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Kapitel 1

 

Sayuri Ritter war auf dem Weg zurück in ihr Bungalow. Was hatte sie sich nur dabei gedacht sich von Caro, ihrer besten Freundin, zu diesem Partyurlaub überreden zu lassen? Sie war für so was einfach nicht der Typ. Sayuri verbrachte ihre Freizeit, wenn sie mal nicht am lernen war, damit zu trainieren. Sie hatte ungewöhnliche Hobbys, die ihre Freunde immer beschmunzelten. Sie machte Kyudo, also traditionelles japanisches Bogenschießen, Yabusame, dass war Bogenschießen vom Rücken eines Pferdes und Weng Chun Kung Fu. Sie wusste selbst, dass es wirklich ungewöhnliche Sportarten waren, doch ihre Mutter war Japanerin und hatte in ihrer Schulzeit Kyudo gemacht und dieses Hobby an ihre Tochter weiter gegeben. Als Sayuri immer besser wurde, wollte sie sich weiter herausfordern und kam so auf die Idee es mal mit Yabusame zu versuchen. Es war ein Kampf gewesen reiten zu lernen, doch nach einigen Jahren konnte sich das Ergebnis wirklich sehen lassen. Weng Chun hatte sie auf das Drängen ihres Vaters hin begonnen. Er war der Meinung, dass seine Tochter wenn sie sich schon für Kampfsportarten interessierte, etwas suchen sollte, womit sie sich im Notfall verteidigen könnte und da ihre damals beste Freundin gerade mit Weng Chun begonnen hatte, hatte Sayuri sich dort einfach mit dran gehangen. Ihre Freundin gab nach wenigen Wochen wieder auf, doch sie nicht, sie war noch nie der Typ Mensch gewesen, der vor einer Herausforderung zurück schrecken würde. Aber ihre Gedanken schweiften mal wieder ab. Sie quetschte sich durch die feiernde Meute und schaffte es nach einer gefühlten Ewigkeit endlich heraus. Jetzt musste sie nur noch den Weg zurück finden. Sie war so wütend auf Caro, wie konnte sie sie stehen lassen und mit einem wild fremden Typen einfach verschwinden. Sei doch nicht immer so eine Spaßbremse und amüsier dich doch auch mal ein bisschen mit den Leuten. Das hatte sie ihr gesagt, doch Sayuri konnte auf solche oberflächlichen Bekanntschaften gern verzichten. Sie war eben kein Mädchen, dass sich einfach mal auf einen One Night Stand einlassen konnte. Sie mochte altmodisch klingen, doch sie fand, dass Gefühle beim Sex einfach dazu gehörten. Nicht, dass sie davon wirklich Ahnung hatte, sie hatte in ihren 20 Jahren noch nie einen Freund gehabt. Dafür hatte sie bis jetzt einfach keine Zeit gehabt, außerdem war sie noch keinem Mann begegnet, der sie wirklich interessiert hätte. Caro meint immer, dass Sayuris gutes Aussehen reine Verschwendung wäre, doch Sayuri zuckte dazu immer nur mit den Schultern. Sie konnte sich ihr Aussehen ja nicht aussuchen, nicht, dass sie es getan hätte, denn ohne eingebildet zu sein, musste sie ihrer Freundin Recht geben, dass es die Gene wirklich gut mit ihr gemeint hatten. Sie hatte nur das Beste ihres deutschen Vaters und ihrer japanischen Mutter abbekommen. Sie hatte die schwarzen Harre ihrer Mutter bekommen, doch sie waren nicht so glatt und dünn wie bei ihr, sondern leicht gewellt und dick, wie die ihres Vaters. Ihre Haut war glatt wie die eines Kindes und hell, ohne irgendwelche Makel. Ihre Augen hatten die typische asiatische Form, doch waren sie größer und strahlend blau. Dazu hatte sie noch eine kleine gerade Nase und volle Lippen. Von der Statur her, war sie klein wie ihre Mutter, nur 1,58 Meter und auch sehr schlank, doch ihre Körperformen hatte sie von der Seite ihres Vaters geerbt, mit vollen Brüsten und breiten Hüften. Man könnte wohl sagen, sie hatte eine Sanduhrenfigur. Also ganz objektiv betrachtet, sie war wirklich nett anzusehen, obwohl sie auf die großen Brüste hätte verzichten können, diese Störten sie nur bei ihrem Sport. Obwohl sie gar nicht so groß waren, eigentlich nur ein großes B-Körpchen oder ein kleines C-Körpchen, je nach dem wie der BH ausfiel, doch zu ihrem kleinen schmalen Körper sahen sie wirklich groß aus. Sayuri drehte sich einmal im Kreis und versuchte irgendwas zu entdecken, das ihr bekannt vorkam. Also wirklich, wie hatte es Caro nur geschafft sie zu einem Urlaub in Kroatien zu überreden. Nicht, dass sie etwas gegen dieses Land hätte, ganz im Gegenteil, es war wunderschön, aber sie waren an so einem Partystrand in einem Bungalow untergekommen, was im Klartext bedeutete, dass man nachts nicht schlafen konnte und am Tag überall Reinigungskräfte rum liefen und für Ordnung für die nächste Nacht sorgten. Sayuri erinnerte sich einfach nicht mehr, welchen Weg sie genommen hatten um zu dieser Party zu kommen. Vielleicht sollte sie einfach zum Strand gehen und dann auf gut Glück in eine Richtung laufen, wenn sie innerhalb einer halben Stunde ihre Unterkunft nicht fand, müsste sie einfach umdrehen und wieder zurück und dann in die andere Richtung suchen. „Hey Kleines, hast du vielleicht Lust mit uns ein bisschen Feiern zu gehen?“ Sie ignorierte diese Typen einfach und machte sich auf den Weg zum Strand. Plötzlich wurde sie am Arm zurück gehalten. „Hey, wir haben dir eine Frage gestellt. Oder bist du taub?“ Sie könnte einfach so tun, als würde sie sie nicht verstehen, was gar nicht das Dümmste wäre, immerhin hatte diese Männer sie auf Deutsch angesprochen und konnten nicht wissen, dass sie sie verstand. Allerdings konnte Sayuri sich bei dem Pegel, den ihr Gegenüber schon intus hatte nicht sicher sein, ob die sie einfach gehen lassen würden, wenn sie sie nicht verstanden. „Tut mir leid Jungs, ich bin am Strand schon mit meinem Freund und seinen Freunden verabredet.“ Die Kerle nickten und lächelten, dann entschuldigten sie sich Sayuri aufgehalten zu haben und wünschten ihr noch einen schönen Abend. Sayuri ging kopfschüttelnd dem Meer entgegen. Sie hatte wirklich damit gerechnet, dass diese Männer ihr Probleme machen würden, doch sie hatten ihre Absage akzeptiert und hatten sich sogar entschuldigt. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass der Mann mit dem Caro verschwunden war, auch so ein anständiger Kerl war. Sie selbst konnte sich verteidigen, doch ihre Freundin hatte sich nicht mal breitschlagen lassen vor diesem Urlaub wenigstens einen Selbstverteidigungskurs zu besuchen. Caro hatte sie nur ausgelacht und gemeint Sayuri würde übertreiben. Am Wasser angekommen, sah sie sich noch mal um und erkannte endlich etwas, dass sie wieder erkannte. Das hohe Gebäude, war ganz in der Nähe ihrer Behausung gewesen, also musste sie jetzt nur noch in diese Richtung gehen und würde bald ihr Bungalow erreichen. Sie sollte Recht behalten, keine halbe Stunden später hatte sie die Tür aufgeschlossen und betrat ihre Unterkunft. Sie schloss die Tür wieder und freute sich, endlich mal allein zu sein. Sie setzte sich auf die Couch und ließ ihren Kopf nach hinten sinken. Dies hier war einfach nicht ihre Welt. Sie ging nicht gern auf Party und war auch nicht gern von zu vielen Menschen umgeben. Auch war Sayuri kein Fan von flüchtigen Bekanntschaften. Sie hatte keinen Spaß daran sich mit Fremden zu unterhalten und dann festzustellen, dass sie mit ihrem Gegenüber nichts gemein hatte. Die paar Freunde die sie hatte reichten ihr, auf sie konnte sie sich verlassen, also wieso sollte sie andere Leute kennen lernen, die dann irgendwas von Freundschaft erzählten? Sie seufzte und schaute auf ihre Uhr. Es war gerade mal 21 Uhr und die Sonne noch nicht mal untergegangen. Vielleicht sollte sie noch mal ins Meer springen und sich etwas abkühlen? Es war immer noch ziemlich heiß und das salzige Nass würde ihr bestimmt gut tun. Also stand sie auf und zog sich ihren schwarzen Bikini an, der sich so schön von ihrer hellen Haut abhob. Sie zog sich ihre weiße Tunika über, schnappte sich ihr Handtuch und begab sich zum Wasser. Angekommen, zog sie sich wieder aus und ging langsam ins Meer. Als es tief genug war, begann sie etwas hinauszuschwimmen, dann drehte sie sich auf den Rücken und schloss die Augen. Sie liebte das Meer und genoss es sich einfach treiben zu lassen. Plötzlich schlug eine Welle über ihr ein und zog sie in die Tiefe. Sayuri kämpfte gegen den Sog, doch sie schaffte es einfach nicht zurück an die Wasseroberfläche. Langsam konnte sie die Luft nicht mehr anhalten, sie atmete noch einmal aus und dann wurde sie ohnmächtig. Wieso habe ich mich nur zu diesem Urlaub überreden lassen, war ihr letzter Gedanke bevor alles schwarz wurde.

 

 

Kapitel 2


Irgendwas drückte immer wieder auf ihren Brustkorb. Es tat wirklich weh und sie bekam keine Luft. Sayuri versuchte Luft zu holen, doch es ging nicht, stattdessen begann sie zu husten und Wasser zu spucken. Als ihre Lunge endlich wieder frei war, legte sie sich wieder auf den Rücken, schloss ihre Augen und sog den lebenswichtigen Sauerstoff ein. Was war nur passiert? Sie dachte nach und dann fiel es ihr wieder ein, sie war im Meer schwimmen gewesen und plötzlich von einer Welle erfasst worden. Dann wurde sie in die Tiefe gezogen. Langsam öffnete sie die Augen, wollte sich für ihre Rettung bedanken, doch sie stockte, als sie die zwei alten Menschen sah, die sie genau beobachteten. Sie sah sich genauer um und bemerkte, dass hier nichts war, außer Strand, hinter dem sich Felder und Wald befanden. Wo war sie nur gelandet? Sie sah wieder zu ihren Rettern. Es waren eine ältere Frau und ein alter Mann. Beide sahen asiatisch aus, wenn sie tippen müsste, dann würde sie sagen chinesisch. Langsam setzte sie sich auf und dann entdeckte sie auch, dass der Mann eine Axt mit seiner Hand umklammerte und jede Regung von ihr genau beobachtete. Erstmal sollte sie sich bedanken. „Danke für die Rettung.“ Kaum ausgesprochen brach sie auch schon ab. Was war das für eine Sprache, die da über ihre Lippen kam? Der Mann entspannte sich etwas und nickte ihr zu. „Verzeiht bitte die Frage. Aber könnten ich von Euch erfahren wo ich mich hier befinde?“ Wieder kehrte die Spannung in seinen Körper zurück. „Du bist in Qin, damaliges Qi.“ Wieder einmal sah Sayuri sich um. Die Begriffe sagten ihr schon etwas, doch das konnte einfach nicht wahr sein. Ihr Atem beschleunigte sich und sie war sich sicher gleich zu hyperventilieren. Sayuri beugte ihren Oberkörper so weit sie konnte vor. Das hatte sie mal in einem Buch gelesen, wenn man keine Tüte zur Verfügung hat, solle man Druck auf das Zwerchfell ausüben und seinen Kopf im sitzen zwischen die Knie stecken, da sie hier aber keinen Stuhl hatte musste es so gehen und es half auch. Langsam beruhigte sich ihr Atem wieder. Sie ließ sich zurück in den Sand fallen. Das konnte nicht wahr sein. Sie lag bestimmt noch immer ohnmächtig am Strand in Kroatien und träumte das hier nur. Wie sonst konnte sie sich erklären, dass sie plötzlich eine ihr völlig unbekannte Sprache konnte und wohl über 2000 Jahre in die Vergangenheit gereist war. „Wo kommt Ihr her?“ Sie sah sich das ältere Paar an, ihre Haut war von der Sonne dunkel, hatte Flecken und war wohl auch runzliger als sie ohne ihren Schein gewesen wäre. Ihre Kleidung sah einfach aus und auch wirklich asiatisch, auch wenn sie sich nicht ganz sicher war, was wusste sie schon von der Mode Chinas zu dieser Zeit, doch wenn sie Tippen musste, würde sie sagen, dass es Bauern waren. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Könntet Ihr mir verraten wer gerade Kaiser oder König ist?“ Damit konnte sie die Zeit etwas eingrenzen und heraus finden ob sie hier mitten in einem Krieg gelandet war. Andererseits, sagte der Mann, dass sie sich im damaligen Qi befand, dass musste bedeuten, dass der Krieg um China schon vorbei war. „Qin Shi Huang ist unser Kaiser, nachdem er vor 10 Jahren alle Reiche erobert hat.“ Sayuri hatte ein wirklich gutes Gedächtnis und war froh, sich wegen einer Dokumentation über den ersten Kaiser, mehr Informationen aus der Bibliothek besorgt zu haben. Sie liebte die asiatische Geschichte eben. Sie hatte auch viel über die japanische Geschichte gelesen, dabei sind ihre Studienfächer Politik und Wirtschaft, nicht etwa Geschichte. Noch so ein Hobby, das keiner ihrer Freunde verstand. Gott, ihre Familie und Freunde würden nach ihr suchen und sich Sorgen machen. Sie schüttelte ihren Kopf, sie musste sich hier und jetzt auf das Wesentliche konzentrieren. Wenn der Krieg vor 10 Jahren vorbei war, dann war es das Jahr 211 vor Christus. Ihr wurde schwindelig, das konnte nur ein böser Traum sein. „Danke sehr für die Auskunft.“ Was sollte sie auch anderes sagen. Sie sah an sich hinab und bemerkte, dass sie immer noch nur ihren Bikini trug. Klasse, sie war mit nichts als ihrem Bikini über 2000 Jahre in die Vergangenheit gereist. Wäre das hier ein Roman, dann müsste der Held der Geschichte irgendeine Aufgabe erfüllen um wieder zurück in seine Zeit oder Welt zu kommen. Doch was sollte ein kleines Mädchen, das zwar viel gelesen hatte, aber sonst keine wirkliche Ahnung vom Leben hatte, schon tun? Sie war eine einfache Studentin, aus normalen Verhältnissen. Nichts Besonderes. Sie zwickte sich in den Oberschenkel in der Hoffnung doch noch aufzuwachen, doch wie es aussah schlief sie nicht und saß hier fest. „Wenn Ihr mit unserer bescheidenen Bleibe kein Problem habt, dann können Ihr erst Mal mit zu uns kommen bis Ihr Euch wieder daran erinnert woher Ihr kommt. Wisst Ihr denn wenigstens noch Euren Namen?“ Sie stand langsam auf. „Danke. Ich nehme Euer Angebot gerne an. Mein Name ist Sayuri.“ Die ältere Dame nickte und begann vor zu laufen. Sayuri folgte ihr und ihr folgte immer noch aufmerksam der Mann. „Mein Name ist Lining und mein Mann heißt Anjing.“ Sayuri neigte den Kopf als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Was sollte sie jetzt nur machen? Sie konnte schlecht bei diesen Leuten bleiben bis sie einen Weg nach Hause gefunden hatte. Und was, wenn sie gar nicht mehr zurück konnte? Wenn sie für immer hier bleiben musste? Sollte das der Fall sein, musste sie einen Weg finden Geld zu verdienen und zu überleben. Eine einzelne Träne stahl sich aus ihrem Auge und rann ihr Gesicht hinab. Schnell wischte sie sie weg und konzentrierte sich wieder auf den Weg, den Lining voraus lief. Nach etwa fünf Minuten erreichten sie eine kleine Hütte. Sie war nur aus Holz und nicht aus Stein gebaut. Sie traten ein und Sayuri sah sich um. Es gab eine Feuerstelle aus Metall im Boden in der Mitte des Raumes, darüber hing ein Kessel in dem etwas kochte. Auf der gegenüber liegenden Seite der Tür war ein Fenster an dem ein Tisch stand. Rechts von der Tür war eine Schlafstätte hergerichtet. Auf der anderen Seite stapelte sich Holz und Säcke, Sayuri würde mal auf Reis tippen. Daneben stand ein alter, aber wirklich wunderschöner Bogen. Ohne es zu bemerken ging sie darauf zu und nahm ihn in die Hand. Mit den Fingerspitzen fuhr sie das Holz nach und bestaunte die Schnitzereien darauf. Sie bog ihn leicht um zu testen, ob das Holz noch gut biegbar war und es zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. Von der Tür aus wurde sie von zwei Augenpaaren wieder einmal genau beobachtet. „Das ist ein wirklich wunderschöner Bogen.“ Die Frau begann zu grinsen und der Mann strotze nur so vor Stolz. „Wenn Ihr wollt könnte ich als Dankeschön jagen gehen, wenn Ihr mir den Bogen dafür leihen würden. Oder gehört der Wald jemandem und das jagen ist verboten?“ Sayuri wusste aus verschieden Epochen, dass die Lehnsherren, Grafen, Barone, Könige, oder wer auch immer, sich oft Jagdgebiete nahmen und es dem einfachen Volk verboten war in diesen Wäldern zu jagen. „In dem Wald kann gejagt werden, doch ich bezweifle, dass eine Frau mit dem Bogen umgehen kann und dann auch noch ein Tier trifft.“ Nun fühlte sich Sayuri gerade zu herausgefordert. Sie straffte die Schultern, hob das Kinn und sah Anjing direkt in die Augen, eigentlich ein Unding zu dieser Zeit. „Wollt Ihr mich begleiten und mir die Chance geben?“ Seine Frau sah ihn bittend an und er nickte ruckartig und ging wieder hinaus. Bevor sie ihm folgen konnte, wurde sie von seiner Frau aufgehalten. Sie reichte ihr Kleidung in die sie schnell schlüpfte, es war eigentlich nur ein langes Hemd, welches bis zu ihren Knien reichte, doch es bedeckte sie und dafür war sie unglaublich dankbar. Sayuri folgte ihm mit dem Bogen und dem Köcher. Sie hatte keine Ahnung was für Tiere überhaupt in China leben, erst Recht zu dieser Zeit. Gab es hier Tiger? Sie glaubte schon, vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen. Doch wie wahrscheinlich war es schon, dass sie einem begegneten? Doch was sollte sie jagen? Was schmeckte? Schon eine halbe Stunde waren sie unterwegs und schlichen durch das Holz. Der Wald sah vollkommen anders aus, als der den sie aus Deutschland kannte. Er glich eher einem Jungle. Dann machte sie endlich eine Bewegung aus dem Augenwinkel aus. Sayuri blieb stehen und drehte sich in die Richtung der Bewegung. Erstmal konnte sie nichts ausmachen, doch dann sah sie ihn, es war ein Hirsch. Langsam nahm sie sich einen Pfeil und legte ihn an den Bogen. Anjing war mit ihr stehen geblieben und blickte in die Selbe Richtung. Sie spannte den Bogen, atmete tief ein und langsam aus, als all ihr Atem ihre Lungen verlassen hatte ließ sie los und der Pfeil traf genau die Brust. Das Tier sackte zusammen und Sayuri machte sich auf den Weg zu ihrer Beute. Anjing sah sie erstaunt an, doch er nickte nur zustimmend. Dann tat er etwas, dass ihr beinahe den Magen umdrehte. Es schnitt dem Tier den Bauch auf und begann es auszunehmen. Sie wusste natürlich, dass es nötig war, doch es mit anzusehen war für sie, die ihr Fleisch in einem Supermarkt kaufte, trotzdem hart. Doch sie wendete ihren Blick nicht ab. Dieser Hirsch hatte für sie sein Leben gelassen, es wäre ihm gegenüber nicht fair, wenn sie den Blick von den unangenehmen Dingen bis zum Verzehr nehmen würde. Also sah sie hin, auch um es eventuell später irgendwann mal allein machen zu können. Als Anjing, damit fertig war, das Tier von seinen Innereinen zu befreien und zu häuten, half sie ihm es zurück zur Hütte zu tragen. Seine Frau freute sich und begann sofort einen Teil zuzubereiten. Eigentlich war das Tier viel zu groß für drei Personen und da es hier keinen Tiefkühler gab würde es wohl verderben. Oder hatten sie zu dieser Zeit schon Salz? Bestimmt, aber arme Bauern, wie ihre Gastgeber, wohl eher nicht. „Habt Ihr Salz hier?“ Beide sahen sie an, als wäre sie verrückt, sie hatte es ja schon geahnt, aber fragen schadet ja nichts. Andererseits, diese Menschen wohnen direkt am Meer. Wie lange würde es wohl dauern genug Salz für diesen Hirsch zu bekommen? „Haben Sie vielleicht noch einen Kessel übrig?“ Lining ging hinaus und kam mit einem kleinen Topf zurück. Das war genau richtig. Sayuri ging zurück zum Meer und füllte den Topf und stellte ihr dann aufs Feuer. „Habt Ihr noch einen Eimer womit ich noch mehr Wasser holen kann?“ Anjing brachte ihr einen und Sayuri holte wieder Meerwasser. Der Rückweg war beschwerlich, denn der Eimer war groß und somit schwer und auch furchtbar unhandlich. Bis zum nächsten Tag sollte sie genügend Salz haben. Das Paar sah sie zwar komisch an, doch sie fragten sie nichts, sondern ließen sie einfach machen. Dann aßen sie und Sayuri musste sich wirklich zusammen reißen, das Essen herunter zu bekommen. Fleisch ohne Salz war wirklich nicht ihr Fall. Auf alle anderen Gewürze konnte sie verzichten, aber nicht auf Salz. Aber da konnte sie zum Glück Abhilfe schaffen und selbst wenn nicht, würde ihr wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich daran zu gewöhnen. Das Wasser im Topf kochte bereits und verdampfte. Nach dem Essen half Sayuri der Hausdame, die Schalen auszuspülen. Sie bedankte sich noch mal für die Hilfe und die Kleidung. So kamen die zwei Frauen in ein Gespräch und Sayuri erfuhr, dass das Paar einen Sohn hatte, dieser aber in den Krieg gezogen war und seit dem nicht mehr nach Hause gekommen war. Sie haben durch Männer im Dorf erfahren, dass er überlebt hat, aber weiterhin als Soldat in der Hauptstadt war. Er hatte wohl zahlreiche Errungenschaften im Krieg erhalten und hat dadurch Ländereien und Schätze bekommen. Sayuri hielt ihn für einen undankbaren Arsch. Er sonnte sich in seinen Leistungen und schien vergessen zu haben wer ihm das Leben geschenkt und groß gezogen hatte. Er hätte seine Eltern zu sich holen müssen, anstatt sie hier in einer kleinen Hütte sich selbst zu überlassen. Sie wurden immerhin auch nicht jünger und bald würden sie nicht mehr selbst für sich sorgen können. Der Gedanke machte Sayuri traurig, doch sie hatte selbst auch schon genug Probleme, aber sie würde ihnen helfen wo sie nur konnte solange sie da war. Noch bevor die Sonne unterging richtete Lining ihr aus Stroh eine Schlafstätte und alle begaben sich zur Nachtruhe. Sayuri glaubte nicht daran, in dieser Nacht wirklich schlafen zu können, zu viel war passiert und schwirrte ihr durch den Kopf. Doch kaum hatte sie sich hingelegt, schlossen sich ihre Lider wie von selbst und sie schlief ein.



Kapitel 3


Seit drei Monaten lebte Sayuri nun schon bei dem Ehepaar das sie gerettet hatte und half ihnen bei allem was sie konnte. Sie half beim Holzhacken, zwar war sie eine kleine aber keinesfalls schwächliche Frau. Sie ging jagen und verkaufte ihr Salz und Fleisch im Dorf und an Händler auf der Durchreise. Das Geld das sie damit verdiente versteckte die im Wald, da sie nicht wollte, dass jemand sie überfiel, da sie so viele Münzen bei sich trug. Anjing hatte auf ihre Bitte hin kurz nach ihrem Eintreffen begonnen sie im Schwertkampf zu unterrichten. Sie wollte auf alles vorbereitet sein und sich wehren können, wenn es der Umstand erforderte. Er war sehr zufrieden mit ihr und schien schon vergessen zu haben, dass sie eine Frau und kein Mann war. Mittlerweile hatte sie sich auch eigene Kleidung beschafft und sie etwas umgenäht. Nun betonte ihre Kleidung zwar wieder extrem ihre Figur, doch enge Kleidung war im Falle eines Kampfes einfach praktischer und bot weniger Angriffsfläche. Alles in Allem hatte Sayuri sich gut eingelebt und sich an ihr neues Leben gewöhnt, trotzdem verging nicht ein Tag an dem sie sich nicht nach ihrer Familie und ihren Freunden sehnte. Und obwohl sie die Hoffnung auf eine Rückkehr noch nicht vollständig aufgegeben hatte, hatte sie sich mit der Realität in der sie jetzt lebte abgefunden. Sie würde auch hier glücklich werden, zumindest wenn sie sich nicht dagegen wehrte. Sie war gerade dabei einige Bogenschießübungen zu machen, als ein Tross auf sie zukam. Schnell ging Sayuri zur Hütte zurück und stellte den Bogen gegen die Wand und griff nach dem Schwert, dass Anjing für sie mit ihrem Geld gekauft hatte. Denn auch wenn sie es nicht gern zugab, der Schmied hatte sich geweigert einer Frau ein Schwert zu verkaufen. Sie sah aus dem Fenster wie Anjing und Lining sich vor den Reitern verbeugten und einen der Männer anstrahlten. Die Männer, es waren 7 an der Zahl, stiegen von ihren Pferden und kamen auf die Hütte zu, dabei sprach einer mit Anjing. Sayuri packte das Schwert wieder weg, als sie sah wie entspannt ihr Gastgeben war. Die Männer verschwanden aus ihrem Sichtfeld und kurz darauf wurde die Tür geöffnet. Der Mann erblickte sie und sah sie musternd an. „Sie ist noch schöner als die Gerüchte besagen.“ Verdammt, hätte sie sich doch bedeckt halten sollen? Sie neigte respektvoll das Haupt um sich so für das Kompliment zu bedanken. Sie durfte nicht vergessen, dass sie in einer anderen Zeit war und es konnte sie hier das Leben kosten, wenn sie sich nicht an die hier gegebenen Anstandsregeln hielt. „Sie wäre die passende Braut für einen General wie mich.“ Sie wollte schon widersprechen, doch konnte sich gerade noch zurück halten. „Sie ist nicht von hier, Sohn. Es könnte ein schlechtes Bild auf dich werfen, wenn du eine Frau aus einem anderen Land ehelichst.“ Das war ihr Sohn? Jetzt kam er? Und so wie es aussah, auch nur, weil er auf Brautschau war. „Ich denke, dass mich jeder Mann um diese Schönheit beneiden wird. Dabei spielt es keine Rolle woher sie kommt.“ Sayuri wurde schlecht. Sie hatte nicht vor zu heiraten. Sie war doch gerade mal 20 Jahre alt. Natürlich zu dieser Zeit war sie schon fast zu alt zum heiraten, doch das interessierte sie nicht. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. „Verstanden mein Sohn, doch würdest du für heute mit deinen Männern verschwinden? Gib uns noch eine Nacht mit Sayuri um uns gebührend von ihr zu verabschieden. Sie hat uns in den letzten Monaten sehr geholfen und ist uns ans Herz gewachsen.“ Sein Kind nickte und verließ das Haus. Sayuri stieß ihren angehaltenen Atem aus und ballte ihre Hände zu Fäusten. Als die Reiter verschwunden waren, kamen Anjing und Lining zu ihr in die Hütte zurück und zogen sie in ihre Arme. „Dieser Mann ist nicht der Junge, den wir großgezogen haben.“ Sie nickte und Tränen traten in ihre Augen. Denn das hier war ein Abschied. Sie würde diesen Typen nicht heiraten und das bedeutete, dass sie das Ehepaar verlassen musste. „Ich werde weg gehen.“ Beide nickten synchron. Dann begann Sayuri auch schon ihre Habseligkeiten zu packen. Viel war es nicht, doch immer hin mehr als ganz zu Anfang. Danach ging sie in den Wald und buddelte ihr Geld aus, nun würde sie es doch bei sich tragen müssen. Zurück in der Hütte reichte Anjing ihr seinen Bogen. „Ich schenke ihn dir. Ich kann ihn eh nicht mehr benutzen und meinem Sohn will ich ihn nicht vermachen. Nimm ihn also mit, möge er dir Glück bringen. Verzeih uns, dass wir nicht mehr für dich tun können.“ Sie nickte und bedankte sich für das Geschenk. „Ich werde erst morgen gehen, wenn sie mich holen kommen. Sie sollen nicht denken, dass ihr mit zur Flucht verholfen habt.“ Dann sah sie sich noch mal um. „Ihr wisst wie ich an das Salz komme, also macht es mir einfach nach und ihr werdet im Alter versorgt sein. Etwas Wasser vom Meer zu holen ist nicht so anstrengend wie die Feldarbeit. Ich würde alles Salz, das ich noch hier habe mitnehmen. Ist das für euch in Ordnung?“ Beide nickten sofort. „Selbstverständlich. Wir danken dir für alles was du für uns getan hast. Und wir werden dich unheimlich vermissen. Hätten wir eine Tochter gehabt, dann wäre sie sicher wie du gewesen.“ Sayuri begann mit Tränen in den Augen zu lachen. „Nein, wäre sie nicht. Sie wäre wie all die anderen Frauen dieser Zeit gewesen und wäre schon längst mit einem Mann verheiratet und würde schon ein Kind haben.“ Anjing und Lining stimmten in ihr Lachen mit ein. „Da hast du wohl Recht.“ Dann ging sie ein letztes Mal auf die Jagd für ihre Gastgeber.

Die Nacht über hatte Sayuri kaum geschlafen und sich einen Plan zu Recht gelegt. Sie würde hoffen, dass der Sohn ihrer Retter allein käme, ihn ein Stück begleiten und ihn dann außer Gefecht setzen. Dann würde sie zu ihren Sachen die sie im Wald versteckt hatte laufen und sich in Richtung Norden auf machen. Hoffentlich würde sein männlicher Stolz es ihm unmöglich machen sie zu verfolgen und so preiszugeben, dass er von einer kleinen Frau überwältigt wurde. Auch hoffte sie, dass sie dazu überhaupt in der Lage war. Immerhin war er bestimmt nicht grundlos General geworden. Sie brauchte etwas Glück. Dann war es auch schon soweit und wie es schien war das Glück ihr wirklich hold, denn der Mann kam allein und nahm sie mit. Dann setzte sie ihren Plan in die Tat um und es klappte auch alles soweit. Sie hatte es mit einem Überrauschungsangriff wirklich geschafft ihn schlafen zu schicken. Jetzt rannte sie so schnell sie ihre kurzen Beine tragen konnten. Zum Glück war sie durch den vielen Sport fit, doch lieber wäre es ihr gewesen wenn sie sein Pferd hätte nehmen können. Leider würde sie sich damit noch eines Verbrechens schuldig machen und er hätte damit einen Grund mehr sie zu verfolgen. Außerdem fiel sie so schon genug auf, als Frau auf einem Pferd würde sie zu sehr heraus stechen. Bei ihren Sachen angekommen machte sie eine kurze Pause und trank einen Schluck, dann machte sie sich sofort weiter durch den Wald in Richtung Norden. Anjing meinte dort beim Bau der Mauer wäre sie sicherer als irgendwo sonst, da die Männer dort alle zur Zwangsarbeit hingeschickt werden und nur selten jemand aus der Hauptstadt kommt. Sein Sohn würde sie dort nicht finden. Doch Sayuri hatte so ihre Zweifel, immerhin gab es auch dort genug Männer die sie in eine Ehe zwingen könnten. Als der Abend anbrach und sie sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten konnte, suchte sie sich einen geeigneten Platz und schlief sofort ein. In ihren Träumen wurde sie von der Vorstellung gequält von einem Tiger zerfetzt zu werden, dann änderte sich der Traum und sie wurde gefangen genommen und in die Ehe gezwungen. Dann war sie plötzlich zurück bei ihren Eltern die sich aber nicht mehr an sie erinnern konnten. Dann war sie wieder im Wald wo wieder der Tiger auf sie wartete und belauerte. Sayuri schreckte aus ihrem Schlaf auf und blickte in grünen Augen eines riesigen Tigers. Sie hielt den Atem an. Ich dachte immer Tiger hätten gelbe Augen. Was war das denn jetzt für ein dummer Gedanke? Das Tier bewegte sich nicht und machte auch nicht den Anschein sie angreifen zu wollen, doch was wusste sie schon. Dann drehte er sich um und ging davon. Sayuri atmete auf, doch dann kam das Tier mit seinem Jungen zurück und schob es in ihre Richtung. Obwohl genau betrachtet war das „Junge“ schon fast so groß wie seine Mutter. Es war bestimmt schon 12 bis 14 Monate alt. Hier kam ihr wieder ihr Wissensdurst zu Gute. Nicht das es ihr in dieser Situation irgendetwas nützen würde. Die Mutter hielt Sayuri wohl für die geeignete Beute für ihr Junges. Der Tiger kam langsam auf sie zu und schnupperte an ihr. Der Schweiß brach ihr aus und sie konnte nur noch schnappartig atmen. War es das jetzt mit ihr? Dann tat das Tier etwas was ihr einen Schrei entlockte, es leckte ihr einmal quer übers Gesicht. Das Muttertier brummte und dann kippte es um. Das Junge drehte sich zu seiner Mutter und ging auf sie zu und begann sie mit seiner Schnauze anzustupsen. Doch Sayuri konnte kein Heben des Brustkorbes sehen. So wie es aussah, war die Mutter tot. Langsam stand sie auf und griff sich ihre Sachen. Jetzt wo das Tier abgelenkt war sollte sie versuchen von hier weg zu kommen. Doch sie hatte keine Chance. Der Tiger kam auf sie zu und ließ sie nicht aus den Augen. Was sollte sie bloß tun? Langsam ging sie rückwärts doch sie wurde verfolgt, es gab kein Entkommen. Mit einem Satz stützte sich das Tier auf sie und warf sie auf den Boden und landete auf ihr. Sie bekam kaum noch Luft doch sie würde so wie so nicht atmen können. Das Tier senkte seinen Kopf und Sayuri schloss schicksalsergeben ihre Augen. Doch der vermutete Biss blieb aus, stattdessen rieb das Junge seinen Kopf an ihrem Hals. Sie öffnete wieder ihre Augen und blickte zur Seite. Dann drückte sie leicht gegen den Bauch des Tieres und sofort stand es auf und machte ihr Platz. Sie setzte sich langsam auf und blickte wieder in grüne Augen. Was war hier nur los? Sie streckte ihre Hand langsam in seine Richtung und er legte sein geöffnetes Maul um ihr Handgelenk und biss ganz vorsichtig zu. Tränen liefen in Bächen Sayuris Wangen hinab, doch es interessierte sie nicht. Sie lebte noch und so wie es aussah, hatte sie jetzt einen Reisebegleiter und war die Mutter dieses Tieres geworden. Auch wenn sie immer noch nicht verstand wieso. Das Tier sollte alt genug sein um eigenständig jagen gehen zu können. Sie wusste natürlich, dass sich Junges normalerweise erst viel später von ihren Müttern trennten, doch dieses Tier hier war groß und kräftig und sollte es allein schaffen. Außerdem war sie ein Mensch und kein anderer Tiger, sie hatte keine Ahnung was sie mit ihm machen sollte. Wäre er neu geboren, dann hätte sie ihn großziehen können und er hätte sie als Mutterfigur anerkannt und sie nicht angegriffen solange er immer genug zu Fressen hatte und sie seine Instinkte nicht weckte, doch so? Sie stand auf und machte sich weiter auf den Weg nach Norden, das Tier folgte ihr und nach einiger Zeit hatte sie sich an ihn gewöhnt, sodass sie sich nicht mehr bei jedem zweiten Schritt ängstlich umblickte. Nach mehreren Stunden begann sie Hunger zu bekommen. Genau in dem Moment sprang der Tiger los und verschwand im Dickicht. Hatte er genug davon gehabt ihr hinter her zu trotten? War ihm langweilig geworden? Sie holte etwas Proviant aus der Tasche und begann zu essen während sie weiter lief. Sie konnte es sich nicht leisten Zeit für eine Pause zu verschwenden. Sie kaute auf ihrem geräucherten Fleisch herum und hoffte, dass sie bald an einen Fluss oder ähnliches kam. Etwa 20 Meter vor ihr kam ihr Tiger wieder aus dem Gebüsch gesprungen. Doch nun hatte er Beute bei sich und schleppte sie zu ihr. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Er legte es vor ihr ab und sah sie abwartend an. Sayuri bückte sich und schob es ihm wieder zu und trat einen Schritt zurück. Als hätte er nur darauf gewartet, machte er sich über sein Futter her und begann zu fressen. Sayuri wollte weiter gehen, doch jedes Mal wenn sie ein paar Schritte machte ließ der Tiger von seinem Futter ab und verfolgte sie. Also setzte sie sich zu ihm bis er fertig mit futtern war. Erst dann setzte sie ihren Weg fort.

Sayuri war nun schon seit beinahe zwei Wochen mit dem Tiger im Wald unterwegs. Ein paar Mal sind sie auf Straßen gestoßen, doch sie sind nie auf ihnen geblieben sondern haben sich ihren Weg durch den Wald gebahnt. Sie hatte sich mittlerweile an den Tiger gewöhnt und festgestellt, dass es sich um ein Weibchen handelte. Und sie hat ihr den Namen Tora gegeben. Ja sie wusste, nicht wirklich einfallsreich, hieß es doch Tiger auf Japanisch. Doch ihr gefiel es und dem Tiger anscheinend auch, denn sie hörte auf ihren Namen und war wenn Sayuri ehrlich war, erschreckend intelligent. Wenn sie sie nach Wasser fragte, führte Tora sie zum nächsten Fluss. Und wenn sie sie bat stehen zu bleiben, rührte sie sich nicht einen Millimeter bis sie ihr wieder erlaubte sich zu bewegen. Langsam müssten sie an ihrem Ziel ankommen und Sayuri war sich nicht sicher was sie dann tun sollte. Sie konnte Tora außerhalb des Waldes nicht mitnehmen, doch sie brachte es auch nicht über sich sie zurück zu lassen. Außerdem glaubte sie nicht wirklich daran, dass sie sie nicht doch verfolgen würde und dann würde man sie aus Angst vielleicht umbringen. Vielleicht sollte sie sich einfach eine Hütte tief im Wald bauen und mit Tora dort leben und sich von anderen Menschen fern halten. Aber auch sie war ein Mensch und die Vorstellung die nächsten Jahre mit einem Tiger allein im Wald zu verbringen war keine Vorstellung die sie erfreute. So tief in ihren Gedanken stolperte sie über eine Wurzel und landete unsanft auf Knien und Händen. Augenblicklich war Tora bei ihr und ließ sie sich bei ihr abstützen um leichter wieder auf die Füße zu kommen. „Danke Tora. Ich habe einfach nicht aufgepasst, ich werde ab sofort aufmerksamer sein.“ Tora rieb wie zur Antwort ihren Kopf an Sayuris Bauch und schnurrte. Dieses Verhalten zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. Dann gingen sie zusammen weiter und Sayuri achtete genau auf ihren Weg. Am Nachmittag erreichten sie erneut eine Straße, doch diese war anders als die zuvor. Viel größer und auch mit mehr Betrieb. Die Frau beschloss im Schutz des Waldes der Straße weiter zu folgen und mal zu sehen wo es sie hinführte. Als es begann dunkel zu werden zog sie sich weiter in den Wald zurück um sich einen Schlafplatz für die Nacht zu suchen, diesen wollte sie so weit wie möglich von der Straße entfernt finden. Eine halbe Stunde Fußmarsch vom Weg entfernt fand sie eine schöne Stelle. Die Wurzeln eines riesigen Baumes hatten sich Teilweise aus dem Untergrund gehoben und bildeten so den perfekten Schutz. Von drei Seiten wäre sie von Holz umgeben und wäre so gut versteckt. Tora schien ihre Gedanken zu erraten, denn sie legte sich sofort hin und sah Sayuri auffordernd an. Sayuri lächelte und begab sich zu ihrer Schmusekatze. Sie hockte sich vor sie und begann sie zu streicheln, vom Kopf bis zum Schwanz. Tora quittierte diese Behandlung mit einem lauten Schnurren. Es ist irgendwie ein abendliches Ritual geworden, dass Sayuri ihrer Tigerdame Streicheleinheiten zukommen ließ und ihr dabei leise vorsang. Als sie noch immer nicht mit ihrem Gesang begonnen hatte, gab Tora ein unzufriedenes Brummen von sich und Sayuri beeilte sich ein Lied zu finden, das sie ihr diesen Abend vorsingen konnte. Schnell hatte sie eines gefunden und dann begann sie auch schon zu singen, von Stanfour feat. Jill In your arms. Dann hörte Tora auch schon auf zu Brummen und kehrte zu ihrem Schnurren zurück, genüsslich schloss sie die Augen. Sayuri musste lächeln, da diese Situation so surreal war, aber auch nicht mehr, als über 2000 Jahre in die Vergangenheit in eine fremdes Land zu reisen. Und wenn Tora bei ihr sein wollte und sie so vor der Einsamkeit bewahrte, dann würde sie sich nicht beschweren. Wenn sie dafür jeden Abend ihren Tiger mit ihren Händen und ihrem Gesang verwöhnen musste, dann war das kein wirklich großes Opfer, immerhin liebte sie es durch dieses glatte Fell zu fahren. Was das Singen anbelangte, da war sie nicht ganz so begeistert davon. Nicht, dass sie eine grausige Stimme gehabt hätte, doch es war ihr unangenehm. Als sie jünger war wurde sie oft wegen ihrer klaren und reinen Stimme von den Jungs in ihrer Klasse aufgezogen. Sie war nicht kräftig oder ungeheuer aussagekräftig wie die Stimmen die in ihrer Zeit durchs Radio plätscherten, ihre Stimme war eher passend für Kirchenmusik. Dies hatte ihr immer ihre Mutter gesagt und Sayuri hatte sich mal selbst beim Ave Maria aufgenommen und musste ihrer Mutter beipflichten. Als sie ihr Lied beendet hatte legte sie sich zu Tora und kuschelte sich an ihre Wärme und sank in einen tiefen Schlaf. Ihre Begleiterin würde auf sie achten und vor eventuellen Gefahren warnen und beschützen.

Am nächsten Morgen machten sie sich wieder auf den Weg zur Straße um ihrem Verlauf weiter folgen zu können. Langsam jedoch ging Sayuris Essen zur Neige und sie musste sich wirklich was überlegen. Das Problem dabei war nicht an Nahrung zu gelangen, noch immer bot Tora ihr ihre Beute an und sie konnte auch selbst jagen, doch Sayuri hatte keine Ahnung wie man ein Feuer entzünden konnte. Natürlich hatte sie in irgendwelchen Filmen oder Reportagen gesehen wie die Leute Feuer mit Steinen entfachten oder indem sie einen Zweig auf Holz rieben, doch sie selbst konnte dies nicht. Sie hatte es zwar versucht, doch nicht ein Funke entstand. Und das Fleisch roh zu verzehren kam absolut nicht in Frage. Vom gesundheitlichen Aspekt mal abgesehen, glaubte sie nicht mal, dass sie es runter würgen könnte. Sie brauchte also doch die Hilfe anderer Menschen. Mit viel Glück würde sie einem Händler begegnen, der Nahrung mit sich führte und dem sie etwas abkaufen konnte. Gegen Mittag machten sie Rast und Sayuri aß wieder von ihrem geräucherten Hirsch. „Los Tora. Geh dir auch etwas zu Essen besorgen.“ Sofort verschwand das Tier im Dickicht und begab sich auf die Pirsch. Sayuri legte ihr Schwer und ihren Bogen so neben sich, dass sie sie sofort zur Hand hatte sollte sie sie brauchen. Sie war sich zwar ihres Könnens bewusst, doch ob sie es wirklich schaffen würde einen Menschen zu töten, wenn es die Situation verlangte, da war sie sich nicht wirklich sicher. Noch ein Grunde mehr warum es gut war, dass sie Tora bei sich hatte. Diese kam gerade zu ihr zurück und legte ihr Maul wieder um ihr Handgelenk und zog sie so auf die Füße und mit sich mit. „Was hast du denn Tora?“ Ihr Tiger ließ von ihr ab, doch lief noch immer vor ihr her. Sayuri ging wieder zurück, griff sich ihr Hab und Gut und folgte Tora. So etwas wie eben hatte sie noch nie getan und war wirklich ungewöhnlich für sie. Was hatte sie wohl entdeckt? Je weiter sie gingen, umso mehr konnte Sayuri die Stimmen anderer Menschen ausmachen. Vor ihnen wurde der Wald immer lichter und Sayuri verlangsamte ihren Schritt um nicht entdeckt zu werden. Vorsichtig ging sie auf alle Viere und kroch dem Waldende entgegen. Was sie dann sah raubte ihr den Atem. Sie war wie es schien an ihrem Ziel angekommen. Zu ihrer Rechten sah sie in der Entfernung schon die aufgebaute Mauer, doch vor ihr lagen Unmengen an Steinen die von Tausenden verarbeitet, geschleppt oder verbaut wurden. Es war beeindruckend, aber auch grausam. Die Männer die hier arbeiteten, sahen nicht gut aus und auch etwas zu dürr für eine solche Arbeit. Aber sie wusste ja auch, dass die Männer hier nicht freiwillig ihren Dienst verrichteten. Sie wurden wegen irgendwelcher Sinnlosigkeiten zur Zwangsarbeit verurteilt, nur die Wenigsten waren wirklich Verbrecher gewesen. Tora lag neben ihr flach auf dem Bogen, die Beine von sich gestreckt und Sayuri musste sich bei diesem Anblick das Lachen verkneifen, sie wollte wirklich keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hier würde sie nicht bleiben können. Aber irgendwo musste es hier ein Dorf oder größeres Lager geben, immerhin gab es hier nicht nur Gefangene sondern auch Aufseher die bestimmt nicht auf sämtliche Annehmlichkeiten verzichten wollten. Langsam kroch sie rückwärts und amüsierte sich köstlich, als Tora ihre Bewegungen nachahmte und ihr folgte. Als sie etwas im Wald drin waren und Sayuri aufatmen konnte, da sie nun vor Entdeckung sicher sein sollte, knackte es hinter ihr im Unterholz. Sie drehte sich dem Geräusch entgegen und Tora stellte sich schützend vor sie. Vor ihr stand ein Mann, der wohl etwa zehn Jahre älter als sie sein musste. Er sah ihr nur aus großen Augen entgegen. Sayuri besah ihn genauer. Er hatte bessere Kleidung an, als der Rest der Männer die sie an der Mauer gesehen hatte. Auch war er kräftiger, nicht dass er füllig wäre, ganz im Gegenteil, so wie sie es einschätzen konnte, würde sie ihn für durchtrainiert halten. Er hatte ein hübsches Gesicht, was Sayuri wunderte, denn so komisch es auch war, war der asiatische Mann nie wirklich ihr Typ gewesen. Doch dieser Mann hier vor ihr war schön, man könnte schon fast hübsch sagen. In ihrer Zeit würde ein Mann das wohl nicht als Kompliment auffassen, doch da sie es nur dachte würde es wohl nicht schlimm sein. Noch immer machte der Mann keine Anstalten sich zu bewegen oder etwas zu sagen. Vielleicht hatte sie Glück und er würde sie einfach gehen lassen. „Tora, lass uns gehen.“ Sie drehte sich langsam seitwärts und ging tiefer in den Wald hinein. Tora begleitete sie, verlor aber nichts von ihrer Anspannung. Sayuri sah sich immer wieder um ob sie verfolgt wurden, doch dies schien nicht der Fall zu sein. Wie es aussah hatte der Mann sie wirklich einfach in Ruhe gehen gelassen. Sayuri dachte noch eine ganze Weile darüber nach was sie jetzt tun sollte. „Was meinst du Tora? Sollten wir hier bleiben und versuchen ein Dorf zu finden? Oder sollten wir eine andere Richtung einschlagen und weiter reisen?“ Tora legte ihren Kopf schief und sah sie einfach nur an. Ja, was hatte sie auch erwartet? Dass der Tiger plötzlich sprechen lernt und ihr eine Antwort gibt? Sayuri schnappte sich ihr Schwer und begann mit den Übungen, die Anjing ihr beigebracht hatte, immer wenn sie Zeit hatte machte sie die. Zum einen damit sie sich verbesserte und zum anderen weil sie dabei immer gut nachdenken konnte. Also was sollte sie jetzt tun? Sie könnte hier bleiben, nach einem Dorf suchen, ihr Salz verkaufen und sich mit Nahrung eindecken. Danach konnte sie sich immer noch entscheiden was sie tun wollte. Oder sie könnte die Mauer gleich hinter sich lassen und nach einem weiter entfernten Dorf suchen. Doch sie durfte auch nicht vergessen, dass der Sohn ihrer Retter vielleicht immer noch hinter ihr her war und versuchte sie in ihre Gewalt zu bekommen. Andererseits könnte ihr das bei jedem anderen Mann der einen etwas höheren Stand hatte auch passieren. Sie war einfach viel zu auffällig. Was sollte sie machen, wenn einer der Wachen an der Mauer sie zu der seinen machen wollte? Oder ein Soldat in einem anderen Dorf? Jetzt wünschte sie sich wirklich weniger gutaussehend zu sein. Doch alles Jammern half ihr nicht weiter, sie sah aus wie sie eben aussah und musste damit zu Recht kommen. Vielleicht sollte sie es wirklich erst Mal hier versuchen, wenn jemand ihr zu Nahe kam, dann hatte sie den Wald gleich in ihrer Nähe und konnte wenn es Hart auf Hart kam gleich fliehen. Sie beendete ihre Übungen. „Also Tora, wir versuchen unser Glück hier. Wir suchen das nächste Dorf und ich versuche an Nahrung für mich zu kommen. Sollte irgendwas passieren, dann verschwinden wir wieder von hier.“ Tora lehnte sich wie schon so oft zuvor an ihren Bauch und wartete auf ihre Streicheleinheiten.

Ying Fusu ging zurück zur Kommandozentrale. Mittlerweile hatte sich dort ein Dorf entwickelt, welches regelmäßig von reisenden Händlern besucht wurde. Solche Dörfer gab es überall wo gerade gebaut wurde und die Verkäufer verdienten gut indem sie die hier stationierten Soldaten mit Annehmlichkeiten versorgten. Sogar Frauen wurden bis hier raus gebracht, auch wenn Fusu solches Benehmen unangebracht fand. Doch würde er etwas dagegen unternehmen, würde es hier bald einen Aufstand geben. Er selbst hielt sich von solchen Vergnügungen fern, wieso wusste er selbst nicht so genau. Als er vor seinem Exil noch im Palast gelebt hatte, hatte er auch keine Probleme sich mit den Frauen seines Harems zu vergnügen. Doch hier draußen hat sich seine Sicht auf die Welt irgendwie verschoben. Wieder blitzte das Bild der Frau aus dem Wald vor seinen Augen auf. Wer war sie nur? Sie war unbeschreiblich schön gewesen. Noch nie hatte er eine solch schöne Frau gesehen und das sollte was heißen, da doch die Schönheiten dieses Landes in den Harem des Palastes gebracht wurden. Aber es war nicht nur ihre äußerliche Schönheit, sie hatte eine atemberaubende Ausstrahlung gehabt. Und dann konnte sie auch noch mit dem Tiger reden. Fusu wollte dieses Geschöpf wieder sehen und sich dieses Mal mit ihr unterhalten. Doch würde sie wieder zurück kommen? Sollte er sie vielleicht besser suchen? Er begab sich ohne Umwege zu Meng Tian, der Mann der ihn in seinem Exil bewachen sollte und mittlerweile ein guter, wenn nicht gar bester Freund geworden ist. Vielleicht würde er ihm helfen die geheimnisvolle Fremde wieder zu finden. Als er die Hütte seines Freundes betrat schlug ihm der Gestank von Wein entgegen. Leider hatte Tian ein Problem mit dem Alkohol entwickelt seit er hier an der Mauer war. Fusu vermutete, dass er den Krieg vermisste und mit dieser Arbeit die so gar nicht seinem Können entsprach einfach keine Erfüllung fand. „Hallo Tian. Ist es nicht noch etwas zu zeitig um dich jetzt schon am Wein zu betrinken?“ Er wurde aus bösen Augen angestarrt, doch er zuckte nicht mal mit der Wimper. Der General würde nie Hand an ihn legen, denn trotz seinem Exil war er noch immer der Kronprinz. „Solange ich meine Aufgaben erfülle, sollte es kein Problem mit meinem Weinkonsum geben. Oder? Was bringt dich her?“ Wie immer gleich auf den Punkt. „Mit ist gerade im Wald eine Frau begegnet, sie war in Begleitung eines Tigers und ich würde sie gern wieder sehen. Leider war ich von dem Anblick so geschockt, dass ich erst wieder richtig zu mir kam, als sie schon nicht mehr in Sicht war. Könntest du sie vielleicht für mich finden?“ Tian sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Eine Frau in Begleitung eines Tigers? Seid Ihr Euch sicher mein Prinz, dass nicht Ihr es seid, der schon zu früh Wein zu sich nahm?“ Fusu war bewusst, dass sein Freund sich mit seiner geschwollenen Sprache nur über ihn lustig machte. Wenn sie unter sich waren, sprachen sie nie förmlich mit einander. Nur unter den Augen anderer mussten sie den Anschein wahren. „Ja ich bin mir sicher, alter Freund. Kannst du mir nun helfen sie wieder zu finden?“ Tian erhob sich und ging mit ihm vor die Tür. „Dann zeig mir mal den Weg.“ Sie gingen zusammen in den Wald und Fusu zeigte seinem Freund die Stelle an der er sie entdeckt hatte. Tian hockte sich hin und besah sich den Boden genauer. „Du hast Recht. Hier sind Spuren eines Menschen und der eines Tigers. Doch wenn ich ehrlich bin, ich bin ein wirklich guter Kämpfer, aber ich denke nicht, dass ich allein gegen einen Tiger eine Chance hätte. Vielleicht solltest du warten ob sie von allein wieder kommt. Immerhin landet niemand aus Versehen hier an der Mauer.“ Er sollte warten? Doch was wenn sie beschloss weiter zu ziehen? Andererseits musste er seinem Freund zustimmen. Einen Tiger würden sie nicht besiegen können und Fusu war sich sicher, dass dieses Tier diese Frau beschützte. „Dann lass uns zurück zum Dorf gehen. Vielleicht wird sie dort auftauchen.“

Am Abend saß er in seiner Unterkunft und dachte wieder einmal über die mysteriöse Frau aus dem Wald nach. Wenn er die Augen schloss konnte er sie wieder von sich sehen, wie sie dort vor ihm stand. Sie war wirklich wunderschön, vor allem ihre Augen. Sie waren so unglaublich groß gewesen und hatten das Blau eines Edelsteins. Seine Gedanken wurden von einem Aufruhr unterbrochen. An sich war dies nichts ungewöhnliches, in einer Siedlung voller Männer kochte gern mal das Temperament hoch, doch dieses Mal hörte es sich nicht nach einer einfachen Schlägerei an. Also erhob Fusu sich und machte sich auf den Weg, immer den aufgeregten Stimmen entgegen. Was er dann erblickte ließ sein Herz für einen Augenblick stehen bleiben, nur um in der nächsten Sekunde mit ungeahnter Geschwindigkeit und Intensität weiter zu schlagen. Die Frau aus dem Wald stand umringt von Männern dort auf dem Platz. Einige der Soldaten lagen verletzt am Bogen und versuchten von ihr davon zu kriechen. Sie sah hoch konzentriert aus und versuchte alle im Blick zu behalten. Sie hatte keine Waffe in der Hand, doch sie sah angriffsbereit aus. Tian näherte sich ihm und stellte sich zu ihm. „Ist das die Frau von der Ihr zuvor gesprochen habt?“ Er nickte abwesend und ließ sie nicht für einen Moment aus den Augen. Ihre Atmung ging schnell und er beobachtete fasziniert das Heben und Senken ihrer Brust. „Sie hat all diese Männer am Boden mit bloßen Händen niedergeschlagen. Ich war von Anfang an mit dabei. Sie kam und wollte sich etwas Nahrung kaufen, doch die Männer wollten wohl lieber etwas ihren Spaß mit ihr haben. Als sie sich weigerte, wollten die Männer sie sich mit Gewalt nehmen. Ich wollte schon dazwischen gehen, da ich weiß, dass es gegen Eure Überzeugungen geht, doch dies war gar nicht nötig. Sie brachte einen nach dem Anderen zu Fall. Keiner traut sich Momentan in ihre Nähe und so wie es aussieht sucht sie nach einem Ausweg.“ Tian hatte Recht, sie sah sich immer wieder um und so wie es aussah suchte sie einen Fluchtweg. Fusu trat vor. „Was ist hier los?“, donnerte seine Stimme über dem Platz. Alle außer der Frau zuckten zusammen und verneigten sich im nächsten Augenblick vor ihm. Die Frau blickte nun in seine Richtung und er sah sich außer Stande seinen Blick von ihr zu lösen. „Ich warte auf eine Antwort.“ Einer der Männer die davor noch am Boden lagen erhob sich und kam zu ihm. „Herr, diese Frau kam her um etwas zu Essen zu kaufen. Als einige der Männer sich einen Spaß erlaubten, griff sie uns ohne ersichtlichen Grund an.“ Fusu verspannte sich leicht, ob der Lüge die ihm hier aufgetischt wurde. Alle hier in der Siedlung wusste, dass er Vergewaltigungen nicht duldete und diese auch unter Strafe stellte. „Meng Tian kümmere dich um die Männer, die sich anscheinend außer Stande sehen meinen Befehlen Folge zu leisten. Um diesen Mann hier kümmere dich für die dreiste Lüge extra.“ Tian befahl einigen Soldaten die Verletzten gefangen zu nehmen um sich Anderorts um ihre Bestrafung zu kümmern. Langsam ging Fusu nun auf die Unbekannte zu und noch immer ließ sie ihn nicht aus den Augen. Ihr Körper war angespannt und kampfbereit. Sollte er eine falsche Bewegung machen, so war er sich sicher, würde es ihm wie den Soldaten zuvor ergehen. Zwei Armlängen vor ihr blieb er stehen. „Ich möchte mich für das Fehlverhalten meiner Männer entschuldigen. Kann ich dich als Entschuldigung zu einem Essen einladen? Wie ich hörte, wolltest du hier nur etwas Nahrung kaufen.“ Sie musterte ihn und er ließ es still über sich ergehen. Sie neigte leicht den Kopf und er wandte sich ab und sie folgte ihm. Sie schien ihn verstanden zu haben, doch wieso sagte sie kein Wort? In seiner Hütte angekommen, schickte er einen Diener los um etwas zu Essen für seinen Gast zu besorgen. Er setzte sich und deutete auf den Platz ihm gegenüber, damit die Frau sich setzte. Sie kam der Aufforderung nach. Noch immer sagte sie kein Wort, doch ihr Blick hatte sich noch immer nicht von seinem gelöst. Langsam wurde ihm dieses Verhalten unangenehm. Normalerweise sah ihm niemand direkt in die Augen und Frauen schon gar nicht. „Was ist mit deinem Reisebegleiter passiert?“ Sie stand auf und ging zur Tür. Dann rief sie, „Tora“ und schon kam ein Tiger aus dem Wald getrottet. Die Menschen in der Nähe schrien auf und liefen davon. Der Tiger jedoch schien davon gar keine Notiz zu nehmen. Er kam direkt auf die Frau zu und sie kam mit ihm zurück in die Behausung. Erneut setzte sie sich und das Tier nahm neben ihr auf dem Boden Platz. Es war wirklich ein außergewöhnlicher Anblick und Fusu konnte nichts dagegen tun, dass sein Puls in die Höhe schnellte. Noch nie war er einem Tiger so Nahe gewesen. Er sah sich nach seinem Schwer um. „Das würde ich nicht tun. Tora könnte es falsch verstehen und denken du willst mich angreifen.“ Er zwang seine Augen wieder zu der Frau zu schauen und befahl seinen Muskeln sich wieder zu entspannen. „Mein Name ist Ying Fusu. Würdest du mir auch deinen Namen verraten?“ Sie zuckte bei der Nennung seines Namens zusammen. Vielleicht würde sie ihn jetzt auch mit dem nötigen Respekt ansprechen. „Mein Name ist Sayuri und mein Begleiter heißt Tora.“ Sayuri, er ließ sich diesen Namen auf der Zunge zergehen. Er war genau wie die Frau ganz außergewöhnlich und wunderschön. „Würdest du mir verraten wo du her kommst und was du hier an der Mauer zu suchen hattest?“ Sie sagte eine ganze Weile nichts, noch etwas, dass normalerweise keiner Tat. Wenn der Prinz nach einer Antwort verlangte, dann gab man sie ihm. Doch nicht diese Frau und obwohl es ihn erstaunte, es machte ihm absolut nichts aus. Die Tür zu seiner Hütte wurde geöffnet und Tian trat ein. Kaum eingetreten blieb er wie angewurzelt stehen. Sayuri legte ihrem Tiger die Hand auf den Kopf, wohl um ihn zu beruhigen, wegen des Neuankömmlings. Langsam ging sein Freund nun auf ihn zu, doch er achtete darauf immer den größtmöglichen Abstand zu dem Tier zu schaffen. Auf seiner Seite des Tischen angekommen nahm er sich einen Stuhl und setzte sich zu ihm. „Die Männer wurden erst mal festgesetzt und werden morgen ihrer Strafe zugeführt.“ Fusu nickte einmal ohne seinen Freund anzusehen. „Darf ich wissen was mit den Männern passiert?“ Tian sog hart die Luft ein, er war von der unpassenden Anrede wohl geschockt. Doch mal im Ernst, hier in diesem Raum hatte sie die Macht über die Männer. Für ihr Tier spielte es keine Rolle, dass er ein Prinz war. „Vergewaltigung steht unter Strafe. Sie werden morgen bei Sonnenaufgang hingerichtet.“ Die Frau legte den Kopf leicht schief und krallte ihre Hand ins Fell ihres Begleiters. „Aber es hat doch überhaupt keine Vergewaltigung stattgefunden.“ Tian keuchte neben ihm und auch er wollte sich schon über ihren Einspruch aufregen, als ihre Worte sein Gehirn erreichten. Sie hatte Recht. Die Männer sind nicht dazu gekommen sich an ihr zu vergreifen. „Da du die Betroffene warst, was würdest du denn für eine angemessene Strafe erachten?“ Wieder neigte sie ihren Kopf leicht schräg, dies tat sie wohl immer wenn sie nachdachte. „Ich weiß es nicht. Da wo ich herkomme, gibt es keine Todesstrafe. Auch werden dort niemandem Gliedmaßen abgeschnitten oder die Leute zur Zwangsarbeit geschickt.“ Sie kam also wirklich nicht aus Qin. Doch wo kam sie dann her? Nun mischte sie Tian ein. „Wie werden Verbrechen dann bei Euch in der Heimat bestraft?“ Ihre Augen schnellten zu ihm. „Und Ihr seid?“ Fusu hörte wie Tian neben ihm mit den Zähnen knirschte. „Ich bin Meng Tian.“ Nun war es an der Frau harsch Luft einzusaugen. „Dann, oh großer General von Qin, werde ich Eure Frage beantworten. Es werden Gefängnisse gebaut in denen Verbrecher für gewisse Zeit eingesperrt werden. Die Dauer wird von der Schwere des Verbrechens bestimmt. Mir ist bewusst, dass ein solches Vorgehen hier nicht möglich ist.“ Wieso sprach sie seinen Freund seines Standes entsprechend an und ihn nicht? „Was wäre dann nun Euer Vorschlag für diesen Fall?“ Einige Augenblicke war es still. „Ich würde ihnen die Möglichkeit nehmen sich noch mal an einer Frau zu vergehen und sie hier zu den anderen Zwangsarbeitern stecken. Sie würden als Warnung für die restlichen Soldaten dienen, da sie sie so immer wieder sehen würde.“ Fusu sah seinen Freund an und dieser nickte leicht. „Du würdest sie also zu Eunuchen machen?“

„Das muss gar nicht sein. Es kommt darauf an wie sehr Ihr vorhabt die Männer zu bestrafen.“

„Was meinst du damit?“ Auch sein Freund runzelte die Stirn. „Wenn ihr sie zu Eunuchen macht, werden sie nie wieder Lust verspüren und somit natürlich keine Frau mehr bedrängen. Doch wenn man ihnen nur den Penis nehmen würde, doch ihnen die Hoden lässt, würden sie noch in der Lage sein Lust zu empfinden, nur eben nicht mehr in der Lage diese auch auszuleben. Wenn Ihr mich fragt, zweifellos die härtere Strafe.“ Fusu presste die Beine zusammen und er sah, dass es Tian neben ihm nicht besser ging. Doch es wunderte ihn auch, dass Sayuri über solches Wissen verfügte. Neben ihnen begann der Tiger, den Sayuri Tora nannte unruhig zu werden. Sie legte ihm erneut die Hand aufs Fell und begann ihn beruhigend zu streicheln, sofort wurde der gesamte Raum von einem Schnurren erfüllt. „Dann werde ich deinem Vorschlag folgen und ihnen ihr Glied entfernen lassen.“ Tian starrte den Tiger an und konnte sich wie es schien nicht von dem Anblick losreißen. Einer der Diener klopfte an die Tür und kündigte das Essen an. Fusu beschloss es an der Tür entgegen zu nehmen bevor seine Diener sich vor dem Tier in seiner Behausung erschrecken konnten. Er stellte die Platte auf dem Tisch ab und begutachtete das Essen. Es waren einige Früchte darauf, dann einige Keulen und Reis. Nicht das was er aus dem Palast gewöhnt war, aber immer noch reichlich und schmackhaft. „Bedien dich ruhig.“ Sie sah ihr Tier kurz an. „Danke.“ Dann begann sie zu speisen. Sie hielt sich nicht zurück und verspeiste mehr als er bei diesem schmalen Körper angenommen hatte. Nach dem Essen reichte er ihr ein Tuch um sich die Hände zu reinigen und sie nahm es dankbar nickend entgegen. „Würdest du mir jetzt meine Fragen von zuvor beantworten und uns sagen was du hier an der Mauer vor hattest? Und wo du eigentlich her kommst?“ Sie blickte ihm in die Augen und schien zu überlegen ob sie antworten sollte. „Ich komme aus einem Land, welches sehr weit von Qin entfernt liegt. Ich weiß nicht wie ich hier her gekommen bin. Ich war im Meer schwimmen und bin fast ertrunken. Als ich wieder zu mir kam war ich am Strand des damaligen Qi. Ein älteres Ehepaar fand mich und nahm mich bei sich auf. Ich verdiente mir mein Geld damit Salz zu verkaufen, leider scheint mein Aussehen für Gerüchte bis in die Hauptstadt gesorgt zu haben. Und so kam der Sohn meiner Retter nach Hause um mich selbst in Augenschein zu nehmen. Er beschloss, dass ich seine Ehefrau werden würde. Ich wollte dies nicht, also schlug ich ihn nieder und lief davon. Mein Retter sagte mir davor, dass ich Richtung Norden zur Mauer flüchten sollte. Sein Sohn würde mich dort am wenigsten vermuten, außerdem würden von der Mauer wohl auch nur wenige Gerüchte bis ins Landesinnere geraten.“ Sie war als Frau ganz allein von Qi bis zu ihnen gereist? „Und deinen Begleiter?“ Sie sah liebevoll zum Tier an ihrer Seite. „Ihre Mutter starb vor meinen Augen und sie schien einen Ersatz zu wollen. Seit dem verfolgte sie mich und wurde mein Partner.“ Der Tiger war also ein Weibchen. „Und was hast du jetzt vor? Willst du hier bleiben oder weiter ziehen?“ Er hoffte, dass sie sich entschließen würde zu bleiben. Er würde gern noch mehr von ihr erfahren und sie besser kennen lernen. „Wenn ich hier nicht störe, würde ich gerne eine Weile hier in der Nähe bleiben. Dann werde ich mir überlegen was ich weiter vor habe.“ Tian meldete sich neben ihm zu Wort. „Wieso wollt Ihr hier bleiben? Wäre es nicht nur logisch wenn Ihr versuchen würdest in Eure Heimat zurück zu kehren?“ Ein Schatten legte sich über die schönen blauen Augen. „Ich kann nicht zurück. Ich komme nicht aus dieser Zeit.“ Was sollte das nun wieder bedeuten? Doch er fragte nicht weiter nach, zu sehr bedrückten ihn die traurigen Augen der Frau. Auch Tian schien sich seine Fragen zu verkneifen.

Sayuri war den Männern dankbar für ihre Zurückhaltung. Sie wollte keine Fragen beantworten und sie könnte sich schon selbst dafür Ohrfeigen, dass es ihr heraus gerutscht war, dass sie aus einer anderen Zeit kam. Sie sah sich die Männer noch mal genauer an. Sie wusste genau wen sie da vor sich hatte und sie fragte sich, ob sie vielleicht wegen ihnen zurück geschickt wurde. Konnte sie vielleicht in die Heimat zurück wenn sie Fusu das Leben rettete und ihn zum Kaiser machte? Es konnte doch unmöglich Zufall sein, dass sie ausgerechnet diesen Größen während ihrer Flucht in die Arme lief. Doch wenn Sayuri nun die Vergangenheit so drastisch veränderte was für Auswirkungen hätte dies dann auf die Zukunft? Sollte sie nicht vielleicht besser wieder verschwinden und im Wald mit Tora ein abgeschiedenes Leben führen? Und wenn sie sich dagegen entschied und dafür Fusu zu helfen was würde das alles nach sich ziehen? Einen Krieg? Sie wagte zu bezweifeln, dass die zwei Minister die Huhai um den Finger gewickelt hatten kampflos den Platz für Fusu räumen würden. Ein Bürgerkrieg würde ausbrechen und das gerade erst entstandene Kaiserreich erneut spalten. Hunderttausende würden ihr Leben lassen. Und es stellt sich auch die Frage ob Fusu wirklich ein guter Kaiser wäre. War er ein Mensch der gerecht regieren konnte? Jemand der zum Wohle seines Volkes Entscheidungen traf und nicht nur aus eigenen Interessen heraus? Sein Bruder jedenfalls nicht und Fusus Sohn auch nicht. Oh Gott, sein Sohn. „Wie alt ist dein Sohn jetzt?“ Fusu sah sie eindringlich an, aber auch leicht verwirrt. „Ich habe keinen Sohn. Die Frauen haben mir bis jetzt nur Töchter geschenkt.“ Na klasse. Entweder waren die Aufzeichnungen falsch, sie hatte die Vergangenheit mit ihrem Erscheinen schon verändert, denn wer auch immer sie in diese Zeit gebracht hatte war vielleicht der Meinung, dass Fusu wenn sie da war keinen Sohn haben durfte oder aber die Gerüchte der Aufzeichnungen waren wahr und Ying Ziying war nicht Fusus Sohn. Doch spielte das überhaupt eine Rolle? Eigentlich nicht, denn es lag an ihr eine Entscheidung zu treffen. Wenn sie doch nur wenigstens ein Zeichen bekommen würde. Wie konnte sie in diese Zeit an diesen Ort geschickt werden und dann keine Erklärung bekommen? Das war nicht fair. „Entschuldigt mich. Ich bin sehr müde und würde für heute gerne gehen.“ Die Männer erhoben sich mit ihr. „Dann wünschen wir eine geruhsame Nacht.“ Dann ging Sayuri einfach mit Tora an ihrer Seite. Sie musste in Ruhe nachdenken und eine Nacht darüber schlafen. Wenn sie ausgeruht war, konnte sie bestimmt schon klarer sehen.



