Stiefvater meines Vaters besuchen. Er hatte mir einen Brief für ihn mitgegeben den ich überbringen muss.“ Ihr Bodyguard sah nicht erfreut aus, doch er nickte nur und sie machten sich auf den Weg, nachdem sie sich von Orell verabschiedet hatten. Dieser würde ihnen am Abend erzählen was sein Vater ihm zu sagen hatte. Und da Orell sich nur mit ihm treffen würde, musste sie sich im Moment keine Sorgen um ihn machen. „Ich möchte erwähnen, dass ich es für keine gute Idee halte, dass du einfach so durch die Gegend läufst. Das Land ist momentan vollkommen instabil und wir können nicht wissen, wann die Revolution wirklich ausbricht und der Kampf beginnt.“ Genau das machte ihr Angst, wenn möglich würde sie gern etwas unternehmen können, bevor es zu größeren Ausschreitungen kommen konnte. „Wir geben nur den Brief ab und sehen uns dabei noch etwas um. Danach können wir wieder zurück ins Hotel. Aber ich sage gleich, ich habe nicht vor die gesamten 6 Tage im Zimmer zu verbringen.“ Mittlerweile saßen sie im Wagen und Alexej brachte sie zu der Adresse die Junichiro ihr genannt hatte. Etwas war Amy verwirrt, denn sie verließen die Innenstadt und entfernten sich immer weiter. Als Alexej das Auto parkte, befanden sie sich schon kaum noch in der Stadt, es war wohl der äußerste Rand. Die Behausungen sahen hier wesentlich ärmlicher aus, als in der Innenstadt, dafür waren die Straßen belebter und in der Nähe konnte Amy sogar einen Markt ausmachen. „Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind?“ Wenn dies die Adresse war, dann waren sie hier auch am richtigen Haus. Amy stieg aus und sah sich noch mal genauer um bevor sie klingelte. Kurze Zeit später wurde ihr die Tür von einem kleinen Jungen geöffnet, der sie aus großen schreckgeweiteten Augen ansah. „Großvater, hier ist eine fremde Frau an der Tür, zusammen mit einen gruseligen Mann.“ Amy hielt sich die Hand vor den Mund um ihr Lachen zu verbergen. Zum Glück konnte Alexej kein Japanisch. Nur Sekunden später stand ein älterer Mann vor ihnen, der eine ziemliche Ähnlichkeit mit dem Leibwächter von Daichi hatte. „Wie kann ich Ihnen helfen?“ Amy überreichte dem Mann den Umschlag. „Junichiro Cooper hatte mich gebeten diesen Brief abzugeben.“ Sofort wurde das Gesicht des Mannes freundlicher und er bat sie einzutreten. Sie wurden in ein Wohnzimmer gebracht und ihnen wurde Tee gereicht. Amy sah sich interessiert um und musste zugeben, dass dieser Raum unheimlich gemütlich war. Er hatte so etwas Heimeliges an sich. Dann blieb ihr Blick auf einem Foto hängen und sie wunderte sich nicht länger über die Ähnlichkeit die sie zuvor entdeckt hatte. Doch wieso hatte ihr Großvater, in Gedanken nannte sie ihn öfter so, nichts davon erwähnt? Er hatte Junichiro doch kennen gelernt. „Ich vertraue darauf, was der Stiefvater meines Vaters mir gesagt hat und vertraue Ihnen deswegen. Gibt es etwas, dass wir Ihrem Sohn von Ihnen ausrichten sollen?“ Amy zeigte auf das Bild. „Dies ist doch Ihr Sohn Junichiro Kitano, oder?“ Mit Tränen in den Augen, nickte der Mann und man konnte ihm die Erleichterung in seinem Gesicht ansehen. „Geht es ihm gut?“ Alexej entspannte sich etwas hinter ihr, er schien begriffen zu haben, dass ihr hier drin keine Gefahr drohte. „Ja, ihm geht es sehr gut. Er wollte eigentlich zusammen mit mir und meinen Begleitern her kommen, doch wir hielten es alle für zu gefährlich.“ Der ältere Mann atmete ein paar Mal tief durch und schien sich zu sammeln. „Wie kann ich euch helfen?“

„Wir brauchen Informationen was genau gerade hier im Land vor sich geht. Wir haben von Außen mit unseren Kontakten alles versucht was wir konnten, doch nun blieb uns nichts anderes übrig als selbst herzureisen. Wir haben jemanden in den Palast geschickt, er wird von dort aus versuchen an Informationen zu kommen. Dann haben wir noch einen Geschäftsmann auf unserer Seite, der für uns die Gerüchte um die Bestechungen nachgehen wird. Ich würde gern die Stimmung im Volk aufklären. Ich kann mir vorstellen, dass die Einwohner unzufrieden sind und die Spannung von Tag zu Tag zunimmt, doch ich würde gern erfahren, wer die treibende Kraft dahinter ist. Irgendjemand muss die Führungsrolle übernommen haben, ich wüsste gern um wen es sich handelt und was seine Pläne sind.“ Ihr war klar wie viel sie von diesem Mann verlangte, doch sie hatte gerade einfach keine besseren Möglichkeiten. „In diesem Land gibt es derzeit drei Parteien. Der Palast, sie unterstützen den derzeitigen König Akiyama. Den General Mamoru Yosuda, er hat einen Teil des Militärs hinter sich und auch immer mehr aus dem Volk schließen sich ihm an. Er möchte den derzeitigen König von Thron stoßen und den rechtmäßigen König Daichi krönen lassen. Dann bleibt noch der Revolutionär Susumu Hattori, er hat keine große militärische Macht hinter sich, doch sein Lager wird immer größer je mehr Zeit vergeht. Er möchte die Königsfamilie ausschalten und eine Demokratie gründen.“ Natürlich je mehr Zeit verging, umso größer wurden die Unzufriedenheit der Einwohner und die Abneigung gegenüber der königlichen Familie. Wenn sie nicht schnell einschritten, würde Daichi sein Land nie wieder sehen können. Mit Susumu und seinen Anhänger würde sie wohl nicht reden können, sie würden ihre Meinung nicht ändern. „Wäre es möglich ein Gespräch mit dem General zu organisieren? Ich würde mich gerne mit ihm unterhalten und versuchen ihn von übereilten Handlungen abzubringen.“

„Auf gar keinen Fall. Du hast versprochen, dich nicht in Gefahr zu bringen, nur unter dieser Bedingung hast du nach Kami Shima reisen dürfen.“

„Alexej, ich bin dir dankbar für deine Besorgnis, doch wenn wir diese Männer jetzt nicht aufhalten, dann wird dieses Land schon sehr bald in einem Bürgerkrieg versinken. Wenn wir den General vorübergehend aus der Gleichung nehmen können, dann könnte die Spannung im Land schon etwas abnehmen.“ Sie musste das einfach versuchen, Amy war sich nicht mal sicher wieso ihr die ganze Sache so wichtig war. Es war nicht nur wegen Daichi, irgendetwas tief in ihrem Inneren wollte diesem Land helfen und es beschützen. „Ich kann ein Treffen organisieren, doch wie deine Begleitung schon angesprochen hatte, wird dies nicht gefahrlos möglich sein. Überall wird nach dem General und seinen Männern gesucht.“ Dieses Risiko würde sie in Kauf nehmen müssen. „Wartet einen Moment hier, ich werde meinen Enkel losschicken. Er wird mit dem General in Kontakt treten und uns sagen ob er dem Treffen zustimmt und wann und wo es stattfinden wird.“ So schlimm war die Lage also schon, dass sie für solche Dinge Kinder benutzen mussten um unerkannt zu bleiben. „Alexej, bitte versuch nicht mich davon abzuhalten. Es ist die einzige Möglichkeit, wie wir das Blutvergießen jetzt noch stoppen können. Du hast es auf der Straße bemerkt, oder etwa nicht? Die Frustration und Angst der Menschen, sie war so präsent, dass ich dachten, ich könnte mit meinen Händen danach greifen. Wir brauchen diesen Aufschub, für Daichi, aber vor allem im Moment für Jean-Luc, der sich gerade im Palast befindet. Sollte es nun zu Kampfhandlungen kommen, dann wäre er im Lager unserer Feinde eingesperrt.“ Dann klingelte plötzlich ihr Telefon. Sie sah auf das Display, doch sie kannte die Nummer nicht, die ihr angezeigt wurde. „Hallo?“ Kurz war Ruhe an der anderen Leitung. „Ayumi? Hier ist Jean-Luc. Mein Handy wurde mir abgenommen, deswegen rufe ich von dem Telefon der Prinzessin an.“ Sie atmete erleichtert auf. Wenn die Prinzessin bereit war Jean-Luc mit ihrem Telefon sprechen zu lassen, dann war sie wirklich auf ihrer Seite. „Was gibt es? Hast du schon irgendetwas heraus gefunden?“ Er würde sicher nicht grundlos den Kontakt zu ihr suchen. „Sachiko soll mit dem König vermählt werden. Noch steht kein Termin und man zwingt sie auch nicht, doch sie wird in diese Richtung gedrängt. Sie selbst würde darauf gern eingehen. Sie erhofft sich so Einfluss auf den König nehmen zu können und alles wieder hinzubiegen. Was hältst du davon?“ Amy schloss die Augen und beschimpfte sich selbst für ihre Dummheit. Die ganze Zeit hatte sie überlegt was sie an dieser ganzen Geschichte störte und dabei das Wesentliche übersehen, endlich hatte das letzte Puzzlestück in ihrem Kopf seinen Platz gefunden. „Jean-Luc, ihr müsst dort sofort weg. Schnapp dir die Prinzessin und verschwinde aus dem Palast. Ihr Leben ist dort in Gefahr. Ich werde alles Weitere erklären wenn ihr es sicher hinaus geschafft habt. Geht nicht zurück ins Hotel, dort könnte es jetzt zu gefährlich sein. Bring sie in die amerikanische Botschaft. Ruf mich wieder an wenn ihr da seid, dann komme ich so schnell wie es mir möglich ist.“ Ihr Freund bestätigte ihr verstanden zu haben und sie legten wieder auf. Sie war wirklich ein solcher Idiot und würde sich für ihre Dummheit am liebsten selbst ohrfeigen. Hoffentlich schafften sie es sicher und unbemerkt aus dem Palast. Von hier aus konnte sie nichts für sie tun, sie konnte nur auf Jean-Luc vertrauen. „Was ist denn los?“ Mittlerweile war ihr Gastgeber zurück im Raum und sah sie undurchdringlich an. „Jean-Luc wird die Prinzessin aus dem Palast schmuggeln und in Sicherheit bringen. Sie sollte an den König vermählt werden und dann endlich hat dieses Puzzle für mich ein ganzes Bild ergeben. Zwar sind noch einige Dinge unklar, doch schließlich verstehe ich was hier vorgeht. Alexej ruf bitte bei Yang an und ich versuche Orell zu erreichen. Wir müssen unser Vorgehen anpassen.“ Ihr Bodyguard fragte nicht weiter nach, sondern wählte schon die Nummer. Als sie alle an der Leitung hatten schalteten sie den Lautsprecher an. „Yang ich brauchte Junichiro für einige Auskünfte.“ Sie brauchte dringend eine Bestätigung. „Ich bin schon da. Unser Freund ist auch dabei.“ Also saß Daichi mit da, aber würde den Mund halten. „Ich habe heraus gefunden was genau los ist. Ich frage mich wirklich wie wir etwas so Eindeutiges hatten übersehen können. Ich erkläre kurz mal wie die Lage hier aussieht. Wir haben 4 Parteien im Land die gerade um die Vorherrschaft kämpfen. Wir haben den König, die Beamten und Kammerdiener, also kurz gesagt den Palast. Dann haben wir General Mamoru Yosuda, der dafür kämpft Akiyama abzusetzen und Daichi auf den Thron zu setzen. Als dritte Partei haben wir die Revolutionäre mit Susumu Hattori an ihrer Spitze, sie wollen eine Demokratie gründen und die königliche Familie ausschalten. Und jetzt die wohl wichtigste Fraktion. Der Mann der anscheinend aus dem Hintergrund schon die ganze Zeit die Fäden gezogen hatte. Ich weiß nicht um wen es sich handelt, doch ich weiß worauf er es abgesehen hat. Er will Daichi als absoluten König auf den Thron setzen.“ Sofort fiel ihr Junichiro ins Wort. „Das ergibt keinen Sinn. Wieso sollte er den vorherigen König umbringen und Daichi die Schuld dafür geben, wenn er ihn auf dem Thron sehen will.“ Genau das war der Punkt, weswegen sie es anfangs auch nicht gesehen hatte. „Um ihn aus der Schusslinie zu bringen. Er hat gewartet, dass Daichi außer Landes war, bevor er mit seinem Plan begonnen hatte. Er wollte ihn in Sicherheit wissen.“ Wieder wurde sie unterbrochen. „Nein, dass ergibt noch immer keinen Sinn. Daichi stand doch schon an erster Stelle in der Thronfolge. Mit der Zeit wäre er so wie so König geworden.“ Ja, da war sie sich auch noch nicht so sicher, allerdings hatte sie dazu eine Theorie. „Dies ist jetzt nur meine Vermutung, doch gehen wir mal davon aus, dass sich Akiyama schon vorher von den Beamten und Kammerdienern hat beeinflussen lassen. Deswegen auch das Attentat auf Daichi. Wir wissen, dass viele dieser Männer die Hand aufhalten und Bestechungsgelder annehmen, so etwas wäre mit Daichi an der Spitze des Landes nie möglich gewesen. Nehmen wir also mal an, dieser Mann hat dies alles heraus gefunden und hat seinen Plan deswegen begonnen. Er hat den König ermorden lassen und Daichi die Schuld dafür gegeben, damit dieser ins Exil geschickt wird und somit in Sicherheit ist. Er befand sich zu dieser Zeit in der Obhut der Zhao Familie, die Kontakte auf der ganzen Welt haben, es war also perfekt. Nun war Daichi in Sicherheit und er musst nur noch Akiyama auf seine Seite ziehen und ihn zu all diesen verantwortungslosen Entscheidungen bringen. Er bringt das Volk absichtlich gegen den derzeitigen König auf, damit es hilfesuchend nach einem neuen und gerechten Herrscher schreit. Das wäre dann wohl der Punkt, an dem er Daichi zurück ins Land holen würde um ihn wie einen Helden feiern zu lassen, der seinen tyrannischen Bruder besiegt hat und wieder Frieden ins Land bringt. Wer auch immer dieser Mann sein sollte, er ist auf jeden Fall ein Fanatiker. Ein normal denkender Mensch würde nie so viele Opfer seines eigenen Volkes in Kauf nehmen nur damit Daichi als heldenhafter König den Thron besteigt.“ Nun hatte ihr Gastgeber einen Einwand. „Gehen wir davon aus, dass es wirklich jemanden gibt, der den König aus dem Hintergrund lenkt, wäre es dann nicht sinnvoller, davon auszugehen, dass er für die Revolutionäre arbeitet? All das was der König getan hat, schreit gerade danach sich gegen die Krone zu erheben. Wieso glaubst du also, dass es ein Fanatiker ist, dessen Fanatismus sich auf Daichi richtet?“

„Vater?“ Stimmt Amy hatte nicht erzählt, wo sie sich gerade befanden. „Hallo Sohn. Wir können später miteinander sprechen.“ Genau, sie sollten beim Thema bleiben. „Wäre der Mann ein Revolutionär, dann hätte er mit seinem Anschlag auf den König gewartet, bis Daichi wieder im Land war und ihn dann für die Tat hinrichten lassen. Doch Daichi wurde nur ins Exil geschickt, man hatte nicht mal seine Auslieferung verlangt und es hat auch keine weiteren Attentäter gegeben. Was noch dafür spricht, ist dass Sachiko an Akiyama vermählt werden soll. Sie wäre auch noch eine Anwärterin auf den Thron, doch wenn sie die Frau vom König ist, wird sie zusammen mit ihm untergehen und all ihre Macht verlieren sobald Daichi zurück kommen würde. Sie hätte als die Frau des Tyrannen absolut keine Unterstützung vom Volk und wäre somit ohne Blutvergießen aus dem Weg geräumt. Vielleicht würde er ihr sogar noch einige Verbrechen des Königs anhängen.“ Wirklich wieso war ihr diese offensichtliche Sache nicht vorher aufgefallen. Fanatiker waren gefährlich und sie mussten jetzt mit noch mehr bedacht vorgehen. „Ayumi, ich möchte, dass du mit den nächsten Flug zurück kommst. Die ganze Sache ist wesentlich gefährlicher als wir anfangs angenommen hatten. Wenn dies wirklich das Werk eines Fanatikers ist, dann wird er gnadenlos alles und jeden aus dem Weg räumen, der ihm in die Quere kommen könnte. Deine Position als Erbin von Cooper Multi-Industry Company wird dich nicht schützen können.“ Das war ihr auch bewusst, doch sie konnte jetzt nicht einfach wieder gehen. „Erstmal muss ich warten, dass Jean-Luc die Prinzessin sicher zur Botschaft bringt. Außerdem werde ich mich noch mit dem General treffen und versuchen ihn davon abzuhalten, nun schon anzugreifen. Danach werde ich erstmal zurück kommen. Solange wir nicht wissen wer genau die Fäden zieht, können wir so wie so nichts unternehmen. Das wichtigste im Moment ist es einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Ich verspreche vorsichtig zu sein, aber ich werde nicht einfach so feige ins nächste Flugzeug steigen. Nicht wenn es noch Dinge gibt, mit denen ich helfen kann.“ Und daran würde auch niemand etwas ändern können.

Yang rang um seine Fassung. Er war überzeugt, dass Ayumis Einschätzung der Lage korrekt war. Wie es schien hatten sie alle etwas übersehen und sie hatte die richtigen Schlüsse gezogen. Doch die Erkenntnisse, dass es einen Fanatiker gab, machte die Situation für Ayumi nur noch gefährlicher. Mathew hatte ihm und Junichiro die Wahrheit erzählt, er war wirklich der Sohn von Masuyo no Kami Shima und somit Ayumi die rechtmäßige Königin. Sollte dieses Geheimnis ausgerechnet jetzt aufgedeckt werden während sie im Land war, würde sie es nicht mehr lebend verlassen können. Auch Junichiro neben ihm sah angespannt aus und hatte wohl die gleichen Gedanken wie er. „Okay, du kannst den General treffen und in der Botschaft auf Jean-Luc und die Prinzessin warten. Aber sobald sie da sind kommt ihr sofort zurück.“ Die Leibwache hatte ihm die Worte aus dem Mund genommen und Ayumi versprach so schnell wie möglich zurück zu kommen. Dann legten sie wieder auf und erst jetzt fiel Yang auf wie blass Daichi geworden war. „Alles in Ordnung?“ Eigentlich eine überflüssige Frage, hatte er doch gerade erfahren, dass all die Tote wohl für ihn geopfert worden sind. „Nichts ist in Ordnung. Doch ich überlege gerade um wen es sich handeln könnte. Wenn es einer meiner Anhänger ist, dann müsste ich ihn kennen.“ Das wäre naheliegend, immerhin musste es ja auch jemand sein, der eine entsprechende Position hatte, sonst hätte er nicht an den König heran kommen können. „Dann denk in Ruhe darüber nach und ich versuche mit den Informationen die wir jetzt schon haben einen Plan zu entwerfen.“ Am besten einen, bei dem Ayumi nicht noch mal zurück nach Kami Shima musste.

„Pack eine kleine Tasche zusammen, wir müssen aus dem Palast flüchten. Lass dir Kleidung deiner Kammerzofe bringen, am besten etwas mit Kapuze damit du dein Gesicht verstecken kannst. Wir warten bis es dunkel wird und verschwinden dann von hier und gehen zur amerikanischen Botschaft.“ Sachiko sah ihn verwirrt an. „Dein Leben ist in Gefahr. Die Hochzeit mit dem König soll deinen Untergang einleiten. Mehr weiß ich im Moment auch nicht. Meine Freunde draußen werden uns alles genauer erklären, wenn wir sie erstmal treffen. Jetzt tu bitte was ich dir gesagt habe.“ Sofort begann sie mit den Vorbereitungen und Jean-Luc atmete erleichtert auf. Er hatte schon mit einer Diskussion gerechnet. „Darf ich dir eine Frage stellen?“ Kurz sah Sachiko ihn an und nickte bevor sie sich weiter auf ihre Aufgabe konzentrierte. „Wieso hast du mich hierher eingeladen? Oder besser gefragt, schon davor hast du mich mit Informationen versorgt. Wieso? Solltest du mich nicht hassen, dafür was ich dir damals angetan habe?“ Die Prinzessin kicherte kurz bevor sie ihm direkt in die Augen blickte. „Ich habe dich nie wirklich gehasst. Ich war am Boden zerstört, als du mich damals einfach so verlassen hast, ich war enttäuscht, traurig, hatte Selbstzweifel und war auch wütend, doch gehasst habe ich dich nie. Ein paar Wochen nach dem du einfach so verschwunden bist, gab es im Palast eine Party und ein Mann sprach mich an. Er fragte ob bei mir alles in Ordnung sei, er hat wohl gesehen, dass ich mit meinen Gedanken nicht wirklich anwesend war. Wir unterhielten uns kurz und er legte mir väterlich die Hand auf den Kopf und begann von dir zu erzählen. Er hat mir von deinen Eltern erzählt und wozu sie dich gezwungen haben. Was für ein Leben du geführt hast und wohl auch den Rest deines Lebens führen würdest. Er meinte, dass selbst wenn du es jemals schaffen solltest aus diesem Gefängnis zu entkommen, du nie wie ein normaler Mensch würdest lieben können. Ich solle dich aufgeben und für dich und dein Wohlergehen beten und mir einen Mann suchen mit den ich den Rest meines Lebens glücklich sein kann. Ich habe zwar bis jetzt noch nicht diesen einen Mann gefunden, doch ich habe mir seine Worte sehr zu Herzen genommen.“ Wer konnte dieser Mann nur gewesen sein? Nur die Menschen an die seine Eltern ihn verkauft hatten, wussten von diesen Geschäften, aber solche Männer würden so etwas nie gegenüber der Prinzessin erwähnen. „Wer war der Mann?“ Wieder begann sie zu kichern. „Es war Mathew Cooper. Ich stehe bis heute noch mit ihm in Kontakt. Wir telefonieren bestimmt einmal die Woche miteinander. Er hat mir auch erzählt, dass du deine Freiheit bekommen hast.“ Ayumis Vater hatte also schon die ganze Zeit Infos gehabt, die sie hätten gebrauchen können? Wieso hatte er sie dann nicht mit ihnen geteilt? Und wusste Sachiko, dass sich ihr Cousin in der Obhut von Ayumi befand? „Dann weißt du also auch, dass seine Tochter mich hier her begleitet hat?“ Sie nickte und rief nach ihrer Kammerzofe und ließ sich alles bringen was sie benötigte. Den Rest konnte er auch noch später heraus finden. „Es gibt einen Notausgang in allen Gemächern der Königsfamilie, durch diesen Tunnel können wir ungesehen verschwinden. Allerdings würden wir dann mitten in der Innenstadt landen, also sollten wir wirklich warten bis es dunkel geworden ist.“ Gut, damit hatten sie zumindest einen sicheren Weg hinaus. Jetzt konnten sie nur hoffen, dass niemand auf der anderen Seite des Tunnels auf sie warten oder erkennen würde.