Kapitel 4


In dieser Nacht schlief Sayuri sehr unruhig und träumte sehr verwirrende Sachen. Wieder einmal wollte ein Soldat sie mit Gewalt zu seiner Frau nehmen ohne dass sie sich dagegen wehren konnte, doch dieses Mal schützte Tora sie und riss den Mann in Fetzen. Dann war sie in einem See mit Fusu baden. Der Mond schien auf sie hinab und beleuchtete die sehr intim wirkende Szene. Dann war sie wieder zurück in ihrer Zeit. Ihre Eltern und Freunde sahen sie, doch niemand schien sie zu erkennen. Stattdessen hatten ihre Eltern plötzlich einen Sohn. Dann war sie wieder in China auf dem Schlachtfeld, sie kämpfte Seite an Seite mit Tian, Fusu und 3 weitern Männern die sie nicht kannte. Sayuri wurde von einem Pfeil in der Brust getroffen, doch statt wie erwartet zu sterben, zog sie ihn einfach heraus und die Wunde verschloss sich wieder. Dann änderte sich ihr Bild erneut, sie betrat einen Raum, zumindest nahm sie es an, denn dieser Raum schien weder Boden, Decke oder Wände zu haben. Sie hatte das Gefühl in der Luft zu hängen. Um sie herum war alles strahlend gelb und ein Mann schwebte auf sie zu. Sie sah wie sich seine Lippen bewegten, doch sie verstand ihn nicht. Er wurde immer aufgeregter, doch seine Stimme konnte ihre Ohren einfach nicht erreichen. Dann lag sie plötzlich in einem Bett und ihr wurde ein Baby mit glückwünschen in den Arm gedrückt. Da schreckte sie aus ihrem Schlaf auf. Ihr Atem ging heftig und sie hatte Probleme sich auf ihre Umgebung zu fokussieren. Tora rieb ihren Kopf an ihr und langsam konnte Sayuri ins Hier und Jetzt zurück finden. Was waren das nur für Träume? Sie waren so real gewesen. Tränen stahlen sich aus ihren Augen und sie unternahm auch nichts um sie aufzuhalten. Was wenn ihre Eltern und Freunde sie wirklich vergessen hatten und sie durch einen Jungen ersetzt wurde? Gab es für sie keinen Weg zurück? Hatte der Mann in dem schwebenden Raum ihr das mitteilen wollen? Sie vergrub ihr Gesicht in Toras Fell und weinte still weiter. Trauerte um sich selbst und ihre Familie. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Sayuri sich wieder beruhigt. „Tora kannst du Wasser in der Nähe ausmachen?“ Sofort sprang ihre Tigerdame auf und führte sie durch den Wald, keine viertel Stunde später hatte sie Sayuri an einen kleinen Bach geführt. Sie hockte sich hin und wusch sich mit dem klaren Wasser das Gesicht. Es tat gut und die Kälte entspannte ihre angeschwollenen Tränensäcke. „Geh dir was zum Frühstück jagen.“ Kaum hatte sie das ausgesprochen sprang Tora davon. Sayuri ließ sich ins weiche Gras am Bachlauf fallen und starrte ins Wasser. Was sollte sie jetzt tun? Sie sollte unabhängig von diesen komischen Träumen, davon ausgehen, dass sie nicht mehr zurück konnte. Und dies bedeutete, dass sie hier leben musste. Wollte sie ein Leben fern ab anderer Menschen im Wald verbringen oder sich einen Mann suchen und in Frieden alt werden oder sie rettete Fusu und ging den wohl beschwerlichsten Weg? Konnte sie überhaupt friedlich Leben wenn das Land so sehr in Aufruhr war? Und würde nicht immer wieder ein Mann kommen, der sie zu der Seinen machen wollte? Sie hatte immerhin noch ein paar Jahre in denen sie noch gut aussah. Sie war so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie sich fast zu Tode erschreckte als plötzlich ein ihr fremder Mann neben ihr in die Hocke ging und begann sich zu waschen. Sie faste sich ans Herz in der Hoffnung es so beruhigen zu können. Dann hörte sie auch schon ein Knurren aus dem Wald. Da sah der Mann auf, bekam große Augen als er Tora mit blutiger Schnauze sah und griff nach seinem Schwert. Er machte sich kampfbereit und auch Tora setzte zum Sprung an. „Tora komm her.“ Der Tiger richtete sich wieder auf und kam zu ihr herüber geschlendert. Der Mann betrachtete das Schauspiel und bekam noch größere Augen, als das Tier sich vertrauensvoll in ihre Arme schmiegte. „Alles ist gut meine Kleine.“ Sie kraulte ihr den Kopf. Dann sah sie wieder zu dem Mann. „Sie hätte Euch umbringen können. Wie kommt Ihr darauf einfach wie aus dem nichts aufzutauchen und Euch direkt neben mir zu waschen?“ Tora verspannte sich neben Sayuri wieder, als sie ihre Anspannung in der Stimme wahrnahm. „Ich entschuldige mich für mein unhöfliches Benehmen. Ich wollte Euch gewiss nicht erschrecken. Doch ich wasche mich hier jeden Morgen. Wenn man es also genau nimmt, seid Ihr es der hier eindringt.“ Sayuri sah sich um, doch sie konnte niemanden sonst ausmachen. Woher kam der Mann? „Kommt Ihr von der Mauer? Und wenn ja wieso seid Ihr dann allein hier?“ Tora begann erneut zu knurren, wenn man es bei einer Katze überhaupt als solchen bezeichnen konnte, als der Mann sich komplett aufrichtete. „Ich wurde zur Zwangsarbeit an die Mauer geschickt, doch die Wachen gönnen uns nur eine Wanne voll mit Wasser mit dem sich dann Hunderte waschen müssen. Also stehle ich mich morgens davon um hier meinem Reinlichkeitsempfinden nachzugeben.“

„Wenn Ihr den Wachen so einfach entkommen könnt, wieso bleibt Ihr dann hier?“

„Würde ich verschwinden, würde man mich jagen wie ein Tier. Da bleibe ich lieber da und genieße etwas Freiheit bei den kleinen Ausflügen die ich mir gönne.“

„Wofür wurdest du verurteilt?“

„Ich bin ein Dieb. Der Beste möchte ich meinen. Es gibt nichts, dass ich nicht stehlen könnte.“ Ein Dieb also. Sayuri sah sich den Mann noch mal von oben bis unten genauer an. Und dann plötzlich traf es sie wie ein Schlag in die Magengrube. Er war einer der Männer aus ihrem Traum. Er hatte Seite an Seite mit ihr, Fusu und Tian gekämpft. Waren es doch nicht einfach nur Träume gewesen? Sollten sie der Wahrheit entsprechen? Doch sie hatte in diesem Traum auch einen Pfeil in die Brust bekommen ohne zu sterben und das war völlig unmöglich. „Wie heißt Ihr?“ Er musterte sie nun genau so wie sie es zuvor bei ihm getan hatte. „Bailong und dürfte ich auch Euren Namen erfahren?“

„Sayuri und die nette Dame neben mir heißt Tora.“

„Welch außergewöhnliche Namen. Gehe ich Recht in der Annahme, das Ihr nicht von hier kommt?“

„Da habt Ihr Recht. Ich komme aus einem Land, welches sehr weit von hier entfernt ist. Würde es Euch etwas ausmachen mich zu meinen Schlafplatz zu begleiten und mich dann zur Mauer zu bringen? Ich habe dort etwas zu erledigen.“ Er nickte rasch und Sayuri ließ sich von Tora zurück zu ihren Sachen bringen. Sie hob ihre kleine Tasche, Schwert und Bogen mit Köcher auf und sah ihren Wegweiser wartend an. Sie kannte den Weg zur Mauer, doch sie erhoffte sich, so etwas mehr über den Dieb heraus zu finden. „Dürfte ich Euch noch eine Frage stellen?“ Der Mann nickte ihr aufmunternd zu und schenkte ihr ein äußerst sympathisches Lächeln. „Wieso seid Ihr Dieb geworden?“ Er schnaubte neben ihr. „Ich habe mich geweigert Soldat zu werden. Es lag nicht daran, dass ich Angst vor der Schlacht oder dem Tod gehabt hätte. Doch ich konnte und kann noch immer, nicht verstehen, wieso ich mein Leben für einen König den ich nie in meinem Leben zu Gesicht bekommen werde riskieren sollte. Ich weiß, unser jetziger Kaiser hat erstaunliches geschafft in dem er die sieben Reiche vereinte und somit den ewigen Krieg beendete. Doch wie lange wird Frieden herrschen? Und für wen herrscht dieser? Die Bauern sterben vor Hunger obwohl sie das Essen anpflanzen, dies ist einfach nicht Gerecht. Durch meine Weigerung musste ich also irgendwie anders Geld verdienen und so beschloss ich die Reichen etwas zu erleichtern. Ich habe nie mehr gestohlen als ich brauchte. Und ich habe auch nie jemanden verletzt.“ Sayuri verstand seinen Unwillen Soldat zu werden, doch sollte ihr Traum die Zukunft gezeigt haben, würde er mit ihr in den Krieg ziehen. Für Fusu. „Seid Ihr denn gut mit dem Schwert?“ Dabei nickte sie in Richtung Schwert in seiner Hand. „Ich denke schon, doch wirklich wissen tue ich es nicht. Wie gesagt ich habe nie in einer Schlacht gekämpft. Nur ein paar Mal musste ich mich gegen Banditen in den Bergen verteidigen und hatte dabei keine Probleme.“

„Würdet Ihr mir ein wenig beibringen? Ich übe erst seit einigen Monaten mit dem Schwert und bräuchte einen neuen Lehrer da ich meinen alten verlassen musste.“

„Wieso Möchtet Ihr als Frau die Schwertkunst erlernen?“

„Weil sich auch Frauen selbst verteidigen können müssen, wenn sie nicht verletzt werden wollen.“

„Habt Ihr dafür nicht Tora an Eurer Seite?“

„Ich kann Tora nicht mit in Dörfer oder Städte nehmen. Wie Euch bestimmt schon aufgefallen ist, errege ich mit meinem Aussehen schon genug Aufmerksamkeit.“

„Wenn ich es schaffe mich am Abend hinaus zu schleichen, würde es mir eine Freunde sein Euch im Schwertkampf zu unterrichten. Soll ich Euch dann auch gleich den Umgang mit dem Bogen beibringen? Wie ich sehe habt Ihr einen bei Euch.“ Sofort schüttelte Sayuri den Kopf und drückte den Bogen näher an sich. „Das ist nicht nötig. Ich denke nicht, dass Ihr mir mit dem Bogen noch etwas beibringen könnt.“ Bailong sah sie überheblich lächelnd an. „Wie Ihr wünscht.“ Dann konnten sie die Arbeiten an der Mauer auch schon sehen. „Ich verabschiede mich hier von Euch. Ich muss einen anderen Weg zurück in mein Lager finden ohne entdeckt zu werden. Sollte ich es schaffen werde ich am Bach heute Abend auf Euch warten.“

„Ich danke Euch. Viel Glück.“ Dann drehte er sich auch schon um und entfernte sich von ihr. Sayuri hingegen trat aus dem Wald heraus. „Tora versteck dich im Wald aber bleib so nah, dass ich dich rufen kann.“ Ihr Tiger hörte auf sie und verschwand im Unterholz. Sayuri hingegen ging zielstrebig auf die Hütte von Fusu zu. Sie atmete einmal tief durch und klopfte dann an. Als niemand ihr öffnete oder antwortete drehte sie sich und sah sich um. Wo konnte sie ihn finden? Sie wollte Nahrung kaufen und nach dem Fiasko am vorherigen Abend wollte sie lieber vorher mit Fusu darüber reden. Sie ging auf den Platz, wie tags zuvor und hoffte jemanden zu finden, der ihr weiter helfen konnte. Einige Männer kamen ihr zwar entgegen und sahen sie komisch an, doch niemand hielt sie auf. Schon von weitem konnte Sayuri das metallische Klingen hören, dass entstand wenn Schwerter aufeinander trafen. Sie folgte dem Geräusch und kam auf einem Trainingsplatz an. Sie sah sich hier ganz genau um. Einige Soldaten machen Trainingskämpfe mit den Schwertern, andere übten an Holzpfählen die im Boden eingelassen wurden. Noch mal Andere übten mit dem Speer oder Bogen. So etwas hatte sie noch nie gesehen und so komisch es war, diese Szene übte eine ungeahnte Faszination auf Sayuri aus. Es juckte sie in den Fingern ihren Bogen zu spannen und den Pfeil in Richtung Zielscheibe zu schicken. Plötzlich legte sich eine Hand auf ihre Schulter und sie reagierte nur noch instinktiv. Sie schnappte sich das Handgelenk, zog den Arm nach vorn, beugte sich vor und schmiss den Körper der an dem Arm hing über ihren Rücken hebelnd auf den Boden vor sich. Sie wollte dem Mann gerade den Arm verdrehen um ihn Bewegungsunfähig zu machen, doch da erkannte sie ihn. Sie ließ sofort den Arm los und half Tian wieder auf die Beine. „Verzeiht. Habe ich Euch verletzt?“ Tian begann schallend zu lachen. „Alles in Ordnung. Eure Vorführung war beeindruckend. Ich hätte mich nicht so an Euch heran schleichen sollen. Ich gebe Euch allerdings noch eine Warnung mit auf den Weg. Ihr solltet ab sofort vorher nachsehen, wer sich Euch genähert hat. Wäre es der Kronprinz gewesen den Ihr vor aller Augen zu Boden geworfen hättet, hätte er Euch bestrafen müssen.“ Sie nickte. „Ich danke Euch. Ich werde mir Eure Worte zu Herzen nehmen.“ Und das tat sie wirklich. Denn Tian hatte Recht, sollte sie sich an dem Prinzen vergreifen wäre sie wohl ihren Kopf los oder sie wäre wieder auf der Flucht. „Darf ich fragen, was Euch heute hier her treibt?“ Sie blickte zum General auf und beschloss, dass sie auch ihn um Hilfe bei der Nahrungsbeschaffung bitten konnte. „Ich wollte heute endlich etwas zu Essen kaufen, doch nach den Problemen die ich gestern verursacht habe, dachte ich es wäre ratsam vorher den Prinzen um Erlaubnis zu bitten.“ Tian nickte nachdenklich. „Ihr könnte hier eigentlich mit jedem Geschäfte machen, dass ist nicht verboten. Wenn Ihr wollt kann ich Euch begleiten.“ Sayuri atmete erleichtert auf. Sehnsüchtig ließ sie ihren Blick noch mal zu den Zielscheiben wandern. „Wollt Ihr Euch vielleicht mal am Bogen versuchen?“ Tian schien ihren Blick irgendwie richtig und irgendwie auch falsch gedeutet zu haben. „Würdet Ihr es mir denn erlauben?“ Er nickte und ging voran zur Schießanlage, wenn man es denn als solches bezeichnen wollte. Sofort machten ihm alle Soldaten auf dem Weg Platz und grüßten ihn respektvoll. Als sie ankamen wollte Tian ihr einen Bogen reichen, doch Sayuri nahm ihren eigenen zur Hand. „Ich habe selbst einen, aber ich danke Euch trotzdem.“ Noch bevor sie den ersten Pfeil abschießen konnte riss Tian ihr den Bogen aus der Hand und besah ihn sich genauer. „Woher habt Ihr diesen Bogen?“ Sayuri fühlte sich unwohl, nicht weil sie angst von Tian hatte, sondern weil sie angst davor hatte, er könnte ihr das Geschenk von Anjing wegnehmen. „Ich habe Euch doch gestern erzählt, dass ich von einem netten alten Ehepaar gerettet wurde. Der Mann schenkt mir zum Abschied seinen Bogen.“ Tian keuchte. „Dein Retter war Li Anjing und er hat dir seinen Bogen vermacht?“ Der General kannte ihn? Sie nickte nur und bekam gleich darauf ihren Bogen zurück. Tian nickte ihr aufmunternd in Richtung Zielscheiben zu und endlich konnte Sayuri den Pfeil anlegen. Sie spannte den Bogen, atmete aus und ließ die Sehne los. Der Pfeil flog gut und traf genau ins Schwarze. Nun ja, genau genommen ins rote, aber wer wollte schon kleinlich sein? Wirklich freuen konnte sie sich über diesen Treffer allerdings nicht, aus dieser Entfernung hatte sie schon als Kind ihr Ziel treffen können. Also tat sie, was sie als Jugendliche aus Spaß immer mal wieder gemacht hatte. Sie begann rückwärts zu laufen und dabei auf die Zielscheibe zu schießen. Jeder Pfeil traf sein Ziel und als sie ihren letzten Pfeil abschoss war sie bestimmt gute 120 Meter vom Ziel entfernt. Ihre Mutter hatte sie wegen ihrer Spielereien immer ausgemeckert, doch auf 28 Meter zu treffen war nun wirklich nicht schwer. Doch auf 120 Meter und das in Bewegung war eine Kunst. Am liebsten würde sie ihre Pfeile wieder aufsammeln und sich auf ein Pferd schwingen und noch mal von vorn beginnen. Der ganze Platz war still geworden und Sayuri sah sich als es ihr auffiel etwas verschämt um. Hätte sie das lieber sein lassen sollen? Sie konnte die Gesichter der Soldaten nicht deuten. Tian kam auf sie zu und legte ihr die schweren Hände auf die Schultern. „Das war eine wirklich erstaunliche Vorführung. Ich verstehe jetzt wieso Anjing dir seinen Bogen vermacht hat. Du kannst hier gern so oft du möchtest trainieren.“ Sie atmete auf und freute sich nichts falsch gemacht zu haben. „Sollen wir dir jetzt etwas zu Essen besorgen?“ Sie schüttelte sofort den Kopf. „Ich würde gern meine Pfeile wieder haben.“ Tian begann zwar zu lachen doch er begleitete sie zur Zielscheibe und half ihr dabei ihre Pfeile wieder einzusammeln. Darüber musste sie sich auch noch Gedanken machen. Sie hatte keine Ahnung wie man die Geschosse herstellte, dies war beim Kyudo ja nie nötig gewesen. Als sie durch die Menge wieder zurück zum Platz gingen, nahm Sayuri aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und drehte sich in die Richtung. Und da stand er, Unbekannter Nummer zwei. Er machte einige Übungen mit seinen Speer und Sayuri musste zugeben, dass seine Bewegungsabläufe wunderschön aussahen. „Das ist Mian. Er ist einer der besten Speerkämpfer des Landes. Doch auch er hat sich wie unser Kronprinz gegen die fragwürdigen Entscheidungen unseres Kaisers ausgesprochen und wurde hier her geschickt. Er ist ein guter Mann, auch wenn er nur selten den Mund auf macht.“ Sayuri warf noch einen Blick auf Mian, dann folgte sie Tian. Jetzt hatte sie schon zwei der Männer aus ihrem Traum ausmachen können. Wenn sie später zurück im Wald war musste sie den Wahrheitsgehalt dieser Träume überprüfen. Es könnte sich noch immer um einen Zufall handeln oder sie hatte die Männer gestern schon gesehen und ihr Unterbewusstsein hatte sich an sie erinnert. Tian führte sie zum Platz zu einigen Händlern und sie kaufte sich einige Nahrungsmittel ein. Sie überlegte schon, ob sie etwas von ihrem Salz an sie verkaufen sollte, doch es wäre wohl sinnvoller, dieses für den Notfall aufzubewahren. Außerdem schmeckte ihr Essen ohne Salz noch immer nicht. Als sie ihren Proviant aufgefüllt hatte verabschiedete sie sich von dem General und ging zurück in den Wald. Kaum war sie außerhalb der Sichtweite der Arbeiter stieß Tora zu ihr und sie gingen zurück an ihren Platz an dem sie die Nacht zuvor verbracht hatte. „So Tora, da wollen wir doch mal sehen ob meine Träume etwas zu sagen haben oder ich einfach nur verrückt bin.“ Sayuri schnappte sich ihr Schwert und zog die Klinge einmal kräftig über ihre linke Handfläche. Nur mit Mühe schaffte sie es einen Aufschrei zu unterdrücken. Das tat mehr weh, als sie gedacht hatte. Und es blutete auch stärker. Sie war so dumm. Wenn der Traum einfach nur ein Traum war, würde sie sich bestimmt eine böse Infektion holen und elendig verrecken. Tora tigerte nervös vor ihr auf und ab. Sayuri starrte allerdings nur ihre Hand an und nach etwas zehn Sekunden konnte sie sehen wie die Verletzung an ihrer Hand sich vor ihren Augen wieder schloss. Ein Keuchen entrang sich ihrer Kehle und ihr Herz begann in ihrer Brust zu galoppieren. Das war nicht möglich. Sie stand auf und rannte zum Bach um sich die Hand zu waschen. Als sie ankam ließ sie sich einfach auf die Knie fallen und ignorierte den aufkommenden Schmerz. Sie wusch sich das Blut von der Hand und beäugte ihre nun wieder unverletzte Hand kritisch. Tora war ihr gefolgt und auch sie sah Sayuris Hand verwundert an. Wieder liefen ihr Tränen in Bächen die Wangen hinab. Was war hier nur los? War sie jetzt unsterblich? Oder nur unverwundbar? Alterte sie noch? War sie überhaupt noch ein Mensch? So viele Fragen und sie hatte auf keine davon eine Antwort. Ihr Tiger versuchte sie zu trösten, doch es half nichts. Ihr wurde das alles zu viel. Schlimm genug, dass sie hier in der Fremde in einer Zeit weit vor ihrer eigenen gelandet war. Nun hatte sie das Schicksal auch noch mit einer Gabe beschenkt um die sie nie gebeten hatte. Hatte sie dann auch noch andere? Die Träume? Könnte man diese als Visionen sehen? Sie wurde mittlerweile von Schluchzern durchgeschüttelt. Sayuri schreckte erst wieder aus ihren Gedanken auf als die Sonne im Begriff war unter zu gehen. Sie wusch sich ihr Gesicht und ging zurück um ihr Schwert zu holen. Sollte Bailong es schaffen zu kommen, wollte sie ihn nicht warten lassen. Sie würde einfach alles auf sich zukommen lassen und sehen wohin ihr Weg sie führen würde. Etwas anderes blieb ihr auch nicht wirklich übrig. Vielleicht bekam sie in dieser Nacht in ihren Träumen noch einige Hinweise. Wenn nicht musste sie einfach einen Schritt nach dem Nächsten gehen. Zumindest würde sie in dem bevorstehenden Krieg wohl nicht sterben können, dass war doch auch schon was. Sie lachte freudlos auf. Am Bach angekommen setzte sie sich wieder auf die Stelle an der sie zuvor schon ihren Tag verbracht hatte und knabberte an ihrem Brot. Sie hatte zwar nicht wirklich Hunger, doch sie konnte es sich nicht leisten an Kraft zu verlieren. Musste sie überhaupt noch essen? Sofort verbannte sie den Gedanken aus ihrem Kopf. Ein Schritt nach dem Nächsten. Als sie nach zwei Stunden des Wartens schon aufgeben und zurück zu ihrem Schlafplatz wollte tauchte Bailong endlich auf. Er hatte wieder sein Schwer in der Hand und strahlte ihr entgegen. „Ich bitte um Verzeihung für mein spätes erscheinen. Ich hoffe ich habe Euch nicht all zu lange warten lassen.“ Sie schüttelte als Antwort nur den Kopf und nahm ihr Schwert zur Hand. Ihm schien dies als Aufforderung zu reichen, denn er griff sofort ohne Anzeichen dafür an. Sie parierte den Schlag und versuchte einen Gegentreffer zu landen, doch diesen blockte er mit Leichtigkeit ab. So ging es eine ganze Weile weiter bis sie vollkommen außer Atem waren. „Lasst uns eine kurze Pause einlegen und etwas trinken. Ihr seid sehr gut. Wie lange, sagtet Ihr noch gleich, trainiert ihr das Schwert schon?“ Sayuri schöpfte das Wasser mit ihren Händen aus dem Fluss und stillte erstmal ihren Durst. „Etwas weniger als vier Monate.“ Der Mann an ihrer Seite sah sie zweifelnd an. „Ihr könnt unmöglich in so kurzer Zeit so gut geworden sein.“ Sayuri zuckte mit den Schultern. „Ich lerne mit dem Schwert erst so kurz, doch ich trainiere schon seit ich klein bin den unbewaffneten Nahkampf. Ich denke, dass ich daher meine Reflexe habe und mir das Erahnen der Bewegungen meines Gegners leicht fällt. Außerdem bin ich schnell auch wenn ich nicht annähernd so viel Kraft wie ein Mann in einen Schlag geben kann. Ihr habt Euch doch genau deswegen mit Eurer Kraft zurück gehalten oder nicht?“ Bailong nickte vorsichtig und begann dann zu lachen. „Ich habe noch nie zuvor eine Frau wie Euch getroffen.“ Dann erklang ein Knacken hinter ihnen. Sofort waren sie auf den Beinen mit ihren Schwertern in der Hand, auch Tora duckte sich um zum Sprung bereit zu sein. Plötzlich sprang jemand vom Baum genau vor Sayuris Füße. Beinahe hätte sie sich beim Zurücktreten in einer Wurzel verhangen und wäre gestürzt. Doch der Mann schnappte sich schnell ihre Hand und zog sie an seine Brust. Kaum hatte sie ihr Gleichgewicht wieder schob sie den Fremden von sich. Dann sah sie ihm ins Gesicht und erschrak. Jetzt hatte sie auch, Unbekannter Nummer 3, getroffen. „Ich wollte Euer Training nicht unterbrechen, doch da ich Euch mit meiner unbedachten Bewegung so sehr in Alarmbereitschaft versetzt hatte, hielt ich es für das Beste mich Euch zu zeigen. Mein Name ist Sheng und ich bin wandernder Musikant.“ Sayuri biss sich auf die Lippe um nicht mit lachen anzufangen, als sie Bailongs Gesichtsausdruck sah. „Mein Name ist Sayuri und der Mann neben mit heißt Bailong. Die nette Dame zu meiner Rechten heißt Tora. Es ist mir eine Freude Euch kennen zu lernen.“ Bailong sah sie verwundert an, doch sie musste diesen Mann ja irgendwie bei ihnen behalten immerhin hatte sie jetzt alle Männer gesehen die sie brauchte. Jetzt musste sie sich nur noch einen Plan ausdenken mit dem sie den Stein ins Rollen bringen würde. „Würde es Euch stören wenn ich mich eine Weile zu Euch gesellen würde?“ Sayuri setzte sich und zeigte auf den Platz vor sich, als Zeichen, dass sie seine Gesellschaft nicht ablehnte. Dann sah sie wartend Bailong an. Er setzte sich gerade zu ihnen, als ein erneutes Geräusch alle wieder in Anspannung versetzte. Sayuri konnte sich ein Lachen nicht verkneifen als sie Mian auf sie zulaufen sah. Bailong hingegen umfasste sein Schwert fester und auch Sheng hatte jetzt Dolche in der Hand die er wohl werfen wollte. Mian ging bei dem Anblick mit seinem Speer in Angriffsstellung und Tora stellte sich durch die aggressive Luft um sie herum angestachelt vor sie um sie verteidigen zu könne. „Jetzt beruhigt Euch mal alle wieder. Sheng, Bailong setzt Euch wieder hin. Mian ich bin heute Morgen zu dem Vergnügen gekommen Euch beim Training beobachten zu können. Würdet Ihr Euch vielleicht etwas zu uns gesellen?“ Er sah sie zwar misstrauisch an, doch er kam näher und setzte sich zu ihnen, auch wenn er in etwas Entfernung Platz nahm. Was nun? Sollte sie mit der Tür ins Haus fallen und ihnen sagen was sie wusste und zusammen mit ihnen einen Plan machen? Oder sollte sie erstmal versuchen sich mit ihnen anzufreunden? Aber sie hatten kaum noch Zeit. Wenn die Vereinigung Chinas schon 10 Jahre her war, würde der Kaiser im laufe des nächsten Jahres sterben, doch sie hatte keine Ahnung wann dies sein würde. Es könnte schon gleich zu Beginn des Jahres sein oder aber auch erst Monate später. „Ich weiß, dass sich das was ich jetzt sagen werde verrückt anhört, doch ich bin froh Euch alle hier zu haben und so früh getroffen zu haben. Ihr müsst wissen, ich habe eine Gabe, ich kann in meinen Träumen in die Zukunft sehen.“ Alle sahen sie aufmerksam an, nicht einer von ihnen verzog das Gesicht. „Ich habe Euch in meinen Träumen gesehen wie wir zusammen Seite an Seite mit Meng Tian und dem Kronprinzen kämpften. Das war erst letzte Nacht gewesen und nun habe ich euch heute alle getroffen, dies kann nur ein Zeichen sein, dass ihr jetzt schon gebraucht werdet. Ich glaube ich bin hier her geschickt worden um den Tod von Ying Fusu zu verhindert.“ Mian sog hart die Luft ein. „Wann soll er denn bitte sterben?“ Seine Hände zitterten und man konnte ihm ansehen wie aufgewühlt er war. Was Sayuri allerdings wirklich wunderte war, dass er ihren Worten anscheinend glaubte. „Ich weiß nicht genau wann. Der Kaiser wird im nächsten Jahr auf Reisen gehen und das in Begleitung seines zweiten Sohnes Ying Huhai, dem Kanzler Li Si und dem Obereunuchen Zhao Gao. Der Kaiser wird während seiner Reise sterben und Li Si und Zhao Gao werden es verheimlichen. Sie werden Ying Huhai davon überzeugen, dass sein Bruder nicht Kaiser werden kann und er lässt sich vollkommen von diesen Männern lenken. Der Obereunuch wird ein Schriftstück fälschen und Meng Tian und Ying Fusu wegen Verrat gegenüber dem Hof zum Selbstmord auffordern. Alles im Namen des Kaisers, der zu dieser Zeit schon nicht mehr leben wird. Die Beiden werden diesem Aufruf nachkommen und sich das Leben nehmen, dabei war die wirkliche Order des Kaisers vor seinem Tod, dass sein Sohn zurück in die Hauptstadt kommen sollte um dort die Thronfolge anzutreten.“ Dort machte Sayuri eine Pause, damit die Männer die Geschichte erst mal in sich aufnehmen konnten. Auch mussten sie für sich entscheiden, ob sie ihr nun glaubten oder nicht. Sheng ergriff als Erster das Wort. „Und was hat dies Alles nun mit uns zu tun?“ Mian knurrte ihn an. „Dein rechtmäßiger Kaiser soll hintergangen werden und du stellst so eine Frage?“ Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Ich bin Schausteller und Musiker, mich geht es nichts an wer dort auf dem Thron sitzt.“ Mian fasste seinen Speer fester und Sayuri suchte krampfhaft nach einem Weg die Dinge zu entschärfen. „Was würde passieren wenn wir einfach nichts machen würden?“

„Fusu und Tian würden wie befohlen Selbstmord begehen. Sein Bruder würde ein Marionettenkaiser für Li Si und Zhao Gao werden. Die Bevölkerung wird immer unruhiger und unzufriedener. Zhao Gao wird Li Si umbringen lassen und später auch den Kaiser töten. Es wird immer mehr Aufstände im ganzen Land geben und es versinkt erneut im Chaos. Zhao Gao wird Fusus Sohn krönen lassen, doch dieser entledigt sich nach seiner Krönung des Eunuchen. Zwei Jahre später wird auch er getötet und das Kaiserreich zerfällt. Ach und Fusu hat mir erzählt er hätte gar keinen Sohn, also habe ich keine wirkliche Ahnung wer dann König werden würde.“ Dann trat wieder stille ein. „Was passiert wenn wir Fusu dabei helfen den Thron zu besteigen?“ Ja, das war die Frage der Fragen. „Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Da ich uns zusammen im Kampf gesehen habe, wird es wohl auf einen Bürgerkrieg hinauslaufen. Der Gewinner wird Kaiser.“ Es waren keine schönen aussichten, dass wusste sie selbst genau, denn egal wie sie sich entschieden, es würde eine Menge Menschen das Leben kosten. Aber Sayuri musste einfach daran glauben, dass sie nicht ohne Grund hier her geschickt und aus ihrem Leben gerissen wurde. Vielleicht würde es zu einem wunderbaren China führen wenn Fusu Kaiser werden würde. „Ich werde immer hinter unserem Kronprinzen stehen.“ Das Mian sich so entscheiden würde, war ihr schon klar gewesen. „Ich möchte ihn kennen lernen. Wenn er ein Mann ist den ich von Herzen respektieren kann, dann werde ich auch für ihn kämpfen. Denn in meinen Ohren klingt ein Bürgerkrieg immer noch besser als ein Aufstand bei dem nicht nur Soldaten sondern vor allem Unschuldige sterben.“ Damit hatten sie schon zwei, jetzt lag es an Sheng. „Ich schließe mich Bailong an.“ Gut, das war sogar sehr gut. „Mian, kannst du es einrichten, dass sie ihm begegnen? Sie müssen ja nicht mit ihm sprechen, sondern ihn nur bei seiner täglichen Arbeit sehen um sich ein Bild von ihm machen zu können.“ Dieser nickte. „Darf ich euch jetzt noch etwas fragen?“ Alle nickten. „Zum einen würde ich mit euch allen gerne die persönliche Anrede benutzen. Zum Anderen würde mich interessieren, wieso ihr mir meine Geschichte so einfach glaubt?“ Mian antwortete ihr. „Weil du eine Frau bist, die einen Tiger gezähmt hat.“ Das war es? Mehr nicht? Nur weil sie einen Tiger an ihrer Seite hatte glaubte man ihr, dass sie kein gewöhnlicher Mensch war? „Gut dann wäre das ja geklärt. Wenn Sheng und Bailong sich uns anschließen, habe ich auch schon einen Plan wie wir vielleicht alles doch ohne Blutvergießen regeln können. Allerdings bin ich nicht wirklich überzeugt. Jetzt sollten wir alle für die Nacht schlafen gehen und uns morgen bei Sonnenaufgang wieder hier treffen, damit ihr Fusu beschatten könnt.“ Die Männer stimmten ihr zu und so trennten sich ihre Wege für die Nacht.



Kapitel 5


In dieser Nacht hatte Sayuri keine Träume. Am Morgen traf sie sich mit den Männern und begleitete sie auch bei ihrer Observierung, denn sie war wirklich neugierig, als was für ein Mensch sich Fusu entpuppen würde. Als der Tag zu Ende ging, liefen sie gemütlich durch den Wald zum Bach um sich zu besprechen. Als alle saßen ergriff Sheng das Wort. „Ich denke wir sind uns alle einig, dass ein Mann wir Fusu auf einem Thron nur positiv sein würde.“ Alle nickten. „Für so einen Kaiser würde es sich lohnen sein Leben zu lassen.“ Sayuri beschlich ein ungutes Gefühl. „Wir sollten alle versuchen am Leben zu bleiben, denn auch wenn Fusu auf dem Thron sitzt wird er noch immer unsere Unterstützung brauchen um das Land wieder zu stabilisieren und vor äußeren Angreifern zu schützen. Behaltet das bitte im Hinterkopf und riskiert nicht grundlos euer Leben.“ Mian meldete sich zu Wort. „Wie lautet nun der Plan von dem du gestern erzählt hast?“ Sayuri grinste Sheng und Bailong frech an. „Wir müssen irgendwie an das Schreiben kommen indem der Kaiser Fusu befiehlt in die Hauptstadt für die Thronübergabe zurück zu kommen. Das wird deine Aufgabe sein Bailong. Du hast selbst gesagt, du wärst der beste Dieb im Land. Sheng wird für Ablenkung sorgen, was dir als Musiker nicht schwer fallen sollte. Mian und ich werden hier bleiben und auf Fusu Acht geben. Außerdem wird Mian Bailongs Abwesenheit entschuldigen, damit er sich nicht auch noch um Verfolger sorgen machen muss. Ihr Zwei werdet morgen früh aufbrechen und euch zur Hauptstadt begeben. Der Kaiser wird nicht auffällig reisen also achtet auf alles Ungewöhnliche. Wenn ihr ihn entdeckt, dann folgt ihnen unauffällig und sucht euch einen geeigneten Ort um dem Eunuchen das Schriftstück abzunehmen. Ich bin mir sicher, dass er es nicht vernichtet hat, immerhin brauchte er eine Vorlage nach der er die Selbstmordorder verfassen kann. Wenn ihr es habt bringt es hier her und das so schnell wie möglich. Wenn wir es schaffen noch vor der Verkündung vom Tod des Kaisers im Palast zu sein, dann haben wir mit dem Papier schon gewonnen. Denn noch bevor der Kanzler oder der Eunuch etwas unternehmen können wird Fusu gekrönt sein. Sie könnten ihn dann nur noch durch einen Mord wieder los werden und das werden wir zu verhindern wissen. Wenn wir es nicht rechtzeitig schaffen sollten, wird das Wort Fusus gegen das Wort seines Bruders stehen und die Bürger werden eine Seite wählen müssen, wenn wir keinen Weg finden unsere Widersacher los zu werden.“ Alle sahen sie aus ernsten Augen an und schienen über das Gesagte nachzudenken. Tora stupste sie plötzlich mit ihrem Kopf in den Rücken und riss sie aus ihren trüben Gedanken. Sie drehte sich zu ihrer Begleiterin um und diese Senkte den Kopf. „Na Kleines, möchtest du gestreichelt werden? Dann leg dich hin.“ Tora kam ihrer Auforderung nach und legte sich neben sie und begann, ob der streichelnden Hände mit schnurren an. Doch das schien ihr nicht zu reichen. Wieder stupste sie sie an, doch Sayuri hatte keine Ahnung was sie von ihr wollte. Ein erneuter Stoß hätte sie beinahe zu Boden geworfen. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Tora wollte, dass sie ihr ein gute Nacht Lied sang. Konnte es noch peinlicher werden? „Kann das nicht warten bis wir zurück bei unserem Schlafplatz sind?“ Als antwort wurde sie spielerisch angeknurrt. Na klasse, dass hatte ihr gerade noch gefehlt. Aber wenn ihr Tiger darauf bestand.


Say something I'm giving up on you

I'll be the one if you want me to

Anywhere I would have followed you

Say something I'm giving up on you


And I am feeling so small

It was over my head

I know nothing at all


And I will stumble and fall

I'm still learning love

Just starting to crawl


Say something I'm giving up on you

I'm sorry that I couldn't get to you

Anywhere I would have followed you

Say something I'm giving up on you


And I will swallow my pride

You're the one that I love

And I'm saying goodbye


Say something I'm giving up on you

I'm sorry that I couldn't get to you

Anywhere I would have followed you


Say something I'm giving up on you

Say something I'm giving up on you

Say something


Okay, nicht gerade das beste Lied für so ein ernstes Gespräch, aber auf die schnell ist ihr kein Besseres eingefallen und die Männer würden den Text so wie so nicht verstehen. Als sie fertig war, lag Tora vollkommen entspannt neben ihr und döste vor sich hin. Die drei Männer jedoch starrten sie mit großen Augen an. „Verzeiht. Tora und ich gehen normaler Weise um diese Zeit schlafen und ich singe ihr davor immer etwas vor.“ Sie schüttelten fassungslos den Kopf. „Darum geht es uns nicht. Du hast eine wunderbare Stimme. Ich könnte direkt etwas neidisch werden, da du mir in meinem Beruf Konkurrenz machen könntest. Auch das Lied das du gesungen hast war bezaubernd. Es klang so fremdländisch. Hast du es selbst geschrieben?“ Sayuri schmunzelte. „Nein, es ist ein Lied aus meiner Heimat. Dort gibt es viele gute Sänger, die um einiges bessere Stimmen haben als ich.“ Dies entsprach nicht wirklich der Wahrheit, aber wie sollte sie diesen Männern erklären, dass sie aus Deutschland kam, das Lied jedoch aus einem Land jenseits des Ozeans? Wieder wurde sie aus geschockten Gesichtern angesehen. „Also wirklich Männer, das spielt doch gar keine Rolle. Wir waren gerade beim Plan.“ Sofort rissen sich alle wieder zusammen und konzentrierten sich. Sie diskutieren noch eine ganze Weile einige Aspekte des Plans. Zum Beispiel war Sheng dafür, dass Sayuri sie begleite und mit ihm für Ablenkung sorgen sollte. Sie selbst war dagegen und auch Mian hielt ein solches Vorgehen nicht für Weise. Der Kaiser könnte Gefallen an Sayuri finden und ihm könnte sie sich nicht erwehren. Außerdem fiel sie zu sehr auf und könnte nie schnell still und heimlich verschwinden. Am Ende blieben sie im groben bei Sayuris Plan, doch im Endeffekt mussten Bailong und Sheng auf ihrer Reise selbst entscheiden wie sie vorgehen wollten und sich den Umständen anpassen. Mian und Sayuri würden wie geplant an der Mauer bleiben und er würde sie weiter im Schwerkampf ausbilden. Zusätzlich konnte Sayuri so in Fusus Nähe bleiben und mit Mian für seine Sicherheit sorgen. Worüber sie sich jedoch nicht einig werden konnten war ob sie Fusu und Tian in die Geschehnisse einweihen sollten oder nicht. Sayuri und Sheng waren dagegen, sollte der Plan vollkommen glatt laufen mussten sie ihn nicht mit dem Wissen belasten, dass sein Bruder ihn hatte in den Tod schicken wollen. Mian und Bailong waren dafür, sie waren der Meinung, dass auch wenn Fusu gekrönt wurde immer noch eine Gefahr von Huhai, Li Si und Zhao Gao ausging. Da sie sich nicht einig werden konnten, beschlossen sie die Antwort auf diese Frage auf später zu verschieben. Sayuri die dagegen war und Mian der dafür war, blieben ja zusammen zurück und konnten je nach Entwicklung der Geschehnisse zusammen Entscheidungen treffen. Damit löste sich die Gruppe auf und Sayuri ging begleitet von einer verschlafenen Tora zu ihrem Schlafplatz zurück. Kaum hatte sie sich hingelegt kam Sheng zu ihr. Sie richtete sich etwas auf und sah ihn fragend an. Der Mond schien hell in dieser Nacht und sollte ausreichen damit er sie sehen konnte. „Ist es für dich in Ordnung wenn ich diese Nacht mit dir hier verbringe? Zum einen wird es auf Dauer sehr einsam so allein. Außerdem würde ich vor der Reise gerne ruhig schlafen ohne wachsam sein zu müssen. Ich denke ich werde die Kraft brauchen. Tora wird sich bestimmt melden sobald sich uns jemand nähert sodass ich entspannen kann.“ Sayuri nickte nur, legte sich wieder hin und kuschelte sich an ihre persönliche Heizung. Kaum war sie in den Schlaf gesunken quälten sie wieder ihre Alpträume. Sie war wieder bei Ihrer Familie zu Hause. Sie feierte den Geburtstag ihres Sohnes, Sayuri warf einen Blick auf den Kalender und stellt fest, dass es sich um ihren Geburtstag handelte. 19. November, all ihre Freunde waren anwesend und feierten den jungen Mann der sie ersetzt hatte. Dann wechselte sie wieder die Kulisse. Wieder sah sie sich auf dem Bett liegen und ihr wurde ihr Sohn überreicht. Sie weinte vor Glück und Freude. Danach war sie wieder in den hellen Raum aus gelbem Licht, der irgendwie kein Raum war. Wieder versuchte der Mann der auf sie zu kam mit ihr zu reden, doch noch immer konnte sie seine Worte nicht verstehen. Dann war sie an der Mauer, sie unterhielt sich mich Fusu, Tian, Mian, Sheng und Bailong als ein Pfeil aus dem Wald geschossen kam und Fusu in den Bauch traf. Sie wollte den Schützen suchen, doch dann war sie schon wieder wo anders. Sie erkannte die Umgebung nicht und sie war vollkommen allein. Vor ihr taten sich zwei Wege auf, beide schienen an ihr zu ziehen doch sie konnte sich nicht entscheiden. Dann zersprang das Bild wie ein kaputter Spiegel in tausend Teile und Sayuri war schlagartig wach. Ihr Puls raste und ihr Atem ging hektisch. Hinter ihr schnarchte Tora leise vor sich hin und schien von ihrem aufgewühlten Zustand nichts mitzubekommen. Sheng lag in einiger Entfernung zu ihr und schien auch noch im Land der Träume zu sein. Sayuri konzentrierte sich darauf ruhig zu atmen und so ihren Plusschlag wieder runter zu schrauben. Als sie sich endlich wieder entspannen konnte schloss sie wieder die Augen und sank erneut in den Schlaf. Dieses Mal war er fest und traumlos.

Als sie sich alle wieder am Bach trafen besprachen sie noch ein letztes Mal ihren Plan. Sheng und Bailong machten sich auf den Weg. Sayuri rannte ihnen noch mal hinter her. Sie riss die großen Männer in ihre Arme. „Passt bitte auf euch auf. Macht nichts Unüberlegtes oder Unvernünftiges. Kommt auf jeden Fall heil und in einem Stück hier her zurück. Wir brauchen euch hier.“ Dann ließ sie die Männer wieder los und ging zurück zu Mian. „Ich muss dir beichten, dass ich letzte Nacht von einem Attentat auf Fusu geträumt habe. Ein Pfeil kam aus dem Wald und hat ihn in den Bauch getroffen. Noch bevor ich mehr heraus finden konnte war die Szene auch schon verschwunden. Was ich aber mit Gewissheit sagen kann ist, dass wir bis dahin noch Zeit haben. Überall im Wald wuchsen Blumen und bis es soweit ist müsste es noch etwas dauern.“ Mian nickte angespannt. „Ja da haben wir noch ein paar Monate. Und da wir durch deine Visionen vorgewarnt sind, haben wir einen Vorteil und können es vielleicht verhindern. Jetzt sollten wir uns erst mal auf dein Training konzentrieren. Sollte es zu einem Krieg kommen musst du fit dafür sein, immerhin hast du dich mit uns auf dem Schlachtfeld gesehen.“ Da hatte der Mann an ihrer Seite Recht. Auch wenn sie glaubte unsterblich zu sein, sollte sie sich im kämpfen üben um den anderen keine Last zu sein. „Dann lass uns gleich damit anfangen. Hast du dir schon überlegt wie du das Tian und Fusu erklären willst?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich bin ein General niemand kann mir vorschreiben wen ich zu meinem Schüler mache.“ Damit war wohl alles gesagt, denn er lief direkt Richtung Mauer und dann auf den Trainingsplatz zu. „Mit dem Bogen bist du schon besser als die Männer hier, dass solltest du einfach weiter trainieren. Auch solltest du das Schießen vom Rücken eines Pferdes üben.“ Da unterbrach sie ihn gleich. „Meine Trefferquote nimmt auch auf dem Rücken von einem Pferd nicht ab, zumindest wenn ich gut mit diesem harmoniere. Könntest du mir vielleicht eins besorgen? Dann könnte ich es später mal testen.“ Mian nickte wieder nur als Antwort und fuhr weiter mit seiner Erklärung fort. „Ich möchte, dass du auch das Schießen auf weiterer Entfernung übst. Der schnellste Sieg ist der Tot des feindlichen Generals. Mit einem Schuss könntest du Tausende Leben retten. Ich werde dir den Umgang mit Schwer, Dolchen und Speer beibringen. Für dich wird das Schwert die beste Waffe sein, aber du solltest trotzdem mit anderen Waffen umgehen können. Man weiß nie was einen auf dem Schlachtfeld erwartet. Du könntest deine Waffe verlieren und neben dir liegt nur ein Speer. Du wärst dem Tode geweiht wenn du diesen dann nicht beherrschen würdest. In der nächsten Woche müsste ein Waffenhändler kommen, dort werden wir nach den Passenden für dich suchen. Bis dahin werden wir mit deinem Schwert trainieren.“ Gerne würde sie nach dieser Ansprachen wieder einen Rückzieher machen, doch nun hatte sie den Stein schon ins Rollen gebracht. Jetzt hieß es Augen zu und durch.

Das Training mit Mian war hart und sie war sich sicher, dass er ein Dämon in der Gestalt eines Mannes war. Er hatte keinerlei Rücksicht auf sie genommen und darauf, dass sie eine Frau war. Gut wenn sie ehrlich war, dann wollte sie das auch nicht. Aber er hätte wenigstens Rücksicht darauf nehmen können, dass sie eine Anfängerin mit dem Schwert war. Zumindest hatte er sie nie mit der Klinge verletzt. Dafür hatte er sie oft genug geschlagen oder getreten. In diesen Momenten hätte sie ihr Schwert am liebsten aus der Hand geworfen um Mian auf die Bretter zu schicken. Aber das war nicht Sinn der Übung und sie verbot sich unbedachte und impulsive Aktionen. Das hier war Unterricht. Allerdings war sich Sayuri nicht sicher, ob sie noch einen Tag mit so einen Höllentraining überstehen konnte. „Wir sind fertig für heute. Jetzt solltest du noch ein paar Pfeile schießen. Nimm dafür am besten die Bögen die zur Verfügung liegen. Du musst lernen mit jedem Bogen schießen zu können. Verändere wie gestern immer wieder den Abstand. Ich werde in der Zwischenzeit ein Pferd für dich organisieren mit dem du dann weiter üben kannst.“ Sayuri unterdrückte ein Seufzen und begab sich ergeben zur Schießanlagen. Auf ihrem Weg dort hin gesellte sich Tian zu ihr. „Er ist ein ziemlich strenger Lehrer, oder?“ Sie nickte nur, für eine Antwort fehlte ihr die Kraft. „Wenn du möchtest könnte ich dein Training mit dem Schwer übernehmen. Ich würde dir auch jemanden suchen, der gut mit Doppelschwertern umgehen kann und wir haben auch jemanden der Experte mit Dolchen ist.“ Sayuri atmete einmal tief durch, dann sah sie Tian an. „Erst mal werde ich bei Mian weiter machen. Ich brauche erstmal die Grundkenntnisse. Wenn danach noch Zeit ist und er zustimmt würde ich mich sehr über Einzelunterricht freuen.“

„Eine weise Entscheidung.“ Dann waren sie auch schon bei den Zielen angekommen und Tian reichte ihr 7 verschiedene Bögen. „Die sind alle aus unterschiedlichem Holz gemacht worden. Einige sind für Distanzschüsse gemacht worden und andere für Präzisionsschüsse.“ Dann legte er einige volle Köcher vor ihr ab. „Dann fang mal an.“ Sie nahm sich den ersten Bogen und merkte gleich, dass die Zugkraft sehr gering im vergleich zu ihrem eigenen Bogen war. Sie fühlte sich unwohl damit, doch sie schoss einen gesamten Köcher leer bevor sie mit dem nächsten weiter machte. Wie befohlen änderte sie immer wieder die Distanz und machte auch immer wieder einiger Schritte nach rechts oder links. Als sie alle Bögen durch hatte, entschied sie sich für einen der sich gut in ihrer Hand anfühlte und schoss wie am Tag zuvor immer weiter, während sie immer weiter rückwärts lief. Doch dieses Mal hörte sie nicht auf, sondern vergrößerte die Entfernung immer weiter bis sie nicht mehr traf. Dort blieb sie stehen und versuchte erneut das Ziel zu treffen. Sie hatte schon immer außergewöhnlich gute Augen gehabt, doch ein so kleines Ziel konnte sie bei 300 Meter einfach nicht mehr treffen. Sie ging einige Meter vorwärts und versuchte es erneut. Dieses Mal traf sie und auch die nächsten Pfeile verfehlten nicht das Ziel. Mian trat zu ihr. „Merk dir den Abstand und übe jeden Tag aus dieser Entfernung zu schießen, wenn du es akkurat schaffst vergrößere den Abstand wieder.“ Sie sah ihn fassungslos an. Das konnte doch nicht sein ernst sein. Sie hatte aus fast 300 Metern Entfernung das Ziel getroffen, mehr war einfach nicht möglich. Sie war schon über sich selbst erstaunt, dass sie dieses Ergebnis überhaupt fertig gebracht hatte. Mian ging nicht auf ihren Gesichtsausdruck ein, sondern legte ihr einfach Zügel in die Hand. Sayuri folgte dem Lederband und ihr Blick fiel auf ein wunderschönes schwarzes Pferd. Langsam hob sie die Hand und legte es vorsichtig auf die Stirn des Tieres. Sie ging um es herum und streichelte seinen Hals hinab. „Ein wirklich wunderschönes Tier.“ Mian nickte nur und half ihr hinauf. Als sie sicher saß reichte er ihr den Bogen mit dem sie bisher geschossen hatte. „Versuch jetzt noch mal auf das Ziel zu schießen, aus der Höhe sollte es einfacher sein.“ Und sie gehorchte wieder und musste ihm im Stillen Recht geben. Sie lenkte das Pferd weiter weg und versuchte es erneut. Sie schaffte es tatsächlich auf diese Weise fast 400 Meter zu überbrücken. Dann gab sie dem Pferd die Sporen und lenkte es nur mit ihren Beinen während sie einen Pfeil nach dem nächsten abfeuerte. Wieder traf sie jedes Mal ihr Ziel, wenn auch nicht mehr so akkurat genau in die Mitte, aber das war auch unmöglich. Mian hatte ihr ein gutes Pferd gebracht, mit dem sie wirklich gut harmonierte. Als ihr Köcher leer war ritt sie zu ihrem Lehrer zurück und stieg ab. „Sie ist wirklich eine tolle Stute.“ Mian streichelte wehmütig lächelnd die Stirn des Pferdes. „Ja das ist sie. Ihr Name ist Hua. Sie war das Pferd meines Bruders. Er ist letztes Jahr an einer Krankheit gestorben. Sie gehört nun dir.“ Sayuri wusste, dass dies eine große Ehre war. „Ich danke dir für dein Vertrauen. Zeigst du mir wo ich sie unterstellen kann?“ Er ging wieder einmal voran und sie folgte ihm. „Die unteren Soldaten kümmern sich um die Pferde, du musst also nichts weiter für Hua machen. Hol sie dir einfach zum Training und bring sie danach wieder zurück.“

„Verstanden.“ Jetzt hatte sie schon zwei Tiere um die sie sich kümmern musste. Sie konnte nur hoffen, dass Tora nicht auf die Idee kam, dass Hua eine gute Mahlzeit abgeben würde. Nachdem Mian ihr den Stall gezeigt hatte, wenn man es denn so nennen wollte, es war eher ein Unterstand, verließ er sie. Sayuri hatte auch genug für den Tag und wollte nur noch zum Bach, sich waschen und dann schlafen legen.


Kapitel 6


Vier Monate waren seit Shengs und Bailongs Aufbruch zur Hauptstadt vergangen. Vier verdammt lange Monate und noch immer waren sie nicht zurück gekommen. Das neue Jahr hatte schon längst begonnen und es konnte jeden Tag soweit sein, dass der Kaiser starb. Die Zeit rann ihnen wie Sand durch die Finger und Sayuri wusste einfach nicht was sie tun sollten. Auch Mian begann immer nervöser zu werden. Und das ließ er sie beim Training spüren. Mittlerweile war sie wirklich richtig gut geworden mit dem Schwert, doch mit dem Speer hatte sie noch immer ihre Probleme. Mian zeigte keine Gnade und versuchte all sein Können in sie einzuhämmern. Zum Glück ist er auf Tians Vorschlag eingegangen und er unterrichtete sie mit dem Schwert, deswegen wohl auch die großen Fortschritte. Auch für die Doppelschwerter und die Dolche hatte sie neue Lehrer bekommen. Man konnte sagen, dass sie bei allem eine gute Grundkenntnis hatte. Sayuri glaubte, dass es reichen würde, doch die Männer sahen das anders, vor allem Mian, doch der wusste auch, dass ein Krieg auf sie alle wartete. Aber zu aller Erst war sie ein Bogenschütze. Es würde nicht so oft vorkommen, dass sie in den Nahkampf geraten würde. Und wenn doch, hatte sie ihr Schwert und die versteckten Dolche an ihrem Körper. Der Speer war einfach nicht ihr Ding und für ihre Größe einfach viel zu unhandlich. Sie hatte die letzten Monate auch viel Zeit mit Fusu verbracht und musste sich zu ihrem Leidwesen eingestehen, dass sie sich irgendwie in ihn verknallt hatte. Er war ein wunderbarer Mann, der sich um seine Mitmenschen sorgte und kümmerte. Dabei machte er keinen Unterschied zwischen den Soldaten oder den Männern die hier zur Zwangsarbeit her geschickt worden. War irgendwo jemand verletzt sorgte er dafür, dass er Hilfe bekam. Auch tat er sein Möglichstes um die Essensrationen für die Arbeiter zu erhöhen, auch wenn er es nicht immer schaffte. Oft setzte er sich nachts zu ihr und erzählte ihr Geschichten aus dem Palast oder lauschte ihr wenn sie von ihrer Familie oder ihren Freunden erzählte. Man könnte sagen, dass sie in dieser Zeit zu guten Freunden geworden sind, doch er hat nie durchblicken lassen ob er an mehr interessiert wäre und Sayuri hatte die Hoffnung darauf mittlerweile aufgegeben. Ihr Anblick schien jeden Mann in diesem verdammten Land zu gefallen, sie konnte schon nicht mehr zählen von wie vielen Männern sie mittlerweile Angebote zur Ehe bekommen hatte, doch der eine Mann für den sich ihr Herz erwärmte, schien sie nur als Freundin oder vielleicht sogar noch schlimmer, als kleine Schwester wahr zu nehmen. Ein harter Tritt traf sie am Knie und Sayuri ging zu Boden. „Wo bist du mit deinen Gedanken?“, knurrte Mian sie an. Und er hatte vollkommen Recht, sie sollte sich nicht ablenken lassen. Sie stand wieder auf und begab sich in Position, doch noch bevor sie weiter machen konnten, kamen Sheng und Bailong aus dem Wald auf sie zu gerannt. Sofort ließ Sayuri ihren Speer fallen und rannte ihnen entgegen. Zum Glück hatte sie so schnelle Selbstheilungskräfte, ihr Knie schmerzte schon nicht mehr. Bei ihnen angekommen schmiss sie sich ihnen sofort um den Hals. „Dem Himmel sei dank, euch geht es gut. Wir haben uns schon schreckliche Sorgen um euch gemacht. Wieso hat das denn so lange gedauert? Habt ihr was wir brauchen?“ Sie ließ sie los und sprang wieder auf die Füße, mittlerweile war auch Mian bei ihnen angekommen. „Wir waren zu spät, als wir in der Hauptstadt ankamen war der Kaiser bereits unterwegs. Wir haben eine halbe Ewigkeit gebraucht um sie aufzuspüren und dann noch mal eine ganze Weile bis wir eine geeignete Stelle fanden um unseren Plan in die Tat umzusetzen. Aber jetzt haben wir das Schreiben, doch leider scheint Zhao Gao es heraus gefunden zu haben und hat uns Attentäter hinterher geschickt. Wir mussten sie immer wieder abhängen und loswerden.“ Während Shengs Bericht war Fusu und Tian zu ihnen getreten und hatten sich seinen Bericht mit angehört. Bailong reichte Fusu das Schreiben seines Vaters. Sayuri sah sich um und lächelte. Jetzt waren sie alle zusammen. Als sie ihren Blick weiter schweifen ließ fiel es ihr auf, diese Szene kannte sie schon. Sie standen zusammen, Fusu las etwas, der Rest sah ihm dabei zu. Blumen die im Wald zu Blühen begannen, Soldaten die im Hintergrund trainierten und ein Pfeil der aus dem Wald geschossen wurde und Fusu töten würde. „Mian im Wald ist der Schütze.“ Er reagierte sofort und auch ihr Körper bewegte sich wie von selbst, sie stellte sich vor Fusu, genau in die Flugbahn des Pfeils. Keine Sekunde zu früh, denn im nächsten Augenblick bohrte er sich auch schon in ihre Brust. Sie sackte zusammen und Fusu fing sie auf. Blut lief ihr aus dem Mund und sie hatte Probleme Luft zu bekommen. Trotzdem sah sie Sheng und Bailong an und gab ihnen Befehle. „Lauft Mian hinter her und findet den Schützen. Lasst ihn am Leben und befragt ihn.“ Sie sahen Sayuri aus glasigen Augen an. „Geht schon.“, schrie sie die Männer an und hustete noch mehr Blut. Verdammt, das tat wirklich weh. Fusu hob sie auf seine Arme und trug sie davon. Sie war sich nicht sicher, doch sie glaubte, dass Tian sich so vor ihn stellte, dass er immer zwischen ihm und dem Wald war. Dann betraten sie eine Hütte und sie wurde auf einer wirklich weichen Unterlage abgelegt. Sie atmete erleichtert auf. „Ihr müsst den Pfeil raus ziehen.“ Fusu schüttelte fassungslos den Kopf. „Wir müssen vorher einen Heiler herschaffen.“ Sayuri wollte lachen, doch sie brach nur erneut in einer Hustenattacke aus. Fusu nahm ihre Hand und sprach beruhigend auf sie ein, so Floskeln wie, du schaffst das oder alles wird wieder gut. Nichts als leere Phrasen für normale Menschen die in ihrer Lage wären. Nach geraumer Zeit betraten die drei Männer, die den Attentäter verfolgt hatten die Hütte. Sayuri sah ihnen entgegen, doch sie konnte sie nur noch unscharf sehen. „Kommt näher ich kann euch von dort nicht sehen. Habt ihr der Schützen geschnappt?“ Keiner sagte ein Wort, aber sie nickten alle. „Das ist gut. Wäre dann bitte endlich jemand so freundlich und würde diesen Pfeil aus meiner Brust ziehen? Ich verliere zu viel Blut.“ Mian trat einen Schritt vor, doch wurde von Fusu aufgehalten. „Niemand fasst sie an. Wenn wir den Pfeil rausziehen wird sie auf der Stelle verbluten. Tian ist schon unterwegs zum Heiler.“ Ach war er das? Das war Sayuri gar nicht aufgefallen. Hatte sie zwischendurch das Bewusstsein verloren? Plötzlich stand eine wild fauchende Tora in der Hütte. Die Männer machten ihr sofort Platz und sie ging sofort zur Liegestätte. Sayuri musste lächeln. Auf ihr Mädchen war eben verlass. „Hallo meine Hübsche. Wärst du so freundlich mir den Pfeil aus der Brust zu ziehen?“ Sie würde es ja selbst machen, doch ihr fehlte einfach die Kraft dafür. Tora neigte den Kopf und schloss vorsichtig ihr Maul um den Eindringling in ihrer Brust. „Sehr gut Kleine. Jetzt zieh ihn mit einem Ruck heraus.“ Tora zog den Kopf hoch und Sayuri schrie vor Schmerzen auf. Sofort begann Tora ihr tröstend über die Hand zu lecken. Das raus tat auf jeden Fall mehr weh, als das rein. Aber langsam verging der Schmerz und sie konnte wieder besser atmen. Sie streichelte abwesend Toras Kopf um sie zu beruhigen. „Ihr könnt wieder näher kommen.“ Nach einer Minute war alles vorbei und sie war wieder heil. Langsam setzte sie sich auf und sah der Reihe nach die Männer an die sie geschockt anstarrten. „Ihr solltet euch setzen bevor ihr umkippt.“ Dieser Aufforderung kamen sie nach, immerhin etwas, nach dem ihr niemand mit diesem blöden Pfeil helfen wollte. Plötzlich kam Tian mit einem ihr fremden Mann in die Hütte gestürzt. Als er sie erblickte öffnete er den Mund um etwas zu sagen, doch er schloss ihn wieder. So ging es noch einige Male bis er sich wohl fürs Schweigen entschied. „Ich danke Euch für Eure schnelle Hilfe, doch es ist wieder alles in Ordnung. Die Wunde war nicht so schlimm wie anfangs angenommen. Wir haben sie schon versorgt.“ Der Heiler, das glaubte sie zumindest, nickte ihr zu und verschwand wieder. „Tian schließ bitte die Tür.“ Als das erledigt war, begann Sayuri ihre wirkliche Geschichte zu erzählen, dabei ließ sie kein Detail aus. Weder, dass sie aus der Zukunft kam, noch ihre neu entdeckten Gaben. Sie weihte Tian und Fusu außerdem in ihren Plan ein und berichtete ihnen auch wie die Zukunft ausgesehen hätte wenn sie nichts unternommen hätten. „Wir haben jetzt das Schreiben des Kaisers. Wenn wir jetzt schnell zum Palast reisen haben wir einen taktischen Vorteil. Als Kaiser wirst du viele Truppen allein schon deswegen unter dir haben. Aber viele werden Li Si und Zhao Gao ihre Lügen glauben. Ich glaube nicht, dass ein Krieg jetzt noch verhindert werden kann. Die einzige Möglichkeit dafür wäre wenn entweder Fusu oder sein Bruder stirbt.“ Wieder entbrannte eine wilde Diskussion in der verschiedene Pläne gemacht wurden nur um dann wieder verworfen zu werden. Sayuri legte sich wieder hin und schloss die Augen. Sie war erschöpft und wollte nur noch schlafen. Eine Hand schob sich vorsichtig in ihre und sie öffnete noch mal die Augen. Nun blickte sie in das besorgte Gesicht des Mannes in den sie sich verliebt hatte. Er strich ihr eine verirrte Haarsträhne aus dem Auge und streichelte dann sanft ihren Kopf. „Ruh dich etwas aus. Ich werde hier bleiben und auf dich acht geben.“ Sayuri lächelte etwas schief und schloss wieder ihre Augen. Dann versank sie auch schon in der Dunkelheit.

Fusu zitterte innerlich von Wut und Angst. Wut auf die Verräter die ihn hinterrücks hatten töten lassen wollen. Auf seinen Bruder, der so schwach war um sich vom Minister und Eunuchen rein reden zu lassen. Auf seinen Vater, der nicht erkannt hatte mit was für Leuten er sich umgab. Und er hatte unglaubliche Angst um Sayuri gehabt. Nie würde er den Anblick vergessen wie sie sich vor ihn geworfen hatte um den Pfeil für ihn abzufangen, wie sie in seinen Armen zusammen gebrochen war. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er eine so große Trauer in sich gespürt wie in dem Moment als er glaubte sie für immer verloren zu haben. Er ließ seinen Kopf neben ihr auf die Schlafstätte sinken und atmete tief durch. Sie war noch hier, er konnte ihren Puls an seinen Fingern spüren, sehen wie ihre Brust sich unter ihren Atemzügen hob und senkte. Sie war am Leben und gesund. Er hob sein Haupt und versuchte sich auf die Debatte der vier Männer zu konzentrieren, die versuchten die beste Lösung für seine Probleme zu finden. Er wollte sich wirklich beteiligen und nach Wegen suchen, die am wenigsten Schaden anrichten würden, aber er konnte sich einfach nicht konzentrieren. All seinen Aufmerksamkeit wurde von der kleinen wunderschönen Frau neben sich gefangen genommen. Ihm war schon vor längerer Zeit aufgefallen, dass Sayuri irgendetwas mit ihm tat und ihn anzog. Immer wenn er sie sah hatte er so ein Flattern im Magen und sein Herzschlag beschleunigte sich. Wenn sie nicht in seiner Nähe war, dann dachte er über sie nach und wollte sie suchen gehen. Anfangs dachte er schon, dass er krank wäre, doch diesen Gedanken verwarf er wieder, immerhin ging es ihm sonst ausgesprochen gut. Und seine Symptome beschränkten sich auch nur auf Sayuri. Doch wieso dies so war hatte er noch nicht heraus finden können. Fusu hatte schon darüber nachgedacht sich mit seinem Freund Tian darüber zu unterhalten, doch noch hatte ihm der Mut dazu gefehlt. Sayuri drückte seine Hand und begann sich unruhig im Schlaf zu bewegen. Schweiß trat ihr auf die Stirn und ihr Atem kam nur noch sehr abgehackt. Hatte sie jetzt doch noch Beschwerden wegen ihrer Verletzung? Er wollte sie schon wecken als er gleichzeitig von vier Männern von ihr weggezogen wurde. Er sah sie wütend an. „Lasst sie schlafen. Sie hat es doch vorhin erklärt, wenn sie träumt kann sie in die Zukunft sehen. Es mag nicht schön sein was sie sieht, doch es kann uns vielleicht weiter helfen. Immerhin hat sie den Mordversuch heute auch vorausgesehen und konnte Euch nur deswegen das Leben retten. Schon vor Monaten erzählte sie mir von diesem Tag. Nur deswegen konnten wir so schnell reagieren.“ Fusu schluckte seine Sorge um Sayuri herunter und betrachtete weiter ihr mittlerweile gequältes Gesicht. Nach gefühlten Stunden die die Männer Sayuri beobachteten schreckte sie plötzlich aus dem Schlaf auf. Sie sah sich hektisch um und keuchte, als wäre sie gerade um ihr Leben gerannt. Fusu goss ihr etwas Wasser in den Becher und reichte ihn ihr. Sie nahm ihn dankbar lächelnd an und trank in gierigen Schlücken leer. „Was hast du gesehen?“ Fusu warf seinem besten Freund einen bösen Blick zu. „Ich habe meine Eltern gesehen. Sie hielten freudestrahlend ihr erstes Enkelkind im Arm. Dann sah ich wieder mal den Mann in diesem Raum aus gelbem Licht der versuchte mir irgendwas zu sagen, doch ich konnte ihn wie immer nicht verstehen. Obwohl dieses Mal hörte ich abgehackte Fetzen. Doch ich bin mir nicht sicher was sie bedeuten sollten. Ich sah Huhai tot auf dem Thron sitzen. Gleich danach wurde ein junger Mann gekrönt. Ich glaube, dass ist die Zukunft die kommen würde, wenn wir nichts unternehmen. Danach sah ich ein riesiges Schlachtfeld, überall war der Tot. Wir kämpften Seite an Seite, doch egal wie viele Männer wir erschlugen, es wurden einfach nicht weniger. Dann sah ich mich wieder auf dem Bett mit meinem Baby im Arm. Ich war so glücklich. Dann war ich wieder an einem Ort den ich nicht kannte, vor mir waren zwei Wege und Beide schienen mich zu sich zu ziehen, ich kann mich einfach nicht entscheiden. Dieses Bild zersprang und ich war wieder in meiner Heimat, dieses Mal in meiner Kindheit, nur das es nicht ich bin die dort von meiner Mutter das Bogenschießen beigebracht bekommt, sondern dieser fremde Junge, der meinen Platz eingenommen hatte. Dann bin ich wieder aufgewacht.“ Tränen liefen ihr übers Gesicht und Fusu wollte sie irgendwie trösten, doch er wusste nicht wie. Einer der Männer, er glaubt sein Name war Sheng hatte damit anscheinend keine Probleme, denn er setzte sich zu ihr und zog sie in seine Arme und streichelte ihr beruhigend über den Kopf. Fusu hätte sie am liebsten auseinander gezerrt, doch er konnte sehen wie diese Berührungen Sayuri gut taten und sie sich langsam wieder beruhigte. „Du hast Recht, wirklich aussagekräftig sind diese Visionen nicht. Doch bei einer, habe ich eine wage Idee.“ Sayuri sah Bailong fragend an. „Sprich.“

„Ich denke, dass der Mann den du nicht hören kannst derjenige ist, der dich hier her geholte hat.“

„Das habe ich mir auch schon überlegt, aber wieso verstehe ich ihn dann nicht?“

„Ganz einfach, weil du dein Leben hier und deine Gaben noch nicht vollkommen angenommen hast. Ich denke nämlich das die zwei Wege die du siehst für deine zwei verschiedenen Leben stehen. Ein Weg würde dich zurück in deine Heimat, in deine Zeit, zurück zu deiner Familie bringen. Der andere würde dich für immer an diese Zeit, an diesen Ort binden. Deswegen zerren Beide so an dir. Ich denke, dass du dich entscheiden muss welches Leben du führen willst.“ In seiner Hütte wurde es ganz ruhig. Fusu konnte seinen Plus in seinen Ohren rauschen hören. Gerade war er noch froh gewesen Sayuri nicht durch den Pfeil verloren zu haben. Nun würde sie sich vielleicht selbst dazu entschließen ihn zu verlassen. „Darüber muss ich genauer nachdenken. Ich werde jetzt noch etwas schlafen.“ Mehr sagte sie nicht, sie wand sich aus der Umarmung und legte sich wieder hin, dann rollte sie sich zusammen und schloss ihre Augen. „Wir sollten auch alle schlafen gehen. Je nach dem wie die Entscheidung ausfällt brauchen wir manche Pläne vielleicht gar nicht.“ Alle stimmten ihm zu und verließen seine Hütte. Er legte sich zu Sayuri und strich ihr sacht und beruhigend über den Rücken. Er hatte ihre Tränen gesehen bevor sie ihren Kopf unter der Decke versteckt hatte. Er hoffte nur, dass er alles richtig machte mit seinem hilflosen versuch sie zu trösten. Aus heiterem Himmel schmiss Sayuri die Decke von sich und schmiss sich in seine Arme. Er legte vorsichtig und etwas unbeholfen seine Arme um sie und zog sie dichter zu sich. Sie schlang einen Arm um seine Brust und die andere Hand legte sie auf seiner Brust ab. Sie lag jetzt mit ihrem Kopf auf seinem Arm und presste ihr Gesicht an seinen Hals. Er konnte ihre Tränen auf seiner Haut spüren und sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. So hielt er sie fest an sich gedrückt bis er merkte dass ihr Atem ruhig und gleichmäßig wurde. Dann lockerte er seinen Griff etwas, doch er brachte es nicht fertig von ihr abzurücken. Es fühlte sich genau richtig an, sie so in seinen Armen zu haben. Über diesen Gedanken nachgrübelnd schlief auch er irgendwann ein.



Kapitel 7


Am Morgen wachte Sayuri vollkommen entspannt und ausgeruht auf. Es war schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass sie auf einer weichen Unterlage geschlafen hatte. Sie streckte sich leicht und bemerkte erst dann, dass sie von irgendetwas festgehalten wurde. Sie sah an sich hinab und entdeckte Arme die sich um ihren Bauch schlangen. Vorsichtig um den anderen nicht zu wecken drehte sie ihren Kopf und erblickte Fusus schlafendes Gesicht. Langsam legte sie ihren Kopf wieder ab und schloss wieder ihre Augen. Sayuri wusste, dass es nicht richtig war, doch sie wollte dieses schöne Gefühl so an ihn gekuschelt zu liegen noch nicht aufgeben. Doch wie war sie überhaupt in diese Lagen geraten? Sie dachte über den vergangenen Tag nach und schon stürmten die Bilder auf sie ein. Sie musste eine Entscheidung fällen. Wieder stahl sich eine Träne aus ihren Augen, das alles war nicht fair. Natürlich wollte sie zurück zu ihrer Familie und ihren Freunden. Der Gedanke daran sie nie wieder zu sehen war beinahe unerträglich. Doch auch hier hatte sie mittlerweile Freundschaften geschlossen und sie brauchten Sayuri. Sie wurde sicher nicht grundlos zu Fusu geschickt und hatte diese Träume von ihrer aller Zukunft. Sollte sie sich dafür entscheiden zurück zu gehen, bedeutete dies dann, dass alles so weiter laufen würde als hätte es sie hier in dieser Zeit nie gegeben? Würden Fusu und Tian also zum Selbstmord gezwungen werden? Wird Bailong den Rest seines Lebens hier an der Mauer arbeiten und irgendwann auch hier einsam sterben? Und was würde mit Sheng und Mian geschehen? Was sah ihre Zukunft vor? Konnte sie die Männer wirklich einfach im Stich lassen? Starke Männer Arme drückten sie plötzlich fester gegen den harten Körper hinter sich. Wenn Sayuri es nicht besser wüsste, würde sie sagen, dass Fusu gerade hinter ihr zu schnurren begonnen hatte. Ein Lächeln stahl sich trotz der wirren Gedanken in ihrem Kopf auf ihr Gesicht. Es hatte sie wirklich erwischt. Kein Mann hatte es bisher geschafft sie für sich einzunehmen und hier lag sie nun mit Schmetterlingen im Bauch. Wollte sie diese Gefühle einfach aufgeben? Konnte sie das überhaupt? „Ich wünsche dir einen guten Morgen.“ Sayuri wäre beinahe zusammen gezuckt. „Guten Morgen.“ Langsam nahm Fusu seine Arme von ihr und obwohl sie sich dagegen wappnete, versetzte es ihr doch einen kleinen Stich in die Brust. Natürlich war ihr klar gewesen, dass er sie nicht aus Zuneigung die ganze Nacht in seinen Armen gehalten hatte, doch dass er sich, kaum wach, sofort von ihr entfernte tat weh. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf, dafür hatte sie im Moment wirklich keine Zeit. Die Tür wurde geöffnet und ihre vier Begleiter betraten die Hütte. „Wie geht es dir?“ Sheng setzte sich gleich zu ihr und betrachtete sie ausgiebig. „Mir geht es gut. Mir schwirrt nur etwas der Kopf.“ Alle sahen sie ernst an. „Wie hast du dich entschieden?“ Mian kam wie immer gleich zum Punkt. Dafür kassierte er mehr als nur einen bösen Blick. „Ich weiß es nicht. Bitte gebt mir noch etwas Zeit darüber nachzudenken. Das ist keine einfache Entscheidung für mich. Gebt mir eine Woche. In sieben Tagen werde ich euch sagen wie ich gewählt habe. Jetzt würde ich gerne einfach zurück in den Wald um nachzudenken.“ Tian stellte sich vor die Tür und auch die restlichen Männer sahen sie entschuldigend an. „Es tut uns wirklich leid, aber du kannst nicht gehen.“ Fusu stand ruckartig auf und sah so aus, als wolle er seinen Männern den Kopf abreißen. „Wir wollen dich nicht gefangen halten oder so. Aber gestern haben alle Soldaten draußen gesehen, wie du einen Pfeil in die Brust bekommen hast. Wenn du heute vollkommen heil da raus marschierst wird das für Unruhe sorgen. In unserer jetzigen Situation können wir uns das nicht leisten. Also bitte bleib die nächsten zwei Wochen hier drin. Nachts können wir dich gern raus in den Wald schmuggeln, aber tags über darfst du nicht gesehen werden.“ Sayuri ließ sich zurück auf die Matratze sinken und schloss die Augen. Das war ja wunderbar. 14 Tage in dieser Hütte, eingesperrt mit Fusu. Klasse. „Macht die Tür auf und lasst Tora raus. Sie muss jagen.“ Sayuri hörte wie die Tür geöffnet wurde. „Los Tora, geh dir dein Frühstück suchen.“ Nichts war zu hören, doch als die Türe geschlossen wurde und sie erneut ihre Augen öffnete war ihr Tiger verschwunden. „Ich werde hier bleiben, aber nachts muss mich jemand raus bringen sonst werde ich verrückt. Und mir muss jetzt jemand was zum Frühstück besorgen.“ Mian machte sich sofort auf den Weg und Sayuri setzte sich an den Tisch. „Dann erzählt mir mal, was für Pläne ihr schon geschmiedet habt.“ Die Männer gesellten sich zu ihr und nahmen Platz, zum Glück hatte Fusu einen großen Tisch. „Wir haben uns überlegt in die Hauptstadt zu reisen. Wir sollten uns als Händler verkleiden, so machen wir es unseren Verfolgern schwerer uns ausfindig zu machen. Doch je näher wir Xianyang kommen, desto wahrscheinlicher werden wir auf Angreifer treffen.“ Sayuri dachte eine Weile darüber nach, doch sie würde nichts dazu sagen. Die Männer sollten ihre Pläne erstmal unabhängig von ihr machen. Als sie nichts sagte machte Tian weiter. „Der andere Plan wäre, hier zu bleiben und auf die offizielle Verkündung vom Tod des Kaisers zu warten. Dann warten wir ab was die Gegenseite macht und wir reagieren entsprechend.“ Das war kein guter Plan, aber sie würde nichts sagen. Nach weitern Minuten des Schweigens kam Mian mit einem üppigen Frühstück für sie und Fusu zurück. Sayuri wartete nicht länger sondern fiel sofort über ihr Essen her. „Hast du denn nichts dazu zu sagen?“ Sayuri sah Fusu überrascht an. „Solltest nicht eher du als Kronprinz etwas dazu sagen? Es liegt in deiner Verantwortung diese Männer zu leiten. Selbst wenn ich bleiben sollte, werde ich nur deinen Befehlen folgen. Selbstverständlich werden wir alle hier dir mit Rat und Tat zur Seite stehen, doch die Entscheidungen wirst du treffen. Unser Leben liegt ganz in deinen Händen.“ Die Männer nickten um ihre Worte zu bestätigen. „Dann möchte ich erst noch weiter Pläne hören und selbst noch etwas darüber nachdenken.“ Weise Einschätzung der Lage. „Okay, dann sage ich dir wie mein Plan aussehen würde. Ich bin der Meinung, wir sollten nicht zurück zur Hauptstadt gehen.“

„Also meinst du, dass wir besser hier bleiben sollten?“

„Nein. Wir sollten so schnell es geht von hier verschwinden. Zhao Gao weiß wo er Fusu finden kann und wird immer weitere Attentäter schicken, solange bis einer Erfolg hatte. Hier sind wir eine leichtes Ziel. Genau wie auf dem Weg zur Hauptstadt, denn wir können uns sicher sein, dass alle Straßen nach Xianyang überwacht werden. Wir sollten uns eine andere Stadt als Stützpunkt suchen. Eine die groß genug für unsere Armee ist und die sich Notfalls gut verteidigen lässt.“ Keiner sagte ein Wort und alle schienen über ihre Idee nachzudenken. Dann stand Tian abrupt auf und verließ die Hütte, nach nicht mal fünf Minuten kam er mit Papierrollen zurück. Konnte man das schon als Papier bezeichnen? Er breitete sie auf dem Tisch aus und nun erkannte Sayuri, dass es sich um Karten handelte. „Auf dieser Karte sind die größten Städte Qins eingezeichnet. Ich denke wir sollten eine Stadt so nah wir möglich an Xianyang einnehmen und dann auf den richtigen Moment zum zuschlagen warten.“ Die Männer sahen sich die Lagen der Städte an und schienen hoch konzentriert. Auch Sayuri sah sie sich an. Die Städte die für so eine Aktion in Frage kämen wären, Beidi nördlich der Hauptstadt oder Hedong östlich. Alle anderen wären von ihrem Standpunkt aus zu weit weg oder die Wege zu gefährlich. Doch etwas anderes bereitete Sayuri größere Kopfschmerzen. Xianyang wurde noch nie eingenommen und das hatte auch seinen Grund. Die Stadt war umgeben von Bergen die als natürlicher Schutz dienten. Es gab nur zwei Zugänge die für eine Armee mit den Ausmaßen eine Stadt einzunehmen in Frage kämen und diese ließen sich besonders leicht verteidigen. Sie würde nicht mal in die Nähe von Xianyang kommen. Ganz zu schweigen, dass sie erstmal ein Heer aufbauen mussten, sie mussten Verbündete suchen und Vorbereitungen treffen. Meng Tian war ein erfahrener General und auch Mian hatte sich im letzten Krieg nicht grundlos einen Namen gemacht. Wieso also kamen sie jetzt mit so einem kopflosen Plan. Sayuri sah in die Gesichter ihrer Verbündeten und erschrak, ob der Ausdrücke die sie dort sah. Anspannung, Angst, Wut, Trauer, Ungeduld, Hast, kein Wunder, dass sie nicht klar denken konnten. Sayuri knallte schwungvoll ihre Hand auf den Tisch und sicherte sich durch den Knall die Aufmerksamkeit der Männer. „Raus, ihr geht jetzt alle in den Wald und rennt, danach geht ihr auf den Übungsplatz und trainiert. Danach, und ich meine wirklich erst danach, kommt ihr wieder hier her und wir denken über eine Lösung nach.“ Als sich keine der Männer rührte wurde sie laut. „Raus habe ich gesagt und zwar sofort.“ Dann kam endlich Bewegung in die Runde und alle eilten hinaus. Sayuri atmete tief durch und setzte sich wieder. Dann warf sie erneut einen Blick auf die Karte. Das sinnvollste wäre sich eine Stadt am Meer so weit wie möglich von der Hauptstadt entfernt zu suchen. Dort sollten sie ihre Basis aufbauen und beginnen die verstreuten Generäle und Kommandanten auf ihre Seite zu ziehen. Dann sollten sie nach und nach Stadt für Stadt unter ihre Kontrolle bringen. So werden sie die Verräter zum Handeln zwingen und aus ihrem Versteck locken. Entweder schafften sie es dann sie zu ermorden oder es würde zum Krieg kommen. Sayuri ließ ihren Kopf auf den Tisch fallen. Was sollte sie nur tun? Alles lief auf ein gewaltiges Blutvergießen hinaus und allein die Vorstellung erschreckte und ängstigte sie. Sie könnte auch einfach alles hinter sich lassen. Zurück in ihr normales Leben, weit weg von all der Gewalt und dem Tod. Sie würde ihre Freunde hier, dafür im Stich lassen müssen. Wollte sie das? Besser gesagt konnte sie das? Konnte sie sich einfach feige aus der Affäre ziehen und dann unbeschwert in ihrem alten Leben weiter machen und so tun als wäre nichts gewesen? Sie würde Fusu damit in den sicheren Tod schicken. Jedoch wenn sie bliebe, würde es für ihre Eltern keine Nachteile bringen. Sie hatte sie ja gesehen, ihnen ging es gut. Sie hatten die Erinnerungen an Sayuri verloren und jetzt einen Sohn. Sie waren glücklich und zufrieden. Sie konnten ihr Leben genießen. Doch die Männer hier hätten ohne sie keine Zukunft oder eine sehr düstere. Erneut ließ sie ihren Kopf auf den Tisch knallen. Es war zum verrückt werden. Sie wollte kein Leben führen in dem sie ihre Eltern nie wieder sehen würde, doch sie konnte sich auch nicht vorstellen alle hier im Stich zu lassen. Außerdem jetzt wo sie sich endlich an das Leben in der Vergangenheit gewöhnt hatte, gefiel es ihr hier. Sie hatte nun auch hier Freunde, Menschen die ihre wichtig waren. Und dann war da auch noch Fusu. Sie hatte wirkliche, aufrichtige Gefühle für ihn entwickelt und allein der Gedanke daran ihn zu verlassen brachte ihre Brust dazu sich schmerzhaft zusammen zu ziehen. Doch selbst wenn sie hier bliebe, würde sie keine Zukunft zusammen mit ihm haben. Er würde eines Tages Kaiser werden, dafür kämpften sie immerhin. Er würde wieder seinen Harem haben und solange mit unzähligen Frauen schlafen bis er es endlich schaffte einen männlichen Nachkommen und Thronfolger zu zeugen. Sie würde nur eine seiner Generäle sein, wenn überhaupt. Könnte sie es ertragen? Doch war es fair ihn in den Tod zu schicken nur weil sie ihn nie würde haben können? Nein, ganz sicher nicht. Sie könnte bei ihm bleiben bis er den Thron bestieg und dann fortziehen. Niemand konnte sie zwingen weiterhin in China zu bleiben. Sie könnte sich einfach irgendwo weit weg eine neue Heimat suchen. Ihre Entscheidung war gefallen. Sie würde nicht zurück zu ihren Eltern gehen. Und Sayuri war sich sicher, dass ihre Eltern sie in ihrer Entscheidung ihren Liebsten nicht dem Tod zu überlassen unterstützen würden. Sie würden ihr sagen, dass sie ihrem Herzen folgen sollte und dass sie zufrieden waren solange ihre Tochter glücklich war. Sie stand auf und legte sich erneut auf die Matratze. Sie schloss die Augen und versuchte in den Schlaf zu finden. Und obwohl sie hell wach war und überhaupt nicht müde, schlief sie ein. Als erstes sah sie dieses Mal das Bild von ihr im Bett nach der Geburt ihres Babys. Jetzt konnte sie ihn genauer sehen, es war ein Junge und er war einfach wunderschön. Dann wechselte sie in die Schlacht. Oder genau genommen war es vor der Schlacht, sie saß auf Hua und vor ihr standen Tausende Soldaten in Reih und Glied. Sie hielt eine Schlachtrede und die Soldaten jubelten ihr zu. Dann veränderte sich das Bild wieder, sie war bei ihrer Mutter, sie saß in einem Schaukelstuhl und hielt ein Kind im Arm. So jung wie ihre Mutter da aussah musste sie das Kind sein, oder der Junge der sie ersetzt hatte. Sayuri konnte es nicht erkennen. Ihre Mutter beobachtete das Kind im Schlaf und Sayuri sah so viel Wärme und Liebe in ihrem Blick, dass sie einen Kloß im Hals bekam, den sie mit aller Macht versuchte herunter zu schlucken. Dann kam das Bild auf das sie gewartet hatte. Wieder stand sie an einem ihr unbekannten Ort und vor ihr taten sich zwei Wege auf. Der linke zog mit Liebe, Freundschaft, Führsoge an ihr, der rechte mit Freundschaft, Kameradschaft, Loyalität, Zuneigung, Hoffnung. Sayuri ging den rechten Pfad entlang und gelangte von ihm aus wieder bei ihren Eltern. Sayuri keuchte erschrocken auf, hatte sie sich für den falschen Weg entscheiden? Ihr Eltern lächelten ihr entgegen und winkten ihr zu, dann verschwommen sie immer mehr bis sie vollkommen verschwanden. Dann war Sayuri wieder im Raum voll gelbem Licht. Doch dieses Mal sah sie keinen Mann der sonst immer da gewesen war. Sie drehte sich einmal im Kreis und suchte ihn, doch sie konnte ihn nirgends sehen. Dabei hatte sie gehofft endlich antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Jetzt wo sie sich entschieden hatte, hatte sie gehofft ihn verstehen zu können. Das Bild löste sich auf, nun stand sie in einer Stadt, es war dunkel und nur vereinzelte Fackeln beleuchteten die Wege. Sie lag in Ketten, sowohl ihre Hände, Füße als auch Hals waren in Eisen gelegt. Eine Gruppe von Männern zerrte sie durch die Seitengassen in ein Haus. Dann zersprang das Bild und Sayuri erwachte. Sie war nicht mehr allein in der Hütte, Bailong saß auf dem Stuhl und betrachtete sie besorgt. „Geht es dir gut?“ Sie nickte nur und stand auf um sich einen Becher Wasser zu holen. Was hatte der letzte Teil nur zu bedeuten? Was war das für ein Haus gewesen in welches die Männer sie gezerrt hatten? Und wieso war sie überhaupt gefesselt gewesen? Was nutzten ihr diese Visionen wenn sie ihr nicht das ganze Bild zeigten, sondern immer nur Ausschnitte? „Ich habe deine Sachen aus dem Wald geholt. Du solltest dir endlich mal etwas anderes anziehen. Deine Kleidung ist noch immer voll von deinem Blut.“ Sayuri sah an sich hinab und erstarrte. Sie hatte noch immer die Sachen von gestern an, ein riesiges Loch klaffte im Stoff wo der Pfeil sie erwischt hatte. Zum Glück bedeckte es noch immer das wichtigste. Den Blutfleck würde sie wohl nie wieder raus bekommen. „Würdest du so nett sein und mir Wasser zum waschen bringen?“ Bailong zeigte auf einen Eimer der direkt neben der Tür steht. „Alles schon da.“ Sayuri nahm den Eimer und ihre Sachen und ging damit hinter Bailong. „Wenn du versprichst weiterhin nur auf die Karten zu sehen, dann kannst du hier bleiben. Wenn nicht, dann würde ich dich bitte die Hütte für kurze Zeit zu verlassen.“ Bailong drehte sich nicht zu ihr um als er antwortete. „Ich werde mich nur auf meine Aufgabe konzentrieren.“ Sayuri nahm ihn beim Wort und zog sich das Oberteil vom Körper. Dann tauchte sie das Tuch ins Wasser und begann damit sich zu waschen. Der Lappen war eiskalt und sie bekam Gänsehaut. Was würde sie jetzt nur für eine heiße Dusche oder ein Vollbad geben. Es dauerte eine ganze Weile bis sie es endlich geschafft hatte ihren Körper von den Blutresten zu befreien. Plötzlich wurde die Tür geöffnet, aus Reflex drehte sich Sayuri mit dem rücken zur Tür und bedeckte ihre Brust mit den Armen. Sie sah über die Schulter und erkannte Fusu der vollkommen erstarrt in der Tür stand. „Wärst du so freundlich die Tür wieder zu schließen? Ob von innen oder außen ist mit vollkommen egal, doch ich möchte nicht von all den Soldaten da draußen so gesehen werden.“ Sayuri blickte zu Bailong, doch der starrte noch immer auf den Tisch. Fusu schien sich auch wieder gefangen zu haben und trat ein um dann die Tür zu schließen. Sayuri atmete auf. Sie wusch den Lappen aus und wrang ihn anschließend aus. Sie wusste nicht woher sie den Mut nahm und wieso sie es überhaupt tat, immerhin waren ihre Knie schon weich genug nur weil Fusu sie so sehen konnte. Doch sie hielt ihm das Tuch entgegen. „Wärst du so freundlich und entfernst die Blutreste von meinem Rücken? Ich schaffe es nicht allein.“ Fusu sagte noch immer kein Wort doch er nahm ihr sacht das Tuch aus der Hand und begann vorsichtig, ja fast schon zärtlich ihr den Rücken zu waschen. Wieder bekam Sayuri Gänsehaut, doch dieses Mal lag es nicht an der Kälte. Ihr Puls raste und dröhnte in ihren Ohren, ihr Mund wurde trocken und sie schluckte angestrengt. Sie hatte das Gefühl schlecht Luft zu bekommen, also öffnete sie ihren Mund einen Spalt in der Hoffnung so mehr Sauerstoff in ihre Lungen zu bekommen. Sacht ließ Fusu den Lappen über ihre Schultern gleiten, erst über die rechte, dann über die linke. Dann fuhr er ihre Wirbelsäule entlang und Sayuri erzitterte bei dem Gefühl. Dann wanderte er weiter ihre Rippen entlang, erst auf der einen Seite und dann auf der anderen. An einer Stelle strich er auffallend oft lang und Sayuri vermutete, dass dort der Pfeil aus ihr ausgetreten war. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, musste der Attentäter ein wirklich guter Schütze mit einem guten Bogen gewesen sein. Entweder das oder er war ganz in der Nähe gewesen. Fusu nahm das Tuch von ihrem Rücken und sie hatte größte Mühe sich einen Laut der Enttäuschung zu verkneifen. Er beugte sich zum Eimer und wusch das Blut aus, dann wrang er das Tuch aus und begann erneut damit über ihren Rücken zu fahren. Einige Minuten später entfernte er sich etwas von ihr und schmiss den Lappen in den Eimer und setzte sich zu Bailong an den Tisch. Er sah sie nicht an. Sayuri unterdrückte die aufkommende Enttäuschung über sein offensichtliches Desinteresse und zog sich ihr anderes Oberteil über. Sie musste sich schleunigst neue Kleidung besorgen. Gewaschen und angezogen setzte sie sich zu den Männern an den Tisch. Sie vermied es in Fusus Richtung zu sehen und konzentrierte sich ganz auf Bailong. „Und? Jetzt wo ihr euch hoffentlich etwas beruhigt habt und die Dinge etwas klarer seht, was habt ihr euch überlegt?“ Bailong zeigte auf eine Stadt im Norden. „Ich denke wir sollten von hier aus agieren. Diese Stadt liegt in den Bergen und es gibt kein leichtes heran kommen. Sollten wir angegriffen werden könnten wir uns frühzeitig darauf vorbereiten und uns dort gut verteidigen.“ Bailong hatte wohl in die Selbe Richtung wie Sayuri gedacht, sich nur für eine andere Stadt entschieden. Doch es gab einen entscheidenden Unterschied in ihrem Plan. „Wir sollten die anderen auch dazu holen und sie dazu befragen. Ich habe in eine ähnliche Richtung wie du meinen Plan aufgebaut. Doch wir haben keinerlei Kriegserfahrung. Wir sollten uns anhören was Mian und Tian zu sagen haben. Sie haben schon in vielen Schlachten gekämpft und waren siegreich.“ Fusu erhob sich und verließ ohne ein Wort sein Heim. „Ob er die anderen holt?“ Sayuri nickt nur und sah nachdenklich auf die Tür durch die der Mann dem sie ihr Herz geschenkt hatte gegangen, ja fast schon geflohen, war. Was hatte er nur? Sie schüttelte den Kopf in der Hoffnung die Gedanken zu vertreiben. Sie musste sich konzentrieren. Einige Minuten später kam Fusu in Begleitung von Tian, Mian und Sheng zurück. Wieder setzten sie sich alle an den Tisch und begannen sich zu beraten. Alle waren nun etwas ruhiger und entspannter. Natürlich standen sie unter Druck, doch wenn sie sich von ihm beherrschen lassen würden, dann hätten sie schon verloren. Jeder trug ruhig seine Ideen vor und dann diskutierten sie gemeinsam über das Beste Vorgehen. Alle Vorschläge und Einwände wurden berücksichtigt und so einigten sie sich am Ende für eine Stadt. Die Entscheidung fiel auf Donghai, eine Stadt in Küstennähe östlich der Hauptstadt. Sie ist umgeben von anderen Städten und damit ideal um schnell viele Städte unter Fusus Kontrolle zu bringen. „Da das entschieden ist, solltet ihr Männer die zwei Wochen nutzen die ich noch hier liegen muss, um Vorbereitungen für unsere Reise zu treffen. Sucht euch ein paar der besten und vertrauenswürdigsten Soldaten von hier aus die euch begleiten sollen. Der Rest wird hier bleiben und weiter seinen Aufgaben nachgehen.“ Es wurde noch etwas über die benötigten Dinge geredet und dann verließen sie alle. Auch der Prinz ging wieder hinaus und erst jetzt fiel Sayuri auf, das er die ganze Zeit über nicht ein Wort mit ihr gewechselt hatte. Nicht mal angesehen hatte er sie. Sie gab ein gequältes Stöhnen von sich. Jetzt hatte sie ihn mit ihrer Aktion vollends von sich getrieben. Fand er sie wirklich so abstoßend? Sie könnte heulen, doch das verbot sie sich. Schon aus Prinzip würde sie nicht weinen. Sie hatte die Geburt ihres Sohnes gesehen und wie glücklich sie darüber war, also würde sie gewiss irgendwann einen passenden Mann finden. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie dieses Kind ohne Liebe hatte zeugen können. Also würde sie irgendwann den Mann ihrer Träume und ihr Glück finden.



Kapitel 8


Heute war der Morgen an dem sie endlich aufbrechen wollten. Sie hatten beschlossen Sayuri als reiche Dame zu verkleiden, die Männer würden sich als ihren Geleitschutz ausgeben. Damit hatten sie eine größere Chance den Blicken der Menschen zu entgehen. Alle würden nur ein reiches hübsches Mädchen sehen, den Leibwächtern würde keine Aufmerksamkeit geschenkt werden. Zumindest sah der Plan das vor. Fusu öffnete bei dem Gedanken die Augen und wunderte sich schon gar nicht mehr direkt auf Sayuris Haarschopf zu blicken. Wie immer seid sie bei ihm schlief lag sie beim aufwachen in seinen Armen. Er lächelte, es fühlte sich unglaublich gut an sie so nah bei sich zu spüren. Doch noch immer verstand er nicht was genau er für diese kleine Frau in seinen Armen empfand. Sie war ihm eine gute Freundin geworden, er nahm ihren Rat gern an und erfreute sich an ihren Gesprächen. Sie war in dieser Hinsicht mehr wie ein Mann für ihn als eine Frau. Im Palast hätte er es nie gewagt mit einer der Frauen über Kriegstaktiken oder Waffentraining zu reden. Wenn er genau darüber nachdachte hatte er sich nie wirklich mit den Frauen unterhalten. Es gehörte sich einfach nicht. Ernste und wichtige Themen wurden nur mit anderen Männern besprochen und Frauen hatten dazu keine Meinung zu haben. Aber obwohl er mit ihr wie mit einem Mann über alles reden konnte, begehrte er sie auch mehr, als jede der Frauen es je in seinem Harem vermocht hatte. Doch gleichzeitig wollte er ihr auch nicht zu nahe kommen, er hatte das Gefühl sie nicht beschmutzen zu dürfen. Und allein dieser Gedanke war schon abwegig, er war der Kronprinz. Sie könnte keinen Besseren als ihn finden. Aber der Gedanke mit ihr zusammen zu kommen wie mit den unzähligen Frauen zuvor stieß ihn ab. Es war verzwickt da seine Wünsche so gegensätzlich waren. Außerdem kam noch hinzu, dass er nicht einmal wusste, ob Sayuri sich auf ihn einlassen würde. Niemals würde er eine Frau gegen ihren Willen nehmen und dabei spielte es keine Rolle wie sehr er sie begehrte. Er drückte sie noch etwas fester an sich und vergrub seine Nase in ihrem Nacken um ihren einmaligen Geruch in sich aufnehmen zu können. Wäre er eine Katze würde er jetzt schnurren, Sayuri duftete so unglaublich süß. Allerdings nicht so künstlich wie die Frauen im Palast. Sayuris Geruch war vollkommen natürlich und unwiderstehlich. Zu gerne würde Fusu wissen ob ihr Körper auch so süß schmeckte wie er roch, doch sofort verbot er sich diesen Gedanken wieder. Bei keiner der Frauen die bis jetzt das Bett mit ihm geteilt hatten, hatte er solche Ideen gehabt. Langsam löste er sich von der Schönheit in seinen Armen und ging hinaus. Er musste fort von ihr bevor er doch noch etwas gänzlich Unbedachtes tat. Die Sonne war noch nicht vollständig aufgegangen, also hatten sie noch etwas Zeit vor ihrer Abreise. Er ging zum Trainingslager und schnappte sich ein Schwert, dann begann er seine Übungen. Vielleicht würde die körperliche Anstrengung diese verwirrenden Gefühle und Gedanken verdrängen. Wieder einmal dachte er darüber nach mit Tian über dieses Problem zu sprechen doch noch immer konnte er sich nicht dazu überwinden. Was würde er tun wenn der andere Mann ihn auslachen würde? Er glaubte es zwar nicht, doch eine gewisse Angst blieb irgendwie. Als die Sonne vollkommen aufgegangen war legte Fusu das Schwert wieder zur Seite und ging zurück zu seiner Hütte. Vor seiner Tür standen schon die anderen Männer, die Tür stand offen, doch keiner ging hinein. „Nein, geht nicht wieder weg. Ich brauche hierbei wirklich eure Hilfe.“ Er konnte Sayuris Bitte zwar hören, doch sehen konnte er sie von der Position an der er stand nicht. Die Männer wandten den Blick ab und sahen nun ihn an. „Würdest du Sayuri vielleicht beim einkleiden helfen?“ Sein Herz blieb ihm fast stehen, als die Worte sein leer gefegtes Gehirn erreichten. Sofort schüttelte er den Kopf. Dies konnte er nicht, es hatte ihn schon all seine Beherrschung gekostet ihr damals den Rücken zu reinigen. „Dann werde ich ihr helfen. Ich war schon mit einigen adligen Frauen zusammen. Ich sollte es also irgendwie schaffen ihr in ihre Kleidung zu helfen.“ Dann verschwand Sheng in der Hütte und schloss die Tür. Fusu ballte die Hände zu Fäusten um sich zu beruhigen. Sheng würde seine Sayuri nun unbekleidet sehen und sie waren auch noch allein. Es kostete ihn all seine Kraft nicht einfach durch die Tür zu stürmen und Sheng dort hinaus zu zerren und ihm dann die Augen auszubrennen. Ihm war gar nicht bewusste, dass er vor Eifersucht brannte. Aus dem Inneren konnte man immer wieder das Lachen von den Beiden hören und Fusu zitterte schon. Und dann endlich, nach langer Zeit des Wartens öffnete sich die Tür endlich wieder und Sheng kam mit Sayuri hinaus. Sie sah wirklich schön aus und die Kleidung stand ihr ausgesprochen gut. Jeder würde sie nun für eine junge Dame aus adligem Hause halten. Doch wenn Fusu ehrlich war, fand er Sayuri in ihrer normalen Kleidung schöner, es unterstrich ihre Natürlichkeit. „Was gab es denn die ganze Zeit zu lachen?“ Anscheinend war er nicht der einzige der sich darüber wunderte. „Wir haben nach geeigneten Stellen in diesem Berg aus Stoff gesucht um Sayuris Waffen zu verstecken. Dies war gar nicht so schwer, doch sie musste sie auch schnell griffbereit haben. Sie sollte zumindest ihre Dolche zur Sicherheit bei sich haben.“ Er sah sich die Frau noch mal genauer an und er konnte nicht feststellen wo sie die Waffen verstaut hatten. Sayuri sah alles andere als zufrieden aus. „Wenn es nach mir ginge würde ich diese lächerliche Kleidung gar nicht tragen. Ich kann mich darin ja kaum bewegen.“ Er hatte Mitleid mit ihr, doch sie selbst hatte diesen Plan zusammen mit Mian entwickelt. „Lasst uns aufbrechen. Wir werden wie besprochen zu Pferd reisen. Hua nehmen wir mit, doch Sayuri wird abwechselnd bei einem von uns mit reiten. Wenn alles läuft wie geplant werden wir in 10 Tagen in Donghai sein.“ Dann gingen sie schon zu den Pferden, Fusu, Tian und Mian haben sich einige ihrer Männer ausgesucht die sie mitnehmen wollten, doch diese werden erst eine Woche später aufbrechen. Eine zu große Gruppe würde für zu viel Aufsehen sorgen. Die restlichen Soldaten haben ihre Befehle und ahnen nichts von dem bevorstehenden Konflikt. Ein Soldat reichte ihnen pflichtbewusst ihre Pferde und Tian hob Sayuri zu Bailong, welcher sie sogleich vor sich positionierte. Sayuri sah noch immer unglücklich aus, doch jetzt mussten sie es ertragen. Tora kam neugierig zu ihnen geschlendert. „Hallo meine Kleine. Wir werden jetzt wieder auf Reisen gehen. Bleib also immer in unserer Nähe.“ Tora verschwand nach den Worten ihrer Besitzerin wieder in den Wald. Ob die Tigerdame sie wirklich verstanden hatte? Als alle aufsaßen machte ihre Gruppe sich auf den Weg. Sie würden langsam reiten damit Tora sie nicht verlor und sich nicht zu sehr anstrengte. Tiger waren schnelle Läufer doch nur über kurze Distanz, zumindest meine Sayuri das. Er selbst hatte kein wirkliches Wissen über diese Tiere. Als die Sonne unterging bauten sie ein Lager auf, wenn man es denn so nennen wollte. Sie bauten nur eine Feuerstelle und sammelten Feuerholz. „Tora.“ Alle sahen sich im Wald um, doch niemand konnte sie entdecken. Sayuri begann nervös zu werden und ging etwas in den Wald hinein, dann erreichte die Männer am Feuer ihr Schrei. Sofort rannten sie los und fanden sie auch sofort. Sie saß auf dem Boden, vor ihr lag ein toter Mann auf dem Boden mit eindeutigen Bissspuren am Nacken. Sayuri blickte zu ihm auf. „Er wollte mich gerade angreifen als Tora mir zur Hilfe kam.“ Das Tier kam auf sie zu und schmiegte sich an sie. „Das hast du sehr gut gemacht. Du hast mir das Leben gerettet.“ Sayuri streichelte sie hinter dem Ohr und ließ sich dann von ihm auf die Füße ziehen. „Wir sollten zu unserem Lager zurück, etwas essen und dann schlafen.“ Zustimmendes Gemurmel war zu vernehmen und sie gingen geschlossen zurück, dieses Mal mit Tora.

Sie waren nun schon 7 Tage unterwegs und langsam begannen die ständigen Überfälle an ihren Nerven zu zerren. Sayuri saß an diesem Tag hinter ihm auf dem Pferd. Von Tora war wie immer nichts zu sehen, doch dies hatte nichts zu bedeuten. Schon mehr als einmal hatte sie ihnen allen nun schon das Leben gerettet. Denn bis auf den Mann am ersten Tag waren es keine Attentäter die hinter ihnen her waren, sondern Banditen. Tora warnte sie vor Angriffen und half im Kampf wo sie nur konnte. Sie war ein Teil der Gruppe geworden und holte sich ihre Streicheleinheiten mittlerweile bei jedem der gerade eine Hand frei hatte. „Singst du ein Lied für uns?“ Jede Nacht sang Sayuri ein Lied für Tora und Fusu genoss diese Augenblicke sehr. Sayuris Stimme war wunderschön wie einfach alles an ihr.


How can I say this without breaking
How can I say this without taking over
How can I put it down into words
When it's almost too much for my soul alone

I loved and I loved and I lost you
I loved and I loved and I lost you
I loved and I loved and I lost you
And it hurts like hell
Yeah it hurts like hell

I don't want them to know the secrets
I don't want them to know the way I loved you
I don't think they'd understand it, no
I don't think they would accept me, no


I loved and I loved and I lost you

I loved and I loved and I lost you

I loved and I loved and I lost you

And it hurts like hell

Yeah it hurts like hell


Dreams fight with machines

Inside my head like adversaries

Come wrestle me free

Clean from the war


Your heart fits like a key

Into the lock on the wall

I turn it over, I turn it over

But I can't escape

I turn it over, I turn it over


I loved and I loved and I lost you

I loved and I loved and I lost you

I loved and I loved and I lost you

And it hurts like hell


Auch dieses Mal war er einfach wie verzaubert von ihrer Stimme, doch hatte das Lied irgendwie eine traurige Note an sich. Er wusste nicht wirklich wie er es fassen sollte, doch dieses Lied brachte sein Herz zum weinen. Er nahm eine Hand von den Zügeln und legte sie tröstend auf Sayuris Knie. Immerhin das hatte er mittlerweile heraus gefunden. Wenn Sayuri traurig war, dann brauchte sie Körperkontakt. Sie lächelte ihn dankbar an. Er konzentrierte sich wieder auf den Weg. Sie ritten schon eine Weile am Meer entlang und langsam ging die Sonne unter, sie würden sich bald ein Lager aufbauen müssen. „Wir sollten nach einer geeigneten Stelle für unsere Schlafstätte Ausschau halten.“ Dann aus heiterem Himmel sprang Sayuri von ihrem Pferd und rannte los. Fusu sah sich nach einer Gefahr um, doch er konnte niemanden ausmachen. Er ritt ihr hinterher und sie führte ihn zu einer kleinen Hütte am Waldrand. Sie stieß einfach die Tür auf und stürmte ins Innere. Freudige Stimmen waren daraus zu vernehmen und er stieg von seinem Pferd um nachzusehen was dort vor sich ging. Als er Sayuri folgte entdeckte er sie bei einer innigen Umarmung mit einem alten Mann. Er strich ihr liebevoll über den Kopf und küsste ihr Haupt. „Ich habe gewusst, dass du es schaffen würdest.“ Langsam löste er sich von ihr und sah nun ihn aufmerksam an. „Wie ich sehe bist du nicht mehr allein unterwegs?“ Sayuri drehte sich zu ihm und winkte ihn hinein. „Darf ich dir meine Retter vorstellen? Das hier sind Li Lining und ihr Mann Li Anjing. Ich habe dir schon von ihnen erzählt.“ Natürlich hatte sie dies. „Es freut mich Euch kennen zu lernen. Sayuri hat mir schon viel von Euch erzählt. Mein Name ist Fusu.“ Mit Absicht ließ er seinen Familiennamen weg, nicht etwa weil er diesen Menschen nicht vertraute, sondern damit sie sich in seiner Umgebung nicht unwohl fühlten. „Die Freunde ist ganz unsererseits.“ Sayuri sah sich nun verwundert um. „Wo sind die anderen?“ Fusu ging wieder hinaus und brachte den Rest ihrer Truppe zur Hütte. Alle wurden von Sayuri vorgestellt und sie erzählte dem Ehepaar von ihren Reiseplänen. Als die erste Aufregung sich gelegt hatte, rief Sayuri nun auch nach ihrem Tiger. Auch dieser wurde ordnungsgemäß vorgestellt. Die Frau lud sie zum Essen ein und bot ihnen auch einen Schlafplatz an. Sayuri nahm dankend an, doch der Rest würde vor der Behausung schlafen. Tian zog ihn mit sich und ging zu Anjing. „Verzeiht meine Unhöflichkeit, doch würdet ihr Euch vielleicht dazu überreden lassen uns auf unserer Reise zu begleiten?“ Fusu sah seinen Freund verwundert an. Wieso wollte er diese Leute einer solchen Gefahr aussetzen? Doch der Herr lächelte nur verständnisvoll und schüttelte leicht den Kopf. „Mir ist wohl bewusste wer Ihr seid, General Meng Tian. Und ich glaube auch zu wissen wieso Euch so daran gelegen ist, dass wir Euch begleiten, doch ich bin schon alt und möchte hier zusammen mit meiner Frau meine letzten Tage in Frieden genießen.“ Tian sah nicht begeistert aus. „Ich möchte Euch nicht zu Nahe treten, doch schon bald wird ein Bürgerkrieg ausbrechen und es wird aus sein mit dem Frieden. Wir könnten einen Mann mit Eurem Können gut gebrauchen. Ich verlange gar nicht von Euch zurück auf das Schlachtfeld zu treten, doch könntet Ihr Euch nicht vorstellen als Ausbilder zu dienen?“ Anjing musterte sie ganz genau und schien zu überlegen. Dann drehte er sich um und ging zurück zu seiner Frau die mit Sayuri in der Hütte die Speisen vorbereitete. „Wieso willst du ihn unbedingt dabei haben?“

„Er ist Li Anjing einer der 8 Bögen Chinas. So jemand sollten wir besser auf unserer Seite haben. Außerdem befürchte ich, dass wenn er hier bleibt und sich gegen den Ruf aus dem Palast stellt er sein Leben verlieren wird.“ Das wäre durchaus möglich, doch er war schon so alt, dass er nicht mehr verpflichtet werden konnte. Doch in Zeiten der Not greifen die Menschen oft auf unlautere Mittel zurück. Und einen der 8 Bögen sah man lieber Tod als auf der Seite seines Gegners. Kurze Zeit später kam der Mann zurück und bestätigte ihnen, dass er und seine Frau sie auf dieser Reise begleiten würden, doch er machte sehr deutlich, dass er nicht auf das Schlachtfeld zurück kehren würde. Fusu war gewillt ihm diese Bitte, die eigentlich keine war, zu zugestehen.

Sayuri war überglücklich das alte Ehepaar wieder zu sehen. Auch beruhigte es sie, dass sie sie nach Donghai begleiten würden. Was wussten sie schon wie weit der Krieg um sich greifen würde und ob ihr Dorf nicht einer Schlacht oder den Soldaten zum Opfer fallen würde. Bei ihnen würden sie in Sicherheit sein. Nach dem sie Linings köstliches Essen verspeist hatten und sie ihr beim Abwasch geholfen hatte, machte Sayuri sich auf den Weg zum kleinen Waldsee um zu baden. Seit sie von hier fliehen musste hatte sie nicht mehr baden können und sie freute sich darauf. Tora war wie immer an ihrer Seite und würde sie vor unliebsamen Besuchern warnen. Nach einigen Minuten Fußweg war sie auch schon angekommen. Mühsam quälte sie sich Schicht für Schicht aus ihrer Kleidung und stieg ins kühle Nass. Diese Klamotten waren wirklich eine Zumutung. Nicht nur, dass ihr darin viel zu heiß war, sie waren auch viel zu schwer um sich frei bewegen zu können. Sie tauchte ihren Kopf unter Wasser und tauchte etwas weiter in den See hinein. Als ihre Luft knapp wurde tauchte sie wieder auf und strich sich die Haare und das Wasser aus dem Gesicht. Hinter sich hörte sie ein Geräusch und drehte sich in die Richtung aus der sie es gehört hatte. Dort etwas Abseits von der Stelle wo ihre Kleidung lag stand Fusu im Wasser und sah mit großen Augen zu ihr hinüber. Schnell tauchte Sayuri wieder ab und schwamm zurück ans Ufer. Von der Stelle aus wo sie in den See gegangen war, konnte sie den Prinzen nicht sehen. „Ich entschuldige mich dafür dich angestarrt zu haben. Aber du sahst einfach nur so atemberaubend schön aus, so glitzernd vom Mondlicht beschienen, dass ich meinen Blick einfach nicht hatte von dir nehmen können.“

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich müsste mich entschuldigen dich bei deinem Bad gestört zu haben. Ich wusste nicht das du hier bist und von diesem See wusstest.“

„Anjing hat mir davon erzählt.“ Sayuri atmete tief durch. Ihr ganzer Körper war in Aufruhr. Hatte Fusu gerade wirklich gesagt, dass sie schön sei? Dann fiel es ihr wieder ein. Sie hatte diese Szene schon einmal in ihren Träumen gesehen. Sie war mit Fusu bei Mondschein in einem See gewesen und sie hatten sich geküsst. Wie hatte sie das nur vergessen können? Sie gab sich einen Ruck und schwamm auf ihn zu. „Stört dich meine Anwesenheit denn?“ Sie musste einfach mit ihm weiter reden um sich von ihrer Nervosität abzulenken. „Ich war genau genommen schon fertig mit meinem Bad. Du kannst also gern noch hier bleiben und ich werde schon mal zurück zur“ Weiter kam er nicht, denn er brach ab als Sayuri bei ihm ankam. „Würdest du mir eventuell noch etwas Gesellschaft leisten?“ Wer hatte das gesagt? Fusu nickte schwach und sah sie musternd an. Viel konnte er nicht sehen, war ihr Körper doch größten Teils unter Wasser, welches bei der Dunkelheit pechschwarz war. Sayuri schwamm noch etwas näher zu ihm und kam nicht mal eine Armeslänge vor ihm zum stehen. An der Stelle wo er war wurde das Wasser nicht sacht tiefer, dass bemerkte sie im Moment, da sie sich auf Zehspitzen stellen musste um ihren Kopf über dem Wasser zu halten. Fusu schien ihre Lage zu erkennen und trat einen Schritt zur Seite. „Stell dich hier hin, hier ist es das Wasser nicht ganz so tief.“ Sayuri kam seiner Aufforderung nach. Als sie sicher stand betrachtete sie sich Fusu genauer. Seine gesamte Brust ragte aus dem Wasser und präsentierte sich ihr nun in seiner ganzen Pracht. Sie hatte keine Worte für das was sie sah, konnte diese Perfektion nicht beschreiben. Wenn sie seinen Körper mit jemanden vergleichen müsste, dann wohl mit dem von diesem Werwolf aus diesem Teeniefilm mit den Glitzervampieren. Natürlich erst nach seiner Verwandlung. Die Haut spannte straff über seinen Muskeln und lud zum streicheln ein. Erst als sie Fusus Keuchen hörte wurde ihr bewusst, dass sie wirklich die Hand ausgestreckt hatte und ihm mit den Fingerspitzen über die Brust strich. Schnell zog sie ihre Hand fort, doch er schnappte sie sich und zog Sayuri behutsam zu sich. Auch er schien intuitiv gehandelt zu haben, denn als sie direkt vor ihm war ließ er ihre Hand wieder los und sah sie unsicher an. Auch Fusu schien diese ganze Situation zu überfordern. Konnte sie das als gutes Zeichen werten? Hatte sie vielleicht doch eine Chance, dass er ein gewisses Interesse an ihr hatte? Sayuri hob erneut die Hand und strich ihn zärtlich über die Wange. „Beug dich etwas zu mir runter.“ Sofort kam er ihrer Aufforderung nach und senkte den Kopf. Auf das was nun kam, schien er nicht vorbereitet gewesen zu sein, denn er keuchte wieder einmal erschrocken auf. Behutsam legte Sayuri ihre Lippen auf sein und küsste ihn. Sie bemerkte wie sein Körper sich versteifte und küsste ihn noch einmal, dabei strich sie mit ihren Händen zärtlich über seine muskulösen Schultern. Als er noch immer nicht reagierte fuhr sie vorsichtig mit ihrer Zunge seine Lippen entlang. Er erzitterte unter ihren Bemühungen, doch machte noch immer keine Anstalten ihren Kuss zu erwidern. Sayuri ließ sich zurück auf ihre Hacken sinken und beendete so den Kuss. Scheinbar hatte sie sich getäuscht und Fusu war doch nicht an ihr interessiert. Sie drehte sich von ihm weg, sie konnte ihm jetzt nicht ins Gesicht sehen. „Entschuldige. Ich wollte dir nicht zu Nahe treten. Bitte vergiss einfach wieder was gerade geschehen ist.“

Fusus Innere war noch immer im Aufruhr. Was hatte Sayuri da gerade nur mit ihm getan? Noch immer kribbelten seine Lippen. Es war als ob er Sayuri noch immer auf ihnen spüren konnte. Und was hatte sie da gerade gesagt? Er solle das Alles einfach wieder vergessen? Das konnte er nicht. Es war nicht nur die körperlichen Auswirkungen, denn seine Männlichkeit hatte sich durch Sayuris Aktion mit Blut gefüllt, sondern auch wegen der emotionalen. Er verstand zwar noch immer nicht was er eigentlich fühlte, doch er wusste, dass er sie in diesem Moment nicht gehen lassen konnte. Also zog er sie zurück zu sich und presste sie an seine Brust. Schon oft hatte Fusu sie im Schlaf so gehalten, doch dieses Mal waren sie nicht im Bett und sie waren beide nackt. Er konnte förmlich spüren wie noch mehr Blut in seine unteren Regionen gepumpt wurde. „Bitte geh nicht.“ Seine Stimmte war ganz rau geworden.

Dieser eine Satz brachte alles in Sayuri zum Schmelzen. Doch nun war sie auch etwas verunsichert. Sie konnte ganz deutlich das Ergebnis ihrer Bemühungen an ihrem Rücken spüren und wenn sie ehrlich war überforderte sie das gerade etwas. Sie hatte keinerlei Erfahrung auf diesem Gebiet und sie hatte mit Sicherheit nicht vor ihr erstes Mal hier draußen in einem See zu haben. Doch wenn er auf sie reagierte, wieso hatte er dann ihren Kuss nicht erwidert? „Wieso möchtest du das ich bleiben?“ Ihre Stimme war etwas zittrig, doch darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. „Ich weiß es nicht. Meine Gefühle sagen mir, dass du bei mir sein musst.“ Sayuris Knie wurden weich. „Und was sagen sie dir noch?“

„Nichts, nur das. Die Vorstellung, dass du mich jetzt hier verlassen könntest bereitet mir fast körperliche Schmerzen.“

„Sag mir was du für mich empfindest.“ Wenn er sie gern hatte, dann würden sie darauf aufbauen können. Doch wenn ihn im Moment nur das Gefühl der Lust leitete würde Sayuri gehen. Sie mochte ihn lieben, doch sie würde sich ihm deswegen noch lange nicht einfach schenken. „In deiner Gegenwart spielen meine Gefühle verrückt. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Wenn du nicht in meiner Nähe bist, dann ertappe ich mich dabei wie ich nach dir Ausschau halte und mir wünsch du wärst bei mir. Wenn ich dich mit den anderen Männern lachen sehen wünschte ich mir, dass ich es wäre, der dir dieses Lachen geschenkt hat. Wenn ich sehe wie andere Männer dich begehrlich anblicken, kann ich meinen Zorn kaum in Zaum halten. Wenn wir allein sind und uns einfach unterhalten, dann spüre ich wie du mir innere Ruhe und Frieden bringst. Auch habe ich das Gefühl, dass es zwischen uns keine Grenzen gibt, wie ich sie normalerweise zu Frauen habe. Es gibt einfach nichts was ich dir nicht sagen würde, nichts wobei ich nicht erstmal deinen Rat haben wollte. Jedes Mal wenn ich dich sehe raubt mir deine Schönheit aufs Neue den Atem und mein Herz macht einen Satz. Und ich fühle mich ungemein zu dir hingezogen, nie in meinem Leben habe ich eine Frau so sehr begehrt wie dich. Doch gleichzeitig möchte ich dich durch mein Begehren nicht herab setzen. Du bist so viel mehr für mich als eine einfache Frau mit der ich meine Lust befriedigen würde.“ Bei Sayuri liefen mal wieder dir Tränen. Fusu liebte sie, doch er schien es nicht einmal zu wissen, kann seinen Gefühlen keinen Namen geben. „Wenn du all dies fühlst, wieso hast du dann meinen Kuss gerade nicht erwidert?“ Sie dreht sich langsam in seinen Armen um und sah aus Tränen verschleierten Augen zu ihm auf. „Kuss?“ Konnte es wirklich sein? „Ja ein Kuss. Hat dich noch nie jemand zuvor geküsst?“ Fusu schüttelte nachdenklich den Kopf und Sayuri musste lächeln. „Dann beug dich noch mal etwas zu mir hinab. Mach einfach das was ich auch mache.“ Dann legten sich auch schon wieder ihre Lippen auf seine. Dieses Mal versteifte er sich nicht sondern küsste sie voller Gefühl zurück. Sayuri schlang ihre Arme um seinen Nacken und intensivierte den Kuss indem sie seine Unterlippe mit ihrer Zunge nachfuhr. Ihr beider Atem beschleunigte sich und Fusu zog sie noch fester an sich. Als er wie von ihr verlangt ihre Bewegung spiegeln wollte, schlüpfte sie mit ihrer Zunge in seinen Mund und begann seine Zunge mit der ihren zu massieren. Fusu entrang sich ein gedämpftes Stöhnen und er hob sie etwas zu sich hoch. Sayuri reagierte sofort indem sie ihre Beine um seine Hüften schlang. Nun lag sein Geschlecht direkt an ihrem und rieb an ihr. Sayuri entrang sich ein Keuchen und sie unterbrach den Kuss. Sie sahen sich in die Augen und versuchten wieder genügend Luft in ihre Lungen zu bekommen. „Es tut mir wirklich leid, aber mehr als die Küsse kann ich dir heute nicht geben.“ Fusu sah sie mit gerunzelter Stirn an. Also entweder verstand er nicht was sie meinte oder wieso sie nicht mit ihm schlafen konnte. Sie hoffte es handelte sich um Ersteres. „Was ich damit sagen möchte ist, dass wir uns so lange und so viel küssen können wie du möchtest. Aber ich werde in dieser Nacht nicht mit dir schlafen. Dafür bin ich einfach noch nicht bereit.“ Sofort glättete sich sein Gesicht wieder. „Verstanden. Dann sollten wir aber besser aus dem Wasser raus und uns wieder ankleiden.“ Sayuri nickte kurz und küsste ihn auch noch mal kurz und fest auf die Lippen bevor sie sich von ihm löste und zurück zu ihren Sachen schwamm. Schnell stieg sie aus dem Wasser und in ihre Kleider. Allerdings warf sie sich dieses Mal einfach nur das Unterhemd über, sie würde allein Stunden brauchen auch den Rest überzuziehen. Dann machte sie sich auf den Weg zu der Stelle an der sie Fusu vermutete. Er saß dort im Gras und blickte auf den See hinaus. Sie setzte sich neben ihn und tat es ihm gleich. Sie war in diesem Moment vollkommen glücklich. Der Mann dem sie ihr Herz geschenkt hatte erwiderte ihre Gefühle und hatte sie geküsst, wenn auch nach anfänglichen Schwierigkeiten. „Darf ich dich noch einmal küssen?“ Er sah sie mit offenen Augen und einem leichten Lächeln auf den Lippen an. Sie nickte nur und schon beugte er sich zu ihr herüber und presste seinen Mund auf ihren. Dieser Kuss war anders als der zuvor. Fusu war nun nicht mehr unsicher und nahm sich von ihr was er brauchte. Sayuri ergab sich seinem Ansturm nur zu gern. Langsam drückte Fusu sie an der Schulter hinunter bis sie im Gras lag. Dann begann seine Hand über ihren Körper zu streichen und sie begann etwas unsicher zu werden. Fusu schien es zu bemerken und beendete den Kuss. Sachte legte er seine Hand auf ihre Wange und sah sie unheimlich zärtlich an. „Ich werde nichts machen was du nicht möchtest und du hast deine Grenze ganz klar gesetzt, niemals würde ich sie ungefragt übertreten.“ Dann legte er seine Lippen wieder sacht auf ihre und küsste sie mit so viel Gefühl, dass es ihr Tränen in die Augen trieb. Wieder begann seine Hand über ihren Körper zu fahren, ihre Arme, Beine, ihren Bauch, doch nie berührte er sie an Stellen die eindeutig sexueller Natur waren. Er fuhr ihren Hals entlang und von dort aus über ihre Schulter ihre Arme hinab. Bei ihren Händen angekommen verflocht er ihre Finger miteinander und ließ sie dort in Ruhe liegen. Sayuri hatte weniger Mut. Ihre freie Hand legte sie in seinen Nacken und kraulte ihn dort. Zu gern hätte sie auch seinen Körper erkundet, doch sie wollte ihn auch nicht zu sehr reizen. Also genoss sie einfach nur den Kuss. Immer wieder unterbrach Fusu die Liebkosung um ihnen die Möglichkeit zur Sauerstoff Aufnahme zu geben. Doch er ließ nie ganz von ihr ab. Zärtlich verteilte er in diesen Pausen kleine Küsschen auf ihrem Gesicht und Hals. Sayuri fühlte sich wie im siebten Himmel. Nach gefühlten Stunden machten sie sich dann gemeinsam auf den Rückweg, keiner von ihnen wollte zurück, doch ihnen war auch bewusst, dass sie der Realität nicht entfliehen konnten. Sie liefen Hand in Hand durch den Wald zurück zur Hütte. „Wieso hatte ich noch nie zuvor das Bedürfnis solche Dinge zu tun?“ Sayuri blieb stehen und zwang so auch ihn zum Halten. „Weil du wohl in deinem Leben noch nie verliebt gewesen bist.“ Sie sah ihm fest in die Augen, damit er die Wahrheit ihrer Worte sehen konnte. „Du meinst also ich bin verliebt in dich?“ Sayuri zuckte unter seinen Worten zusammen und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, doch er ließ sich nicht gehen. „Bitte entfern dich nicht wieder von mir. Ich habe mit meiner Frage nicht beabsichtigt dich zu verletzen. Ich weiß über solche Dinge einfach nichts. Im Palast wurde über derartige Sachen nicht geredet und an der Mauer mit all den Soldaten wurde dieses Thema auch nicht erwähnt.“ Nun verstand sie endlich wirklich. Fusu konnte seine Gefühle nicht zuordnen, da er in seinem Umfeld nie die Liebe gesehen hatte. Man hatte ihm gesagt, dass die körperliche Vereinigung zwischen Mann und Frau nur dazu diente Erben zu zeugen und seine Lust zu befriedigen. Deswegen hatte er davor auch etwas davon erzählt, dass er sie zwar begehrte, er sie aber nicht herab setzen wollte oder so ähnlich. Für ihn hatte Sex nichts mit Liebe zu tun, deswegen hatte er auch solchen Gefallen am küssen gefunden. Deswegen hatte er auch zuvor noch nie jemanden geküsst. Es fiel ihr plötzlich alles wie Schuppen von den Augen. „Lass uns noch mal ganz kurz setzen bevor wir zurück zu den anderen gehen.“ Er nickte und ließ sich auf den Boden fallen, dann zog er sie zu sich und platzierte sie zwischen seinen Beinen, mit dem Rücken an seiner Brust. Er legte seine Arme locker um ihren Bauch und legte sein Kinn auf ihrer Schulter ab. „Nach allem was du mir vorhin im See erzählt hast, würde ich mal behaupten, dass du dich in mich verliebt hast. All deine Gefühle und Eindrücke haben daher ihren Ursprung und sind durch deine Erfahrungen auch so verwirrend für dich. Wie du schon selbst gesagt hast, kennst du die Liebe nicht, hast nie ein Paar gesehen, dass aus Liebe zusammen ist. Aus der Zeit und dem Ort aus dem ich eigentlich komme wird fast ausschließlich nur aus Liebe geheiratet, deswegen hatte ich deine Umstände bis gerade eben nicht wirklich erfassen können. Möchtest du, dass ich dir deine Gefühle erkläre? Vielleicht hilft es dir dabei dir ein Bild von deinen Gefühlen und der Liebe zu machen.“ Sie merkte wie er an ihrer Schulter nickte. „Es ist vollkommen natürlich, dass sich deine Gedanken wenn du verliebt bist ständig um diese Person drehen. Es zeigt dir wie wichtig ihre Rolle in deinem Leben ist. Es ist auch normal, dass du sie ständig in deiner Nähe wissen möchtest. Ich denke dieser Aspekt des verliebt seins ist bei Männern ausgeprägter als bei Frauen und ich denke es hat mit eurem angeborenen Beschützerinstinkt zu tun. Du willst dich überzeugen, dass es ihr gut geht und auch bestätigt wissen, dass sie immer noch bei dir ist. Deine Wut die du gegenüber anderen Männern empfindest, nennt man Eifersucht. Irgendwie gehört auch dieses Gefühl dazu, doch ich warne dich besser gleich, du solltest diese Empfindung immer gut unter Kontrolle behalten. Zum einen weil du dadurch die Menschen in deiner Umgebung grundlos verletzen könntest und zum anderes machst du dich dadurch angreifbar. Niederträchtige Menschen könnten deine Gefühle zu ihrem Vorteil missbrauchen. Bei mir in der Heimat gibt es ein schönes Sprichwort dazu. Eifersucht ist eine Leidenschaft, die eifrig sucht was Leiden schafft. Ich finde das erklärt es ganz gut. Jetzt zum wohl heikelsten Thema. Wenn man verliebt ist, ist es vollkommen normal sich zu dieser Person körperlich hingezogen zu fühlen und mit ihr schlafen zu wollen. Es spiegelt deinen Wunsch wieder dich auf allen Ebenen mit dieser Frau vereinigen zu wollen. Wenn du das Bett mit einer Frau teilst die du liebst, dann ist das ein Zeichen der Liebe, Leidenschaft, Zärtlichkeit und Zusammengehörigkeit. Es geht dabei nicht darum einen Erben zu zeugen oder einfach nur stupide seine Lust zu befriedigen, sondern um die emotionale Bindung die beim Akt entsteht. Verstehst du was ich meine?“ Jetzt hatte Sayuri sich wirklich weit aus dem Fenster gelehnt, denn sie selbst hatte ja auch keinerlei Erfahrung auf dem Gebiet. Alles was sie über die Liebe und Leidenschaft wusste, hatte sie aus Büchern gelernt. Aber sie glaubte auch, das diese maßlos romantische Erklärung die sie gerade abgegeben hatte genau die richtige war damit Fusu begreifen konnte worauf sie hinaus wollte. „Ich habe verstanden. Aber trotzdem ist das alles Neu für mich. Und zugegeben bin ich auch etwas verunsichert. Ist nun alles was ich im Palast gelernt habe falsch?“ Sofort fuhr Sayuri dazwischen. „Natürlich nicht. Dir wurde dort beigebracht, was für dein Leben wichtig und von Relevanz war. Du bist der Kronprinz und hattest für Erben zu sorgen. Du musstest nichts von Gefühlen zwischen Mann und Frau wissen. In deiner Position wäre es genau genommen sogar von Nachteil wenn du einer einzigen Frau besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen würdest. Diese Frau hätte kein einfaches Leben und müsste ständig um ihr Leben fürchten. Doch du musstest den Palast verlassen und hast dann eine ganz andere Art des Lebens kennen gelernt. Ich bin mir sicher, dass dich die Zeit an der Mauer verändert hat. Du hast jetzt ein viel besseres Verständnis für das Leben des einfachen Volkes, deine Perspektive hat sich dadurch verändert. Und ich bin mir sicher, nur deswegen war es dir möglich dich zu verlieben.“ Und deswegen würde er später auch einen großartigen Kaiser abgeben. Fusu drückte sie nun etwas fester an sich und küsste sie sanft auf die Halsbeuge. „Ich denke du hast Recht, doch ich werde wohl noch eine ganze Weile brauchen um all diese Informationen zu verarbeiten. Doch was mich jetzt wirklich interessiert ist etwas vollkommen anderes. Wir haben jetzt die ganze Zeit über meine Gefühle geredet, doch was ist mit dir? Fühlst du auch all diese Dinge?“ Sayuri lehnte sich noch stärker an ihn und schloss die Augen. „Ja, ich fühle es auch. Auch ich habe mich in dich verliebt. Doch wohin uns das führen wird kann ich nicht sagen. Wären wir in einer anderen Zeit oder zumindest unter anderen Umständen, dann würden wir einfach zusammen glücklich werden, doch ich weiß nicht ob wir das hier schaffen. Es gibt viele Dinge die darauf Einfluss nehmen. Vielleicht werde ich nach dem Krieg auch einfach wieder verschwinden, die Zukunft ist vollkommen ungewiss.“ Sie hatte den Männern nicht erzählt, dass sie sich für sie und gegen ihre Eltern entschieden hatte. Sie wollte ihr Mitleid und ihre Schuldgefühle, weil sie froh darüber waren, nicht sehen. Also hatte sie ihnen erzählt, dass sie die Entscheidung erst nach ihrem Kampf um den Thron treffen würde. Fusu legte ihr zärtlich die Hand an die Wange, drehte ihr Gesicht dann jedoch bestimmt in seine Richtung. „Du kannst mich nicht einfach zurück lassen. Ich würde verrückt werden wenn du nicht mehr bei mir wärst.“ Sie legte ihre Hand auf seine, die noch immer auf ihrer Wange lag. „Und ich könnte es nicht ertragen dich mit anderen Frauen zu sehen. Du wirst eines Tages Kaiser werden und dann musst du den Aufgaben die von dir verlangt werden nachkommen. Doch bis dahin ist noch Zeit, also lass uns einfach unsere gemeinsame Zeit genießen. Was danach kommt entscheiden wir später.“ Es tat ihr in der Seele weh diesen Satz nur auszusprechen, doch sie würde gehen wenn die Zeit gekommen war. Doch bis dahin würde sie die Zeit nutzen gemeinsame Erinnerungen mit Fusu zu schaffen. „Ich werde einen Weg finden wie wir zusammen sein können. Ich werde dir nicht erlauben mich einfach zu verlassen.“ Sayuri küsste ihn sanft mit einem Lächeln auf den Lippen. Er würde sie nicht aufhalten können, doch sie würde ihm einfach seinen Glauben lassen. „Lass uns jetzt zurück zu den anderen gehen. Sie fragen sich sicher schon wo wir bleiben.“ Sie erhoben sich und dieses Mal schafften sie es wirklich bis zurück zur Hütte. Der Rest schlief schon und auch sie legten sich nun hin um sich für den nächsten Tag auszuruhen.



Kapitel 9


Am nächsten Tag ritt Sayuri wieder bei Fusu mit und genoss es so in seiner Nähe sein zu können. Eigentlich hätte sie auch wieder auf ihrem eigenen Pferd reiten können, da sie alle beschlossen hatten, dass es nicht mehr nötig war, dass sie sich als adlige verkleidete. Fusu und sie redeten nicht viel, doch dies störte sie nicht. Was sie jedoch allmählich nervös machte, waren die Blicke der anderen. Immer wieder wurden sie verstohlen angesehen. Sayuri versuchte es zu ignorieren, doch gegen Mittag schaffte sie es einfach nicht mehr. Sie platzte beinahe. „Wenn ihr ein Problem mit einem von uns habt, dann macht den Mund auf. Wenn nicht, dann reißt euch wieder zusammen und hört auf uns die ganze Zeit verstohlen anzustarren.“ Sie atmete nach diesem Ausbruch heftig und sah wütend und herausfordernd in die Augen ihrer Begleiter. Keiner sagte ein Wort und Sheng sah sogar etwas zu schuldbewusst für ihren Geschmack aus. Gerade wollte sie ihn zur Rede stellen als Tian vortrat und mit einer Erklärung begann. „Als ihr gestern von eurem Bad nicht zurück gekehrt seid haben wir begonnen uns Sorgen zu machen. Wir beschlossen jemanden loszuschicken der mal nach dem Rechten sehen sollte. Sheng erklärte sich bereit und ging euch suchen. Er hat euch auch gefunden, doch er wollte euch nicht weiter stören, also kam er zurück. Er meinte er hätte euch in eindeutiger Position am Ufer des Sees entdeckt.“ Sayuri merkte wie ihr Gesicht begann heiß zu werden. Hätte sie sich ihre Frage mal einfach verkniffen und es auf sich beruhen lassen. Aber nein, sie sah ein Problem und wollte es aus der Welt schaffen. Sie wollte im Boden versinken. Zum Glück antwortete Fusu, denn sie war sich nicht sicher ob sie überhaupt einen Ton heraus bringen würde. „Und das veranlasste euch dazu uns den ganzen Morgen zu beobachten?“ Das war doch egal, er sollte lieber klar stellen, dass sie nicht das getan hatten was sie dachten. „Nun verzeiht meine Offenheit, doch diese Entwicklung kam für uns alle nicht wirklich unerwartet. Allerdings kommt sie sehr Ungelegen. Wir kommen bald in Donghai an und dann werden wir Verbündete für Euch suchen müssen, mein Prinz. Es wird Familien geben, die sich nur durch eine Eheschließung auf unsere Seite werden ziehen lassen. Und auch wenn sie damit nur ihre Familien mit der Blutlinie des Kaisers verbinden wollen, werden sie eine Frau ohne Stand nicht an Eurer Seite akzeptieren. Viele der großen und unflussreichen Familien sind noch immer der Meinung, dass sich adliges Blut nicht mit dem des einfachen Volkes vermischen sollte und obwohl ich dies für völligen Schwachsinn halte, brauchen wir gerade diese Familien jetzt auf unserer Seite. Sie vor den Kopf zu stoßen könnte darin resultieren, dass sie sich auf die Seite Eures Bruders schlagen.“ Sayuri merkte wie ihre Hände zitterten und ballte sie schnell zu Fäusten. Auch drückte sie ihren Rücken durch und hob ihr Kinn, sie würde niemanden sehen lassen wie Tians Worte sie geschmerzt hatten. Sie hatte gehofft wenigstens eine kurze Zeit mit ihm gemeinsam zu haben, doch da hatte sie wohl zu viel verlangt. „Dann werde ich mich zurück ziehen. Dieser Krieg ist zu wichtig als dass persönliche Gefühle eine Rolle spielen würden. Ich werde mich vom Prinzen fern halten und auch von den offiziellen Besprechungen. Sheng, Bailong oder Mian können mich über die Vorkommnisse auf dem Laufenden halten.“ Sayuri sprang vom Pferd. „Ich werde eine Weile mit Tora im Wald verbringen. Nachts werde ich wieder zu euch stoßen.“ Dann drehte sie sich auch schon um und ging scheinbar entspannt in den Wald, sofort war ihre Tigerdame an ihrer Seite und schmiegte sich an sie. Sie hockte sich zu ihr und vergrub ihr Gesicht in Toras weichem Fell, dann gab es kein Halten mehr, sie ließ ihren Tränen einfach freien Lauf. Sie musste sich nicht beeilen hinter ihnen her zu kommen, immerhin musste sie einfach nur dem Weg folgen. Sollte sie sich doch verlaufen würde Tora sie sicher zu ihren Begleitern bringen.