Die Nacht war herein gebrochen und Amy schlich mit Alexej dem Enkel von Arata Kitano, dem Vater von Junichiro, hinterher. Er würde sie zum General bringen. Eigentlich wollte der Alte Mann mitkommen, doch eine zu große Gruppe würde zu sehr auffallen, deswegen würde er zu einem späteren Zeitpunkt mit seinen anderen zwei Söhnen hinter her kommen. Sie liefen nun schon seit über einer halben Stunde durch dunkle Gassen und Amy war sich nicht sicher, ob sie so wirklich nicht auffallen würden. Immerhin war dieses Verhalten doch höchst auffällig. Außerdem hatte sie schon die ganze Zeit das Gefühl beobachtet zu werden. „Alexej, kann es sein, dass wir verfolgt oder beobachtet werden?“ Er nickte kurz und sie blieben stehen. „Einer auf dem Dach, zwei hinter uns und noch mal einer der sich in der Gasse vor uns rechts versteckt.“ Vier Verfolger also und auch noch von drei Seiten. Sie konnten nicht alle gleichzeitig ausschalten. Einer würde sicherlich entkommen. „Was machen wir?“ Selbst wenn sie nun nicht zum General gehen würden, sondern zurück ins Hotel würden sie Amy verfolgen und somit ihre Identität aufdecken. Sobald dies geschieht würde sie sich nicht mehr frei im Land bewegen können. „Wir müssen sie ausschalten.“ Sie hatte es befürchtet. Alexej griff nach seiner Waffe. „Versuch sie nicht zu töten. Ich kümmere mich um den Mann auf dem Dach. Lass uns bis zur Gasse gehen und dann kümmere dich um die Männer auf dem Boden.“ Die Gasse war nicht mal einen Meter breit, sie würde sich also leicht mithilfe der Wände aufs Dach klettern können. „Verstanden.“ Sie setzten sich wieder in Bewegung. „Noch mal. Bitte versuch sie nicht umzubringen. Die Menschen in diesem Land sind unschuldig.“ Ihr Bodyguard nickte und dann kamen sie auch schon in der Gasse an und er schaltete den ersten Mann aus, während Amy sich beeilte aufs Dach zu kommen. Sie brauchte keine 20 Sekunden und rannte so schnell sie konnte dem Flüchtigen hinterher. Sie würde ihn nicht mehr erreichen. Widerwillig griff sie nach dem Dolch in ihrem Rücken und warf ihn. Sie traf sein Bein und er fiel zu Boden. Jetzt würde er ihr nicht mehr entkommen können, schnell eilte sie zu ihm und sah sich seine Wunde genauer an. Der Dolch steckte in seiner Wade fest, sicherlich schmerzhaft und wenn er Pech hatte würde er später Schwierigkeiten beim Laufen bekommen, doch es war nicht lebensgefährlich. Amy riss den unteren Rand ihres Umhangs, den sie von Arata Kitano bekommen hatte ab und zog dann mit einem Ruck ihren Dolch aus dem Bein, bevor sie den Stoffstreifen so fest sie konnte darum band. „Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht verletzen. Bitte kommen Sie jetzt einfach mit mir mit, damit ich Ihnen nicht noch mehr Schmerzen zufügen muss.“ Der Mann nickte und sie band seine Hände mit einem weiteren Stoffstreifen zusammen. So, wie konnte sie jetzt mit diesem Mann ungesehen wieder zurück zu Alexej? Sie half ihm auf die Beine und stützte ihn beim Laufen ab. „Wie kommen wir ungesehen zurück in die Gasse?“ Er schüttelte den Kopf. „Sicher, dass Sie nicht runter wollen um nach ihren Kameraden zu sehen?“ Ihr war bewusst, wie dreckig dieser Trick war, doch er funktionierte, denn er führte Amy wieder zurück und dann eine Treppe in die Gasse hinunter. Als sie bei Alexej ankamen hatte er die anderen drei Männer schon verbunden und gefesselt. Zwei hatten Schüsse im Bein und der letzte eine Wunde an der Schulter oder würde man diese Stelle noch als Arm bezeichnen? Sie war sich nicht wirklich sicher, es war auf jeden Fall nur ein Streifschuss.. „Wir sollten die Männer mit uns nehmen. Wir können sie nicht einfach hier lassen oder umbringen.“ Ihr Bodyguard nickte und stützte die zwei mit den Beinverletzungen während sie weiter ihren Verletzten stützte. „Ich sage es gleich. Bitte versuchen Sie nicht wegzulaufen oder um Hilfe zu schreien. Ich möchte Sie nicht weiter verletzen und ich verspreche Ihnen, dass Ihnen niemand etwas antun wird. Sie haben mein Wort darauf. Auch, dass ich einen Arzt besorgen werde, der sich um Ihre Wunden kümmern wird.“ Ihre Ansage schien gewirkt zu haben, denn sie kamen ohne weitere Zwischenfälle am Unterschlupf des Generals an. Vielleicht hatten diese Männer aber auch von Vornherein nicht vor gehabt davon zu laufen. Kaum traten sie ein zeigten die Waffen aller Anwesenden auf sie und Alexej stellte sich schützend vor Amy. „Arata Kitano hatte mich angekündigt. Wir sind auf unserem Weg hierher auf Verfolger gestoßen und haben sie deswegen mitgebracht. Wäre es möglich einen Arzt kommen zu lassen, damit sich um die Wunden gekümmert wird?“ Ein Mann kam auf sie zu und nahm ihr den Mann den sie stützte ab. „Schnappt euch die Anderen, bringt sie ins Nebenzimmer und kümmert euch um ihre Verletzungen.“ Dann reichte er den Mann einfach weiter und Bewegung kam in den Raum. Sofort wurden die Männer weggeschafft, der Mann der zuvor noch die Ansage gemacht hatte setzte sich und zeigte mit seiner Waffe auf den Stuhl neben sich. Amy setzte sich neben ihn. „Als Arata davon gesprochen hatte, dass jemand mit mir über unser Vorhaben und den Prinzen sprechen möchte, da hatte ich nicht damit gerechnet, dass es sich dabei um ein kleines Mädchen handeln würde.“ Amy sah dem General in die Augen und erkannte in seinen Augen keinerlei Spott. Er schien diese Aussage nicht als Beleidigung gemeint zu haben, er war einfach nur aufrichtig verwundert darüber. „Mein Name ist Ayumi Cooper. Daichi ist ein guter Freund von mir und ich bin seinetwegen her gekommen um mir ein besseres Bild über die derzeitige Lage im Land zu machen.“ Die Augen des Mannes leuchteten auf. „Geht es unserem Prinzen gut?“

„Ja, ihm geht es gut. Zumindest so gut es ihm gehen kann, wenn man die Lage betrachtet in der sich sein Land befindet. Deswegen würde ich euch bitten, von einem Angriff auf den Palast abzusehen. Mit einem Bürgerkrieg ist keinem geholfen und die die am meisten darunter werden leiden müssen, werden unschuldige Bürger sein.“ Amy klärte den Mann über ihren Verdacht auf, dass es einen Fanatiker gab, der Daichi als eine Art Heldenkönig auf den Thron bringen möchte. „Wir sollten diesem Mann nicht noch zusätzlich in die Hände spielen. Wir sind gerade dabei zu ermitteln um wen es sich handelt, bis es soweit ist bitte ich euch, keine kämpferischen Handlungen einzuleiten.“ Lange dachte der Mann nach. „Ist dies auch der Wunsch des Prinzen?“ Sie könnte ihn anrufen, doch sie wollte noch nicht verraten wo genau er sich aufhielt. „Er betrauert jeden einzelnen Todesfall in seinem Land. Er möchte nicht, dass weitere Bürger verletzt werden und hofft noch immer auf eine friedliche Lösung dieses Problems. Es muss ihn sehr geschockt haben zu erfahren, dass all dieses Blut nur seinetwegen vergossen wurde. Ich bitte euch, sein Gewissen nicht noch weiter zu belasten, indem ihr für ihn in den Krieg zieht.“ Sie hatte die Männer im Raum überzeugt, da war sich Amy sicher, sie konnte es in ihren Gesichtern sehen. „Wir werden uns zurück halten. Doch wir werden uns weiter auf den Kampf vorbereiten. Sobald ihr den Namen des Schuldigen habt, werden wir bereit sein.“ Weiter würden sie wohl nicht nachgeben. „Verstanden.“ Dann ging die Tür erneut auf und Arata trat mit zwei Männern ein. Amy nickte Alexej zu und er ging hinaus um zu überprüfen, ob diese Männer verfolgt wurden. „Zwei auf dem Dach gegenüber und einer in der Gasse links.“ So ein Mist. „Ich übernehme das Dach du den in der Gasse.“ Wirklich jetzt, so ein Mist. Es würde auffallen, dass sieben Männer, die anscheinend den Kitano Haushalt überwachen sollten, verschwunden sind. Sie machten sich auf den Weg und Amy schaffte es dieses Mal ganz ohne Blutvergießen die Männer gefangen zu nehmen. „Sie haben anscheinend das Haus überwacht in der Hoffnung zum General geführt zu werden. Die Leute werden bemerken, dass diese Männer fehlen und auch wissen, dass die Familie Kitano mit drin steckt. Am besten ihr sucht für euch und eure Familie einen Unterschlupf. Es tut mir leid, euch mit rein gezogen zu haben.“ Es bestand immerhin auch die Möglichkeit, dass sie zu ihrem Haus verfolgt wurde. „Ich muss mit den Gefangenen sprechen.“ Genau, es war auch möglich, dass Amy überwacht worden war und das würde bedeuten, dass jemand von ihr und der Verbindung zu Daichi etwas ahnte. Allerdings kam es anders als vermutet. Die Männer hatten sie wirklich verfolgt und beobachtet, doch sie waren nicht wegen Daichi hinter ihr her gewesen. Nein, sie waren hinter ihr persönlich her gewesen. Sie waren Sicherheitsleute von Richard William MacGrey, also James´ Vater. Wieso ließ er sie überwachen, was erhoffte er sich davon? Auf jeden Fall erhöhte diese Entwicklung die Gefahr für sie und sollte Yang davon erfahren würde er sie zur Not selbst aus diesem Land schaffen.



Kapitel 12


Drei Tage waren sie nun schon im Unterschlupf des Generals. Jean-Luc war sicher mit der Prinzessin in der amerikanischen Botschaft angekommen und Yang hatte seine Kontakte spielen lassen, damit sie erst einmal dort bleiben konnten. Orell war mit seinem Vater bei einigen Treffen mit Beamten und Kammerdienern gewesen und bestätigte, dass sie alle die Hand aufhielten. Sie nahmen Bestechungsgelder entgegen und gaben wichtige Posten an ausländische Firmen ab um sich selbst zu bereichern. Sie hatte sich etwas mit den Menschen in der Stadt vertraut gemacht und fühlte sich wirklich wohl zwischen diesen Soldaten. Sie waren zwar alle harte Kerle, doch sie kämpften für ihre Mitbürger und ihre Familien, für ein besseres Leben aller. „Amy wir müssen langsam wirklich wieder los und zurück ins Hotel und dann nach Hause. Wir können hier Momentan nichts mehr ausrichten.“ Alexej hatte Recht, doch es fühlte sich falsch an, diese Männer einfach so zurück zu lassen. „Hör auf Alexej. Du hast schon mehr als genug für uns getan. Du hast uns die Gefühle unseres Prinzen überbracht und uns gezeigt, dass wir dir wichtig sind. Wir werden deine Freundlichkeit und Gefühle nicht vergessen. Wir würden es uns nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen sollte, nur weil du uns weiter unterstützen wolltest.“ Sie gab sich geschlagen. Vielleicht wäre es wirklich sinnvoller erstmal zurück nach Hause zu fliegen und einen richtigen Plan auszuarbeiten. „Verstanden. Ich werde heute Nacht gehen. Aber ich verspreche, dass ich zurück kommen werde. Wir machen einen Plan und dann bringen wir diesem Land seinen Frieden zurück.“

Jean-Luc hatte gerade einen Anruf bekommen, dass Ayumi diese Nacht zurück kommen würde und sie dann zurück in die USA fliegen würden. Ein Stein fiel ihm vom Herzen, zu wissen, dass sie bald wieder in vollkommener Sicherheit sein würde. Sachiko würde hier in der Botschaft bleiben. Hier war sie sicher und sie mussten davon ausgehen, dass man ihr die Ausreise verbieten würde. „Ich weiß jetzt wer der Drahtzieher hinter allem ist. Allerdings kann ich es noch nicht wirklich fassen.“ Endlich. Diese Information würde er allerdings erst mit den Anderen teilen, wenn sie wieder auf dem Anwesen der Coopers waren. Die Gefahr war zu groß, dass Ayumi sich weigern würde das Land zu verlassen, wenn sie wüsste, wer hinter allem stand. „Wer ist es?“ Die Hände der Prinzessin zitterten und Jean-Luc zog sie zum Sofa und drückte sie darauf, dann holte er ihr ein Glas Wasser. „Der oberste Tempeldiener Takeo Ogata. Er steckt hinter all dem. Der Mann der den König jede Nacht besucht ist kein anderer als der oberste Tempeldiener Takeo Ogata.“ Diese Enthüllung schien Sachiko wirklich mitzunehmen. „Wer ist das genau?“ Jean-Luc wusste, dass sie auf Kami Shima eine einzigartige Religion hatten. Sie glaubten an einen Erdgott, weswegen ihnen die Erde auch heilig war und sie immer Handschuhe trugen um nicht aus Versehen, mit dem heiligen Boden in Berührung zu kommen. „Er ist genau das wonach es sich anhört. Er ist der Tempeldiener mit der höchsten Stellung in unserer Religion. So in etwa wie der Papst für die Katholiken. Es ist bekannt, dass er Daichi schon immer verehrt hat, da er grüne Augen hat. Nach der Entstehungsgeschichte unseres Landes, war der erste König, über das Meer gereist und hatte beschlossen sich hier niederzulassen. Er selbst soll ein Gott gewesen sein, der über die Erde gebieten konnte. Auch seine Augen sollen grün gewesen sein. Immer wieder kam es in unserer Linie vor, dass es einen König mit diesem Merkmal gab und immer wurde behauptet, sie seien die Reinkarnation des Gottes. Deswegen hat Takeo Ogata schon immer besonders auf Daichi geachtet, doch ich hätte nie vermutet, dass er so viele Opfer in Kauf nehmen würde, nur um ihn auf den Thron zu setzen. Denn jetzt da ich weiß, dass er dahinter steckt, bin ich mir sicher, dass er all dies nur für Daichi getan hat. So ein Idiot, als ob mein Cousin glücklich darüber sein würde, unter solchen Umständen König zu werden.“ Na klasse, ein Fanatiker mit religiösen Hintergrund, schlimmer konnte es wirklich nicht werden. „Wie können wir ihn aufhalten?“ Sie mussten nur diesen einen Stein aus dem Spiel nehmen, dann würden sie wieder die Oberhand bekommen. Alles was dann noch blieb war, sich der Korruption zu entledigen. „Gar nicht. Nach dem König ist er der mächtigste Mann im Land. Er verlässt den Palast nie und den Tempel nur zu ganz besonderen Anlässen. Ohne einen Kampf mit den Wachen des Palastes gibt es kein Herankommen an diesen Mann.“ Nun gut, sie würden sich einen Plan überlegen, wenn sie alle zusammen waren. Es gab immer einen Schwachpunkt den man angreifen konnte. „Ich werde heute Nacht zurück in mein Hotel gehen und dann auch gleich das Land verlassen. Wir werden versuchen uns einen Plan zu überlegen. Ich möchte, dass du hier in der Botschaft bleibst. Draußen ist dein Leben in Gefahr und wir werden dich noch brauchen, wenn wir diesen Mann loswerden und dieses Land retten wollen.“ Sie nickte langsam und Jean-Luc war zufrieden. Bald würde er auch endlich wieder bei Ayumi sein. Er wusste nur zu gut, dass er nicht normal war, doch er hatte sie die letzten Tage unheimlich vermisst.

Nach zwei Wochen zurück in der Heimat hatten sie noch immer keinen Plan entwickeln können um diesen obersten Tempeldiener auszuschalten. Sie waren so viele Möglichkeiten durchgegangen, doch es endete immer damit, dass es viele Tote auf beiden Seiten gab. Um nicht weiter aufzufallen lebten sie alle ihr Leben normal weiter, weswegen Amy nun mit Rachel beim Baseballspiel von Shane war. Es war sein letztes Spiel bevor er aufs Collage gehen würde und es gab eine Masse an Zuschauern. Shane hatte ein Stipendium bekommen und war glücklich auch weiter spielen zu können, er hatte sogar Einladungen zum Try-Out der Majors bekommen, doch abgelehnt. Er wollte erst eine gute Ausbildung haben bevor er sich als Profispieler versuchen wollte. Er hatte immer gemeint, dass er lieber den sicheren Weg gehen würde, immerhin gab es keine Garantie wie gut und lange er würde dann in den Majors spielen können. Er könnte sich in seiner ersten Saison verletzten und würde dann vor dem Nichts stehen, wenn er kein Studium in der Tasche hätte. Amy hielt dies für eine sehr weise und erwachsene Entscheidung, allerdings konnte man auch nicht wissen, ob er es später wirklich noch schaffen würde. Nun ja es war wohl egal wie er es gemacht hätte ein Glücksspiel. Jetzt feuerten sie ihn erst einmal für sein letztes Spiel an. Sie befanden sich schon im 7ten Inning und Shane hatte es geschafft noch nicht einen Run zuzulassen, doch ihre Gegner waren hartnäckig und er musste wesentlich mehr Bälle werfen als gewöhnlich. Andauernd schlugen sie seine Würfe ins Foul und verhinderten so, dass er sich die einfachen Outs holte. Die Batter waren gute Spieler mit wirklich guten Augen und Shane wurde immer erschöpfter auf dem Mount. Seine Kameraden riefen ihm immer wieder Ermunterungen zu, doch wenn es so weiter ging, war es nur eine Frage der Zeit bis er Runs zuließ. Ein Pitcher hatte es wirklich nicht leicht, nur ein schlechter Wurf konnte die Hundert Guten davor zunichte machen. Es war nicht nur körperlich anstrengend, es gab auch einen enormen mentalen Druck. Amy spürte auf einmal ein ungutes Gefühl im Magen und ihr Nacken kribbelte. Sie kannte dieses Gefühl, so hatte sie sich immer gefühlt, wenn ihre Meister sie aus dem Hinterhalt angegriffen hatten. Doch konnte sich hier im Stadion mit so vielen Menschen drum herum wirklich jemand befinden, der ihr Schaden wollte? Mit dieser Masse würde es doch viel zu viele Zeugen geben. Wenn jedoch ein Schuss fallen würde, würden sich die Menschen erst einmal selbst in Deckung bringen und nicht weiter auf den Schützen achten, also vielleicht doch nicht so abwegig. „Rachel, würdest du bitte hier bleiben? Ich werde mir mal eben etwas zu trinken holen. Möchtest du auch etwas?“ Sie schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder voll auf ihren Bruder. Das war gut, sollte wirklich irgendwo eine Bedrohung für sie sein, dann wäre es sicherer für ihre Freundin wenn sie nicht in ihrer Nähe wäre. Und ausgerechnet heute war sie wirklich mal allein unterwegs. Alexej hatte sie zwar her gefahren, war dann aber wieder verschwunden, da er etwas für Yang erledigen musste. Alle waren sich einig gewesen, dass sie im Stadion sicher sein würde und deswegen endlich mal wieder etwas allein mit Rachel unternehmen konnte. Amy stieg die Treppen hinauf zum Durchgang, welcher sie dann wieder eine Treppe runter bringen würde, wo es Essens- und Getränkestände gab. Wenn sie jemand angreifen wollte, dann wäre dieser Treppendurchgang die perfekte Lage. Das Spiel war gerade auf dem Höhepunkt seiner Spannung, weswegen niemand dort sein würde. Sie ging in den Schatten und blieb dann an die Wand gelehnt stehen. Da draußen die Sonne schien, würde er sie im Schatten nicht sehen können, da seine Augen sich noch nicht an den Lichtwechsel gewöhnt hatten. Dies war ihre beste Möglichkeit ihn auszuschalten. Leider kam es anders, ein Mann kam ihr wirklich hinterher, doch er trug eine Sonnenbrille, welche er im Schatten sofort abnahm, womit seine Augen keine Anpassungsphase hatten. Er entdeckte sie sofort und richtete die Waffe auf sie. Amy reagierte augenblicklich und trat seine Hand weg, doch die Waffe ließ er nicht los. Sie kämpfte so gut sie konnte, doch auf der Treppe war dies gar nicht so einfach, immerhin musste sie auch immer darauf achten, dass die Waffe in seiner Hand nicht auf sie zeigte. Amy konnte ein paar gute Treffer landen, doch dieser Mann schien sehr gut ausgebildet zu sein und erwischte sie auch ein paar Mal gekonnt. Und dann, es war wirklich nur für eine Sekunde, verlor Amy die Waffe aus den Augen, da sie sich vor einem Schlag wegducken musste. Diesen Augenblick verpasste ihr Angreifer nicht und schoss ihr zwei Mal in den Bauch bevor er sich einfach mit den Worten: „Jetzt ist er endlich wieder frei.“, von ihr abwendete und das Stadion verließ. Amy sackte in sich zusammen und atmete abgehackt gegen den Schmerz an. Hatte sie nicht mal irgendwo gehört, dass ein Schussopfer meist nichts von den Schmerzen mitbekam, da es unter Schock stand? Bei ihr war dies jedenfalls nicht der Fall, sie konnte die Schmerzen nur zu deutlich spüren. Sie sah an sich hinab und erblickte die Wunden. Ein Schuss war nur ein Streifschuss an ihrer linken Seite und der Zweite war nur 3 oder 4 Zentimeter davon entfernt. Wenn sie also Glück hatte, war nichts wirklich Lebenswichtiges verletzt worden. Sie drückte ihre Hände auf die Wunde, doch wenn nicht bald Hilfe kommen würde, dann würde sie an Blutverlust sterben. Amy versuchte aufzustehen, doch sie schaffte es nicht, ihre Beine konnten einfach keine Kraft aufbringen. Ihr wurde schwummrig und sie verlor das Bewusstsein.

Orell war auf dem Weg zum Spiel von Shane. Rachels Bruder hatte so viel für ihn getan und ihm so sehr geholfen, dass er sich sein letztes Spiel ansehen wollte. Leider hatte er zuvor noch einen Termin wahrnehmen müssen und würde wohl nur noch das Ende des Spiels zu sehen bekommen. Vor dem Stadion angekommen bezahlte er den Taxifahrer und ging hinein. Amy und Rachel würden wie immer auf den Plätzen hinter dem Catcher sitzen, dort wo sie sich zuvor kennen gelernt hatten. Orell lächelte bei der Erinnerung daran, wie Amy ihn damals angesprochen hatte und damit sein gesamtes Leben verändert hatte. Ohne sie hätte er seinen Traum aufgegeben und seinen Vater den Rest seines Lebens dafür verantwortlich gemacht. Irgendwann hätte er bestimmt begonnen ihn dafür zu hassen. Nun jedoch verstand er sich so gut wie noch nie mit ihm und er unterstützte ihn in seinem Vorhaben Profispieler zu werden. All dies nur wegen einem damals noch 14 jährigen Mädchens. Orell rannte die Treppen hinauf und stockte dann im Schritt als er Amy dort auf der Treppe liegen sah. Sofort eilte er an ihre Seite und ließ sich neben ihr Fallen. Sie sah schrecklich aus. Alles war voller Blut, ihre Lippe war aufgeplatzt, genau wie eine ihrer Augenbrauen. Doch das schlimmste war die Wunde an ihrem Bauch, aus der ihr unaufhörlich Blut rann. Orell zog sein Shirt über den Kopf und presste es mit einer Hand auf die Wunde, mit der anderen wählte er den Notruf auf seinem Telfon. Verzweifelt schrie er nach Hilfe, doch im Stadion war es so laut, dass ihn keiner zu hören schien. „Amy, du musst durchhalten. Du darfst nicht sterben.“ Tränen liefen ihm das Gesicht hinab und landeten auf seinen Händen, die Druck auf die Wunde ausübten. Es half nichts, in kürzester Zeit war sein Shirt voller Blut, er würde die Blutung so nicht stoppen können. Wo blieb nur der Krankenwagen? Was konnte er sonst noch für sie tun? Wie konnte er Amy nur helfen? „Amy, komm schon, mach deine Augen auf. Sieh mich an. Du schaffst das, du musst einfach. Ich bin mir sicher, du bist stark genug um das hier zu überstehen.“ Ein Schrei lenkte seine Aufmerksamkeit, für einen Augenblick von dem Mädchen am Boden ab. Rachel stand am Aufgang der Treppe und starrte entsetzt zu ihnen hinunter. „Komm her. Ich brauche irgendetwas womit ich bei ihrer Wunde Druck ausüben kann. Mein Shirt ist schon vollkommen durchgeblutet.“ Rachel bewegte sich noch immer nicht und Orell schrie sie an. „Jetzt komm schon her und hilf mir.“ Er wusste, dass es nicht fair war sie anzuschreien, doch er wusste im Moment selbst nicht wohin mit seinen Gefühlen. Das Mädchen, welches er liebte lag hier blutend vor ihm und er konnte ihr nicht helfen. Sie war schon ganz blass, aber sie atmete noch. Endlich setzte sich Rachel in Bewegung und zog sich ohne Scheu nun ihr eigenes Shirt über den Kopf. Nur im BH kniete sie sich neben ihn und reichte ihm den Stoff, während sie Amys Kopf auf ihren Oberschenkeln platzierte. Behutsam streichelte sie ihren Kopf und weinte still neben ihm. Orell tauschte schnell die Shirts aus und erhöhte noch mal den Druck um Amys Blut in ihrem Körper zu halten. Dann endlich, nach gefühlten Stunden kamen die Rettungskräfte und machten sich an ihre Arbeit. Sie übernahmen für ihn und legten sie auf die Trage. „Rachel, bleib hier und komm dann mit deinem Bruder zum Krankenhaus wenn das Spiel vorbei ist. Lass dir von ihm etwas zum Anziehen geben.“ Orell ging kurz zu einem der Verkäufer. „Können Sie bitte einen der Verantwortlichen holen und dafür sorgen, dass dieses Mädchen in den Umkleideraum ihres Bruders gebracht wird. Jemand sollte bei ihr bleiben, da sie unter Schock steht.“ Einer der Sanitäter unterbrach ihn. „Wir werden Sie beide mit ins Krankenhaus nehmen. Die Polizei wird Sie sicherlich auch befragen wollen.“ Okay, das würde auch gehen. Er nahm Rachel in den Arm und führte sie mit zum Krankenwagen. Jetzt würde alles wieder gut werden, es musste einfach. Amy durfte einfach nicht sterben. Er hörte wie der Fahrer sie im Krankenhaus ankündigte. „Ungefähr 16 jähriges Mädchen mit Prellungen und zwei Schusswunden im linken Unterbauch. Ihre Werte sind stabil, doch sie hat viel Blut verloren.“ Schusswunden? Natürlich war Orell klar gewesen, dass jemand versucht hatte Amy das Leben zu nehmen, aber er hatte mit einer Stichwunde gerechnet. Wie konnte jemand zwei Mal auf Amy geschossen haben, ohne bemerkt zu werden? Er musste Yang wissen lassen was passiert war. Wie von selbst wählte seine Hand die Nummer. „Amy wurde angeschossen, wir sind auf dem Weg ins Krankenhaus. Sie ist im Moment stabil.“ Er nannte noch den Namen des Krankenhauses und legte dann einfach wieder auf. Orell war gerade nicht in der Lage sich mit irgendjemandem zu unterhalten oder Fragen zu beantworten. Er betete stattdessen, Gott sollte Amy retten, sie ihm nicht entreißen.

Yang wusste nicht wie er sich in diesem Augenblick fühlte. Alles in ihm war taub geworden, als er von Orell die Nachricht erhalten hatte. Sein Gehirn schaltete auf Autopilot und er rief alle an, die von Ayumis Verletzung wissen mussten und packte eine Tasche für sie zusammen. Dann setzte er sich in seinen Wagen und fuhr ganz ruhig zum Krankenhaus. Alle waren schon da und warteten auf Neuigkeiten, alle außer Mathew und Daichi. Dem Prinzen hatte Yang nichts gesagt, damit er sich nicht auch noch einer Gefahr aussetzte. Wenn er von Ayumis Schusswunden hören würde, dann würde ihn niemand mehr davon abhalten können zu ihr zu gehen. Mathew hingegen, war gerade in Großbritannien und würde so schnell es ging zu ihnen stoßen. James stand in der Ecke und man sah ihm an wie viel Überwindung es ihn kostete im Krankenhaus zu sein, jedes Mal wenn jemand aufstand zuckte er zusammen. Doch seine Sorge um Ayumi schien größer zu sein als seine Angst vor Keimen. Orell saß Oberkörperfrei da und seine Hände waren voller Blut. Rachel lag in den Armen ihres Bruders und weinte still vor sich hin. Shane schien sich unwohl zu fühlen, er wusste wohl nicht wie er seine Schwester trösten sollte. Jean-Luc hingegen saß vollkommen entspannt mit geschlossenen Augen da, als würde ihn die ganze Sache nicht mitnehmen. Ein Arzt kam hinein und sah sich um. „Seid ihr Verwandte von Ayumi Cooper?“ Sofort war Yang zur Stelle. „Ich bin ihr rechtlicher Vormund, da ihr Vater momentan verreist ist.“ Der Arzt nickte und bat ihn mit ihm vor die Tür zu gehen. „Miss Cooper hatte zwei Schusswunden im linken Bauchbereich. Die Schüsse haben sie nicht lebensbedrohlich getroffen, allerdings hat sie sehr viel Blut verloren und ihr Herz ist einmal während der OP stehen geblieben. Wir konnten sie reanimieren und die Operation erfolgreich beenden. Sie liegt jetzt auf der Intensivstation und bekommt Breitbandantibiotika, damit wir eine Infektion ausschließen können. Wenn sie die nächsten 24 Stunden übersteht, sollte sie über den Berg sein.“ Ein Stein fiel ihm vom Herzen und er atmete erleichtert auf. Plötzlich gaben seine Knie nach und er landete auf dem Boden. Tränen liefen ihm übers Gesicht und sein ganzer Körper zitterte. Er war so unendlich erleichtert. Yang hätte nicht gewusst, was er getan hätte wenn Ayumi es nicht geschafft hätte. Jetzt da sie es überstanden hatte, würde auch alles gut werden. Sie war ein starkes Mädchen und würde es schaffen. Der Arzt half ihm auf die Beine und sah ihn besorgt an. „Ich danke Ihnen. Wirklich herzlichsten Dank. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Leben Sie gerade gerettet haben, indem sie Ayumi behandelt haben.“ So viele Leben waren mit diesem Mädchen verwoben. So viele Menschen würde es zerstören sie zu verlieren. Und ihn wohl als erstes. Zu lange war sie schon sein einziger Lebensinhalt. Ohne sie wäre er nicht mehr als ein Roboter seiner Verwandten. „Gehen Sie am besten zurück in den Warteraum und geben Ihren Freunden bescheid. Übermorgen können Sie Miss Cooper dann besuchen kommen.“ Yang bedankte sich erneut und verkündete dann die erleichternde Neuigkeit.

Einen Monate, einen ganzen verdammten Monat schon, lag Amy nun im Krankenhaus. Ihre Freunde besuchten sie zwar täglich, Jean-Luc war sogar die gesamte Besuchszeit da, aber alles woran sie noch denken konnte, war endlich aus diesem Zimmer raus zu kommen. Sie wollte spazieren gehen, die Sonne und den Wind auf ihrer Haut und in ihren Haaren spüren. Gleich würde sie wieder untersucht werden und der Arzt würde entscheiden ob sie endlich nach Hause konnte. Schon zwei Mal stand er vor dieser Entscheidung und zwei Mal hatte er beschlossen sie noch im Krankenhaus zu behalten. Angeblich gefiel es ihm nicht wie ihre Wunde aussah, doch Amy vermutetet mittlerweile stark, dass man sie nur wegen ihrer guten Versicherung da behielt. Als der Arzt dann endlich den Raum betrat und ihr freundlich zulächelte, wollte Amy nur die Worte hören, dass sie nach Hause durfte. „Guten Tag Miss Cooper. Ich werde mir Ihre Wunde ansehen und wir hoffen, dass wir Sie heute endlich entlassen können.“ Das wollte sie ihm auch geraten haben, denn sonst würde sie nach einem neuen Arzt verlangen und diesen Quacksalber verklagen. Schnell nahm Amy ihr Temperament wieder an die Leine und versuchte sich zu beruhigen. Sie war nicht ein so gehässiger und böser Mensch und sie sollte sich von ihren Gefühlen auch nicht zu unbedachten Taten verleiten lassen. Aber sie war wirklich kurz vorm Durchdrehen. Der Arzt löste ihren Verband und kontrollierte ihre Wunden, die schon vollkommen geschlossen waren und unschöne Narben auf ihrem Bauch hinterlassen hatten. „Das sieht sehr gut aus. Sie können heute endlich nach Hause gehen. Allerdings müssen Sie sich noch etwas schonen, mit einer solchen Verletzung ist nicht zu spaßen. Versprechen Sie mir also, es die nächsten zwei Wochen noch langsam anzugehen.“ Amy strahlte den Doktor an und nickte heftig. „Kein Problem, solange ich hier nur raus komme.“ Nun lachte der ältere Mann und überreichte ihr ihre Entlassungspapiere. „Ich danke Ihnen, dass Sie sich die ganze Zeit so gut um mich gekümmert haben, auch wenn ich keine leichte Patientin gewesen bin.“ Er lachte kurz auf und nach kurzem hin und her verabschiedete er sich von ihr und verließ das Zimmer wieder. „Kannst du mich nach Hause fahren?“, fragte sie Jean-Luc, der die ganze Zeit still an ihrer Seite gesessen hatte. „Selbstverständlich. Auch wenn es Yang nicht gefallen wird, dass du das Krankhaus verlässt, bevor er sich selbst mit dem Arzt hatte unterhalten können.“ Amy stand auf, suchte sich eine Jeans und ein Shirt aus ihrer Tasche und ging ins Bad um sich umzuziehen. Als sie wieder hinaus kam, hatte er schon all ihre Sachen in ihrer Tasche verstaut und sah ihr abwartend entgegen. Schnell stopfte sie noch ihren Pyjama dazu und Jean-Luc legte sich den Tragegurt um die Schulter. Als sie endlich im Wagen saßen atmete Amy erleichtert auf, erst jetzt fühlte sie wirklich, dass sie gehen konnte. Davor hatte sie die ganze Zeit noch die Befürchtung gehabt, dass sie doch noch jemand zurück halten würde. Während der gesamten Fahrt zum Anwesen ihres Vaters sah sie aus dem Fenster und dachte wieder einmal über ihren Angreifer nach. Er war asiatischer Herkunft gewesen und hatte chinesisch gesprochen. Jetzt ist er endlich frei. Amy kannte nur einen Menschen auf den dieses er zutreffen könnte. Yang war nun schon seit zwei Jahren beinahe ununterbrochen an ihrer Seite und wie es schien wurden einige seine Leute langsam ungeduldig. Amy konnte es ihm nicht sagen. Wie sollte sie auch? Yang fühlte sich für sie verantwortlich, wie würde er es wohl aufnehmen, wenn er erfuhr, dass seine Leute es waren, die sie hatten umbringen wollen? Und nahm sie ihm wirklich seine Freiheit? Wäre es vielleicht besser, wenn sie ihren Vater bat, Yang aus der Abmachung zu entlassen? „Was liegt dir auf dem Herzen?“ Sie konnte es Jean-Luc nicht sagen. Sie würde es niemand erzählen. Kein Blut sollte wegen ihr vergossen werden und sie war sich sicher, dass diese Männer an ihrer Seite, alles tun würden um alle Gefahren für sie auszuschalten. Auch Yang und es würde ihn umbringen gegen seine eigene Familie vorzugehen. „Nichts. Ich bin froh endlich nach Hause zu kommen.“ Kurz sah er sie mit erhobener Augenbraue an, bevor er sich wieder vollkommen auf den Verkehr konzentrierte. „Du bist eine schlechte Lügnerin, aber gerade hast du dir nicht mal wirklich Mühe gegeben.“ Bis jetzt hatte sie es auch noch nie nötig gehabt ihre Freunde zu belügen. Klar manchmal hatte sie gewisse Details für einen Moment verschwiegen, doch diese hatte sie dann immer aufgeklärt. Dieses Mal sah die Sache anders aus. „Ich habe nur an den Kampf mit dem Mann gedacht. Ich gehe ihn immer und immer wieder in meinem Kopf durch. Versuche heraus zu finden, wo ich einen Fehler gemacht habe. Hätte ich die Treppen verlassen sollen, um einen sicheren Stand zu haben? Dann hätte ich jedoch die Verkäufer in Gefahr gebracht. Hätte ich doch nur schon vorher meine Messer gezogen, als ich das Gefühl hatte eine Bedrohung zu spüren, vielleicht hätte ich so die Schusswunden verhindern können. Auch hatte ich einen gewissen Vorsprung und hätte einfach abhauen können, aber ich war mir ja nicht wirklich sicher, dass jemand hinter mir her war. Vielleicht war ich in diesem Moment auch arrogant genug zu glauben, ich würde es mit einem einzelnen Angreifer aufnehmen können, ich weiß es nicht.“ Diese Sachen waren ihr im Krankenhaus wirklich durch den Kopf geschwirrt und Amy hoffte, dass es Jean-Lucs überzeugen konnte. „Egal wie sehr du dir darüber den Kopf zerbrichst, es wird nichts an der Tatsache ändern, dass die Dinge so gelaufen sind, wie sie eben waren. Du hast es überlebt und das ist alles was für dich zählen sollte. Du hast auch keine bleibenden Schäden davon getragen und in ein paar Wochen wirst du wieder ganz die Alte sein.“ Amy hoffte es wirklich sehr, doch irgendwie musste sie trotzdem heraus finden, wer genau es auf sie abgesehen hatte um sich effektiv schützen zu können. Yangs Familie war sehr groß und Amy konnte sich nicht vorstellen, dass alle hinter ihr her waren. Dafür waren sie zu schlau und zu durchdacht. Niemals würden sie sich den Zorn ihres Vaters zuziehen wollen. Also musste es eine kleine Gruppe oder vielleicht sogar nur eine einzige Person sein, die ein Problem damit hatte, dass Yang auf Amy aufpasst. Anders hätte eine solche Aktion, niemals Yangs Augen und Ohren entgehen können. „Ja ich weiß. Es ist nur so frustrierend gerade jetzt so nutzlos zu sein.“ Damit bezog sie sich auf die Situation auf Kami Shima, die sich wieder einmal verschlimmert hatte. General Mamoru Yosuda hatte zwar sein Wort gehalten und hielt sich und seine Männer im Hintergrund und versteckt, doch Susumu Hattori hatte seinen ersten Zug gewagt. Sie hatten versucht, einige Verwandte der königlichen Familie gefangen zu nehmen und wurden dabei von den Wachen festgenommen und einen Tag später öffentlich hingerichtet. Die Angst und Unruhe im Land wurde immer schlimmer und soweit sie wusste, war sich der General nicht sicher, wie lange er seine Männer noch würde ruhig halten können. „Du willst wieder zurück, hab ich Recht?“ Erstaunt sah sie zu ihrem Fahrer und dachte über die Frage nach. Bis jetzt hatte sie sich darum keine Gedanken gemacht, da ihr klar war, dass Yang sie nie gehen lassen würde. Doch wenn sie die Wahl hätte? „Ja, ich würde gern zurück und den Menschen dort irgendwie helfen und sie unterstützen.“ Irgendwie hatte sie das Gefühl, noch nicht alles ihr Mögliche getan zu haben um diesem Land zu helfen. Wieso dies so war, obwohl sie keinerlei wirkliche Macht oder Einfluss besaß wusste sie nicht, doch sie konnte es auch nicht abschütteln. „Du musst dich noch zwei Wochen schonen. Bevor du nicht wieder vollkommen fit bist, wirst du niemandem eine Hilfe sein können. Wenn der Arzt sagt, dass du vollkommen wieder hergestellt bist und du keine Probleme hast, dann werde ich dir helfen.“ Meinte Jean-Luc das ernst? „Sieh mich nicht so an. Du weißt, dass ich einfach alles für dich tun und geben würde. Dir ist es wichtig dort zu sein, bei diesen Menschen. Ich verstehe zwar nicht wieso, doch ich merke wie sehr es dir am Herzen liegt. Wenn du dich also dazu entschließen solltest, zurück nach Kami Shima zu gehen, dann werde ich dir helfen und dich begleiten.“ Jean-Luc würde ihr wohl für die nächste Zeit nicht mehr von der Seite weichen.

Er hatte beschlossen bei ihr zu bleiben und für ihre Sicherheit zu sorgen, selbst wenn dies bedeuten würde, sich selbst als Schild für sie zu verwenden. Als er den Anruf von Yang bekommen hatte, war alles in ihm ganz ruhig geworden und er hatte sich auf den Weg zum Krankenhaus gemacht. Er hatte keine Angst gehabt, keine Panik oder ähnliche Gefühle. Er war vollkommen ruhig gewesen. Er hatte sich nicht gefürchtet, denn hätte Amy es nicht überlebt, dann wäre auch sein Leben vorbei gewesen. Ohne sie hätte er nicht weiterleben können und niemand hätte ihn dazu zwingen können, weswegen er keine Angst hatte. Wenn Amy es schafft, würde er glücklich sein, wieder Zeit mit ihr verbringen zu können. Wenn nicht, dann hätte er sich sein Leben genommen und wäre ihr auf die andere Seite gefolgt. Trotzdem hatte er nicht vor jemals wieder zuzulassen, dass sie in eine solche Gefahr geriet. All seine Kontakte suchten ununterbrochen nach dem Schützen, der einfach von der Bildfläche verschwunden war. Auch Yang, Orell, James und Mathew setzen alle Hebel in Bewegung, doch der Schütze blieb unentdeckt. Auch war ihnen nicht klar wieso es jemand auf Amy abgesehen haben könnte, immerhin wäre eine Entführung nachvollziehbar, doch ein Mord? Was für einen Vorteil konnte der Angreifer durch Amys tot haben? „Ich danke dir. Ich weiß es ist nicht leicht für dich und die anderen, dass ich so stur bin.“ Amy schien immer noch nicht verstanden zu haben, dass er einfach alles für sie tun würde und seine eigenen Gefühle dabei keine Rolle spielten. „Mach dir darum keine Gedanken. Wir tun all diese Dinge gern für dich. Weil du uns wichtig bist.“ Amy nickte mit Tränen in den Augen. „Wein nicht. Ich fahre gerade Auto und weiß nicht wie ich dich so trösten könnte.“

„Tut mir leid. Ich bin nur so glücklich, so außergewöhnliche Mensche an meiner Seite zu haben.“ Es war eher anders herum, sie waren alle froh Amy begegnet zu sein, denn sie hatte das Leben von ihnen allen verändert und zum Besseren gewendet. „Amy ich muss dich das einfach fragen und es tut mir wirklich leid, wenn es dich wieder aufwühlen sollte, aber hast du den Angreifer wirklich nicht erkannt? Hat er nicht irgendetwas gesagt? Hatte er irgendwelche körperlichen Merkmale?“ Alles was sie bis jetzt von Amy erfahren hatten war, dass es sich um einen Mann handelte der um die 1,85m groß war, dunkle Harre hatte, eine Jeans und ein graues Shirt getragen und eine Sonnenbrille auf hatte. Sie war sonst ein sehr aufmerksames Mädchen, Jean-Luc konnte sich einfach nicht vorstellen, dass dies wirklich schon alles gewesen war, was ihr aufgefallen war. Sie sah jetzt wieder aus dem Fenster und so verkrampft wie sie plötzlich war, hatte sie wirklich etwas mitbekommen, was sie vor ihnen nicht zugegeben hatte. Wieso verschwieg sie es ihnen, wenn es doch helfen könnte, den Angreifer zu stellen? Jean-Luc trat auf die Bremse und die Wagen hinter ihm hupten ihm wild zu, doch das war ihm in diesem Augenblick egal. Spielte einfach keine Rolle, bei dem Gedanken, der ihm gerade durch den Kopf gegangen war. Rache. Das war ein Grund Amy zu töten. „Was ist denn los?“, fragte Amy geschockt und blickte ihm mit aufgerissenen Augen entgegen. „Waren es meine Eltern? Sind sie für deine Verletzung verantwortlich?“ Sofort schüttelte sie den Kopf und man sah ihr die Verwunderung wegen dieses Gedankens an. „Wie kommst du denn darauf?“ Ein Stein fiel ihm vom Herzen, doch trotzdem blieb die Frage wieso Amy ihnen nicht alles erzählte. Hatte Amy sich noch andere Feinde gemacht? War James Vater nun soweit das er seine Rache mit dem Tot eines unschuldigen Mädchens haben wollte? Orells Familie liebte Amy und waren einfach froh, dass ihr Sohn ein so gutes Verhältnis zu ihr hatte. Daichis Familie hatte nichts mit Amy zu schaffen, immerhin sagten ihre Quellen, dass noch immer niemand wusste wo sich der wahre König aufhielt. Und die Zhao Familie profitierte von der Abwesenheit ihres Oberhauptes nun schon seit 2 Jahren. Ihre Gewinne waren in diesen zwei Jahren um einmal 4 Prozent und im Jahr darauf um 9 Prozent gestiegen, sie hatten keinen Grund sich die Coopers zu Feinden zu machen. „Du verheimlichst etwas und ich verstehe einfach nicht wieso, es sei denn du versuchst mit deinem Schweigen einen von uns zu schützen. Du hast meinen Eltern meinetwegen alles genommen und ich hatte für einen Augenblick befürchtet, dass sie sich deshalb an dir rächen wollten.“ Ein weicher Ausdruck erschien auf Amys Gesicht und sie legte ihm die Hand an die Wange, in die er sich sofort hinein schmiegte. „Nein, deine Eltern sind zurück nach Frankreich gegangen und haben nicht die Mittel jemanden auf mich anzusetzen. Ich habe jemanden auf sie angesetzt als sie das Land verlassen haben um ihre Schritte zu beobachten. Dieser Angriff war kein Akt der Rache. Er war etwas Persönliches und hatte nur mich als Ziel. Irgendjemand scheint mich wirklich nicht leider zu können.“ Den letzten Satz sagte sie mit so einer traurigen Stimme, dass Jean-Luc versucht war sie in seine Arme zu ziehen. Allerdings wurde das Hupen hinter ihnen immer lauter, weswegen er beschloss erstmal weiter zu fahren, wenn sie bei Amy zu Hause waren, würde er sie in Ruhe trösten können. Amys Aussage hatte allerdings seinen Verdacht bestätigt, dass sie irgendetwas über den Angreifer wusste, was sie ihnen nicht sagen wollte.

Endlich zu Hause angekommen wurde sie herzlich von allen begrüßt. All ihre Freunde waren da, auch ihr Vater war zu Hause und Junichiro war extra aus Seattle angereist. Sie hatten alle zusammen im Wohnzimmer gesessen und Kuchen gegessen und Amy wurde über alle Neuigkeiten aufgeklärt. Es fühlte sich gut an endlich wieder bei ihren Liebsten zu sein, es war entspannend und schenkte ihr innere Ruhe. Leider hielt dieser Zustand nicht lange an, als Amy wieder an Yangs Familie dachte. Sie musste ihn gehen lassen und ihr Magen zog sich bei dem Gedanken schmerzhaft zusammen. „Geht es dir gut, Kleines?“ Beruhigend lächelte sie ihren Vater an. „Ja, mir geht es gut. Die Narben ziehen nur noch ein wenig bei bestimmten Bewegungen.“ Jetzt hatte sie auch noch ihren Vater belogen, doch er war der letzte der von ihrer Vermutung erfahren durfte. „Ich würde gern etwas raus in dir Sonne. Junichiro, würdest du mich vielleicht auf einen kleinen Spaziergang begleiten?“ Er war der einzige dem sie sich in diesem Augenblick anvertrauen konnte. Er war zwar genau so beschützend wie ihr Vater doch wenn sie ihm das Versprechen abnehmen würde, sie die Sache regeln zu lassen, dann würde er ihr die Bitte nicht abschlagen. „Gern, mein Kind.“



Kapitel 13


Yang verstand nicht wirklich was Ayumi geritten hatte, gerade jetzt Urlaub bei ihrem Großvater zu machen, doch er würde sich auch nicht beschweren. Die Umstände auf Kami Shima machten ihm immer größere Sorgen. Und dass der Attentäter von Ayumi noch nicht gefunden werden konnte, belastete ihn zusätzlich. Er war also froh gewesen, als sie beschlossen hatte für die nächsten zwei bis drei Wochen bei Junichiro in Seattle zu bleiben. Nur er hatte sie begleitet und da das Haus von dem alten Mann ziemlich weit außerhalb der Stadt war, waren sie hier vor erneuten Angriffen sicher. Niemand wusste dass sie hier waren, außer dem engsten Kreis an Vertrauten und diese würden sich lieber selbst opfern, als zu verraten wo Ayumi sich gerade aufhielt. Doch Yang verstand einfach nicht wieso sie plötzlich aus New York weg wollte. Er hatte damit gerechnet sich wieder mit ihr streiten zu müssen, da sie zurück nach Kami Shima wollte, aber nichts. Sie fragte nicht mal nach der neusten Lage des Landes. Sie war mit Junichiro von ihrem Spaziergang zurück gekommen und hatte verkündet, dass sie und er gemeinsam mit Junichiro nach Seattle fliegen und sich dort für die nächsten Wochen verstecken würden. Hatte der alte Mann da seine Finger mit im Spiel, hatte er sie davon überzeugen können sich erstmal zurück zu ziehen und sich zu verstecken, bis sie alles aufgeklärt hatten? „Yang, was stehst du da so rum und starrst Löcher in die Luft? Wir wollten doch für das Mittagessen angeln gehen.“ Ayumi schien ganz aufgeregt zu sein und Yang schob seine Überlegungen zur Seite, ging zu ihr und nahm ihr die Ausrüstung ab. „Du scheinst deinen Spaß zu haben.“, neckte er sie. „Natürlich. Es fühlt sich so an wie damals in den Alpen. Nur wie beide, allein im Wald. Wir können machen worauf wir gerade Lust haben ohne uns um irgendetwas Sorgen zu machen. Kein lästigen Partys, keine Anstandsregeln, keine oberflächlichen Höflichkeiten, keine Zwänge, nur die Freiheit, zu tun und zu lassen wonach uns gerade der Sinn steht.“ Jetzt wo Ayumi es erwähnte, sie waren die letzen 2 Jahre zwar fast ununterbrochen zusammen gewesen, doch hatten nie wirklich Zeit für sich gehabt, wie zu seinen Besuchen in der Schweiz. Vielleicht sollte er wirklich den Kopf abschalten und es einfach genießen, Ayumi mal wieder ganz für sich zu haben. Immerhin könnte es das letzte Mal sein. „Wollte Junichiro nicht mitkommen?“ Besser er lenkte seine Gedanken nicht in ein so düsteres Gebiet. „Nein, er meinte er würde das Beschaffen der Fische den jungen Leuten überlassen und sich schon mal um den Rest des Essens kümmern.“ Plötzlich nahm Ayumi seine Hand in ihre und lief so mit ihm weiter schweigend durch den Wald auf den Fluss zu. Yang wusste nicht wirklich was er davon halten sollte. Natürlich waren sie als Kinder oft Hand in Hand durch die Gegend gelaufen, aber da waren sie eben noch Kinder. Er war schon lange erwachsen und auch Ayumi war mittlerweile zu einer jungen Frau herangewachsen, dieses Händchenhalten war keine unschuldige Geste mehr, zumindest nicht für ihn. Ob sie es jedoch genau so sah oder einfach nur in alte Verhaltensmuster zurück gekehrt war, konnte er nicht erkennen.

Amys Herz pochte aufgeregt, als sie nach Yangs Hand gegriffen hatte. Ihr war vollkommen bewusst, dass sie keine kleinen Kinder mehr waren und diese Geste nicht mehr angebracht war, doch sie wollte die letzte Zeit die ihr noch blieb ganz nah bei ihm verbringen. Junichiro hatte ihr auf dem Spaziergang seine Unterstützung zugesichert. Er würde mit ihrem Vater darüber sprechen Yang aus seinen Diensten zu entlassen, damit er zu seiner Familie zurück kehren konnte. Er würde sich irgendeine Ausrede einfallen lassen, damit ihr Vater nicht misstrauisch werden würde. Er hatte ihr auch erlaubt mit Yang bei ihm Urlaub zu machen. Solange Amy noch nicht vollkommen fit war konnte sie so wie so niemandem eine wirkliche Hilfe sein, also konnte sie diese letzten paar Wochen, auch gemeinsam mit Yang verbringen, bevor er sie verlassen würde. Sie wollte ihm nicht länger seine Freiheit nehmen. So oft hatte sie sich gewünscht ihm seine Freiheit zu schenken, damit er seiner Familie und all den Zwängen entkommen konnte. Nie hätte sie gedacht, dass es eines Tages sie sein würde, die ihn einschränkte. Aber diese paar Wochen würde sie egoistisch sein und ihm noch nehmen, danach konnte er gehen. Sie waren erst 4 Tage in Seattle, aber Amy war schon aufgefallen, dass sie zwar die vergangenen zwei Jahre mit Yang verbracht hatte, doch sie nie zusammen waren, wie in ihrer Kindheit. Immer gab es etwas zu tun, sei es nun Arbeit, Schule, Training, ihre Freunde, Partys, nie hatten sie wirklich allein Zeit verbracht. Sie hatte es vermisst ihm so nah zu sein und offen mit ihm reden zu können. Sie hatten sich in der Schweiz nie gestritten, doch seit sie in New York war, waren sie immer wieder aneinander geraten. Amy wollte ihren Sturkopf durchsetzen und ihren Freunden helfen und Yang wollte sie immer nur in Sicherheit wissen, leider hatten sich diese Wünsche nicht gut miteinander vertragen. Jetzt waren sie wieder zu ihrem alten Verhalten zurück gekehrt. Sie stritten sich nicht mehr, sondern genossen die Zeit gemeinsam einfach. Amy hatte sich am vergangenen Abend mit Junichiro über ihrer Erkenntnisse und ihre Befürchtungen unterhalten, als Yang ein geschäftliches Telefonat geführt hatte. Ihr Großvater hatte ihr geduldig zugehört und immer wieder gelächelt, wenn sie darüber sprach, dass sie zum Glück immer noch die Alten waren und sie ihn schrecklich vermissen wird wenn er erst wieder weg war. Amy hatte es nicht wirklich verstanden, doch Junichiro hatte sie dann eine Weile ruhig angesehen und ihr eine Frage gestellt. Hast du dich denn schon mal gefragt wieso du so empfindest? Anfangs hatte sie die Fragen nicht wirklich verstanden. Also natürlich konnte sie dem Wortlaut folgen, doch wieso ihr Großvater ihr diese Frage überhaupt gestellt hatte, erschloss sich ihr nicht. Die liebte Yang, er war Familie für sie, natürlich war sie glücklich ihn bei sich zu haben und würde traurig sein, wenn sie sich wieder von ihm verabschieden musste. Er war zusammen mit ihrem Vater, Nozomi und ihren Großeltern die einzige Konstante in ihrer Kindheit gewesen. Sie war mit seinen Besuchen aufgewachsen, er war wie ein großer Bruder. Dieser Gedanke war der Punkt an dem Amy stockte. War Yang wirklich wie ein Bruder für sie? Nein, mittlerweile fühlte er sich nicht mehr danach an. Aber er war auch kein Freund wie Orell, James oder Jean-Luc. Yang war mehr, aber doch keine Familie. Was war er dann für sie? Was empfand sie für ihn und wieso empfand sie so für ihren ältesten Freund. Junichiro grinste sie noch mal an und überlies sie dann einfach ihren Gedanken, während er sich ein Buch nahm und las. Also setzte Amy ihre Überlegungen fort. Sie liebte Yang, sie fühlte sich in seiner Umgebung immer sicher und geborgen. Ihm konnte sie sich immer anvertrauen ohne sich Gedanken darum machen zu müssen, dass er sie falsch verstehen könnte. Er kannte sie besser als sonst jemand auf der Welt, sogar besser als ihr eigener Vater und Amy würde behaupten, dass dieses Wissen auf Gegenseitigkeit beruhte. Ein Leben in dem Yang keine Rolle mehr spielte, war für sie einfach unvorstellbar. Amy hatte immer gedacht, dass auch wenn dieses Spiel eines Tages vorbei sein würde, sie trotzdem noch zusammen sein würden. Natürlich nicht mehr so oft wie zuvor, aber sie würden in Kontakt bleiben und immer wieder mal ihre Zeit zusammen verbringen. Doch war dies wirklich der Fall? Die letzten zwei Jahre hatte sie mit Yang nicht mehr so ein inniges Verhältnis gehabt wie zuvor, sie war abgelenkt gewesen von ihren neu gewonnenen Freundschaften und Yang war wirklich eher so etwas wie ein Aufsichtsperson für sie geworden, als ein Freund. Hier in Seattle hatten sie zwar etwas zu ihrer alten Verbundenheit zurück gefunden, aber würden sie wirklich in Kontakt bleiben, wenn Yang sie verließ? Sie war nicht mehr allein in den Alpen wo er sie besuchen konnte, wenn er mal frei hatte. Sie war in die Gesellschaft eingeführt worden und hatte nicht mehr so viel Freizeit wie zuvor. Sie hatte Veranstaltungen, Partys und Treffen an denen sie für ihren Vater teilnehmen musste und je älter sie wurde, desto mehr Verantwortung würde sie tragen müssen. Würden sie sich dann nur noch auf geschäftlichen Ereignissen sehen und unterhalten können? Schmerzhaft hatte sich ihre Brust bei diesem Gedanken zusammen gezogen. Sie wollte Yang nicht verlieren, er sollte nicht aus ihrem Leben verschwinden. Sie liebte ihn und konnte nicht ohne ihn leben. Da endlich verstand sie was Junichiro mit seiner Frage bezweckt hatte. Yang war für sie so selbstverständlich geworden, einfach ein normaler Teil ihres Lebens, dass sie nie wirklich darüber nachgedacht hatte, was er für sie bedeutete. Dankbar ging sie zu ihm hinüber, umarmte ihn von hinten und gab ihm einen Kuss auf den Kopf. „Ich danke dir.“ Nachsichtig nickte er und strahlte ihr aus freundlichen Augen entgegen. „Nicht der Rede wert. Nutze die Zeit hier um dir einen Plan zurecht zu legen um zu bekommen was du möchtest.“ Und das hatte sie auch die ganze Nacht getan. So viel war ihr im Kopf herumgespukt, dass sie einfach keine Ruhe gefunden hatte. Am Ende hatte sie beschlossen erst Mal alle Probleme aus der Welt zu schaffen, begonnen damit, dass Yang zu seiner Familie zurück musste. Amy wollte, dass der Mann dem sie ihr Herz schenkte, sich aus freien Stücken dazu entschloss bei ihr zu bleiben und nicht weil er einen Deal mit ihrem Vater hatte. Dann musste sie einen Weg finden um Daichi auf den Thron zu setzen und somit die Unruhe auf Kami Shima zu beenden. Und sie musste noch einen guten Weg finden, wie sie den Männern in ihrer Umgebung erklärte, dass sie das Spiel nach der Suche für einen Ehemann aufgeben würde. Sie liebte diese Männer, doch es war eine familiäre Liebe und keine romantische. „Willst du deine Angel nicht auswerfen?“ Mittlerweile waren sie beim Fluss angekommen und Yang hatte seinen Haken schon im Wasser. Amy befestigte den Köder am Haken und warf ihn aus. „Du warst gerade so in Gedanken. Liegt dir irgendetwas auf dem Herzen?“, fragte er fürsorglich wie er nun mal war. „Alles bestens. Ich genieße nur die Zeit hier draußen allein mit dir. Wir hatten seit ich von den Alpen weg bin nicht mehr die Zeit dazu uns mal wirklich zu entspannen. Nur wie beide allein, so wie früher.“