Fusu kochte vor Wut, doch gleichzeitig fühlte er sich auch so hilflos wie noch nie in seinem Leben. Er würde Sayuri nicht gehen lassen. Sie gehörte zu ihm und machte sein Leben vollständig. Es war ihm gleich was sein Freund oder diese alten Greise sagten. Er würde keine andere Frau mehr an seiner Seite dulden. Doch Sayuri hatte gerade eine klare Grenze gezogen und ihren Standpunkt klar gemacht. Er wusste wieso sie dies tat, sie stellte das Wohl ihrer Aufgabe über ihr eigenes. Er war der Kronprinz und war für Heil aller Menschen des Landes verantwortlich. Fusu wusste, dass er dieser Aufgabe nachkommen musste, hatte Sayuri ihm doch erzählt, dass sein Bruder kein guter Herrscher sein würde. Doch wenn er sich für das höhere Gut entscheiden sollte, dann musste er tun was Tian gesagt hatte. Er müsste Sayuri aufgeben und sich eine andere Frau nehmen. Sayuri wollte, dass er diesen Weg ging. Ihm blieb keine andere Wahl als sich dieser Entscheidung zu beugen. Er trieb sein Pferd an und atmete tief gegen den Schmerz in seinem Inneren an. Er musste jetzt stark sein, Sayuri war es immerhin auch. Tian hatte sein Pferd zu ihm geführt und ritt nun neben ihm. „Es tut mir unglaublich leid. Wir haben schon eine Weile gesehen wie ihr für einander fühlt und mit Absicht nichts gesagt. Du wirst nun einmal Kaiser werden und in der Politik haben persönliche Gefühle nichts zu suchen. Vielleicht wird es dir im nächsten Leben vergönnt sein sie wieder zu finden. Frei von höfischen Regeln.“ Fusu nickte nur. Was sollte er auch dazu sagen? Er wusste dass sein Freund rein von der Logik her Recht hatte, doch er konnte nun mal nichts gegen diese Gefühle die in ihm wüteten unternehmen. Wie es schien würde er lernen müssen diese auszublenden. Stumm ritten sie bis zum Sonnenuntergang weiter. Dann bauten sie ihren Lagerplatz auf und aßen etwas. Fusu sah immer wieder in den Wald, doch er konnte Sayuri nirgends entdecken. Als sie sich später schlafen legten war noch immer kein Zeichen von ihr zu entdecken. Etwas sorgte er sich um sie, doch sie war eine gute Kämpferin und außerdem war Tora immer an ihrer Seite. So legte er sich nun auch so gemütlich wie möglich hin und schloss die Augen.

Die nächsten 3 Tage bekam er Sayuri nicht zu Gesicht, nur durch Sheng, Bailong und Mian wusste er, dass es ihr gut ging und sie sich immer in ihrer Nähe aufhielt. Sie ging ihm offensichtlich aus dem Weg und er konnte sie sogar verstehen, doch es zerriss ihn innerlich beinahe sie nicht sehen zu können. Er vermisste es nachts vor dem einschlafen ihrer Stimme lauschen zu können, sich auf der Reise mit ihr unterhalten zu können, ihr Lachen zu hören, wenn Sheng wieder seine Späße mit ihr trieb. Das alles waren nur Kleinigkeiten, doch sie erinnerten ihn immer wieder schmerzlich an ihre Abwesenheit. An diesem Tag sollten sie Donghai erreichen und er hoffte sie dann endlich wieder zu sehen, wenn auch nur für einen kleinen Augenblick. Am späten Nachmittag kam endlich die Stadt in Sicht und sie beschleunigten etwas ihr Tempo um sie noch vor Einbruch der Nacht erreichen zu können. Doch auch als sie die Stadt betraten war noch immer keine Spur von Sayuri zu sehen. Ihre Gruppe begab sich auf direktem Wege zum Verwalter der Stadt um ihn über die Umstände aufzuklären. Er würde ihnen auch Räumlichkeiten zuweisen und sie würden endlich wieder mit einem Dach über dem Kopf schlafen können. Das Glück war dieses Mal auf ihrer Seite, denn der Verwalter war ein Kriegskamerad von Mian, der die Stadt als Ehrung für seine Leistungen im Krieg bekommen hatte. Er hieß sie freundlich Willkommen und sicherte ihnen auch sofort die Unterstützung seiner Stadt zu. Damit hatten sie schon mal die erste Hürde genommen. Nachdem ihr Gastgeber ihnen ihre Gemächer gezeigt hatte verabschiedete er sich und zog sich auf Bitten von Mian mit diesem zurück.

Sayuri wartete wie besprochen vor den Stadtmauern auf einen der Männer der sie abholen würde. Tora hatte sie im Wald nicht weit entfernt zurück gelassen, sie würde mit einem Tiger an ihrer Seite einfach zu sehr auffallen. Sayuri würde jeden Tag zu ihr gehen um ihr Gesellschaft zu leisten, doch die Nächte würde sie innerhalb der Stadt verbringen. Sie hörte Schritte auf sich zukommen und schob sich weiter in die Schatten. Dann machte sie Mian aus, der begleitet von einem riesigen Mann hinaus kam. Langsam ging sie auf die Männer zu und betrachtete die Begleitung ihres Lehrers ausführlich. Er war wirklich groß und dies nicht nur von der Körpergröße her, er war bestimmt über 1,90 Meter, sondern auch von den Muskeln her. Wirklich ein Berg von einem Mann. Als sie vor den Männern zum stehen kam wurde nun auch sie ausführlich gemustert. „Das ist sie?“ Mian nickte. „Ja, ich brauche eine Unterkunft für sie. Aber nicht bei uns. Ein Zimmer in einem Gasthaus wäre völlig ausreichend.“ Noch einmal ließ er seinen Blick über Sayuri gleiten, dann wand er sich Mian zu. „Das sollte kein Problem sein, doch bist du dir sicher, dass du eine solche Schönheit wirklich allein über Nacht lassen möchtest?“ Mian sah sich genauer um, zuckte dann jedoch mit den Schultern. „Sie ist meine beste Schülerin. Sie weiß sich zu wehren sollte jemand den Fehler machen ihr zu Nahe zu kommen.“ Da hatte er Recht, doch nur wenn er ihre Sachen dabei hatte. Sie gingen gemeinsam in die Stadt und Sayuri wurde in einem Wirthaus am äußeren Rand der Stadt untergebracht. Ihr war dies nur Recht, konnte man vom „einfachen Volk“ doch die besten Informationen bekommen. Mian begleitet sie noch bis in ihr Zimmer. „Ich werde Sheng mit deinen Sachen zu dir schicken.“ Dann verließ er ihr Zimmer wieder und ließ sie allein und einsam zurück. Die letzten Tage waren schwer für sie gewesen, sie hatte sich an die Anwesenheit der Männer gewöhnt. Doch im Wald hatte sie wenigstens noch Tora bei sich gehabt, nun hier in diesem tristen Zimmer war sie ganz allein. Sie legte sich ins Bett und schloss die Augen. Sie vermisste Fusu so schrecklich. Es hatte sie all ihre Kraft gekostet sich von ihm fern zu halten und ihn nur aus der Ferne zu beobachten. In den nächsten Tagen werden Vertreter der anderen Städte und hohen Familien eintreffen und Fusu wird sie um Unterstützung bitten. Dann werden die Verhandlungen beginnen und er wird auf die Forderungen eingehen müssen wenn er seinen Bruder besiegen möchte. Sie würde wie versprochen an seiner Seite kämpfen, doch sobald der Krieg vorbei war würde sie weg gehen. Sie ertrug es schon jetzt kaum in seiner Nähe zu sein, ihn aber nicht für sich beanspruchen zu können. Manchmal wünschte sie sich es hätte diese eine Nacht am See nicht gegeben. Wäre alles beim Alten geblieben, hätte sie ihn einfach heimlich weiter lieben können. Doch jetzt wo sie wusste, dass auch er sie liebte konnte sie es nicht ertragen in seiner Nähe zu sein, ohne dass er ihr gehörte. Also würde sie weiterhin auf Abstand bleiben und hoffen der Krieg würde schnell vorbei sein oder ihre Gefühle verschwinden. Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. „Wer ist da?“ Sie stand auf und ging langsam zur Tür, ihre Hand fasst automatisch nach dem Dolch in ihrem Rücken. „Hier ist Sheng.“ Sayuri atmete auf und ließ ihn eintreten. „Ich habe dir deine Sachen mitgebracht.“ Er stellt sie vor dem Bett ab und setzte sich darauf. „Möchtest du, dass ich die Nacht über hier bleibe?“ Sayuri sah ihn geschockt mit großen Augen an. „Beruhig dich. Ich habe nicht vor mit dir in einem Bett zu schlafen. Ich wollte nur wissen ob es dir lieber wäre wenn ich dir Gesellschaft leiste und über Nacht hier bleibe.“ Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. „Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du bleiben würdest.“ Einen Freund in ihrer Nähe zu haben würde sie gewiss von ihren trübsinnigen Gedanken ablenken. „Du kannst auch gern mit mir im Bett schlafen. Solange du deine Hände bei dir behältst habe ich damit auch kein Problem.“ Sheng grinste frech und zwinkerte ihr zu, doch dann nickte er bestätigend. Sie legten sich gemeinsam hin und begannen zu reden. Sheng klärte sie über die Geschehnisse des Tages auf und das der Verwalter der Stadt, Lan, ein Freund Mians war und Fusu seine Unterstützung zugesichert hatte. Auch hatte er Boten zu den anderen Städten dieser Gegend schicken lassen und um eine Zusammenkunft hier in Donghai gebeten. Alles verlief genau nach Plan, genau genommen sogar besser als sie gedacht hatten. Nachdem er mit seinem Bericht geendet hatte begann er ihr wieder Fragen über ihre Welt zu stellen. Sie war sich sicher, dass er sie damit nur ablenken wollte, doch das machte ihr nichts aus und sie begann zu erzählen. Irgendwann sind sie dann wohl über ihr Gespräch eingeschlafen.

Seit 10 Tagen befanden sie sich nun schon in Donghai und Sayuri begann sich an das Leben in dieser Stadt zu gewöhnen. Jede Nacht schlief Sheng, Bailong oder Mian bei ihr und sie war ihnen unendlich dankbar dafür. Nicht das sie sich alleine fürchten würde, doch sie lenkten ihre Gedanken erfolgreich vom Mann ihres Herzens ab. Heute würden die letzten Vertreter ankommen und die Verhandlungen würden beginnen. Und da es schon langsam begann dunkel zu werden waren sie bestimmt sogar schon da. Sayuri war gerade auf dem Weg zurück zur Stadt nachdem sie ihren Tag bei Tora verbracht hatte. Die Straßen waren schon leer und würden sich erst wieder füllen wenn die Menschen ihr Nachmahl zu sich genommen hatten. Schon den ganzen Tag über war Sayuri nervös gewesen, doch sie hatte es auf den Umstand geschoben, dass Fusu sich am heutigen Tag eine Braut aussuchen könnte. Doch jetzt wo sie durch die verlassenen Straßen ging hatte sie ein ungutes Gefühl im Bauch. Sie sah sich um, doch konnte nichts entdecken. Liefe die Besprechung vielleicht nicht so wie von ihnen erhofft? Hatte Fusu Probleme? Ohne ihr zutun bewegten sich ihre Beine in Richtung Verwaltungsgebäude. Ihre Umgebung nahm sie gar nicht wirklich wahr, so sehr nahm die Sorge um ihren Geliebten in ihr die Überhand. Hätte sie sich eine Minute Zeit gelassen und in Ruhe darüber nach gedacht wäre ihr bestimmt aufgefallen, dass ihm mit den Männern an seiner Seite keinerlei Gefahr drohte. Doch ihre Panik ließ keinen Platz für logische Erklärungen. Und so wurde ihr ihre Unachtsamkeit zum Verhängnis und sie lag noch bevor sie es wirklich realisieren konnte am Boden. Ein schwerer Körper lag auf ihr und im nächsten Moment schlossen sich auch schon Eisen um ihre Knöchel. Nein, schrie es in ihrem Kopf. Sie hatte davon geträumt. Als nächstes wurde eine Schelle um ihren Hals gelegt, erst danach stieg der Mann, der sie zuvor mit seinem Gewicht zu Boden gedrückt hatte, von ihr herunter. Sie wurde mit der Kette an ihrem Hals auf die Füße gezogen, automatisch griffen ihre Hände nach dem Metall um zu verhindert, dass diese Männer sie strangulierten. Doch dies war ein weiterer Fehler. Innerhalb einer Sekunde lagen nun auch ihre Hände in Fesseln. So eingeschränkt hatte sie keine Möglichkeit mehr sich gegen diese 4 Männer zur Wehr zu setzen. Sayuri wusste, dass es keinen Sinn machte zu schreien. Hier gab es keine Wachen die ihr helfen konnten und sollte ein normaler Bürger sie hören und versuchen zu helfen würde er dies wohl mit seinem Leben bezahlen. Also ließ sie sich von den Männern die Gasse entlang in ein Haus führen. Sie ketteten sie an die Wand und verließen den Raum wieder. Was wollten sie nur von ihr? Waren das Sklavenhändler und sie entführten sie weil sie Sayuri für einen hohen Preis verkaufen könnten? Doch sie sahen für sie eher wie Soldaten aus. Doch was wollten normale Soldaten von ihr? Wieso legten sie sie in Ketten? Nach einiger Zeit kamen die Männer zurück, lösten sie wieder von der Wand und führte sie aus der Stadt. Unter normalen Umständen würde Sayuri diese Entscheidung der Männer für weise halten, doch sie machten einen großen Fehler. Sie führe ihre gefesselten Hände an den Mund, steckte sich Daumen und Zeige hinein und pfiff so laut sie konnte. Einer der Männer schlug ihr so fest ins Gesicht, dass es sie von den Füßen fegte und sie hart auf dem Boden aufkam. Langsam rappelte sie sich auf und spukte ihm ihr Blut ins Gesicht. Langsam zog er einen Dolch aus seinem Gürtel und hielt ihn ihr drohend entgegen, doch damit konnte er sie nicht ängstigen. In der nächsten Sekunde wurde er unter einem wütenden Fauchen zu Bodern gerissen und Tora zerfetze ihm das Gesicht. Danach nahm sie sich einen Mann nach dem nächsten vor. Bei letzten hielt Sayuri ihren Tiger zurück. „Tora stopp. Einen brauchen wir lebend.“ Ihr Tier hörte und stellte sich zu ihr. Sayuri sah den einzigen Überlebenden kalt an. „Ich möchte den Schlüssel zu diesen Fesseln. Und ich möchte wissen wieso ihr mich entführen wolltet.“ Der Mann zitterte vor Angst und sein Blick fuhr unruhig zwischen ihr und dem Tiger hin und her. „Rede endlich.“ Er erbete und machte sich allen ernstes in die Hose. Tora schnaufte angewidert und schüttelte der Kopf. Sayuri musste sich über diese Geste ein Lachen verkneifen. Mit bebender Stimme begann er zu sprechen. „Wir haben den Auftrag bekommen, eine kleine schöne Frau mit großen blauen Augen zu fangen und in die Hauptstadt zu bringen. Die Ketten haben wir dafür bekommen und den Schlüssel haben wir nicht.“ Tora fauchte aufgeregt. „Wirklich ich sage die Wahrheit.“ Sie glaubte ihm, er hatte zu große angst, als dass er es wagen würde zu lügen. „Gut, dann steh jetzt auf. Wir werden in die Stadt zurück kehren und du kannst das alles noch mal vor Meng Tian und dem Rest erklären.“ Sie wartete bis er sich erhoben hatte und ließ ihm dann den Vortritt. Sie hatte nicht vor ihm ihren Rücken anzubieten. Mit wackligen Schritten lief er vor ihr her und Tora wollte sich wieder in den Wald zurück ziehen. „Tora, du bleibt jetzt bei mir. Ich kann mich im Moment nicht allein verteidigen.“ Ihre Tigerdame wechselte wieder die Richtung und lief nun an ihrer Seite durch die Stadt. Nicht wenige Stadtbewohner rannten panisch davon als sie den Tiger erblickten. Andere jedoch sahen sie erstaunt und ehrfürchtig an. Vor den Herrensitz angekommen begann es schwierig zu werden. Zumindest hatte Sayuri das vermutet, doch die Wachen machten ihr ohne Weiteres Platz und ließen sie ungehindert eintreten. Darüber musste sie dringend mit Mian sprechen. Was wäre denn, wenn sie hier wäre um ihren Prinzen zu töten? Niemand würde sie aufhalten. Einer erklärte ihr sogar den Weg zum Sitzungssaal, als sie ihn danach fragte. Vor der Tür blieb ihr Gefangener stehen. „Mach die Tür auf.“ Er zögerte und Tora knurrte. Er reagierte sofort und öffnete die Tür. Ein Raum voller Männer starrte sie an. Manchen sah man an dass sie Soldaten waren, sehr wahrscheinlich wichtige Generäle. Anderen sah man an, dass sie wohl noch nie in ihrem Leben auch nur einen Finger gerührt hatten, vom unterzeichnen irgendwelchen Dokumente mal abgesehen. Sheng kam auf sie zu gerannt und zog sie schwungvoll in seine Arme. „Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht als du nicht in die Unterkunft zurück gekehrt bist.“ Dann ließ er sie wieder los und sah sie sich genauer an. Auch Bailong, Mian, Tian und auch Fusu waren mittlerweile bei ihr angekommen. „Was ist passiert?“ Sie erzählte ihnen was vorgefallen war endete mit einer Beschwerde darüber, dass sie die Ketten nicht los bekam. Tian ging auf den Soldaten den sie gefangen genommen hatte zu. „Wer hat dir diesen Auftrag gegeben?“ Der Soldat schüttelte verängstigt den Kopf. Sayuri wand sich an Mian. „Kennst du jemanden der mich von diesen Fesseln befreien kann?“ Mian ging zu seinem Freund und besprach etwas mit ihm. Danach kehrte er mit diesem zu ihr zurück und er ließ nach einem Schmied rufen. Sayuri sah Mian zweifelnd an. „Sicher dass ihr sie aufbekommt? Wenn nicht, dann brich mir die Hände und Füße um sie abzubekommen.“ Er sah sie geschockt an, doch für Zimperlichkeit hatte sie jetzt keine Zeit. Je länger sie in diesen Eisen lag, umso größer wurde ihre innere Anspannung. Sie fing an Panik zu bekommen, da sie sich so wehrlos fühlte. Dabei spielte es keine Rolle, dass ihr hier keinerlei Gefahr drohte. „Der Schmied wird dich dort schnell rausbekommen. Du hast mein Wort. Wenn nicht werde ich mir etwas anderes überlegen.“ Das war nicht die Antwort die sie hatte hören wollte. Um sich abzulenken, sah sich Sayuri erneut im Raum um, doch sie vermied es tunlichst in Fusus Richtung zu blicken. Zu sehr schmerzte es sie ihn sehen zu können ohne wirklich bei ihm zu sein. Alle starrten noch immer in ihrer Richtung. Am anderen Ende des Raumes konnte sie Anjing ausmachen und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Bailong, bring mir bitte Anjing her. Ich glaube ich weiß jetzt wer mir diese Männer auf den Hals gehetzt hat.“ Bailong kam ihrer Aufforderung ohne Zögern nach und Anjing kam zu ihr. „Tian, komm mal bitte kurz.“ Auch dieser kam zu ihr. „Anjing, sag Tian bitte den Namen deines Sohnes.“ Der ältere Mann sah sie verwundert an, doch dann konnte sie Verstehen in seinen Augen erkennen und sein Gesicht verdüsterte sich. „Li Akuma. Er ist General in der Hauptstadt.“ Tian drehte sich wieder dem Soldaten zu und befragte ihn weiter. „Es tut mir leid, Anjing. Doch niemand anderes aus der Hauptstadt hat einen Grund mich gefangen nehmen zu lassen.“ Er nickte bedrückt und Sayuri hatte ehrliches Mitleid mit ihm. So hatte er seinen Sohn mit Sicherheit nicht erzogen. Aber er hatte ihm immerhin einen passenden Namen gegeben, auch wenn er dies nicht wusste. Hieß Akuma auf Japanisch doch Teufel oder Dämon. Kurze Zeit später kam dann endlich der Schmied und besah sich die Fesseln, sein Werkzeug hatte er dabei und er machte sich nach an Ort und Stelle an die Arbeit. Nach ungefähr einer halben Stunde waren Sayuris Hände wieder frei und der Mann machte mit ihren Füßen weiter. Tian hatte unterdessen seine Befragung an dem Soldaten beendet und bestätigte ihre Vermutung darüber wer den Auftrag erteilt hatte. Klasse, als hätten sie nicht schon genug Probleme, jetzt mussten sie sich auch noch mit eventuellen Entführern befassen. Die Männer in dem Raum begannen immer unruhiger zu werden und Sayuri versuchte den Grund dafür aus zu machen, sie fand ihn auch sehr schnell. „Tora, warte bitte vor dem Raum auf mich.“ Sie erhob sich und verließ den Raum, doch nicht ohne allen im Raum noch mal einen warnenden Blick zu schenken. Sayuri unterdrückte ein Lächeln und sah auf ihre Füße, die in diesem Moment nun auch endlich frei waren. Jetzt fehlte nur noch der Halsring.

Fusu war außer sich vor Wut und würde die Männer die Sayuri das angetan hatten gern eigenhändig umbringen, doch Tora war ihm zuvor gekommen. Wie hatte es nur so weit kommen können? Sayuri war eine hervorragende Kämpferin, man musste sie schon aus dem Hinterhalt, wenn sie abgelenkt war, angreifen um eine Chance zu bekommen sie in diese Eisen zu legen. Eigentlich wusste er die Antwort auf seine Frage bereits. Es war seine Schuld. Sayuri sollte bei ihnen sein und nicht allein, doch da sie sein Anblick so sehr schmerzte hatte sie sich aus der Gruppe zurück gezogen. Und dann hatte man sie überwältigt und wie eine Sklavin in Ketten gelegt. Unverzeihlich. Er würde diesen Li Akuma dafür bluten lassen. Und er würde augenblicklich etwas an ihrer unzumutbaren Situation ändern. Als Tora auf Sayuris Befehl hin den Raum verlassen hatte entspannten sich die Herren sichtlich. Noch immer war der Schmied damit beschäftigt Sayuri aus den Fesseln zu befreien, doch Fusu versuchte nicht weiter darauf zu achten. Er ging zurück an seinen Platz und auch die restlichen Männer die vorher zu Sayuri gestürzt waren nahmen wieder ihre Plätze ein. „Ich möchte mich für diesen Aufruhr entschuldigen. Aber wie Ihr sehen konntet, handelte es sich um einen Notfall. Ich möchte den Herrschaften bei dieser Gelegenheit auch gleich Sayuri vorstellen. Sie war es, die mich vor den Machenschaften des Ministers Li Si und des Eunuchen Zhao Gao warnte. Sie war auch maßgeblich daran beteiligt, dass wir das Schreiben des Kaisers in unseren Besitz bekommen konnten. Des weitern vereitelte sie einen Anschlag auf mein Leben indem sie sich als mein Schild vor mich warf. Ich gedacht, sie für diese Leistungen als meine Ehefrau in die kaiserliche Familie aufzunehmen. Da mir jedoch bewusst ist, dass ein solches Vorgehen zu einer Menge Unmut führen würde, habe ich nun einen Vorschlag zu machen. Ich werde die Tochter des Hauses zur Frau nehmen, welches die größten oder meisten Errungenschaften im kommenden Krieg zu verzeichnen hat. Das ist selbstverständlich nicht auf einen Mann bezogen, sondern auf Eure gesamten Männer. Sayuri wird mit mir in die Schlacht ziehen und hat somit auch die Möglichkeit für sich selbst Errungenschaften zu erringen. Um ihren zahlenmäßigen Nachteil etwas zu schwächen haben sich Meng Tian und der Speerkämpfer Mian angeboten in diesem Krieg unter dem Namen von Sayuri zu kämpfen. Das bezieht sich aber nur auf sie als Person und nicht auf ihre Männer.“ Im nächsten Moment standen Sheng und Bailong auf und stellten sich hinter Sayuri, die mittlerweile befreit, vor dem Tisch stand und ihn aus großen Augen ansah. „Sehe ich es richtig, dass ihr beide euch Sayuri anschließt?“ Beide nickten. „Wir sind nur ein einfacher Dieb und ein Musikant, doch wir werden sie unterstützen.“ Die Soldaten im Raum sahen durch diese Herausforderung angespornt aus, doch den adligen Herren konnte er keine wirkliche Reaktion ansehen. „Ich hoffe sehr, dass die Herren auf dieses Angebot eingehen werden, denn ich würde gerne Streitigkeiten unter Euren Familien vermeiden. Und ich möchte auch nicht ein Haus einem anderen den Vorzug geben müssen, indem Ihr mich zu einer Wahl zwingt. So liegt es in den Händen Eurer Männer die Entscheidung zu fällen.“ Jetzt konnte er nur hoffen, dass diese alten Säcke darauf ansprangen. Nach und nach verneigten sie sich vor ihm und signalisierten ihm so stumm ihre Unterstützung. Er verkniff sich ein erleichtertes Aufatmen und schielte zu Sayuri. Sie sah ihn jedoch aus eiskalten Augen an. Dann drehte sie sich einfach um und verließ gefolgt von Sheng und Bailong den Raum. Was hatte er falsch getan? Was missfiel ihr so sehr? Es wurde unruhig im Zimmer als alle begannen sich zu unterhalten und Informationen auszutauschen oder schon mal Schlachtpläne zu schmieden. Tian fasste ihn aufmuntern an die Schulter. „Das war eine gute Entscheidung. Nicht nur, dass du einen Weg gefunden hast um doch noch das zu bekommen was du willst. Jetzt hast du diesen alten Säcken einen guten Anreiz geliefert. Alle wollen Teil der kaiserlichen Familie werden, sie werden also nicht einfach nur irgendwelche Soldaten zu unserer Unterstützung schicken, sondern ihre Besten.“ Soweit hatte Fusu gar nicht gedacht, alles worum sich seine Gedanken gedreht hatten, war eine Möglichkeit wie er Sayuri zu der seinen machen konnte ohne diese Greise zu beleidigen. Aber so wie es schien, hatte er sie nun vor den Kopf gestoßen. Er speiste noch mit den Männern und beteiligte sich so gut wie möglich an den Gesprächen in die er verwickelt wurde. Spät in der Nacht begaben sie sich endlich zu ihren Gemächern, die Adligen waren schon vor Stunden in ihren Räumen verschwunden, doch die Generäle tranken Unmengen Wein und ließen ihn nicht gehen. Es wunderte ihn wie sie noch immer gerade stehen konnten, trotz des hohen Alkoholkonsums. Als sie am Innerhof vorüber gingen hörten sie Kampfgeräusche in der Nähe. Die Generäle zogen ihre Schwerter und sie gingen alle auf den Lärm zu. Was sie dann sahen verschlug ihnen allen den Atem. Man sollte meinen er hätte sich an den Anblick einer kämpfenden Sayuri bereits gewöhnt, doch es versetzte ihn immer wieder in Erstaunen. Sie stand umringt von 7 Soldaten auf dem Innenhof und kämpfte unbewaffnet gegen sie. Sheng und Bailong standen am Rand und beobachteten das Treiben von ihnen mit einem Lächeln auf den Lippen. Wie es schien war dieser Kampf nicht ernst gemeint. Auch seine Begleiter schienen das erfasst zu haben, denn sie steckten ihre Waffen wieder weg und beobachteten das Geplänkel mit wachsendem Interesse. Einer nach dem Anderen gingen die Soldaten zu Boden. Zwischendurch war Fusu sich sicher, dass einer sie greifen würde, doch sie entwand sich immer im letzten Moment und setzte zum Gegenangriff an. Nach wenigen Momenten war das Schauspiel vorbei und Sayuri war die einzige die noch stand. Nun entdeckte sie auch ihre neuen Zuschauer und sah ihn erneut wütend an. Die Generäle gingen auf sie zu und wollten mit ihr trainieren und wissen von wem sie gelernt hatte. Doch Sayuri blockte alle Anfragen ab und verabschiedete sich recht schnell für die Nacht. Sie versprach am nächsten Tag auf dem Trainingsgelände zu sein und sich ihre Bitten und Fragen dann anzuhören. Sie drehte sich weg und lief mich Sheng und Bailong an ihrer Seite davon. Fusu verabschiedete sich schnell von den Männern für die Nacht und lief ihr nach. Er verstand einfach nicht was er falsch gemacht hatte. Er holte sie ein und schickte die beiden Männer fort. Dann zog er sie mit sich in sein Gemach und schloss die Tür. Kaum war sie ins Schloss gefallen zog er Sayuri in seine Arme und presste sie fest an sich. Er vergrub seine Nase in ihrem Haar und sog ihren Geruch in sich. „Bitte sag mir was ich falsch gemacht habe. Was hätte ich anders machen sollen? Ich möchte doch nur, dass wir eine Chance haben.“ Sie drückte gegen seine Brust und er ließ sie nur widerwillig los.

Sayuri machte schnell zwei Schritte zurück, sie konnte nicht richtig nachdenken wenn Fusu ihr so Nahe war. Sie fokussierte sich wieder auf ihre Wut. „Was du falsch gemacht hast? Du machst mich zur Mörderin. Für euch und in eurer Zeit mag es ja kein großes Problem sein andere Menschen zu töten. Aber für mich stellt dies ein riesiges Problem dar. Ich habe noch nie eine Person getötet. Ich bin mir sicher, dass ich im Krieg dazu in der Lage bin zu töten, einfach weil es nötig ist. Aber nun muss ich Leistungen erbringen und gezielt die Generäle der Gegenseite umbringen. Und damit werde ich zur Mörderin, es geschieht nicht weil es heißt entweder sterben ihre Leute oder unsere. Für mich macht das einen großen Unterschied.“ Sie hatte angefangen ihn während ihrer Ansprache anzuschreien. Aber immerhin hatte er den Anstand zerknirscht auszusehen und es besänftigte sie etwas. „Es tut mir leid, dass ich darüber nicht nachgedacht habe. Doch in einem muss ich dir Unrecht geben. Wenn du die gegnerischen Generäle tötest, dann rettest du damit unzählige Leben. Ich würde das nicht als Mord ansehen, sondern als Notwendigkeit um den Schaden so gering wie möglich zu halten. Es ist im Krieg eine gängige Taktik zu versuchen die Generäle oder noch besser den Oberbefehlshaber zu töten. Schafft man das, beraubt man den Soldaten ihrer Führung und gewinnt damit automatisch die Schlacht.“ Das alles wusste sie, doch nun hatte sie das Gefühl sie würde die Leben dieser Männer nehmen um selbst ein glückliches Leben führen zu können und nicht um diesen Krieg zu gewinnen und damit Tausende Leben zu retten. Jetzt hatte sie das Gefühl eine furchtbare Egoistin zu sein. „Wenn du es nicht kannst, dann wird dich niemand dazu zwingen. Sheng, Bailong, Mian und Tian werden sich eben etwas mehr anstrengen müssen um erfolgreich zu sein.“ Sayuri konnte sich ein Schnauben nicht verkneifen. „Als ob ich damit würde leben können.“ Wieder begann ihr Kopf sich zu drehen. Davor hatte sie sich mit dem Kampf abgelenkt und an den armen Soldaten auch etwas ihr Wut ausgelassen. Fusu kam auf sie zu und zog sie erneut in seine Arme, dieses Mal brachte sie nicht die Kraft auf sich dagegen zu wehren. Stattdessen schmiegte sie sich in seine Arme und genoss seine Umarmung. „Lass uns schlafen gehen. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.“ Sie nickte schwach an seiner Brust, nicht fähig von ihm abzulassen. Fusu schien es ähnlich zu gehen, denn er hob sie hoch und sie legte sofort ihre Beine um seine Hüften. So trug er sie zu seinem Bett und legte sich gemeinsam mit ihr hinein. Sayuri streifte sich umständlich ihre Schuhe von den Füßen und konzentrierte sich dann wieder vollkommen auf den Mann neben sich. Er roch so gut, wenn auch etwas nach Alkohol, aber sein Eigengeruch überwog. Er roch nach Wald, um genau zu sein nach einem Spaziergang durch einen Kiefernwald. Sayuri hatte diesen Geruch schon immer geliebt. Sie schloss ihre Augen und genoss es einfach in seiner Nähe zu sein. Kurz bevor sie in den Schlaf fiel spürte sie noch einen kurzen Kuss auf ihren Lippen.



Kapitel 10


Am nächsten Morgen erwachte Sayuri allein im Bett, sie sah sich in dem großen Raum um, doch konnte sie Fusu nirgends ausmachen. Sie erhob sich, ging zur Waschschüssel und wusch sich den Schlaf aus dem Gesicht. Dann machte sie sich auf den Weg zu Mian. Sheng und Bailong hatten ihre gestern gezeigt wo alle nächtigten, so wusste sie nun genau wo sie hin musste. Es war auch nicht weit, immerhin nur zwei Türen weiter. Sie klopfte vorsichtig an und trat ohne auf eine Antwort zu warten ein. Mian sah ihr entgegen und nickte ihr zum Gruß zu. Wie es aussah war er auch gerade erst aufgestanden. „Ich würde gern heute Morgen wieder mit unserem Training beginnen. Wäre das in Ordnung für dich?“

„Das ist eine gute Entscheidung. Ich wollte dich auf meinem Weg zum Trainingsplatz so wie so abholen.“ Dann ging er aus der Tür und lief voran. Sayuri lief ihm schnell hinterher und folgte ihm durch das Gebäude. Er führte sie zu den Pferden und reichte ihr Huas Zügel und stieg dann auf sein eigenes Ross. „Wir reiten besser aus der Stadt, das Trainingsgelände liegt etwas außerhalb. Tian wird später mit den anderen und etwas zu Essen zu uns stoßen.“ Sayuri sprang auf Hua und bemerkte erst dann, dass Tora ihr anscheinend die ganze Zeit gefolgt war. „Gutes Mädchen. Willst du mit uns mitkommen?“ Sie wartete auf keine Antwort sondern folgte Mian aus der Stadt hinaus. Sie brauchten nur etwa eine Viertel Stunde zum Gelände. Noch bevor sie absteigen konnte reichte Mian ihr einen Bogen und Köcher. „Tora, geh dir doch etwas jagen. Danach kannst du wieder her kommen.“ Wie immer hörte ihr Tier aufs Wort und verschwand in den angrenzenden Wald. Sayuri sah sich nach der Schießanlage um und stellte erfreut fest, dass noch nicht viele Soldaten da waren und die Anwesenden sich überwiegend im Schwertkampf übten. Sie trieb Hua an und begann ihr Training. Ein Pfeil nach dem Nächsten ließ sie durch die Luft auf das Ziel zu sausen. Erst in diesem Moment fiel ihr auf wie lange es her war, dass sie einen Bogen in der Hand hatte. Zum Glück tat dies ihren Schießkünsten keinen Abbruch. Als ihre Pfeile aus waren, reichte Mian ihr einen neuen Bogen und neue Pfeile, dann begann das Spiel von vorn. Wieder einmal bewunderte sie was für ein wundervolles Pferd Hua doch war. Sie wusste immer genau wie sie sich zu bewegen hatte, nie kam sie ihr mit einer unerwünschten Bewegung in die Quere. Als sie wieder alle Pfeile verschossen hatte, ritt sie wieder zu ihrem Lehrer. Dieser reichte ihr ihren Bogen, den sie von Anjing geschenkt bekommen hatte. „Schieß jetzt mit diesem und entferne dich immer weiter vom Ziel.“ Sie nahm die Sachen die er ihr hinhielt entgegen und begann auch diese Übung. Erstaunt stellte sie fest, dass sie auf Hua und mit Anjings Bogen fast 600 Meter überbrücken konnte. Eigentlich sollte dies unmöglich sein, doch sie hatte absolut keine Probleme damit das Ziel zu treffen. Als sie zu Mian zurück kehrte lächelte er ihr entgegen. „Du bist einfach unglaublich. Noch nie habe ich gesehen wie jemand auf diese Entfernung so akkurat schießen konnte.“ Ja, sie wunderte sich auch. „Ich weiß auch nicht wirklich wie ich das mache.“ Sie stieg von Hua und brachte sie zu den anderen Pferden. Als nächstes begann ihr verhasstes Speertraining. Sie merkte zwar, dass sie Fortschritte machte, doch die waren so klein, dass sie praktisch nicht Existent waren. Zum Ende hin kamen Tian, Bailong und Sheng zu ihnen. Sie aßen etwas und dann ging es auch schon mit Tian zum Schwerttraining. Als erstes das normale Schwert, dann die etwas kürzeren Doppelschwerter. Als nächstes war das Training mit den Dolchen dran, dieses übernahm dieses Mal Sheng, welcher ihr auch gleich noch beibrachte diese zu werfen. So verbrachte Sayuri ihren Vormittag und war als die Männer sie endlich in Frieden ließen völlig erledigt. Sie nahmen wirklich keinerlei Rücksicht auf sie. Nur weil sie Unsterblich war, hieß das noch lange nicht, dass sie das Recht hatten sie zu quälen. Denn ja, sie hatte mittlerweile herausgefunden was für ihre schnelle Heilungsfähigkeit gesorgt hatte. Der Mann in dem Raum aus gelbem Licht hatte es ihr gesagt, auch wenn sie ihn noch immer nicht richtig verstand. Aber sie hörte Bruchstücke und einer war Quell… Unster…lichkeit… Sie schlussfolgerte also, dass sie bei ihrer Reise in die Vergangenheit aus der Quelle der Unsterblichkeit getrunken hatte. Sie hatte noch andere Abgehackte Sachen verstanden, doch die ergaben noch keinen Sinn. Aber es wurde von Mal zu Mal deutlicher. Allerdings wurden ihre Träume auch seltener, dafür aber deutlicher. Meist war ihre Vision auf ein Ereignis beschränkt, dafür konnte sie jetzt Einzelheiten erkennen. So wusste sie, dass sie noch immer mit Sheng, Bailong, Tian, Mian und Fusu vereint sein würde wenn sie ihr Baby bekommen würde. Etwas machte ihr dies Angst, denn dies wies darauf hin, dass es in einer nicht all zu fernen Zukunft passieren würde. Sie schob diesen Gedanken schnell beiseite. Noch eine ihrer Visionen war klarer geworden, die in der sie zu sechst gegen eine Übermacht kämpften. Sie hatte es den Männern nicht gesagt, doch es schien so als wären sie in einen Hinterhalt geraten und müssten sich freikämpfen. Sie schafften es, deswegen sagte sie ihnen auch nichts davon. Aber vor allem hoffte sie, noch mehr heraus finden zu können und es vollkommen verhindert zu können. Denn auch wenn sie es lebend raus schafften, starben viele ihrer Männer. Sie sah auch immer wieder ihre Eltern mit ihrem Sohn und mittlerweile freute sie sich auf ihre Träume von ihnen. Natürlich war sie noch immer etwas wehmütig, aber es überwog die Freude darüber, dass es ihren Eltern gut ging und sie glücklich waren. Sie wurde angestoßen und sie sah sich nach dem Übeltäter um, es war Bailong. „Jetzt bin ich dran. Los aufstehen und zurück zum Schwert.“ Jetzt war sie sich sicher, sie versuchten sie trotz Unsterblichkeit umzubringen. Sie stand langsam auf und griff nach ihrem Schwert. „Wäre es nicht sinnvoller, wenn ich mit einer Waffe der Reihe nach gegen euch antreten würde? Ich meine es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass mein Gegner sich meiner Waffe anpasst.“ Alle Männer sahen sie verdattert an. Natürlich war ihnen das klar gewesen, doch sie waren so darauf fokussiert, ihr in der kurzen Zeit so viel wie möglich beizubringen, dass sie das Wesentliche aus den Augen verloren haben. „Lasst uns für heute so weiter machen. Für morgen habe ich dann eine Überraschung für euch.“ Ihr war gerade eine geniale Idee gekommen. Sie verbannte schnell das Lächeln aus ihrem Gesicht und begab sich in Position. Bailong war definitiv auch ein Meister mit dem Schwert, doch wo Tians Schwünge kraftvoll waren, konnte man seinen Kampfstil wohl als elegant bezeichnen. Doch für sie persönlich war er der leichtere Gegner, da sie sich ihm besser anpassen konnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit gab Mian dann endlich das Zeichen dafür, dass sie für den Tag fertig war. Sie atmete auf und wollte sich schon auf den Weg zurück zur Stadt machen, immerhin musste sie noch einige Vorbereitungen für den Nächsten Tag treffen. Woran sie allerdings nicht mehr gedacht hatte, waren die anderen Generäle, denen sie in der Nacht zuvor versprochen hatte ihnen etwas Zeit zu schenken. Also stellte sie sich ihnen und beantwortete ihre Fragen, sie machte noch einige unbewaffnete Übungskämpfe und begab sich dann, als sie endlich zufrieden waren, auf den Weg zurück. Mian begleitete sie wieder, die anderen waren wohl schon vorgeritten. Tora kam wieder zurück an ihre Seite. Jetzt da sie von den Stadtbewohnern schon gesehen wurde, würde Sayuri sie bei sich schlafen lassen. „Mian, könntest du mich zu den Handwerkern in der Stadt bringen?“ Er nickte und änderte die Richtung. Sie holte sich alles was sie brauchte und ließ sich dann in ihr Zimmer führen. „Kannst du mir bitte noch Schriebmaterial besorgen?“ Wieder bekam sie nur ein Nicken. Er könnte sich wirklich mal am Smalltalk üben. Sayuri kicherte vor sich hin, als sie sich vorstellte wie Mian nichtssagende Konversation führte. Tora legte sich vor ihr Bett und schloss die Augen und Sayuri begann mit ihrer Arbeit. Sie nahm sich den langen Metallstift den sie vom Schmied bekommen hatte und begann ihn anzuschleifen. Sie brauchte einen Nagel und da es so was noch nicht gab, zumindest nicht in der Form wie sie ihn brauchte, musste sie eben selbst einen herstellen. Es dauerte Ewig doch am Ende konnte sich das Ergebnis sehen lassen. Jetzt musste sie auf Mian warten, der sich ziemlich viel Zeit ließ. Minuten später kam er endlich mit Pinsel, Papier und Tinte zurück. Sofort begann sie damit das einigermaßen quadratische Brett mit der Tinte zu zerteilen. Dafür zog sie Striche von einer Ecke zur gegenüber liegenden, dann noch mal von der Mitte oben zur Mitte unten und zum Schluss von rechts nach links. Jetzt hatte sie benahe acht gleich große Teile. Sayuri zeichnete in das erste Feld ein Schwert, ins nächste einen Dolch, dann einen Speer, dann die Doppelschwerter, dann ihre Hand, dann Pfeil und Bogen, das nächste Feld ließ sie frei und ins letzte zeichnete sie ein Fragezeichen. Dann spitzte sie den Holzstift von ungefähr 2cm Durchmesser an, damit er eine Spitze hatte. Sie legte das Brett mittig auf den Pfosten den sie sich hatte geben lassen und darauf dann ein etwa 1cm hohes Brettchen und drauf dann den Holzstift. Dann schnappte sie sich ihren Nagel und sah sich dann um. Sie hatte nicht an einen Hammer gedacht. Sayuri nahm einfach den Schleifstein zur Hand und begann vorsichtig den Nagel durch das Holz zu schlagen, gar nicht so einfach durch so viele Schichten. Doch am Ende hatte sie es geschafft und strahlte über das gesamte Gesicht. Sie drehte an dem Holzstift und dieser drehte sich problemlos. Sehr gut, so würde das Training etwas spannender. Sie stellte den Pfahl auf und versuchte erneut den Pfeil zu drehen und er tat ihr den Gefallen auch, doch landete die Spitze immer entweder nach oben oder nach unter zeigend. Sayuri zuckte nur mit den Schultern, dann würden sie das Glücksrad eben nicht aufstellen sondern liegen lassen. Es würde trotzdem seinen Zweck erfüllen.

Am Abend schlich sich Fusu zu ihr ins Zimmer und riss sie wieder mal in seine Arme. Sofort schlang sie ihre um seinen Hals. „Ich hatte heute keine einzige Minute mal Zeit für mich. Überall werde ich von diesen Greisen belagert. Nur mit der Hilfe von Tian und Mian habe ich es jetzt endlich geschafft mich von ihnen loszueisen. Kann ich die Nacht bitte hier verbringen?“ Er konnte einem schon fast leid tun, doch solche Aufgaben gehörten nun mal zu einem Prinzen der vor hatte Kaiser zu werden. „Du kannst gerne hier bleiben. Doch wenn ich ehrlich bin, würde ich gerne auch noch einige Dinge die diese Stadt betreffen mit dir besprechen.“ Es schob sie etwas von sich, doch hielt sie noch immer in seinen Armen. „Können wir eine kurze Pause machen und dann die anderen dazu holen? Aber bitte hier bei dir im Zimmer, ich will nicht wieder in die Arme von einem dieser Adligen laufen.“ Sie nickte und zog ihn mit sich zum Bett. Sie setzte sich ans Bettende mit dem Rücken an die Wand gelehnt und platzierte Fusus Kopf auf ihrem Schoß. Sie legte ihm ihre Hand in den Nacken und kraulte ihn. Sofort entspannte er sich sichtlich. Nach wenigen Minuten war er eingeschlafen. Kurze Zeit später, zumindest kam es Sayuri so vor, wurde ihre Tür erneut geöffnet und ihre Begleiter betraten den Raum. Als sie die Szene auf dem Bett sahen stockten sie kurz im Schritt doch setzten sich dann ungerührt an den Tisch. „Tora leg dich bitte vor die Tür und bewach sie. Sorg dafür, dass niemand lauschen kann.“ Tian öffnete dem Tier die Tür und Tora legte sich wie befohlen davor. Sayuri strich Fusu sacht über das Gesicht um ihn zu wecken. Langsam öffnete er seine Augen und sah sie unglaublich zärtlich an. Sayuri sah demonstrativ zu den Männern am Tisch um ihm so still mitzuteilen, dass sie nicht allein waren. Er schien sie verstanden zu haben, richtete sich langsam auf und sah ihren Besuch an. Sie setzten sich zu ihnen und Sayuri begann gleich mit ihren Anliegen. „Ich würde gerne einige Modifikationen an der Stadt vornehmen lassen. Denkt ihr, dass sich Lan darauf einlassen würde?“ Tian der wie immer zu allem vorbereitet schien rollte eine Karte der Stadt aus. „Ich habe auch einige Dinge, die ich besprechen möchte.“ Sayuri sah ihn an und nickte ihm zu. Er konnte ruhig anfangen. „Es gibt zu viele Aufgänge zur Wehrmauer, im Falle der Feind schafft es auf unsere Mauern wird es ein leichtes für sie sein von dort aus die ganze Stadt einzunehmen.“ Er zeigte auf die Treppen, die auf der Karte markiert waren. „Das Problem wollte ich auch ansprechen, nur würde ich noch einen Schritt weiter gehen und alle Treppenaufgänge zerstören.“ Tian sah erneut auf die Karte und runzelte die Stirn. Die restlichen Männer sahen sie an, als sei sie verrückt geworden. „Wir haben noch Zeit. Wir sollten die Handwerker mobile Treppen bauen lassen. So ähnlich wie Belagerungstürme. Wir können sie an der Mauer stehen lassen, doch sollte der Gegner es wirklich bis hinauf schaffen könnten wir sie wegnehmen und ihnen so eine einfache Möglichkeit nehmen die Stadt zu erreichen. Zusätzlich würde ich gerne mit dem Schmied sprechen. Er soll ein Schließsystem für die Tore bauen. Es soll unseren Feinden unmöglich gemacht werden sie von Innen zu öffnen.“ Tian war noch immer mit seiner Betrachtung der Karte beschäftigt und Sayuri fragte sich langsam ob er ihr überhaupt zugehört hatte. Dann sah er sie mit funkelten Augen an. „Das ist eine geniale Idee. Direkt vor den Mauern gibt es drei Punkte an denen man eine solche Treppe aufstellen könnte. Da sie genug Platz brauchen werden damit man sie von der Mauer entfernen kann, kommen nur diese Stellen dafür in Frage. Aber das ist kein Problem. Drei Aufgänge sind vollkommen ausreichend, wenn man die Truppen richtig stationiert und zur Not Leitern bereit hält. Die Stadt hat vier Eingangstore an jeder Seite der Mauer, sie haben allerdings kein Schließsystem. Sollte es zu einem Angriff kommen werden sie nur von einem Querbalken gehalten.“ Das konnte doch nicht deren Ernst sein. „Ich werde sie mir morgen mal genauer ansehen. Wie viele Schmieden sind in der Stadt und der Umgebung?“ Dieses Mal antwortete Mian. „32 befinden sich in der Stadt und noch mal 14 in der Nähe, doch alle sind voll damit ausgelastet Waffen für den bevorstehenden Krieg zu schmieden.“ Na klasse. „Dann werden die Soldaten die im Moment Zeit haben losziehen und Steine sammeln. Sollte es zu einem Angriff kommen werden wir die Tore zu mauern wenn es sein muss. Lieber wären mir allerdings richtig große Felsbrocken mit denen wir den Durchgang versperren.“ Sayuri machte sich allerdings nicht zu große Hoffnungen, immerhin waren sie hier in der Ebene und nicht in den Bergen. „Außerdem will ich auf jeder Ecke der Mauer einen Wehrturm gebaut bekommen. So haben immer zwei Befehlshaber einen Blick auf eine Seite. So können sie besser sehen wo sie die Truppen hinschicken müssen. Glaubt ihr das ist machbar?“ Sie wusste, dass es sehr viel verlangt war, doch sie würde alles dafür tun um eine mögliche Belagerung zu überstehen. „Die Bewohner, die für die Vorbereitungen nicht gebraucht werden sollten in Städte die hinter Donghai liegen gebracht werden.“

„Wieso?“

„Zum einen damit wir Vorräte sparen können wenn es zur Belagerung kommt. Zum anderen sollte der schlimmste Fall eintreffen und Donghai sollte fallen will ich so wenig Zivilisten wie möglich hier wissen.“

„Das ist ein guter Vorschlag, aber ich verstehe das mit den Wehrtürmen noch nicht.“ Sayuri tippte auf die Ecke der Stadt wo sie einen Wehrturm haben wollte. „Wenn wir hier einen Befehlshaber auf den Turm packen, dann kann der alles beobachten was in diesem Fall auf der Südmauer vor sich geht, aber gleichzeitig hat er auch alles auf der Westmauer im Blick. Versteht ihr? So werden die Mauern doppelt beobachtet, da der General auf dem nächsten Wachturm sowohl die Südmauer, als auch die Ostmauer überblicken kann. Damit schaffen wir doppelte Sicherheit, da vier Augen nun mal besser sehen als zwei. Am liebsten wäre es mir allerdings wenn wir auf jeden Wachturm gleich zwei Befehlshaber packen würden.“ Nun sah sie Verstehen in den Augen der Männer. „Du hast Recht, wenn man den Wehrturm in die Mitte der Mauer baut, dann hat man immer nur seinen Mauerteil im Blick. So könnten sie notfalls eingreifen und Unterstützung schicken.“ Mian hatte sie genau verstanden. „Ich werde über die Änderungen mit Lan sprechen, ich denke er wird offen für deine Ideen sein.“

„Bitte sagt ihm nicht, dass diese Ideen von mir kommen. Ich möchte kein Aufsehen um meine Person machen, zumindest nicht noch mehr als so schon. Außerdem möchte ich nicht, dass die Vorschläge nicht angenommen werden, nur weil die Idee von einer Frau kam.“ Mian nickte ernst. „Verstanden.“ Sheng meldete sich nun zum ersten Mal zu Wort. „Ich denke wir sollten den Vorrat an Öl aufstocken und so viel kaufen wie möglich. Sollten sie Belagerungstürme bringen könnten wie sie damit einfach in Brand setzen auch wenn sie sie vorher in Wasser getränkt haben.“ An so was hatte Sayuri noch gar nicht gedacht. „Wir sollten auch unsere Fleischvorräte aufstocken.“

„Das würde nichts bringen, es würde nicht lange genug halten.“

„Wir werden es mithilfe von Salz und Rauch haltbar machen. Wenn ich Hilfe dabei bekommen sollte ich genügend Salz gewinnen können um uns für Monate hinweg mit Fleisch zu versorgen, vorausgesetzt die Männer können so viel jagen.“

„Was meinst du damit du kannst Salz gewinnen?“

„Das heißt genau dass wonach es klingt. Ich kann euch so viel Salz beschaffen wie ihr wollt, zumindest solange wir am Meer bleiben. Wenn ihr morgen gleich Männer mit Fässern los schickt damit sie mir Meerwasser bringen kann ich anfangen sobald sie wieder da sind.“

„Gibt es irgendwas was du nicht kannst?“

„Da gibt es sehr viel, doch Salz zu kochen ist nicht wirklich etwas Besonderes. Man muss Meerwasser einfach nur erhitzen, dann wartet man einfach nur darauf, dass alles Wasser verdampft und zurück bleibt das Salz.“ Wer hätte gedacht, dass sie auf solche Art und Weise irgendwann mal etwas aus ihrem Chemieunterricht verwenden würde. „Das ist ja erstaunlich.“ Sayuri lächelte ironisch, damit sie nicht über ihre bewundernden Blicke lachen würde. „Wir müssen uns für den Fall einer Belagerung noch etwas wegen Tora überlegen. Sie wird nicht allein im Wald bleiben, aber im Falle wir müssen die Tore schließen weiß ich nicht wie lange sie still bleiben wird. Außerdem würde dann noch das Futterproblem für sie hinzu kommen.“

„Das wird kein Problem sein, es gibt einen geheimen Fluchtweg der etwa 2km Richtung Süden im Wald in einer Höhle seinen Ausgang findet. Es wäre vielleicht gar nicht so schlecht, wenn Tora sich dieses Gebiet zu Eigen macht. Unsere Gegner werden der Höhle fern bleiben wenn sie dort die Spuren eines Tigers ausmachen oder Tora sogar direkt dort antreffen. Allerdings solltest du die nächsten Tage und Wochen immer wieder mit ihr über diesen Weg aus der Stadt gehen damit sie sich daran gewöhnt und weiß wo sie hin muss.“ Das waren ja mal gute Nachrichten und eine sehr gute Lösung für ihr Problem. Doch was sie mehr erstaunte als der geheime Fluchtweg war wie viele Worte Mian gerade hinter einander gesprochen hatte. Wenn er nicht aufpasste würde er bald eine richtige Quasselstrippe werden. „Wir sollte jetzt zum Essen mit den anderen gehen sonst erregen wir zu viel Aufsehen.“ Fusu war ja lustig, als ob ihre Gruppe irgendwo hin konnte ohne Aufsehen zu erregen. Doch niemand sagte etwas sondern folgte stumm seiner Aufforderung. Sayuri nahm beim Essen bewusst den Platz zwischen Sheng und Bailong ein und nicht neben Fusu. Sie unterhielt sich leise mit ihnen und nahm so unauffällig wie möglich ihr Mahl zu sich. Von dem Wein ließ sie die Finger, sie hatte Alkohol noch nie gut vertragen. Nachdem sie fertig war saß sie noch eine Weile still da und beobachtete die Männer in diesem Raum. Sie hatten alle eine gewisse Ausstrahlung, manche umgab eine Aura von Autorität. Andere hatten etwas Erhabenes an sich. Manche waren einschüchtern und wieder andere hatten eine Unnahbarkeit an sich. Plötzlich begann Sayuris Herz zu rasen, sie spürte wie ihr Schweiß den Rücken hinab floss und sie hatte Probleme Luft zu bekommen. Sie stand abrupt auf. „Ich wünsche den Herren noch einen guten Abend.“ Sie nahm das letzte bisschen an Kraft, dass sie in sich hatte um auf den Ausgang zuzulaufen. Sie schaffte es nicht. Ihre Knie gaben nach und ihre Hände begannen zu zittern. Noch bevor sie auf dem Boden aufkam, hatte Bailong sie am Arm gepackt und dann auf seine Arme gehoben. Ihre Verbündeten kamen alle auf sie zu. „Ihr könnte Euch ruhig wieder setzen. Mir geht es gut, ich habe heute nur zu viel trainiert. Bitte genießt Eure Speisen weiter, mein Prinz.“ Zu Bailong flüsterte sich: „Bring mich schnell hier raus.“ Dann konnte sie nichts mehr sagen, sie hatte einfach keine Kraft mehr. Doch ihr Freund kam ihrer Aufforderung sofort nach und brachte sie in ihr Bett. Vorsichtig legte er sie ab und sah sie sorgenvoll an. „Du wurdest vergiftet, oder?“ Sie nickte schwach und schloss ihre Augen. „Ich hole einen Heiler.“ Sayuri öffnete die Augen und versuchte ihn zurück zu rufen, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht und brachte nur ein Stöhnen heraus. Bailong drehte sich sofort wieder zu ihr und war in zwei Schritten bei ihr. Er hockte sich vor das Bett und nahm ihre Hand in seine. Sayuri schüttelte langsam den Kopf. „Du möchtest keinen Heiler?“ Sie nickte. „Kann ich dir irgendwas bringen?“ Sie fasste sich an die Kehle und hoffte er würde sie verstehen. „Du möchtest etwas zu trinken?“ Sie nickte erleichtert auf. Bailong erhob sich und befüllte den Becher in ihrem Zimmer. Sofort schüttelte sie ihren Kopf. Sie sollte nichts trinken was in ihrem Zimmer war. „Du hast Recht. Ich werde schnell frisches Wasser holen. Ich bin gleich wieder da. Brauchst zu sonst noch was?“ Sie schüttelte den Kopf. Dann ging der Dieb hinaus um ihr zu Trinken zu holen. Kurze Zeit später ging ihre Tür wieder auf und sie öffnete ihre Augen um den Eindringling anzusehen. Komisch, sie hatte gar nicht bemerkt wie sie ihre Lider geschlossen hatte. Ihr war kalt und ihr ganzer Körper zitterte. Trotzdem lief ihr noch immer der Schweiß übers Gesicht und zwischen ihren Brüsten und ihrem Bauch entlang. Ihre Kehle war trocken als hätte sie seit Wochen nichts mehr getrunken und ihr Puls war so schnell, dass es sie nicht wundern würde wenn ihr Herz sich überschlagen würde. Sie versuchte ihre Beine zu bewegen doch sie gehorchten ihr nicht. Mit ihren Armen war es das Selbe, nur den Kopf konnte sie noch bewegen wie sie wollte. Dann blickte sie plötzlich in Shengs Gesicht, stimmt sie hatte ganz vergessen, dass jemand in ihr Zimmer gekommen war. Noch etwas auf ihrer Liste, sie konnte sich nicht konzentrieren. „Wie geht es dir?“ Sayuri schüttelte den Kopf. Bewegte sie sich wirklich so langsam oder kam es ihr nur so vor? „Kann ich etwas für dich tun?“ Wieder schüttelte sie den Kopf. „Wo ist denn Bailong?“ Sie konnte nicht antworten, doch das war auch gar nicht nötig, denn der Gefragte betrat gerade wieder ihr Zimmer. „Gut dass du da bist. Ich weiß nicht was ich machen soll. Sayuri möchte keine Heiler.“ Er kam mit dem Krug auf sie zu, goss etwas von der ersehnten Flüssigkeit in einen Becher und hob sie sacht in eine halb sitzende Position. Danach führte er den Becher an ihre Lippen und endlich spürte sie das Wasser in ihrem Mund. Sie konnte nur sehr langsam schlucken und mehr als die Hälfte lief ihr wieder aus dem Mund heraus und durchnässte sie noch mehr. „Tut mir leid.“ Jetzt goss er etwas langsamer und es ging auch nicht mehr so viel daneben. Sayuri trank den Becher aus und Bailong legte sie wieder vorsichtig hin. „Möchtest du noch mehr?“ Kopfschütteln. „Können wir noch etwas für dich tun?“ Jetzt nickte sie, doch sie wusste nicht wie sie ihnen mitteilen konnte was sie wollte. Auch war sie sich nicht sicher, ob sie so etwas überhaupt von ihnen verlangen konnte. „Schau auf das was du möchtest.“ Sayuri versuchte an sich hinab zu sehen. „Möchtest du eine Decke?“ Kopfschütteln. „Möchtest du, dass wir dich anders hinlegen?“ Wieder schüttelte sie nur den Kopf. Sheng begann über Bailongs hilflose Versuche zu lachen an. „Sollen wir deine Beine hochlegen?“ Wieder konnte sie nur den Kopf schütteln. Sheng sah ihr eindringlich in die Augen und sie hoffte wirklich, dass er sie verstehen könnte. Er beugte sich zu ihr und hockte sich vor sie hin. „Möchtest du dass ich dir die Kleidung ausziehen und dir den Schweiß abreibe?“ Bailong keuchte und sah seinen Freund böse an, doch Sayuri konnte nur nicken. Erstaunt sah Bailong sie an. „Wirklich?“ Sie nickte wieder. „Gut, Bailong, hol bitte frisches Wasser für die Waschschüssel und ich werde Sayuri schon mal von ihren Kleidern befreien. Ich habe sie schon einmal nackt gesehen, du kannst dir also sicher sein, dass sie bei mir in guten Händen ist.“ Bailong sagte nichts dazu und machte sich auf den Weg um erneut frisches Wasser zu holen. „Ich werde dir noch eine Decke besorgen mit der wir dich noch zusätzlich zudecken können. Du frierst bestimmt.“ Sie nickte wieder. „Dann werde ich eine aus dem Nebenzimmer holen, Mian wird bestimmt nichts dagegen haben.“ Dann ließ er sie allein und Sayuri versuchte wieder ihre Gliedmaßen zu bewegen, doch es hatte keinen Sinn. Sie konnte sie spüren, doch sie hatte einfach keine Kontrolle über sie, als ob die Impulse die ihr Gehirn aussenden würde nicht ankommen würden. Sheng kam wieder und legte die Decke auf das Ende des Bettes. „Ich werde mit deinem Oberkörper anfangen, ist das für dich in Ordnung?“ Sie nickte und er begann sie aus ihrem Hemd zu schälen, doch noch bevor er sie von dem Kleidungsstück befreien konnte wurde die Tür aufgestoßen und ein aufgewühlter Fusu betrat den Raum mit Mian und Tian auf den Fersen. „Was tust du denn hier?“ Die Wut war fast greifbar in Fusus Stimme. Langsam legte Sheng sie wieder hin und Sayuri hätte enttäuscht gestöhnt wenn sie gekonnt hätte. Sie wollte endlich aus dieser nassen Kleidung raus, dabei war es ihr egal wer sie gerade alles nackt sehen konnte. Sie fror erbärmlich und die Kälte würde nicht nachlassen solange sie nasse Sachen an hatte. „Ich wollte Sayuri gerade von ihrer nassen Kleidung befreien und ihr den Schweiß abwaschen wenn Bailong mit dem frischen Wasser zurück ist.“ Fusu stieß Sheng unsanft zur Seite, hockte sich vor ihr Bett und nahm ihre Hand in seine. „Wie geht es dir?“ Sie schüttelte den Kopf. „Sie kann nicht sprechen.“ Der Druck auf ihre Hand nahm zu und er sah sie entschuldigend an. „Kann ich etwas für dich tun?“ Sie nickte. „Wie kann ich dir helfen?“ Sie sah zu Sheng und Fusu folgte ihrem Blick, seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Möchtest du, dass Fusu für mich weiter macht? Dann werden wir anderen den Raum verlassen?“ Wieder nickte sie Sheng zu. „Sie muss aus ihrer Kleidung raus und vom Schweiß befreit werden. Ich habe schon eine zusätzliche Decke von Mian geholt um sie besser warm halten zu können.“ Sheng sah zu Mian. „Ich hoffe das war in Ordnung. Dein Zimmer ist am nächsten.“

„Selbstverständlich. Ich brauche nicht unbedingt eine Decke und hier wird sie gebraucht.“ Fusu sah sie wieder eindringlich an. „Möchtest du, dass alles was Sheng gesagt hat?“ Sie nickte ihm wieder zu. Fusu drehte sich zu den restlichen Männern in Raum um. „Würdet ihr bitte vor die Tür gehen? Bailong soll klopfen wenn er wieder kommt und ich hole das Wasser ab.“ Sofort wurden der Bitte nachgekommen. Fusu wartet bis die Tür ins Schloss fiel und begann dann damit ihren kraftlosen Körper aus ihren Hüllen zu schälen. Sayuri konnte sehen wie er ein paar Mal heftig schlucken musste, doch er riss sich zusammen und betrachtete sie nüchtern. Obwohl sie ihm ansehen konnte, dass es ihn Mühe kostete ihren Körper nicht genauer zu mustern. Ein Klopfen an der Tür lenkte seine Aufmerksamkeit ab. Schnell erhob er sich und nahm die Schüssel mit frischem Wasser entgegen. Wieder zurück bei ihr, begann er sie behutsam mit einem Nassen Lappen zu waschen. Sayuri hätte Seufzen können wenn ihr Hals nicht noch immer Stumm wäre. Als er mit ihrer Vorderseite fertig war, trocknete er sie mit einem neuen Tuch ab. Dann drehte er sie auf den Bauch und die ganze Prozedur begann von Neuem. Sayuri versuchte wach zu bleiben doch ihre Augen schlossen sich von selbst und sie versank in Dunkelheit. Sie erwachte in ihrem Traum erneut. Sie stand im Raum umgeben von dem mittlerweile wohlbekanntem Licht. Vor ihr war wieder der Mann und versuchte mit ihr zu reden. Doch wie immer verstand sie ihn nicht genau. „…trunken… unsch… üllung… Quelle… Un…erblichkeit…“ Diese Worte oder besser gesagt Wortfetzen wiederholte er immer wieder. Sayuri konnte sich nur noch immer keinen Reim auf dessen Bedeutung machen. Wenn sie raten müsste würde sie sagten er sagt, ertunken, dies würde Sinn machen, immerhin wäre sie fast im Meer ertrunken, dann Wunsch, Füllung, Quelle und Unsterblichkeit. Das mit der Quelle der Unsterblichkeit konnte sie sich noch erklären doch was für ein Wunsch und welche Füllung? Wunschfüllung? Das ergab einfach keinen Sinn. Der Mann wiederholte die Worte immer und immer wieder, doch mehr verstand sie einfach nicht. Dabei hatte sie das Gefühl, dass es wichtig für sie wäre zu erfahren was er ihr mitteilen wollte. Langsam verschwamm das Bild vor ihren Augen und Sayuri rechnete damit aufzuwachen, doch sie wurde in eine neue Vision gezogen. Doch es war anders als sonst, ihr wurden dieses mal keine Szenen gezeigt, sondern nur einzelne Bilder. Sayuri sah wie sie die Treppe hinunter fiel, als nächstes wurde sie von hinter von einem Schwert durchstochen, dann lag sie im Bett und ihr Zimmer war in Brandt, als nächstes wurde sie ertränkt. Dann waren die Bilder verschwunden und sie lag wieder in ihrem Bett. Fusu sah sie erleichtert an. „Du hast gequält ausgesehen, doch ich konnte dich nicht wecken.“ Sie versuchte zu antworten, doch nur ein Krächzen verließ ihren Mund. Immerhin hatte sie ihre Stimme wieder. Fusu stand auf und brachte ihr etwas Wasser, Sayuri nahm den Becher entgegen und stellte erfreut fest, dass ihr Körper ihr wieder gehorchte. Sie nahm vorsichtig kleine Schlücke und lächelte Fusu dankbar an. „Ich danke dir.“

„Wie fühlst du dich?“

„Mir geht es wieder gut. Mein Körper scheint das Gift schon abgebaut zu haben. Ich möchte gerne aus der Stadt verschwinden.“ Geschockt riss Fusu die Augen auf. „Wieso das denn?“ Sayuri legte ihm beruhigend die Hand auf die Wange. „Das erkläre ich später. Würdest du die anderen holen?“ Bevor er ging, lehnte sie sich zu ihm vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Er erwiderte ihre Liebkosung und ging dann hinaus. Sayuri stand schnell auf und zog sich Kleidung über. Letzte Nacht mochte es ihr egal gewesen sein wer sie nackt sah, doch sie musste sich ja nicht mit Absicht so präsentieren. Sie ließ sich auf einen Stuhl am Tisch fallen und dachte über ihre nächsten Schritte nach. Sie musste erst mal von den Menschen weg, die ihren Tod wollten. Sie konnte sich schon denken wer dafür verantwortlich war, doch sie konnte nichts dagegen unternehmen. Nach und nach kamen die Männer eingetrudelt und gesellten sich zu ihr. Alle schienen erleichtert zu sein, dass es ihr wieder gut ging. Als alle anwesend waren und sich zu ihr gesetzt hatten begann sie. „Ich werde die Stadt verlassen. Irgendjemanden trachtet mir nach dem Leben und ich habe nicht vor auf den nächsten Anschlag zu warten.“

„Denkst du sie könnten es irgendwie schaffen dir wirklich zu schaden? Ich hoffe du verstehst es nicht falsch, aber du bist doch so wie so unsterblich.“ Sie sah Bailong böse an. „Ich kann dich ja mal die Treppe hinunter stoßen oder dich mit einem Schwert durchbohren, dann wirst du ja sehen wie angenehm sich das anfühlt. Nur weil sie mich nicht töten können heißt dies nicht, dass ich keine Schmerzen fühlen kann. Außerdem sollte ich vermeiden, dass irgendjemand außerhalb dieses Zimmers von meiner Unsterblichkeit erfährt. Unsere Feinde könnten diese Tatsache gegen uns verwenden indem sie Gerüchte verbreiten, dass Fusu mit Dämonen gemeinsame Sache macht.“ Bailong hatte den Anstand zerknirscht auszusehen und Sayuri war zufrieden. „Sollten wir dann nicht lieber einfach den Täter ausmachen? Es besteht doch kein Grund für dich weg zu gehen.“

„Wir wissen alle, wer dafür verantwortlich ist. Es waren die Adligen, sie wollen mich aus dem Weg haben. Sie können damit leben wenn ein anderer ihres Standes in die Familie des Kaisers aufgenommen wird. Aber nicht, dass einem einfachen Mädchen, deren Hintergrund auch noch unbekannt ist, diese Ehre zu Teil wird. Als Fusu diesen Vorschlag machte, hatte er bestimmt nur das Beste im Sinn, doch er hat damit auch diese wichtigen Familien zu meinen persönlichen Feinden gemacht. Wir brauchen sie im kommenden Krieg, deswegen werde ich wieder mit Tora im Wald leben. So bin ich nicht mehr in ihrer Reichweite und trotzdem noch in der Nähe. Ich werde auch weiterhin mit allen auf dem Trainingsgelände sein. Zum einen um meinen Unterricht weiter zu führen, zum anderen um eine gute Beziehung zu den andern Generälen aufzubauen. Es könnte in Zukunft nur von Vorteil sein.“

„Dann bleib heute noch hier drinnen und verschwinde in der Nacht durch den geheimen Tunnel. Dann kennst du gleich den Weg und wir können uns zu Besprechungen am Eingang treffen. Und da der Tunnel in einer Höhle endet kannst du dort dein Lager aufbauen.“ Mian hatte wie immer gute Vorschläge wenn er den Mund aufmachte. Sayuri nickte ihm zu. Sie sah Fusu an und erkannte sofort, dass er mit dieser Entwicklung nicht zufrieden war. Das bestätigte er auch sofort. „Ich bin mit diesem Vorgehen nicht einverstanden, doch ich werde dich auch nicht aufhalten.“ Mehr sagte er nicht dazu. „Heute wird mein Training ausfallen müssen, aber morgen werde ich wieder dabei sein.“ Mian zeigte auf ihr Glücksrad. „Soll ich das Ding schon mitnehmen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, lass es erstmal hier liegen und bring es morgen mit zum Trainingsgelände. Ich werde es dann erklären.“ Es folgten noch ein paar Gespräche über die Verteidigung von Donghai und dann löste sich ihre Runde wieder auf.