„Darüber hatte ich vorher auch nachgedacht, dass es wirklich schon eine Weile her ist und dass es einem gar nicht so aufgefallen ist, dass wir zwar immer zusammen waren, aber eben nicht so wie früher. Unsere Zeit war angefüllt mit Besprechungen, Partys, Veranstaltungen und Verabredungen, dass es uns wohl gar nicht bewusst war, wie sehr sich unser Umgang miteinander verändert hat.“ Yang war es also auch aufgefallen, nun wo sie wieder zurück bei ihren alten Gewohnheiten waren. „Wir sollten diese Zeit nutzen und genießen, sobald wir wieder zurück sind, wird der ganze Trubel wieder von Vorn beginnen.“ Abschätzend sah er sie nun an und schien ergründen zu wollen, was sie nun schon wieder vor hatte. „Keine Angst, ich werde schon nichts Dummes tun. Einmal im Leben angeschossen zu werden, reicht mir.“ Dies schein ihn zu beruhigen. Amy hatte keine Angst vor einer erneuten Auseinandersetzung, auch hatte sie keine Angst erneut verletzt zu werden, aber sie hatte gesehen wie sehr es alle mitgenommen hatte, dass jemand versucht hatte sie zu erschießen. Das nächste Mal würde sie bedachter vorgehen und keine Rücksicht nehmen. Würde sofort ihre Messer ziehen und notfalls ihren Gegner töten, um sich zu schützen. Allerdings dachte Amy nicht, dass es noch mal zu einem Attentat kommen wird, sobald Yang wieder zurück bei seiner Familie war. „Meine Kontakte haben eine Spur zu deinem Angreifer und es ist nur noch eine frage der Zeit bis wir wissen, wer hinter dir her ist und aus welchem Grund.“ Amy schluckte angestrengt um ihre enge Kehle wieder frei zu bekommen. „Lass uns hier nicht über solche Dinge reden. Wir sollten diese Zeit unbeschwert genießen. Die Probleme werden bis wir wieder zurück in New York sind auch auf uns warten.“

Yang gab Ayumis Bitte nur zu gern nach, doch ganz konnte er es nicht aus seinen Gedanken verbannen. Etwas zog an seiner Angel und langsam holte er die Schnur ein, um den Fisch nicht wieder zu verlieren. Als er die Forelle heraus geholt und in den Eimer mit Wasser getan hatte sprang Ayumi lachend in seine Arme und drückt sich an ihn. Ihm blieb nichts anderes übrig als die Angel fallen zu lassen um ihre Oberschenkel halten zu können, die sie um seine Hüften geschlungen hatte. „Herzlichen Glückwunsch zu deinem Fang.“, sagte sie leise an seinem Ohr, was eine Gänsehaut an seinem Nacken verursachte. Langsam ließ er sie wieder runter auf den Boden und blickte ihr dann in ihre wunderschönen olivgrünen Augen. Dann geschah etwas womit er in seinem gesamten Leben nicht gerechnet hatte und noch weniger, nach diesen zwei Jahren an ihrer Seite. Ayumi stellte sich auf ihre Zehspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, bevor sie sich ruckartig umdrehte und wieder nach ihrer Angel griff. Sie sah ihn nicht an, sondern auf den Fluss. Eine leichte Röte zog sich über ihre Wangen, was Yang bestätigte, dass er sich diesen Kuss nicht einfach nur eingebildet hatte. Wieso hatte Ayumi ihn geküsst? Egal von welcher Seite er es betrachtete, es ergab einfach keinen Sinn. Ayumi sah ihn als einen strengen und überbehütenden großen Bruder, er selbst war dafür verantwortlich, dieses Bild in diesem Mädchen erweckt zu haben. War dies ein Gratulationskuss für einen Bruder? Dagegen sprach aber, dass sie rot geworden war. „Willst du nach dem einen Fisch schon aufhören?“ Yang schüttelte den Kopf und setzte seinen Körper wieder in Bewegung, der seit diesem Kuss einfach erstarrt war. „Da ein Fisch für drei Personen zu wenig ist, wäre es wohl besser wenn ich weiter machen würde.“ Also nahm er seine Angel vom Boden, befestigte einen neuen Köder und warf sie wieder aus.

Sie waren nun schon 16 Tage in Seattle und am nächsten Tag würden sie nach New York zurück fliegen. Ayumi war noch mal bei einem Arzt gewesen, der bestätigt hatte, dass ihre Verletzung vollständig geheilt war und sie wieder vollkommen fit war. Das Mädchen hatte dies, ganz zum Leidwesen von Yang, zum Anlass genommen, ihr Training wieder aufzunehmen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte sie sich noch ein paar Tage ausruhen sollen und nicht gleich wieder mit Kampftraining beginnen sollen. In diesen Tagen hatte sich irgendetwas zwischen ihnen verändert, Ayumi suchte ständig seine Nähe und berührte ihn oft. Wenn sie auf dem Sofa saßen kuschelte sie sich an ihn, wenn sie liefen, hielt sie seine Hand, wenn sie irgendetwas taten berührte sie ihn immerzu flüchtig. Es war schön, doch noch war Yang sich nicht sicher was diese Veränderung in Ayumis Verhalten zu bedeuten hatte. Sie hatte ihn nicht erneut geküsst und er war sich einfach nicht sicher, ob dieser Wandel wirklich etwas zu bedeuten hatte oder er sich einfach in seinen Wünschen verstrickte. Vielleicht bildete er sich das alles auch nur ein, weil er sich so sehr wünschte, dass sie ihn als Mann und potenziellen Liebhaber sah und nicht als einen Kindheitsfreund oder großen Bruder. „Lasst mich noch ein Foto machen, bevor ihr morgen geht. Eine Erinnerung an diese besondere Zeit der Veränderungen.“ Hatte Junichiro ihm gerade zugezwinkert? Ayumi kam zu ihm und legte ihm den Arm um die Taille, dann sah sie zu ihrem Großvater und lächelte. Vorsichtig legte er einen Arm um sie und blickte zur Kamera. „Sehr schön seht ihr aus.“ Er würde Junichiro bitten, ihm das Foto per Mail zu schicken. Diese Erinnerungen allein mit Ayumi würde ihm niemand mehr nehmen können. Junichiro kam nun zu ihnen und positionierte sie um, er wurde hinter Ayumi geschoben, mit seinen Armen um ihren Bauch geschlungen und seinem Kinn auf ihrer Schulter. „Ja das ist einen schöne Pose.“ Yang atmete nun den natürlichen Duft von seiner Liebe ein, sie roch nach Wald und Honig. Ayumi drückte sich gegen seine Brust und er schloss die Arme noch etwas fester um sie, dies geschah ganz automatisch und er konnte es nicht verhindern. Er wollte sie nicht wieder gehen lassen, wollte nicht zurück in ihr Leben, wo sie nicht zusammen sein konnten, weil Mathew ihn nicht für würdig hielt seine Tochter zu heiraten und seiner Familie, die ihn immer mehr bedrängte, dass er zurück zu ihnen sollte. Hier konnten sie unbeschwert und glücklich Leben, ohne Verpflichtungen, ganz wie früher in ihrer Kindheit und vielleicht, ganz vielleicht würde Ayumi sich in ihn verlieben können, würde ihn als Mann und nicht mehr als den Jungen von früher wahrnehmen. In New York würden sie wieder zurück in ihre Rollen fallen, wo er ihr Aufpasser war und sie das neue Aushängeschild für Cooper Industrials. „Schickst du mir die Fotos wenn du sie runtergeladen hast?“ Jetzt hatte Ayumi die Frage schneller stellen können, als er. Noch immer standen sie da wie Junichiro sie hatte haben wollen, Yang wollte diese Nähe noch nicht aufgeben und auch Ayumi machte keine Anstalten sich aus seinem Griff befreien zu wollen. Er hatte eher das Gefühl sie entspannte sich in seinen Armen und wenn er sich nicht täuschte, hatte er sie gerade verzückt seufzen gehört. Langsam zweifelte er wirklich an seinem Verstand, er wusste nicht mehr was er sich einbildete und was die Realität war.

Am Abend bekam er noch einen Anruf seines Onkels und war deswegen vor die Tür gegangen. Er hatte wirklich nicht vorgehabt zu lauschen, doch als er zurück gehen wollte, hatte er es zufällig gehört und war dann vor der Tür stehen geblieben. „Du hast dich also entschieden?“ Darauf bekam Junichiro keine Antwort weswegen er davon ausging, dass Ayumi nur genickt hatte. „Ich freue mich für dich. Jetzt wo du deine Entscheidung getroffen hast, kannst du das Spiel beenden und hast dazu auch noch gewonnen. Hast du dir schon überlegt was du dir von deinem Vater wünschen willst?“ Weiter hörte Yang nicht zu, er verließ das Haus und setzte sich auf die Stufen vor dem Haus und sah in den Wald hinaus. Ayumi hatte sich entschieden und da Junichiro davon gesprochen hatte, dass sie gewonnen hatte, hieß dies, sie würde Orell, James, Daichi oder Jean-Luc zum Mann nehmen. Wie es schien hatte er sich diese ganze Annäherung von ihr nur eingebildet, es war so wie er befürchtet hatte. Er hatte es sich so sehr gewünscht, dass er ihr Verhalten falsch gedeutet hatte. Tief in sich spürte er wie etwas zerbrach und ihn als leere Hülle zurück ließ.

„Wieso denn gewonnen? Ich gebe dieses Spiel auf, immerhin war Yang nie einer der Kandidaten gewesen die Dad für mich ausgewählt hatte.“ Ihr Großvater sah sie nun freundlich tadelnd an, wie ein Kind, das einen grundlegenden Denkfehler in einer Matheaufgabe gemacht hatte. „Die Juwelen die dir dein Vater an diesem Tag geschenkt hat, stehen je für einen seiner Auserwählten.“ Dann sah er sie abwartend an, doch sie wusste nicht worauf er hinaus wollte. „Ich weiß, deswegen ist Yang keine davon.“ Jetzt schüttelte er seufzend den Kopf. „Wie viele Juwelen hast du an diesem Tag von deinem Vater geschenkt bekommen.“ Amy dachte nach, doch sie kam einfach nicht darauf was er von ihr wollte. Sie hatte einen Saphir, einen blauen Topas, einen Smaragd und einen blaugrünen Opal bekommen. „Was ist mit deiner Kette?“ Langsam griff sie nach dem Anhänger, ein schwarzer Diamant. Ihr Vater hatte ihn ihr geschenkt als Entschuldigung dafür dass er sie hatte von der Schule nehmen müssen. „Du meist, Yang war die ganze Zeit Teil des Spiels?“ Sie drehte den Stein in ihren Händen und dachte noch mal an den Tag zurück. Ihr Vater hatte nie von vier Männern gesprochen, er hatte immer gesagt, dass für jeden Edelstein den er ihr geschenkt hatte, ein Mann seiner Wahl stand. „Genau. Da Yang schon so lange Teil deines Lebens war und damit er nichts von seiner Wahl wusste, hat Mathew dir diese Kette geschenkt um davon Abzulenken. Von allen Männern ist Yang der mit den größten Einschränkungen. Seine ganze Loyalität liegt bei seiner Familie, er kann nichts dafür, so wurde er nun mal erzogen, doch wenn er dich haben möchte, dann muss er für dich kämpfen und dich an seine erste Stelle packen, sonst würden wir dich ihm nicht anvertrauen können. Du siehst es sicherlich ganz ähnlich, deswegen willst du ihn gehen lassen. Du tust dies sicherlich nicht nur um ihm seine Freiheit zurück zu geben und sicher zu gehen, dass es kein erneutes Attentat auf dich gibt. So ein Feigling bist du nicht. Nein, du möchtest, dass der Mann den du liebst sich aus freien Stücken für sich entscheidet, egal was seine oder deine Familie davon halten mag. Deswegen ließ Mathew ihn in dem Glauben er wäre keiner der Auserwählten, er wollte, dass er um dich kämpft. Deswegen hat er ihn dir auch zur Seite gestellt. Leider hat er seine Sache bis zu diesem Urlaub nicht wirklich gut gemacht. Er hat den Auftrag einfach erfüllt und als dein Aufpasser fungiert, mehr aber auch nicht.“ Amy dachte darüber nach und Junichiro hatte Recht. Vielleicht wollte Yang sie aber auch gar nicht. Sie konnte unmöglich so eingebildet sein und davon ausgehen, dass Yang sie eben so sehr lieben musste wie sie ihn. „Lass uns von etwas anderem reden. Yang wird sicher gleich zurück kommen.“



Kapitel 14


Amy schlich durch die dunkle Gasse gefolgt von Alexej, Junichiro und Jean-Luc, welcher sich geweigert hatte sie ohne ihn gehen zu lassen. Sie hatten die frühere Palastwache mit ins Land schmuggeln können und waren nun auf dem Weg zum General, der sie schon erwarten müsste. Sie hatten einen Plan entworfen, um den obersten Tempeldiener gefangen zu nehmen. Daichi war noch immer auf ihrem Anwesen in New York, doch stand ein Flugzeug bereit ihn jederzeit in sein Land fliegen zu können. Eigentlich hatte er sofort mit ihnen mitkommen wollen, doch sein Kammerdiener Seiichiro hatte ihn davon überzeugen können, dass er abwarten und auf den richtigen Zeitpunkt würde warten müssen. Zumindest nahmen alle das an. Orell war wieder mit seinem Vater auf der Insel und auch James war da um irgendwelche Verhandlungen für seinen Vater zu führen. Amy hatte also all ihre Verbündeten an ihrer Seite, nun ja fast alle. Yang war nach ihrer Rückkehr nach New York wie von ihr gewünscht aus seinem Deal mit ihrem Vater entlassen worden und war auch nach einer kühlen Verabschiedung einfach abgereist. Seit dem hatte Amy immer wieder versucht Kontakt zu ihm aufzunehmen, doch es nie geschafft. Noch redete sie sich ein, dass es an seiner Arbeit lag, immerhin war er lange Zeit fort gewesen und würde sicher einiges zu erledigen haben. Sie versuchte die Gedanken zu verdrängen, sie würden sie nur erneut traurig machen und sie musste ihre volle Konzentration auf ihren Auftrag richten. „Versteckt euch.“ Junichiro drängte sie in eine kleine Gasse, als eine Patrouille an ihnen vorbei lief. Alle hielten die Luft an, um ja keinen Laut von sich zu geben, was ein gemeinsames Aufatmen zur Folge hatte, als die Männer endlich aus ihrer Sicht verschwunden waren. „Es sind verdammt viele Soldaten in der Stadt unterwegs. Wir sollten uns beeilen.“ Niemand hatte etwas gegen Alexejs Aussage einzuwenden. Wie die Mäuse huschten sie ungesehen durch die Gassen, bis sie es nach fast einer Stunde und noch weiteren Fastbegegnungen mit den Patrouillen, endlich zum Unterschlupf vom General geschafft hatten. Freudig begrüßten die Soldaten Amy und ihre Begleiter und verlangten sofort das Neuste von ihrem Prinzen zu erfahren. Junichiro, der viele dieser Männer kannte klärte sie über alles auf. Viele konnten die Identität des Drahtziehers nicht wirklich fassen, doch niemand stellte seine Worte in Frage. „Wie sieht der Plan aus?“, fragte Mamoru auch gleich. „Wir schleichen uns durch einen der geheimen Tunnel in den Palast und von dort aus weiter in den Tempel. Dort warten wir auf unsere Gelegenheit Takeo Ogata gefangen zu nehmen. Danach wird ein Teil der Männer ihn aus dem Palast schaffen und gefangen halten, bis die andere Gruppe zu Akiyama vorgedrungen ist und ihm hoffentlich die Augen öffnen kann. Wenn nicht wird auch der jetzige König gefangen genommen und wir verkünden die Rückkehr des wahren Königs.“ Amy war von diesem Plan nicht so sehr überzeugt wie die Männer, doch sie hatte versprochen sich heraus zu halten und in Sicherheit zu bleiben. Denn wenn sie ganz ehrlich war, dann hätte sie Daichi gern mit her gebracht. Natürlich verstand sie wie gefährlich es für ihn sein würde, doch wer würde einem König folgen wollen, der Tausende von Kilometern entfernt in Sicherheit wartete, bevor er einen Schritt wagte? Außerdem glaube Amy, dass wenn es jemand schaffen konnte, zu Akiyama durchzudringen, es sein Bruder wäre. Deswegen hatte sie auch heimlich mit Jean-Luc und Daichi einen Plan ausgearbeitet, wie sie ihn nach Kami Shima bringen konnten. Junichiro hatten sie mithilfe gefälschter Papiere und einer guten Verkleidung einschleusen können. Daichi jedoch war im Frachtraum ihres Flugzeugs mitgeflogen und hatte sich so versteckt. Jean-Luc hatte die Wartungsarbeiter bestochen, damit der Prinz später sicher den Flieger verlassen konnte und ihn dann zur amerikanischen Botschaft zu seiner Cousine gebracht. Der Botschafter war ein alter Freund ihres Vaters und hatte ihr versprochen für seine Sicherheit zu sorgen, bis sie ihn abholen würde.

James starrte auf die Dokumente die sein Vater ihm so eben triumphierend überreicht hatte. Eigentlich hätte er gar nicht im Land sein dürfen, hatte er doch Verhandlungen mit einem Investor in Englang gehabt und James deswegen nach Kami Shima geschickt. „Damit habe ich endlich die Erklärung darauf, was vor all den Jahren wirklich abgelaufen ist. Mit diesen Beweisen kann ich Mathew Cooper stürzen und seine Brut gleich mit.“ Alles in James wurde kalt, als er daran dachte, was diese Information in den falschen Händen für Ayumi bedeuten würde. „Du kannst diesen Bericht unmöglich öffentlich machen.“ Sein Vater war zwar ein gnadenloser Geschäftsmann, aber selbst mit all seinen Rachegefühlen, konnte er doch unmöglich das Leben eines unschuldigen Mädchens gefährden. „Natürlich kann ich das. Mit dieser Information wird sich der Königshof von Cooper distanzieren und wir bekommen endlich was uns schon vor 28 Jahre zugestanden hätte.“ Er war verrückt geworden, eine andere Erklärung gab es für das Verhalten und die Denkweise seines Vaters einfach nicht mehr. „Sie würden Ayumi umbringen. Du kannst doch unmöglich so kalt sein, dass dir das Leben eines unschuldigen Mädchens gar nichts bedeutet.“ Sein Vater begann schallend zu lachen an und James war sich sicher, dass bei diesem Mann jede Hilfe zu spät kam. Er hatte sich so sehr in seinen Hass und Groll gesteigert, dass er nicht mehr klar denken konnte. „Dieses Mädchen bedeutet mir nichts und Cooper kann sie ja wieder verstecken wie all die Jahre zuvor wenn er angst um sie haben sollte.“ Wie es aussah hatte sein Vater noch keine Ahnung, dass sich Ayumi im Land befand. „Und was genau, gedenkst du jetzt mit diesen Informationen anzufangen?“ Eigentlich wusste er es schon, doch er würde es nicht zulassen. Wenn er sich zwischen seinem Vater und Ayumi entscheiden musste, dann stand seine Entscheidung fest. Ayumi machte ihn heil, sie gab ihm das Gefühl, dass er seine Krankheit hinter sich lassen konnte, half ihm darüber hinweg. Sie war immer da wenn er sie brauchte, selbst wenn er kurz vor einem Anfall stand und sie deswegen mitten in der Nacht anrief, damit sie ihn beruhigte. Was hatte sein Vater schon jemals für ihn getan? Er hatte mit seiner Mutter geschlafen und ihn gezeugt, er trug die Hälfte seiner DAN in sich, aber mehr verband ihn mit diesem Mann nicht. Er hatte sich nie um ihn gekümmert, ihn stattdessen bei seinen schrecklichen Schwestern gelassen. Er war zu keiner seiner Schulaufführungen gekommen, nicht mal zu seinem Abschluss, weder der der High School noch von der Universität. Danach hatte er ihn zu sich in die Firma geholte und ihn wie einen Angestellten behandelt und ihn zu seinem Vorteil zu irgendwelchen Verhandlungen und Partys geschickt. Dieser Mann hatte sich seine Loyalität nicht verdient. „Ich habe morgen einen Termin mit einigen Palastbeamten, denen werde ich diesen Bericht geben.“ James schloss kurz seine Augen und atmete einmal tief durch. „Gut, ich werde dich begleiten.“ Erfreut verließ sein Vater den Raum und war wohl wirklich überzeugt davon, dass James seine Ansichten teilte. Es war nur ein Beweis mehr, wie wenig diese Person ihren eigenen Sohn kannte. Schnell ging er aus ihrer Suite und fuhr nach oben wo er zu Orells Zimmer ging. Dieser ließ ihn hinein und sofort als er sicher war, dass sie allein waren wählte James Ayumis Nummer.

Amy saß mit Alexej, Jean-Luc, Junichiro, seinem Vater und Mamoru zusammen und besprach das genaue vorgehen. Bald würde sie ihnen mitteilen müssen, dass sich Daichi bereits auf der Insel befand und sie begleiten würde. Als ihr Handy klingelte unterbrachen sie das Gespräch, Amy nahm ab und stellte gleich den Lautsprecher an. „Was gibt´s?“ Wenn James sie jetzt anrief, hieß dies, dass er neue Informationen für sie hatte. „Ayumi du musst sofort das Land verlassen, dein Leben ist in Gefahr.“ Sofort spannten sich Junichiro und Alexej an. „Mein Vater hat Nachforschungen über deinen Vater anstellen lassen und hat vor diese morgen an den königlichen Hof weiter zu geben. Ich werde versuchen ihn aufzuhalten, aber selbst wenn mir das gelingt, weiß ich nicht wo er all die Informationen gespeichert hat und ob er nicht noch einen Plan B hat.“ Amy verstand nicht worauf James hinaus wollte. Was waren das für Infos über ihren Vater, die sie in Lebensgefahr brachten. „James sei jetzt still. Sprich nicht aus, was du weißt. Wenn du das tust dann gibt es kein zurück mehr.“ Wie es schien wusste die damalige Palastwache worum es ging. „Ich möchte wissen worum es geht.“, beharrte sie. „Amy tu das nicht. Vertrau mir, wenn ich dir sage, dass du es nicht wissen möchtest.“ Da täuschte sich dieser Mann aber gewaltig. „James sag mir, was das für Informationen sind.“ Lange Zeit war es ruhig am anderen Ende der Leitung. „Dein Vater ist Masuyo no Kami Shimas erstgeborener Sohn, was bedeutet, dass du die rechtmäßige Thronerbin bist und nicht Daichi.“ Junichiro und sein Vater sahen auf den Boden, der Rest der Männer starrte sie mit großen Augen an, bevor Mamoru sich wieder fing und plötzlich vor ihr kniete. Das durfte einfach nicht wahr sein. Wieso hatte ihr Vater es ihr nie erzählt? Warum hatte Junichiro ihr nie die Wahrheit gesagt? Dann fiel ihr die Gutenachtgeschichte wieder ein, die er ihr immer wieder erzählt hatte. Ihre Großmutter hieß Nora Jean Cooper und war das junge Mädchen Jean aus der Geschichte und aus dem Prinzen Masuyo war einfach nur Suyo geworden. „Wieso hat mir keiner was gesagt?“ Denn Junichiro schien auch bescheid gewusst zu haben. „Dein Vater hatte dich nicht in Gefahr bringen wollen und deswegen alles was ein Hinweis auf seine Vergangenheit und die seiner Eltern hätte sein können verschwinden lassen. Als du damals die Geschichte erzählt hast, kam bei mir und Yang der Verdacht auf, dass es sich dabei um eine wahre Begebenheit handeln könnte, also stellten wir ihn zur Rede. Er weihte uns ein und nahm uns das Versprechen ab, nie ein Wort darüber zu verlieren. Alles was er wollte war dich in Sicherheit zu wissen, doch deine Liebe zu diesem Land und seinen Bürgern, hatte er nicht mitberechnet. Ohne über deine Herkunft bescheid zu wissen, hast du alles in deiner Macht stehende getan um seinen Einwohner zu helfen. Du wärst wahrlich eine gute Königin, doch mir ist klar, so sehr du dieses Land auch liebst, du würdest es nicht regieren wollen, was noch ein Grund mehr war zu schweigen. Ich habe keine Idee wie James Vater an seine Informationen hatte kommen können. Allerdings steht fest, sollte es bekannt werden, dann würde das Land sich noch weiter spalten und dein Leben wäre erneut in Gefahr. Nicht nur der Königshof wäre hinter dir her, auch die Revolutionäre würden Jagd auf dich machen.“ Amy schloss ihre Augen um in sich gehen zu können. „Wir behalten diese Information für uns. Auch Daichi darf davon nichts erfahren. Der Plan wird wie geplant durchgeführt und Daichi wird den Thron besteigen. Ich werde mich in der Zwischenzeit zu den Revolutionären begeben und mit ihnen in Verhandlungen treten. Dieser Krieg muss ein Ende finden und morgen Abend wird er vorbei sein und Frieden wird wieder einkehren.“ Amy hatte sich mit Daichi oft über Kami Shima unterhalten und sie waren sich einig, dass sich etwas ändern musste. Dieser ganze Kampf hatte nur wegen eines fundamentalen Fehlers im System stattfinden können, um also einem erneuten Konflikt dieser Art aus dem Weg zu gehen, mussten sie es ändern. „Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich kann dich unmöglich dorthin gehen lassen. Erst Recht nicht nachdem was ich gerade erfahren habe. Sie würden dich auf der Stelle töten.“ Alexej hatte nun die Vormundschaft für sie, nachdem Yang sie verlassen hatte und nahm seine Aufgabe wirklich ernst doch er würde sie nicht aufhalten können. „Gerade weil ich es jetzt weiß, steht mein Entschluss fest. Es gibt auch noch etwas was ihr wissen solltet. Daichi wird euch morgen in den Palast begleiten. Er befindet sich gerade in der amerikanischen Botschaft und wartet darauf von einem von uns abgeholt zu werden um in den Palast zu gelangen. Er versteht, dass es gefährlich ist und sehr riskant, doch ihr solltet langsam verstehen, dass dies hier sein Kampf ist. Er muss dabei sein und es wieder in Ordnung bringen. Das ist die Pflicht des Königs, ihr könnt ihm diese Aufgabe nicht abnehmen. Alles was wir tun können, ist ihn so gut es geht zu überstützen und zu beschützen. Deswegen werde ich zu den Revolutionären gehen und sie lange genug ablenken, damit ihr sicher mit dem zukünftigen König in den Palast gelangen könnt und sie nicht angreifen, solange ihr drin seid. Es wird Daichis Aufgabe sein, sie davon zu überzeugen die Waffen nieder zu legen, aber ich habe vollstes Vertrauen in ihn.“ Junichiros Vater kam zu ihr und streichelte ihr liebevoll über die Wange. „Du hättest eine große Königin werden können, wenn die Umstände anders gewesen wären. Wir machen es so wie du vorgeschlagen hast, weil du wahre Worte gesprochen hast.“ Dann kam er näher zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr. „Zur Not hättest du es einfach befehlen müssen, Junichiro und Mamoru würden sich dir nie widersetzen.“ Dann zwinkerte er ihr noch kurz zu bevor er sich wieder setzte. „Wir brauchen einen Plan wie wir an den Bericht von meinem Vater kommen. Ich kann ihn nicht einfach stehlen.“ Mamoru meldete sich nun zu Wort. „Ich werde einige Männer damit beauftragen, Sie und Ihren Vater zu überfallen und die Daten zu stehlen. Ich werde sie anweisen keine unnötige Gewalt anzuwenden, doch machen Sie sich auf ein paar leichte Schläge gefasst, immerhin soll es überzeugend wirken. Sobald Daichi erst einmal auf dem Thron sitz, spielt es keine Rolle mehr wer an die Informationen kommt. Sollte es dann noch öffentlich werden, kann Ayumi offiziell auf ihren Anspruch verzichten.“ Fragend sah er sie an, doch sie konnte nur nicken. Amy hatte keine Ambitionen Königin dieses Landes zu werden. „Okay. Ich werde Ayumi eine Nachricht schicken, wenn ich weiß wann wir den Termin im Palast haben und welche Route wir fahren werden.“ Amy lehnte sich nun zu Jean-Luc herüber. „Kannst du über deine Kontakte versuchen herauszufinden wer die Quelle von James Vater ist? Junichiro meinte mein Dad hätte alles verschwinden lassen, es muss also jemand mit großem Einfluss oder bestimmten Ressourcen sein.“ Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass diese Information wichtig war, wieso konnte sie nicht sagen. Er nickte ihr zu und wand sich dann dem Telefon das sie in der Hand hielt zu. „Jimi, könntest du mir die Zugangsdaten für den Computer deines Vaters geben? Ich brauche nicht unbedingt das Passwort, aber zumindest seinen Benutzernamen. Ich kenne einen Hacker, der einfach in jedes System hinein kommt, er könnte nach dem Backup von Amys Herkunft suchen und es löschen. Dann bräuchten wir uns keine Sorgen zu machen, dass er es doch noch weiter geben könnte.“ Dann beugte er sich wieder zu ihrem Ohr. „Wenn er erstmal Zugang hat, wird es ein Leichtes für ihn sein, heraus zu finden, woher die Datei geschickt wurde und von wem.“ Das war gut, mit dieser Aussage lockerte sich etwas von ihrer Anspannung. „Mache ich. Ich schicke es dir später per Nachricht.“ Dann wurden noch ein paar Floskeln ausgetauscht, bevor Amy auflegte und sich in ihrem Sitz zurück lehnte. „General Mamoru haben sie eine Ahnung wo ich die Revolutionäre finden kann?“ Anstatt zu antworten ging er zur Tür und rief Kotaro herein. „Ich möchte, dass du Ayumi morgen zu Susumu bringst. Du wirst sie mit deinem Leben beschützen und sie, wenn alles vorbei ist, sicher zu uns in den Palast bringen.“ Der Soldat salutierte und bestätigte den Befehl verstanden zu haben. Kotaro war der Mann mit dem höchsten Rang nach Mamoru, weswegen er eigentlich die Gruppe, die für die Gefangennahme vom obersten Tempeldiener verantwortlich war, anführen sollte. Man sah ihm seine Verwirrung wegen dieser Planänderung an, doch er stellte keine Fragen. Er war ein wirklich netter Mann, Amy hatte ihn bei ihrem letzten Aufenthalt bei den Soldaten schon kennen gelernt und sich oft mit ihm unterhalten. „Ich und Alexej werden dich auch begleiten.“ Mit Alexej hatte Amy keine Probleme, doch Jean-Luc hatte keinerlei Kampfausbildung und wäre wenn es zu Kampfhandlungen kommen sollte, keine große Hilfe und wenn es ganz schlimm kam sogar eher eine Last. Aber Amy sagte nichts, sondern ließ ihm seinen Willen. Sie würde ihn beschützen, wenn es nötig werden würde. Dann löste sich die Gruppe für die Nacht auf um sich für den kommenden Tag vorzubereiten.

Daichi saß mit seiner Cousine angespannt in der Botschaft und wartete auf eine Nachricht von Ayumi, die schon längst hätte kommen müssen. „Jetzt beruhig dich ein wenig. Du steckst mich mit deiner Nervosität an. Hab doch ein bisschen Vertrauen in deine Freunde, sie werden sich melden, wenn sie alles geklärt haben.“ Sachiko hatte Recht, er sollte sich beruhigen und Vertrauen haben. Dann endlich nach weiteren endlosen Minuten des Wartens klingelte das Telefon der Botschaft. „Guten Abend. Hier die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika.“ Ayumi würde seine Stimme erkennen und sollte jemand anders anrufen, würde er keinen Verdacht schöpfen. „Daichi?“ Der Erde sein Dank. „Ja.“ Endlich würde er aufgeklärt werden, was los war und was sie beschlossen hatten. „Junichiro wird dich morgen Früh noch vor Sonnenaufgang in der Botschaft abholen. Er wird dich zu den anderen Soldaten bringen und ihr werdet dann gemeinsam durch den Fluchtunnel deiner Cousine in den Palast aufbrechen. Ich werde mit Kotaro, einem Soldaten, Alexej und Jean-Luc zu Susumu gehen und euch Zeit verschaffen. Ich werde ihn in deinen Plan einweihen und du wirst es bei deiner Ansprache die du nach erfolgreichem Beenden der Aktion halten wirst, bestätigen. Mach dir also keine Sorgen um mich, er wird mir nichts tun und ich glaube er wird wenn du deine Absichten für dein Land verkündest von weiteren Kampfhandlungen absehen. Unser Plan ist gut und hat sehr gute Aussichten auf Erfolg, wenn jeder seine Rolle erfüllt, wird morgen Abend Frieden in deinem Land herrschen.“ Es gefiel ihm nicht, dass Ayumi eine solch große und gefährliche Rolle in diesem Plan übernahm, doch wusste er nach fast zwei Jahren an ihrer Seite auch, dass er sie nicht würde davon abbringen können. „Verstanden. Nur bitte sein vorsichtig, ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir meinetwegen etwas zustoßen würde.“ Am anderen Ende konnte er Ayumis Lachen hören und auch seine Cousine lachte neben ihm. „Mach dir keine Sorgen um mich. Konzentrier dich ganz auf deine Aufgabe und ich werde das gleiche machen. Wir werden uns sicher und unverletzt morgen Abend im Palast treffen.“ Dann verabschiedeten sie sich wieder und beendeten das Telefonat. „Was war denn so lustig?“, fragte er Sachiko, die entspannt auf dem Sofa saß. „Nach allem was ich über Ayumi erfahren habe, dann muss man sich über dieses Mädchen weniger Sorgen machen als um dich. Sie ist eine Kämpferin, wurde ausgebildet sich verteidigen zu können und zur Not Menschen das Leben zu nehmen. Du hingegen, bis vollkommen auf deine Beschützer angewiesen, mach dir also lieber Gedanken um dich selbst, als um ein Mädchen, die sehr gut auf sich selbst aufpassen kann und die Gabe besitzt Menschen für sich einzunehmen.“ Woher wusste seine Cousine so viel über seine Retterin? Sie hatte das Land nie verlassen und als Ayumi hier gewesen war, waren sie sich nicht begegnet. „Ich stehe seit Jahren mit ihrem Vater in Kontakt. Er redet gern über sie und all ihre Vorzüge. Ich habe das Gefühl sie schon zu kennen, obwohl ich ihr noch nie persönlich begegnet bin. Nun ja das wird sich morgen hoffentlich ändern. Ich wollte schon immer ein kleine Schwester haben.“ Stirn runzelnd sah er sie nun an, doch er fragte nicht weiter nach. Sachiko war schon immer ein Freigeist gewesen, die gemacht und gesagt hatte was ihr gerade in den Sinn kam. Morgen war es also soweit. Er würde seinem Bruder gegenüber stehen und diese ganze Sache beenden. Sein Volk hatte lang genug gelitten.

Noch bevor Junichiro sich auf den Weg zur Botschaft machte um Daichi abzuholen, verließ sie mit Kotaro und ihren Freunden den Unterschlupf. „Folgt mir leise und unauffällig. Es wimmelt von Soldaten und überall sind Späher von Susumu.“ Nun unauffällig folgen ging nicht, dafür waren sie einfach zu verdächtig. Sie mussten den Soldaten auf jeden Fall aus dem Weg gehen. Was die Späher der Revolutionäre anging, machte Amy sich keine Gedanken, immerhin waren sie eh auf dem Weg zu ihrem Anführer. Leise folgten sie dem Soldaten der sie durch die Gassen lenkte, ohne auch nur einmal einer Wache zu begegnen. Wie es aussah, hatten sie sich die Patrouillen genau angesehen und wussten, wie sie ihnen aus dem Weg gehen konnten. Das war keine wirklich nützliche Überwachung, wenn man den Soldaten einfach so aus dem Weg gehen konnte. Allerdings waren sie auch nicht wirklich lang unterwegs, nach einer halben Stunde klopfte Kotaro an eine Tür und sie schlüpften schnell hinein. Mal wieder wurden Waffen auf sie gerichtet, doch sie würden nicht einfach schießen, ohne zu wissen wer sie waren und was sie wollten. Außerdem waren Schüsse laut und würde ihren Aufenthaltsort bekannt geben. „Was wollt ihr?“ Fragte eine dunkle Stimme aus einer Zimmerecke, die Amy nicht einsehen konnte. „Ich bin im Auftrag von Daichi no Kami Shima hier um mit dem Anführer der Revolutionäre in Verhandlungen zu treten.“ Der Mann lachte doch sie konnte ein Bewegung aus seiner Ecke wahrnehmen, was wohl hieß, dass sie seine Aufmerksamkeit hatte. „Uns interessieren die Worte der Königfamilie nicht.“ Sie sah der Silhouette des Mannes ins Gesicht. „Auch nicht wenn er vor hat einen demokratischen Staat zu gründen?“ Kotaro sah sie entsetzt an und auch Alexej sah überrascht aus. Nur Jean-Luc blieb ruhig, nun ihn hatte sie auch vorher eingeweiht. Er würde nie versuchen ihr etwas auszureden, weswegen sie ihn einweihen konnte. Jetzt trat der Mann ins Licht und blickte ihr in die Augen. Er schien ergründen zu wollen, ob sie auch die Wahrheit sagte, weswegen sie ihm offen entgegen blickte. „Kommt rein. Ich werde mir anhören was du zu sagen hast.“ Er schien ein vernünftiger Mann zu sein und sein Land zu lieben, er wollte kein sinnloses Blut vergießen, nur um seinen Standpunkt klar zu machen. Amy folgte ihm in den Keller und setzte sich dann zu ihm an den Tisch. Jean-Luc nahm neben ihr Platz, während Kotaro und Alexej sich rechts und links hinter ihrem Stuhl aufstellten. „Erstmal möchte ich mich vorstellen und die Geschichte des rechtmäßigen Königs erzählen. Mein Name ist Ayumi Cooper und ich bin eine gute Freundin des eigentlichen Thronerben dieses Landes. Ich lernte ihn bei seinem Auslandsaufenthalt kennen, genau genommen einen Tag bevor jemand seinen Vater ermordet hatte. Nachdem ihm dafür die Schuld gegeben wurde bot ich ihm meine Hilfe und Asyl an. Seit diesem Tag stand er unter meinem Schutz. Daichi beschloss das Exil zu akzeptieren und auf seinen Thron zu verzichten, immerhin wollte sein Volk zu dieser Zeit seinen Bruder zum König und er hatte nicht vor sich gegen diese Entscheidung zu stellen und einen Bürgerkrieg zu riskieren. Über unsere Kontakte, also meine und die meiner Freunde, erfuhren wir dann von den zweifelhaften Entscheidungen des Königs und beschlossen Daichi von diesen Informationen fern zu halten. Wir enthielten sie ihm vor im festen Glauben, dass Richtige zu tun. Er kann manchmal ein Hitzkopf sein und gerade damals war er immer sehr impulsiv gewesen, weswegen wir befürchteten, er würde darauf bestehen in sein Land zurück zu kehren. Doch was hätte er schon tun können? Wir hatten noch immer keinen Beweis für seine Unschuld und er hatte keine Verbündeten im Land. Kami Shima war so schon unruhig und angespannt, seine Wiederkehr hätte sicherlich einen offenen Bürgerkrieg zur Folge gehabt. Vor einigen Monaten beschloss ich zusammen mit einigen Freunden nach Kami Shima zu reisen und Informationen direkt vor Ort zu sammeln. Niemand durfte vom Aufenthaltsort von Daichi erfahren, weswegen wir nicht offen nach Informationen zum Land suchen konnten. Als wir hier ankamen teilten wir uns in drei Gruppen auf. Jean-Luc, hier zu meiner Linken, begab sich zum Palast und sprach mit Sachiko no Kami Shima, die eine alte Bekannte von ihm ist. Sie klärte ihn darüber auf, dass Akiyama jede Nacht von einer ihr unbekannten Person besucht wurde und sie vermutete, dass dieser Mensch aus dem Hintergrund die Fäden hielt. Laut ihrer Aussage war Akiyama nie für den Thron vorgesehen gewesen und hatte deswegen keinen so umfassenden Unterricht in Politik gehabt, auch hatte er sich im Gegensatz zu ihr auch nie dafür interessiert. Sie geht davon aus, dass er nicht mal weiß, was seine Entscheidungen dem Volk antaten und er keine Ahnung hat wie es derzeit in seinem Land aussieht. Ein weiterer Freund bestätigte uns die Gerüchte, dass die Beamten und Kammerdiener Bestechungsgelder ausländischer Firmen annehmen um sich selbst zu bereichern. Ich selbst hörte mich etwas in der Stadt um und ging dann zu Arata Kitano, welcher ein Freund des Stiefvaters meines Vaters ist. Er klärte mich darüber auf, dass es drei Fraktionen im Land gibt und stellte eine Verbindung zu General Mamoru Yosuda für mich her. Ich sprach mit ihm und sorgte so dafür, dass er die Wünsche von Daichi erfüllte und jegliche Kampfhandlungen einstellte und sich zurückzog. Jean-Luc hat zwischenzeitlich zusammen mit der Prinzessin den Palast verlassen, da sie an Akiyama vermählt werden sollte. Sie versteckte sich in der amerikanischen Botschaft und erfuhr dann, dass der Besucher des Königs der oberste Tempeldiener Takeo Ogata ist. Somit hatten wir den Drahtzieher hinter allem aufgedeckt und auch seine Pläne erkannt. Mehr konnten wir zu diesem Zeitpunkt nicht tun, weswegen wir wieder zurück reisten und Daichi über alles aufklärten. Er und Sachiko erklärten, dass Ogata schon immer auf Daichi fixiert gewesen war, da er ihn wegen seiner Augenfarbe für die Reinkarnation eures Gottes hält. Ab jetzt ist alles nur Spekulation, doch ich glaube, dieser Mann hatte alles von Anfang an geplant. Er hat gewartet bis Daichi im Ausland war um seinen Anschlag auszuüben, dann hat er ihm die Schuld dafür gegeben und ihn durch Akiyama ins Exil schicken lassen. Ein kluger Schachzug, zu diesem Zeitpunkt befand er sich in der Obhut einer sehr einflussreichen Familie, die überall auf der Welt Geschäfte machte. Dann machte er Akiyama mit all den schlechten Entscheidungen zu einem Tyrannenkönig der seines gleichen suchte und wollte Sachiko sogar an ihn vermählen, so wäre sie bei seinem Untergang auch vom Tisch gewesen. Wenn das Volk genug gelitten hatte und verzweifelt nach einem Retter sucht, hätte er Daichi aus seinem Exil zurück geholt und ihn als Heldenkönig auf den Thron gesetzt. Er hatte nicht ahnen können, dass euer Volk sich teilen würde und ein Teil sich die Abschaffung der Monarchie wünscht. Ich denke der nächste Angriff würde euch treffen, er kann seinen Helden nicht zurück holen, solange es noch Gefahren für ihn in diesem Land gab. Er ist ein Fanatiker und kann nur Daichi sehen, es ist ihm egal wie viel Blut seiner eigenen Landsleute vergossen wird, solange Daichi am Ende nur der gefeierte und verehrte König wird. Nachdem wir dies wussten begannen wir Pläne zu schmieden, allerdings hatten wir keine Idee wie wir an den obersten Tempeldiener heran kommen sollten, ohne einen offenen Kampf zu riskieren und damit noch mehr Tote in Kauf zu nehmen. Als wir endlich einen einigermaßen sicheren Plan hatten sind wir wieder her gekommen und gerade jetzt in diesem Moment wird er ausgeführt.“ Damit endete sie ihre lange Geschichte. Sie konnte nur hoffen der Mann konnte ihr folgen, denn manche Fakten waren nicht wirklich geordnet gewesen. „Und wie genau lautet der Plan, den sie gerade ausführen?“ Anscheinend war er mit ihrer Erklärung bis jetzt zufrieden. „Ich komme her um euch abzulenken, damit ihr nicht bemerkt, dass Daichi in der Stadt unterwegs war. Dann würde er sich zusammen mit einigen Soldaten durch einen geheimen Tunnel in den Palast schleichen. Als erstes werden sie Ogata gefangen nehmen, danach werden sie zu Akiyama gehen und Daichi wird versuchen ihn zur Abdankung zu bewegen. Selbst nach allem was geschehen ist, ist er noch immer sein kleiner Bruder. Sollte er sich weigern werden die Soldaten den jetzigen König gefangen nehmen. Danach ist eine Ansprache von Daichi geplant, dort wird er erklären, dass er die Taten seines Bruders nicht vergeben würde, es jedoch nicht allein seine Schuld war, sondern es ein Fehler ihrer Regierung war. Der König hatte die absolute Macht in diesem Land und nur dadurch waren diese Fehlentscheidungen seines Bruders möglich gewesen. Wenn es keine Kontrollinstanz gab, dann erschuf man den Nährboden für Tyrannei. Deswegen wird er die Regierungsstruktur ändern. Kami Shima hat eine Geschichte von über Tausend Jahren und immer hatte es einen König oder eine Königin an der Spitze gegeben, so war es Tradition und trotz all der Verfehlungen der Vergangenheit will er diese nicht ändern. Trotzdem wird es ein demokratisch gewähltes Parlament geben, welches jede Entscheidung des Königs überwacht. Er würde keine Gesetze oder Entscheidungen das Land betreffend allein entscheiden können. Auch kann das Parlament eigene Gesetze entwerfen und ihm vorlegen, welche er entweder genehmigte oder eben nicht. Sollte das Parlament trotzdem der Meinung sein, dieses Gesetz zu benötigen, konnten sie eine Volksabstimmung vornehmen. Dann entscheiden die Einwohner des Landes direkt ob sie etwas wollten oder nicht. Was halten Sie von dieser Änderung? Es ist keine wirkliche Demokratie aber auch keine wirkliche Monarchie mehr. Es würde irgendetwas dazwischen sein, doch ich denke, es ist genau das was dieses Land braucht. Die Königsfamilie ganz abzusetzen, würde die lange Geschichte dieses Landes und ihre Traditionen mit Füßen treten.“ Lange sagte der Mann nichts und Amy wartete innerlich angespannt auf seine Antwort. Unter dem Tisch griff sie nach Jean-Lucs Hand um sich an etwas festhalten zu können. Wenn ihm Daichis Entscheidung nun nicht genug war, dann würden sie ziemlich in der Klemme stecken. „Ich denke dieser Vorschlag ist Vernünftig. Wir werden unsere Waffen nicht länger gegen die Königsfamilie richten. Vorausgesetzt er bestätigt deine Geschichte und gibt es öffentlich bekannt, dass es ein Parlament geben wird, dass seine Entscheidung und die der nächsten Herrscher kontrollieren wird.“ Sie waren aus dem Schneider. So viele Nächte hatte sie mit Daichi darüber nachgedacht, wie sie das Land stabilisieren und wieder aufbauen könnten. Beide waren sich sicher, dass eine vollkommene Demokratie Kami Shima mit seiner Kultur eher schaden als nützen würde. Wenn nicht gerade ein Diktator auf dem Thron saß, liebten die Einwohner ihre Königsfamilie, die angeblich von ihrem Gott abstammte. „Vorausgesetzt alles läuft wie geplant, wird seine Rede im Fernsehen übertragen. Schalten Sie also gern ihren an und warten Sie mit uns zusammen auf gute Neuigkeiten. Alles was wir jetzt tun können ist abwarten und zu hoffen, dass sie Erfolg haben.“ Einer der Männer im Raum schaltete die Kiste an und sie ging flimmernd an. Leider wünschte Amy sich nun, sie hätten ihn aus gelassen. „Rechtmäßige Thornerbin ist. Ich wiederhole. Uns erreichen gerade Berichte, denen zufolge, die Tochter des Mischkonzernbesitzers Mathew Cooper, und Alleinerbin von Cooper Multi-Industry Company, Ayumi Cooper, die Enkelin des früheren Königs von Kami Shima, Masuyo no Kami Shima ist und damit auch die rechtmäßige Thronerbin ist.“ Sie sah zu Alexej, der angespannt nach seiner Waffe gegriffen hatte. „Damit wissen wir jetzt, dass James´ Vater einen Plan B hatte.“ Wie würde sie nun aus dieser Geschichte wieder hinaus kommen? „Willst du uns vielleicht noch etwas erklären?“ Immerhin gab er ihr die Möglichkeit sich zu verteidigen. „Ich wusste bis gestern nichts über meine Verbindung zum Königshaus. Der Vater eines Freundes hatte vor meinen Vater mit dieser Information in Misskredit im Palast zu bringen. Ich beschloss, dass wir damit nicht an die Öffentlichkeit gehen. General Mamorus Männer hatten die Aufgabe die Unterlagen zu stehlen und zu vernichten, doch wie man sehen kann hatte dieser Mann noch einen Plan in der Hinterhand. Ich habe kein Interesse am Thron und werde offiziell und öffentlich auf meinen Anspruch verzichten, sobald alles vorbei ist. Und selbst wenn nicht, würde es nichts an den Plänen die Daichi gemacht hat ändern. Wäre ich Königin würde ich vielleicht sogar ganz zum Demokratie wechseln, doch es wäre nicht gut für dieses Land. Ich kenne es und seine Bürger doch gar nicht, weiß nichts von euren Traditionen, von eurer Religion. Ich wäre eine wirklich schlechte Königin. Daichi wird König werden und alles wird so geschehen wie ich es Ihnen gerade erläutert habe.“

„Okay. Doch solange der König nicht gestürzt und Ogata nicht gefangen genommen wurde, seid Ihr in Gefahr. Nach dieser Enthüllung werden das Militär und auch ein Großteil der Palastwachen auf der Suche nach Euch sein.“ Na das war doch nur zu ihrem Vorteil. „So werden es Daichi und der Rest leichter haben ihre Aufgaben zu erfüllen. Es stört mich nicht als Köder zu dienen.“ Erstaunt sah Susumu sie nun noch mal genauer an. „Ihr seid ein sehr mutiges Mädchen. Ihr seid mit gerade mal drei Männern an Eurer Seite zu uns gekommen, obwohl Ihr wusstet, dass wir die königliche Familie stürzen wollten und Ihr erfahren hattet, dass Ihr dazu gehört. Und jetzt würdet Ihr Euch freiwillig der Gefahr aussetzen und dies nur damit Eure Gefährten es einfacher haben.“ Dafür musste man nicht wirklich mutig sein. Amy tat einfach nur was nötig war um die zu beschützen und zu unterstützen die sie liebte. „Umso weniger Männer zwischen Daichi und dem General stehen, desto sicherer sind sie. Außerdem werden sie so bei Entdeckung weniger kämpfen müssen und weniger Verletzte und Tote wird es geben. Jeder Tropfen Blut der in diesem Kampf vergossen wurde und noch wird, ist ein Tropfen zu viel. Wenn ich also dafür sorgen kann, dass es nicht dazu kommt, dann erkläre ich mich gern dazu bereit alles in meiner Macht stehende dafür zu tun. Außerdem weiß niemand das ich hier bin und wo sich euer Versteckt befindet, also sollte ich vor Entdeckung sicher sein.“ Sie hatte nicht ahnen können wie verkehrt sie mit dieser Aussage lag.