Kapitel 11


Vier Monate waren seit Sayuris Vergiftung vergangen. Die Arbeiten an den Wehrtürmen würden in den nächsten Tagen beendet sein und die mobilen Treppen waren schon vor einem Monat fertig. Alles lief soweit nach Plan. Dutzende Fässer Öl lagerten unter der Stadt ohne das irgendjemand es mitbekommen hatte. Sayuri hatte die Förderung des Salzes Lining überlassen und sich an der Jagd beteiligt. Auch das Haltbarmachen hatte sie der älteren Dame überlassen. Sie selbst ging nur nachts in die Stadt und das immer durch den Tunnel. Ein paar Mal hatten einige Soldaten versucht sie im Wald ausfindig zu machen, doch sie konnte ihnen dank Toras Warnungen immer ausweichen. Tags über verbrachte sie mit den Männern auf dem Trainingsgelände. Sie waren sich alle einig, dass sie dort keine Angriffe zu befürchten hatte. Zumindest solange die alten Herren nicht die Geduld verloren. Vielleicht hatten sie aber auch schon aufgegeben und hofften einfach, dass sie im Kampf fallen würde. Dieser stand nun kurz bevor, denn vor zwei Wochen erreichte sie die Nachricht vom Tod des Kaisers. Zusammen mit der Verkündung, dass Qin Shi Huang seinen zweiten Sohn Ying Huhai zu seinem Nachfolger ernannt hatte und der Anschuldigung, dass Fusu den letzten Willen des Kaisers zum Trotz den Thron für sich beanspruchte und versucht haben soll seinem Bruder das Leben zu nehmen. Jetzt waren die Würfel gefallen und das Spiel begann. Fusu hatte seinen ersten Zug gemacht indem er seinen Posten an der Mauer verlassen hatte und Verbündete um sich gescharrt hatte. Jetzt haben Li Si und Zhao Gao ihren Zug getan, mit der Behauptung, dass Fusu ein Verräter war. Fusu muss sich nun dazu äußern und dann würden die wichtigen Familien und Soldaten ihre Entscheidung treffen müssen. Sie hatten einen kleinen Vorsprung da sie sich einen Teil der Generäle und Familie schon gesichert hatten, doch dies konnte sich jederzeit ändern. Gerade was die Adligen anging war Sayuri misstrauisch. Nicht weil sie ihr das Leben nehmen wollten, sondern weil sie nur an sich selbst dachten. Sie würden Fusu ohne mit der Wimper zu zucken verraten, wenn sie ein besseres Angebot bekommen würden. Zumindest hatten sie bis jetzt Wort gehalten und ihnen nach ihrer Abreise Soldaten geschickt. Die gesamte Stadt war voll von Kriegsdienern. Die Zivilisten waren wie von ihr vorgeschlagen nach und nach in andere Städte gebracht worden. Ihren Platz haben dann die von überall zuströmenden Soldaten eingenommen. Es war wirklich ein atemberaubender Anblick. Es mussten an die 100.000 Männer sein. Am Abend würde die erste Besprechung mit allen in der Stadt eingesetzten Generälen stattfinden. Die restlichen wurden auf die Städte die Fusu ihre Loyalität zugesichert hatten aufgeteilt. Sollte der Feind eine dieser Städte angreifen, wären sie darauf vorbereitet und würden lange genug stand halten bis ihre Verstärkung eintreffen würde. Sie hatte Nächte mit Tian verbracht um die Verteidigung der einzelnen Festungen zu besprechen. Sayuri wurde von Tora aus ihren Überlegungen gerissen. Sie sah zu ihr hinab und folgte ihrem Blick. Jemand schlich durch den Wald. Schnell versteckte sie sich hinter einem Baum und beobachtete die Person weiter. Langsam folgte sie ihr und hielt ihren Tiger zurück. Auf einer Lichtung blieb der Verdächtige stehen und zog seine Schwerter. Er begann sie in fließenden Bewegungen durch die Luft sausen zu lassen und vollführte einen beeindruckenden imaginären Kampf. Sayuri war wie gebannt, die Ausführung war so wunderschön, dass es sie eher an einen Tanz, als an einen Kampf erinnerte. Sie trat einen Schritt vor, trat unbedacht auf einen Zweig der laut unter ihren Füßen knackte und zog somit die Aufmerksamkeit des Trainierenden auf sich. „Verzeiht, ich wollte Euer Training nicht unterbrechen. Ich war nur so erstaunt von Eurer Fertigkeit, dass ich einfach Näher kommen musste. Würdet Ihr mir sagen von welcher Armee Ihr kommt? Wer ist Euer Offizier?“ Die Person schüttelte den Kopf und dabei verrutschte etwas das Tuch, dass sie um den Hals und das halbe Gesicht gezogen hatte. Vor ihr stand kein Mann sondern eine Frau. „Ich bin auch eine Frau und sogar eine direkte Untergebene des Prinzen. Ihr braucht Euch nicht zu fürchten. Ihr habt mein Wort.“ Wie sie es hasste so geschwollen reden zu müssen. Aber solange sie nicht wusste wen sie dort vor sich hatte konnte sie nichts tun. „Mein Name ist Meng Mi.“ Eine Verwandte von Tian? „Bist du als Soldatin hier?“ Sie begann bitter zu lachen. „Nein. Ich bin zur medizinischen Unterstützung angereist. Bitte sagt niemandem, dass Ihr mich hier gesehen habt. Sie würden mich auf der Stelle zurück zu meinem Vater schicken.“ Eine Ausreißerin? Sayuri hatte größten Respekt für diese Frau, die in dieser Zeit aufgewachsen war und trotzdem den Mut aufbrachte ihren eigenen Weg zu gehen. Doch sie konnte so etwas nicht einfach vor ihren Freunden verheimlichen, erst Recht nicht wenn sie wie vermutet zu Tians Familie gehören sollte. „Wieso bist du vor deiner Familie davon gelaufen?“ Sayuri sah sofort die Tränen in den Augen der Frau oder sollte sie besser Mädchen sagen? Sie war sich nicht sicher, da sie ihr Gesicht noch immer nicht richtig sehen konnte. „Mein Vater wollte mich an einen reichen Händler vermählen. Ich komme aus einer Kriegerfamilie und meine Brüder sind angesehne 5000-Mann Offiziere, ihnen fehlt nur noch ein Schritt zum General. Ich habe keinen Nutzen für die Familie, da Frauen nicht in den Kampf zogen. Also sollte ich als seine Frau an den Händler verkauft werden wie ein Stück Vieh. Ich hatte mich schon vor Jahren mit meinem Schicksal abgefunden, doch einen Mann zu heiraten der mehr als 40 Jahre älter ist als ich konnte ich nicht ertragen. Viele Männer haben um meine Hand gebeten, respektable Männer und Soldaten, doch der Geschäftsmann hatte am meisten Geboten und meinen Vater hatte nur das Geld interessiert.“ Sayuri spürte Wut in sich aufkommen, ob der Behandlung die Meng Mi zu Teil wurde. „Komm erst mal mit mir. Ich werde nach einer Lösung für dein Problem suchen. Du hast mein Wort, das ich dir helfen werde und du diesen Mann nicht heiraten musst. Zur Not werde ich gegen ganz China in den Kampf ziehen. Doch ich denke nicht, dass es soweit kommen wird.“ Das Mädchen folgte ihr stumm. Sayuri musste so wie so zum Training, also würde sie dort die Männer um Rat bitten. Tora hielt sich außer Sichtweite und Sayuri war dankbar dafür, wer wusste schon wie die junge Frau auf sie reagieren würde. Kurz bevor sie auf dem Gelände ankamen verlangsamten sich Mis Schritte. „Komm schon. Niemand wird dir etwas zu Leide tun.“ Als sie bei der Gruppe Männer ankamen, wurde ihre Begleitung interessiert gemustert. „Wen hast du uns mitgebracht?“ Sayuri drehte sich zu Mi um. „Nimm bitte den Schal ab.“ Sie kam ihrer Aufforderung zögernd nach und Sayuri hätte schreien können vor lachen, als sie Tians Gesichtsausdruck sah. Es war der pure Schock mit einer Prise von Horror. „Mi, was macht du denn hier?“ Sie erzählte ihm ihre Geschichte und sein Blick wurde liebevoll und mitfühlend. „Du kannst aber nicht hier bleiben. Diese Stadt könnte schon bald zu einem Schlachtfeld werden. Außerdem weiß ich nicht wie ich Onkel erklären soll, dass du hier bist und ich dich nicht zu ihm zurück schicke.“ Sayuri schnappte sich Tians Arm und er lag schon auf dem Boden noch bevor er blinzeln konnte. „Dies ist alles was du dazu zu sagen hast? Du würdest deine eigene Cousine irgendeinem alten Lustmolch überlassen nur weil er den richtigen Preis zahlt? Ich habe dich falsch eingeschätzt, oh großer General von Qin.“ Sie ließ seinen Arm angewidert los und drehte sich zu Mi. „Ich werde einen Weg finden damit dir dieses Schicksal erspart bleibt.“ Sie ging zu ihr und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter und drückte sie leicht. Tian war mittlerweile aufgestanden und sah sie wütend an. Dann machte er einen großen Fehler, er griff sie in seiner Wut unbedacht unbewaffnet an. Doch noch bevor er erneut auf dem Boden hätte landen können, wurde er von Bailong und Sheng aufgehalten. Sayuri sah ihn nun ihrerseits wütend an. „Ich kann nicht glauben, was du gerade vor hattest. Ich hätte gedacht du hättest dich besser im Griff. Unser Prinz braucht dich, was würde er wohl dazu sagen, dass du dich verletzt, weil du nicht nachdenkst?“ Sofort beruhigte sich Tian und sah zu Boden. „Ich bitte um Verzeihung.“ Das beruhigte ihr Gemüt kein bisschen. „Ich brauche deine Entschuldigung nicht. Was ich von dir brauche ist, dass du einen klaren Kopf behältst und mir dabei hilfst deine Cousine vor ihrem Vater zu retten.“ Sie atmete einmal tief durch. „Lasst uns mit dem Training beginnen, dann können wir beide unseren Frust abbauen.“ Sayuri ging zu ihrem Rad und drehte den Pfeil. Das Trainingsrad hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Nicht nur sie selbst nutze es, sondern auch andere Soldaten bedienten sich daran um so nach dem Zufallsprinzip ihre Übungen zu bestimmen. Der Pfeil hielt auf dem Fragezeichen. Sie sah zu Tian. „Na los, du bist mein erster Gegner heute.“ Er ging zu ihr und drehte den Pfeil, er hielt beim Schwert. Na klasse, schlechter hätte es für sie nicht kommen können. Er hatte seine beste Waffe zur Verfügung und konnte auch noch ihre bestimmen. „Womit soll ich kämpfen?“ Er gab ihr keine Antwort und reichte ihr stattdessen ihr Schwert. Sie begab sich in Position und der Kampf begann. Heute schonte er sie nicht und sie musste einige Verletzungen einstecken. Vielleicht hatte sie dies auch etwas verdient. Irgendwann erklärte Mian den Kampf für beendet und besah sich ihre Wunden. „Kannst du weiter machen?“ Sie nickte. Die Wunden waren nicht sehr tief und waren schon dabei sich vollständig zu verschließen. „Tian, dreh das Rad erneut.“ Er sah sie verwundert an, doch er tat ihr den Gefallen. Wieder kam der Pfeil beim Schwert zum stehen. „Wie machst du das nur?“ Sie sah Mi an. „Du wirst gegen ihn kämpfen. Halt dich nicht zurück.“ Tian wollte schon zu einer Widerrede ansetzen, doch Sayuri ließ ihn erst gar nicht zu Wort kommen. „Entweder dies oder ich benutze dich als Zielscheibe für meine nächsten Bogenübungen.“ Sofort schloss er den Mund und begab sich in Position, Mi hingegen schien etwas verunsichert. „Du schaffst das schon. Mach einfach das gleiche wie vorhin im Wald.“ Langsam zog sie ihre Schwerter und Tian bekam große Augen. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sie bewaffnet war. Sayuri schmunzelte in sich hinein. Eigentlich war sie etwas unfair, denn sie hatte diesen Kampf nur forciert, weil sie Mis Kampfkunst testen wollte. Vorher im Wald war sie von ihren Bewegungen wahrhaft verzaubert worden, doch würde sie auch einem richtigen Kampf stand halten? „Fangt an.“ Und schon begann das Spiel, anders konnte man es nicht bezeichnen. Mi spielte gerade zu mit ihrem Cousin. Er schaffte es nicht seine kraftvollen Schwünge gut zu platzieren und Mi wich ihnen mit ihrer Schnelligkeit auch spielend leicht aus. Sie selbst hatte dafür immer wieder die Möglichkeit für einen gut platzierten Angriff, doch nahm sie diese nie wahr. Nach kurzer Zeit beendete Sayuri die Übung wieder. „Halt. Mi, du hattest viele Möglichkeiten den Sieg zu erringen, wieso hast du sie nicht genutzt?“ Das Mädchen zuckte nur mit den Schultern. „Sie hatte Angst mich ernsthaft zu verletzen. Mi ich hatte keine Ahnung, dass du im Schwert ausgebildet wurdest.“ Sie sah ihren Verwandten mit großen Augen an und schüttelte den Kopf. „Niemand hat mich ausgebildet. Ich bin nur eine Frau. Doch ich habe die Männer immer bei ihrem Training beobachtet und wurde neugierig, also übte ich heimlich allein.“ Sie hatte diese Kunst ganz allein entwickelt? Der Respekt für diese Frau stieg weiter an. „Mi, ich muss dich das jetzt fragen. Konntest du gerade nicht ernst machen weil das hier Training ist und du Tian nicht verwunden wolltest oder erschreckt dich die Vorstellung jemanden töten zu müssen?“ Sie selbst hatte noch immer Angst davor, doch sie war sich mittlerweile sicher, dass sie es konnte, wenn es darauf ankam. „Ich habe auf meinem Weg hier her, gegen einige Banditen gekämpft, dort hatte ich keine Probleme, sie zu verletzen, aber ich weiß nicht ob ich einen von ihnen tödlich verletzt habe. Als ich meine Chance zur Flucht sah bin ich weggerannt.“ Das reichte. „Dann wirst du ab jetzt unter meinem Kommando stehen. Tian wird mit deinem Vater verhandeln und ihm mehr bieten als dieser Kaufmann. Du wirst offiziell meine Dienerin werden, doch ich habe nicht vor dein Talent an solchen Aufgaben zu verschwenden, außerdem kann ich mich gut um mich selbst kümmern.“ Sie sah Tian an. „Würdest du mir den Gefallen tun?“ Er nickte vorsichtig doch man sah ihm seine Zweifel an. „Wie willst du denn bezahlen? Wir können für so was kein Geld aufbringen?“

„Wie viele Säcke Salz kann eine Frau schon wert sein?“ Verstehen tauchte in Tians Augen auf. „Das sollte funktionieren.“ Sofort drehte er sich um und verschwand. Er würde einen Vogel zu seinem Onkel schicken und ihm unser Angebot unterbreiten. Sayuri hoffte inständig, dass er darauf einging. Sie konnten es sich nicht leisten eine solch einflussreiche Familie gegen sich aufzubringen. Sie drehte sich zum Rest und sah sie auffordernd an. „Also wer ist der Nächste? Mi muss auch trainiert werden, sie mag hervorragend mit den Doppelschwertern sein, doch ihr mangelt es an Ausdauer. Sie muss in der Lage sein über Stunden kämpfen zu können. Und da ich auch noch Training brauche bedeutet dies weniger Pausen für euch.“ Mian, Sheng und Bailong sahen nicht im Mindesten beeindruckt aus. Mi bedankte sich noch bei ihr, doch dann begannen sie ernsthaft mit dem Unterricht und Training.

Es war Abend und Sayuri war mit Mi im Schlepptau auf dem Weg zur Besprechung mit den Generälen. „Bleib immer hinter mir stehen und sag nur etwas wenn du gefragt wirst. Behalte aber alles immer stets im Auge, nicht alle sind glücklich darüber, dass eine Frau sich das Vertrauen des Prinzen sichern konnte und Anerkennung bekommt. Achte auf jedes Anzeichen für Hinterlist.“ Mi nickte zur Antwort und mehr brauchte Sayuri auch nicht. Sie betrat den Raum und nahm zwischen Sheng und Bailong platz. Sie saßen am Ende des Tisches, denn obwohl sie die Erlaubnis hatten, an der Besprechung Teil zu nehmen waren sie doch keine Generäle und hatte nicht wirklich etwas zu sagen. Sie wurde von vielen abschätzig gemustert, aber nicht von allen, einige kannte sie schon und sie hatten sich an ihre Anwesenheit gewöhnt und ihr Talent mit dem Bogen anerkannt. Sheng beugte sich zu ihr. „Denkst du es war klug, Mi mit her zu bringen?“ Sie sah über ihre Schulter zu der Frau, die nun irgendwie zu ihr gehörte. Sie sah ziemlich eingeschüchtert aus. „Sie muss sich an diese Männer gewöhnen, wenn sie mit uns kämpfen möchte. Außerdem denke ich, sie ist härter im Nehmen als wir ihr zugestehen.“ Sheng musterte Mi nochmals skeptisch, doch dann zuckte er mit den Schultern. Sie sah zu Bailong, doch dieser war damit beschäftigt die Generäle zu beobachten. Sie tat es ihm gleich und sah sich jeden von ihnen genau an. Dann betrat auch schon Fusu, gefolgt von Tian und Mian den Raum. Alle erhoben sich und senkten ihr Haupt. Sayuri nicht, es war ihr egal was die Männer in diesem Raum von ihr dachten, doch Fusu war nicht ihr Prinz. Sie kam ja nicht mal aus China, geschweige denn aus dieser Zeit. Fusu sah sie kurz an, der Zug um seinen Mund war verhärtet und seine Augen strahlten Ärger aus. Irgendetwas hatte sich verändert. Er nahm Platz und alle setzten sich auf sein Zeichen hin. „Ich möchte mich nicht lange mit irgendwelchen Begrüßungen aufhalten. Huhai hat sich vor 4 Tagen zum Keiser krönen lassen, dies tat er ohne vorherige Ankündigung vor den Augen der gesamten Hauptstadt. Außerdem ließ er verkünden, dass ich ein Verräter sei und er wenn ich mich nicht ergebe, notfalls gegen mich in den Krieg zieht.“ Das ging wirklich schnell. Sayuri hatte gedacht, dass Huhai sich als erstes dem Problem mit seinem Bruder widmen würde. Doch nun hatte er die gesamte Handhabe eines Kaisers und machte jeden General, Soldaten und Bürger zum Verräter, wenn sie sich hinter Fusu stellten. Das war wirklich ein Problem. Sie könnten einige ihrer Unterstützer verlieren. „Des Weiteren erreichte mich ein Bericht, dass seine Armee direkt nach der Krönung die Hauptstadt in unsere Richtung verlassen hatte.“ Na wenn es dick kam, dann gleich richtig. Es lagen etwa 800km zwischen ihnen und Xianyang. „Unser bleiben noch 4 bis 5 Tage, wenn sie schnell marschieren, dann sogar nur 3.“

„Wie viele Soldaten?“

„200.000 Mann.“ Das doppelte von dem was sie hier hatten, doch da sie die Stadt nur verteidigen mussten, war dieses Verhältnis nicht zu schlimm. Die Frage war nun, wie gut die Strategen und Generäle auf ihrer Seite waren. Sayuri wusste, es war unklug sich jetzt einzumischen, aber es gab noch einige Dinge die sie vor dem Angriff erledigen musste. Sie wollte gerade ansetzen, als Sheng sie am Arm fasst und leicht den Kopf schüttelte. Sie riss sich zusammen und hörte weiter zu. Tian breitete mal wieder eine Karte von der Stadt aus, doch dieses Mal war sie viel größer. „Wir haben hier 10 Generäle, je zwei werden sich auf den Wehrtürmen befinden. Mian und ich werden beim Prinzen bleiben und notfalls ins Geschehen eingreifen. Ich werde der Oberbefehlshaber sein. Lan wird als Verwalter dieser Stadt mein Stellvertreter sein.“

„Wo wird sich Sayuri befinden? Wurde sie schon einer Einheit zugeteilt?“

„Nein, Sayuri wird mit uns zurück bleiben und zur Not den Prinzen bewachen.“ Sayuri erdolchte Tian mit ihren Blicken. Das konnte unmöglich sein Ernst sein. „Ich denke nicht, dass wir auf ihren Bogen an der Front verzichten sollten.“ Sie konnte nur mit Mühe ein Nicken unterdrücken. Natürlich war sie nicht scharf darauf in die Schlacht zu ziehen, doch sie würde sich auch nicht verstecken. Mian und Tian mussten zurück bleiben um das Schlachtfeld im Auge zu behalten und gegebenenfalls Soldaten zu manövrieren, doch dafür wurde sie nicht gebraucht. Sie hatte für so etwas kein Auge, dafür fehlte ihr einfach die Erfahrung. „Ich brauche ihr taktisches Auge im Hauptquartier. Wenn der Kampf begonnen hat und die Lage es erlaubt werde ich sie dort hinschicken wo sie gebraucht wird oder von Nutzen ist.“ Sie entspannte sich etwas, damit konnte sie leben. „Wie sollte eine Frau auf dem Schlachtfeld schon von Nutzen sein?“ Ein paar hämische Sprüche folgten doch ihnen wurde keine Beachtung geschenkt. Tian fuhr mit der Besprechung nach dieser kurzen Unterbrechung einfach fort und erklärte den Verteidigungsplan. So vergingen die Stunden indem die Männer immer und immer wieder das Gleiche sagten. Als die Versammlung sich auflöste, atmete Sayuri erleichtert auf. Sheng, Bailong und sie gingen zu den Männern am anderen Ende des Tisches. Mi folgte ihr wie ein Schatten. „Tian, kann Mi mit in deinen Räumen übernachten? Ich will sie nicht allein lassen, ich traue den Soldaten nicht genug um sie allein zu lassen. Ich will sie aber auch nicht mit mir in den Wald nehmen.“ Tian nickte zur Bestätigung. Gut ein Problem geklärt. „Du wirst ab jetzt auch nicht mehr im Wald schlafen.“ Alle sahen Fusu verwundert an. „Dort draußen ist es mittlerweile gefährlicher als hier drinnen. Außerdem denke ich, dass nun wo diese alten Greise weg sind und der Feind immer näher kommt, dich die Attentäter in Ruhe lassen werden.“ Wäre möglich, doch sie würde ihre Hand dafür nicht ins Feuer legen. Aber sie verstand ihn auch, es gab für eine Frau schlimmeres als den Tod. Sollte sie in die Hände des Feindes geraten, würden sie ihr nicht das Leben nehmen. Nein, sie würden sie gefangen nehmen und ihren Soldaten zur Aufmunterung überlassen. Oder im besten Fall würde sie die persönliche Gespielin eines Offiziers oder Generals werden. Sayuri schüttelte sich bei diesem Gedanken. „In Ordnung, ich komme zurück in die Stadt.“ Fusu sah zufrieden aus. „Ich möchte morgen gerne einen Test mit den Bogenschützen machen. Ich möchte, dass die 100 Besten heraus gesucht werden und im Abstand von 20 Metern auf den Mauern verteilt werden. Ihnen sollte dann auch ein Schildträger zur Verfügung gestellt werden.“ Sie wurde fragend angesehen und manchmal fragte sie sich ob der logische Menschenverstand erst mit der Zeit gekommen war. „Diese Bogenschützen können sich auf bestimmte Punkte konzentrieren. Zum Beispiel auf eine Leiter, auf der die Soldaten schon fast die Mauer erreicht haben. Die anderen Bogenschützen brauchen, ja nicht wirklich Talent um bei einer Belagerung jemanden zu treffen, doch wenn wir zwischen sie ein paar Meister verstecken kann das schon einen Unterschied machen.“

„Gut, dann übernimm das morgen Früh gleich.“ Sofort schüttelte sie den Kopf. „Dieser Vorschlag muss von dir oder Mian kommen. Du hast die Reaktionen der meisten Generäle auf mich gesehen. Was denkst du wie sie reagieren, wenn ich ihnen sage, dass ich ihnen vielleicht ihre Bogenschützen stehle?“

„Gut, dann kümmert sich Mian darum. Ich habe morgen früh genug mit der Verteilung der Waffen in der Stadt zu tun.“

„Ich mach es, aber Sayuri, du wirst mit dabei sein.“ Das hatte sie so oder so vor gehabt. Als ob sie die wirkliche Bewertung der Bogenschützen jemand anderem überlassen würde. „Kein Problem, es wird auch nicht all zu lange dauern. Jeder soll zehn Schüsse abgeben, wer alle trifft ist weiter. Die die nur acht oder neun Mal getroffen haben sollten unter mein Kommando gestellt werden. Ich brauche mindestens 300 Mann, die gut mit dem Bogen sind.“

„Wofür denn?“

„Für Überraschungsangriffe aus dem Hinterhalt. Denkt ihr etwa, ein Fluchttunnel von dem niemand etwas weiß ist nur für die Flucht geeignet? Er ist auch gut dafür seine Truppen im Rücken des Angreifers zu positionieren.“ Sie wurde sowohl erstaunt als auch geschockt angesehen. Wie sie schon dachte, irgendwie war der logische Menschenverstand erst später gekommen. Dabei war es eine der ältesten Kriegstaktiken, seinen Feind aus dem Hinterhalt zu schwächen. „Wenn ihr erst entdeckt werdet und sie euch in die Höhle flüchten sehen, dann werden sie den Tunnel finden und uns von innen heraus angreifen können.“

„Glaubst du wirklich ich würde das zulassen? Der Tunnel ist sehr weit von der Waldgrenze entfernt, wenn wir nicht viele sind werden wir einfach im Wald verschwinden können. Sollte ich mir nicht sicher sein, dass wir unbeobachtet sind, dann werden wir uns so lange zurück ziehen bis es ungefährlich ist. Und vergiss Tora nicht, sie kann uns immer sagen wenn Feinde in der Nähe sind. Der Wald ist so dicht, dass eine Entdeckung fast ausgeschlossen ist.“

„Lass uns zu einem späteren Zeitpunkt noch mal darüber reden. Wenn der Kampf begonnen hat und wir genau wissen mit wem wir es zu tun haben, entwickeln wir zusammen einen Plan.“

„Verstanden. Habt ihr denn noch keine Idee wer der Oberbefehlshaber der Truppen ist?“

„Wir kennen die Namen der Generäle die aus der Hauptstadt aufgebrochen sind, aber nicht wer den Oberbefehl hat.“

„Es muss jemand sein, dem Li Si und Zhao Gao vollkommen vertrauen können.“ Tian sah etwas bedrückt aus. „Mein Vater ist unter den Generälen, er hatte schon in der Vergangenheit mit Li Si gemeinsame Sache gemacht. Er ist hoch angesehen, hat viele Schlachten gewonnen und die Fähigkeit eine so große Armee zu führen.“ Es war also wahrscheinlich, dass dieser Kampf ein Messen von Vater und Sohn werden würde. Kaum auszudenken wie Tian sich dabei fühlen musste. „Sollte er die Führung haben wird es kein leichter Kampf.“ Dies glaubten ihm alle, immerhin gab es wohl niemanden, der ihn besser kannte als sein eigener Sohn. „Lasst uns auf eine Bestätigung warten. Wenn wir uns zu sehr auf Tians Vater versteifen, könnten wir wichtige Einzelheiten übersehen. Wir sollten jetzt schlafen gehen und morgen frisch und munter mit den Vorbereitungen beginnen. Wir haben nicht viel Zeit und können uns keine Fehler erlauben.“ Alle stimmten ihr zu und begaben sich in ihre Gemächer. Auch Sayuri ging in ihr Zimmer, doch sie fühlte sich nicht mehr wohl in diesem Raum, indem sie zuvor so hilflos und schmerzvoll gelegen hatte. Kurze Zeit später trat Fusu ein und sah sie liebevoll an. Sogleich entspannte sie sich etwas. „Ich würde die Nacht gern bei dir verbringen.“ Sie nickte und legte sich ins Bett, sie sah ihn auffordernd an und er folgte ihr. Sayuri wurde in Fusus starken Arme gezogen und seufzte zufrieden. „Du musst in diesem Krieg gut auf dich acht geben.“ Sie kicherte leise. „Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Achte lieber auf dein Wohlergehen. Noch können wir nicht ausschließen, dass es Verräter unter unseren Leuten gibt. Bleib also immer in Tians und Mians Nähe.“ Er zog sie fester an sich. „Hältst du mich für einen so schwachen Mann? Denkst du ich kann mich nicht selbst verteidigen?“ Das hatte sie damit nicht sagen wollen. „Nein, du bist ein starker Mann und ich bin davon überzeugt, dass du eines Tages in nicht all zu ferner Zukunft einen wunderbaren Kaiser abgeben wirst, doch dafür müssen wir diesen Krieg gewinnen und du musst überleben. Dabei spielt es keine Rolle welche Opfer du dafür bringen musst. Zögere nicht, einen von uns für deine Zwecke zu benutzen. Wir alle würden für dich in den Tod gehen.“ Er küsste ihren Kopf und streichelte ihren Arm entlang. „Ich werde keinen von euch aufgeben. Wieso sollten eure Leben weniger Wert sein als meines? Manchmal nachts liege ich wach und beginne an unserem Vorhaben zu zweifeln. Wieso müssen so viele Menschen für mich sterben? Nur damit ich Kaiser werden kann? Damit ich weiter leben kann? Ist das allein wirklich Grund genug so viele in den Tod zu schicken?“

„Zweifel nicht. Niemals. Du darfst solche Gedanken nicht zulassen. Sollten sie doch wieder kommen, dann komm zu mir und ich werde dir den Kopf wieder zu Recht rücken. Vergiss nicht, dass dein Bruder das Land nicht führen kann. Eine Revolution wird die Folge unseres Versagens seins. China wird wieder geteilt und all die Kriege werden wieder von vorn beginnen. Dein Vater mag nicht immer gute Entscheidungen getroffen haben, doch die Vereinigung des Reiches der Mitte war eine. Du musst sein Werk fortführen und das Land stabilisieren, dass ist deine Aufgabe als sein Nachfolger.“

„Verstanden. Doch ich werde dich nicht gehen lassen oder aufgeben. Ich kann dieser Aufgabe nur mit dir an meiner Seite gerecht werden.“

„In Ordnung, ich werde bei dir bleiben, solange du mich brauchst.“

„Sing mir ein Lied vor.“


You're alone, you're on your own, so what? Have you gone blind?

Have you forgotten what you have and what is yours?

Glass half empty, glass half full

Well either way you won't be going thirsty

Count your blessings not your flaws


You've got it all

You lost your mind in the sound

There's so much more

You can reclaim your crown

You're in control

Rid of the monsters inside your head

Put all your faults to bed

You can be king again


You don't get what all this is about

You're too wrapped up in your self doubt

You've got that young blood, set it free


You've got it all

You lost your mind in the sound

There's so much more

You can reclaim your crown

You're in control

Rid of the monsters inside your head

Put all your faults to bed

You can be king


There's method in my madness

There's no logic in your sadness

You don't gain a single thing from misery

Take it from me


You've got it all

You lost your mind in the sound

There's so much more

You can reclaim your crown

You're in control

Rid of the monsters inside your head

Put all your faults to bed

You can be king


You've got it all

You lost your mind in the sound

There's so much more

You can reclaim your crown

You're in control

Rid of the monsters inside your head

Put all your faults to bed

You can be king again


Passendes Lied für diese Situation wie sie fand. Und auch wenn Fusu es nicht verstand, so würde er die Gefühle die sie ihm mit diesem Lied vermitteln wollte sehr wohl verstehen, da war sie sich sicher. Als sie geendet hatte zog er sie auf sich und küsste sie schon beinahe verzweifelt. „Ich danke dir. Ohne dich würde ich diese ganze Situation nicht ertragen.“ Sie sah ihm tief in die Augen und strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. „Du würdest es auch ohne meine Hilfe schaffen, du hast immer noch Tian und Mian an deiner Seite und auch Sheng und Bailong stehen fest hinter dir. Ich bin nur ein guter Zusatz.“ Er schüttelte den Kopf. „Ohne dich wäre ich wohl schon nicht mehr am Leben und Tian bestimmt auch nicht. Du hast unser Leben gerettet und du versuchst noch immer so viele mehr zu retten. Du bist ein wirklich ganz besonderer Mensch und ich fühle mich egoistisch, weil ich mir wünsche, dass du bei mir bleibst. Hier in dieser Zeit mit all dem Krieg und den Intrigen. Doch obwohl ich ganz genau weiß wie egoistisch es ist, ich wünsche mir nichts mehr, als dass du dich für mich entscheidest und damit automatisch deine Zeit und Familie aufgibst.“ Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass sie ihre Entscheidung schon vor langer Zeit getroffen hatte, doch dies ging nicht. Wenn sie später verschwinden musste, würde er sie nicht aufgeben, wenn er wissen würde, dass sie noch in dieser Zeit lebte. „Ich habe doch schon gesagt, dass ich bei dir bleiben werde solange du mich brauchst, also mach dir keine Gedanken um solche Dinge. Wir sollten jetzt schlafen um morgen ausgeruht zu sein.“ Sie küsste ihn noch mal und legte sich dann wieder neben ihn. „Gute Nacht.“ Sie wünschte ihm auch noch eine geruhsame Nacht und dann schliefen sie in den Armen des anderen ein.



Kapitel 12


Der Test für die Bogenschützen war erfolgreicher als Sayuri angenommen hatte. Andererseits hatte sie auch keine Vorstellung davon wie viele ausgebildete Bogenschützen sich in einer Armee die 100.000 Mann stark war befanden. Bestimmt 10.000 Mann mussten den Test machen und es dauerte wesentlich länger als anfangs gedacht. Zum Glück hatte sie Sheng und Bailong, die auf Wunsch von Fusu ihre Laibwächter waren, zur Hilfe. Auch Mi erleichterte ihre Arbeit und langsam schien sie sich auch an den Umgang mit den Soldaten zu gewöhnen. Sie hatten 673 Schützen, die mit allen zehn Pfeilen getroffen hatten. Sie konnte sie nun enger auf der Mauer aufstellen, doch das vergrößerte die Wahrscheinlichkeit, dass sie ins Visier gerieten und schnell fallen würden. Dies wäre also keine weise Entscheidung. Am sinnvollsten würden sie sie in Reserve halten. Darüber sprach sie gerade mit den Männern und Mi, als sie ein kribbeln in ihrem Nacken spürte. Sie sah sich um, doch sie konnte keine Gefahr ausmachen. Aber das Gefühl blieb, als ob sie beobachtet werden würde. Sayuri schnappte sich ihren Bogen und sah sich nochmals genau um. Dabei ließ sie ihren Blick besonders aufmerksam über den Waldrand schweifen. Tora neben ihr knurrte leise. Sie folgte ihrem Blick und konnte endlich die Beobachter ausmachen. Drei Männer befanden sich versteckt im Dickicht. Sie dreht sich wieder zu den Männern. „Wie wahrscheinlich ist es, dass uns jetzt jemand beim Training zusieht und er gute Absichten hat?“ Die Männer sahen sofort Richtung Wald und Sayuri wollte aufstöhnen. „Konzentriert euch mal. Wollte ihr ihnen unbedingt sagen, dass sie entdeckt worden?“ Augenblicklich rissen sie sich wieder zusammen. „Das können nur Späher sein.“ Sayuri atmete tief durch. Erhob ihren Bogen, legte den Pfeil an, drehte sich um und schoss. Sofort folgte ein zweiter Pfeil. Zwei waren tot. Dem Dritten schoss sie ins Bein. „Zwei sind tot. Dem letzten habe ich ins Bein geschossen. Jemand sollte ihn gefangen nehmen bevor er entkommt, vielleicht hat er Informationen für uns.“ Dann ging sie weg. Ihr war unheimlich schlecht. Klar, sie wusste, dass der Tag kommen würde an dem sie jemanden töten musste, doch trotzdem erwischten sie ihre Gefühle nun unerwartet. Denn was sie wirklich schockte war, dass sie nicht mal gezögert hatte zu schießen. Es war als hätte sie das schon tausend mal gemacht und es wäre etwas Alltägliches für sie. „Du hast mit diesen Schüssen sehr wahrscheinlich mehr Leben gerettet als genommen.“ Dies brauchte Bailong ihr nicht sagen. Sie wusste es, doch ihre Gefühle interessierten sich nicht für diese Logik. „Mir geht es gut. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen.“ Sie würde sich nicht schuldig fühlen, sie weigerte sich ganz einfach. Sie hatte genau richtig gehandelt.

„Habt ihr etwas von dem Späher erfahren?“ Sie saßen am Abend alle gemeinsam in Sayuris Zimmer und besprachen die Ereignisse und Fortschritte des Tages. „Nicht wirklich viel. Allerdings wissen wir jetzt, dass es wirklich Tians Vater ist, der Oberbefehlshaber ist.“ So ein Mist, Sayuri hatte sich wirklich gewünscht, es würde nicht so weit kommen. „Sonst nichts weiter?“ Sheng schüttelte den Kopf. Dann berichtete Tian wie die Vorbereitungen liefen und Sayuri war erstaunt wie viel sie an einem Tag schon geschafft hatten. Immerhin waren nun schon alle Aufgänge zu den Mauern vernichtet. Sie hatten davor schon abgemacht, dies erst zu machen wenn sie kurz vor der Belagerung standen, damit von ihrem Plan nichts nach außen drang. „Ich muss das jetzt fragen. Was passiert wenn wir Meng Wu töten? Wie sieht es mit den andern Generälen aus? Besteht die Möglichkeit, dass sie aufgeben? Könnte einer von ihnen den Angriff weiterführen?“ Danach mussten sie immerhin ihre Strategie planen. „Es sind fünf weitere Generäle dabei ohne meinen Vater mitgerechnet. Jeder von ihnen könnte übernehmen und den Angriff auf die Stadt fortsetzen. Allerdings haben sie keine Erfahrung damit eine so große Armee zu führen, dass könnte für uns zum Vorteil werden und uns Öffnungen bieten, die wir nutzen müssen. Keiner von ihnen wird zu uns überwechseln. Sie stehen entweder fest hinter Li Si oder Zhao Gao.“

„Das heißt, alle sechs müssen sterben, damit wir siegen. Richtig?“

„Nicht unbedingt, sie könnten sich immer noch zurück ziehen, neu formieren und erneut angreifen. Sie könnten auch dazu übergehen andere Städte anzugreifen um unsere Moral zu schwächen oder uns aus der Festung zu locken.“ Sayuri fiel wieder ihr Traum ein, wie sie vor ihrem Heer eine Ansprache hielt. Die logische Schlussfolgerung wäre wohl, dass sie diesen Kampf bei Donghai gewinnen würde, der Krieg damit aber noch nicht vorbei wäre. Wieder wusste sie nicht, ob sie etwas sagen sollte, oder besser den Mund hielt.

Drei Tage waren nun vergangen und die Anspannung in der Stadt war mittlerweile mit den Händen greifbar. Sayuri lag mit Fusu im Bett und wünschte sich hier einfach mit ihm liegen bleiben zu können. „Die Späher haben die Meng Wu Armee ausgemacht. Sie sollten gegen Mittag die Stadt erreichen.“ Und schon war es aus mit ihrem Wunschdenken. „Dann sollten wir aufstehen und uns vorbereiten. Ich muss meine Kleidung noch etwas umnähen.“ Plötzlich lag Fusu über ihr. „Ich möchte noch etwas die Zeit mit dir genießen, bevor ich wieder Prinz sein muss.“ Er beugte sich herunter und küsste sie. Erst leicht, dann immer drängender. Als seine Zunge über ihre Unterlippe fuhr öffnete sie nur zu bereitwillig ihren Mund für ihn. Er drang in ihren Mund ein und massierte ihre Zunge mit seiner. Sayuri vergaß alles und gab sich ihm ganz hin. Als ihnen die Luft knapp wurde trennten sie sich und sahen sich in die Augen. „Ich liebe dich.“ Sayuri blieb die so dringend benötigte Luft weg. Noch nie hatte er ihr so direkt seine Gefühle mitgeteilt. Ihre Hand fuhr durch sein Haar und sie zog ihn erneut zu sich hinab. Sie küsste ihn kurz und sah ihn dann liebevoll an. „Ich liebe dich auch.“ Es war ein so schöner, ja fast magischer, Moment. Zumindest hätte er das sein können, wenn in diesem Moment nicht ihre Tür geöffnet würde und Tian eintrat. Als er sie sah, blickte er sofort beschämt fort, immerhin etwas. „Was gibt es Tian?“ Fusu rollte sich von ihr und stand in einer fließenden Bewegung auf. Sie tat es ihm gleich obwohl sie wahrscheinlich nicht so gut dabei aussah. „Die Besprechung der Generäle beginnt gleich und ich wollte euch abholen.“ Sayuri wusch sich schnell das Gesicht und ging dann zu Sheng und Bailong die vor der Tür auf sie warteten. „Lasst uns gehen.“ Mi folgte ihnen wie immer wie ein Schatten.

Die Besprechung war schnell erledigt und alle begaben sich auf ihre Posten. Doch nichts geschah. Okay, das war nicht ganz richtig. Die Armee von Meng Wu kam bei der Stadt an und bezog Lager davor. Doch sie griffen nicht an. Sie warteten und warteten, aber es gab keine Anzeichen für einen Angriff. Sayuri schmiss ihren Becher durch den Raum. „Verdammt.“ Fusu kam zu ihr und zog sie in die Arme. „Beruhige dich.“ Sie wusste das, doch diese ganze Anspannung in der Stadt hatte auch vor ihr keinen Halt gemacht. Sie war so was eben nicht gewöhnt. „Tut mir leid, du hast Recht.“ Sie schmiegte sich an ihn und sog seinen Geruch in sich auf. Das konnte sie wenigstens etwas beruhigen. „Sie sind so schnell hier gewesen, ich denke sie hatten von Anfang an nicht vor sofort mit der Belagerung zu beginnen. Die Soldaten sind erschöpft und können eine Pause gut gebrauchen.“ Sie brauchte keine Erklärung für das Vorgehen von seinem Vater. „Verstanden. Wir sollten trotzdem die Wachen erhöhen, falls sie uns bei Nacht überraschen wollen.“ Tian nickte und gab die Befehle weiter. Sayuri würde bestimmt die ganze Nacht nicht schlafen können und sie wusste, dass es vielen Soldaten wie ihr ergehen würde. Das bedeutete, dass Meng Wus Soldaten am Morgen ausgeruht waren, ihre dafür übermüdet und ihre Moral wird irgendwo im Keller sein. Sie sah zu Fusu auf, er hatte Charisma. „Du wirst morgen früh eine Ansprache halten.“ Alle sahen sie verwundert an. „Nach dieser Nacht wird die Moral der Soldaten nicht sehr hoch sein. Jemand muss sie also motivieren. Sie müssen wissen wofür sie kämpfen und vielleicht sterben werden. Zeig ihnen, dass du es Wert bist.“ Die Männer sahen Fusu an und nickten zustimmend. „Das ist eine gute Idee.“ Fusu sah etwas zweifelnd aus, doch auch er nickte langsam. „Denk gut über deine Ansprache nach, sie könnte entscheidend für den Ausgang des ersten Tages sein.“ Druck mochte zwar nicht unbedingt das Beste sein, doch Sayuri war sich sicher, dass Fusu es schaffen würde.

Fusu ließ die Soldaten noch vor Sonnenaufgang an den Mauern antreten. Er würde seine Ansprache vier Mal halten müssen, da die Stadt keinen Platz für 100.000 Mann auf einem Haufen bot. Er wurde wie immer von Tian, Mian, Sheng, Bailong und natürlich Sayuri begleitet. Nun stand er vor der Nordmauer und 25.000 Männer sahen ihm entgegen. Sayuri legte ihm die Hand auf den Rücken, ein stilles Zeichen der Unterstützung. „Hört mich an, oh tapfere Soldaten Qins. Es betrübt mich zutiefst euch in diesen Kampf schicken zu müssen. Allein der Gedanke euch gegen eure Brüder kämpfen zu sehen lässt mein Herz bluten. Niemand sollte hier den Tod finden müssen. Doch können wir nicht zulassen, dass unser geliebtes Land in die Hände dieser Verräter fällt. Unsere Brüder, Väter, Onkel und Söhne haben im großen Feldzug von Qin ihr Leben gelassen um uns ein vereintes Land im Frieden zu schenken. Wir werden nicht zulassen, dass unser Land zerfällt, nur wegen der Machtgier weniger Männer. Wir werden für unseren Frieden und die Sicherheit unserer Frauen und Kinder kämpfen und siegen. Wir werden zu unseren Waffen greifen und uns die Köpfe derer holen die nur an sich selbst denken und uns unser Land nehmen wollen. Dies hier ist kein Kampf um den Thron. Ich werde ihn meinem Bruder mit Freude überlassen, wenn er in der Lage ist, dieses Land und seine Bewohner zu leiten und zu beschützen. Sollte er es nicht können und sich weigern zu gehen, werde ich meinen Anspruch mit Gewalt geltend machen. Ich werde nicht zulassen, dass die Bürger Qins Leid ertragen müssen. Ich werde nicht zulassen, dass Familien auseinander gerissen werden. Ich werde nicht zulassen, dass noch mehr sinnloses Blut vergossen wird. Noch mehr Eltern ihre Kinder zu Grabe tragen müssen. Doch dafür brauche ich eure Hilfe. Ich allein kann diese Schlacht nicht gewinnen. Also frage ich euch, oh tapfere Soldaten Qins, werdet ihr mir eure Kraft leihen?“ Ein gewaltiger Jubel brandete auf. „Werdet ihr mit mir diese Stadt beschützen?“ Der Rufe wurden noch lauter. „Werdet ihr mit mir in den Kampf ziehen?“ Der Jubel wurde so laut, dass Fusu versucht war sich die Ohren zu zuhalten, doch er hielt sich mit aller Macht davon ab. Als die Rufe verklangen machte er weiter. „Dann lasst uns kämpfen und überleben um gemeinsam ein besseres Land zu schaffen.“ Wieder wurden die Rufe laut und Fusu machte sich auf den Weg zur Ostmauer, von dort aus dann zur Südmauer und zu letzt zum Westmauer. Überall erhielt er die Gleiche Reaktion wie bei der Ersten. Die Soldaten waren von seiner Ansprache hoch motiviert und er konnte es, wenn er ehrlich war, selbst nicht wirklich glauben. „Siehst du. Ich habe gleich gesagt, dass du sie aus ihrem Tief holen kannst.“ Sayuri hatte Recht behalten. „Ich danke dir.“ Zu gern hätte er sie nun geküsst, doch sie betraten gerade die Kommandozentrale. Um den Tisch standen einige Diener die ihnen Essen bereit gestellt hatten. Die Sonne war dabei aufzugehen und bald würde der erste Tag der Schlacht beginnen. Sie waren gut dafür vorbereitet, doch trotzdem begann Fusu langsam nervös zu werden. Auch Sayuri, neben ihm, begann von einem Bein auf das andere zu treten. Er sah zu ihr hinüber um sie abzulenken, doch sie sah ihn gar nicht an, ihr Blick war auf die Wand gerichtet, doch ihre Augen waren stumpf geworden, als würde sie nichts sehen können. Er schüttelte sie leicht an der Schulter, es war ihm unheimlich, wie sie so in die Leere starrte. Sie schreckte auf und sah ihn erschrocken, aber auch vorwurfsvoll an. „Es ist die Ostmauer. Sie wird fallen.“ Im Raum war es schlagartig still geworden und die Männer versammelten sich, wie schon so oft zuvor, um Sayuri. Er verstand nicht, wie sie nicht erkennen konnte, dass sie der Mittelpunkt ihrer Gruppe war und nicht er. Sie hatte diese Männer versammelt, vereint und ihnen ein Ziel gegeben. „Was meinst du damit?“ Sie schüttelte verwirrt den Kopf. „ Ich bin mir nicht sicher. Ich habe bisher noch nie etwas gesehen, wenn ich wach war. Es war anders als sonst. Normalerweise bin ich ein Teil meiner Vision. Also habe ich logischer Weise nur Geschehnisse sehen können bei denen ich dabei sein werde. Wie bei der Schlacht aus meinen Träumen, ich habe alles aus der Sicht gesehen, wie mein zukünftiges Ich es wahrnehmen wird. Versteht ihr?“ Alle sahen etwas unsicher aus und doch wie die anderen glaubte Fusu sie zu verstehen und nickte. „Dieses Mal war es anders. Mir wurden wieder nur Bilder gezeigt. Ich sah die östliche Mauer überseht von unseren toten Soldaten. Sah den südöstlichen Wehrturm brennen. Ich habe Belagerungstürme gesehen. Dann hat Fusu mich herausgerissen und die Bilder waren weg. Ich kann euch nicht mal sagen ob dieser konzentrierte Angriff heute stattfinden wird oder an einem anderen Tag. Allerdings überkam mich die Vision, als ich mir Sorgen um den heutigen Tag machte und ich mir wünschte genauer über den Plan unserer Gegner bescheid zu wissen. Ich denke meine Gabe hat auf diesen Wunsch reagiert und mir deswegen, die Bilder geschickt. Wir sollten die Soldaten etwas umpositionieren.“ Sayuri ging zum Tisch und zeigte auf zwei Punkte auf der Karte. „Wir sollten einen Teil unserer Reservisten von der Nord- und Südmauer an den östlichen Wehrtürmen positionieren. So könnten sie schnell zur Hilfe kommen wenn sie gebraucht werden.“ Tian überlegte eine ganze Weile und Fusu verstand nicht worin das Problem lag. Es war ein guter Vorschlag und sie würden so auch nicht die anderen Mauern vernachlässigen. Alle sahen den Oberbefehlshaber wartend an. „Der Vorschlag ist gut und sinnvoll, doch wie erkläre ich diese neu Anordnung ihrer Reserven den Generälen?“

„Du musst ihnen gar nichts erklären. Du bist der Oberbefehlshaber, sie haben sich deinem Urteil zu beugen. Später, wenn der Kampf vorbei ist, kannst du ihnen etwas von Informationen der Spitzel erzählen. Jetzt ist erstmal wichtig das wir diesen ersten Tag überstehen und unserem Feind keine Chance lassen, Sayuris Vision umzusetzen.“ Er sah sich nach Sayuri um, doch diese sprach gerade leise auf Mi ein, welche dann eilig das Zimmer verließ. „Das Öl muss auch zur östlichen Mauer gebracht werden. Ich denke sie werden ihre Belagerungstürme auf diesen Bereich konzentrieren und es deswegen schaffen die Männer dort zu überwältigen. Wir müssen die Türme so schnell wie möglich vernichten. Ich werde mit einigen meiner Bogenschützen gehen um sie in Brand zu stecken.“ Dann drehte sie sich um und wollte gehen. Tian sah etwas verstimmt aus, doch er machte nicht den Fehler Sayuri Befehle erteilen zu wollen. Er hätte es vielleicht versucht, wenn sie etwas Dummes getan hätte, aber sie war sehr wahrscheinlich nur seinem Befehl zuvor gekommen. Sheng und Bailong setzten sich mit ihr in Bewegung. Fusu hielt die Männer kurz auf. „Bringt sie mir in einem Stück wieder zurück.“ Sie nickten synchron und machten sich auf den Weg seine Frau, so empfand er zumindest, zu begleiten. An der Tür drehte sich Sayuri noch mal um. „Fusu, du solltest dich ab und zu an den Mauer sehen lassen. Geh nicht hoch, wo du dich einer Gefahr aussetzen würdest, aber zu den Reservisten unterhalb der Mauer. Es wird die Moral heben, dass der Prinz persönlich kommt um den einfachen Soldaten Mut zu machen.“ Dann sah sie Mian an. „Pass gut auf unseren Prinzen auf. Alles wäre umsonst wenn wir ihn nicht beschützen können.“ Dann drehte sie sich einfach wieder um und verschwand. Wie oft hatte er ihr nun schon beim weggehen zusehen müssen? Er wusste sie würde später wieder zu ihm zurück kehren, doch er hatte angst vor dem Tag an dem sie es nicht mehr tat. Ihm war sehr wohl bewusst, dass Sayuri ihn immer wieder mit ihren Worten versuchte zu beruhigen. Doch die Aussage, Ich bleibe solange du mich brauchst, beruhigte ihn nicht. Es machte ihn eher noch unruhiger, da er nicht wusste, wann Sayuri meinen könnte, dass er sie nicht mehr an seiner Seite brauchen würde. Er wendete sich von der Tür ab, die er noch immer anstarrte und versuchte sich zu konzentrieren. Noch befanden sie sich im Krieg und sie würde ihn nicht verlassen. Die Seitentür wurde geöffnet und ein Bote kam herein. Er kniete sich ehrerbietig von Fusu und begann zu erzählen. „Der Angriff hat begonnen. Es haben sich zu jeder Seite an die 20.000 Mann versammelt und mit der Belagerung begonnen.“ Endlich begann es. „Irgendwelche Besonderheiten auf einer der Seiten?“

„Nein, General.“

„Danke, du kannst wieder gehen.“ Dann verschwand er durch die Selbe Tür, durch die er zuvor gekommen war. „Mein Vater wird sehen wie der Kampf verläuft und auf eine Situation warten in der wir abgelenkt sind. Dann wird er die Belagerungstürme wohl zur Ostseite schicken. Ich gehe davon aus, dass er davor für irgendeine große Ablenkung sorgen wird. Wir werden uns um diese kümmern und Sayuri den Osten überlassen. Sie wird ganz gewiss einen Weg finden die Mauer zu halten.“ Fusu war der Selben Meinung. Trotzdem wäre er jetzt lieber bei ihr um sie vor allem Unheil zu beschützen. Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Sayuri brauchte seinen Schutz nicht, sie war stark und zusätzlich noch unsterblich. „Hast du ein Problem mit diesem Plan?“ Er sah seinen besten Freund an und erkannte dann, dass er wohl wirklich seinen Kopf geschüttelt hatte und Tian dies als Ablehnung seines Plans gedeutet hatte. „Ich stimme deinem Vorschlag vollkommen zu. Ich habe über mich und meine Gedanken den Kopf geschüttelt, ich bitte um Verzeihung, dich damit irritiert zu haben.“ Tian nickte vorsichtig und setzte sich. „Jetzt warten wir.“

Sayuri traf vor der Tür auf Mi, die ihr ihren Bogen und ihr Schwert reichte. Sie nahm sie erstmal nicht entgegen, sondern zog einen Dolch aus ihrem Rücken. Sie reichte ihn Sheng. „Schneid mit bitte die Ärmel ab. Eigentlich wollte ich letzte Nacht meine Kleidung umnähen, doch ich kam nicht mehr dazu.“ Sheng tat wie geheißen und entfernte ihre Ärmel. Dann steckte sie ihren Dolch wieder weg und nahm ihre anderen Waffen entgegen. Sie gingen aus dem Gebäude und trafen sofort auf ihre Truppe an Bogenschützen. „Wir gehen jetzt zur Ostmauer und werden die Soldaten dort unterstützen. Die Generäle wissen noch nichts davon, also wartet bei den Reservisten auf weitere Befehle von mir.“ Dann ginge sie los, sie hatten keine Eile und musste nicht Hetzen. Sayuri war sich Sicher, dass Tians Vater auf den richtigen Moment für seine Türme warten würde. Sie beugte sich zu Bailong. „Sind die Ölfässer schon auf dem Weg?“ Er nickte und zwinkerte ihr zu. Er versuchte sie wohl zu entspannen, doch je näher sie der Mauer kamen, desto lauter wurden die Kampfgeräusche und auch der Geruch nach Blut nahm zu. Ihr wollte sich der Magen umdrehen, doch sie riss sich zusammen. Die Männer in ihrem Rücken sollten sie keinesfalls schwächeln sehen. Sie versuchte tief und gleichmäßig zu atmen und dabei den Blutgestank auszublenden. Als sie ankamen, hatte sie ihre Gefühle und ihr Unwohlsein wieder im Griff. Sie machte sich mit Sheng und Bailong auf zu den Generälen auf dem südöstlichen Wehrturm, diese galt es immerhin zu retten. Mi blieb bei ihren Männern zurück und würde auf weitere Befehle von ihr warten. Sie gingen die Holztreppe hinauf und oben angekommen sahen sie das reinste Chaos. Hier Kämpften ihre Soldaten gegen ihre Soldaten. So hatten sie es geschafft ihre Mauer einzunehmen, der Feind hatte seine Soldaten von Anfang an unter die ihren gemischt. Sayuri sah zu den Türmen, der Nordöstliche war zwar in Aufregung, doch sie liefen nicht Gefahr zu fallen. Anders sah es beim Südöstlichen aus. Die Generäle mussten sich gegen eine Übermacht wehren und viele ihrer Wachen mussten schon ihr Leben lassen. Sayuri reagierte instinktiv, sie spannte ihren Bogen und begann die Angreifer des Wehrturms zu erschießen. „Bailong, Sheng, wir gehen Richtung Wehrturm. Jeder der euch angreift ist ein Feind und wird getötet.“ Etwas machte sie sich um Mi sorgen, wer wusste schon wo sie ihre Soldaten positioniert hatten. Langsam gingen sie auf den Turm zu, Sayuri schoss immer weiter und sorgte dafür, dass die Generäle etwas Luft hatten und sich neu formieren konnten. Dieser Angriff musste sie völlig unerwartet getroffen haben. Sheng und Bailong bewachten sie und erledigten einen Feind nach dem nächsten. „Es sind zu viele. Wir werden ewig brauchen um bei den Generälen anzukommen.“ Bailong hatte Recht. Sie konnten auch nur die genau als Feinde bestimmen, die sie angriffen und waren so immer auf die Aktion der anderen angewiesen. Sayuri ging viele Möglichkeiten in ihrem Kopf durch, doch sie kam einfach auf keine Lösung für ihr Problem. Sie atmete tief durch und ließ einen weiteren Pfeil fliegen. Sie ging noch mal alle Fakten durch. Sie wurden hier von ihren eigenen Männern angegriffen. Nur auf der Ostmauer fanden interne Kämpe statt. Die Generäle wurden angegriffen, also konnten sie nicht dahinter stecken. Dann durchzuckte es sie wie ein Blitz. Sie drehte sich um und sah zum anderen Wehrturm der Mauer. Dort waren auch noch Generäle die Männer auf dieser Mauer hatten. Sie wurden nicht angegriffen. Der Kampf hatte sich südlich gerichtet. Sie sah wie einer der Generäle sein Schwert zog. Oh Gott das durfte nicht passieren. „Sheng heb mich hoch auf die Mauerbrüstung.“ Er fragte nicht nach wieso, sondern kam ihrer Aufforderung sofort nach. Sie sah wie er ausholte und den anderen General angriff. Es war Chang der von Fei angegriffen wurden, beide waren Freunde und mit die ersten die in die Stadt gekommen waren. Sie hatte sich gut mit ihnen verstanden und einige Übungskämpfe mit ihnen gehabt. Nie hätte sie an einem von ihnen gezweifelt. Der perfekte Spion und Verräter. Sayuri legte einen neuen Pfeil an und zielte auf Fei, ihre Hand zitterte leicht und sie atmete nochmals tief durch. Sie durfte jetzt keine Gnade haben. Sie wollte gerade loslassen, als sie Feis Stimme vernahm. Sie hatte keine Ahnung wieso sie dazu in der Lage war, doch es rettete sie vor einem unverzeihlichen Fehler. „Wie konntest du uns verraten? Wie konntest du mich verraten? Wir waren Freunde.“ Feis Stimme klang verzweifelt, aber auch fest. „Verraten? Ich bin hier nicht der Verräter. Ihr alle seid es.“ Sayuri konzentrierte sich nicht mehr auf die Stimmen und hob ihren Bogen erneut hoch, sie hatte ihn wohl unbemerkt sinken lassen. Sie spannte, zielte und schoss. In der nächsten Sekunde fiel Chang zu Boden und war tot. „Sheng, Bailong, Chang war der Verräter. Macht seine Männer ausfindig und unschädlich. Sollten sie sich ergeben nehmt sie gefangen. Ich werde zu Fei gehen und den nordöstlichen Turm übernehmen, damit dieser nicht vollkommen zusammen bricht.“ Sie wollten widersprechen, sie konnte es ihnen genau ansehen. „Jetzt geht schon. Ich komme sehr gut allein zu Recht. Schickt mir Mi her wenn ihr nicht wollt, dass ich ganz allein bin, doch geht endlich und macht was ich gesagt habe. Ich brauche euren Schutz nicht.“ Sie nickten resigniert und gingen. Sayuri fiel etwas ein und schrie ihnen hinter her. „Mi soll über die nördliche Mauer zu mir kommen, dies wäre sicherer für sie. Einige der Bogenschützen sollen sie begleiten.“ Sie sah zu den Soldaten unterhalb der Mauer die ihr schon gefährlich nahe kommen konnten. Es war nur eine Frage der Zeit bis sie ihre Leitern bis zur Mauer bekamen. Es war ein Wunder, dass sie es noch nicht geschafft hatten, obwohl hier oben schon ein Kampf tobte. Sayuri sah sich wieder auf der Mauer um und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Die Soldaten beschützten die Bogenschützen vor den Angreifern und so konnten sie die Verteidigung halten. Gute Männer. Ein Pfeil steifte sie am Bauch und ließ sie sich vor Schmerz vorbeugen. Schnell sprang sie von der Brüstung zurück auf die Mauer. Dort oben stand sie, ja auch wie auf dem Präsentierteller. Sofort war ein Soldat an ihrer Seite. „Geht es Euch gut?“ Sie nickte und stellte sich gerade hin. „Nur ein Kratzer. Danke.“ Dann machte sie sich auf den Weg zu Fei. Und sie musste sich beeilen, denn jetzt sah sie das Bild aus ihrer Vision, Belagerungstürme, die auf sie zukamen. Sayuri rannte zum Turm und verpasste Fei eine schallende Ohrfeige, damit er wieder klar denken konnte. Es war nicht so als ob er wirklich abwesend gewesen wäre oder um seinen Freund trauern würde, doch er schien mit Selbstvorwürfen zu kämpfen zu haben. „Beruhig dich. Wir können nach dem Kampf in unseren Gefühlen baden, jetzt und hier brauchen deine Männer dich voll konzentriert. Belagerungstürme sind auf dem Weg zu uns. Meine Bogenschützen sind schon auf dem Weg und wir haben auch schon die Ölfässer her schaffen lassen. Ich möchte jetzt von dir, dass du die Lage hier oben wieder unter deine Kontrolle bringst. Wenn die Türme hier ankommen muss die Mauer wieder richtig kampfbereit sein. Ich möchte, dass deine Männer weiter Pfeile runter zum Boden schicken und sich gegebenenfalls um die Leitern kümmern. Meine Männer kümmern sich um die Türme. Wir werden versuchen alle in Brand zu stecken, sollte doch einer durch kommen, werden deine Infanteristen den Feind zurück schlagen, bis der Turm zerstört ist. Hast du mich verstanden?“ Er Nahm Haltung an und nickte. „Jawohl.“ Sayuri nickte ihm zu und sah sich auf der nördlichen Mauer nach ihren Männern und Mi um. Als sie nach gefühlten Stunden endlich bei ihr ankamen, gab sie ihnen ihre Befehle und sofort setzten die Männer sich in Bewegung. Bailong und Sheng schienen auch Erfolg zu haben, denn Sayuri konnte immer weniger Kämpfe auf der Mauer ausmachen. Sie hoffte, die Männer vergaßen nicht, die Reservisten zu überprüfen. Sie drehte sich zu Mi. „Mi, ich möchte, dass du hier bei Fei bleibst. Er hat einige seiner Wachen verloren, du wirst ihn beschützen wenn es nötig wird. Ich muss zum südöstlichen Turm und mit den Generälen dort sprechen und dann werde ich mich gemeinsam mit meinen Männern um diese Belagerungstürme kümmern.“ Sie wartete keine Antwort ab, sondern begab sich sofort auf den Weg. Zum Glück hatten sie zu dieser Zeit noch keine Motoren und die Türme mussten von Ochsen gezogen werden und waren dem entsprechend langsam. Wieder einmal wurde sie von einem Pfeil gestreift, dieses Mal erwischte es ihren Arm. Sie duckte sich etwas und quetschte sich so schnell es ging zur anderen Seite. Als sie endlich ankam, atmete sie erst einmal durch. Sie sah sich um und stellte erfreut fest, dass hier alles recht gut aussah und wieder Ordnung angenommen hatte. „Ich werde mich kurz Fassen. Chang hat uns verraten. Er ist tot und seine Männer fast alle getötet oder gefangen genommen. Wir bräuchten deswegen etwas Unterstützung von euch. Meine Männer werden sich um die Türme kümmern, die restliche Verteidigung müssen eure und Feis Männer übernehmen.“ Sie wollte schon wieder gehen, denn sie hatte alles gesagt, was zu sagen war und hatte keine Lust sich anzuhören, dass sie von einer Frau keine Befehle annahmen. „Verstanden.“. kam es im Chor und Sayuri lächelte beim Weggehen kurz. Der erste Turm hatte es schon fast bis zur Mauer geschafft. Er war nur 10 Meter von ihr entfernt. Sie sah sich nach ihren Männern um und entdeckte sie genau vor dem Turm. So was dummes, wie sollten sie sich mit ihren Bögen gegen Schwertkämpfer verteidigen, wenn sie es nicht schaffte den Turm in Brand zu stecken. Das erste Fass wurde auf ihn geworfen und zerbarst durch die Wucht darauf. Sayuri sah zu und beobachtete, wie ihre Männer ihre Pfeile anzündeten und schossen. Sofort griff das Feuer um sich und ließ den Turm in Flammen aufgehen. Sehr gut. Sie ging weiter und korrigierte auf ihrem Weg die Positionen ihrer Männer. Sie sollten doch wissen, wie hilflos ein Bogenschütze im Nahkampf war. Waren sie sich so sicher, dass sie trafen? Sayuri ging weiter die Mauer entlang, ihr Ziel war Mi und Fei. Ihre Männer hatten alles im Griff und sie wollte lieber einen besseren Überblick. Sie konnte auch von dort aus ihre Pfeile verschießen. Wieder zurück, sah sie Mi ihre Erleichterung an. „Ich habe mir Sorgen um Euch gemacht.“ Sayuri winkte ab und sah sich die Ostmauer erneut an. Überall lagen töte Körper über die einfach getrampelt wurde. Verwundete schrien vor Schmerzen. Doch die schlimmsten Schreie kamen aus dem Inneren der Belagerungstürme. Hunderte Soldaten die bei lebendigem Leibe verbrannten. Sayuri wurde wieder schlecht, doch sie durfte diese Gefühle nicht an sich heran lassen. Einer der Türme kam der Mauer bedenklich nahe. Er war schon in Öl getränkt, also wieso flogen keine Pfeile? Sayuri nahm sich einen der besonderen Pfeile hielt ihn in die Flammen und schoss ihn auf den Turm. Sofort ging auch dieser in Flammen auf. „Jetzt sind nur noch zwei übrig.“ Es waren am Anfang sieben gewesen, der erste fiel schon in sich zusammen. „Vielleicht sollten wir einen unberührt lassen und für uns beanspruchen. Wir ziehen unsere besten Männer vor ihm zusammen und schicken sie in den Turm. Bei der Enge, spielt ihre zahlenmäßige Überlegenheit keine Rolle.“ Sayuri dachte über Feis Vorschlag nach, doch er gefiel ihr nicht wirklich. Sie würden die Zahlen der Gegner vielleicht dezimieren können, doch würden auch einige ihrer besten Kämpfer verlieren. „Nein, lasst uns alle zerstören. Es ist erst der erste Tag und wir sollten uns vollkommen auf die Verteidigung konzentrieren. Wir haben den Höhenvorteil auf unserer Seite und sollten so ihre Zahlen reduzieren. Ich möchte unsere Verluste so gering wie möglich halten.“ Fei nickte und Sayuri war froh, dass er nicht den Anschein machte, beleidigt zu sein. Sayuri ließ sich von Mi mehr Pfeile bringen und begann einen nach dem nächsten zu schießen. Sie schoss nicht einfach auf die Masse wie die meisten, sondern konzentrierte sich auf Soldaten die dabei waren die Mauer mit ihren Leitern zu erklimmen. Doch trotzdem schafften es viele die Brüstung zu erklimmen und auf die Mauer zu gelangen. Fei begann Befehle zu brüllen, doch Sayuri vertraute ihm, sich um die Angreifer zu kümmern, sie konzentrierte sich vollkommen auf ihre Aufgabe.