Orell saß mit Jimi in seinem Zimmer und sie starrten beide entsetzt den Fernseher an, der gerade das Geheimnis von Amy der ganzen Welt mitteilte. „Dieser verfluchte Mistkerl.“ Jimi sprach wohl von seinem Vater. „Wir hatten ja angenommen, dass er einen Plan B haben würde, doch ich hätte nicht damit gerechnet, dass es so etwas sein würde. Allerdings erklärte das, wieso ihr eine Terminverschiebung vom Palast bekommen habt, nachdem ihr „überfallen“ wurdet.“ Amy müsste jetzt bei den Revolutionären sein, also nach dem Palast der schlimmste Ort wo sie gerade jetzt sein konnte. Diese Männer wollten die königliche Familie stürzen und gerade jetzt befand sie sich in ihren Fängen. Amy hatte nur Alexej, diesen Soldaten Kotaro und Jean-Luc an ihrer Seite, wobei Jean-Luc keine Hilfe war, wenn es zu einem Kampf kommen sollte. „Bete, dass Amy es sicher zu uns zurück schafft, ansonsten kann ich das Wohlergehen deines Vaters nicht garantieren.“ Orell wusste, dass er gerade unfair war, aber seine Sorge um Amy raubte ihm sein vernünftiges Denken. „Stell dich hinten an. Sollte ihr etwas zustoßen, werde ich ihn eigenhändig umbringen.“ Jimi schien auch keines besonnenen Gedankens mehr fähig zu sein. Sein Telfon vibrierte und er nahm ohne drauf zu sehen ab. „Ja?“, schnauzte er in sein Handy. „Schön zu hören, dass es euch gut geht.“ Sofort schaltete er seinen Lautsprecher an und atmete erleichtert auf. „Geht es dir gut? Wir haben es gerade im Fernseher gesehen.“ Er brauchte sicherlich nicht erklären wovon er sprach. „Alles in Ordnung. Macht euch keine Sorgen um mich, ich bin hier in Sicherheit. Ich habe mir schon gedacht, dass ihr es gesehen habt und kurz vorm Durchdrehen seid, deswegen habe ich angerufen. Alles läuft nach Plan, jetzt liegt es allein an Daichis Gruppe. Wenn ich mehr weiß oder es neue Entwicklungen gibt melde ich mich bei euch. Erstmal werde ich mich hier verstecken, also ruft mich nicht an, es wäre schlecht wenn es zum falschen Zeitpunkt klingeln würde.“ Dann legte sie einfach wieder auf. „Nun zumindest wissen wir, dass es ihr gut geht und sie nicht unmittelbar in Gefahr ist. Denkst du es wird irgendwann mal eine Zeit kommen, in der wir uns nicht fast pausenlos um Amy sorgen müssen?“ Orell hatte schon oft darüber nachgedacht. Dieses Mädchen begab sich gern selbst in Gefahr, ohne es selbst wirklich mit zu bekommen, oder sie ignorierte es einfach. Amy kannte keine Zurückhaltung wenn es um Personen ging die ihr am Herzen lagen. „Nein. Und wenn wir ehrlich sind, dann würden wir sie auch nicht anders wollen. Was wäre heute mit uns, wenn sie bei unseren Angelegenheiten weniger als 100 Prozent gegeben hätte?“ Jimi sprach da etwas Wahres aus. Dann klingelte sein Telefon erneut, dieses Mal sah er vorher auf das Display und wunderte sich nicht wirklich, dort Yangs Nummer stehen zu sehen.



Kapitel 15


Yang befand sich auf seinem Anwesen und war froh endlich mal wieder etwas Zeit für sich zu haben. Seit seiner Rückkehr, lagen ihm seine Onkel mit allen möglichen Dingen im Ohr. Er musste Geschäfte abschließen, Verträge überprüfen, neue Partner kennen lernen, doch die wohl schlimmste Entwicklung war deren Entscheidung, seiner Ehe mit der Tochter seines Onkels Kevin Frost. Selbstverständlich hatte er sich sofort gegen eine Hochzeit ausgesprochen, zum einen wäre es einer Frau gegenüber nicht fair sie zu heiraten, solange sein Herz sich nach einer Anderen verzehrte, zum anderen war Grace Frost eine Schlange. Sie war eine machtgierige, kaltherzige und berechnende Frau, die er nie an seiner Seite akzeptieren würde. Sie mochte seine Onkel mit ihrem netten naivem Verhalten täuschen können, doch er wusste genau über alle in seiner Familie bescheid. Ihn konnte sie nicht reinlegen und er würde so eine Person nie zur Frau nehmen. Sie würde der Familie keine Vorteile und viele Nachteile bringen, wenn sie an seiner Seite an der Spitze stand. Außerdem hielt er nichts von Frauen, die Männer mit ihrem Aussehen zu ihrem Vorteil benutzten. Wieso also stand diese Frau plötzlich vor ihm mitten auf seine Terrasse? „Wie kann ich dir helfen, Grace?“ Er versuchte so höflich wie möglich zu klingen, doch es schien ihm nicht wirklich zu gelingen. Naja selbst schuld, wenn sie hier einfach unangemeldet auftauchte. Er wollte seine Ruhe haben und endlich mal in Ruhe nachdenken können. Ayumi hatte einige Male versucht ihn zu erreichen, doch er hatte sie immer abwimmeln lassen, er war noch nicht bereit wieder mit ihr zu sprechen. Dafür war der Schmerz einfach noch zu frisch. Allerdings hatten seine Kontakte noch nicht heraus gefunden für wen sich Amy nun entschieden hatte. Es gab noch keine Verkündung ihrer Verlobung, was ihm einfach nicht aus dem Kopf ging. Mathew hatte dieses Spiel gestartet, damit Ayumi einen guten und einflussreichen Mann an ihrer Seite hatte, der sie auch beschützen konnte. Eigentlich hätte er es nach ihrer Entscheidung gleich verkünden sollen, damit die ganze Welt vom Zusammenschluss zweier mächtiger Firmen wusste. Nur dann würde sie einen zusätzlichen Schutz durch ihren Verlobten haben. „Ich bin hier um mit dir über die Bekanntgabe unserer Verlobung zu sprechen.“ Hatte er sich gerade verhört? „Ich habe es schon deinem Vater gesagt, ich habe nicht vor dich zur Frau zu nehmen.“ Vielleicht war diese Nachricht noch nicht bis zu ihr durchgedrungen, vielleicht war sie damit beschäftigt gewesen Intrigen zu spinnen und einkaufen zu gehen. „Doch wir werden heiraten, denn wenn du ablehnst, dann könnte es passieren, dass der nächste Attentäter mehr Glück hat als der Letzte. Schon jetzt steht es auf der Kippe ob deine kleine süße Ayumi Cooper den Tag überlebt. Wieso musste sie auch in ein Land gehen, wo sie wegen ihrer Abstammung gleich von zwei streitenden Fraktionen als Ziel anvisiert werden würde.“ Yangs Herz setzte aus und er bekam kaum noch Luft. Er stand auf und presste diese Frau gegen die Wand, während er seine Hand um ihre Kehle schloss. „Was hast du getan?“ Er würde sie hier und jetzt umbringen, wenn Ayumi wegen ihr verletzt werden würde. „Ich weiß nicht wovon zu redest. Aber ich an deiner Stelle würde mal den Fernseher einschalten.“ Sofort ließ er von ihr ab und rannte ins Haus. Kaum angeschaltet, wurde über Ayumi als rechtmäßige Thronerbin des Throns von Kami Shima berichtet. Wie konnte das nur passieren? Mathew hatte ihnen versichert, alle Daten die Aufschluss über seine Eltern geben würden, vernichtet zu haben. Er griff nach seinem Telefon und versuchte Ayumi zu erreichen, doch er kam nicht durch. Als nächstes versuchte er es bei Orell, welcher auch abnahm. „Was ist bei euch los? Ist Ayumi in Sicherheit?“ Er musste all seine Konzentration aufbringen um seine Panik nieder zu kämpfen. „Ja, sie ist bei den Rebellen, aber sie verstecken sie und werden sie zur Not gegen den Palast verteidigen. Du kennst unsere Kleine ja, keiner kann ihr lange widerstehen. Daichi ist im Palast und versucht seinen Bruder zu finden, während Junichiro sich um den obersten Tempeldiener kümmern wird.“ Wieso hatte ihm niemand gesagt, dass sie eine solche Aktion planten. „Wieso weiß ich darüber nicht bescheid?“ Immerhin war er die letzten Jahre immer an ihrer Seite gewesen und sie waren auch zu seinen Freunden geworden, auch wenn er immer ein wenig eifersüchtig gewesen war, so waren sie ihm dennoch wichtig. Er hätte ihnen auch von hier aus helfen können. „Amy hatte versucht dich zu erreichen und auch Daichi hatte es ein paar Mal versucht, doch du bist entweder nicht ran gegangen oder ihnen wurde gesagt, dass du derzeit beschäftigt wärst und keine Anrufe entgegen nehmen könntest.“ Okay, dafür konnte er sich wohl wirklich nur selbst die Schuld geben. „Gut, dann ruf mich bitte wieder an, wenn du etwas Neues erfährst.“ Erleichtert, dass Ayumi in Sicherheit war legte er auf und widmete sich wieder der Schlange in seinem Haus. „Und jetzt zu dir. Denkst du wirklich ich würde dir ein solches Verhalten durchgehen lassen? Hast du auch nur eine Ahnung davon was Mathew Cooper mit unserer Familie tun würde, wenn wir für den Tot seiner Tochter verantwortlich wären?“ Sie zuckte nur lässig mit den Schultern, sodass Yang versucht war ihr eine Ohrfeige zu verpassen. Leider hatten seine Lehrer ihn unterrichtet, dass es sich für einen Mann nicht gehörte eine schwache Frau zu schlagen. „Wenn es soweit gekommen wäre, denke ich, dass du genug Kontakte und Können besitzt um dich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Du liebst deine Familie, du würdest nicht zulassen, dass sie einfach zerstört wird. Außerdem ist deine Kleine doch in Sicherheit.“ Das mochte sein, doch dies hatte Grace nicht wissen können. „Ich werde dir dieses Verhalten sicherlich nicht durchgehen lassen. Ich werde deinen Vater anrufen und mit ihm und den anderen besprechen was mit dir passieren wird.“ Für ihn stand fest, dass sie aus der Familie fliegen würde, doch eine solche Entscheidung konnte er nicht mal als Oberhaupt allein entscheiden. „Das würde ich an deiner Stelle nicht tun. Du willst doch nicht riskieren, dass dem armen kleinen Mädchen doch noch etwas zustößt. Ich habe mehrere Männer auf sie angesetzt. Zu jeder Zeit ist sie in Schussweite dieser Männer und könnte schneller ihr Leben verlieren als du einen Anruf tätigen kannst. Solltest du auf die Idee kommen mich aus der Familie schmeißen zu lassen oder dich immer noch weigern mich zu heiraten, werden diese Männer nicht zögern, dem Leben deiner Kleinen ein Ende zu setzen. Du hältst also gerade die Gesundheit und das Wohlergehen, deines kleinen Lieblings in den Händen. Sobald wir verheiratet sind und vertraglich festgehalten wurde, dass im Falle einer Scheidung all deine Titel und Firmen auf mich überschrieben werden, werden sich die Männer zurück ziehen und das Mädchen ist wieder in Sicherheit. Ich möchte noch betonen, dass die Männer schon bezahlt sind, also könntest du sie nicht mal von ihrem Auftrag abbringen, wenn du mich jetzt umbringen oder mir all mein Geld nehmen würdest.“ Sie hatte alles ganz genau durchdacht und ihm keine Möglichkeit für eine Flucht gelassen. Obwohl dies nicht so ganz richtig war, aber Grace hatte Recht, er liebte seine Familie zu sehr um sie in den Händen einer solcher Natter zu lassen. Da Amy vor hatte einen anderen Mann zu heiraten, konnte er sie aufgeben und ihr als letztes Geschenk ihr Leben schenken. „Einverstanden. Wir geben die Verlobung in zwei Tagen bekannt und werden in zwei Wochen heiraten, dass sollte unseren Familienmitgliedern genug Zeit geben anzureisen.“ Nun strahlte sie ihn übertrieben an und er wusste jetzt schon, dass sein Leben die reinste Qual werden würde. „Ich wusste, dass du die richtige Entscheidung treffen würdest.“

„Spar dir das falsche Lächeln für Menschen die nicht hinter deine Fassade blicken können. Ich hatte deinen Charakter schon durchschaut als dein Vater dich mir vor 6 Jahren vorgestellt hat. Allerdings hatte ich nie gedacht, dass du eine solche Dummheit begehen würdest, denn eines sollte dir klar sein. Sollte Ayumi etwas zustoßen, dann würde ich Mathew mit Freuden noch die Hand reichen um diese Familie dem Erdboden gleich zu machen. Ich kenne all die schmutzigen Geheimnisse der Mitglieder und auch deines Vaters, du solltest also aufpassen was dein nächster Schritt ist und dafür sorgen, dass deine Männer keine Dummheit begehen. Ich gehe auf deinen Deal ein, doch sollte Ayumi sterben wird er nichtig, selbst wenn wir dann schon verheiratet sind.“ Während seiner Ansprache war sie immer blasser geworden, ihr schien bewusste geworden zu sein, dass sie ihn falsch eingeschätzt und auch unterschätzt hatte. „Ach und auch wenn du meine Frau auf dem Papier werden solltest, solltest du dir keine Hoffnungen machen, dass ich dich jemals wie eine Ehefrau behandeln werde. Du bist mir zutiefst zuwider und es wird mich schon Überwindung kosten mit dir unter einem Dach zu leben um den Anschein zu wahren. Erwarte also keine gute Behandlung, Geschenke oder Ähnliches von mir. Für mich ist diese Hochzeit nur ein Vertrag der nötig ist um das Leben meiner ältesten Freundin zu retten.“ Er würde dieser falschen Schlange das Leben zur Hölle machen. Sie wird sich noch wünschen, ihn niemals so in die Ecke gedrängt zu haben.

Daichi war mittlerweile mit Junichiro und den restlichen Soldaten im Palast. Anfangs waren sie sich nicht sicher, wie sie bei so vielen Wachen ungesehen bis in den Tempel kommen sollten, doch dann brach plötzlich Unruhe aus und fast alle Wachen waren verschwunden. Die Männer die ihnen dann noch über den Weg liefen, wurden schnell und leise von den Soldaten außer Gefecht gesetzt, gefesselt und geknebelt. Ihr Weg war frei, doch trotzdem beschlich Daichi ein ungutes Gefühl, als er vor den Gemächern seines Bruders ankam. Junichiro würde sich um Ogata kümmern und Daichi hatte volles Vertrauen darin, dass sein Leibwächter die ganze Sache zu seiner Zufriedenheit erledigen würde. Was ihn unruhig werden ließ, war der Gedanke daran, nach all der Zeit seinem kleinen Bruder wieder gegenüber zu stehen. Immerhin hatte er versucht ihn ermorden zu lassen und hatte seinem Volk all diese schrecklichen Dinge angetan. Ihm war bewusst, dass er als neuer Herrscher ein hartes Urteil fällen sollte, doch trotz allem was geschehen war, war Aki noch immer sein kleiner Bruder. Sie waren zusammen aufgewachsen, hatten zusammen gespielt und gelernt. Der Neid und die Missgunst hatten erst begonnen, als Daichi mit 12 Jahren den Palast wechseln musste um für seine künftige Krönung unterrichtet zu werden. Der General sah ihn auffordernd an und Daichi nickte einmal. Mehr um sich selbst aufzumuntern, als um dem General ein Zeichen zu geben. Der ältere Soldat öffnete die Tür und sicherte mit seinen Männern erst mal den Raum bevor ihn jemand abholte und ins Zimmer führte. Daichi konnte kaum etwas sehen, der ganze Raum war mit Räucherwerk voll gestellt, welcher einen dichten Nebel im Zimmer erzeugte. Plötzlich legte ihm jemand eine stoffbedeckte Hand um Mund und Nase. Er wollte sich schon gegen den Griff wehren, als der General ihn ansprach und aus den Gemächern seines Bruders zog. „Das Zeug, das sie hier verbrannt haben, löst hochgradig Halluzinationen aus. Wenn Euer Bruder die gesamte Zeit diesem Kraut ausgesetzt war, dann weiß ich nicht ob die Schäden an seiner Psyche nicht irreversibel sind. Wartet bitte hier draußen, zusammen mit Ryota und wir werden Euren Bruder heraus holen, jedoch denke ich nicht, dass Ihr ein vernünftiges Gespräch mit ihm führen könnt. Es tut mir wirklich sehr leid.“ Daichi nickte nur abwesend, weil er auch gar nicht gewusst hätte was er dazu sagen könnte. Sein Bruder war die gesamte Zeit unter Drogen gesetzt worden und die Kammerdiener und Beamten die ihn gesehen hatten, haben nichts dagegen unternommen? Ja definitiv, das gesamte System war verfault und musste durch etwas Neues ersetzt werden. Nie wieder sollte sein Volk, wegen der Machtgier und Geldgier einiger leiden müssen. Es wurde Zeit dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Er konnte sich auch später noch um seinen Bruder kümmern, jetzt musste er erst einmal zu seinen Bürgern sprechen, damit es zu keinen neuen Kämpfen kam. „Eure Majestät, was sollen wir mit Eurem Bruder machen? Er war nicht ansprechbar und hat die ganze Zeit nur panisch geschrien, weswegen wir ihn schlafen gelegt haben.“ Verzweifelt schloss Daichi die Augen um seinen Gefühlen Einhalt zu gebieten. „Schafft ihn in ein freies Zimmer und lasst vier Wachen bei ihm. Der Rest kommt mit mir zur großen Plattform vor dem Palast. Ich werde meine Ansprache sofort halten. Zieht eure Soldaten um den Palast zusammen, damit uns keiner entkommen kann. Wir werden heraus finden was genau hier drin vor sich gegangen ist und jeden bestrafen, der darin verwickelt war. Ogata mag der Drahtzieher hinter allem sein, doch wäre es ihm nicht möglich gewesen den König unter Drogen zu setzen, wenn die Anderen nicht mit Absicht weggesehen hätte um ihre Gier befriedigen zu können.“ Der General bestätigte und begann Befehle zu verteilen. Jetzt mussten sie noch ein bisschen warten, bis alle in Position waren, dann würde endlich alles vorbei sein. Er sollte Ayumi erzählen was passiert war und das sie alle in Sicherheit waren.

Noch immer saßen sie alle zusammen in diesem Keller und warteten darauf, dass Daichi Erfolg haben würde und sie die gute Botschaft entweder durchs TV oder von einem Anruf bestätigt bekommen. Sie war mittlerweile schon über sechs Stunden bei Susumu und langsam sollten die Männer es geschafft haben den Palast zu übernehmen, vorausgesetzt natürlich, alles war nach Plan verlaufen. Amy begann nervös mit dem Anhänger ihrer Kette zu spielen und betete, dass es Daichi, Mamoru, Junichiro und den restlichen Soldaten gut ging. Jean-Luc nahm ihre Hand in seine und drückte sie aufmunternd. „Alles wird gut werden. Wir müssen nur noch etwas Geduld…“ Weiter konnte er nicht sprechen, da sein Satz von einer aufgeschlagenen Tür unterbrochen wurde. „Die Armee des Königs hat unseren Unterschlupf umzingelt und verlangt unsere vollständige Kapitulation.“ Was für eine Farce, sollten diese Männer hinaus gehen, würden sie auf der Stelle erschossen werden. Amy stand ruckartig auf und begab sich hinauf, begleitet von ihren Freunden und dem Kopf der Revolution. „Ich werde raus gehen und die Soldaten dazu bringen die Waffen fallen zu lassen. Mittlerweile sollte jeder in diesem Land wissen, dass ich die rechtmäßige Königin bin und Akiyama keine Macht inne hat. Wenn ich dort hinaus gehe, schaffe ich es vielleicht alles friedlich zu lösen.“ Sie konnte sehen wie ihr alle Männer gleichzeitig widersprechen wollten, doch Jean-Luc kam ihnen zuvor. Er zog ein kleines Kästchen aus seiner Tasche und reichte es ihr. „Junichiro, also dein Großvater, hat ihn mir gegeben bevor wir aufgebrochen sind. Ich wusste nicht was es damit auf sich hat, bis ich von deiner Verbindung zur Königsfamilie erfahren habe. Er meinte ich solle ihn dir geben, wenn die Lage es erfordern sollte, es würde deine Rechtmäßigkeit bestätigen.“ Amy öffnete den Deckel und entdeckte einen goldenen mit Juwelen besetzten Ring. Die Steine waren so angeordnet, dass sie das Bild eines großen in voller Pracht stehenden Baumes ergaben. Vorsichtig nahm sie ihn hinaus und sah ihn sich noch mal genauer an, er war wirklich wunderschön, aber eindeutig für die Finger eines Mannes gemacht. „Der Herrscherring.“, keuchte Kotaro und ein Raunen ging durch den Raum. „Er wurde vor über 60 Jahren, König Masuyos Vater gestohlen. Es wurde ein neuer Herrscherring angefertigt, doch dieser war eben nicht der Echte und war immer nur ein Ersatz gewesen, bis der wahre Ring seinen Weg zurück zur Königsfamilie finden würde. König Masuyo sprach immer davon, dass er eines Tages zurück kommen würde und mit ihm ein neues Kapitel in unserer Geschichte beginnen würde. Er muss den Ring gestohlen und Eurer Großmutter mit gegeben haben. Nun ist er wieder zurück in seinem Land, in der Hand der rechtmäßigen Königin, damit habt Ihr die volle Kontrolle über jeden in diesem Land und seid seine Königin auch wenn Ihr es nicht möchtet. Jetzt gerade seid Ihr die Herrscherin dieses Landes, selbst dann wenn Ihr den Ring später an Euren Cousin abgeben solltest.“ Na das war doch ganz großes Kino. Wütend sah sie zu Jean-Luc der nur entschuldigend mit den Schultern zuckte. Er hatte es nicht wissen können und hatte nur den Wunsch ihres Großvaters erfüllt. „Dann werde ich als Königin mal dort raus gehen und der Armee befehlen seinen Angriff abzubrechen und die Waffen nieder zu legen.“ Amy würde drei Kreuze machen, wenn dieser Tage endlich vorbei sein würde und alles endlich so war wie es sein sollte. Niemand hielt sie auf als sie mit dem Ring in der Hand zur Tür ging und hinaus trat. Kurz wurde sie von der plötzlichen Helligkeit geblendet, weswegen sie ihre Augen mit der Hand abschirmen musste. Als sich ihre Augen endlich an das Licht gewöhnt hatten wurde ihr klar, dass der Soldat nicht übertrieben hatte, als er gemeint hatte sie wäre umzingelt. Egal wo sie hin sah, konnte sie Männer in Uniformen sehen. Ogata wollte wohl kein Risiko eingehen um die Revolutionäre zu vernichten. Langsam und mit zur Seite ausgestreckten Armen ging sie zu den Soldaten. Sie sollten sehen, dass sie keine Waffen hatte und nicht vor hatte zu kämpfen. Auch ging sie extra langsam, damit sie jeder genau sehen konnte. Immerhin wurden schon seit über einer Stunde Bilder von ihr ununterbrochen im Fernseher gezeigt. Noch immer waren unzählige Waffen auf sie gerichtet, doch sie lief einfach weiter, bis sie bei einem der Männer ankam. Sein Gewehr war nun direkt auf ihre Brust gerichtet. „Ich würde gern mit dem Befehlshaber dieser Einheit sprechen.“ Sehr langsam streckte sie die Hände vor, wobei sie kritisch beobachtet wurde, und nahm dann den Ring aus ihrer linken Hand und hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger der Rechten, dem Soldaten entgegen. „Ich bin die Königin dieses Landes und verlange den Befehlshaber dieser Einheit zu sprechen.“ Geschockt sah er immer wieder zwischen ihr und dem Ring hinter her, auch die umstehenden Soldaten taten dies, bis plötzlich ein Ruck durch ihre Körper ging und sie gleichzeitig vor ihr auf die Knie fielen. Na klasse, darauf hatte sie nun wirklich keine Lust. Sie wollte keine Königin sein, wenn es ihr jedoch dabei helfen würde ein erneutes Blutbad zu verhindert, würde sie in diesen sauren Apfel beißen. „Bringt mich nun zu eurem Befehlshaber.“ Sofort standen die Männer wieder auf, bildeten eine Gasse und einer führte sie hindurch zu einem Mann, so um die 40, dem man seine Autorität schon von weitem ansah. Von allen Seiten wurde sie immer wieder neugierig gemustert und Amy drückte noch mal ihren Rücken durch. „Es ist mir eine außerordentliche Freude Euch kennen zu lernen, Eure Majestät.“ Kurz schüttelte es sie, so angesprochen zu werden. „Die Freude ist ganz meinerseits. Dürfte ich Ihren Namen erfahren?“ Man sollte immer wissen mit wem man es zu tun hatte, auch wenn der Mann vor Amy, ihr ehrlich und aufrichtig vorkam. „Ich bin General Nobuaki Shinozaki.“ Daichi hatte ihr von diesem Mann erzählt und auch Mamoru hatte ihn einige Male erwähnt. Er war ein sehr pflichtbewusster Mann, der seine Aufgabe, sein Volk und die königliche Familie zu schützen sehr ernst nahm. „Es muss für Sie eine schreckliche Zeit gewesen sein. Zwischen Ihren Befehlen und Ihren Werten hin und her gezerrt zu werden. Akiyama no Kami Shima ist nicht der rechtmäßige Herrscher dieses Landes, ich verlange deswegen, dass alle ihre Waffen senken und die Revolutionäre nicht angegriffen werden. Ich bin zu einer Einigung mit Susumu Hattori gekommen und er wird sich in Kürze zusammen mit mir auf den Weg zum Palast machen. Ich würde Sie bitten mich auch zu begleiten, damit wir unseren echten König gebührend begrüßen können.“ Die Augen des Mannes wurden groß bei Amys letzter Aussage und er schien ernsthaft verwirrt zu sein. „Ich habe nicht vor, die Herrschaft über dieses Land zu übernehmen. Ich bin im Westen aufgewachsen und wurde dazu erzogen eines Tages die Geschäfte meines Vaters zu übernehmen. Ich habe nicht die nötigen Qualifikationen ein Land zu regieren und in eine strahlende Zukunft zu führen. Ich bitte Sie daher all ihre Loyalität auf Daichi no Kami Shima zu richten, er wird ein großer und gerechter König werden, Sie haben mein Wort darauf.“ Noch immer schien er zu zweifeln und auch nicht wirklich glücklich über ihre Aussage zu sein doch er nahm den „Befehl“ entgegen und ordnete seinen Truppen an, sich zum Palast zurück zu ziehen.

Danach ging alles ziemlich schnell. Amy war mit Susumu, General Shinozaki und ihren Begleitern zum Palast gegangen. Sie haben sich dort von Junichiro über alles aufklären lassen. Wie es aussah hatte sich der oberste Tempeldiener Ogata das Leben genommen, als ihm bewusst geworden war, dass es für ihn kein Entkommen geben würde. Was für ein Feigling. Akiyama hatte eine schwerwiegende Psychose, ausgelöst durch das Räucherwerk, dem er über zwei Jahre lang ausgesetzt war. Er befand sich nun in der Obhut eines Arztes, doch war noch nicht sicher, ob er jemals wieder zu sich selbst zurück finden würde. Daichi hatte bis zu ihrer Ankunft die Nachricht über Amys Abstammung erreicht, was ihn dazu verleitete, seinen Plan zu überdenken. Er war der Meinung, dass sie eine gute Königin für sein Land sein würde. Es folgte ein Streitgespräch, welches Mamoru nach einer Stunde unterbrach. „Wir sollten Ayumi nicht zwingen Königin zu werden, wenn sie es nicht möchte. Ich bin auch der Meinung, dass sie eine großartige Königin werden würde, sie liebt dieses Land und jeden einzelnen Bürger darin, was ihr auch die Liebe ihres Volkes sichern würde. Aber sie hat auch Recht, dass sie keine wirklichen Kenntnisse über unser Land und unsere Sitten hat. Natürlich könnten wir sie in unsere Kleidung stecken und ihr die geweihten Handschuhe überstreifen, doch was nützt es, wenn Ayumi keinen Bezug auf die Wichtigkeit seiner Bedeutung hat? Ich habe also einen Vorschlag zu machen. Wir sollten Daichi no Kami Shima zum neuen König ernennen und gleichzeitig verkünden, dass Ayumi Cooper als königliche Beraterin dem Land erhalten bleiben wird. Dafür muss sie sich nicht auf der Insel befinden, sondern kann ihren eigenen Weg gehen, würde aber zu besonderen Anlässen, wie Geburtstagen, Landesfeiern her kommen und sich zeigen. Außerhalb des Landes wird sie unsere Interessen vertreten. Was haltet ihr davon?“ Sie sollte also einen Posten bekommen, den sie am Ende gar nicht Inne haben würde. Alles um das Volk zu beruhigen und ihm Sicherheit zu vermitteln. „Wenn es hilft die Lage zu beruhigen, dann mache ich es. Aber ich sage euch gleich, ich bin noch immer die Tochter meines Vaters und das war ich schon, bevor ich plötzlich zu einer Prinzessin oder Königin wurde. Damit identifiziere ich mich und so möchte ich auch mein Leben führen. Es stört mich nicht einen Posten bei Hofe zu haben, doch auch wenn ich Daichi immer zur Seite stehen werde, so tue ich dies als seine Freundin und nicht als Beraterin. Und ich werde auch nicht alle ausländischen Feste im Namen der Königsfamilie besuchen, immerhin würde ich dann immer zwei Fraktionen gleichzeitig vertreten müssen. Daichi sollte sich als König öfter im Ausland blicken lassen, Präsenz zeigen und so noch mehr über die Welt lernen. Natürlich kann er nicht immer wieder sein Land verlassen, doch ab und zu sollte er dies tun. Zu den restlichen Veranstaltung schickt ihr einen anderen Vertreter, den ich begleiten und unterstützen werde.“ Als sie ihren Standpunkt verdeutlicht hatte und die Männer keine Einwände erhoben, stand ihr weiteres Vorgehen fest. Doch eine Sache gab es da noch die Amy auf dem Herzen lag. „Du solltest zusammen mit deiner Thronbesteigung und meinem Posten als deine Beraterin, auch die Aufstellung einer Übergangsregierung verkünden. Auch wenn die Bürger dich lieben und froh sein werden, dass du so viele Veränderungen vornehmen willst, wird in ihnen doch die Angst bleiben, dass alles so bleiben könnte wie bisher. Da es unmöglich ist, von jetzt auf gleich ein gewähltes Parlament zu berufen, solltest du die vorübergehenden Mitglieder bestimmen, bis ihr das Land stabilisiert habt und Wahlen organisieren konntet. Ich wäre für General Mamoru, General Shinozaki und Susumu Hattori. Die beiden Generäle sind in der Bevölkerung bekannt für ihre Ehrenhaftigkeit und ihre Liebe zum Land. Indem du auch Susumu Hattori dazu holst, zeigst du, dass dir die Meinung eines jedem im Land wichtig ist, auch wenn sie sich gegen dich richtet. Das Volk wird verstehen, dass unter deiner Herrschaft die Stimme eines jeden Bürgers Gewicht hat.“ Daichi nahm ihren Vorschlag dankend an und sie begaben sich gemeinsam mit den Auserwählten Männern des vorübergehenden Parlaments zur Plattform vor den Mauern des Palasts, von wo Daichi zu seinem Volk sprechen würde.



Kapitel 16


James war außer sich vor Wut, als er eine Woche nach Daichis Krönung in Shanghai ankam. Er hatte beschlossen diesem Verräter Yang einen Besuch abzustatten und ihm mal gehörig den Kopf zu waschen. Wie hatte er Ayumi so etwas nur antun können? Seit der Verkündung seiner Verlobung, hatte sie ihr Zimmer im Palast nicht mehr verlassen. Sie aß kaum etwas und weigerte sich Besuch zu empfangen. Es ging ihr richtig dreckig und dieser Arsch hielt es nicht mal für nötig einen seiner Anrufe entgegen zu nehmen. Also war er ins nächste Flugzeug gestiegen und zu ihm geflogen. Er war noch immer ein bedeutender Geschäftsmann und würde ihn empfangen müssen. Wenigstens wusste noch immer niemand von seiner Verbindung zu Ayumi, weswegen seine Verwandten keine Verbindung von ihm zu den Coopers herstellen konnten. Jetzt würde es ihm endlich mal zugute kommen, dass öffentlich bekannt war, dass ihre Familien verfeindet waren, denn Mathew hatte auch versucht einen Termin bei Yang zu bekommen, doch man hatte ihn abgewimmelt. Irgendetwas ging hier vor, das würde sogar ein Blinder sehen. Kaum betrat James das Haus wurde er von einer groß gewachsenen blonden Frau in Empfang genommen, die ihm eine Gänsehaut verursachte. Er konnte es in ihren Augen sehen, sie war vom gleichen Schlag, wie seine Schwestern. Und mit so einer soll Yang sich verlobt haben? „Herzlich Willkommen, Mister MacGrey. Es ist mir eine außerordentliche Freude Sie in unserem bescheidenem Heim begrüßen zu dürfen.“ Er musste tief durchatmen um ein zittern bei ihrer einschmeichelnden Stimme zu verhindern. „Guten Tag. Würden Sie mich nun bitte zu Mister Li Yang führen?“, sagte er mit geschäftsmäßiger Stimme. Am besten gleich zum Punkt kommen und keine Zeit mit dieser Frau verschwenden. „Selbstverständlich. Folgen Sie mir bitte.“ Noch immer hatte sich der Klang ihrer Stimme nicht verändert und es widerte ihn einfach nur an. Sie führte ihn die Treppe hinauf, einen Gang entlang und blieb dann vor einer Tür stehen, an die sie anklopfte und ihn ankündigte. „Sie können eintreten.“ Kaum war er drinnen, schlug Yang der Frau die Tür vor der Nase zu und legte seinen Zeigefinger an die Lippen. Damit bestätigte er James Vermutung nur, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Yang lehnte sich zu seinem Ohr und James hatte alle Mühe nicht vor ihm zurück zu weichen. Er hatte zwar schon gute Fortschritte gemacht, aber so naher Kontakt war ihm immer noch unangenehm. „Was machst du hier?“, fragte Yang sehr leise. „Was ich hier mache? Du haust einfach ab, ignorierst uns und dann erfahren wir über die Zeitung, dass du dich mit einer solchen Schlange verlobt hast.“, flüsterte er im schneidenden Ton zurück. Er atmete tief durch um sich wieder zu beruhigen und sprach dann weiter. „Mathew hat versucht einen Termin bei dir zu bekommen, doch deine Onkel haben dich immer verleugnet. Deswegen bin ich her gekommen, wie es scheint hat noch niemand heraus gefunden wie ich zu den Coopers stehe. Also jetzt erzähl was hier los ist. Du kannst doch nicht ernsthaft in Betracht ziehen diese Frau zu heiraten.“ Alle wussten wie sehr Yang Ayumi liebte. Er liebte sie wahrscheinlich schon, seit sie noch Kinder waren. Es war ausgeschlossen, dass er einfach so seine Meinung ändert und vor allem seinen Geschmack was Frauen betraf. „Doch, ich werde nächste Woche Grace Frost heiraten. Wenn das alles war, dann würde ich dich bitten wieder zu gehen.“ Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein. „Hast du eine Idee, wie sehr du Ayumi mit deiner Verlobung geschockt hast. Sie hat seit diesem Tag ihr Zimmer nicht mehr verlassen und weigert sich irgendwen zu sehen oder mit jemandem zu sprechen. Ist dir etwa egal wie es ihr mit der ganzen Sache geht?“ Hart stieß Yang ihn nun gegen die Tür und hielt ihn daran gedrückt fest. „Ich mache dies alles nur, damit es Ayumi gut geht. Und jetzt geh bitte wieder.“ Erst jetzt sah James ihn sich genauer an. Er hatte tiefe Augenringe unter den Augen und sah auch ziemlich blass aus. „Verstanden. Dann nimm wenigstens das hier. Ich weiß nicht was es ist, doch Junichiro hat es mir für dich mitgegeben.“ Yang nahm den Umschlag entgegen und James verließ sein Zimmer wieder. Vor der Tür wartete noch immer die Frau und lächelte ihm entgegen. Er versuchte sie zu ignorieren und machte sich einfach durch den Flur zurück auf den Rückweg. An der Tür angekommen verabschiedet er sich noch kurz und wollte schon dieses Haus verlassen, als ihre Stimme ihn aufhielt. „Bitte richten Sie ihrem Vater Grüße von mir aus und bestellen Sie ihm, dass ich für eine erneute Zusammenarbeit offen wäre. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Aufenthalt in unserer wunderschönen Stadt.“ Er konnte nur nicken, ging dann schnell hinaus und setzte sich in seinen Wagen. Sein Vater hatte also mit ihr Geschäfte gemacht? Ging es dabei um Ayumi? Würde Yang deswegen diese Frau heiraten um Ayumi zu schützen? Er hatte ja gesagt, er würde alles nur ihretwegen machen. Wenn diese Frau Ayumis Leben gefährden würde und mit seinem Vater zusammen arbeitete, dann hatte sie Yang so vielleicht zu einer Hochzeit zwingen können. Dies bedeutete aber auch, dass sie noch die Möglichkeit hatte sie zu verhindern, wenn sie die Bedrohung für Ayumi ausschalteten. Er liebte dieses Mädchen, doch sie so unglücklich zu sehen brach ihm fast das Herz. Da sah er sie lieber glücklich in den Armen eines anderen Mannes, als weiter leidend. Sie hatte sein Leben so sehr zum positiven verändert. Ayumi unterstützte ihn bei seiner Krankheit, half ihm dabei wo sie nur konnte, hatte unzählige Bücher zum Thema Mysophobie gelesen, nur um ihm noch mehr unter die Arme greifen zu können. Sie hatte ihm gezeigt, wie eine Frau sein sollte und was es bedeutete echte Freunde zu haben. Nun würde er diesen Gefallen erwidern und Ayumi dabei helfen, ihre Liebe zurück zu bekommen.

Yang schloss die Tür hinter James wieder ab und ließ sich an sie gelehnt hinab auf den Boden rutschen. Wieso hatte er nach Shanghai kommen müssen? Es war so schon schlimm genug, diese ganze Situation ertragen zu müssen, da brauchte er nicht noch einen Freund, der in seiner Wunde bohrte. Solange er sich an die Abmachung hielt würde es Ayumi gut gehen, dies hieß aber auch, dass er sich an Grace Regeln halten musste. Hatte er davor noch große Reden geschwungen, wurden sie alle hinfällig solange Ayumi unversehrt blieb. Er öffnete den Umschlag und nahm die Papiere die darin waren hinaus. Nun starrte er auf ein Foto, welches Junichiro von ihm und Ayumi aufgenommen hatte, kurz bevor sie aus Seattle abgereist waren. Er hielt sie in seinen Armen und hatte sein Kinn auf ihrer Schulter abgelegt. Verzweifelt schloss er seinen Augen und kämpfte gegen die Traurigkeit und Verzweiflung die ihn einzunehmen versuchten. Als er dachte seine Gefühle wieder im Griff zu haben, sah er sich die anderen Papiere an. Es folgten weitere Fotos von ihrem Urlaub in Seattle, Bilder von ihnen beim Angeln, wie sie auf dem Sofa aneinander gekuschelt da saßen und jeder ein Buch las, wie sie zusammen kochten, wie sie sich zusammen die Sterne ansahen, wie Ayumi über irgendetwas lachte und dabei aus strahlenden Augen zu ihm hinauf sah. Wann hatte Junichiro all die Fotos nur aufgenommen? Und wieso hatten sie nichts davon bemerkt? Das letzte Bild jedoch verstand er nicht sofort. Es musste mit dem Computer bearbeitet worden sein, denn es zeigte eine nachdenkliche Ayumi, wie sie in ihrem Zimmer, auf dem Anwesen in New York aus dem Fenster sah. Zumindest ging er davon aus, wenn er den Winkel betrachtete aus dem dieses Bild aufgenommen wurde. Um sie herum waren die Edelsteine die sie von Mathew geschenkt bekommen hatte angeordnet, in einer Art Kranz. Die Kette um ihren Hals wurde durch einen roten Kreis darum hervorgehoben und am Rand stand: Sie hat ihre Entscheidung getroffen. Hast du den Mut es ihr gleich zu tun? Yang dachte eine ganze Weile nach, was Junichiro ihm mit dieser kryptischen Frage hatte mitteilen wollen. Ayumi hatte sich für einen der von ihrem Vater gewählten Anwärter entschieden, er hatte nicht den Mut gehabt, Jimi zu fragen für wen genau. Wieso war der schwarze Diamant hervorgehoben? Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, zumindest hoffte er, dass er sich nicht täuschte. Was wenn er sich Ayumis verändertes Verhalten in Seattle nicht eingebildet hatte? Was wenn er von Anfang an, einer der Auserwählten gewesen war? Mathew hatte nie gesagt, dass es sich um vier Kandidaten handelte, er hatte immer nur gesagt, dass es zu jedem geschenkten Edelstein, einen passenden Mann gab. Diese Kette hatte er Ayumi kurz vor den anderen Juwelen geschenkt und dieser würde perfekt zu ihm passen. Vielleicht hatte sie in dem Gespräch, welches er unabsichtlich belauscht hatte über ihn gesprochen. Yang war bewusst, dass es möglich war, dass er sich schon wieder von grenzenlosem Optimismus und Wunschdenken beeinflussen ließ, doch wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass Ayumi ihn lieben konnte und mit ihm zusammen sein wollte, dann würde er sie ergreifen. Er musste eine Möglichkeit finden, wie sie in Sicherheit sein konnte und er Grace loswerden konnte. Ein Plan baute sich in seinem Kopf auf und er erhob sich um an die Arbeit zu gehen. Als erstes musste er James für den nächsten Tag noch mal zu sich einladen, diesen Plan würde er unmöglich ohne Unterstützung eines Freundes durchführen können. Er ging damit das Risiko ein alles zu verlieren, wofür er all die Jahre hart gearbeitet hatte, doch für sein Glück musste er es eingehen. Er hatte vollstes Vertrauen in seinen Freund und selbst wenn etwas schief gehen würde, so hatte er noch genug Geld auf versteckten Konten um wieder auf die Beine zu kommen. Seinen Geschäftssinn würde ihm diese Schlange immerhin nicht nehmen können.

Jean-Luc hielt es einfach nicht mehr aus, Amy leiden zu sehen, obwohl er sie ja gar nicht sehen konnte, da sie sich immer noch in ihrem Zimmer verkroch. Allerdings hatte er nun die perfekte Ausrede um sie aus diesem Loch holen zu können. Noch immer brodelte in ihm die Wut auf Yang, der Amy mit seiner Verlobung so tief verletzt hatte, doch zumindest konnte er sich endlich erklären wieso Amys Kindheitsfreund so gehandelt hatte. Schwungvoll öffnete er die Tür zu Amys Zimmer im Palast, trat ein und öffnete die Vorhänge die das gesamte Zimmer verdunkelten. Das arme Mädchen lag auf der Seite auf ihrem Bett und hatte ihre Beine mit den Armen umschlungen. Aus traurigen und auch empörten Augen sah sie ihm nun entgegen und Jean-Luc setzte sich zu ihr. „Du hast mich doch gebeten herauszufinden wer James Vater die Informationen über die Geburt deines Vaters beschafft hat. Mein Bekannter hat mir gerade die Ergebnisse seiner Ermittlung geschickt. Wie es schein hat eine Grace Frost die Untersuchung durchgeführt und James Vater gegeben. Sie hat auch den Attentäter damals in New York auf dich angesetzt. Sie ist die Tochter eines von Yangs Onkeln und eine intrigante Schlange, die noch immer Attentäter auf dich angesetzt hat. Sie wurden schon bezahlt und stehen auf Abruf bereit, falls sie sich dazu entschließen sollte dir das Leben zu nehmen. Ihr Auftrag endet mit dem Tag von ihrer und Yangs Hochzeit.“ Damit hatte er ihr alle relevanten Fakten gegeben, jetzt musste sie endlich aus ihrer Starre auftauchen und die richtigen Schlüsse ziehen, damit sie etwas unternehmen konnten. Mit einem Ruck saß sie nun neben ihm und sah ihn hoffnungsvoll an. „Sie zwingt ihn zu dieser Hochzeit?“ Ayumis Augen flehten ihn geradezu an ihre Frage zu bestätigen. „Ich denke schon. Um vollkommene Sicherheit zu haben, müssten wir mit Yang sprechen, doch dies ist nicht möglich. Wir haben schon alles Mögliche versucht, doch seine Familie schirmt ihn vollkommen von unserer Gruppe ab. Nicht mal dein Vater hatte ein Treffen oder wenigstens ein Telefonat mit Yang bekommen können. Aber die Fakten sprechen dafür, dass diese Grace Frost Yang mit deinem Leben als Pfand dazu erpresst hat dieser Ehe zuzustimmen. Jeder von uns hätte wohl so wie er in dieser Lage gehandelt um dich in Sicherheit zu wissen.“ Und trotz dieser Erkenntnis, konnte Jean-Luc seine Wut auf Yang nicht ganz abstellen, immerhin hatte er Ayumi mit seinem Verhalten sehr tief verletzt. Einmal atmete sie tief durch und sprang dann vom Bett auf. „In Ordnung. Ich habe einiges zu tun. Erstmal gehe ich duschen und dann muss ich mit meinem Vater sprechen. Jean-Luc, wärst du lieb und würdest alle zusammen rufen? Ich werde mich beeilen und dann zu euch kommen.“ Da war sie ja wieder, das Mädchen, das sich vor keinem Problem fürchtete und die Initiative ergriff. „Ich gebe alles bescheid.“ Dann verließ er ihr Zimmer wieder um sich auf den Weg zu dem Rest ihrer Gruppe, sowie Ayumis Vater und Großvater zu begeben.

Die Hoffnung hatte Amy ergriffen, nachdem Jean-Luc ihr von den Ergebnissen der Untersuchung erzählt hatte. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für sie und Yang. Vielleicht musste sie ihre erste große Liebe doch nicht aufgeben. Wut machte sich in Amy breit, als sie daran dachte, dass diese Frau ihren Yang zu einer Eheschließung zwingen wollte und auch noch Amys Sicherheit dafür benutzte. Sie würde sich ihren Mann holen, immerhin war sie die Tochter ihres Vaters und würde sich nehmen was sie wollte. Vergessen war die Absicht, Yang frei zu lassen und darauf zu warten, dass er sich für sie entschied. Mit der Einmischung dieser Grace Frost, war dieser Vorsatz hinfällig. Nach einer schnellen Dusche schlüpfte sie schnell in Jeans und Shirt, wohl wissend, dass sie dafür wieder von allen im Palast schief angesehen würde. Es gehörte sich einfach nicht für die Königsfamilie in solch legerer Kleidung herum zu laufen. Selbst nach allem was Amy erfahren hatte und auch der Bestätigung von ihrem Vater und Großvater Junichiro konnte sie es noch immer nicht wirklich fassen, dass sie wirklich blaues Blut in ihren Adern haben sollte. Doch dies spielte in diesem Moment keine Rolle. Amy hatte eine Aufgabe zu erfüllen, sie musste einen Weg finden, Yang aus den Klauen dieser Schlange zu befreien und dabei gleichzeitig ihre eigene Sicherheit garantieren. Um das zu schaffen brauchte sie dringend die Unterstützung ihrer Familie und Freunde. Als sie im Saal ankam warteten schon alle auf sie, da waren Jean-Luc, Daichi, Orell, ihr Vater, beide Junichiros, sogar die derzeitigen Volksvertreter waren da. Alle schienen erfreut zu sein sie zu sehen, doch dafür hatte Amy jetzt keine Zeit, sie musste ihren Freund befreien. „Hat Jean-Luc schon erzählt worum es geht?“, fragte sie auch gleich in die Runde nachdem sie sich gesetzt hatte. „Wir wissen bescheid und haben auch schon einen Plan für die Ergreifung der Attentäter erstellt. Durch die Nachrichten die Jean-Luc uns geben konnte, war es nicht schwer die Identitäten heraus zu finden.“, antwortete Junichiro. „Dad, du hast mir versprochen, dass du mir einen Wunsch erfüllst wenn ich dein Spiel beenden sollte. Ich entscheide mich für Yang als meinen zukünftigen Ehemann und gewinne damit. Ich wünsche mir von dir freie Hand bei dieser Angelegenheit, dazu gehört selbstverständlich, dass ich auf deine Ressourcen, sowohl finanzieller als auch geschäftlicher Natur Zugriff bekomme.“ Stolz glomm in den Augen ihres Vaters auf und er gewährte ihr wie vereinbart ihren Wunsch. Jetzt waren alle Weichen gestellt, jetzt musste sie sich nur noch ihren Mann zurück holen. „Bevor du dich jedoch auf den Weg nach Singapur machst gibt es hier auf Kami Shima noch jemanden der dich gerne kennen lernen möchte. Ich bitte dich ihn zu treffen und erst danach abzureisen.“, bat sie ihr Großvater Junichiro. „Bis zur Hochzeit sind es noch 4 Tage und ich werde erst einen Tag davor abreisen, also spricht nichts gegen ein Treffen. Um wen geht es denn?“ Alle schienen erstaunt zu sein, dass Amy nicht sofort los wollte, aber ihr war bewusst, dass sie erst weg konnte wenn die Gefahren für sie aus dem Weg geräumt wären. „Komm mit ich bringe dich hin.“ Sie folgte ihrem Vater und seinem Stiefvater einfach, sie würde sicher noch früh genug heraus finden wer sie denn so dringend noch kennen lernen wollte. Etwas wunderte sie sich, dass sie den Palast nicht verließen, doch umso länger sie gingen, desto sicherer war sie sich zu wem man sie bringen würde. Wen sie dann jedoch vor sich sah war ein wahrer Schock für sie. Das war einfach nicht möglich, ihre Großmutter war vor 6 Jahren gestorben. Mit Tränen in den Augen öffnete die alte Frau ihre Arme und Amy schmiss sich weinend hinein. „Ich bin so froh dich endlich wieder sehen zu können.“ Noch immer verstand sie nicht wirklich was hier vor sich ging, doch sie war glücklich. Als sie sich endlich wieder beruhigte gingen sie zusammen hinein und ihr wurde ihr leiblicher Großvater vorgestellt. „Ich habe schon sehr viel über dich gehört und ich bin sehr froh dich nun endlich kennen lernen zu dürfen.“ Er umarmte sie und Amy erwiderte die Geste auch wenn sie noch nicht wirklich wusste was sie davon halten sollte. Klar, dieser Mann war ihr Großvater, doch sie kannte ihn nicht. Der einzige Großvater den sie je gehabt hatte war Junichiro gewesen. „Wir sollten uns erstmal alle setzen.“ Alle kamen Mathews Vorschlag nach. „Als erstes möchte ich mich bei dir entschuldigen, dass wir dir damals nicht erzählt haben, dass mein Tod nur vorgetäuscht war und ich nicht wirklich gestorben war. Ich stand durch die Mutterschaft deines Vaters auch unter ständiger Beobachtung, wir sahen keinen anderen Weg, wie ich nach Kami Shima gelangen konnte, ohne dabei einen Verdacht zu erregen. Du warst damals noch ein und hättest nicht verstanden, weshalb ich gegangen bin und wieso du deswegen Stillschweigen bewahren musstest. Diese Begründung ist jedoch keine Entschuldigung, dich getäuscht zu haben und dich dieser sinnlosen Trauer ausgesetzt zu haben. Es tut mir wirklich von Herzen leid.“ Amy war sich nicht sicher was sie in diesem Moment fühlen sollte. Klar ein kleines bisschen fühlte sie sich betrogen, sie hatte um ihre Großmutter getrauert und kann sich noch heute genau daran erinnern, wie sie sich Monate lang in den Schlaf geweint hatte, als sie von ihrem Tod erfahren hatte. Doch sie spürte auch eine tiefe Befriedigung in sich, als sie sie lebend neben diesem Mann, den sie ihr ganzes Leben lang geliebt hat, sitzen sah. Sie hatten ihr Happy End bekommen, es mochte zwar beinahe ein ganzes Leben gedauert haben, doch nun waren sie endlich zusammen, so wie es schon immer hätte sein sollen. Amy schielte zu Junichiro hinüber, doch dieser schien vollkommen zufrieden zu sein. „Ich verstehe warum ihr das getan habt und bin euch deswegen nicht wirklich böse. Ich bin froh zu sehen, dass es dir gut geht und du nun endlich vollkommen glücklich sein kannst.“ Eine Träne rollte ihrer Großmutter die Wange hinab, die der Mann an ihrer Seite, ihr liebvoll abwischte und ihre Hand tröstend in seine nahm. Ein Gedanke kam Amy und sie konnte ein Glucksen nicht verhindern, was ihr die Blicke alle sicherte. „Was ist so lustig?“, fragte ihr Vater interessiert nach. „Ich habe gerade nur darüber nachgedacht, dass Junichiro nun das Ende seiner Gute-Nacht-Geschichte ändern muss.“ Sofort erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht und er nickte ihr zu. Jetzt erst wurden Amy auch wirklich bewusst, dass dies der Grund war, weshalb sie Junichiro nie hatte Großvater nennen dürfen. Noch heute, nach all den Jahrzehnten, war er seinem alten Freund ergeben. Er hatte sein Versprechen gehalten und auf Masuyos Liebe Acht gegeben und sich um sie gekümmert. Er hat seinen Sohn aufgezogen, als wäre er sein eigener, ihm all die Liebe geschenkt, wie ein richtiger Vater und sich dann auch später um sie bemüht wie ein richtiger Großvater. Doch immer wusste er die Wahrheit, wusste, dass er immer nur der Stellvertreter war. Das hieß nicht, dass er ihren Vater und sie nicht liebte wie seine eigene Familie, doch all dies wurde zu Beginn aus seinem Pflichtbewusstsein und seiner Freundschaft zu Masuyo geboren. Sie sah zu ihrer Großmutter und lächelte. „Wie ist es dir in den letzten Jahren ergangen. Ich möchte alles erfahren. Bist du hier glücklich?“ Und sie tat ihr den Gefallen und erzählte Amy ihre Geschichte von Anfang an.