Seit Stunden schoss Sayuri nun schon ununterbrochen und riss sich immer wieder Haut an ihren Fingern auf. Sie waren schon vollkommen blutig, doch sie hörte nicht auf. Die Wunden waren nicht wirklich tief und schlossen sich dementsprechend schnell, kein Grund also eine Pause zu machen. Allerdings spürte sie wie langsam ihre Muskeln verkrampften, doch trotz dieses Umstands hörte sie nicht auf. Mi war eine große Hilfe und stellte ihr immer neue Pfeile bereit, sodass sie nicht mal danach fragen musste. Wieso also, griff sie nun ins Leere? Sie sah sich um und entdeckte Mi hinter Sheng und Bailong, die sie böse anblickten. Sie nahmen ihr wortlos den Bogen ab, griffen nach ihren Händen und wuschen sie. Dann begannen sie ihre Arme zu massieren, einer den rechten, der andere den linken. Sie sah sie etwas verwirrt an. „Was tut ihr denn da?“ Sie bekam keine Antwort, stattdessen wurde ihr von Bailong ein Stück Brot in den Mund gestopft. Sie wäre beinahe daran erstickt, also schüttelte sie die Männer ab und zog das Brot wieder aus ihrem Mund. „Was soll das denn?“, schrie sie die Männer an. „Das sollten wir besser dich fragen. Du sagtest wir brauchen uns keine Sorgen um dich zu machen und dann kommen wir hier an und du bist in einem solchen Zustand?“ Sayuri wusste nicht wovon ihre Freunde sprachen. „Deine Hände sind voller Blut und Mi meinte, dass du schon seit Stunden hier stehst und deine Pfeile verschießt. Ohne Pause, ohne Nahrung oder Wasser.“ Bailong hielt ihr einen Becher entgegen und sie nahm ihn, vor sich hin murrend, entgegen und trank ihn aus. Dann aß sie brav unter den strengen Augen ihrer Aufpasser das Brot, trank noch einen Becher Wasser und wollte wieder nach ihrem Bogen greifen. Bailong zog ihn aus ihrer Reichweite und sie hätte ihn mit ihren Blicken erdolchen wollen. „Wir haben eine Nachricht von Tian für dich. Vor der östlichen Mauer wurde das Banner von General Zhang ausgemacht. Wenn er in reichweite ist, sollst du ihn erschießen.“ Sayuri blickte sofort auf die Armee vor ihnen und suchte die Massen nach dem Banner mit dem genannten Namen ab. In etwas 450 Metern Entfernung konnte sie es ausmachen. „Ich sehe es. Doch ich habe keine Ahnung wer davon der General ist.“

„Tian meinte, Zhang Bo hätte eine sehr auffällige Narbe auf dem Gesicht.“ Sayuri strengte sich mehr an, doch auch wenn sie ein Ziel auf diese Entfernung treffen konnte, war es nicht leicht auf eine solche Entfernung ein Gesicht zu erkennen. Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann es nicht erkennen. Und wenn ich erst begonnen habe zu schießen werden sie ihren General beschützen und ihr Hauptquartier weiter nach hinten verlegen.“ Wieder schaute sie in die Richtung der Banner und versuchte anhand der Bewegungen ihr Ziel auszumachen. Ein Reiter ritt auf sie zu und hielt vor einer Gruppe Männer. Dort musste er dabei sein. Dann hatte sie ihn, zumindest hoffte sie es, er war der Mann in der Mitte und schien Befehlt zu schreien. „Gib mir meinen Bogen. Ich habe genau einen Versuch. Hoffen wir mal, dass ich richtig raten werde.“ Bailong reichte ihr ihre Waffe und einen Pfeil. Sayuri legte an und konzentrierte sich, es war im Kampf wirklich etwas anderes, als beim Training auf Scheiben zu schießen. Sie atmete tief eine und ließ die komplette Luft aus ihren Lungen entweichen, dann ließ sie die Sehne los und der Pfeil schoss davon, und traf sein Ziel genau in die Brust. „Getroffen, jetzt heißt es abwarten und hoffen dass es der richtige war.“ Bailong reichte ihr einen weitern Pfeil. „Schieß weiter auf die Männer in seiner Umgebung.“ Sayuri tat wie geheißen, aber wie schon von ihr angenommen, versteckten sich die Männer nun hinter Schilden und ritten weiter weg. Trotzdem folgten einige ihrer Pfeile ihnen und trafen, wenn auch nicht so akkurat wie sonst. Bei 500 Meter hörte sie auf und senkte ihre Waffe. „Wir sollten ihnen nicht zeigen, dass ich noch weiter schießen kann.“ Sheng nickte. „Wir sollten zurück zu Tian. Du hast genug für heute getan, der Kampf ist unter Kontrolle und solltest du wirklich ihren General erschossen haben, wird bald Panik und Unsicherheit beim Feind ausbrechen, zumindest an dieser Seite. Überlass alles weiter Fei und den Soldaten. Du musst deine Wunden versorgen und andere Kleidung anziehen.“ Wieso andere Kleidung und was für Wunden? Sie würde später darüber nachdenken, jetzt folgte sie, zusammen mit Mi als ihren Schatten, einfach ihren Freunden und verließ das Schlachtfeld.

Als Fusu Sayuri in ihrem blutüberströmten Zustand sah wäre ihm beinahe das Herz stehen geblieben. Er musste einmal tief Luft holen um sich daran zu erinnern, dass sie nicht getötet werden konnte. Aber sie sah wirklich schlimm aus. Ihre Kleidung war blutgetränkt und an unzähligen Stellen zerfetzt. Was war nur geschehen? Natürlich hatten ihn die Berichte der Ostmauer erreicht, doch keiner der Boten hatte Nachrichten über Sayuri, Sheng oder Bailong gehabt. Tian, ganz der Oberbefehlshaber, verlangte einen Bericht und Sheng begann zu erzählen, Bailong ergänzte immer wieder Teile der Erzählung. Nur Sayuri schwieg. Als sie fertig waren war es unangenehm Still im Raum geworden und Fusu zuckte zusammen, als ein weiterer Bote eintrat. „General Zhang ist im Kampf gefallen.“ Sayuri atmete erleichtert auf, doch noch ein anderer Zug schlich sich auf ihr Gesicht, welches Fusu im Moment nicht wirklich deuten konnte. „Sehr gut. Wie laufen die Kämpfe?“

„Überall wird hart gekämpft, doch unsere Verteidigung hält. Der Angriff auf die Ostmauer ist durch den Tod ihrer Führung fast vollständig zusammen gebrochen.“ Das waren endlich mal gute Nachrichten. Die Soldaten dort hatten durch den Verrat Changs den größten Schaden genommen und konnten diese Erleichterung gut gebrauchen. Bald würde auch die Sonne untergehen und der Kampf hoffentlich zum erliegen kommen. Meng Wu hatte bestimmt nicht mit dem Tod einer seiner Generäle gerechnet und musste sich diesem Umstand erst mal anpassen. Der Bote verschwand wieder und Fusu blickte in die Gesichter seiner Begleiter. Kurze Zeit später erreichte sie dann die Nachricht, dass die Angreifer sich zurück zogen. Alle im Raum atmeten erleichtert auf. Sie hatten den ersten Tag überstanden, wenn auch mit größerem Schaden als erwartet.

Als es dunkel wurde entdeckte Fusu Sayuri auf der Terrasse, nachdem er sie schon überall gesucht hatte. Sie sah hinunter auf die Stadt und sah traurig aus. Er legte von hinter die Arme um ihren Bauch und zog sie an seine Brust. „Was stimmt dich so traurig, Liebste?“ Sie lehnte sich noch etwas stärker an ihn und er konnte sehen wie sie die Augen schloss. „So viel Tod. Ich kann noch immer die Schreie der sterbenden Männer hören. Sie verfolgen mich und lassen mich nicht los.“

„Dann bleib ab jetzt an meiner Seite. Geh nicht wieder da raus in den Kampf so wie heute. Du musst dir dies nicht zumuten.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kann mich nicht einfach verstecken und so tun als wüsste ich nicht was dort draußen vor sich geht. Es mag nicht leicht sein, doch ich bin mir sicher, dass ich es ertragen kann. Einfach weil es das Richtige ist.“ Er wünschte sich so sehr, ihr diese Last, die sie sich selbst auferlegt hatte, abnehmen zu können. „Dann sing. Sing für die Toten und lass die Schreie so verstummen.“ Eine ganze Weile war sie still und er dachte schon, sie würde sich über seinen Vorschlag ärgern, doch dann erklang ihre zarte Stimme und verteilte sich über die ganze Stadt. Er konnte richtig spüren wie ihre Stimme vom Wind aufgenommen wurde, so die Ohren der Soldaten innerhalb dieser Mauern erreichte und ihnen Hoffnung und Trost spendete.


Von guten Mächten treu und still umgeben,

behütet und getröstet wunderbar,

so will ich diese Tage mit euch leben

und mit euch gehen in ein neues Jahr.


Noch will das Alte unsere Herzen quälen,

noch drückt uns böser Tage schwerer Last.

Ach Herr gib unsern auf geschreckten Seelen,

das Heil für das du uns geschaffen hast.


Und reichst du uns der schweren Kelch, den bittern,

des Leids gefüllt bis an den höchsten Rand.

So nehmen wir ihn dankbar ohne zittern,

aus deiner guten und geliebten Hand.


Doch willst du uns noch einmal Freude schenken

an dieser Welt und ihrer sonne Glanz.

Dann woll´n wir des Vergangenen gedenken

und dann gehört dir unser Leben ganz.


Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,

die du in unserer Dunkelheit gebracht.

Führ wenn es sein kann wieder uns zusammen,

wir wissen es dein Licht scheint in der Nacht.


Wenn sich die Stille mondtief um uns breitet,

so lass uns hören jenen vollen Klang.

Der Welt die unsichtbar sich um uns weitet,

all deiner Kinder und Lobgesang.


Von guten Mächten wunderbar geborgen,

erwarten wir getrost was kommen mag.

Gott ist mit uns am Abend und am Morgen

und ganz gewiss an jedem neuen tag


Doch Sayuri hörte nach diesem einen Lied nicht auf, sie sang einfach weiter. Fusu blieb die ganze Zeit bei ihr stehen und hielt sie in seinen Armen, während sie ein Lied nach dem nächsten vortrug. In der Stadt war es vollkommen ruhig geworden und nach etwa einer Stunde führte Fusu Sayuri in sein Zimmer. Sie musste sich etwas ausruhen. Sie betteten sich und keiner sagte ein Wort. Sie genossen einfach die Nähe des anderen und bezogen daraus ihre Kraft.



Kapitel 13


Es war nun schon der 8. Tag ihrer Belagerung und man sah den Soldaten langsam ihre Erschöpfung an. Sie mussten diesen Kampf bald beenden, sonst würden sie bald nicht mehr stand halten können. Sie hatten auch große Verluste auf ihrer Seite ertragen müssen. Zwar waren bis jetzt erst 15.000 Soldaten gestorben, doch sie hatten zwei weitere Generäle verloren. Mit Chang, der am ersten Tag von Sayuri erschossen wurde, hatten sie damit nur noch 5 für die Mauern. Ihr Feind, hatte keinen seiner Befehlshaber mehr in die Nähe der Mauern gebracht und ihnen so die Möglichkeit genommen diese auszuschalten. Sie brauchten dringend einen Plan, Tian, Mian und Fusu hatten die gesamte Nacht an Ideen gearbeitet, doch sie konnten keine gute Strategie entwickeln. Ihr Gegner hatte kaum bis gar keine Schwachstellen, die sie nutzen konnten. Und er war ihnen, trotz der hohen Verluste, noch immer zahlenmäßig überlegen. Sayuri begann seinen Nacken zu massieren und er lächelte dankbar zu ihr auf. „Wir sollten uns wirklich überlegen einen kleinen Trupp durch den Tunnel raus zu schicken und den Feind von hinter anzugreifen.“ Fusu wollte sofort widersprechen, denn er wusste genau, dass Sayuri den Trupp würde anführen wollen. Er hielt sich zurück und Tian seufzte tief. „Ich hatte wirklich gehofft, diesen Weg nicht gehen zu müssen. Wenn das Überraschungsmoment erst mal weg ist, sie sich formiert haben, würdet ihr dort draußen ganz auf euch allein gestellt einer Übermacht ausgeliefert sein. Aber wir brauchen irgendetwas womit wir sie unerwartet treffen können.“ Fusu war noch immer dagegen. Ihm war wohl bewusst, dass er nicht objektiv war, deswegen hielt er sich aus diesem Gespräch auch heraus. Tian war der Oberbefehlshaber und würde diese Entscheidung fällen müssen. „Ihr geht dort raus. Aber ihr werdet nicht angreifen. Schleicht durch den Wald und sucht das Hauptquartier meines Vaters. Solltet ihr ihn finden und die Möglichkeit haben, bringt ihn um. Dann kommt ihr sofort zurück.“ Fusu knirschte mir den Zähnen. „Verstanden. Ich nehme Sheng und Bailong mit.“ Tian nickte und sah Mian an. „Ich möchte, dass du auch mit gehst, du kennst die Gesichter unserer Feinde.“ Dieser nickte, schnallte sich sein Schwert um und nahm seinen Speer zur Hand. „Kann los gehen.“ Fusu stand auf und ging mit Sayuri ein Stück zur Seite. „Bitte pass gut dort draußen auf dich auf und komm zu mir zurück.“ Dann küsste er sie kurz. Es ist zu einer Art Ritual von ihnen geworden, dass sie jeden Tag aufs Neue durchführten, wenn Sayuri ihn verließ um in die Schlacht zu ziehen. „Ich verspreche es.“ Dann drehte sie sich den Männern zu. „Mi ich möchte, dass du heute bei Tian bleibst. Zu viele Leute würden auffallen.“ Diese nickte und blieb zurück, als Sayuri in Begleitung von ihren Laibwachen den Raum verließ. „Ich hoffe du weißt was dir blüht wenn ihr etwas passieren sollte?“ Tian lachte leise vor sich hin und beachtete ihn nicht weiter. „Das war kein Scherz.“ Jetzt sah sein Freund ihn ernst an. „Ich habe bis jetzt vermieden es zu erwähnen und ich bin mir sicher, Sayuri hat mit Absicht nichts gesagt, doch wir werden diese Schlacht gewinnen. Oder zumindest werden wir sie zum Rückzug zwingen.“ Fusu dachte über die sicheren Worte seines Freundes nach, doch es erschloss sich ihm nicht worauf dieser hinaus wollte. Tian schien dies zu erkennen und klärte ihn auf. „Sayuri hat uns gemeinsam auf offener Fläche gegen den Feind kämpfen sehen. Verstehst du? Sie hat eine andere Schlacht als diese gesehen, was heißt, dass wir bis dahin auf jeden Fall siegreich sein werden, sonst könnte sich die Vision nicht erfüllen. Ich wollte nichts sagen, damit niemand sich darauf verlässt und deswegen weniger als 100 Prozent gibt und ich denke Sayuri wird ähnlich gedacht haben, sonst wäre sie nicht jeden Tag aufs Neue dort raus gegangen.“ Etwas beruhigte ihn diese Aussage. Alle würden heil zurück kommen, denn auch wenn er es nie öffentlich zugeben würde, er machte sich auch um seine Männer Sorgen. Immerhin waren sie nicht unsterblich. Stunden vergingen in denen sie immer wieder Berichte über den Verlauf der Schlacht erreichten. Es verlief im Grunde wie schon die Tage zuvor, nur das sich immer wieder die Stärke der Angriffe auf einen anderen Ort konzentrierten. Durch die Aufteilung der Wehrtürme, schafften die Generäle aber immer genau die richtige Anzahl an Reservisten zur Verstärkung zu schicken. Es war ein ständiges hin und her. Fusu begann nervös im Raum auf und ab zu gehen. Der Tag neigte sich langsam dem Ende und noch immer waren Sayuri und der Rest nicht zurück gekehrt. War ihnen doch etwas passiert? Hatten sie Probleme? Diese Untätigkeit und Ungewissheit würde ihn Jahre seines Lebens kosten. Dann wurden die Türen aufgestoßen und die Gruppe kam herein gestürmt. Um genau zu sein kamen die Männer gestürmt, Sayuri hingegen hing leblos in Mians Armen. Fusu eilte zu ihnen und sah zu seiner Liebe hinab. Sie war blass und ein Pfeil ragte mal wieder aus ihrer Brust, doch dieses Mal hatte er ihr Herz durchbohrt. „Mi, geh an die Seitentür und sorg dafür, dass niemand herein kommt. Wenn es dringend ist, hol mich raus. Niemand darf diesen Raum betreten. Tora, ich weiß du hörst nur auf Sayuri, aber kannst du bitte die andere Tür bewachen?“ Der Tiger sah Tian endlose Sekunden an, dann drehte sie sich weg und legte sich vor die Tür, die im nächsten Moment von Sheng zugeschmissen wurde. „Was ist denn passiert?“ Mian legte Sayuri vorsichtig auf dem Tisch ab. „Wir haben das Hauptquartier gefunden. Einige der Wachen hatten uns entdeckt, doch wir konnten sie ausschalten bevor sie Alarm schlagen konnten. Alles lief genau nach Plan. Wir haben das Lager eine Weile beobachtet und dann kamen die Generäle anscheinend für eine Besprechung zusammen. Sie standen da vor uns, nur 200 Meter entfernt. Sayuri hat Bailong 4 Pfeile gereicht und angedeutet, dass er sie ihr reichen sollte. Ich sagte ihr wer Meng Wu war und sie begann mit ihm. Sie war wirklich erstaunlich, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so schnell Pfeile schießen konnte. Nach Meng Wus tot, gingen die Restlichen in Deckung, doch Sayuri schaffte es noch drei Weitere auszuschalten. Dann mussten wir rennen. Die Soldaten verfolgten uns, aber wir bewegten uns gekonnt durch das Unterholz und Sayuri gab uns noch zusätzlich Deckung indem sie immer wieder auf unsere Verfolger schoss. Ich weiß nicht was dann geschehen ist, auf einmal warf sich Sayuri vor mich, oder genau genommen hinter mich und brach mit dem Pfeil in der Brust zusammen. Bailong und Sheng sind zu uns umgekehrt um die Jäger aufgehalten. Ich habe mir Sayuri auf die Arme gehoben und bin mit ihr zurück gerannt.“ Bailong meldete sich nun zu Wort. „Wir haben alle Soldaten die uns verfolgt haben getötet. Keiner hat den Tunnel entdeckt.“ Fusu beugte sich zu Sayuri und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie war schon ganz kalt. Er beugte sich über ihr Gesicht um ihre Atmung zu überprüfen, doch er konnte ihn nicht hören oder spüren. Seine Hand wanderte wie von selbst zu ihrer Brust, doch auch ihr Herz schlug nicht mehr. Seine Sicht verschwamm und er musste sich anstrengen um vor den anderen Männern Haltung zu bewahren. „Das ist alles meine Schuld. Ich hätte nach dem Tod von Wu den Befehl zum Rückzug geben sollen. Doch die anderen Generäle waren so nah. Ich dachte es wäre besser so viele umzubringen wie möglich.“ Mian sah verzweifelt aus und sah Sayuri liebevoll an. „Es tut mir so leid.“ Dann lief diesem gestanden Mann die Tränen über sein Gesicht. „Zieht den Pfeil aus ihrer Brust. Und dann bringt sie in meine Gemächer. Sie sollte nicht hier auf dem harten Tisch liegen müssen.“ Sheng zog den Pfeil heraus und Bailong trug Sayuri aus dem Zimmer. Mian sah ihnen hinterher und drehte sich dann zu ihm um. „Ich werde jede Strafe akzeptieren.“ Fusu schüttelte kraftlos den Kopf. Er hatte nicht vor Mian für die Geschehnisse die Schuld zu geben. Für solche Gefühle war im Moment auch kein Platz vorhanden. Alles was er spürte war unbändiger Schmerz und Trauer. Er konnte nicht ohne sie leben, nicht ohne sie dieses Land führen. Er brauchte sie und sie hatte versprochen zu ihm zurück zu kehren. Fusus Füße setzten sich ohne sein Zutun in Bewegung und brachten ihn in sein Zimmer. Er musste jetzt bei ihr sein. „Würdest ihr mich bitte mit ihr allein lassen?“ Bailong und Sheng nickten, standen auf und verließen sein Zimmer. Fusu legte sich zu Sayuri ins Bett und zog sie wie jede Nacht in seine Arme. Doch dieses Mal umfing ihn nicht die wohlige Wärme wie sonst. Ihn umgab nicht der beruhigend süße Duft ihrer Haut. Stattdessen spüret er eisige Kälte und roch den metallischen Gestank von Blut. Jetzt ließ er seinen Tränen freien Lauf. Er war hier allein, er musst jetzt nicht stark sein oder das Gesicht wahren. Hier in diesem Bett mit Sayuri in seinen Armen, konnte er einfach nur ein Mann sein, der um seine Liebe trauerte. Er musste eingeschlafen sein, denn irgendwann, draußen war es schon vollkommen dunkel geworden, weckte ihn eine Bewegung an seiner Seite. Fusu brauchte eine Weile um richtig wach zu werden und sich in Erinnerung zu rufen was am vergangenen Tag passiert war. Er zog Sayuri fest in seine Arme und wäre beinahe gestorben vor Schreck als diese gequält aufstöhnte. Er ließ sie sofort los und entzündete eine der Lampen in seinem Zimmer. Dann sah er sie an und sie blickte ihm entgegen. Seine Hände verselbstständigten sich und fuhren erst ihr Gesicht und dann sogar ihren Körper nach. „Du warst tot.“ Sie lächelte schwach. „Ich weiß, war auch kein schönes Gefühl. Aber sobald ihr den Pfeil entfernt hattet, hat mein Körper begonnen zu heilen.“ Er stürzte sich auf ihre Lippen und küsste sie verzehrend. Nie wieder würde er sie gehen lassen. Sie würde an seiner Seite bleiben und wenn er dafür mit ihr in die Schlacht ziehen musste. Er drang ohne viel Finesse mit seiner Zunge in ihren Mund ein und sie ergab sich vollkommen seinem Ansturm. Sie gehörte zu ihm. Seine Hände wanderten zum Saum ihres Oberteils und zogen es ihr aus. Sayuri wehrte sich nicht, sondern ließ ihn gewähren. Dafür zog sie nun ihrerseits sein Hemd aus. Ihre Hände begannen seinen Oberkörper zu erkunden und ein tiefes Stöhnen ergoss sich aus ihm in ihren Mund. Auch er schickte seine Hände auf Wanderschaft und genoss die kleinen Laute, die er Sayuri dadurch entlocken konnte. Sie war perfekt, nicht nur ihre Körperformen, die man schon unter ihrer engen Kleidung erahnen konnte, auch ihre Haut war so zart, wie man es normaler weise nur von Kindern kannte. Als seine Hand zu ihrer Hose wanderte, hielt sie ihn zurück und löste sich aus ihrem Kuss. „Fusu, ich liebe dich. Aber ich hab noch nie…“ Weiter sprach sie nicht. Doch das musste sie auch nicht, er verstand sie auch so. „Wenn du willst, dann mache ich nicht weiter. Aber ich möchte dich weiter küssen. Ich muss mich davon überzeugen, dass du wirklich noch bei mir bist.“ Sie lächelte ihn schüchtern an und es traf ihn wie ein Schlag. So ein Lächeln hatte er an ihr noch nie gesehen. Sie war sonst immer vollkommen selbstbewusst und stark. „Ich möchte hier nicht aufhören. Ich wollte es dir nur vorher gesagt haben. Obwohl es vielleicht sinnlos war, da hier ja alle unverheirateten Frauen noch jungfräulich sind und…“ Er verschloss ihren Mund mit einem weitern Kuss und unterbrach so ihr Gebrabbel. Zärtlich strich er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr und sah sie liebevoll an. „Ich fühle mich geehrt, dass du mir dieses Geschenk machen möchtest.“ Dann beendete er das Gespräch und schlief mit ihr. Er hatte schon oft mit Frauen das Bett geteilt, doch das was er mit Sayuri tat war etwas vollkommen anderes. Es war ein Zeichen ihrer Liebe und Zusammengehörigkeit. Nackt in den Armen des anderen schliefen sie irgendwann wieder ein.

Sayuri wachte in den Armen ihres Liebsten auf und lächelte glücklich. Sie fühlte sich wie neugeboren und hätte, ob der Ironie dieses Gedankens, den Kopf über sich selbst schütteln können. Ihr Wohlbefinden bezog sich selbstverständlich nicht auf ihren Tod und ihre Auferstehung am vergangenen Tag. Viel eher auf die überwältigende Vereinigung von ihr und Fusu in der vergangenen Nacht. Es war wirklich wunderschön mit ihm gewesen, doch auch etwas beängstigend. War ihre Liebe durch diesen Akt doch so vollkommen sichtbar für ihn geworden. Immerhin wusste sie nun, dass Fusus Liebe zu ihr, ihren eigenen Gefühlen in nichts nachstand. Sie drängte sich unbewusst näher zu ihm und wurde mit einem Kuss in den Nacken dafür belohnt. „Guten Morgen.“ Man konnte ihr Lächeln ihrer Stimme anhören. „Guten Morgen. Ich möchte ihn auch nicht zerstören, doch ich denke wir sollten sofort aufstehen und den anderen Bescheid geben, dass es dir gut geht. Vor allem Mian, er macht sich schlimme Vorwürfe und gibt sich selbst die Schuld für deinen Tod.“ Sayuri nickte widerwillig, sie war zwiegespalten. Zum einen wollte sie noch etwas mehr Zeit allein mit Fusu haben, doch zum anderen wollte sie so schnell wie möglich ihre Freunde beruhigen und ihnen zeigen, dass sie wohlauf war. Also erhob sie sich, wusch sich schnell und zog sich an. Fusu tat es ihr gleich und keine viertel Stunde später erschienen sie gemeinsam im Besprechungsraum. Als sie eintraten, konnte Sayuri die bedrückte Stimmung beinahe mit den Händen greifen. Keiner sah zu ihnen auf und schien in seinen eigenen Gedanken fest zu hängen. „Was zieht ihr denn für Gesichter? Man sollte meinen ihr feiert, dass wir es gestern geschafft haben vier weitere Generäle zu töten. Stattdessen zieht ihr ein Gesicht als wäre jemand gestorben.“ Fusu sah sie tadelnd an, doch sie konnte sich das Grinsen einfach nicht verkneifen. Sie wurde jetzt aus großen, erstaunten Augen angestarrt. Dann brach der Damm und alle sprangen fast gleichzeitig von ihren Stühlen auf und stürmten zu ihr. Sie wurde in Arme gerissen, ihr Körper abgetastet, was zu ihrer Belustigung zu einem Knurren von Fusu führte, nur um im nächsten Moment in der nächsten Umarmung zu landen. Als sich alle davon überzeugt hatten, dass es ihr wirklich gut ging und sie noch lebte, stürmten die Fragen auf sie ein. „Lasst uns erstmal hinsetzen.“ Alle kamen ihrer Bitte nach. „Ich hatte auf unserer Flucht wieder ein Vision aus einzelnen Bildern. Ich sah wie Mian von einem Pfeil durchbohrt zu Boden ging, dann sah ich mich, wie ich mich vor ihn warf um den Pfeil abzufangen, dann konnte ich nur noch schwärze sehen. Als nächstes tauchte ein Bild von mir tot auf diesem Tisch auf und das letzte Bild das ich sah war wie ich in Fusus Bett wieder zu mir komme. Ich denke man kann mich wirklich nicht töten, zumindest nicht für lange. Denn ich bin unbestreitbar am gestrigen Tag gestorben, doch als ihr den Pfeil entfernt habt, hat mein Gewebe sofort begonnen sich zu regenerieren. Als alles wieder heil war, begann mein Herz erneut zu schlagen und meine Lungen zu atmen. Ich denke, dass ich sogar noch vor unserer Ankunft hier wieder in Ordnung gewesen wäre, wenn ihr mich sofort von dem Geschoss befreit hättet.“ Alle hatten aufmerksam zugehört und schienen das Gesagt zu verinnerlichen. Man sah den Männern ihre Erleichterung deutlich an. „Gab es schon Bewegungen beim Feind? Jetzt wo nur noch zwei Generäle übrig sind, wäre es weise von ihnen sich zurück zu ziehen und neu zu formieren.“ Sie wurde darüber aufgeklärt, dass in der Nacht der Rückzug des Feindes stattgefunden hatte. Tian hatte darauf verzichtet sie zu verfolgen, da die Soldaten zu erschöpft waren. „Einige Späher verfolgen sie und werden uns berichten wo sie sich niederlassen. Bis wir mehr wissen, können wir etwas durch atmen und neue Kräfte sammeln.“ Das waren sehr gute Nachrichten. Auch wenn es Sayuri nicht gefiel, dass ihr Feind dieses Mal den Platz ihrer Schlacht würde festlegen. „Tian, ich würde gerne Karten der Umgebung sehen. Könntest du mir welche beschaffen?“ Dieser schüttelte sofort den Kopf. „Ich halte dies für keine gute Idee. Lass uns erst mal abwarten was unsere Feinde machen, wie sie sich bewegen. Danach können wir uns über die Karten hängen und Pläne schmieden. Jetzt sollten wir uns um die Aufstockung unserer Armee kümmern.“ Das war eine nette Umschreibung, dafür neue Soldaten zu rekrutieren um die Umgekommen und Verletzten zu ersetzen. „In Ordnung. Dafür werdet ihr mich wohl nicht brauchen. Ich werde dann wieder zurück in mein Zimmer gehen und mich noch etwas ausruhen.“ Alle stimmten ihr zu und Sayuri verließ den Besprechungsraum und zog sich in ihre Gemächer zurück. Sie legte sich auf ihr Bett und schloss die Augen. Sie hatten diesen Kampf gewonnen, doch nicht diesen Krieg. Sie würden noch die übrigen zwei Generäle ausschalten müssen und vielleicht sogar noch mehr. Keiner konnte sagen wie viele Männer noch loyal hinter dem Minister oder Eunuchen standen. Solange diese Personen am Leben waren, würden sie keinen eindeutigen Sieg erringen können. Wieder schob sich eine Vorahnung vor ihre Augen. Sie sah sich in einem riesigen Raum vor einem Thron gefesselt knien. Ein Mann saß auf dem Thron und zwei andere Männer hatten sich rechts und links von ihm platziert. Sonst befand sich niemand bei ihnen. Das Bild verschwand wieder und Sayuri öffnet ihre Augen wieder. Mittlerweile hatte sie bemerkt, dass ihre Visionen sich zum Teil ihren Wünschen anpassten oder kamen wenn eine Person die ihr Nahe stand oder sie selbst in Gefahr war. Gerade hatte sie an den Tod der Verräter gedacht und dann überkam sie das Bild. Sie konnte also davon ausgehen, dass dieses Bild mit ihrem Sterben zu tun hatte. Würde sie sich gefangen nehmen lassen um in den Palast zu kommen? Würde sie es sein, die diesen Männern ihre Strafe zuführte? Sie konzentrierte sich und versuchte weiter Bilder zu bekommen, doch schon bald gab sie auf. Sie musste wohl akzeptieren, dass ihre Gabe sich nicht vollkommen nach ihrem Willen formen ließe.

Zwei Wochen nach Ende des Kampfes waren die weiteren Vorbereitungen abgeschlossen. Sie hatten ein neues Heer, der Proviant war auf Karren geladen und nun hatten sie auch Pferde. Tian hatte fast alle Kavalleristen vor dem Angriff in andere Städte geschickt und nur die Infanteristen zurück behalten. Hätte es ihr Feind über die Mauern geschafft und hätte die Tore geöffnet, wären sie gnadenlos überrannt worden, doch ihr Oberbefehlshaber schien sich sicher zu sein, dass es nicht dazu kommen würde und er hatte Recht behalten. Nun hatten sie eine voll aufgeruhte und gesunde Kavallerie. Ihre Armee kam nun auf eine Stärke von 150.000 Mann und sie marschierte Richtung irgendeiner Ebene, den Namen hatte Sayuri wieder vergessen, zu ihren Feinden. Ihre Späher hatten berichtet, dass sie dort ihr Lager errichtet hatten. Sayuri behagte der Gedanke noch immer nicht, dass ihr Gegner, diesen Platz gewählt hatte und genug Zeit hatte um sich auf den Kampf vorzubereiten. Nun waren sie am Zug und sie selbst konnten sich ihnen nur anpassen. Gerade nun beim Kampf auf offener Fläche mussten sie mit Fallen und Hinterhalten rechnen. Sayuri hatten Die Kunst des Krieges gelesen und war sich ihres Nachteils nur zu bewusst. Außerdem waren sie zahlenmäßig noch immer in Nachteil, denn auch ihr Feind hatte seine Verluste ausgeglichen und war sogar auf stolze 250.000 Mann angewachsen. Alles in Sayuri wehrte sich in diese Schlacht zu ziehen, ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, sie konnten nicht gewinnen. Nicht wenn alle Vorteile bei ihren Feinden lagen. Sie hatten kein Ass im Ärmel, mit dem sie das Blatt wenn nötig wenden konnten. „Du siehst unsicher aus. Was bedrückt dich?“ Sayuri wandte sich Sheng zu und lächelte schief. „Ich habe kein gutes Gefühl bei diesem Kampf.“ Ihr Freund war sofort alarmiert und winkte den Rest der Gruppe näher. „Hast du was gesehen?“ Sayuri sah sich um, aber keiner der Soldaten wagte sich in ihre Nähe. „Nein. Es ist einfach nur ein Gefühl. Ich meine Mian und Tian sind sich dieser Schlacht bestimmt auch nicht sicher. Zu viele Vorteile liegen in den Händen unserer Feinde. Sie sind in der Überzahl, haben das Gelände gewählt und sicher auch genau erkundet. Sie werden Fallen aufgestellt haben und werden uns in Hinterhalte locken. Dieses Mal werden die Offiziere und Generäle mehr auf sich gestellt sein und eigenständig Entscheidungen treffen. Ich will ihnen gar nicht unterstellen, dass sie sich vom Feind ködern lassen, aber es besteht die Möglichkeit und sie ist in diesem Fall höher, als normal.“ Die beiden Generäle nickten bedrückt, sagten aber nichts. „Es fängt ja schon damit an, dass wir zum Handeln gezwungen waren, da mit jedem Tag den wir verstreichen lassen, Huhai seine Machtbasis erweitern könnte und immer mehr Soldaten unter sich sammeln kann. Wir stehen unter Zugzwang und müssen uns auf diesen unvorteilhaften Kampf einlassen.“ Sie wussten, dass sie alle nichts an den Gegebenheiten ändern konnten, doch deswegen musste es ihr noch lange nicht gefallen. „Ich verstehe was du meinst, doch die Soldaten beobachten uns, gerade dich. Du bist immerhin der Held im Kampf um Donghai. Wenn du so unsicher aussiehst wird das die Moral und den Kampfgeist unserer Truppen nur noch mehr drücken. Also setz ein motivierten Gesichtsausdruck auf.“ Sheng hatte Recht, sie konnten es sich nicht auch noch leisten, dass ihre Truppen furchtsam wurden. Sie straffte also den Rücken und hob das Kinn an. Sie würden noch zwei Tage bis zum Ziel brauchen und bis dahin durften ihre Männer nicht den Mut verlieren. „Was haltet ihr davon, wenn ich schon mal vorreite und mich etwas umsehe?“ Fusu schüttelte sofort den Kopf. „Vergiss es. Es hat sich schon herum gesprochen, dass es eine wunderschöne Frau, mit blauen Augen, war, die den Kampf um Donghai entschieden hat. Du wärst ein zu einfaches Ziel.“ Er hatte Recht, doch irgendetwas musste sie tun. „Die Last dieser Schlacht lastet nicht allein auf deinen Schultern. Du solltest deinen Freunden und Kameraden mehr vertrauen. Wir werden es schon gemeinsam schaffen.“ Fusu hatte leicht reden, wenn sie sterben würden, wäre sie vollkommen allein in dieser Welt. Sie hatte nicht den Luxus einfach mit ihnen sterben zu können. Außerdem ließ sie ihre Vision in Ketten vor Fusus Bruder nicht mehr los. Sie versuchte ihre negativen Gedanken zu verdrängen und konzentrierte sich auf den Weg vor sich. Nach einer Weile schob sich ein Bild vor ihre Augen, mittlerweile hatte sie sich an diese kurzen Einblicke in die Zukunft während des Tages gewöhnt. Doch was sie dieses Mal sah ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Bailong, wurde von Sheng und Tian getragen und hang leblos in ihren Armen. Sein Bauch war aufgeschlitzt und blutete fürchterlich. In der nächsten Sekunde war das Bild wieder verschwunden. Sie konnte es nicht verhindern, sie fing an zu weinen. Sie durfte ihren Freund nicht verlieren. Fusu war sofort an ihrer Seite und fragte was mit ihr los sei. „Bailong wird sterben.“ Natürlich war dieser in der Nähe und hatte sie gehört. Er wurde erst ganz blass, dann kam er näher und wollte genauer aufgeklärt werden. Sayuri beschrieb das Bild, welches sie gesehen hatte und Bailong lachte freudlos. „Immerhin bin ich jetzt darauf vorbeireitet.“ Sayuri schüttelte panisch den Kopf. „Ich werde dich nicht sterben lassen. Ich habe davor auch schon Fusus und Mians Tod gesehen, aber ich konnte es immer verhindern. Deswegen sehe ich es doch, damit wir uns anpassen können und gegebenenfalls die Zukunft ändern können. Ich lasse dich mit Sicherheit nicht sterben. Keinen von euch.“ Mehr hatte sie nicht zu sagen. Sie trieb Hua an und diese ritt im schnellen Galopp davon.

Sayuri lag in ihrem Zelt und dachte über den nächsten Tag nach. Sie hatten mittlerweile ihr Ziel erreicht und ihr Lager errichtet. Die Besprechung mit den Generälen und Offizieren hatten sie auch schon hinter sich gebracht. Bailong, Sheng und sie waren nun offiziell Offiziere mit 1.000 Soldaten unter ihrem Kommando. Sie waren unabhängige Einheiten, die sich frei bewegen konnten und je nach dem wie sie es für nötig hielten, in den Kampf eingreifen durften. Sie hatten schon beschlossen zusammen zu kämpfen, also hatten sie genau gesehen eine 3.000 Mann starke unabhängige Gruppe, die tun und lassen konnte was sie wollten. Unter Sayuri hatten sich die besten Bogenschützen versammelt, sie war also wirklich auf die Hilfe der Beiden anderen angewiesen. Jeder hatte 300 Reiter und 700 Fußsoldaten unter sich. Bei der Besprechung ist Sayuri dann ein Fehler in ihrem Plan aufgefallen, doch sie würde es den Männern nicht sagen. Sie hatten Sayuri so gut es ging in allen Waffen unterrichtet, doch keiner hatte ihr beigebracht, auf dem Rücken eines Pferdes zu kämpfen. Natürlich könnte sie wenn es in den Nahkampf ging Hua zurück lassen und sich zur Infanterie gesellen, doch hätte sie so nur geringe Chancen gegen einen berittenen Soldaten. Nicht nur, dass ein Fußsoldat immer im Nachteil war, wegen des Höhenunterschiedes, sie war auch nur 1,58 Meter groß. Ihre Chancen standen also wirklich schlecht und würde sie die Männer auf diesen Fehler in ihrer Vorbereitung hinweisen, würden sie Sayuri wohl aus der Front nehmen. Doch das kam überhaupt nicht in Frage, immerhin musste sie bei Bailong bleiben um sein Überleben zu sichern. Jemand betrat ihr Zelt und sie sah Richtung Eingang und war nicht sonderlich verwundert dort Fusu zu sehen. Sie lächelte ihm entgegen und winkte ihn zu sich. Er kam zu ihr und küsste sie kurz, aber zärtlich. „Bitte pass morgen gut auf dich auf. Ich weiß dir kann eigentlich nichts passieren, aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut. Ich ertrage es nicht gut, dich andauernd in blutüberströmter und zerfetzter Kleidung zu sehen.“ Dies war ihr schon lange bewusst, doch Sayuri konnte daran nichts ändern. Sie würde sich nicht verkriechen, wenn sie eine Hilfe sein konnte. „Ich werde auf mich acht geben. Mach du bitte das Selbe.“ Immerhin war er sterblich und der Feind hatte es vor Allem auf ihn abgesehen. „Mian und Tian werden mich wie immer nicht aus den Augen lassen. Du brauchst dir also absolut keine Sorgen um mich zu machen.“ Was für eine dumme Aussage, natürlich würde sich Sayuri um ihn sorgen, immerhin liebte sie ihn und 250.000 Soldaten hatten sich zum Ziel gesetzt ihm seinen Kopf zu nehmen. Sie sagte einfach nichts dazu, manchmal war Schweigen besser, so würden sie keine Diskussion führen und ihren gemeinsamen Abend ruinieren. Sayuri lehnte sich zu ihm und küsste ihn sacht um ihn so von seinen Gedanken abzulenken. Und wie sie schon gedacht hatte, hatte sie damit auch Erfolg. Zumindest so lange, bis wieder jemand in ihr Zelt trat. Bailong und Sheng hatten sich zu ihnen gesellt und sahen sie belustigt an. Sayuri rückte etwas von ihrem Geliebten ab und stand dann auf. „Was bringt euch her?“ Sie setzten sich alle an ihren Tisch, noch so eine Sache die Fusu zu verantworten hatte. Sayuri hatte eine Unterkunft wie ein General bekommen. „Wir würden uns gern über unsere Taktik für morgen unterhalten.“ Dies war eine gute Idee, doch Sayuri hätte wirklich diesen einen Abend für sich und Fusu gehabt. „Wir können jetzt noch keine Taktik aufstellen, immerhin wissen wir noch gar nicht wo wir morgen angreifen werden. Es kommt ganz auf die Situation des Schlachtfeldes an.“ Die Männer nickten und man sah ihnen ihre Nervosität an. Es lag nicht wirklich an dem Kampf, Sayuri vermutete, dass es an ihrer Verantwortung lag. Plötzlich waren sie für das Leben so vieler Menschen zuständig. „Wir werden bei der Kavallerie bleiben und die Infanterie den anderen Kommandanten überlassen. Sie werden uns folgen und anpassen. Wenn wir uns für einen Angriff entscheiden sollten, werdet ihr den Angriff führen und meine Reiter werden mit mir hinter euch bleiben und euch mit unseren Pfeilen unterstützen. Vergesst dabei nie, dass ich und meine Männer euch im Nahkampf nicht unterstützen können. Um mehr müsst ihr euch Momentan nicht kümmern.“ Sie sahen nicht wirklich überzeugt aus, aber sie hatten sich etwas entspannt. „Geht jetzt schlafen, ihr werdet die Kraft morgen brauchen.“ Sie nickten und verließen ihr Zelt wieder. Sie legte sich zurück zu Fusu und kuschelte sich an ihn. „Sie waren nicht gerade gesprächig.“ Sayuri begann Fusus Brust zu streicheln und er ihren Rücken. „Hm, daran können wir nichts ändern. Es ist ihre erste richtige Schlacht. In Donghai waren sie mehr Laibwächter, als Soldaten. Und jetzt haben sie auch noch das Kommando, ich kann verstehen, dass diese Aufgabe sie etwas einschüchtert, mir geht es nicht anders. Ich frage mich wirklich was sich Tian dabei nur gedacht hat uns zu Offizieren zu machen.“ Fusus Brust schüttelte sie durch als er zu lachen begann. „Ich denke nicht, dass Tian wirklich so weit gedacht hat. Er vertraut euch und eurem Urteilsvermögen, deswegen seid ihr auch eine unabhängige Einheit. Er wird dabei nur eure bisherigen Leistungen im Blick gehabt haben und vergessen haben, dass ihr keine wirkliche Erfahrung habt.“ Aber genau das war es, was Sayuri am meisten Sorgen bereitete. Dieser Mangel an Erfahrung war es, der ihnen das Genick brechen konnte, wenn sie im Kampf waren. „Wir werden morgen sehen, ob sich dieser Entschluss als weise erweißt.“ Sie spürte das Nicken ihres Geliebten mehr als es zu sehen, aber das war auch nicht wichtig.



Kapitel 14


Sayuri erwachte am nächsten Morgen ganz entspannt noch vor Sonnenaufgang. In der vergangenen Nacht hatte Fusu sie noch einmal zärtlich geliebt bevor sie eng aneinander geschmiegt eingeschlafen waren. Sie wand sich vorsichtig aus seinen Armen, wusch sich und kleidete sich an. Sie sah kurz vorm Verlassen ihres Zeltes noch einmal zurück zu ihrem Geliebten und schritt dann hinaus. Es war schon einiges los in ihrem Lager und die Vorbereitungen für die Schlacht liefen. Sayuri begab sich zu Bailong und Sheng. „Guten Morgen. Wie ich sehe habt ihr es nicht geschafft in der Nacht gut zu schlafen. Taucht euren Kopf in eines der Wasserfässer um richtig wach zu werden, so wie ihr jetzt ausseht könnt ihr nicht vor die Soldaten treten.“ Sie kamen ihrer Aufforderung nach und dann gingen sie gemeinsam zu ihren Einheiten. Sie stellten sich ihren Männern vor und erklärten ihnen wie sie an diesem Tag gedachten vorzugehen. Mi lehnte sich zu ihr herüber und Sayuri wäre vor Schreck fast aus der Haut gefahren. Es war wirklich erstaunlich wie sie es immer wieder schaffte sie unbemerkt zu verfolgen. „Die Männer sehen etwas verunsichert aus. Sie sind es wohl nicht gewöhnt, dass man ihnen so genau einen Plan erklärte. Sie befolgen normalerweise einfach Befehle.“ Sayuri sah sich die Soldaten erneut an und musste Mi Recht geben, aber sie würde an ihrer Art nichts ändern. „Sie werden sich an unsere Vorgehensweise gewöhnen müssen.“ Mi nickte nur und stellte sich wieder gerade hin. Es hatte Sayuri ganze 50 Säcke Salz gekostet sie freizukaufen. Tians Onkel war wirklich ein gieriger Arsch, Sayuri war sich sicher, dass der Händler nicht mal halb so viel gezahlt hätte. Aber Mi war nun frei und dies hatte Sayuri nicht wirklich etwas gekostet. Sollte dieser Mann doch bekommen was er wollte, wenn das Mädchen dafür leben konnte wie sie wollte. Sayuri hatte ihr sogar angeboten zu gehen, sie konnte nun tun was auch immer sie wollte. Doch Mi wollte an ihrer Seite bleiben, Sayuri war sich nicht wirklich sicher, ob dies wirklich ihr Wunsch war, oder weil sie sich ihr verpflichtet fühlte. Sayuri winkte sie noch mal zu sich. „Ich möchte, dass du das Kommando über die Fußsoldaten übernimmst, sollten sich Kavallerie und Infanterie trennen.“ Mi sah erschrocken aus, doch Sayuri vertraute ihr und ihrem Urteilsvermögen. Das Mädchen nickte knapp und drückte den Rücken durch.

Die Schlacht war in vollem Gange und Sayuri war mal wieder schlecht. Sie glaubte nicht, dass sie sich je wirklich an den Anblick und den Geruch würde gewöhnen können. Die Hauptstreitkräfte waren aufeinander getroffen und Sayuri musste zugeben, dass sie die Soldaten auf ihrer Seite unterschätzt hatte. Sie hielten sich richtig gut und dies trotz eines Unterschieds von bestimmt 20.000 Mann. Die linke Seite schien allerdings Probleme zu haben, der Feind hatte dort seine Reiter konzentriert und versuchte nun über diese Flanke in ihr Hauptquartier vorzudringen. „Sollen wir eingreifen oder warten wir noch etwas und sehen wie Tian darauf reagiert?“ Gute Frage, sie wusste es nicht wirklich. Mit ihren 3.000 Soldaten könnten sie die gegnerischen Reiter aufhalten und ihren Männern die Möglichkeit geben sich neu zu formieren. Allerdings würden sie bei diesem Zusammenstoß bestimmt eine Menge ihrer Männer verlieren. Sayuri atmete tief durch. Sie konnte von solchen Gedanken nicht ihre Entscheidung abhängig machen. Sie musste das Gesamtbild im Kopf behalten. „Wir greifen an. Wir sind am nächsten und wenn nicht bald etwas passiert werden sie weiter in unser Zentrum vordringen. Wir werden von der Seite angreifen und so die Front vom Rest trennen. Allein werden sie es nicht bis zu Tian schaffen.“ Sheng und Bailong gaben ihre Befehle und alle machten sich bereit. Sayuri erklärte ihren Männern noch mal genau ihre Aufgaben. „Wir Reiter werden direkt hinter unseren Verbündeten bleiben und den Feind mit unseren Pfeilen unter Beschuss nehmen. Sobald sie mit den Gegnern zusammentreffen werden wir stehen bleiben und ihnen nicht weiter folgen. Konzentriert euch darauf die Nachhut des Feindes auszuschalten. Achtet bitte darauf nicht unsere eigenen Männer zu verletzen. Wir sind eine unterstützende Einheit, wir überlassen den Anderen den Nahkampf. Bitte vergesst niemals, dass wir Bogenschützen im Nahkampf hilflos sind, überprüft also zwischendurch immer wieder das Kampfgeschehen. Verstanden?“ Ein einheitlichen: „Ja“, war zu vernehmen und Sayuri drehte sich wieder um und sah nun Mi an. „Du weißt was du zu tun hast. Die Fußsoldaten sollen uns folgen und sich uns anpassen. Du achtest auf das Gesamtgeschehen und gibst zur Not den Befehl zum Rückzug und machst uns auf andere Dinge aufmerksam. Ich versuche auch alles im Blick zu behalten, aber ich werde auch kämpfen, also verlasse ich mich auf dich. Solltest du ein hohes und lautes Pfeifen durch die Luft fliegen hören, dann versuch zu entkommen und rette so viele Männer wie du kannst. Dies ist das Zeichen, dass etwas unterwartetes Geschehen ist und wir Probleme haben. Tian wird dann Hilfe schicken, also keine Heldentaten. Rette dich zu erst selbst wenn du kannst.“ Mi sah beunruhigt aus doch sie nickte. Sie hatte mit Sheng und Tian besondere Pfeile für sie gebastelt. Wenn sie sie verschießt pfeifen sie wie richtig laute Silvesterkracher. Fusu hatte darauf bestanden, dass sie irgendwas brauchte um in der Not Hilfe rufen zu können. Sheng war auf die Idee mit den pfeifenden Pfeilen gekommen. Sayuri hingegen hatte sich farbiges Puder besorgt und dieses in Säckchen verpackt. Nach dem ersten Pfeil würde sie so eins an einem ihrer Pfeile befestigen und diesen gerade in die Luft schießen, es würde dann aussehen, als würde von ihrer Position aus farbiger Rauch aufsteigen. Man würde sie also auf jeden Fall finden. Sayuri klärte nun auch ihre Kavallerie über diese Besonderheit auf, auch darüber, dass sie sich in Sicherheit bringen sollten wenn möglich. Sie würde diesen Pfeil nur benutzen wenn die Lage wirklich aussichtslos war, also sollten sie sich lieber zurückziehen, neu formieren und ihnen dann zu Hilfe kommen. Sie wünschte sich wirklich sehr, dass sie nie in die Lage kommen würde, diesen Pfeil fliegen zu lassen. Bailong und Sheng führten ihre Pferde neben sie. „Dann mal los.“ Sie gaben den Befehl zum Angriff und trieben ihre Pferde an. Sayuri blieb noch zurück und wartete bis fast alle 600 Reiter weg waren bis sie selbst zum Angriff aufrief. Ihre Männer hielten sich an ihre Vorgaben und ritten gekonnt hinter den anderen Einheiten. Sayuri blickte noch mal zurück und sah wie Mi die Fußsoldaten anführte die ihnen so schnell sie konnten folgten. Und sie musste zugeben, sie hätte nicht gedacht, dass diese Männer mit ihren Rüstungen würden so schnell rennen können. Dann sah sie wieder nach vorn und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. Ihre Spitze war nur noch wenige hundert Mieter vom Feind entfernt und würde bald auf sie treffen. Sayuri beschleunigte und führte ihre Männe etwas weiter an die Spitze, dann hielt sie an und begann mit ihrem Angriff. Die Soldaten unter ihrem Kommando taten es ihre gleich. Kurze Zeit später trafen die zwei Armeen aufeinander und der Nahkampf begann. Ihre Einheit ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern hob ihre Bögen einfach etwas höher und nahm ihre Gegner weiter unter Beschuss. Sayuri konzentrierte sich darauf Sheng und Bailong nicht aus den Augen zu verlieren und zur Not zur Hand zu gehen. Sie und ihre Männer schlugen sich wirklich gut und hatten es erfolgreich geschafft die Spitze ihrer Feinde vom hinteren Teil zu trennen. Wer auch immer diesen Angriff angeführt hatte saß nun in der Falle und war umzingelt von Gegnern. Sayuri ordnete ihre Männer neu, damit sie sich nun auf die Nachhut konzentrierten. Je mehr sie ausschalteten, desto weniger mussten ihre Verbündeten kämpfen. Ergo weniger Tote auf ihrer Seite. Nach etwa einer halben Stunde traf Verstärkung auf ihrer Seite ein und sie zogen sich wieder zurück. Sie hatten den Angriff ihrer Gegner aufgehalten um den Rest musste sich die Hauptarmee kümmern. Bailong und Sheng kamen zu ihr und Sayuri erschreckte der Anblick. Sie waren nicht verletzt doch sie waren über und über mit Blut beschmiert. „Geht es euch gut?“ Sie nickten. „Ja aber ich habe vorhin von meinem Standpunkt aus etwas Beunruhigendes gesehen. Eine unserer Armeen wurde auf der rechten Flanke vollkommen überrannt und floh in die Berge. Sie wurden vom Feind verfolgt und ich befürchte, wenn nicht bald Hilfe geschickt wird, werden wir eine komplette Armee verlieren.“ Sie beschleunigten und begaben sich auf die andere Seite des Schlachtfeldes. Sofort bekam Sayuri ein ungutes Gefühl. Auf dieser Seite waren sie von Bergen umgeben, es würde nicht einfach werden ihre Männer zu finden und zu retten. Ganz zu schweigen davon, dass der Feind sie mit Absicht in dieses Gebiet getrieben haben könnte und dort eine Falle auf sie warten könnte. Das alles erzählte sie den Männern an ihrer Seite, sie wollte dort nicht nach. Zumindest nicht mit ihren nicht mal mehr 3.000 Mann. „Ich werde unsere Männer mit Sicherheit nicht im Stich lassen. Ich werde ihnen auf jeden Fall hinter her reiten. Tian wird bestimmt bald auch Verstärkung schicken.“ Sayuri versuchte ihren Freund aufzuhalten und auch Sheng schlug sich auf ihre Seite, doch Bailong ließ sich nicht belehren. Sie sah den Musiker verzweifelt an. „Wir können ihn nicht in seinen Tod schicken.“ Wie konnte er nur so unvorsichtig sein? Gerade wo sie ihm doch erzählt hatte, seinen Tod gesehen zu haben. „Dann werden wir ihn begleiten müssen.“ Sie nickte und gab die Befehle. Sie machten sich auf den Weg in die Berge um ihre Soldaten zu retten, jetzt konnte Sayuri nur noch beten, dass ihr Gefühl sie täuschte.

Fusu tigerte wie immer im Hauptquartier auf und ab und machte die anwesenden Generäle damit ganz wahnsinnig, doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Sein Lauf wurde nur von den immer wieder kommenden Berichterstattern unterbrochen. Es hatte ihn gefreut und beruhigt als er vom erfolgreichen Eingreifen seiner Freunde und Geliebten gehört hatte. Sie hatten schnell reagiert und sie vor großen Schaden und Verlusten bewahrt. Tian hatte diese Zeit sofort genutzt um ihre Truppen neu zu formieren und zum Gegenangriff auszuholen. Auch hatten sie es geschafft den gegnerischen Offizier auszuschalten, der den Angriff geleitet hatte. Er konnte Stolz auf seine Frau sein, denn er war sich sicher, dass sie die Taktik bestimmt hatte. Ein neuer Bote kam. „Die Armee von Liu Li wurde geschlagen und befindet sich auf der Flucht in den Bergen. Der Feind verfolgt sie.“ Das waren fast 20.000 Soldaten, die von Lord Liu geschickt wurden. Liu Li war sein Neffe und war als ihr General geschickt worden. Sie hatten alle ihre Zweifel an dem Mann und seinen Fähigkeiten gehabt, doch sie konnten nichts dagegen tun. Ein neuer Bote kam herein gestürmt. „Die unabhängigen Einheiten von Sheng, Bailong und Lady Sayuri haben die Verfolgung unserer verstreuten Soldaten in den Bergen aufgenommen. Lady Sayuri hat mich mit der Aufgabe betraut um Verstärkung zu bitten.“ Tian begann sofort damit Befehle zu brüllen und eine organisierte Hilfstruppe aufzustellen. Dann hörte er es. Fusu blickte in den Himmel, doch er konnte natürlich nichts erkennen. „Tian, da war das Pfeifen.“ Dieser schien es auch gehört zu haben. „Ich werde selbst los reiten und ihnen helfen. Wir können es uns nicht leisten so viele Männer zu verlieren.“ Er machte sich schon auf den Weg zu den Pferden. Fusu begleitete ihn und schwang sich auf seine Stute. „Ich werde mit dir kommen.“ Mian hatte sich auch schon stumm zu ihnen gesellt. „Ihr solltet hier bleiben, Hoheit.“ Er trieb sein Pferd einfach vorwärts, sie konnten ihre Zeit nicht mit Diskussionen verschwenden. Er sah Richtung Berge und entdeckte den roten Rauch. Er zeigte darauf. „Dort sind sie.“ Er beschleunigte noch mehr und wurde dann plötzlich von Mian aufgehalten, der sein Pferd einfach vor seines führte. Beide scheuten und es dauerte kurz bis die Männer ihre Tiere wieder unter Kontrolle hatten. „Ich werde Euch nicht aufhalten uns zu begleiten, aber Ihr könnt nicht einfach blind drauf los reiten. Wir müssen unsere Männer mit uns nehmen, sonst können wir ihnen nicht helfen. Und wenn es ganz schlecht kommt erwischt es uns gleich auch. Also beruhigt Euch bitte wieder etwas, Eure Hoheit.“ Er nickte stumm und sah einfach zum Rauch, der ihm genau zeigte wo seine Liebste gerade in Schwierigkeiten steckte. Sie musste noch durchhalten. Tian und Mian waren innerhalb von Minuten bereit und sie begannen mit ihrem Sturm. Um Fusu versammelten sich seine Wachen und er hatte Schwierigkeiten noch zu sehen was sich vor ihm befand. Er konnte sich jetzt nur auf die Reiter vor sich verlassen und ihnen folgen. Sie ritten wirklich so schnell sie konnten und erreichten nach einer gefühlten Ewigkeit endlich den Schauplatz des Kampfes. Fusu ritt wieder an die Spitze als sie angehalten hatten und sah sich um. Sayuri und der Rest waren in eine Falle geraten, sie waren umzingelt von Bergen und der einzige Ausgang wurde ihnen von einer bestimmt 30.000 Mann starken Armee versperrt. Sie hatten nur um die 5.000 Mann mit sich genommen. Tian hatte bestimmt gedacht, dass sie ihre Reihen mit den geflohenen Soldaten hätten füllen können. Leider schien es von Anfang an eine Falle gewesen zu sein. Lord Liu hatte wohl entschieden sie zu verraten. Es wunderte Fusu nicht wirklich, immerhin sahen die Chancen schlecht aus, dass es eines der Häuser schaffte Sayuris Errungenschaften zu übertrumpfen. Sein Bruder musste ein besseres Angebot gemacht haben. „Was machen wir jetzt?“ Tian sah ihn kopfschüttelnd an. „Es wäre Selbstmord zu versuchen sie dort heraus zu holen. Wir haben einfach nicht genügend Männer. Selbst wenn wir sie nun von zwei Seiten angreifen können, werden wir es nicht schaffen eine Schneise zu schlagen um unsere Männer dort hinter der Armee zu retten.“ Tian sah verzweifelt aus und Fusu verstand es. Doch er würde seine Männer und seine Geliebte nicht einfach im Stich lassen. „Tut mir leid alter Freund, doch wir werden sie nicht im Stich lassen. Wir holen unsere Freunde und Soldaten dort heraus. Das ist ein Befehl.“ Tian straffte sich und sie begannen mit dem Angriff. Die Hälfte blieb zurück und würde von dieser Seite aus angreifen, sie würden sich auf die andere Seite kämpfen und zu Sayuri und dem Rest stoßen. Und sie mussten wirklich hart kämpfen und verloren viele ihrer Männer. Als sie es endlich schafften traute Fusu seinen Augen kaum. Bailongs, Shengs und Sayuris Einheiten waren fast vollständig ausgelöscht worden. Wenn er raten musste würde er sagen nicht mal hundert Mann hatten überlebt. Schnell ritt er zu seiner Geliebten und seinen Freunden und half ihnen. „Ihr habt euch wirklich Zeit gelassen.“ Sayuri sah sich genauer um und sah ihn unsicher an. „Bitte sag mir, dass ihr noch mehr Soldaten dabei habt, oder eine große Armee auf der anderen Seite.“ Er schüttelte nur den Kopf und wehrte einen Gegner ab und erschlug ihn. „Wir hatten nicht genug Zeit. Außerdem hatte keiner von uns mit Liu Lis Verrat gerechnet. Wir dachten wir könnten mit seinen Männern unsere Reihen aufstocken.“ Sayuri duckte sich unter einem Schwerthieb weg und rammte dem Angreifer ihr Schwert in den Bauch. „Wir müssen uns hier irgendwie raus kämpfen, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen wie wir dies schaffen sollten. Du hättest nicht her kommen sollen, als du gesehen hast wie die Lage war.“ Tian kam zu ihnen. „Wir sollten von unseren Pferden runter, hier so dicht zusammen gepfercht behindern sie uns nur in der Beweglichkeit. Der Feind wird die Pferde nicht aufhalten wenn sie ohne Reiter davon laufen.“ Alle kamen seinem Vorschlag nach und Sayuri seufzte erleichtert auf. Sie gaben ihren Pferden einen Schlag auf den Schenkel und sie rannten davon. Es waren gute Tiere und sie würden zurück zum Hauptquartier rennen. Dann stellten sich seine Freunde zu ihm und umzingelten ihn. „Du musst überleben.“ Jetzt wurde er wieder in Schutz genommen, dabei wollte er helfen und keine Last sein. Er drängte sich neben Sayuri und griff kurz nach ihrer Hand. Sie sah ihn verstehend an. „Das ist die Szene aus meiner Vision.“ Dann erinnerte auch er sich wieder, dass sie mal davon gesprochen hatte, dass sie alle Seite an Seite kämpfen würden, während sie von einer Übermacht angegriffen wurden. „Du hast nicht zufällig gesehen wie wir es hier auch wieder raus schaffen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich habe Ereignisse nach diesem hier gesehen. Also muss es irgendwie einen Ausweg geben.“ Sie sah sich um und alle taten es ihr gleich während sie weiter ihre Angreifer abwehrten. Fusu konnte nichts erkennen, was ihnen zur Flucht verhelfen konnte. Neben ihm schrie Sayuri erstickt auf, als er zu ihr sah, zog sie sich gerade einen Pfeil aus der Brust. Schnell wehrte er einen weiteren Mann ab, der nach Sayuri ausgeholt hatte. „Wo ist Mi?“ Fusu sah zu Mian, der die Frage gestellt hatte und sah sich dann nach der jungen Frau um. „Ich habe sie noch vor der Verfolgung zurück gelassen. Sie müsste also im Hauptquartier sein.“

„Sayuri schieß einen weiteren Pfeil mit Rauch in die Luft, wenn sie es sieht, dann wird sie wissen, dass unsere Verstärkung nicht genug war. Vielleicht findet sie einen General, der ihr zuhört und Hilfe schickt.“ Sayuri kam der Aufforderung nach, aber man sah ihr an, dass sie keine große Hoffnung für diesen Plan hatte. Außerdem würde es Ewig dauern bis sie jemanden gefunden hatte und dann alles organisiert war. Sayuri drängte sich wieder nach vorn und zog ihn hinter sich. „Ich kann nicht sterben und du darfst nicht sterben, also bleib bitte hinter mir. Dieser Krieg ist mit deinem Tod verloren.“

Sayuris Gedanken kreisten und suchten nach einem Ausweg. Es musste einen geben, irgendwas hatte sie übersehen. Nur was? Sie wünschte sich eine dieser Fantasy Heldinnen zu sein, über die sie so gerne las. Die entwickelten in solchen Situationen, wenn alles ausweglos schien immer die besten Fähigkeiten. Sie würde jetzt alles dafür geben, plötzlich zaubern zu können und zum Beispiel die Elemente zu beherrschen. Und dann passierte etwas, was noch nie zuvor geschehen war, ihr den Atem raubte und an ihrem Verstand zweifeln ließ. Die Zeit schien still zu stehen. Niemand bewegte sich mehr, selbst der Wind hatte aufgehört zu wehen. Sie sah sich nach ihren Freunden um, doch auch diese waren erstarrt. Dann befand sie sich plötzlich wieder in dem Raum aus gelbem Licht. Der Mann wartete schon auf sie und lächelte ihr entgegen. „Es scheint als wärst du endlich bereit dazu mich zu hören und deine Gabe zu akzeptieren.“ War das hier wirklich echt? Sie hatte ihn noch nie richtig verstanden und nun hörte sie nicht nur einfach Wörter sondern ganze Sätze. Und was meinte er damit, sie hätte ihre Gabe akzeptiert? „Ich weiß nicht wovon Sie sprechen. Wer sind Sie?“ Er kam auf sie zu und nahm ihre Hände in seine. „Ich bin du. Irgendwie zumindest. Du hast mich erschaffen, weil du eine Erklärung für all die Geschehnisse haben wolltest.“ Konnte dieser Mann vielleicht noch mehr in Rätseln sprechen? Sie hatte keine Zeit für so was sie musste einen Weg finden ihre Freunde und ihren Liebsten zu retten. „Bitte erklären Sie es mir so, dass ich es verstehe ohne groß darüber nachzudenken.“ Er neigte sein Haupt und begann. „Ich beginne am besten am Anfang. Du warst schon immer etwas Besonderes. Als du noch nicht geboren warst betet deine Mutter dafür, dass sich all deine Wünsche erfüllen mögen. Sie hat dich schon so sehr geliebt, obwohl du noch nicht mal auf der Welt warst, dass es die Götter rührte, also gewährten sie deiner Mutter ihre Bitte. Deswegen ging dein innigster Wunsch stets in Erfüllung. Diese Gabe hattest du schon immer und nicht erst seid du in diese Zeit gekommen bist. Nur deswegen hast du überhaupt überlebt und bist nicht ertrunken. Dein Wille und Streben nach dem Leben war so groß, dass sich dein Wunsch erfüllte indem du unbewusste von der Quelle des Lebens getrunken hattest. Und dich hat auch niemand in diese Zeit und an diesen Ort geschickt, dass warst auch du selbst. Schon seid längerem verzehrst du dich unbewusst danach endlich die Liebe zu erfahren, deswegen bist du hier gelandet und zu Fusu geführt worden. Er ist unter allen Mensch die je gelebt haben und noch leben werden dein perfekter Partner. Auch dein Tiger ist durch deinen Wunsch so zahm und versteht dich. Du musst verstehen, dass du deine Wünsche nicht lenken kannst, es geht immer dein innigster Wunsch in Erfüllung, doch wie kannst du vorher nie genau bestimmen. Du wolltest wissen was dich in der Zukunft erwartet und dann begannen deine Visionen. Du wolltest deine Distanz beim Bogenschießen erweitern um den anderen kein Hindernis sondern eine Hilfe zu sein und deine Augen verbesserten sich. Wenn du dich wirklich auf einen Punkt in der Ferne konzentrierst wirst du feststellen, dass du Kilometer weit sehen kannst. Auch dein Gehör hast du am ersten Tag beim Kampf um Donghai verändert, da du dir so sehr gewünscht hattest zu wissen wer der Verräter ist und an dir gezweifelt hast ob es wirklich Fei war. Du siehst also, es gibt nichts was du nicht könntest, doch dafür muss es sich wirklich um deinen innigsten Wunsch handeln. Du kannst dir zum Beispiel nicht einfach eine Gabel wünschen und plötzlich hast du eine in der Hand. Verstehst du?“ Ja, sie verstand. Er hatte es ja auch lang und breit erklärt. Nun verstand sie vieles, zum Beispiel warum sie auf einmal diese Sprache beherrschte, doch noch nicht alles. „Und wieso kann ich dich jetzt verstehen? Was meintest du damit ich hätte meine Gabe akzeptiert?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin mir auch nicht wirklich sicher. Ich existiere ja auch nicht wirklich, ich bin nur in deinem Kopf, weil du dir Erklärungen gewünscht hattest. Aber ich denke der Auslöser war dein Gedanke daran magische Fähigkeiten haben zu wollen um deine Freunde retten zu können.“ Das ergab keinen Sinn. Klar hatte sie den Gedanken und noch immer wünschte sie es sich, aber deswegen hatte sie ihre Gabe noch lange nicht akzeptiert. Zumindest nicht, bis sie von diesem Mann darüber aufgeklärt wurde. „Und wie komme ich jetzt wieder zurück zur Schlacht?“