Kapitel 17

 

Aufgeregt saß Amy im Flieger und spielte unablässig mit dem Anhänger ihrer Kette, während sie aus dem kleinen Fenster sah. „Ist wirklich alles gut bei dir?“, fragte Jean-Luc besorgt nach. „Alles in Ordnung. Ich bin nur nervös. Was wenn Yang gar nicht gerettet werden muss? Was wenn wir die falschen Schlüsse gezogen haben? Wenn er diese Frau nicht wegen meiner Sicherheit sondern wegen seiner Familie heiraten möchte? Was mache ich, wenn er es mir übel nimmt, eigenmächtig gehandelt zu haben ohne die genauen Umstände zu kennen?“ Sie hatte wirklich angst und der Zweifel nagte unaufhörlich an ihr. Beruhigend nah Jean-Luc ihre Hand in seine und drückte sie aufmunternd. „Darum brauchst du dir keine Gedanken machen. Ich bin mir sicher, dass Yang dir dieselben Gefühle entgegen bringt, wie du ihm. Alles wird gut werden und heute Abend wirst du über diese Zweifel nur noch lachen können.“ Amy hoffte, dass ihr Freund Recht behalten würde. Die Schritte die sie eingeleitet hatte um Yang zurück zu bekommen, würden für einen riesigen Skandal sorgen und würden wenn es schlecht lief, auch die Geschäfte seiner Familie beeinflussen. Natürlich hätte Amy es auch anders regeln können, doch sie wollte alle möglichen Faktoren, die gegen eine Verbindung von ihr uns Yang sein könnten, ausgeschaltet haben, bevor sie sich ihren Mann holte. Ich Vater war deswegen stolz auf sie, doch umso näher sie Singapur kamen, desto mehr zweifelte sie, ob sie richtig gehandelt hatte. Allerdings waren die Würfel nun gefallen und selbst sie würde diese nun nicht mehr aufhalten können. Alles würde seinen Weg gehen und sie würde sehen wohin es sie führen würde.

Yang hatte alles getan was er konnte und nun würde er nur noch diesen Tag hinter sich bringen müssen. James stand neben ihm und besah ihn über den Spiegel etwas skeptisch. „Was ist los?“, fragte er nach. Eigentlich war es ihm egal, doch er würde für jede Ablenkung dankbar sein. „Ich frage mich nur, weshalb du dich für diese Hochzeit so fein herrichtest, wenn du diese Frau nach der offiziellen Eheschließung, eh sofort wieder verlassen möchtest.“ Dazu konnte er nur mit den Schultern zucken. „Keine Ahnung. Wahrscheinlich, weil es einfach dazu gehört.“ James nickte, ging zu Tür, sperrte diese ab und begann dann die Unterlagen auf dem Tisch auszubreiten. „Hier sind alle Verträge, von einem Notar beglaubigt und auf einen Monat zuvor datiert. Meine Unterschriften habe ich schon getätigt. Wenn du soweit bist, fehlen nur noch deine und die Sache ist erledigt.“ Als Yang zu ihm ging, sah James ihm direkt in die Augen. „Bist du dir sicher, dass du das tun willst?“, fragte er noch einmal nach. „Ich vertraue dir.“, war Yangs Antwort wie immer, bevor er sich einen Stift nahm und sein Zeichen überall setzte, die der Notar markiert hatte. Tief durchatmend, sammelte er die Papiere auf und reichte sie James. „Herzlichen Glückwunsch. Du hast soeben all meine Firmen, Firmenanteile und Besitztümer überschrieben bekommen.“ Zu seinem erstaunen reichte James ihm die Hand und Yang schlug ein. „Du kannst mich anfassen?“ Wirklich fassen konnte Yang es nicht. Schon eine gefühlte Ewigkeit hing James an diesem Punkt fest und nun überwand er diese Hürde einfach so nebenbei. „Es ist mir noch immer unangenehm und sehr wahrscheinlich werde ich in spätestens einer Minute mein Limit erreicht haben und meine Hand desinfizieren müssen, doch gerade jetzt ist es auszuhalten.“ Yang freute sich für seinen Freund. Zwar würde es noch immer eine Weile dauern bis er wirklich geheilt war, wenn er es denn überhaupt jemals ganz schafft, doch er machte Fortschritte und das war die Hauptsache. Als es an der Tür klopfte, wurde die freundschaftliche Stimmung im Zimmer sofort aufgelöst. „Herein.“ Eine der Hausmädchen kam zu ihnen hinein und verbeugte sich. „Es ist an der Zeit aufzubrechen. Euer Wagen steht bereit und Eure Onkel erwarten Euch in der Lobby.“ Jetzt war der Augenblick der Entscheidung gekommen. „Verstanden. Ich werde mich gleich auf dem Weg machen.“ Das Hausmädchen verbeugte sich erneut und verließ das Zimmer wieder. „Fast geschafft. Nur noch die Hochzeit und du kannst mit mir zurück nach New York fliegen.“ James hatte Recht, trotzdem fühlte er sich unwohl bei dem Gedanken eine andere Frau heiraten zu müssen. Lange hatte er mit James geredet, doch sie waren sich einig, dass es das sicherste für Ayumi wäre, wenn er Grace zur Frau nahm und sich im Anschluss wieder von ihr scheiden ließ. All seinen Besitz hatte er gerade an James übertragen, wodurch sie nichts von ihm bekommen würde. Seinen Titel konnte sie gern behalten, auch wenn er ihr nichts nutzen würde. Wie es aussah hatte sie noch nicht verstanden, dass der Titel des Oberhauptes nicht vererbt wurde, sondern verliehen. In einer halben Stunde sollten auch all ihre Konten eingefroren worden sein, genau wie die ihres Vaters. Auch die Geschäfte ihres Vaters, hatten wie der Zufall es wollte, in der letzten Woche mit erheblichen Verlusten klar kommen müssen. Alle Weichen waren gelegt, um Grace jeglichen Handlungsspielraum zu nehmen.

Ayumi schlüpfte in das Gewand, welches Sachiko, ihre Cousine, ihr für diesen Anlass geschenkt hatte. Jean-Luc hatte ihr dabei geholfen und jetzt wo er die Kleidung an Ayumi sah, hatte er das Gefühl sich selbst auf die Schulter klopfen zu können. Sie sah wirklich atemberaubend aus. Und so gekleidet und zurecht gemacht, mit all dem teuren Stoff, all dem Gold und Juwelen, sah sie wirklich aus wie eine Prinzessin aus dem Osten. Daichi betrat den Raum und passt wirklich perfekt zu seiner Cousine. Bei diesem Gedanken stockte Jean-Luc kurz. Hatte Mathew wirklich vor gehabt seine Tochter an ihren eigenen Cousin zu vermählen? Daichi war einer der Heiratskandidaten gewesen, doch sie waren miteinander verwandt und noch dazu wollte Mathew seine Tochter doch eigentlich vor dem Königshaus beschützen. Sie wäre die rechtmäßige Thronerbin gewesen, doch war nicht dazu geschaffen eine Königin zu sein. Dafür würde sie zu vielen Regeln unterworfen sein, das musste auch Mathew klar gewesen sein. Hätte sie sich jedoch für Daichi als Mann entschieden, wäre sie selbst wenn ihre Herkunft nicht bekannt geworden wäre, ein Teil des Königshauses geworden. Das Ergebnis wäre genau das gewesen, was ihr Vater die ganze Zeit hatte verhindern wollen. Dieser schlaue Fuchs. Bei diesem Spiel war es nie darum gegangen Ayumi wirklich einen Mann zu suchen. Ihr Vater hatte nur dafür gesorgt, dass sie genügend Unterstützung hatte, sollte es zum schlimmsten Fall kommen und ihr Familiengeheimnis aufgedeckt werden. Er hatte Männer für sie ausgesucht, die sie unterstützen würden, Männer, die auch genügend Macht hätten um sie zu beschützen. Und er kannte seine Tochter so gut, dass er genau wusste, dass sie es schaffen würde, sie alle in ihren Bann zu ziehen. War er wütend deswegen? Nein, eigentlich nicht. Dieses Spiel hatte ihm Ayumi gegeben und auch wenn sie einen anderen Mann heiraten würde, so würde sie immer ein Teil seines Lebens bleiben, genau wie in den Leben der anderen Männer. „Es ist an der Zeit aufzubrechen, wenn wir noch rechtzeitig bei der Hochzeit ankommen wollen.“, erinnerte sie Daichi und Jean-Luc geleitete Ayumi zum Wagen, wo er neben ihr platz nahm und Daichi ihnen gegenüber. „Ich danke euch, für eure Unterstützung. Ohne euch hätte ich meinen Plan nie in die Tat umsetzen können.“, bedankte sich das Mädchen bei ihnen. „Kein Dank nötig. Hat sich Orell denn schon bei dir gemeldet?“, fragte er nach um das Thema zu wechseln. Ayumi hatte für sie alle schon so viel getan, dass es ihm unangenehm war, wenn sie sich so aufrichtig bei ihnen bedankte. „Ja. Er, sein Vater und mein Dad haben alle Vorbereitungen abgeschlossen. In wenigen Minuten müsste es soweit sein, dass alle Firmen die unter der Zhao Familie sind kurz vor dem Kollaps stehen. Die Polizei hat sich bereit erklärt vor dem Anwesen auf dem die Hochzeit statt finden soll, auf uns zu warten und erst einzugreifen, wenn ich ihnen das Okay gebe. Vor einer halben Stunde ungefähr müssten auch die Nachrichtensender begonnen haben die Sondersendung auszustrahlen. Es gibt nun kein Zurück mehr. Die Zhao Familie wird nach heute keinen Fuß mehr in die Geschäftswelt setzen können.“ Man sah wie sehr es Ayumi mitnahm so weit gehen zu müssen, doch es gab keine andere Möglichkeit um ihre Sicherheit und Yangs Freiheit zu erlangen. Seine Familie würde ihn nie freiwillig gehen lassen und würde für Ayumi immer eine Gefahr darstellen. Als sie endlich vor dem Anwesen ankamen, stiegen sie aus und Ayumi machte sich sofort auf den Weg zu den Polizisten, wobei sie von vier Palastwachen begleitet wurde. Kurz unterhielt sie sich mit einem der Männer, bevor sie ihm und Daichi das Zeichen gab, worauf hin sie sich auf den Weg machten. Die Zeremonie sollte im Freien stattfinden und Jean-Luc musste zugeben, dass es wirklich ein wunderschöner Garten war um zu heiraten. Als sie bei den Gästen ankamen, waren ihnen die Blicke aller sicher und Jean-Luc hätte sich sein Lachen beinahe nicht verkneifen können, als er Yangs geschockten Blick sehen konnte. Würdevoll, wie es sich für eine Prinzessin gehörte schritt Ayumi, neben Daichi und begleitet von den Palastwachen, den Gang entlang und setzte sich vollkommen ungerührt in die erste Reihe. James, der zuvor noch neben Yang gestanden hatte, kam zu ihnen geeilt. „Was tut ihr hier?“ Wie es aussah machte er sich Sorgen um Ayumi, doch diese waren unbegründet. „Mein ältester Freund heiratet, da ist es doch nur normal, dass ich dabei bin und ihm mein Glückwünsche überbringe.“, antwortete Ayumi kühl und gefasst. Wenn er es nicht besser wissen würde, dann hätte er ihr dieses Theater sogar abgekauft. „Du solltest nicht hier sein.“ Jean-Luc stand wieder auf und schirmte Amy mit seinem Körper vor ihrem Freund ab. James konnte Berührungen noch immer nicht ertragen, weshalb es ihm ein leichtes war ihn von Amy wegzubringen. „Alles ist gut. Warte einfach ab und sieh dir an, zu was unsere Kleine alles fähig ist.“ Er selbst hatte es schon einmal erlebt wie weit Amy für jeden von ihnen bereit war zu gehen. Seine Eltern hatten für den Fehler sie für ein normales kleines Mädchen zu halten, teuer bezahlen müssen.

Amy hatte alle Mühe ihren Atem ruhig zu halten und so auch ihren Herzschlag etwas zu beruhigen. Yang stand direkt vor ihr. Sie müsste nur aufstehen, zwei Schritte gehen und die Hand ausstrecken um ihn berühren zu können. Er sah gut aus und etwas störte es sie, dass er sich für diese Hochzeit so schick gemacht hatte, doch dann nahm sie ihre Eifersucht an die Leine. Als eine große blonde Frau, mit eiskalten Augen, zu ihr kam, wusste sie sofort, wen sie da vor sich hatte. „Es ist uns eine ausgesprochene Ehre Eure Hoheit und die königliche Cousine auf unserer bescheidenen Hochzeit begrüßen zu dürfen. Da die Zeremonie jedoch nur im engsten Kreis der Familie stattfinden sollte, muss ich Eure Hoheit bitten das Anwesen wieder zu verlassen. Eure Hoheit ist jedoch herzlich eingeladen nach der Zeremonie an den Feierlichkeiten teilzunehmen.“ Amy konnte erkennen, dass diese Frau mit den Geschehnissen vollkommen überfordert war. Durch ihr auftauchen, musste dieser Grace klar sein, dass ihre Attentäter geschnappt worden oder ausgelöst wurden. Daichi sah zu ihr und sie nickte ihm zu. „Wir haben hier alles erledigt. Jetzt liegt es an ihm und nicht mehr an mir.“ Der Plan war im vollen Gang, doch ihr Auftauchen auf diesem Anwesen, hatte nur den Zweck gehabt, Yang zu vermitteln, das sie in Sicherheit war. Wenn er diese Frau nun trotzdem heiraten würde, dann hatte er sich entschieden und Amy konnte daran nichts mehr ändern. Zumindest hatte sie alles ihr mögliche getan um den Mann den sie liebte für sich zu gewinnen. Grace schien ihren Plan erkannt zu haben und machte wütend einen Schritt auf Amy zu, als ihr schon zwei Klingen an den Hals gehalten wurden. Ja, die Palastwachen waren nicht nur zur Show an ihrer Seite, sie nahmen ihre Aufgabe sehr ernst. Als Unruhe aufkam und Amy sich umsah, musste sie einfach lächeln. Es hatte begonnen und nun gab es wirklich keinen Weg mehr Zurück. Niemand schien die Braut in ihrer misslichen Lage zu bemerken, stattdessen starrten alle auf ihre Telefone und begannen aufgeregt Befehle zu erteilen und anrufe zu tätigen. „Nehmt die Waffen runter. Diese Frau stellt keine Gefahr mehr für mich oder irgendjemand anderen mehr dar.“ Jean-Luc legte sich ihre Hand in die Armbeuge und ging mit ihr den Gang entlang zurück um das Anwesen wieder zu verlassen.

Yang stand noch immer vollkommen geschockt da und wusste einfach nicht was er nun genau tun sollte? Wieso war Ayumi gekommen und warum ging sie nun einfach wieder. James trat neben ihn und zog so seine Aufmerksamkeit von der jungen Frau weg. „Ayumi hat keine Verfolger mehr. Deswegen ist sie her gekommen. Sie wollte dir damit zeigen, dass sie in Sicherheit ist und du dir keine Sorgen um sie machen brauchst. Ab jetzt liegt es in deiner Hand, ob du nun noch heiraten möchtest, oder deine Familie verlässt um mit Ayumi zu gehen. Es ist deine Entscheidung.“ Sie hatte ihn nicht aufgegeben. Ohne sein zutun setzten sich seine Füße in Bewegung, um ihr nachzulaufen, doch die Polizei die ihm entgegenkam ließ ihn stocken. Was war hier nur los? Auch seine Verwandten waren seit einigen Minuten viel zu unruhig, doch dies bekam er erst jetzt mit. „Grace Frost, wir verhaften Sie, wegen den versuchten Mord an Ayumi Cooper und Anstiftung zum Mord, ebenfalls an Ayumi Cooper. Sie werden noch heute nach Kami Shima ausgeliefert, wo sie vor Gericht gestellt werden.“ War das seine Ernst? Konnte der Polizist dies wirklich ernst meinen? „Sie können mich nicht einfach an ein anderes Land ausliefern.“, zeterte Grace los. „Ayumi Cooper gehört zur Königsfamilie eines fremden Landes. Wenn unser Land keinen politischen Konflikt mit Kami Shima eingehen möchte, dann bleibt uns gar nichts anderes übrig. Die Papiere sind schon fertig und der König selbst ist hier her gekommen um sie zu unterschreiben.“ Deswegen war Daichi also hier. Doch wie hatten sie es geschafft, die chinesische Regierung so sehr unter Druck zu setzen, dass sie Grace einfach so auslieferten. Als sein Onkel ihn zu sich zog, wurde er von der noch immer keifenden Frau abgelenkt. War er ein schlechter Mensch, da er sich freute, dass es so mit ihr Enden würde? „All unsere Firmen…“ Weiter sprach sein Onkel nicht, da ihm anscheinend die Worte fehlten. Stattdessen hielt er ihm sein Smartphone vors Gesicht, es zeigte die Aktienwerte ihrer Firmen. Nun, hatte er alle Mühe nicht in Gelächter auszubrechen. Er hatte schon mit seiner Familie abgeschlossen, weshalb es ihn amüsierte zu sehen, zu was Ayumi fähig war. „Wie es aussieht, werden wir uns nun alle einen neune Job suchen müssen.“, sagte er mit einem Lachen in der Stimme. Ayumi hatte alle ihre Firmen aufgekauft, ohne, dass irgendjemand etwas davon mitbekommen hätte. Die bei denen es ihr nicht möglich gewesen war, waren von einem Augenblick auf den Nächsten pleite gegangen. Ja, das war die Macht der Familie Cooper, vor der er seine Verwandten immer wieder gewarnt hatte, die ihn jedoch nie wirklich ernst genommen hatten. Jetzt sahen sie das Ergebnis, was passierte, wenn man sie unterschätzte. „James wir sollten aufbrechen. Hier ist alles erledigt.“ Gemeinsam mit seinem Freund verließ er das Anwesen seines Onkels, welches wohl nicht mehr lange seins sein würde. „Ich dachte ich könnte die Sache regeln und dann zu Ayumi zurückkehren und nun hat sie all meine Probleme einfach gelöst.“ Was war er nur für ein Mann, der sich von einem gerade mal 17 jährigen Mädchen, hatte retten lassen müssen? „Wir hätten damit rechnen müssen. Ayumi ist niemand, der einfach nur da sitzt und darauf wartet, dass alles irgendwie wieder gut wird.“ Damit hatte James vollkommen Recht. Ayumi war ein Mensch, der versuchte alles aus eigener Kraft zu lösen und anderen ohne Hintergedanken half. Sie war etwas ganz besonderes. Vor dem Tor stand sie mit Daichi und Jean-Luc und Yangs Herz beschleunigte sich, als er sie dort so prunkvoll stehen sah. Sie war einfach nur wunderschön.

Jean-Luc sah wie Yang und James zu ihnen kamen, doch dafür hatte er gerade keine Zeit, zu sehr war er von Ayumis Worten gefangen. „Hast du wirklich gedacht, ich lasse dich damit einfach davon kommen? Du hast versucht mich ermorden zu lassen, hast Attentäter auf mich angesetzt um Yang zu einer Ehe mit dir zu zwingen. Du hast versucht ihm alles zu nehmen und warst wirklich davon überzeugt, dass du damit durchkommen würdest? Du hast die Informationen um meine Herkunft an die Presse geleitet, im Bewusstsein, dass Kami Shima vollkommen instabil war und jeden Moment ein Bürgerkrieg würde ausbrechen können. Keine einzigen Gedanken hast du daran verschwendet welche Opfer es kosten würde. Wie viele Menschen aufgrund deiner Habgier würden sterben müssen. Niemand wird zu deiner Rettung kommen. Kein Einfluss der Welt würde dich jetzt noch retten können. Du wirst dich vor dem Gericht auf Kami Shima verantworten müssen und deine gerechte Strafe bekommen.“ Ayumi war wirklich gnadenlos, wenn es um Menschen ging die ihr am Herzen lagen. „Mein Vater wird nicht zulassen, dass es soweit kommt und so ein kleines Mädchen wie du wird daran nichts ändern können.“ Wütend ging Ayumi zu der Frau in Handschellen. „Dein Vater hat nichts mehr. Keine Firmen, kein Geld und keinen Einfluss. Ich habe ihm alles genommen, genau wie dem Rest eurer Verwandtschaft. Wie schon gesagt, niemand wird zu deiner Rettung kommen und selbst wenn sie es versuchen sollten, werden ihnen die nötigen Mittel dazu fehlen. Niemand vergreift sich ungestraft an meinen Liebsten.“ Daichi lehnte sich zu ihm herüber während auch er den Blick nicht von der jungen Frau abwenden konnte. „Ich war noch nie so froh, dass Ayumi auf unserer Seite steht, wie in diesem Moment.“ Da konnte er dem König nur beipflichten. Als James und Yang bei ihnen ankamen, entfernte sich Ayumi wieder von der Frau, die nun weinend von den Polizisten abgeführt wurde und von zwei der Palastwachen begleitet wurde.

Amy sah zu Yang und wartete einfach ab. Es lag an ihm zu entscheiden, wie es nun weiter gehen sollte. Ohne Vorwarnung kam er auf sie zu und zog sie in seine Arme. „Ich danke dir.“, flüsterte er an ihr Ohr und sie entspannte sich. Sie hatte die ganze Zeit so hart getan, doch die Unsicherheit, ob er mit ihrem Vorgehen einverstanden sein würde, hatte die gesamte Zeit über an ihr genagt. „Wirst du mit uns zurück nach Kami Shima kommen?“, fragte sie verhalten nach und er löste sich etwas von ihr um sie ansehen zu können. „Nicht nach New York?“ Er schien verwirrt zu sein. „Es gibt dort jemanden der dich unbedingt kennen lernen möchte. Außerdem wartet mein Vater dort auf uns, um dann unsere Verlobung bekannt zu geben.“ Die Männer begannen zu lachen, doch Amy verstand nicht wirklich wieso. „Solltest du nicht besser darauf warten, dass Yang dir einen Antrag macht? Irgendwas wirklich Romantisches, womit er dir zeigt wie sehr er dich liebt und dass er den Rest seines Lebens mit dir verbringen möchte?“, fragte James zurückhaltend nach. „Wieso? Yang kam zu mir und hat damit seine Entscheidung getroffen. Verlobung und Hochzeit sind in unserer Welt doch eher eine Formsache, als ein Zeichen für wahre Liebe. Wir werden zusammen sein, weil wir uns lieben und unser Leben miteinander teilen wollen und nicht, weil ein Stück Papier dies schriftlich festhält.“ Alle schienen über ihre Worte nachzudenken, doch am Ende würde sie ihr nur zustimmen können. Die wenigsten ihrer Schicht, heirateten außerhalb ihrer Kreise und wirklich aus Liebe. Sie taten dies zum Vorteil ihrer Familie, zur Festigung von Allianzen oder zur Absicherung. Gefühle spielten dabei meist nur eine untergeordnete Rolle. Yang zog sie wieder in seine Arme und küsste sie auf den Kopf. „Du bist nicht gerade romantisch veranlagt.“ Wie sollte sie auch? Ihr Vater hatte ein Spiel daraus gemacht, dass sie ihren Ehemann findet und sich dabei nur Kandidaten rausgesucht, die von wirtschaftlichem Vorteil wären und gute Kontakte darstellten. „Ist das denn schlimm?“, fragte sie etwas verunsichert und sah zu ihm auf. „Nein. Ich liebe dich genau so wie du bist.“ Und da waren sie. Die Worte auf die sie gewartet hatte und die sie nun dahin schmelzen ließen. „Ich liebe dich auch.“, gab sie schüchtern zurück. „Wir sollten aufbrechen. Die Unruhe der Familie Zhao nimmt immer weiter zu und ich denke wir sollten von hier verschwunden sein, bevor sie bemerken, dass ihr kompletter Besitz nur Ayumi gehört.“ Damit hatte Daichi nicht mal Unrecht. Alle stiegen in den Wagen und sie machten sich ohne Umwege auf den Weg zum Flughafen. Nun würde alles gut werden und niemand würde sie und Yang wieder trennen können. Zufrieden kuschelte sich Amy in seine Arme und genoss es von ihnen gehalten zu werden.

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Tag der Veröffentlichung: 12.09.2017

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