„Du musst mich einfach nur in Gedanken loslassen. Dann solltest du zurück können. Wenn du dich auf mich konzentrierst, kannst du jeder Zeit mit mir reden.“ Sayuri bedankte sich und konzentrierte sich auf ihre Freunde. „Halt.“ Sie sah ihn erschrocken an. „Du hast die Gabe die du dir gewünscht hast erhalten, also solltest du in der Lage sein, alle zu retten.“ Sayuri lächelte und kehrte zu ihren Begleitern zurück. Sofort lief die Zeit weiter und Fusu zog sie zu sich. „Ich werde mich nicht feige hinter meinen Freunden verstecken. Ich werde an euren Seite kämpfen und einen Ausweg finden.“ Sayuri stellte sich auf die Zehenspitzen und zog ihn etwas zu sich, dann gab sie ihm einen schnellen Kuss. „Ich liebe dich.“ Dann drehte sie sich wieder zur Armee ihrer Gegner. Sie hörte in sich hinein und spürte die Kraft in sich. Sayuri hockte sich hin und legte ihre Hände auf dem Boden, dann sandte sie ihre Energie in den Boden. Er begann leicht zu beben und begann sich in Treibsand zu verwandeln. Ihre Feinde begannen zu versinken und Sayuri ließ den Boden erst wieder still stehen, als all ihre Gegner bis zur Brust in Sand steckten. Sie erhob sich wieder und sah zu Tian. „Ich will den Kopf von Liu Li. Der Rest liegt bei dir.“ Ihre Begleiter waren bleich und sahen sie mit schreckgeweiteten Augen an. Vielleicht hätte sie etwas Unauffälligeres machen sollen, aber ihre Auswahl war auch nicht besonders groß gewesen, wenn man bedachte, dass sie keine 30.000 Mann auf einen Schlag hatte umbringen wollen. So lebten noch alle und sie konnten in Ruhe überlegen was sie nun mit ihnen machen würden. „Jetzt reißt euch wieder zusammen. Man sollte meinen ihr seid mittlerweile daran gewöhnt, dass bei mir irgendwie nichts unmöglich ist. Ich erkläre euch später wie ich es gemacht habe, aber jetzt müssen wir unseren Soldaten eine gute Erklärung liefern. Vielleicht sagen wir irgendwas in der Richtung, dass die Götter auf Fusus Seite wäre und unsere Feinde besiegt haben um sein Leben zu retten. Irgendwie so was halt.“ Sie war zwar kein Fan von Propaganda, da es in Deutschland ein so negativ behaftetes Wort war, doch dies könnte ihnen einen großen Vorteil bringen. Tian war der Erste der sich fangen konnte, wie immer eigentlich. „Seht, oh tapfere Krieger Qins, der Himmel selbst hat sich auf unsere Seite gestellt und unseren erwählten Kaiser beschützt. Er hat ganz deutlich gezeigt, dass die Zeit für Ying Fusus Tod noch nicht gekommen war. Er wollte, dass er uns führt und über ein vereintes und friedliches China herrscht. Solange der Himmel auf unserer Seite ist brauchen wir uns nicht zu fürchten und können ohne Angst unsere Feinde verjagen, die uns unseren Frieden nehmen wollen.“ Jubel brach aus und zu Sayuris Verwunderung, nicht nur unter ihren Soldaten. Sie sah sich noch mal genau um und erkannte ihr Problem. Sie drehte sich zu Fusu. „Hast du vielleicht eine Idee wie wir hier raus kommen? Die Männer können uns jetzt zwar nicht mehr angreifen, aber wenn wir jetzt an ihnen vorbei gehen, werden sie uns mit ihren Schwertern immer noch erreichen und verletzen können.“ Fusu zeigte auf die Wand in ihrem Rücken. „Ich würde sagen wir klettern.“ Sheng begann schallend zu lachen und alle stimmten mit ein. Nun da die ganze Anspannung von ihnen abgefallen war, hatten sie sich dieses Lachen verdient. Sayuri zog ihre Männer zu sich und umarmte sie. „Ich bin so unglaublich glücklich, dass wir diese aussichtlose Lage überlebt haben.“ Sie ließ sie wieder los und sah sich noch mal um. „Ich wünschte mir nur, ich hätte vorher schon etwas tun können. So viele unserer Soldaten sind hier gestorben.“ Bailong nahm sie in die Arme und flüsterte in ihr Ohr. „Es tut mir so leid. Es ist alles meine Schuld. Ich wollte unbedingt sofort hinter den Männern her um sie zu retten und habe nicht auf dich und Sheng gehört. Ihr hattet mich von Anfang an gewarnt. Bitte verzeih mir.“ Sie streichelte ihm über den Kopf. „Es gibt nichts zu verzeihen. Du hast nur an die Leben der Soldaten gedacht, dass ist eine Eigenschaft die du dir behalten solltest. Keiner von uns hatte damit gerechnet das diese Armee die wir retten wollten uns verraten hatte.“ Sie ließ ihn los und sah die Masse nach Liu Li ab, dieser Mistkerl würde Bailong gehören. Sie strengte ihre Augen an und stellte erstaunt fest, dass der Mann in ihrem Kopf sie nicht belogen hatte. Sie konnte wirklich gestochen scharf sehen wenn sie sich nur konzentrierte. Nach einigen Minuten machte sie ihn aus. Sie konzentrierte sich auf den Wind um sich und hob Liu Li mit seiner Hilfe aus dem Boden und ließ ihn dann langsam auf sich zuschweben. Als er bei ihnen war ließ sie ihn einfach los. Sie hielt ihm ihr Schwert an die Kehle. „Bailong, er gehört ganz dir.“ Er sah sie erschrocken an und schüttelte den Kopf. Sie bückte sich zu Li hinab und sah ihn sich noch mal genauer an. „Gut, dann wirst du mir gehören. Ich verabscheue es zu töten, doch nach dem heutigen Tag, kommt mir für einen Verräter wie dich einfach keine andere Strafe in den Sinn.“ Sie drückte mit dem Schwert etwas fester zu. „Noch letzte Worte? Ich schwöre sie weiter zu leiten.“ Er sah sie hoffnungsvoll an und nickte vorsichtig. „Richtet meiner Schwester aus, dass es mir leid tut. Sagt ihr, ich habe alles in meiner Macht stehende getan.“ Sayuri nickte, sie wollte gerade das Schwert über seine Kehle ziehen, als Fusu die aufhielt. „Warte noch. Ich möchte ihn im Hauptquartier befragen.“ Sie sah ihn aus zu Schlitzen verengten Augen an, doch er erwiderte ihren Blick nur entspannt. „Gut, verstanden. Ich bitte um Verzeihung eigenmächtig gehandelt zu haben, Euer Hoheit.“ Sie hob Liu Li wieder mithilfe des Windes an und ließ ihn zur anderen Seite schweben. „Dann lasst uns jetzt mal klettern.“

Zurück im Hauptquartier schmiss sich Mi wie aus dem Nichts in ihre Arme. Sayuri spürte die Tränen des Mädchens an ihrem Hals. „Ich habe mir solche Sorgen um Euch gemacht.“ Sayuri streichelte ihren Rücken und flüsterte Mi beruhigende Worte ins Ohr. Nachdem sie sich wieder gefasst hatte, ließ Mi sie wieder los und wischte sich verschämt die Tränen vom Gesicht. „Verzeiht.“

„Kein Problem. Du hast dir eben Sorgen gemacht.“ Sayuri nahm sie mit zu den Anderen die sich schon um den Tisch versammelt hatten. „Wie sehen die anderen Schlachtfelder aus?“ Tian zeigte auf die Karte. „Die Hauptstreitmacht hält sich gut. Auf der linken Flanke haben wir seit eurem Eingreifen ganz klar die Oberhand. Die rechte Seite ist dafür vollkommen zusammen gebrochen, wenn wir nicht schnell Verstärkung schicken, können sie uns von dieser Seite her umkreisen und unsere Armee von hinten angreifen.“ Das galt es auf jeden Fall zu verhindern, doch sie selbst würde an diesem Tag nicht mehr eingreifen können. Deswegen setzte sie sich nur erschöpft auf einen Hocker und sah sich den Tisch mit der Karte und den Figuren, die ihre Einheiten darstellten, an. Tian gab in der Zwischenzeit weitere Befehle für die Verstärkung ihrer rechten Flanke. Zwei Soldaten kamen zu ihnen und brachten Liu Li mit sich als Gefangenen. Er wurde auf die Knie gedrückt und hockte nun vor ihnen. Was Sayuri ihm anerkannte war, dass er trotz seiner Situation Haltung bewahrte. Er hatte nach seinen Überzeugungen gehandelt und war bereit den Preis dafür zu zahlen. Sie wünschte sich, er würde auf ihrer Seite stehen, es war schade um einen so guten Mann. Aber mit Chang war es nicht anders gewesen, er war ein guter Mensch gewesen und musste nur sterben, da seine Überzeugungen nicht mit den ihren überein stimmten. Sayuri versuchte den Gedanken von sich zu schütteln, sie befanden sich im Krieg und konnte sich keine Sympathie für den Feind leisten. Fusu trat auf Li zu und betrachtete ihn eine ganze Weile musternd. Als würde er versuchen bis auf den Grund seiner Seele zu blicken. „Wer wird Oberhaupt wenn Lord Liu jetzt sterben würde?“ Was war das denn für eine Frage. Sollte Fusu nicht besser Fragen zur Taktik und Aufstellung ihrer Feinde stellen. Auch Liu Li schien sich zu wundern. „Er ist mein Onkel und somit würde der Titel an einen seiner Söhne gehen, doch da keiner von ihnen mehr am Leben ist und er es noch nicht geschafft hat einen neuen Erben zu zeugen, würde diese Ehre wohl meinem Vater zu Teil werden, eure Hoheit.“ Fusu drehte sich zu ihr und winkte auch Mi, Bailong und Sheng näher. „Ihr reitet sofort zu Lord Liu und schaltet ihn aus. Danach kommt ihr sofort wieder zurück.“ Was hatte er nur vor? „Gehe ich richtig in der Annahme, dass mein Bruder versprochen hatte deine Schwester zu ehelichen, sollte euer Haus sich ihm anschließen?“ Li senkte den Kopf und nickte schwach. „Du bist also hier her gekommen um deine Schwester in die kaiserliche Familie zu bringen?“ Der Gefangene schüttelte den Kopf. „Wieso dann? Aus deinen letzten Worten, die du an Sayuri geleitet hast, war ganz klar zu erkennen, dass du nur um deiner Schwester Willen in die Schlacht gezogen bist und diesen Verrat begangen hast.“

„Sie ist nicht wirklich meine Schwester. Sie ist die Tochter meiner Stiefmutter. Mein Onkel hat in ihr nie ein Familienmitglied gesehen und versuchte sie schon oft los zu werden. Noch haben es mein Vater und ich geschafft sie vor größerem Schaden zu bewahren, doch wir wussten immer, dass wir sie nicht für immer würden beschützen können. Als Onkel nach dem Gespräch mit Eurem Bruder zurück kehrte, meinte er der Kaiser habe eingewilligt meine Schwester zu heiraten. Er weiß nicht, dass sie nicht unser Blut in sich trägt und mein Onkel hatte ihn auch nicht darauf hingewiesen, nachdem der Kaiser explizit Liu Lien als seine Braut gewählt hatte. Er hatte sie wohl mal bei einem Besucht von uns in der Hauptstadt gesehen und Gefallen an ihr gefunden. Wenn Lien heiraten würde, wäre sie außerhalb der Reichweite meines Onkels und in Sicherheit. Deswegen habe ich mich freiwillig gemeldet das Kommando für diesen Verrat zu übernehmen.“ Sayuri konnte ihr Mitgefühl nicht abstellen. Sie verstand ihn nur zu gut, denn sie hatte die Liebe in seinen Augen gesehen, wenn er über seine Schwester redete. Sie hätte wohl genau wie er gehandelt, wenn Fusu sich in einer solchen Lage befunden hätte. „Wenn wir deinen Onkel also aus dem Weg räumen, sicherst du mir dann zu, dass dein Vater sich hinter mich stellen wird?“ Liu Li sah hoffnungsvoll auf, doch er sah Fusu nicht in die Augen. In ihrer Zeit hätte man dies wohl für ein Zeichen der Unehrlichkeit gehalten, doch er respektierte nur den Unterschied in ihrem Stand. „Ich kann es nicht beschwören, doch ich denke, dass mein Vater sich für Euch entscheiden würde. Meine Mutter wurde von Minister Li Si umgebracht, da sie seine Annäherungsversuche abgewiesen hatte.“ Sayuri stand auf und ging zu Liu Li, sie zog ihren Dolch aus ihrem Rücken. Er sah sie mit großen Augen an, doch noch immer bettelte er nicht um sein Leben. Sie ging um ihn herum und schnitt seine Fesseln durch. „Ich werde mich um deinen Onkel kümmern. Du wirst deine Männer holen gehen und dich unter Mians Führung stellen. Ihr werdet gemeinsam die rechte Flanke sichern. Sollte dein Onkel unserer Gegenseite auch Soldaten geschickt haben, dann verlange ich von dir, sie unter deine Kontrolle zu bringen und auf unsere Seite zu ziehen.“ Dann drehte sie sich zu Fusu. „Ich werde allein zu Lord Liu gehen. Schreib bitte einen Brief an Liu Chi, den werde ich dann an das nächste Oberhaupt übergeben.“ Fusu zog sie mit sich ins Zelt und begann den Brief zu schreiben. „Ich möchte nicht, dass du allein gehst.“

„Ich habe jetzt neue Fähigkeiten und bin alleine viel schneller unterwegs. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. Außerdem sind alle anderen erschöpft, sie müssen sich ausruhen.“ Fusu sah zu ihr auf und reichte ihr das Schriftstück. „Mit dir zu diskutieren ist wirklich sinnlos.“ Er kam zu ihr herum und zog sie in seine Arme, dann beugte er sich vor und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. „Komm nur schnell und in einem Stück wieder zu mir zurück.“ Dann folgte ein weiterer Kuss. Danach lösten sie sich wieder voneinander und Fusu verließ das Zelt. Sayuri wollte gerade anfangen, als ihr etwas Entscheidendes einfiel. Sie verließ das Zelt wieder und sah sich nach Tian um. Kaum hatte sie ihn entdeckt eilte sie zu ihm und zog ihn mit sich. „Ich kenne den Weg nicht.“ Er sah sie verwirrt an. „Den Weg zu Lord Liu. Ich würde gern allein reisen, da ich so schneller bin, aber ich habe keine Ahnung wo seine Festung liegt.“ Tian begann schallend zu lachen und Sayuri merkte wie sie rote Wangen bekam. „Mian sollte den Weg kennen. Ich werde ihn durch Lan ersetzen solange er weg ist.“ Gut, dass war eine gute Idee, ob Mian allerdings der selben Meinung sein würde, wagte sie zu bezweifeln. Dann ging alles sehr schnell, Tian klärte Mian auf und dieser kam zu ihr ins Zelt. Sayuri griff nach seiner Hand und konzentrierte sich darauf mit der Luft eine Blase um sie zu bilden in der sie schweben würden. Mian drückte ihre Hand fester als er den Halt unter seinen Füßen verlor und Sayuri hätte vor Schmerz beinahe aufgeschrien. Dann fokussierte sie sich darauf, die Luftpartikel um die Blase so zu verschieben, dass sie sie für den Rest verschwinden lassen würden. Als sie sich sicher war es geschafft zu haben, bewegte sie sich langsam nach draußen. Mians Griff wurde noch um einiges kräftiger und sie sah ihn vorwurfsvoll an, aber sie sagte nichts. Als sie aus dem Zelt schwebten und sich niemand nach ihnen umsah oder sie bestaunte war sich Sayuri sicher, dass sie es geschafft hatte sie unsichtbar zu machen. Der Rest war dann ganz einfach. Sie schwebten durch die Luft und das in einem so schnellen Tempo, dass Sayuri froh war, in ihrer Blase vor dem Gegenwind geschützt zu sein. „Mian, ich brauche dich jetzt, du musst mir sagen wo wir hin müssen.“ Als sie zu ihm sah, erkante sie, dass er seine Augen fest geschlossen hielt. Sie stieß ihn mit dem Ellenbogen an um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. „Ich brauche dich jetzt. Öffne deine Augen und sag mir wo wir hinfliegen müssen.“ Mian kam ihrer Aufforderung langsam nach. „Wir müssen uns nordöstlich halten.“ Er zeigte in die entsprechende Richtung und Sayuri folgte seinem Finger. So ging es bestimmt zwei Stunden, dann waren sie an ihrem Zielort angekommen. Sayuri flog direkt in den Herrensitz und schwebte mit Mian in ihrer Blase durch die Gänge, auf der Suche nach Lord Liu. Kurze Zeit später hatten sie ihn gefunden. Er war gerade am speisen und wurde dabei von drei viel zu jungen Damen bespaßt. Mian sah sie an und verzog das Gesicht. „Lass mich das erledigen.“ Sayuri schüttelte den Kopf und begann Lord Li die Luft zu entziehen. Er griff sich an die Kehle und versuchte verzweifelt Sauerstoff in seine Lungen zu bekommen, doch er hatte keine Chance. Dann war er auch schon tot und die Frauen rannten kreischend aus dem Raum. Einige Zeit später betrat ein Mann etwas jünger als Lord Liu in den Saal und sah sich verwundert um. Als er den Mann am Boden entdeckte rannte er zu ihm, doch er erkannt sofort, dass er ihm nicht mehr helfen konnte. Mian beugte sich zu Sayuri und flüsterte in ihr Ohr. „Das ist Liu Chi.“ Sie nickte und ließ den Brief vor ihm auf den Boden schweben. Er griff danach, sah sich argwöhnisch um und öffnete ihn dann. Sein Gesicht verzog sich immer wieder, doch am Ende atmete er erleichtert auf. Er begann Befehle zu brüllen und kurze Zeit später war der Saal voller Menschen, die über ihr nächstes Vorgehen debattierten. Sie beschlossen Fusu beizustehen. Liu Chi setzte ein Schriftstück auf um seine Befehle an die Soldaten auf dem Schlachtfeld zu senden. Sayuri schwebte mit Mian langsam aus dem Raum und sah sich aufmerksam um. Niemand war in der Nähe, also setzte sie sich und Mian vorsichtig ab und trat dann in den Raum. „Ich grüße die Herren.“ Sayuri verneigte sich halbherzig und ging direkt auf Liu Chi zu. „Ich werde Eure Tochter und den Brief mit mir nehmen.“ Die Männer standen empört auf und schmissen mit Beleidigungen um sich. Die Wachen kamen angerannt und Mian zog schon sein Schwert. „Ich würde davon abraten uns erneut anzugreifen. Euer Haus hat nun schon zwei Mal Verrat begangen.“ Liu Chi nickte ihr zu und reichte ihr den Brief. „Ich danke Euch. Ruft jetzt bitte nach Eurer Tochter, sie soll nur ein bisschen Wechselkleidung einpacken.“ Er winkte einen Diener heran, doch dann zögerte er und sah Sayuri erneut an. „Was wird mit meiner Tochter geschehen?“

„Sie wird vermählt. Ich werde ihren Mann aussuchen, dass ist die Entschädigung dafür, dass ihretwegen fast all meine Männer gestorben sind.“ Liu Chi wurde blass doch er nickte und gab die entsprechenden Befehle, doch noch immer herrschte Unruhe im Raum. „Ihr seid die zukünftige Braut unseres Kaisers.“ Es war zwar eine Aussage, aber sie sah aus den Augenwinkeln wie Mian nickte. „Wenn niemand ihren Sieg über vier Generäle und den Oberbefehlshaber des Feindes überbieten kann, dann wird sie Eure zukünftige Kaiserin sein.“ Sayuri warf Mian einen bösen Blick zu, sie hatte nicht vor so lange zu bleiben um Fusu zu heiraten. Die Tür wurde geöffnet und ein hübsches Mädchen trat ein und dieses Mal war es wirklich noch ein Mädchen, Sayuri glaubte, dass sie bestimmt noch nicht mal 15 Jahre alt war. Sie wandte sich wieder an Liu Chi. „Wenn Ihr uns dann entschuldigen würdet, wir sind in Eile. Bitte verabschiedet Euch nun von Eurer Tochter. Ihr werdet sie eine ganze Zeit lang nicht sehen können.“ Er stand auf, ging zu dem Mädchen und schloss sie in seine Arme. Sayuri hörte sein Gemurmel, doch sie hörte nicht zu. Als sie fertig waren ging nun sie zu dem Mädchen. „Freut mich dich kennen zu lernen. Mein Name ist Sayuri.“ Sie nickte, doch mehr auch nicht. Auch gut, sie würde sich noch an sie gewöhnen. Sie verließ mit Lien und Mian den Raum und schloss die Tür, dann riss sie sich ein Stück Stoff von der Bluse und verband dem Mädchen damit die Augen. Sie ließ es einfach geschehen und hielt vollkommen still, auch als sie langsam in die Luft gehoben wurde. Dann schwebten sie zurück zu ihrem Lager, als sie ankamen war die Sonne schon dabei unter zu gehen. „Lien, ich möchte, dass du in diesem Zelt bleibst. Ich werde Wachen zu deiner Sicherheit davor abstellen, doch wir befinden uns gerade im Krieg und es ist wirklich gefährlich wenn du versuchen solltest abzuhauen. Ein hübsches Mädchen allein unter all diesen Soldaten schafft es nicht weit. Also bitte bleib hier drinnen und warte bis wir wieder kommen.“ Sie nickte und setzte sich auf den Stuhl. Mian und Sayuri verließen das Zelt und gingen zu ihren Freunden, die noch immer um den Strategietisch saßen. Als sie sie bemerkten kamen sie ihnen entgegen, doch Mian drängte sie zurück zum Tisch und alle setzten sich wieder. Sayuri reichte Fusu den Brief von Liu Chi und dieser las ihn. Alle sahen ihm gespannt entgegen. Dann sah er wieder auf. „Er sichert uns seine Unterstützung zu und bedankt sich für unsere Nachsicht.“ Sayuri sah Tian an. „Wie steht es mit dem Kampf?“ Er sah zufrieden aus als er antwortete. „Wir haben uns heute gut geschlagen. Als die Sonne begann unterzugehen hat der Feind sich zurück gezogen. Wir haben allerdings große Verluste zu verzeichnen.“ Sayuri schloss gequält die Augen, als ihr ihre Toten Männer wieder in den Sinn kamen. „Wenn wir heute Nacht alle Generäle und Offiziere töten würden, was würde morgen passieren?“ Tian sah sie Stirn runzelnd an. „Die Soldaten würden aufgeben. Ohne Führung haben sie keine Chance auf den Sieg. Aber es ist vollkommen unmöglich alle auszuschalten.“ Sayuri sah zu Mian. „Denkst du wir könnten es schaffen?“ Dieser nickte nachdrücklich. „Es ist machbar, doch es könnte unter ihnen noch mehr Männer wie Liu Li geben. Kann dein Gewissen damit leben?“ Sie dachte darüber nach und stellte fest, dass sie noch immer zu weich war. „Nein. Vielleicht sollten wie Li befragen. Er sollte wissen wer vollständig hinter dem Minister oder Eunuchen steht und wer nicht. So könnten wir zumindest deren Männer schon mal loswerden.“ Mian nickte und ließ nach Li rufen. Tian sah sie noch immer zweifelnd an. „Ich werde es noch erklären.“ Damit gaben sich alle am Tisch zufrieden, sie wussten, dass Sayuri mit ihren Gaben vorsichtig sein musste. Li kam einige Zeit später zu ihnen und Fusu reichte ihm den Brief seines Vaters. Der General nickte und sah erleichtert aus. „Ich habe deine Schwester in meine Obhut genommen und werde einen geeigneten Ehemann für sie suchen. Was sagst du dazu?“ Er ballte die Hände zu Fäusten doch er beherrschte sich. „Ich würde Euch bitten ihr einen guten Ehemann zu suchen.“ Sayuri nickte schelmisch. „Ich habe mich schon für einen Mann entschieden. Doch ich werde sie ihm nur überlassen, wenn er Fusu seine Treue schwört und uns später in die Hauptstadt begleitet und unter ihm dienen wird.“ Li nickte ruckartig und man sah ihm die Sorge um seine Schwester an. „Willst du dich für deinen Schwur nicht hinknien?“ Er sah sie verwirrt an und die Männer am Tisch begannen leise zu lachen. „Wäre es dir lieber, wenn ich sie mit einem anderen Mann als dir vermählen lassen würde?“ Jetzt schien er verstanden zu haben und fiel sofort vor Fusu auf die Knie. „Hiermit schwöre ich, Liu Li, Euch meine Treue. Ich werde Euch folgen und mit meinem Leben beschützen. Was auch geschehen mag oder welche Umstände eintreten werden ich werde Euch immer zu Diensten sein.“ Fusu legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ich habe Euren Schwur vernommen und schwöre nun Euch, nie einen Befehl zu geben, der gegen Eure Gefühle geht. Ich werde Euch gerecht behandeln und Eure Überzeugungen wahren. So wie ich unter Eurem Schutz stehe, so sollt auch Ihr unter meinem Schutz stehen.“ Liu Li sah mit Tränen in den Augen auf. „Ich habe Eure Güte nicht verdient, Eure Hoheit.“ Fusu lächelte sanft. „Steht auf.“ Er sah zu ihr. „Lass uns die Eheschließung gleich hinter uns bringen. Als Mitglied der kaiserlichen Familie, kann ich die Vermählung vornehmen.“ Sayuri schüttelte den Kopf und Li sah sie enttäuscht an. „Wie alt ist Lien?“ Alle Männer sahen sie an, als wäre sie verrückt. „Lien ist 15 Jahre alt.“ Doch schon. Aber hier gab es keine Verhütungsmittel und ihr Körper war noch nicht ausgewachsen. „Ich werde der Ehe erst zustimmen wenn sie 16 Jahre alt ist.“ Der Gesichtsausdruck hatte sich nicht bei einem der Männer verändert. „Darf ich fragen wieso?“ Sie sah zu Mian. „Weil eine Schwangerschaft in diesem Alter gefährlich für sie wäre. Ihr Körper ist noch nicht ausgewachsen und die Gefahr, dass sie die Geburt nicht überlebt höher. Also werde ich sie schützen in dem ich sie bis dahin unter meiner Obhut lasse. Danach werde ich mich der Eheschließung nicht mehr in den Weg stellen.“ Liu Li nickte sofort, er schien sie wirklich zu lieben und lieber zu warten, als sie einer Gefahr auszusetzen. „In Ordnung, dann wird Lien zusammen mit Mi unter deinem Schutz stehen. Erstaunlich wie du dir die Töchter der namhaften Familien aneignest.“ Sie sah Tian böse an. „Als ob es meine Schuld gewesen wäre, dass dein Onkel ein Arsch ist, der seine Tochter verhökern wollte. Natürlich musste ich sie retten. Und Lien wird nur vorübergehend unter mir dienen. Und das auch nur zu ihrem eigenen Schutz. Unter all den Soldaten kann ich sie ja schlecht sich selbst überlassen.“ Alle am Tisch lachten darüber, wie sehr sie sich verteidigte. „Niemand macht dir einen Vorwurf und es ist auch nicht schlecht wenn du solche Kontakte knüpfst.“ Für deine Zeit wenn du meine Kaiserin sein wirst. Sayuri konnte diesen Nachsatz der nicht ausgesprochen wurde, regelrecht in ihrem Kopf hören. Sie drehte sich zu Mi und bat sie Lien auf den neusten Stand zu bringen und sie auch zu fragen, ob sie mit dieser Ehe überhaupt einverstanden wäre, danach sollte sie ihr Bericht erstatten. Mi verneigte sich und verschwand. Vielleicht würde Lien ja mit Mi sprechen.

Als sie fertig mit all den Besprechungen waren, zogen sie sich in Sayuris Zelt zurück. Sie erklärte ihnen was am Tag auf dem Schlachtfeld geschehen war und auch was der Mann aus ihrer Vision erzählt hatte. Vieles ergab nun Sinn, doch wirklich begreifen konnte es wohl keiner der Männer wie so etwas überhaupt möglich war. „Was genau soll das heißen du beherrschst die Elemente?“ Gut das sie jemanden wie Sheng in der Runde hatten, der alles immer ganz genau wissen wollte. „Es bedeutet, genau das wonach es sich anhört. Ich weiß nicht wie ich es erklären soll. Am besten zeige ich es euch.“ Sayuri stand auf und entfernte sich etwas, dann streckte sie ihre Hand vor und diese stand plötzlich in Flammen. Fusus Herz begann zu rasen und er wollte schon Wasser holen um seine Geliebte zu löschen, doch sie verbrannte nicht und ließ die Flamme über ihren Körper tanzen. Dann plötzlich wand sich Wasser wie eine Schlange um sie. „Versteht ihr jetzt?“ Alle schüttelten den Kopf, wie sollte man so was auch verstehen. Dies ging über sein Begreifen hinaus. „Dann findet euch einfach damit ab, dass ich die Elemente beeinflussen und erschaffen kann.“ Vielleicht war dies wirklich die bessere Lösung, sie mussten nicht verstehen, nur akzeptieren wie es war. „Die Elemente sind Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Wie hast du uns dann vorhin fliegen lassen?“ Hatte Mian gerade fliegen gesagt? Andererseits hatte er ja schon gesehen wie Liu Li über das Schlachtfeld geschwebt war. „Ich habe den Wind beeinflusst, so habe ich uns auch für die Augen anderer unsichtbar gemacht. Ich denke also, es gibt in Wirklichkeit 6 Elemente und nicht nur 5.“ Tian schien alles schon verarbeitet zu haben, denn er ging gleich auf den Nutzen von Sayuris neuen Fähigkeiten ein. „Wenn du unsichtbar sagst, meinst du dass wonach es sich anhört?“ Sie nickte. „Dann könnte ein nächtlicher Überfall doch gelingen. Wir könnten in ihr Lagen schleichen und die Generäle ausschalten.“

„Habe ich ja schon gesagt. Wir sollten warten bis alle schlafen und dann aufbrechen.“ Fusu nahm ihre Hand in seine und sicherte sich so ihre Aufmerksamkeit. „Ich werde euch begleiten. Bitte verlangt nicht von mir wieder hier allein zurück zu bleiben und auf euch zu warten.“ Sie sah ihn liebevoll an und er spürte wie sein Herz einen Satz vor Freude machte. „Ich hatte eigentlich vor mit Mian oder Tian allein zu gehen. Ich brauche nur jemanden der die Gesichter kennt.“

„Ich werde mitkommen. Ich denke auch, dass nur zwei Leute besser wären. Sayuri kann sie leise und unauffällig im Schlaf töten und bräuchte eigentlich keine Hilfe.“ Er gab sich geschlagen. Egal wie es ihm dabei ging, er musste sich wohl wirklich daran gewöhnen, dass seine Frau ohne ihn zu Recht kam und auf sich selbst aufpassen konnte. „Verstanden.“

Mian und Sayuri waren nun schon seit einer Stunde unterwegs um ihren Plan in die Tat umzusetzen und langsam wurde Fusu nervös. Er hasste es wirklich, immer zurück gelassen zu werden und nur abwarten zu können. Fusu war sich vollkommen klar darüber, dass dies nun mal die Aufgabe eines Kaisers war, er vertraute seinen Leuten den Kampf zu gewinnen. Doch es fiel ihm wirklich schwer untätig herum zu sitzen. Sheng und Bailong hatten sich auf den Boden gelegt und schliefen ruhig während Tian am Tisch saß und auf eine Karte starrte. Fusu ging zu seinem Freund. „Was siehst du dir an?“ Tian blickte auf und sah vollkommen erschöpft aus. „Eine Karte mit der Umgebung von Xianyang. Selbst wenn wir die Soldaten hier zum Rückzug zwingen, müssen wir es noch immer irgendwie schaffen die Hauptstadt einzunehmen oder Li Si und Zhao Gao zu töten. Für einen Angriff auf die Stadt sehe ich keine wirklichen Erfolgschancen. Und selbst mit Sayuris neuen Fähigkeiten sehe ich keine Möglichkeit wie wir die Beiden gefahrlos umbringen können. Wir könnten es zwar bis in den Palast schaffen, aber wir wären sofort umzingelt von Feinden, nachdem wir sie getötet haben. Und wir haben ja alle beschlossen Sayuris Fähigkeiten nicht offen zur Schau zu stellen, damit sich niemand gegen eure Vermählung aussprechen kann. Also kann sie uns damit nicht gegen die Übermacht helfen.“ Tian dachte jetzt schon so weit? Fusus Gedanken hatten sich vollständig auf ihre momentane Aktion gedreht, doch sein Freund blickte schon weiter in die Zukunft. „Vielleicht sollten wir nur eine Person in den Palast schleusen und ihm die Angelegenheit überlassen. Er müsste nur etwas Gift ins Essen mischen und das Problem wäre erledigt.“ Fusu war sich bewusst, dass es einfacher klang, als es in Wirklichkeit war, doch es war vielleicht ihr einzige Möglichkeit. Er und auch sein Freund zuckten zusammen als hinter ihnen plötzlich eine weibliche Stimme erklang. „Guter Vorschlag. Wir sollten jemanden einschleusen. Am besten mich.“ Er drehte sich mit einem Ruck um und dort stand Sayuri mit Mian vor ihnen. Diese Unsichtbarkeit war wirklich erschreckend. „Wir haben unsere Aufgabe erledigt. Ich gehe davon aus, dass sich die Armee am Morgen zurück ziehen wird. Ich werde mich mit Liu Li zusammen anschließen. Er wird mich als Gefangene zum Kaiser bringen und dann werde ich mich um die Männer kümmern. Huhai werde ich nicht verletzen, aber mich mal ordentlich mit ihm unterhalten.“ Schon wieder wollte sie alleine losziehen und die Last der Aufgabe alleine tragen? Er sah ja ein, dass sie für so etwas die Beste war, doch er hatte Angst, dass sie irgendwann unter der Last zusammen brechen könnte. „Ich werde dir nicht widersprechen, aber ich möchte erwähnen, dass ich mit diesem Plan nicht einverstanden bin.“ Sie nickte bedrückt, kam auf ihn zu und schmiegte sich in seine Arme. „Wenn diese Beiden aus dem Weg geräumt wurden, haben wir gewonnen. Dann werde ich mich versprochen an deine Anweisungen halten und etwas zurückhalten.“ Er küsste ihren Kopf und sah seine Generäle fragend an. Beide nickten ihm zu. „Verstanden. Ich werde Liu Li den Befehl geben. Doch danach ist Schluss mit den Alleingängen. Du wirst an meiner Seite bleiben und meine Frau werden.“ Sie antwortete nicht und er konnte auch kein Nicken spüren. Sein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, ob der offensichtlichen Ablehnung ihn zu ehelichen. „Lasst uns jetzt alle noch etwas schlafen. Nehmt bitte Bailong und Sheng mit euch.“ Tian und Mian weckten die Männer und verließen Sayuris Zelt. „Lass uns ins Bett gehen.“ Sie löste sich von ihm, zog sich aus und legte sich hin. Abwartend sah sie ihm entgegen und Fusu tat es ihr gleich. Er war so gefesselt von ihrem Anblick gewesen, dass er vergessen hatte, was er vorhatte. Schnell schlüpfte er zu ihr und zog sie in seine Arme. „Singst du mir ein Lied vor?“ Sayuri kicherte an seiner Brust, doch sie tat ihm den Gefallen.


Tell me, tell me that you want me
And I'll be yours completely, for better or for worse
I know, we'll have our disagreements
Be fighting for no reason, I wouldn't change it for the world
'Cause I knew, the first day that I met you
I was never gonna let you, let you slip away
And I still remember feeling nervous
Trying to find the words to get you here today

You make my heart feel like it's summer
When the rain is pouring down
You make my whole world feel so right when it's wrong
That's how I know that you are the one
That's why I know you are the one


Life is easy to be scared of
With you I am prepared for what is yet to come
'Cause our two hearts will make it easy
Joining up the pieces, together making one

You make my heart feel like its summer
When the rain is pouring down
You make my whole world feel so right when it's wrong
That's how I know you are the one
That's why I know you are the one

When we are together you make me feel like my mind is free
And my dreams are reachable
You know I never ever believed in love or believed one day
That you would come along

Free me
You make my heart feel like its summer
When the rain is pouring down
You make my whole world feel so right when its wrong
That's how I know you are the one
That's why I know you are the one
That's why I know you are the one
That's how I know you are the one


Wie immer entspannte er sich wenn er ihrer Stimme lauschen konnte. Dieses Mal klang das Lied auch nicht so traurig wie so oft. Fusu sah wie sich die Plane zum Eingang bewegte und schaute genauer hin. Tora kam zu ihnen ins Zelt gestapft und legte sich vor ihrer Schlafstätte auf den Boden und schloss die Augen. Sie musste sich einsam gefühlt haben, immerhin war Sayuri die ganze Zeit unterwegs gewesen. Auch er schloss seine Augen und schlief beinahe sofort ein. Der Tag war anstrengend und lang gewesen.



Kapitel 15


Sayuri ließ sich mit dem Seil ihre Hände auf dem Rücken verbinden und unterdrückte das Gefühl der Hilflosigkeit, das in ihr aufkommen wollte. Liu Li hatte ihrem Plan zugestimmt und sich bereit erklärt sie zu Huhai zu bringen. Sayuri hatte ihm mehrmals versichert, dass sie nicht vorhatte den Kaiser zu verletzen, doch er schien sich nicht wirklich dafür zu interessieren. Sie sah zu Mi und signalisierte ihr mit dem Kopf zu ihr zu kommen. „Ich möchte, dass du bei Tian bleibst. Hör auf seine Befehle und kümmere dich gut um Lien. Achte darauf, dass sie nicht allein mit den Soldaten ist. Sie kann sich alleine nicht zur Wehr setzen.“ Mi nickte und entfernte sich wieder. Sayuri verabschiedete sich nach einander bei den Männern und stand nun vor Fusu, der sie unglücklich ansah. „Sieh mich bitte nicht so an. Wir werden uns bald wieder sehen und dann wird diese ganze Geschichte überstanden sein.“ Er nickte und zog sie zu einem Kuss an sich. Der Kuss war schon beinahe verzweifelt und es schien als versuchte er ihr all seine Gefühle mit dieser Liebkosung zukommen zu lassen. Nach einer gefühlten Ewigkeit trennten sie sich voneinander und atmeten dabei heftig. „Ich werde bald zurück sein.“ Dann dreht sich Sayuri um und ließ sich von Liu Li zu seinen Männern führen. Einige würden sie begleiten, doch der Großteil seiner Soldaten würde unter Mians Kommando zurück bleiben. „Lasst uns aufbrechen.“ Li hob sie zu einem seiner Männer aufs Pferd und schwang sich dann auf sein Eigenes. Noch bevor sie los ritten erfasste Sayuri ein ungutes Gefühl und eine Vision schob sich vor ihr Blickfeld. Wieder sah sie Bailong leblos in den Armen seiner Freunde. Sie sprang sofort vom Pferd, griff nach dem Dolch in ihrem Rücken, durchschnitt dass Seil und rannte so schnell sie konnte zu ihren Freunden zurück. Sie betete nicht zu spät zu kommen, doch als sie ankam lag Bailong schon am Boden, genau wie ein Körper ohne Kopf, dieser lag einige Meter entfernt. Sayuri hatte keine Zeit sich darüber zu ekeln, sie rannte auf ihren Freund am Boden zu und ließ sich vor ihm auf den Boden fallen. „Bailong, halt durch. Alles wird wieder gut, ich verspreche dir, ich werde alles wieder in Ordnung bringen.“ Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie blickte auf. „Tragt ihn ins Zelt und dann geht alle wieder.“ Sheng und Tian nahmen ihren Freund hoch und trugen ihn wie von ihr Befohlen ins Zelt. Sie würde ihn retten, koste es was es wolle. Als sie drinnen war, wollte sie alle raus schicken, sie sollten dabei nicht zusehen müssen, doch die Männer weigerten sich. Sollten sie doch zusehen. Sayuri konzentrierte sich auf Bailong der vor Schmerzen stöhnend vor ihr lag. Sie umfasste den Dolch den sie noch immer in ihrer Hand hielt fester und zog ihn fest über ihr Handgelenk. Sofort schoss ihr Blut auf den Boden. Sayuri zog Bailongs Kopf etwas nach hinten, sodass sein Mund offen stand, dann legte sie ihr blutendes Handgelenk auf seine Lippen. Doch er schluckte nicht, die rote Flüssigkeit lief ihn einfach wieder aus seinem Mund. „Schluck. Bitte, du musst schlucken.“ Sayuri wusste nicht ob es funktionierte, doch sie hatte aus der Quelle der Unsterblichkeit getrunken, also musste diese nun in ihr sein, in ihrem Blut. Es musste einfach funktionieren, aber er musste es trinken. Bailong spuckte es nur aus und ihre Wunde schloss sich schon wieder. Sie erneuerte den Schnitt und begann von vorn. Sayuri rieb leicht über seinen Kehlkopf und endlich schluckte er. Danach ging es wie von selbst er trank von ihrem Blut, bis sich ihre Wunde wieder vollständig geschlossen hatte. Sayuri blickte auf seine Wunde und atmete erleichtert auf, als sie sah wie sie sich zu schließen begann. Nun flossen ihre Tränen vor Freude, sie hatte es geschafft. Sie konzentrierte sich auf den Mann in ihrem Kopf, doch dieses Mal bleib die Zeit nicht stehen und sie war auch nicht in seinem Raum, stattdessen konnte sie seine Präsenz in ihrem Kopf spüren. Also versuchte sie in ihren Gedanken mit ihm zu sprechen. Wozu habe ich meinen Freund durch diese Aktion gemacht? Er hatte ja schon mal gesagt, dass sich ihre Wünsche nicht immer so erfüllten wie man annehmen würde. Wenn ich deine Erinnerungen richtig deute, dann könnte man Bailong jetzt wohl als Vampir bezeichnen. Durch deinen starken Wunsch deinen Freund zu retten, hat sich dein Blut verändert und kann nun wenn von dir freiwillig gegeben Ewiges Leben schenken. Doch da es durch Blut gegeben wurde, muss er von nun an Blut zu sich nehmen um zu überleben. Er hat allerdings keine Probleme mit der Sonne, er kann auch weiterhin ganz normal Speisen. Aber er ist unsterblich und hat einige deiner Fähigkeiten bekommen. Diese Entwicklung war besser als sie zu hoffen gewagt hatte. Welche Fähigkeiten hat er bekommen? Sie sollte ihn darauf vorbereiten. Sayuri konnte sich noch genau an ihre Panik erinnern als sie ihre Selbstheilungskräfte entdeckt hatte. Einen Tag lang hatte sie geweint. Seine Sinne sind geschärft und er beherrscht das Element Erde. Das passte gut zu seinem Charakter. Und wie viel Blut muss er zu sich nehmen? Und ist es gefährlich für die Menschen von denen er trinkt? Bailong würde nie in der Lage dazu sein Unschuldige zu verletzen oder ihnen Leid zu zufügen. Alle drei bis vier Tage müsste genügen und auch nicht mehr als ein paar Schlücke. So einen Verlust verkraftete ein Mensch ohne, dass es ihm Auffallen würde. Der Biss hat keine Folgen für den Gebissenen. Außerdem muss er zwar Blut zu sich nehmen, doch dieses muss nicht unbedingt vom Menschen stammen. Sayuri bedankte sich bei ihrem Aufklärer und konzentrierte sich auf Bailong, dessen Wunde sich mittlerweile vollständig geschlossen hatte. Er sah sie erstaunt an und setzte sich auf. „Was hast du getan?“ Er klang nicht böse, nur überfordert. „Ich habe dich Unsterblich gemacht. Es tut mir leid, aber ich hätte dich einfach nicht sterben lassen können.“ Er nickte langsam und schien die Information verarbeiten zu wollen. „Du solltest dich erst Mal ausruhen. Du hast viel Blut verloren.“ Er legte sich wieder hin, doch hielt sie an der Hand zurück als sie sich entfernen wollte. „Ich danke dir. Ich war noch nicht bereit zu sterben. Außerdem kann ich mich jetzt ohne Sorgen mitten in den Kampf stürzen und Fusu zur Not wieder als Schild dienen wenn er wieder Mal angegriffen wird. Bitte entschuldige dich nicht dafür mich gerettet zu haben und mir noch ein zusätzliches Geschenk gemacht zu haben. Ich brauche nur etwas Zeit um alles zu verinnerlichen.“ Sayuri lächelte und nickte, dann ging sie zu den andern. Sie führte sie aus dem Zelt hinaus und schickte die umstehenden Soldaten weg. „Er wird in drei bis vier Tagen Blut trinken müssen.“ Alle verzogen das Gesicht, selbst sie. „Ja ich weiß. Aber ohne wird er nicht überleben. Es muss kein Blut vom Menschen sein er kann auch in die Wälder gehen und von einem Tier trinken. Bailong braucht nicht viel, nur ein paar Schlucke und der Blutgeber trägt absolut keinen Schaden davon. Wenn ihr nett seid könnte ihr ihm ja eures anbieten, da er jetzt eine Weile in diesem Zelt bleiben muss.“ Keiner sah begeistert aus, doch man sah Entschlossenheit in ihren Augen und sie nickten bekräftigend. „Haltet erstmal alles was ihn aufregen könnte von ihm fern. Er hat noch andere Fähigkeiten von mir übernommen, nicht nur die Unsterblichkeit, es könnte ihn also überfordern.“ Sie hatte einfach keine Zeit für eine längere Erklärung. Sie musste zurück zu Liu Li, damit er sie in den Palast bringen konnte. „Was für Fähigkeiten?“ Wieso musste Sheng immer alles ganz genau wissen? „Er hat nun schärfere Sinne als ihr und er beherrscht das Element der Erde. Also noch mal, keine Aufregung bis ich wieder da bin, ich weiß nicht ob er seine Fähigkeiten so einfach kontrollieren kann wie ich. Und ich denke keiner von uns möchte, dass ihr von einem Erdbeben verschlungen werdet, weil Bailong außer Kontrolle gerät.“ Tian schien wie immer der Erste zu sein, der sich mit der gegebenen Situation abgefunden hat. „Gut, wir werden auf ihn aufpassen und ihm sagen was du uns gerade erklärt hast. Jetzt solltest du zurück zu Liu Li. Wenn ihr nicht bald aufbrecht und die feindliche Armee einholt könnten sie Verdacht schöpfen.“ Sayuri nickte, nahm alle noch mal kurz in den Arm und gab Fusu einen Kuss. Dann drehte sie sich um und verschwand wieder. Liu Li war ihr zwar nachgelaufen, als sie so plötzlich zurück gerannt war, doch nun stand er bei seinen Männern und unterhielt sich mit ihnen. „Es scheint, dass es noch einen Verräter gab. Er hat versucht unseren Prinzen zu ermorden, als Bailong sich vor ihn geworfen und den Schwerthieb abgefangen hat.“ Sayuri trat zu ihnen, sie wollte die Geschichte auch hören, immerhin hatte sie keine Zeit gehabt selbst nach den Vorkommnissen zu fragen. „Wie geht es Bailong?“ Sie wollte zuhören und nicht schon wieder selbst Fragen beantworten müssen. „Lasst uns erstmal los reiten, dann kläre ich euch auf.“ Sie drehte sich mit dem Rücken zu Li und nahm die Hände nach hinten, so dass er sie fesseln konnte. Hoffentlich hatte er daran gedacht ein neues Seil zu besorgen, dass alte hatte sie ja in ihrer Panik zerschnitten. Auch dieses Mal enttäuschte der General sie nicht, Sayuri spürte wie ihre Hände festgezurrt wurden und dann wurde sie wieder zu einem der Soldaten aufs Pferd gehoben. Li stieg auf seines und sie galoppierten los. Sie hatten nun keine Zeit mehr zu verlieren. Außerdem musste es den Anschein haben, als wären sie mit der Gefangenen aus ihrem Lager geflohen. „Also, Bailong geht es den Umständen entsprechend gut. Ich konnte ihn versorgen und wenn sich die Wunde jetzt nicht entzündet sollte er es schaffen.“ Selbst mit dieser Aussage lehnte sie sich schon viel zu weit aus dem Fenster, zu dieser Zeit wurden Wunden nicht genäht. Sie wurden verbunden und die Menschen starben dann meist am Blutverlust oder einer Infektion. Ihr kam gerade noch ein anderer Gedanke, Bailong könnte nun nie wieder vor den Soldaten Oberkörper frei trainieren. Es würde auffallen, wenn er keine Narbe am Bauch hatte. „Ich hoffe er übersteht es. Ich habe schon einige meiner Kameraden an das Fieber verloren.“ Diese sind wohl der Infektion erlegen. „Wenn ihr das nächste Mal einen Freund oder Kameraden verarztet, dann gießt Wein über seine Wunde. Am besten den, der am meisten in der Kehle brennt, wenn ihr ihn trinken würdet. Es wird dem Verletzten Schmerzen bereiten, aber wenn man die Wunde täglich mehrmals so reinigt, dann kann man ihm so das Leben retten.“ Li sah sie aufmerksam an und nickte auch, doch er schien mit seinen Gedanken nicht bei der Sache zu sein von der sie gerade sprachen. „Darf ich Euch eine Frage stellen, Lady Sayuri?“ Wie sie diese Bezeichnung hasste, doch Sayuri sagte nichts, wollten die Soldaten so doch nur ihre Anerkennung zum Ausdruck bringen. „Nur zu.“ Li schien noch eine ganze Weile darüber nachzudenken wie er seine Frage stellen sollte. „Stell sie einfach. Ich werde dich nicht bestrafen, egal was du fragst. Aber ich behalte mir das Recht vor nicht zu antworten.“ Er schien sich selbst diese Wörter genau durch den Kopf gehen zu lassen. „Ich wundere mich schon seit einer Weile darüber woher Ihr ein so umfangreiches Wissen besitzt. Schon als mein Onkel von seiner Reise nach Donghai zurück kehrte und von Euch sprach interessierte es mich. Wie konntet Ihr vom Plan des Ministers und Eunuchen wissen? Wie war es einer Frau möglich so schnell in die Gunst des Prinzen zu gelangen, sodass er sie wie einen Mann um Rat fragte? Woher besitzt Ihr all die Kenntnisse über die Kriegskunst? Oder Euer Wissen im Allgemeinen, es hat oft den Anschein, als wären Eure Kenntnisse wesentlich größer als die unseren.“ Also wenn er die Erlaubnis zu fragen bekam, dann wollte er anscheinend auch gleich alles wissen. „Ich komme nicht von hier. Das Land in dem ich geboren und aufgewachsen bin liegt tausende Kilometer von hier entfernt. Dort wird kein Unterscheid zwischen Mann und Frau gemacht, sie sind gleichgestellt. Deswegen benehme ich mich auch nicht so wie die Frauen eures Landes. Und ich denke, dass mich deswegen, der Prinz auch von Anfang an nicht wie eine Frau behandeln konnte, er war ein solches Benehmen von einer Frau einfach nicht gewohnt und passte sich mir an. Das Bogenschießen habe ich von meiner Mutter erlernt, sie unterrichtete mich schon als Kind. Mein Vater schickte mich zu einem Lehrer, der mich auch im Nahkampf ausbildete, da ich mich gegen aufdringliche Männer sollte verteidigen können. Und das Wissen welches ich besitze habe ich in der Schule gelernt und durch mein Umfeld.“ Damit hatte sie nicht mal gelogen, sie hatte nur ein paar entscheidende Fakten ausgelassen. „Also ziehen in Eurer Heimat auch die Frauen in den Kampf?“ Er würde jetzt wohl nicht mehr mit den Fragen aufhören, so wie Sheng. „Ja, auch wenn es noch immer überwiegend Männer sind, die Soldaten werden. Denn nur weil die Geschlechter bei uns gleichberechtigt sind, heißt es nicht, dass sie wirklich gleich sind. Männer sind nun mal kräftiger und unsensibler. Dafür sind Frauen oft mutiger und mitfühlender. Diese Unterschiede kann man nicht einfach auslöschen, aber jedem steht es offen frei zu wählen für welchen Weg er sich entscheidet.“

„Was meint Ihr damit, Frauen wären mutiger?“ Jetzt ist sie ohne nachzudenken auf eine Mine getreten. „Frauen die etwas zu beschützen haben, werden nie weichen. Eine Mutter wird sich immer vor ihre Kinder stellen um Schaden von ihnen fern zu halten. Männer haben zwar auch einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, aber er ist nicht so tief gehend wie der einer Mutter für ihr Kind. Deswegen können Frauen oft mehr ertragen als Männer. Dazu mutiger zu sagen, war vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt.“ Li dachte eine ganze Weile über ihre Worte nach und schien sie zu verstehen, denn er nickte langsam, während er die Stirn runzelte. „Ihr habt Recht, ich habe schon oft gesehen, wie einfache Bauernfrauen, in Kriegszeiten, bis zum Tod für ihre Kinder kämpften.“ So war Mutterliebe eben, egal in welcher Zeit. Li sagte danach nichts mehr und Sayuri sah sich nicht bemüßigt die Konversation fortzusetzen. Es war anstrengend immer genau auf seine Worte zu achten um nicht zu viel zu verraten.



Kapitel 16


Endlich waren sie in der Hauptstadt angekommen, die Reise war als Gefangene alles andere als bequem gewesen. Zum Glück hatte Liu Li sie unter seinen Schutz gestellt, mit der Begründung, dass Sayuri ein Geschenk für den Kaiser wäre. Alle schienen dies zu akzeptieren und sie war erleichtert, denn Sayuri war sich sicher, dass sie zur Not eher alle getötet hätte, als sich von ihnen anfassen zu lassen. Auch machte es nicht den Anschein, als würde irgendjemand Li misstrauen. Die Hauptstadt war wirklich beeindruckend, und so riesig, dass es Sayuri grauste bei der Vorstellung was nötig gewesen war um sie zu errichten. Sie passierten Tor um Tor und kamen dem Palast immer näher. Sie musste zugeben, langsam wurde sie nervös, was würde nun auf sie zukommen? Sayuri hatte sich selbst mit Fusus Bruder und ihren Zielen im Thronsaal gesehen, doch wie lange würde es dauern und was würde sie ertragen müssen, bevor sie zu ihnen gelangte? Li beugte sich zu ihr und flüsterte. „Wenn wir das nächste Tor passieren, sind wir auf dem Palastgelände. Ab da weiß ich nicht wie weit ich Euch begleiten kann. Ich gehe davon aus, Ihr werdet noch mal auf Waffen untersucht, also sagt mir wo ihr noch welche habt, damit ich sie Euch abnehmen kann, sonst würde ich mich verdächtig machen.“ Sayuri dachte darüber nach, aber Li hatte Recht und sie war auch unbewaffnet nicht hilflos. „An meinem Rücken ist ein Dolch versteckt, dann noch an meinen Beinen, der Griff liegt an den Knöcheln. Ansonsten habe ich nichts bei mir. Wenn sie uns trennen, dann warte vor der Stadt auf mich. Ich komme zu dir sobald ich meine Aufgabe erfüllt habe. Sollte es mir innerhalb von 7 Tagen nicht möglich sein meine Mission zu erfüllen, dann kehre ohne mich zurück zu unserem Lager. Sollte ich dich brauchen, dann werde ich einen Weg finden mich bei dir zu melden und dir eine Nachricht zukommen zu lassen.“ Dann schwiegen sie wieder. Sayuri war sich sicher, dass Li sich an ihre Anweisungen halten würde. Als sie am Tor ankamen, stiegen sie von den Pferden und Liu Li ging zu den Wachen und unterhielt sich mit ihnen. Der Soldat bei dem sie mit geritten war, nahm ihr ihre Waffen ab und führte sie dann zu seinem Herrn. Dieser erklärte den Wachen gerade die Lage und welche Bedeutung sie für Fusu einnahm. Die Männer musterten sie und ließen sie dann passieren, allerdings nur Sayuri und Li, seine Männer mussten vor dem Tor warten. Einer der Wachen begleitete sie und führte sie durch endlose verschlungene Gänge. Sie konnte nur hoffen, dass sie es irgendwie schaffte wieder hinaus zu finden. Wäre doch ein Witz, wenn sie es schaffte ihre Aufgabe zu erfüllen, dann aber in diesen Gemäuern fest hängen würde. Ein Schmunzeln stahl sich auf ihre Lippen und sie unterdrückte es schnell wieder. Wie würde es denn aussehen, wenn die Gefangene glücklich aussah. Er führte sie in einen großen Saal und schon wieder wollte sich ein Lächeln auf ihr Gesicht stehlen. Es war viel zu einfach, er hatte sie direkt in den Thronsaal geführt. „Wartet hier, der Kaiser wird irgendwann zu euch kommen.“ Dann verließ er sie wieder. Sayuri sah sich interessiert um, es war wirklich ein wunderschöner Raum. Er war groß und wurde durch Säulen immer wieder unterbrochen. Die waren aus hellem Stein erbaut und der Boden war aus dunklem Marmor, wenn sie raten würde. Sayuri hatte absolut keine Ahnung von Gesteinen. Aber es sah hübsch aus. Am Ende des Raumes waren Stufen die auf ein Podest führten, auf dem der Thron stand, er war vollkommen aus Gold gefertigt worden und war wirklich prunkvoll. Daneben standen zur rechten zwei weitere Stühle. Eine Stufe darunter waren noch mal zwei Stühle, sie standen je rechts und links vom Thron. Sayuri vermutete, dass diese für die Minister waren, in diesem Fall wohl Li Si und den anderen wird wohl Zhao Gao beansprucht haben. Die Stühle neben dem Thron waren bestimmt für die Frauen des Kaisers, sollte er Söhne bekommen, würden sie wohl zu seiner rechten sitzen. Da er noch keine männlichen Erben hatte, waren dort bis jetzt noch keine Sitze hingestellt worden. Ansonsten lagen vor dem Podest noch einige Kissen auf dem Boden, die wohl den Beamten als Sitzgelegenheiten während Besprechungen dienten. Eine Seitentür wurde geöffnet und Liu Li ging auf die Knie und senkte sein Haupt, er zog auch sie an ihren Fesseln auf die Knie, doch Sayuri sah erhobenen Hauptes den Männern entgegen, die den Raum betraten. Sie schritten arrogant auf ihre Sitze zu und nahmen Platz. Erst dann ließen sie sich dazu hinab, den Anwesenden ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Sayuri konnte, die Empörung in den Gesichtern der Erschienen deutlich erkennen, ob ihrer Weigerung ihnen den nötigen Respekt entgegen zu bringen. Doch keiner sagte ein Wort und schenkten ihre Aufmerksamkeit nun Liu Li. „Erhebt euch und tretet vor General Li.“ Ihr Helfer kam der Aufforderung nach und ging einige Schritt auf den Thron zu, dann blieb er stehen, noch immer mit gesenktem Kopf. „Ich grüße Euch, Eure Majestät.“ Dann nickte er in Richtung der anderen Beiden. „Minister, Obereunuch.“

„Was bringt Euch zu uns General? Und wer ist dieses Weib, welches Ihr uns mitgebracht habt?“ Jetzt kam es drauf an. Liu Li musste die richtigen Worte finden. „Ihr Name ist Sayuri, sie ist die Geliebte Eures Bruders, Eure Majestät. Sie war es auch, die zu unseren Niederlagen in Donghai und dem erst kürzlich stattgefundenen Kampf geführt hat, indem sie unsere Generäle ausschaltete. Bevor ich mich den abziehenden Truppen anschloss, ergriff ich die Gelegenheit sie gefangen zu nehmen. Ich würde sie Euch gern als Geschenk überreichen.“ Wieder wurde sie gemustert. „Ihr wollte mir weis machen, dass meine Truppen von einer einfachen Frau besiegt wurden?“

„Ja, Eure Majestät.“ Der Kaiser erhob sich und kam langsam die Stufen hinunter. „Wenn sie am Kampf teilgenommen hat und nun in unserer Gewalt ist, dann sollte sie nützliche Informationen für uns haben. Und als Geliebte meines Bruders vielleicht sogar als Druckmittel dienen.“ Sehr gut. Es lief bis jetzt wie von ihnen geplant. Sayuri hoffte nur, Huhai würde Liu Li nun wegschicken und sie würde allein mit den Männern zurück bleiben. Sie war in ihren Augen nur eine hilflose, schwache Frau und noch dazu gefesselt, sie würden bestimmt auf die Wachen verzichten. „Ich hatte den Selben Gedanken, Eure Majestät. Euer Bruder, scheint dieser Frau sehr zugetan zu sein und ihr vollkommenes Vertrauen entgegen zu bringen.“

„Ihr könnte gehen, General. Ich werde Euch eine Belohnung für diesen Verdienst zukommen lassen.“ Liu Li verneigte sich noch mal tief und drehte sich dann zum Ausgang. Er sah Sayuri direkt in die Augen und bewegte stumm die Lippen. Ich warte vor den Toren der Stadt auf Euch. Viel Glück. Sayuri sah einfach wieder weg und beobachtete wie Huhai zurück zu seinem Thron ging. Als er saß winkte er sie näher, doch sie sah sich nicht bemüßigt dieser Aufforderung nachzukommen. Kaum hörte sie wie die Tür hinter ihr geschlossen wurde, begann sie den Minister und Zhao Gao den Sauerstoff zu entziehen. Sie griffen sich panisch an den Hals und versuchten Luft zu bekommen. Als erstes ging der Eunuch in die Knie, bevor er kurz danach leblos zu Boden ging. Der Minister folgte einige Momente später. Fusus Bruder hingegen, schien mit dieser Situation vollkommen überfordert und schrie verzweifelt nach seinen Wachen. Diese kamen in den Saal gerannt, doch auch sie konnten die Männer nicht mehr retten. Sie zogen ihre Schwerter und sahen sie aufmerksam an. Sayuri konnte es ihnen nicht verübeln, war sie doch die einzige andere Person im Raum gewesen, doch ihre Hände waren gefesselt, wie wollten sie ihr beweisen, dass sie für den Tod der Männer verantwortlich war. Erneut betrat ein Mann den Saal und Sayuri musste schlucken, als sie ihn sah. Er hatte eine Aura von Autorität und Stärke um sich, wie sie sie nur selten gesehen hatte. „Steckt eure Waffen weg. Wie soll eine gefesselte Frau für dieses Verbrechen verantwortlich sein? Seht euch die letzte Speise der Beiden an und findet heraus ob sie vergiftet wurden.“ Die Wachen kamen der Aufforderung nach und verschwanden wieder. Der Mann hingegen trat näher verbeugte sich tief vor seinem Kaiser. „Seid ihr unversehrt, Eure Majestät?“ Dieser setzte sich nun wieder auf seinen Thron und sah ihn nickend an. „Ja, Aang.“ Er war also, der Offizier der Palastwache. Tian hatte ihr viel von ihm erzählt, auch, dass er fest hinter der kaiserlichen Familie stand und nie gegen Fusu kämpfen würde, allerdings auch nie gegen Huhai. Er hatte sich dieser Familie verpflichtet und schütze sie, deswegen war er wohl auch inoffiziell ein Gegner Li Sis und Zhao Gaos gewesen. Er wusste von ihren Intrigen und wäre sie nur zu gern losgeworden, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte. „Nun da die Beiden Tod sind, würde ich Euch gerne eine Nachricht Eures Bruders überbringen.“ Wieder sah sie die unverhohlene Empörung in den Augen Huhais. „Mein Bruder, sollte seinen Frauen erst Mal richtiges Benehmen beibringen, bevor er Nachrichten an mich schicken lässt.“ Sayuri zuckte wegen dieser Aussage nur mit den Schultern. „Er lässt ausrichten: Nun da meine wahren Feinde nicht mehr leben, möchte ich mich nicht weiter mit Euch bekämpfen, lieber Bruder. Wenn Ihr mir die Zusage gebt unser Land gerecht zu regieren und vor seinen Feinden zu schützen, werde ich mich zurück ziehen und auf meinen Anspruch auf den Thron verzichten. Ich habe keinerlei Interesse daran Kaiser zu werden, doch konnte ich die Intrigen des Ministers und Obereunuchen auch nicht einfach akzeptieren. Regiert unser Land gerecht und weise, dann werde ich mich nicht weiter in die Regierung einmischen, solltet Ihr der Aufgabe nicht gewachsen sein, werde ich auf mein Geburtsrecht bestehen. Entscheidet Euch, wollt Ihr unser Land weiter durch einen Bürgerkrieg schwächen, seid ihr den Aufgaben eines Kaisers gewachsen und regiert oder fühlt Ihr Euch diesem Amt ganz ohne Hilfe nicht gewachsen? Gebt Sayuri Eure Antwort, sie wird sie mir überbringen. Ich bete, Ihr möget die richtige Entscheidung für unser Land und unsere Bürger treffen, geliebter Bruder.“ Dann machte sie eine kurze Pause, damit die Worte besser wirken konnten. „Dies war die Nachricht Eures Bruders, welche er mir für Euch mitgegeben hat.“ Huhai sprang wütend auf und kam zu ihr gestapft, vor ihr hielt er und schlug ihr mit der flachen Hand hart ins Gesicht. „Ich könnte dich auch einfach hinrichten lassen und mir danach den Kopf meines Bruders holen, dann kann ich ohne Probleme machen was ich will.“ Sayuri spuckte ihm undamenhaft ihr Blut vor die Füße, dann sah sie zu ihm auf. „Könntet Ihr, doch damit würdet Ihr mich zwingen den Bruder meines Liebsten zu töten.“ Eiskalt sah sie ihn an. „Also bitte ich Euch inständig, genau über eure nächsten Schritte nach zu denken und eine weise Entscheidung zu fällen. Euer Bruder ist Euch schon sehr entgegengekommen, indem er Euren Verrat einfach so verzeihen wollte. Vergesst niemals, wir wissen genau wer hier der Verräter ist.“ Huhai wich einige Schritte vor ihr zurück, Sayuri wusste nicht genau was, aber irgendetwas in ihren Augen, schien ihm Angst gemacht zu haben. Aang kam zu ihnen und wollte sie erneut schlagen, doch dieses Mal duckte sie sich gekonnt weg, stützte sich auf ihre Hände und trat ihm ins Gesicht. Durch den Schwung ihrer Drehung landete er hart auf dem Boden. Sayuri sprang auf und kniete sich eine Sekunde später auf seine Kehle. „Macht mich nicht wütend. Ich habe nicht vor hier jemanden zu verletzen und weiter Männer zu töten. Alles was ich möchte, ist die Antwort des Kaisers. Wenn er sich entschieden hat, werde ich den Palast wieder verlassen.“ Sie drückte ihr Knie noch etwas fester hinab und Aang nickte angestrengt. „Sehr gut. Also Eure Hoheit wie werdet Ihr Euch entscheiden?“

„Was geschieht mit mir, wenn ich den Thron abgebe?“

„Ihr werdet der Kronprinz, bis Euer Bruder einen Erben zeugt. Danach werdet ihr wir zuvor der Prinz sein. Fusu trägt Euch nichts nach, die einzige Bedingung wäre, dass Euch ein Aufpasser zur Seite gestellt werden würde. Er muss sicher gehen, dass Ihr das Land nicht erneut in einen Bürgerkrieg stürzen würdet.“

„Dann richtet ihm aus, er soll in den Palast zurück kehren und ich werde ihm meinen Thron übergeben.“ Sayuri traute Huhai nicht, sie konnte ihn einfach nicht genug einschätzen. In den Geschichtsbüchern hieß es, er wäre nur eine Marionette gewesen, doch woher sollte sie wissen ob er nun nicht doch dem Größenwahn verfallen war, durch die Gehirnwäsche Li Sis und Zhao Gaos? „Verstanden.“ Sie stand auf und entfernte sich schnell vom Offizier. „Ich werde Eure Nachricht so weiterleiten.“ Sie verneigte sich halbherzig und ging hinaus, was gar nicht so einfach war, wenn man noch immer verbundene Hände hatte. Kaum draußen und allein machte sie sich unsichtbar und schwebte aus der Stadt. Zum Glück war der Gang vor dem Thronsaal zum Garten gerichtet und somit offen. Sie hätte den Weg sonst nie allein hinaus gefunden. Sayuri erreicht die Stadtmauern noch vor Liu Li und seinen Männern. Vielleicht sollte sie noch mal in die Stadt gehen und etwas Zeit totschlagen. Immerhin würde es auffallen, wenn sie so schnell war. Noch bevor sie die Richtung ändern konnte hatte sie das Gefühl etwas würde an ihren Gedanken ziehen. Es fühlte sich so ähnlich an, wie wenn sie mit dem Mann in ihrem Kopf sprach. Schon seit Tagen hatte sie das Gefühl nicht mehr allein zu sein und ein ständiges Summen im Kopf zu haben. Doch normalerweise konnte sie es gut ausblenden, doch diese Mal nicht. Sie konzentrierte sich also auf den Mann und sofort spürte sie ihn in ihren Gedanken. Bist du es, der die ganze Zeit an mir zieht und in meinem Kopf summt? Sie hoffte für ihn dass nicht, denn es war wirklich nervig. Nein, es ist Bailong den du spürst. Er trägt nun dein Blut in sich und ist dadurch mit dir verbunden. Es ist seine Präsenz die du als ständiges Summen wahrnimmst. Er scheint irgendein Problem zu haben, deswegen ist der Zug stärker oder das Summen lauter geworden, je nach dem wie du es bezeichnen willst. Wenn du dich auf ihn konzentrierst, so wie auf mich, dann solltest du dazu in der Lage sein mit ihm zu reden. Sehr cool, also konnte sie sich jetzt mit ihrem Freund telepathisch unterhalten. Sie konzentrierte sich auf ihn und spürte wie ihre Gedanken sich trafen.

Seit nun 7 Tagen waren Sayuri und Liu Li nun schon auf ihrer Mission und Fusu wurde immer nervöser, nicht nur weil er sich um seine Geliebte sorgte, sondern auch weil so viel von ihrem Erfolg abhing. Außerdem machten sie sich auch Sorgen um Bailong, er kam mit seinen Fähigkeiten noch nicht wirklich zurecht. Er hatte sie zwar akzeptiert und war begeistert davon, doch er hatte noch keine Kontrolle darüber und langsam begann er deswegen unruhig und ängstlich zu werden. Doch je unsteter seine Gefühle wurden, desto häufiger verlor er die Kontrolle. Drei Mal hatte nun schon die Erde zum Beben gebracht und damit sowohl die Soldaten, als auch die Pferde ganz nervös gemacht. Noch ein Grund für seine Unruhe war, dass er sein Zelt nicht verlassen konnte, da seine Wunde unter normalen Umständen noch nicht verheilt sein konnte. Und hier konnten sie ihn nicht einfach so nach draußen schmuggeln wie damals bei Sayuri an der Mauer. Immerhin waren sie zu allen Seiten von mindesten 10.000 Soldaten umgeben. Er musste durchhalten. Fusu hoffte nur, dass Sayuri bald zurück kehrte und Bailong dabei half seine neue Begabung in den Griff zu bekommen. Plötzlich schrie Bailong aus seinem Zelt auf. Sofort sprangen sie auf und rannten zu ihm. Mian war gerade bei ihm gewesen, was also war geschehen? Bailong sah verschreckt aus, als sie herein kamen und Mian steckte im Boden fest. „Was ist passiert?“ Mian drehte sich so gut er konnte in ihre Richtung und hielt ihnen seine Hand entgegen. Es war nicht das erste Mal, dass einer von ihnen in plötzlichem Sand versank. „Bailong hat plötzlich geschrien und dann steckte ich auch schon fest. Ich weiß nicht was ihn so aufgeregt hat oder noch immer aufregt.“ Bailong sah sie nun endlich an. „Ich kann Sayuris Stimme in meinem Kopf hören.“ Was sollte das nun wieder bedeuten? Andererseits, wunderte sich Fusu über fast gar nichts mehr. „Sie sagt, wie wären durch ihr Blut miteinander verbunden und könnten deswegen unsere Gedanken austauschen. Sie hat meine innere Unruhe gespürt und deswegen Kontakt zu mir aufgenommen.“ Bailong schaute einfach an die Zeltwand während er erzählte. „Sie sagt, sie würde mir dabei helfen mein neustes Talent unter Kontrolle zu bringen.“ Das waren gute Neuigkeiten. „Außerdem sagt sie, Huhai hätte sich entschlossen den Thron an Fusu zu übergeben. Wir sollen in die Hauptstadt gehen, aber wir sollen trotzdem vorsichtig sein, da sie ihn nicht einschätzen kann und nicht weiß ob er wirklich die Wahrheit gesagt hat. Li Si und Zhao Gao sind tot und man hat sie gehen lassen.“ Alle atmeten erleichtert auf. Ihr Plan war aufgegangen und Sayuri und Liu Li in Sicherheit. Jetzt musste er nur noch den Thron übernehmen und alles würde gut werden. Kein Soldat musste noch einen sinnlosen Tod sterben und seine Bürger wurden nicht sinnlos um ihr Geld oder ihre Nahrung gebracht. Mian wurde auf einmal wie durch Zauberhand aus dem Boden gehoben und der Dieb strahlte übers ganze Gesicht. Scheinbar gab ihm Sayuri schon einige Tipps. Noch ein Grund zu feiern, zum einen weil nun alle etwas beruhigter sein konnten, da sie nicht mehr fürchten mussten plötzlich im Boden zu versinken oder von einen Erdbeben erschüttert zu werden. Außerdem würde es ihnen, sollte es doch zu einem Kampf mit seinem Bruder kommen, von großem Nutzen sein. „Frag Sayuri bitte, ob wir mit der Armee kommen sollen, oder allein.“ Bailong nickte, Fusu wünschte sich auch so eine Verbindung zu seiner Liebsten. „Wir sollen allein kommen. Sie meint es wäre ein Zeichen des Vertrauens und wir würden so auch Position beziehen, dass wir Huhai nicht feindlich gesinnt sind.“ Fusu verstand Sayuris Standpunkt, doch er hatte seinen Bruder schon seit Jahren nicht mehr gesehen und hatte ein schlechtes Gefühl dabei. Sollte er nicht besser Präsenz zeigen und dass er sich nicht einfach geschlagen geben würde? Er sah zu seinem Freund und auch dieser sah nicht überzeigt aus. „Sie meint, eine Armee könnte so wie so nicht mit in den Palast. Sollte ein Angriff stattfinden wird es in den Palastmauern passieren, fern von den Augen der Bürger. So könnten sie danach behaupten Fusu hätte versucht ihn zu ermorden. Außerdem hätten wir mit Sayuri und mir genug Kampfkraft um ganze Armeen zu besiegen, wenn Huhai es darauf anlegen sollte.“ Er nickte, Sayuri würde eh nicht nachgeben. Also konnten sie sich eine Diskussion ersparen. „Dann lasst uns alles vorbereiten, wir brechen noch heute auf.“ Sie hatten erst kurz nach Mittag, also noch genug Zeit eine kurze Strecke hinter sich zu bringen. Je schneller sie aufbrachen, desto schneller würde er Sayuri wieder in seinen Armen haben. Alle verließen das Zelt und packten ihre wichtigsten Sachen zusammen, sie trugen Bailong in einen Wagen und nahmen ihn so mit. Wenn sie niemand mehr sehen konnte, würde er selbst reiten.

Sie ritten mit so wenig Pausen wie möglich und erreichten die Hauptstadt 3 Tage später. Noch vor der Stadt gesellte sich Sayuri zu ihnen und schwang sich vor ihn auf sein Pferd. Sie schmiegte sich an ihn und küsste ihn kurz. „Ihr wart schnell.“ Sind ritten nun langsam und dicht beieinander. „Wir wollten keine Zeit verlieren. Ich denke wir wollen es alle einfach nur endlich hinter uns haben.“ Tian sprach allen aus der Seele. Sayuri drehte sich zu Bailong. „Und wie laufen die Übungen, die ich dir beschrieben habe? Hast du Fortschritte gemacht?“ Er nickte und strahlte sie an. „Ja, es war wirklich viel einfacher zu beherrschen, nachdem du mir alles erklärt hast. Ich denke ich kann die Fähigkeiten nun auch gezielt im Kampf einsetzen wenn nötig.“ Die Frau vor ihm entspannte sich etwas. „Und wie schlimm ist das Blut trinken?“ Bailong verzog das Gesicht. „Die Vorstellung ekelt mich noch immer an, doch es schmeckt mir eigenartigerweise.“ Sayuri begann zu kichern. „Dann geht es doch. Ich habe übrigens mal meinen Mann im Kopf gefragt und er meinte, du könntest wieder ein ganz normaler Mensch werden indem du einfach aufhörst Blut zu dir zu nehmen. Ansonsten wirst du genau wie ich unsterblich sein, solange du regelmäßig Blut trinkst.“ Bailong nickte nachdenklich und sagte dann auch nichts mehr. Er hatte nun eine Entscheidung zu treffen. „Bailong.“ Fusu wartete bis ihr Freund ihn ansah. „Du musst nicht jetzt eine Entscheidung treffen. Du kannst einfach weiter Blut trinken wenn du musst und wenn du irgendwann das Gefühl hast, dass dieses Leben nichts für dich ist, kannst du einfach damit aufhören. Es wäre unklug jetzt sofort eine Entscheidung erzwingen zu wollen. Und die Unsterblichkeit und Fähigkeiten sind doch nur von Vorteil, ich an deiner Stelle würde dies nicht leichtfertig aufgeben.“ Bailong begann schallend zu lachen. „Ich habe nicht darüber nachgedacht ob ich dieses Leben führen oder wieder ein normaler Mensch werden möchte. Sayuri hat mir ein unbezahlbares Geschenk gemacht und ich gedenke nicht, es wieder aufzugeben. Ich habe aber darüber nachgedacht, was es in Zukunft für mich heißen würde. Ich werde ewig leben, während all meine Freunde nach einiger Zeit sterben werden. Ich werde dann bestimmt neue Freunde finden, doch auch diese werden irgendwann sterben und mich allein zurück lassen. Sollten sich Sayuris und meine Weg irgendwann trennen, dann würde es ein sehr einsames und von Trauer erfülltes ewiges Leben sein.“ Sayuri war in seinen Armen vollkommen steif geworden. Über so etwas hatte sich Fusu noch gar keine Gedanken gemacht. Aber Bailong hatte Recht. Sie alle alterten. Irgendwann wäre seine Liebste vollkommen allein gewesen, hätte sie nicht Bailong verwandelt. Er wollte sein Leben mit ihr verbringen, doch ihr Leben war ein ganz anderes Ausmaß als seines. Er drückte sie fest an sich, sie würde ihn irgendwann verlieren. Ob nun durch eine Intrige oder das Alter spielte dabei keine Rolle. Und wenn Sayuri ihn nur halb so sehr liebte wie er sie, dann würde dieser Verlust sie vollkommen gequält zurück lassen. Er würde mit Bailong reden müssen, dass er sich um sie kümmern musste wenn er einmal nicht mehr da sein würde. Sie durchritten das erste Tor zur Stadt und Fusu sah sich genau um, zum einen um mögliche Gefahren zu ermitteln und zum andern weil er schon Jahre nicht mehr hier gewesen war. Es hatte sich nichts verändert. Noch immer tummelten sich die Händler im äußersten Bereich und versuchten ihre Ware an den Mann zu bringen. Ihm fiel ein kleiner Stand mit Schmuck ins Auge und er führte sein Pferd dorthin. Viele Ketten, Armreifen und Ohrringe schmückten den Tisch auf dem die Ware lag, doch nur ein Stück zog seine Aufmerksamkeit an. Es war eine wunderschöne silberne Kette mit einem blauen Stein als Anhänger. „Ich hätte gern diese Kette.“ Er zeigte auf das Stück und der Händler reichte es ihm. Fusu sah Tian an und dieser bezahlte das Stück für ihn. Er legte das Schmuckstück um Sayuris Hals und schloss es. „Die ist für dich. Der Anhänger hat die gleiche Farbe wie deine Augen.“ Seine Geliebte sah ihn mit Tränen in den Augen an und bedankte sich mit erstickter Stimme. „Ich danke dir. Sie ist wirklich wunderschön.“ Dann machten sie sich weiter auf den Weg zum Palast. Als sie endlich die unzähligen Tore passiert hatten und am Palast ankamen, öffneten ihnen die Wachen sofort unaufgefordert. Im Inneren wurden sie von weiteren Wachen in Empfang genommen. „Wir grüßen Euch, Eure Hoheit. Wir wurden beauftragt Euch und Eure Gäste in den Thronsaal zu geleiten. Leider wurde uns auch befohlen, dass Frauen der Zutritt strengstens untersagt sei. Wir bitten um Verzeihung.“ Fusu sah fragend zu Sayuri und sie nickte ihm zu. „Geht ruhig. Ich werde wieder hinaus gehen und mich etwas in der Stadt umsehen.“ Sie ging noch mal zu Bailong und flüsterte ihm etwas zu, worauf hin er nickte. Dann ging sie wieder aus dem Tor hinaus und dieses wurde sogleich geschlossen. Jetzt hatten sie nur noch Bailong als übernatürliche Unterstützung. Sie wurden durch den Palast geführt und Fusus Herz begann aufgeregt zu schlagen. Er konnte nicht wirklich bestimmen ob nun aus Freude wieder an dem Ort zu sein, an dem er aufgewachsen war, oder daran, dass er nun wieder hier war, obwohl er nun ein ganz anderer Mensch war. Im Thronsaal erwarteten sie sein Bruder und eine ganze Menge Wachen. Tian und Mian spannten sich bei dem Anblick gleichzeitig an. Hatte sein Bruder ihn wirklich erneut hintergangen und sie in eine Falle gelockt. Fusu trat vor und sah seinen Bruder an. „Wieso die vielen Wachen, Bruder?“ Dieser schnaufte und hob die Hand. Die Männer zogen ihre Schwerter und umzingelten sie. „Dachtest du wirklich ich würde dir meinen Thron einfach so überlassen? Dachtest du ernsthaft ich würde mich von einer Frau einschüchtern lassen?“ Was hatte Sayuri nur getan? Er sah Bailong an, doch auch dieser zuckte nur mit den Schultern. Huhai senkte die Hand und die Wachen griffen sie an. Sie stellten sich sofort mit dem Rücken zu einander um sich so gegenseitig zu decken, während sie sich gegen ihre Angreifer zur Wehr setzten. „Bailong, jetzt wäre es eine große Hilfe wenn sie versinken würden.“

„Tut mir leid, dazu muss ich mich zu sehr konzentrieren. Ich kann mich nicht gleichzeitig verteidigen, mit Sayuri reden und zaubern.“ Stimmt er konnte Sayuri durch ihre Verbindung rufen, sie mussten nur lang genug durchhalten. Fusu sah wie Mian zu Boden ging, kurz darauf folgte Sheng. Es waren einfach zu viele, noch dazu waren die Wachen alle mit Speeren bewaffnet und hatte dadurch den Vorteil der größeren Reichweite auf ihrer Seite. Als nächsten wurde er selbst verwundet, doch es war nur sein Bein. Tian versuchte ihn so gut es ging zu schützen, doch er bezahlte einen hohen Preis dafür. Tian ging zu Boden mit einer klaffenden Wunde in der Brust. Dann flog die Tür auf und Sayuri kam zu ihnen gerannt. Sie erkannte auf einen Blick die Lage und zog einen Feuerkreis um sie, um die Angreifen fern zu halten. „Bailong, versperr die Ausgänge. Niemand verlässt ohne meine Erlaubnis diesen Saal.“ Dann beugte sie sich zu ihren Verletzten. „Es tut mir so leid.“ Dann schnitt sie sich wie schon zuvor bei Bailong das Handgelenk auf und gab ihnen von ihrem Blut zu trinken. Nach wenigen Minuten waren wieder alle auf den Beinen. „Lasst die Waffen fallen, oder ich schwöre ich werde euch alle in ein Häufchen Asche verwandeln.“ Sayuri war außer sich vor Wut, so hatte Fusu sie noch nie gesehen. Nicht mal als sie von Liu Li verraten wurden. Er hörte wie die Schwerter auf dem Boden landeten und Sayuri nahm das Feuer in sich auf. Dann schritt sie bis zum Thron, ohne dass sie jemand aufhielt. Sein Bruder zuckte zurück, doch er konnte nicht entkommen. „Und nun zu dir. Ich würde dich am liebsten umbringen für deinen erneuten Verrat, doch Fusu ist mir zu wichtig als dass ich ihm den Bruder nehmen würde. Allerdings wirst du den Thron übergeben, dann wirst du unter Hausarrest gestellt. Dieses Zimmer wirst du dein Leben lang nicht mehr verlassen. Du hättest weiterhin ein angenehmes Leben führen können, wenn du dich an die Abmachung gehalten hättest. Dieses wird dir nun nicht mehr gewehrt.“ Dann drehte sie sich zu ihm und rannte ihm in die Arme und küsste ihn stürmisch. „Ich bin so froh, dass ihr es alle überlebt habt.“ Er nickte und sah sich seine Freunde an. „Geht es euch gut?“ Sie nickten alle unsicher. Bailong begann zu lachen. „Ihr werdet euch daran gewöhnen.“ Stimmt sie waren nun auch unsterblich. „Welche Fähigkeiten haben sie bekommen?“ Kurz war Sayuri still und starrte an die Wand, dann begann sie zu lachen. „Ich habe das Gefühl, dass sich die Elemente dem Charakter anpassen. Sheng hat das Feuer bekommen, Mian das Wasser und Tian Metall.“ Fusu konnte seine Geliebten nur zustimmen, diese Elemente passten perfekt zu den Männern. Dann plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, er war der Einzige ihrer Gruppe der nun noch sterblich war. Sie alle würden ihn überleben, er war sich seiner Gefühle in diesem Moment nicht sicher. Freute er sich für seine Freunde, da sie nun den Tod nicht mehr fürchten mussten? War er neidisch, da diese Männer nun bis in alle Ewigkeit mit Sayuri zusammen sein konnten? Hatte er Angst, davor dass sie sich von ihm abwenden könnten? War er glücklich, da seine Liebste nicht allein sein würde? Oder unsicher, da er nur ein ganz gewöhnlicher Mensch war? Er wusste es nicht. Als Fusu aus seinen Gedanken aufschreckte, war das Erste, was er bemerkte, dass Sayuri nicht mehr im Raum war. „Wo ist Sayuri?“ Sein bester Freund kam zu ihm und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Sie meinte, sie würde Mi entgegen fliegen und dann mit ihnen zurück in den Palast kommen. Außerdem musste sie sich mal wieder um Tora kümmern.“ Die Tigerdame hatte Fusu schon vollkommen vergessen, da er sie so lange nicht mehr gesehen hatte. Er nickte und drehte sich zu seinem Bruder der noch immer vollkommen verängstigt auf dem Thron saß. Nun würde er ihn dazu zwingen ihm diesen zu überlassen und sich zum Kaiser krönen lassen. Danach würde er Sayuri zur Frau nehmen und mit ihr zusammen dieses Land führen.

Sayuri flog so schnell sie konnte Mi und Lien entgegen, die zusammen mit Lan auf dem Weg zur Hauptstadt waren. Tian hatte ihr erzählt, dass sie die Frauen bei Lan, dem Verwalter von Donghai, gelassen hatten und sie etwas langsamer nach Xianyang reisten. Sie wollten die Frauen keiner unnötigen Gefahr aussetzen. Nach nicht mal einer halben Stunde entdeckte sie den kleinen Tross und landete einige hundert Meter vor ihnen und lief ihnen dann gemütlich entgegen. Als Mi sie entdeckte, galoppierte sie auf Sayuri zu und sprang vor ihr angekommen direkt vom Pferd in ihre Arme. „Ich bin so glücklich, Euch unversehrt anzutreffen.“ Mi schien Sayuri wirklich ins Herz geschlossen zu haben. Sayuri wartete noch auf den Rest und begann dann von den Geschehnissen im Palast zu erzählen. Danach nahm sie Lien und Mi etwas zur Seite. „Ich werde mich jetzt wo alles vorbei ist von der Gruppe trennen. Ich überlasse es euch, ob ihr mich weiterhin begleitet oder mit Lan weiter zur Hauptstadt reitet und euch dort eine neue Aufgabe sucht.“ Mi sah sie erschrocken an und auch Lien schien nun etwas verunsichert. „Ihr wollt gehen?“ Sayuri nickte nur als Antwort, sie musste sich zusammen reißen vor diesen Frauen nicht in Tränen auszubrechen. „Ich werde Euch auf jeden Fall weiterhin begleiten. Ich verdanke Euch in Freiheit leben zu können. Außerdem seid Ihr mein Vorbild und ich habe noch so viel von Euch zu lernen.“ Sayuri nickte Mi zu und sah nun abwartend zu Lien. „Ich würde Euch auch gern begleiten, doch ich kann mir nicht vorstellen mich von Li zu trennen. Deswegen werde ich mit den Soldaten weiter zur Hauptstadt reisen, wo er bestimmt schon auf mich wartet.“ Sayuri hatte schon mit dieser Antwort gerechnet und führte sie deswegen zurück zu Lan. „Ich werde mit Mi noch wo anders hinreisen. Ich verlasse mich darauf, dass Ihr Euch gut um meine Untergebene kümmert. Wenn Ihr in Xianyang ankommt, übergebt sie in Tians Obhut. Dort wird sie bis zu ihrem 16. Geburtstag bleiben, danach wird sie Liu Lis Frau werden. Verstanden?“ Der Verwalter nickte und verabschiedete sich dann von ihr und Mi. Sayuri sah der Gruppe noch eine Weile nach und schwang sich dann auf Hua. „Ich danke dir, dass du mein Pferd mitgebracht hast. Jetzt müssen wir erstmal zurück und Tora einsammeln. Danach können wir hinreisen wo wir wollen. Gibt es einen Ort den du schon immer mal sehen wolltest?“ Mi dachte eine Weile nach. „Ich wollte schon immer mal in die Berge, doch dort leben gefährliche Stämme, die unserem Volk nicht wirklich wohlgesinnt sind.“ Das mussten dann wohl die zukünftigen Mongolen sein, wenn sie sich nicht täuschte. „Wir könnten es auf einen Versuch ankommen lassen und nach Norden reiten. Oder wir reisen nach Westen und sehen was außerhalb der Grenzen Chinas liegt.“ Mi bekam ganz strahlende Augen und nickte aufgeregt. „Gut, dann lass uns Tora holen und dann nach Norden, von dort aus reisen wir dann nach Westen. Mich würde interessieren wie meine Heimat zu dieser Zeit aussieht.“ Es war ein wirklich guter Plan gewesen, leider würden sie ihn nie in die Tat umsetzen können.



Kapitel 17


Sayuri hatte ihn verlassen. Sie war einfach so verschwunden, kaum war sie sich sicher, er würde den Thron besteigen können. Wie konnte sie ihn einfach so zurück lassen und ohne ein Wort zu sagen gehen? Einfach so verschwinden? Fusu wusste, dass sie nie vor gehabt hatte wirklich seine Frau zu werden. Sie hatte immer davon gesprochen so lange bei ihm zu bleiben, wie er sie brauchte und wie es aussah, schien sie der Meinung gewesen zu sein, sie würde nun keinen Nutzen mehr für ihn haben. Doch sie täuschte sich gewaltig. Er brauchte sie, nicht nur weil er sie liebte und vermisste, er brauchte auch ihren Rat, bei seinen Entscheidungen. Er wollte sein Land wirklich gut regieren und er war darauf auch sein gesamtes Leben vorbereitet worden, doch er wollte die Regierung verändern um ein besseres Land zu erschaffen. Ein Land in dem auch die ärmsten Bauern sich keine Sorgen um ihr Überleben machen müssten, doch er hatte keine Idee wie er so etwas schaffen sollte? Wie sollte er es schaffen ein vollkommen neues System zu erschaffen, wenn sie ihm nicht sagte wie dieses auszusehen hat? Er brauchte sie wirklich an seiner Seite. Wie also konnte sie ihn einfach hier im Palast zurück lassen. Und nicht nur an ihm zehrte der Umstand ihres Verschwindens, auch seine Freunde vermissten sie. Bailong hatte den anderen beigebracht wie sie Kontakt zu ihr aufnehmen konnten, doch schon seit Monaten ignorierte sie die Männer einfach. Lan hatte auch keine Ahnung gehabt, wohin sie unterwegs waren, also konnten sie Sayuri nicht mal suchen gehen. Und als hätte Fusu deswegen nicht schon genug Probleme, nervten ihn seine Beamten damit, dass er endlich eine Frau nehmen musste und er sich zu selten im Harem blicken ließe. Er würde in der Verantwortung stehen für einen Erben zu sorgen und musste dieser nachkommen. Die paar Mal die er den Harem besucht hatte, war er bei Lien gewesen, die Tian zur Sicherheit dort untergebracht hatte. Sie war sein Alibi und Fusu hatte zusammen mit ihr eine Unterhaltung mit Liu Li gehabt und ihm die Umstände erklärt. Als Lien ihm versicherte, dass Fusu sie nie angefasst hätte hatte er sich wieder beruhigt und seine Erlaubnis erteilt. Aber bald würde sie 16 Jahre alt sein, heiraten und ihm somit nicht mehr zur Verfügung stehen. Bis dahin musste er sich noch etwas Neues einfallen lassen. Er versuchte sich wieder auf das Gefasel der Männer im Saal zu konzentrierte. Sie redeten über zu niedrige Steuereinnahmen und davon sie zu erhöhen. Er würde diesen Entschluss natürlich nicht zulassen, doch für eine Alternative würde er zum Beispiel Sayuris Rat gebrauchen können. Sie hätte bestimmt eine Idee wie sie dieses Problem lösen könnten ohne die ärmeren Einwohner Chinas noch weiter zu belasten. Fusu hatte genug von dem Gerede. „Ruhe. Ich werde diesem Beschluss nicht zustimmen. Ich möchte, dass sich jeder Mann in diesem Raum eine Idee einfallen lässt wie sich dieses Problem lösen lässt ohne die Bauern weiter zu belasten.“ Seine Beamten sahen ihn an, als wäre er verrückt, doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen, sie sollten ihm einfach eine Lösung zeigen. Die Tür wurde aufgestoßen und ein Bote kam herein gerannt. Vor den Beamten blieb er stehen und kniete sich ehrerbietig hin. „Wir werden im Norden angegriffen, Eure Majestät. Einige Reiterstämme aus den Bergen haben sich verbündet und damit begonnen Jiuyuan zu belagern?“ Das war ihre wohl nördlichste Stadt und relativ weit abgeschnitten vom Rest des Landes. Außerdem war die Stadt für eine Belagerung nicht gut gerüstet. Ein Wunder, dass sie noch nicht gefallen war. „Tian, ich möchte, dass du eine Armee zusammen stellst und versuchst ihnen zu helfen, obwohl ich nicht glaube, dass sie standhalten können. Halte auf jeden Fall den Vormarsch in unser Land auf.“ Er nickte und war gerade dabei den Saal zu verlassen, als der Bote weiter sprach. „Die Stadt hält sich gut und es gibt keine Anzeichen für ihren baldigen Fall. Wenn die Nachricht stimmt, dann war gerade zufällig eine Frau in der Stadt die kurzfristig das Kommando übernommen hat, Eure Majestät.“ Sein Herz begann zu rasen und Tian bekam einen konzentrierten Gesichtsausdruck, dann nickte er ihm zu. Sayuri war in Jiuyuan, endlich hatte er einen Ansatz. „Welchen General haben wir in der Nähe um sie zu unterstützen?“ Die Beamten begannen wild durcheinander zu sprechen, was ihn nur noch mehr aufregen wollte. „Eure Majestät, Sheng ist gerade unterwegs in den Norden, er müsste mittlerweile in der Nähe sein. Ich könnte ihm eine Nachricht schicken und er könnte die Truppen führen.“ Pure Empörung ging durch den Raum, doch diese Männer konnten Fusu gestohlen bleiben, genau wie ihre Meinung. „Sag ihm Bescheid und kümmere dich um alles. Wir müssen die Reiterstämme auf jeden Fall noch in Jiuyuan aufhalten. Sie sind blutrünstig und würden jedes Dorf auf ihrem Weg auslöschen.“ Tian nickte und verließ den Raum. Am liebsten würde er jetzt packen, sein Pferd satteln und sich in den Norden begeben, doch nun da er Kaiser war, war er noch eingeschränkter als zuvor. Er konnte nur hoffen, seine Männer würde Sayuri davon überzeugen können zu ihm zurück zu kehren.

Die letzten Monate waren für Sayuri die Hölle gewesen, sie vermisste Fusu und ihr Freunde schmerzlich. Noch immer hielt sie es für das Beste gegangen zu sein, sie hätte es nicht ertragen ihren Liebsten mit einer anderen Frau zu sehen. Aber sie konnte auch nicht von ihm verlangen, sich gegen eine Jahrhunderte alte Tradition zu stellen. Noch war es eben normal, dass der Herrscher und seine Familie sich einen Harem zur Sicherung der Erben hielten. Mi war anfangs noch ganz aufgeregt wegen ihrer Reise gewesen, doch nach einiger Zeit merkte Sayuri immer deutlicher, dass sie mit ihrer Entscheidung nicht mehr einverstanden war. Trotzdem genossen sie ihre Zeit zusammen und haben sich viele Städte und deren Umgebungen angesehen. Mi war davon begeistert, hatte sie doch noch nie so viel von ihrem Land gesehen, da sie immer nur in der Festung ihrer Familie gewesen war oder mal auf Festen in der Hauptstadt oder bei anderen Familien. Aber dort reiste sie in einer Sänfte und konnte nichts sehen. Irgendwann hatten sie beschlossen, dass es Zeit wurde zu ihrem eigentlichen Plan überzugehen und sind nordwärts geritten, nie hätte Sayuri gedachte, dass sie dort in eine neue Schlacht gezogen werden würde. In Jiuyuan waren nicht viele Soldaten stationiert, was sie Tian als Fehler ankreidete. Wie konnte er eine so wichtige Stadt direkt an der Grenze nur so unterbesetzt lassen? Wenigstens hatten sie etwas Glück, da dort einige der Soldaten waren, mit denen sie in Donghai gekämpft hatten. Sie haben Sayuri sofort die Führung überlassen und mit ein wenig Hilfe ihrer Magie hatte sie es bis jetzt geschafft die Stadt zu halten. Wie sehr ein plötzlicher Sturm doch behindern konnte eine Mauer zu erklimmen. Aber wenn sie sich und ihre Fähigkeiten nicht verraten wollte, müsste bald Verstärkung eintreffen. Sayuri bist du gerade in Jiuyuan? Uns hat gerade eine Nachricht erreicht, dass die Stadt angegriffen wird und eine Frau die Verteidigung übernommen hat. Wenigsten wussten sie im Palast nun Bescheid. Ja ich bin hier und halte die Angreifer so gut es geht auf. Aber ich weiß nicht wie lange mir dies mit so wenig Soldaten möglich ist ohne mich zu verraten. Wann kann ich mit Hilfe rechnen? Hoffentlich würde niemand ihrer Freunde kommen, es gab da einen Umstand den konnten sie einfach nicht übersehen. Sheng ist ganz in deiner Nähe, er wird dich unterstützen und ich werde einen Vogel zur von dir aus gesehenen nächstgelegenen Stadt schicken. Sie sollten, dann in zwei bis drei Tage zur Unterstützung eintreffen. Wenn sie noch ein kleines Erdbeben verursachte, sollte sie diese Zeit noch überbrücken können. Verstanden, ich werde die Reiterstämme so lange aufhalten. Vielleicht sollte sie warten bis Sheng eintrifft und sich dann unsichtbar mit Mi, Tora und ihren Pferden aus dem Staub machen. Ich danke dir. Sayuri ignorierte den letzten Kommentar. Sie schoss noch einen Pfeil ab und machte sich dann auf die Suche nach Mi. Sie hatte seit dem Beginn ihrer Verteidigung eine Menge gelernt und brüllte wie ein General Befehle und hatte die Männer fest im Griff. Sayuri war so unglaublich stolz auf sie. Sie zog sie nun einfach vom Geschehen weg und ließ ein Gewitter aufziehen. Bei Sturm, Regen und Blitzen würde der Feind seinen Angriff abbrechen müssen. „Sheng ist in der Nähe und wird bald hier eintreffen. Tian schickt Verstärkung aus der nächsten Stadt. Ich würde dann gern so schnell wie möglich verschwinden.“ Mi verzog ihr schönes Gesicht und sah sie tadelnd an. Ja jetzt mit mehr Selbstbewusstsein und Durchsetzungskraft traute sie sich auch Sayuri ihr Missfallen deutlich zu zeigen, aber sie stellte sich nie gegen ihre Entscheidungen. „Deine Entscheidung, aber ich halte es für die falsche Lösung. Ich denke wir sollten zurück in den Palast. Dort ist der Platz an den du Momentan gehörst und gebraucht wirst.“ Mi brauchte es ihr nicht zu sagen, immerhin zeigte ihr blutendes Herz Sayuri ganz deutlich wo ihr Platz war. „Ich weiß, aber ich weiß wie viel ich ertragen kann und deswegen weiß ich auch, dass ich die Trennung besser verkraften kann, als mit anzusehen, wie er Nacht für Nacht aus dem Bett zu anderen Frauen verschwindet. Außerdem was würde aus unserer Reise werden, wenn wir nun umkehren würden? Du wolltest doch die Welt sehen.“ Mittlerweile waren sie in ihrem Zimmer angekommen und setzten sich an den Tisch. „Die können wir auch einfach verschieben. Genügend Zeit dafür haben wir ja.“ Richtig, Mi hatte sich für die Unsterblichkeit entschieden und Sayuri gebeten ihr diese Ehre zu gewähren, wie sie sich ausgedrückt hatte. Sie hatte kein Problem damit gehabt und Mi ihr Blut zu trinken gegeben. Nun musste sie sich wenigstens nicht mehr um sie sorgen, falls sie in eine gefährliche Lage gerieten. „Außerdem denke ich nicht, dass unser Kaiser dir so was antun könnte. Ganz zu schweigen davon, dass er nur dich sieht und bestimmt nicht mal Lust bei einer anderen Frau verspüren kann.“ Diese Aussage zauberte ein Lächeln auf Sayuris Gesicht, wenn sie daran dachte, dass Fusu es nicht schaffte sich mit anderen Frauen zu vergnügen. „Schöne Vorstellung, doch er muss trotzdem seine Pflicht erfüllen.“ Mi seufzte verzweifelt. „Wenn du ihm einen Erben schenkst, dann ist ein Besuch im Harem gar nicht mehr nötig, wenn er nicht will.“ Vielleicht hatte Mi ja Recht und sie hatte in ihrer Vision gesehen wie sie einen neugeborenen Jungen im Arm hatte. Sie könnte ihm also seinen Erben schenken. Doch wollte sie ein solches Leben für ihr Kind? Eine Welt voller Intrigen und Machgier? Eine Welt in der er nie einfach nur spielen konnte und machen konnte was er wollte? Eine Welt in der sie täglich Angst um sein Leben haben musste? Aber konnte sie ihm dieses Anrecht, welches ihr Sohn besaß, einfach so vorenthalten? Aber wenn sie Fusus Frau wurde, könnte sie vielleicht einige Veränderungen vornehmen und ihren Sohn so erziehen wie sie wollte? „Ich weiß nicht was das Richtige ist.“ Mi nahm Sayuris Hand in ihre und drückte diese tröstend. „Dann sollten wir vielleicht umkehren und zurück in die Hauptstadt. Hol dir einen Einblick davon, wie das Leben an der Seite des Kaisers aussieht. Wenn du merkst, dass du damit nicht zurecht kommst, dann können wir einfach davon fliegen und unsere Reise fortsetzen.“ Sayuri nickte langsam, denn sie war sich noch immer nicht sicher, aber Mis Vorschlag war gar nicht so schlecht. Vielleicht war sie wirklich zu hastig aufgebrochen. Vielleicht hätte sie Fusu und ihrem gemeinsamen Leben doch eine Chance geben sollen. „Außerdem würde ich die Männer wirklich gern mal wieder sehen.“ Sayuri konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Du meinst doch wohl, du würdest gern Mian wieder sehen?“ Mi lief rot an und Sayuri begann zu kichern. Kurz nachdem sie unterwegs waren, hatte Sayuri bemerkt, dass Mi sich unsterblich in Mian verliebt hatte und in ihrem Fall war das unsterblich nicht nur ein Floskel. Sayuri kannst du mich bitte abholen? Ich komme wegen der Belagerung nicht in die Stadt. Sheng konnte unmöglich schon da sein. Wo bist du? An Mi gerichtet sagte sie: „Sheng ist schon in der Nähe. Kannst du ihn vielleicht herfliegen? Ich würde eine Begegnung gern so lange wie möglich aufschieben.“ Ich bin etwa 10 Kilometer südlich von euch. Mi nickte und stand schon auf um hinaus zu gehen. Sayuri begleitete sie in den Hof. Warte dort. In ein paar Minuten wirst du abgeholt. „Sheng ist 10 Kilometer südlich von hier. Er wartet dort auf dich.“ Dann hob Mi auch schon in die Lüfte ab und verschwand. Sayuri ging zurück in ihr Zimmer und setzte sich so an den Tisch, dass sie von ihm verdeckt wurde, wenn jemand zur Tür hinein kam. Dann wartete sie, allerdings nicht so lang wie sie gehofft hatte. Keine Viertel Stunde später betrat Sheng mit Mi ihr Zimmer. Sayuris Hände waren ganz feucht vor Nervosität, aber sie freute sich auch ihren Freund endlich wieder zu sehen. Er kam strahlend auf sie zu und wollte sie in den Arm nehmen, doch sie blieb weiter auf ihrem Stuhl sitzen. Mi kam zu ihr und stellte sich zu ihrer Unterstützung hinter sie. Sheng stockte kurz im Schritt, doch dann setzte er sich zu ihr. „Es freut mich dich endlich wieder zu sehen.“ Sayuri versucht zu lächeln, doch sie konnte genau spüren, dass es ihr misslang. „Ich freue mich auch dich zu sehen.“ Plötzlich herrschte eine vollkommen verkrampfte Stimmung zwischen ihnen und Sayuri wusste genau, dass es an ihr lag. „Du siehst nicht glücklich darüber aus mich hier zu haben.“

„Doch ich freue mich wirklich. Ich habe euch alle schrecklich vermisst.“ Sheng sah zweifelnd aus und sie konnte es ihm nicht mal übel nehmen, so wie sie sich gerade benahm. Aber sie fühlte sich irgendwie gehemmt und sie hatte Angst wie Sheng auf sie reagieren würde. „Dann solltest du wenn wir hier fertig sind mit mir zurück in die Hauptstadt kommen.“ Mi legte ihr die Hand auf die Schulter und Sayuri konnte sich etwas entspannen. „Darüber haben wir gerade geredet als du dich gemeldet hast. Und ich denke wir werden zurück kommen.“ Shengs Gesicht hellte sich wieder auf und er sprang vom Stuhl und zog sie einfach in seine Arme. Aber kaum war sie darin gelandet ließ es sie auch schon wieder los und rückte etwas von ihr ab um sie genauer zu betrachten. „Du bist… Ich meine das… Ich hatte keine Ahnung. Wieso…“ Dann griff er vorsichtig nach seinem Stuhl und setzte sich wieder. Er atmete tief ein und aus und schien seine Gedanken zu sortieren. Sayuri setzte sich auch wieder. „Wie konntest du gehen, wenn du schwanger bist?“ Noch bevor sie etwas sagen konnte hatte Mi eines ihrer Schwerter in Shengs Bauch gerammt. Sie sah ihn eiskalt an. „Diese Unsterblichkeit hat auch seine guten Seiten, man kann unverschämtes und respektloses Verhalten gerecht bestrafen ohne Angst haben zu müssen, den anderen dabei zu töten. Meinst du wirklich es ist gerade angebracht Sayuri Vorwürfe zu machen? Denkst du nicht sie macht sie sich nicht schon selbst genug? Hast du mal überlegt wie sie sich gefühlt hat zu bemerken, dass sie schwanger von einem Mann ist, den sie liebt, der aber nie ihr allein gehören würde?“ Langsam zog sie ihr Schwert wieder aus Sayuris Freund und er stöhnte unter den Schmerzen. Momente später war er wieder geheilt und sah entschuldigend auf. „Es tut mir leid. Ich habe nicht nachgedacht.“ Dann sah er Mi an. „Ich hatte es verdient.“ Mehr sagte er nicht, er schien ihr diese Schmerzen nicht mal übel zu nehmen. Denn Sayuri hatte es ja schon mal gesagt, nur weil man schnell heilte und nicht sterben konnte, spürte man trotzdem noch den Schmerz der Verletzung. „Du erwartest also ein Kind von Fusu und hast trotz, dass du den Erben dieses Landes unter dem Herzen trägst die Verteidigung dieser Stadt auf dich genommen? Ist das nicht gefährlich? Ich meine ist dein Kind genau wie du unsterblich?“

„Nein, mein Kind wird ein ganz normaler Mensch sein, doch so lange ich ihn in mir habe, wird er durch mich mitgeschützt. Außerdem habe ich ihn schon in einer meiner Visionen gesehen, er wird als gesunder Junge zur Welt kommen.“ Sheng sprang auf und zog sie wieder in seine Arme. „Herzlichen Glückwunsch.“ Sayuri drückte ihn etwas von sich und sah ihn unter hochgezogenen Augenbrauen an. „Danke, aber hättest du auch so reagiert, wenn ich dir gesagt hätte, es würde ein Mädchen werden?“ Er nickte und dann schüttelte er den Kopf. „Ich hätte dich so oder so beglückwünscht, aber nun hast du ein Problem weniger. Da es ein Sohn wird, musst du Fusu gar nicht teilen. Niemand kann ihn zwingen mehr als einen Erben zu zeugen. Und mit uns allen als seine Aufpasser wird ihm nie etwas passieren.“ Sayuri wünschte sich sehr, dass Mi und Sheng Recht behielten und sie Fusu ganz für sich würde haben können. Natürlich würde sie ihn mit dem gesamten Land teilen müssen, aber damit konnte sie leben, solange ihr seine Liebe gehörte und er keine andere Frau anfasste. „Dann sollten wir unsere Angreifer schnell vertreiben, damit wir abreisen können.“ Sayuri sah Mi an und zwinkerte ihr zu. „In der Nacht wenn unsere Wachen nichts sehen können, darfst du sie verjagen.“ Mi klatschte vor Freude in die Hände und begann aufgeregt auf und ab zu gehen. „Was hat sie denn vor?“ Sayuri lächelte und Mi lachte fies. „Schon seit Tagen liegt Mi mir in den Ohren, dass sie ihnen einfach so sehr Angst einjagen wollte, dass sie von allein wieder verschwinden, aber ich wollte mich gern bedeckt halten. Doch vielleicht ist es an der Zeit Mi ihren Willen zu lassen und ihr zu erlauben, die Reiterstämme zu verjagen.“ Sheng grinste nun auch frech. „Ich würde gern mitmachen.“ Da hatten sich ja zwei gefunden. „Meine Erlaubnis habt ihr, aber vergesst nicht ihnen nur Angst einzujagen, sodass sie verschwinden. Wir können keine Leichen gebrauchen die uns verraten könnten.“ Beide nickten eifrig und Sayuri lächelte nachsichtig. Für sie war dies nur ein Spaß, sie wollten niemanden verletzen, sondern sie einfach nur erschrecken. So wie kleine Kinder, die sich versteckten um dann ihre Freunde zu überraschen. Sie gönnte ihnen ihren Spaß. Nun konzentrierte sie sich auf Bailong, Mian und Tian. Ich komme zurück. Sofort stürmten Fragen auf sie ein. Wann sie kommen würde. Wo sie war. Wieso sie sich nicht gemeldet hatte. Wie der Kampf lief. Ich werde euch alles erzählen wenn ich wieder da bin. Wenn alles gut läuft, werden wir morgen Abend in Xianyang ankommen. Dann unterbrach sie die Verbindung und die Männer schienen es zu akzeptieren. Jetzt gab es wohl kein Zurück mehr. Sie tastet nach ihrer Kette und hielt sich an ihr fest. Sie hatte Angst davor Fusu wieder gegen über zu stehen. Er musste furchtbar böse auf sie sein. Aus seiner Sicht, hatte sie ihn immerhin einfach im Stich gelassen.

Sheng und Mi waren erfolgreich gewesen. Die Eindringlinge sind noch in der Nacht zurück in die Berge geflüchtet. Nun hatten sie keinen Grund mehr in der Stadt zu bleiben und konnten zur Hauptstadt aufbrechen. Sayuri war schon ganz aufgeregt, aber nicht die gute Art der Aufregung, sondern sie war nervös und hatte Angst. Alles in ihre schrie sie an, die Flucht anzutreten. Sie war ein Feigling und es war ihr vollkommen bewusst, aber sie konnte auch nichts für ihre Gefühle. Gleichzeitig wollte sie auch wieder zurück und endlich wieder in Fusus Armen liegen, ihn küssen, neben ihm einschlafen. Es zerriss sie beinahe, doch trotzdem war ihre Angst größer, vor allem da sie nicht wusste wie sie ihm gegenüber treten sollte, nach dem sie ihn verlassen hatte. Hinzu kam noch, dass sie im 7. Monat schwanger war ohne es ihm gesagt zu haben, noch ein Grund in Panik zu geraten. „Ich kann nicht. Ich schaffe es einfach nicht.“ Sheng zog sie in seine starken Armen und streichelte sie, wie schon so oft, beruhigend über den Rücken. „Alles wird gut werden. Er liebt dich und wird dir deinen Weggang verzeihen. Fusu wird einfach überglücklich sein, dich endlich wieder zu haben. Und euer Sohn ist nur noch ein zusätzlicher Grund zur Freude. Sollte er wider meiner Vermutung reagieren, werde ich ihm persönlich einen Tritt in seinen kaiserlichen Hintern verpassen. Er ist ja nicht unsterblich, also können wir ihn nicht einfach mit einem Schwert durchbohren, wie Mi mich.“ Sayuri lachte schwach und entspannte sich etwas. Sie war nicht allein und musste diese Situation nicht allein durchstehen. „Dann lasst uns aufbrechen nachdem wir uns verabschiedet haben, bevor ich es mir wieder anders überlege.“ Sheng legte ihr den Arm auf die Schulter und ließ sie erst los, als er sie auf Hua gehoben hatte. Das war ein Nachteil ihrer Schwangerschaft, sie konnte nicht mehr allein auf ein Pferd steigen, zumindest wenn jemand zusah. Allein konnte sie einfach auf Hua schweben. Sayuri hatte viele Geschenke bekommen die auf ihr Pferd geladen wurden und auch Mi wurde reichlich beschenkt. Die Bürger hatten sich immer wieder für ihre Hilfe bedankt und wollten sie zu einem längern Aufenthalt überreden. Irgendwann ist Sheng eingeschritten und hat ihnen erzählt, dass Sayuri die Braut des Kaisers war und deswegen wieder zurück nach Xianyang musste. Dann begann eine schier endlos lange Ehrerbietung und Entschuldigungen für ihr Benehmen. Sie hätte ihren Freund schlagen können. Sie hatte es nur nicht getan, da sie wusste, dass er nur versucht hatte zu helfen. Nun Stunden später waren sie endlich auf dem Weg aus der Stadt. Kaum waren sie außer Sichtweite machten sie sich unsichtbar und hoben ab. Shengs Gesichtsausdruck, als sein Pferd plötzlich schwebte war wirklich zum Schießen, in solchen Situationen wünschte sich Sayuri eine Kamera. Als die Hauptstadt in Sicht kam landeten sie wieder und ritten den Rest bis zum Palast. Sayuris Nerven lagen mittlerweile blank und sie hatte das Gefühl sich jeden Moment übergeben zu müssen. Sie atmete in langen und tiefen Zügen, doch nach kurzer Zeit wurde ihr schwindelig deswegen, doch immerhin konnte sie so die Übelkeit bekämpfen. Sheng führte sie durch den Palast in Richtung Thronsaal, denn obwohl Sayuri gedacht hatte sich den Weg nie merken zu können, waren diese Gänge tief in ihrem Gedächtnis verankert. Kurz vor der Tür blieb sie stehen. „Ich kann nicht.“ Sie schüttelte panisch den Kopf und ging langsam rückwärts. Mi kam auf sie zu und zog sie in ihre Arme. „Alles wird gut, du wirst sehen. Und vergiss nie, dass wir einfach verschwinden können, wenn du überfordert bist. Aber gib jetzt nicht auf. Es sind nur noch ein paar Schritte, dann kannst du deinen Fusu endlich wieder sehen.“ Sie wischte sich ihre schweißnassen Hände am Stoff ab und versucht Mut zu sammeln. Sie konnte das, wenn sie sich dies nur oft genug sagte, würde es bestimmt wahr werden. Also wiederholte sie diesen Satz immer und immer wieder in ihrem Kopf, bis sie bereit war. „Lasst uns gehen. Aber ich werde mich hinter Mi verstecken. Ich möchte nicht, dass sie sofort meinen Bauch sehen.“ Sie nickten ihr zu und Mi zog sie mit sich zur Tür. Dann stieß Sheng sie auch schon auf. Nun gab es kein Zurück mehr, also traten sie ein. Sayuri hielt sich wie zuvor angekündigt hinter ihrer mittlerweile besten Freundin und sah auch nicht auf. Ihr fehlte einfach der Mut dazu. „Der Kampf ist schon vorbei, deswegen bin ich nicht nach Jiuyuan geritten, sondern zurück zur Hauptstadt, Eure Majestät.“ Sayuri zuckte bei der Bezeichnung zusammen, er war nun wirklich der Kaiser Chinas. Sie wollte ihn endlich wieder sehen, doch sie traute sich einfach nicht aufzusehen. „Würden die Herren uns bitte entschuldigen? Wie es aussieht hat Sheng meine verlorene Braut wieder gefunden und zurück gebracht.“ Gemurmel brandete auf und Sayuri machte sich, ob der vorwurfsvollen Stimme Fusus, noch kleiner. Langsam leerte sich der Raum, zumindest ging Sayuri davon aus, da es immer leiser im Saal wurde, bis es vollkommen still wurde. Dann hörte sie schnelle Schritte auf sich zueilen und sie wollte schon fliehen, als Sheng sie festhielt. Keine Sekunde später wurde sie in die Arme, die sie so schrecklich vermisst hatte, gezogen und hochgehoben. Doch es war wie schon am Abend zuvor mit Sheng. Fusu ließ sie wieder los und starrte auf ihren dicken Bauch. Er wurde ganz bleich und schnappte nach Luft. Dann gaben seine Beine nach und er landete auf dem Boden. Mian, Tian und Bailong sahen sie nicht weniger geschockt an. Sie hörte wie Mi vorsorglich ihre Schwerter zog. Sheng begann zu grinsen und schien darauf zu warten, dass es einem seiner Freunde wie ihm ergehen würde. Sayuri hockte sich langsam zu Fusu hinab und sah ihn sich genauer an. Er stand eindeutig unter Schock. „Sheng, bringst du den Kaiser zurück zu seinem Thron und besorgst ihm eine Decke? Er steht unter Schock und sein Körper schaltet ab.“ Dieser nickte und zog Fusu auf die Füße, dieser ließ es zu und sich zum Thron führen. Sayuri ging zu Mi und sah sie traurig an. „Das habe ich nicht gewollt.“ Diese nickte und schien noch immer darauf zu warten, ob sie jemanden erneut erstechen musste. „Steck die Schwerter weg.“ Sie schien etwas unzufrieden doch sie tat ihr den Gefallen. „Ein Baby. Das ist großartig.“ Tian hatte sich wie immer am schnellsten gefangen und riss sie nun in seine Arme und wirbelte sie durch die Luft. Sayuri war so überrascht, dass sie aufschrie und damit auch den Rest aus ihrer Starre befreite. „Herzlichen Glückwunsch.“ Mal wieder liefen ihr Tränen übers Gesicht, doch dieses Mal aus Glück. „Ich danke dir.“ Er setzte sie vorsichtig ab und legte seine Hand auf ihren Bauch. „Du musst gut auf das Kleine aufpassen, immerhin wird es eine kleine Prinzessin oder ein kleiner Prinz werden.“ Tian würde eines Tages bestimmt ein wundervoller Vater sein. „Es wird ein kleiner Prinz.“ Sein Lächeln wurde noch breiter. „Damit hat Fusu eine Sorge weniger.“ Dieser kam nun wieder langsam auf sie zu und sah sie voller Staunen an. „Du trägst meinen Sohn in dir?“ Sie nickte und er zog sie sanft in seine Arme. „Ich danke dir.“ Nun schluchzte sie hemmungslos los. „Bitte verzeih mir.“ Sie spürte sein Kopfschütteln. „Es gibt nichts zu verzeihen. Du bist zu mir zurück gekehrt und du schenkst mir unser Kind. Ich könnte nicht mehr verlangen oder glücklicher sein.“

Fusu meinte es ernst. Er war so unendlich glücklich seine Liebste wieder in seinen Armen zu haben. Ihre Schwangerschaft mit seinem Sohn war nur ein wunderschöner Zusatz. Nach ewigen Minuten wurde er an der Schulter angetippt. Er sah über seine Schulten und sah in Mians und Bailongs Gesicht. „Dürfen wir jetzt auch? Du kannst sie danach gleich wieder bekommen.“ Er lächelte und übergab Sayuri ihren Freunden, auch sie hatten seine Frau schrecklich vermisst und waren wohl fast so glücklich wie er selbst, dass sie nun endlich wieder bei ihnen war. Als erstes landete sie in Bailongs Armen, welcher ihr leise Worte ins Ohr flüsterte, worauf hin sie lachte. Dann war Mian dran, dieser sagte erstmal nichts, sondern hielt sie einfach in den Armen. Als er sie wieder freigab sah er ihr fest in die Augen. „Ich bin froh dich wieder bei uns zu haben.“ Wieder schossen Sayuri Tränen in die Augen und Fusu zog sie, mit dem Rücken an seiner Brust, zurück in seine Arme. „Ich bin auch froh wieder bei euch zu sein.“ Dann wurde Mi von allen umarmt und willkommen geheißen. Als sie wieder losgelassen wurde hatte sie einen hochroten Kopf und Sayuri kicherte vor sich hin. Endlich waren sie wieder alle zusammen, obwohl, jemand fehlte noch. „Wo ist Tora?“ Sayuri sah sich um und runzelte die Stirn. Mi lachte und dann stand Tora plötzlich neben ihm. „Verzeiht. Ich hatte vergessen sie wieder sichtbar zu machen.“ Da blieben ihm doch glatt sie Worte weg. Er drückte Sayuri etwas stärker an sich. „Mi ist nun auch unsterblich?“ Bailongs Aussage klang so verwundert wie er sich fühlte. „Sie hat mich darum gebeten und ich sah keinen Grund ihrer Bitte nicht nachzukommen. Sie ist meine Freundin und ich möchte sie nicht verlieren.“ So wie ihn eines Tages. Seine Arme drückten noch etwas fester zu. Zumindest würde seine Liebste nicht allein sein und sie würde ihren gemeinsamen Sohn haben. „Wieso machst du dann nicht auch gleich Fusu unsterblich? Dann wäre unsere gesamte Gruppe für immer vereint.“ Diese Möglichkeit hatte er nie in betracht gezogen, der Rest der Gruppe, Mi mal ausgenommen, hatten keine Wahl gehabt, sie wären wohl gestorben wenn Sayuri nicht gehandelt hätte. Aber er hatte nun die Wahl und er wusste nicht was er davon halten sollte. Natürlich wünschte er sich die Ewigkeit mit seiner Liebe, doch er war auch der Kaiser und stand unter ständiger Beobachtung. Es würde auffallen wenn er sich über die Jahre nicht verändern würde. „Diese Entscheidung sollten wir alle gut überdenken und dann sollte jeder seine Meinung dazu äußern. Fusu ist das Gesicht dieser Nation, er kann so eine wichtige Entscheidung nicht einfach so übereilt treffen. Wir müssen alle Vor- und Nachteile in Betracht ziehen.“ Wie immer war auf seinen besten Freund verlass. „In Ordnung, dann lasst uns alle darüber nachdenken und die Entscheidung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Jetzt sollten wir die Rückkehr von Sayuri und Mi feiern. Außerdem müssen wir die frohe Kunde verbreiten, damit die Beamten mich endlich in Frieden lassen.“ Endlich war dieses Problem gelöst und er musste sich keine Sorgen mehr machen. Und auch Sayuri hatte durch diese Schwangerschaft nun ihre Stellung gesichert. Selbst wenn er sie nicht heiraten würde, wäre sie die Mutter des Thronerben und damit die höchste Frau des Landes. Nicht das er vor hatte irgendeine andere Frau zu ehelichen, aber nun konnte niemand mehr Einspruch gegen seine Entscheidung legen. Außerdem hatte Sayuri sich diese Ehe ehrlich im Krieg erkämpft, niemand sollte es wagen sich dagegen auszusprechen. „Tian, würdest du dich bitte um die Vermählungszeremonie kümmern und die Einladungen verschicken?“ Er wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen, damit ihm seine Braut nicht wieder davon laufen konnte. Obwohl, würde sich Sayuri von so etwas aufhalten lassen? Er sah zu ihr hinab und auch sie sah ihm entgegen. „Denkst du nicht es wäre besser mit der Ehe bis nach der Geburt zu warten?“ Fusu wollte nicht mehr warten, er wollte, dass sein Liebste endlich offiziell zu ihm gehörte. „Ist dies dein Wunsch?“ Sie nickte und er gab sofort nach. „Gut, dann verschieben wir die Zeremonie. Tian, schick die Einladungen raus, mit der Bekanntmachung, der Kaiser würde sich in vier Monaten vermählen. Bis dahin sollte mein Sohn auf der Welt sein.“

Sayuri freute sich über Fusus Enthusiasmus, doch es wurde ihr auch im Moment etwas zu viel. Sie war schwanger und wollte sich gerade nicht mit einer Hochzeit beschäftigen müssen. Würde sie überhaupt ein Mitspracherecht haben oder war dies eine festgelegte Zeremonie? Sie hatte keine Ahnung, so was hatte sie nie interessiert. Vielleicht hätte sie sich lieber über Hochzeiten in der Geschichte informieren sollen, anstatt über deren kämpferische Geschichte. Sie bemerkte selbst wie sinnlos ihre Gedanken wurden und versuchte sie aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie musste sich mit etwas anderem beschäftigen, wo blieben die Probleme wenn Sayuri sie wirklich brauchte? Wie aufs Stichwort wurde die Tür aufgestoßen und ein Mann, den Sayuri für einen Diener hielt betrat den Raum. Er verneigte sich und kniete sich dann vor sie, ihm blieb auch nichts anderes übrig, immerhin hielt der Kaiser sie noch immer an seine Brust gedrückt. „Majestät, uns hat gerade ein Bote erreicht. Lord Meng ist auf dem Weg zum Palast. Er wünscht eine Audienz bei Seiner Majestät.“ Mi wurde blass und begann zu zittern. So hatte Sayuri sie lange nicht mehr erlebt, in den letzten Monaten an ihrer Seite ist sie wahrlich aufgeblüht. „Hat Lord Meng auch erwähnt was er zu besprechen gedenkt?“ Sayuri sah sich um und entdeckte, wie besorgt Tian seine Cousine musterte. Er konnte doch unmöglich wegen seiner Tochter kommen. Er hatte ihre Bezahlung akzeptiert und damit jeglichen Anspruch auf Mi aufgegeben, „Nein, Eure Majestät. Er wird jedoch in wenigen Stunden eintreffen.“ Sayuri musste wirklich vorsichtiger mit ihrem Wünschen sein. Sie hatte sich Probleme gewünscht und schon tauchte eins auf. Habe ich mit meinem Wunsch für diese Schwierigkeiten gesorgt? Sie hörte ein Kichern in ihrem Kopf und ärgerte sich, dass dieser Mann in ihrem Kopf keinen Körper besaß den sie schlagen konnte. Nein, dieser Mann wäre auch ohne deinen Wunsch zum Palast gekommen. Aber die Nachricht traf wegen deinem Wunsch früher ein. Sayuri atmete auf, sie hätte es sich nie verziehen wenn sie Mi unabsichtlich geschadet hätte. „Ich werde ihn empfangen. Sag bitte den anderen Dienern bescheid. Sie mögen Zimmer für den Lord herrichten.“ Der Diener stand auf, verneigte sich erneut und verließ dann schnell den Raum. „Mian, du kümmerst dich während der Anwesenheit von Lord Meng um Mi. Weich ihr nicht von der Seite. Sayuri wird deinen Platz bei der Audienz einnehmen. Wir wissen nicht was er will, doch sollte es um Mi gehen, dann muss Sayuri anwesend sein.“ Mian nickte ernst und führen Mi dann aus dem Saal. Sayuri grinste zu Fusu auf und verrenkte sich fast den Hals als sie ihm einen Kuss aufs Kinn drückte. „Hast du das mit Absicht gemacht?“ Er sah sie fragend an und sie begann zu lachen. Er hatte nicht mal bemerkt, was er Mi mit seiner Entscheidung ihr Mian an die Seite zu stellen angetan hatte. „Ist nicht so wichtig. Worauf muss ich bei einer solchen Audienz achten?“

„Bleib einfach höflich, mehr verlange ich nicht von dir. Ansonsten steht es dir frei zu tun und zu sagen was du möchtest. Es sollen sich gleich alle daran gewöhnen, dass ich gedenke mein Reich gemeinsam mit der Frau an meiner Seite zu regieren.“ War er nicht süß? Man musste ihn einfach lieben.

Es war soweit, Sayuri saß nun neben Fusu auf diesem lächerlichen Podest, sah auf die Männer vor sich hinab und empfing diesen Lord Arsch und seine Gefolgschaft. Tian saß eine Stufe unter ihnen auf der linken Seite, also ihrer, Sheng und Bailong auf der rechten. Normalerweise saß noch Mian bei ihnen, er würde bei solchen Veranstaltungen wohl neben Tian sitzen. Sayuri hatte das Prinzip noch nicht ganz verstanden, immerhin saßen dort sonst die Minister und davon gab es nur zwei. Aber Fusu hatte noch keine erwählt und einfach seine engsten Vertrauten dort hingesetzt. Er war ein richtiger Rebell. Sie musste fast über ihre eigenen Gedanken lachen, aber damit könnte sie den Kaiser in Verlegenheit bringen. Immerhin sollte niemand die Braut des Kaisers für verrückt halten. „Ich grüße Euch. Eure Majestät. Ich würde gern meine herzlichsten Glückwünsche zu Eurer Thronbesteigung überbringen.“ Sein ernst? Fusu war schon vor Monaten gekrönt worden und alle wichtigen Familien waren eingeladen gewesen. Da er nun seine Glückwünsche überbrachte, bedeutete, dass er sich geweigert hatte an der Krönungszeremonie teil zu nehmen. „Ich danke Euch, Lord Meng. Doch Ihr seid sicher nicht den weiten Weg bis in die Hauptstadt gekommen nur um Eure Glückwünsche zukommen zu lassen. Was bringt Euch also nach Xianyang, Lord Meng?“ Sehr gut. Eine kleine Spitze und dann gleich auf den Punkt. „Da habt Ihr Recht, Eure Majestät. Ich würde heute gerne mit Euch ein sehr heikles Thema besprechen. Es geht um Eure Entscheidung nur die Frau zu ehelichen, die aus dem Haus mit den größten Errungenschaften im letzten Krieg kommt. Meine Familie ist eine reine Kriegerfamilie und wir waren schon immer stolz darauf, so viele ausgezeichnete Generäle hervor gebracht zu haben.“ Worauf wollte dieser alter viel zu fette Mann hinaus? „Auch Euer oberster Befehlshaber, stammt aus meinem Hause und wir sind darüber sehr erfreut. Als Befehlshabender General, hat mein Neffe Meng Tian wohl die mit Abstand größte Errungenschaft in diesem Krieg erzielt, immerhin hat er sowohl die Schlacht um Donghai für sich entschieden, als auch die feindliche Streitmacht, nach nur einem Kampftag zur Aufgabe gezwungen. Somit steht zweifelsfrei fest, welcher Familie die Ehre zuteil werden sollte, Eurer Majestät eine Braut zu überbringen.“ Meinte der Typ das ernst? Sayuri sah zu Tian und bekam etwas zu Gesicht mit dem sie nie gerechnet hatte. Er zitterte vor unterdrücktem Zorn und war kurz davor sich selbst zu vergessen. Sonst war er immer ausgeglichen und selbst wenn ihn mal etwas aus der Fassung bringen konnte, fing er sich schnell wieder. Nun aber konnte man die Mordlust in seinen Augen sehen. „Ich würde Euch deswegen gern meine Tochter Mi als Ehefrau vorschlagen. Da ich diesbezüglich zuvor eine Abmachung mit der Dame neben Euch getroffen hatte, würde ich vorschlagen, die Summe die zuvor gezahlt wurde zurück zu geben, damit die Dame keinerlei Nachteile aus dieser Entwicklung haben wird.“ Er sollte aufhören zu reden. Sayuri interessierte sich schon gar nicht mehr für den Quatsch, den dieser Lord Arsch von sich gab. Sie war vollkommen auf Tian konzentriert, der kurz davor stand seinen Onkel zu töten. Außerdem spürte sie in sich so ein ziehen, wie schon zuvor bei Bailong, als er seine Kräfte noch nicht unter Kontrolle hatte. Noch bevor Fusu Antworten konnte sprang Tian auf zog sein Schwert und stützte sich auf das Oberhaupt seiner Familie. Sayuri hatte es zum Glück kommen sehen und war schnell genug ihn aufzuhalten. Sie sprang in seinen Hieb, hebelte ihn aus und er landete hart auf dem Boden. Blut tropfte von ihrem Arm auf sein Gesicht und er blickte geschockt zu ihr auf. „Beruhige dich.“ Er nickte und sie half ihm beim aufstehen. Die Gefolgschaft von Lord Arsch hatte sich mittlerweile schützend vor ihn gestellt, als ob es ihn retten würde wenn sie es darauf anlegen würden. Sayuri sah die Männer provozierend an und ging dann lächelnd zurück auf ihren Platz. Tian begleitete sie und kniete sich dann vor sie als sie saß. „Ich bitte untertänigst um Verzeihung für mein unträgliches Verhalten. Ich hatte meine Gefühle nicht unter Kontrolle und habe Euch mit meiner impulsiven Handlung zum Einschreiten gezwungen. Dabei wurdet Ihr auch noch verletzt. Ich akzeptiere jede Strafe die Ihr mit auferlegt.“ All diese Worte hatte er bewusst an sie und nicht den Kaiser gerichtet, dessen war sich Sayuri sicher. „Erhebt Euch, mein Freund. Es gibt nichts zu verzeihen, manchmal kann man seine Gefühle eben nicht unterdrücken. Doch dies hier ist ein Saal in dem Verhandlungen, Diskussionen und Diplomatie betrieben wird und kein Schlachtfeld, hier wird mit Worten gekämpft und nicht mit dem Schwert. Ihr solltet Euch dies für die Zukunft merken.“ Tian verneigte sich vor ihr und begab sich zurück zu seinem Platz. Sie sah zu Fusu und diese nickte ihr aufmunternd zu. „Nun zu Euch Lord Meng. Ich habe nicht vor Mi wieder gehen zu lassen. Ich habe Euch den gewünschten Preis bezahlt und somit gehört Eure Tochter mir. Und bevor Ihr nun Seiner Majestät eine andere Tochter Eures Hauses anbieten wollt, möchte ich noch erwähnen, dass Euere Familie kein Anrecht auf das von Euch zuvor erwähnte Versprechen hat. Tian hat als unabhängige Person an den Schlachten teilgenommen und nicht in Eurem Auftrag. Eure Familie hat dem Kaiser in dieser Schlacht keine Hilfe zukommen lassen oder sind mir die Soldaten die Ihr geschickt habt etwa entgangen? Genau betrachtet war sogar das Gegenteil der Fall. Die Familie Meng hat sich unseren Feinden angeschlossen und sogar den Oberbefehlshaber gestellt. Dessen bin ich mir sicher, immerhin war ich es die Euren Bruder erschoss. Wie könnt Ihr Euch nun die Frechheit erlauben hier im Palast aufzutauchen und dem Kaiser solche unhaltbaren Äußerungen vorzulegen?“ Lord Arsch ist während ihres Vortrages immer starrer und roter im Gesicht geworden. Sayuri sah Adern an seiner Stirn pulsieren und wartete schon darauf sie platzen zu sehen. Nun sprang er auf die Füße und schleuderte ihr einen wütenden Blick entgegen, den sie vollkommen gelassen entgegen nahm. „Wie könnte Ihr es wagen in der Anwesenheit von Männern ein solches Verhalten an den Tag zu legen? Das ist unerhört.“ Sayuri schnaubte ganz undamenhaft. „Unerhört? Unerhört sind nur Euer Benehmen und Eure Forderrungen. Ihr könnte von Glück reden, dass ihr Euren Kopf noch auf den Schultern tragt. Nach dem Verrat am Kaiser wäre es das gute Recht Seiner Majestät gewesen, Euren Kopf zu verlangen. Und nun, da er Gnade gezeigt hat, besitzt Ihr die Schamlosigkeit davon zu reden ihm eine Braut aus Eurem Hause zu schicken? Von der Tatsache wie schlecht ihr Eure Tochter und somit Euer eigen Fleisch und Blut behandelt möchte ich gar nicht erst anfangen.“ Sayuri beugte sich zu ihrem Liebsten hinüber und flüsterte ihm ins Ohr. „Was denkst du? Wie wohl würde sich Lord Arsch an der Mauer fühlen? Einer seiner Söhne soll ihn als Oberhaupt ablösen. Sie sollen her kommen und wir suchen einen aus. Wir können es uns nicht leisten Tians Familie ganz zu verlieren, aber wir sollten diesen fetten Sack so schnell wie möglich los werden. Er wird uns sonst noch viele Probleme machen.“ Fusu nickte und setzte sich dann wieder gerade hin. „Ich habe über viele Eurer Verfehlungen hinweg gesehen, Lord Meng. Ich schätze Euer Haus sehr und bin mir darüber im Klaren welche Bedeutung sie für unser Land hat. Doch dieses Mal ist es mir nicht möglich wieder mit Nachsicht zu handeln. Ich verurteile Euch zur Zwangsarbeit beim Bau der Mauer. Euch werden sämtlich Titel aberkannt und einer Eurer Söhne wird Euer Amt übernehmen. Sheng würdest du den Herrn bitte verhaften und zu den Wachen bringen?“ Dieser nickte ergeben und machte sich auf, seine Aufgabe zu erfüllen, aber die Begleiter von Lord Arsch würde wohl nicht einfach zur Seite weichen. „All jene, die meine Untergebenen angreifen machen sich des Hochverrats schuldig und werden mit ihrem Leben dafür bezahlen.“ Einige der Männer schwankten in ihrer Überzeugung, doch keiner gab den Weg frei. Lord Meng war noch immer damit beschäftigt wüste Beschimpfungen in den Raum zu brüllen und Sayuri fand die Szene skurriler Weise ziemlich amüsant. „Vielleicht sollten einfach alle zur Mauer geschickt werden, dann können sie bei ihrem Herrn bleiben.“ Einige Männer ließen nun ihre Waffen fallen und entfernten sich. „Man sollte meinen, nun da Herr Meng kein Lord mehr ist, dass die Loyalität nun seinem Sohn gelten müsste.“ Damit hatte sie den Rest und Sheng konnte den Arsch nun hinaus zu den Wachen bringen. „Ich danke Euch. Ich hätte nur ungern das Blut Unschuldiger vergossen. Wäre einer der Herren so freundlich eine Nachricht an die Söhne Eures damaligen Herrn zu schreiben, die wir zusammen mit dem Brief des Kaisers übermitteln werden. Seine Majestät wird entscheiden welcher der Söhne der würdigere Nachfolger sein wird.“ Fusu nickte bekräftigend, immerhin wollten sie jemanden haben, der auf ihrer Seite stand. Mi würde bei dieser Entscheidung eine wichtige Rolle spielen. Einer der Soldaten, Wachen oder was immer diese Männer auch waren, trat vor und bot sich an, ein Schreiben zu verfassen. Sayuri schickte ihn mit Tian davon und auch die restlichen Anhänger verließen den Thronsaal. Endlich allein seufzte sie erschöpft und schloss die Augen. Sie hatte sich ja unbedingt Probleme wünschen müssen. „Bin ich vorhin mit meinen Aussagen zu weit gegangen? War ich zu offen? Hätte ich mich besser zurück halten sollen?“ Sie spürte Hände an ihren Knien und öffnete ihre Augen wieder, nur um direkt in die Schwarzen ihres Liebsten zu blicken. Er sah sie so zärtlich an, dass es ihr wieder Tränen in die Augen trieb. Sie war wegen dieser Schwangerschaft wirklich nah am Wasser gebaut. Aber sie hatte ihn wirklich vermisst. „Du hast perfekt reagiert. Und dieser alte Sack hatte es auch nicht anders verdient.“ Das beruhigte sie, denn sie wollte sich nicht immer verstellen müssen. Es sollte ruhig bekannt werden, dass nun andere Zeiten einkehrten. „Ich danke dir.“

„Wofür, Liebste?“

„Dafür, dass du mich sein lässt wie ich eben bin. Nicht, dass ich unfähig wäre meinen Mund zu halten, aber ich bin froh, dass du mich sprechen lässt wenn ich etwas zu sagen habe.“

„Selbstverständlich. Deine Meinung ist mir wichtig. Ich brauche deinen Rat und deine Unterstützung.“ Er war einfach perfekt. Sie beugte sich vor und küsste ihn zärtlich. Viel zu lange war es her, ihn so nah bei sich zu haben. „Ihr solltet euch jetzt erstmal zurück ziehen bevor die Beamten wieder kommen und nach einer Erklärung verlangen. Ihr habt euch sicher eine Menge zu erzählen, wir übernehmen hier solange alles.“ Sie hatten auch die besten Freunde die man sich wünschen konnte. Fusu nahm sie bei der Hand und führte Sayuri zu einer Seitentür. „Wir nehmen euer Angebot erstmal an, aber sollte es irgendwelche Probleme geben, dann lasst nach uns rufen.“ Die Männer winkten ihnen zu und Sayuri war sich sicher, dass es keine Geste des Abschieds sondern eine Aufforderung war, endlich den Saal zu verlassen. Schnell schlichen sie durch den Ausgang und Fusu führte sie durch die Gänge bis er sie in sein Gemach geführt hatte. Zumindest ging sie davon aus. In einer Ecke stand ein riesiges Bett, in welches bestimmt 5 erwachsene Männer ohne Probleme Platz gefunden hätten, ohne sich zu berühren. An der selben Wand, nur in der anderen Ecke, stand ein riesiger Schreibtisch mit Öllampen darauf. Auch konnte Sayuri Schreibmaterial erkennen und eine Unmenge an Bambusplättchen. Er hatte anscheinend noch viel Arbeit vor sich. Fusu zog sie an den Tisch in der anderen Ecke und setzte sich mit ihr, doch er rückte sofort zu ihr und nahm ihre Hände in seine. Dann sah er sie liebevoll an küsste sie kurz, danach lächelte er zufrieden, wie eine satte Katze. „Ich bin so glücklich dich endlich wieder an meiner Seite zu wissen. Bitte verlass mich nicht noch einmal. Ich brauche dich. Nicht nur als meine Geliebte auch brauche ich deinen Rat und dein Wissen um meine Land zu regieren. Es gibt so vieles was ich verändern möchte, doch dafür brauche ich deine Hilfe und die der Anderen. Ich habe allerdings noch keine Idee wie ich meine Träume für dieses Land umsetzen kann.“ Sayuri fühlte sich gleich wieder schuldig, ihn in einer so wichtigen Zeit verlassen zu haben. Anstatt bei ihm zu bleiben und seine Vorhaben zu unterstützen. Sie hatte in diesem Moment nur an sich und ihren eigenen Schmerz, der unweigerlich hatte folgen müssen, denken können. „Ich werde dir so gute es geht helfen. Wir können deine Arbeit gern mal zusammen durchgehen und ich kann dir meine Meinung dazu sagen.“

Fusu hat Sayuris Angebot nur zu gerne angenommen. Es gab nämlich einige Dinge die ihn wirklich beschäftigten. „Ich habe zwei Probleme bei denen ich nicht weiter komme. Zum einen suchen wir schon die ganze Zeit nach einer Möglichkeit wie wir diese korrupten Beamten loswerden. Sie haben einen großen Einflussbereich, deswegen können wir sie nicht einfach aus dem Dienst entlassen, sie würden uns danach nur noch mehr Schwierigkeiten machen. Und dann wäre da noch das Problem unserer leeren Schatzkammern. Mein Bruder hat für diesen sinnlosen Krieg fast unsere gesamten Schätze aufgebraucht. Ich verstehe nicht was er sich nur dabei gedacht hat. War ihm nicht bewusst, dass, egal wie dieser Krieg ausgegangen wäre, es nichts zu holen gab? Nun wollen die Beamten die Steuern erhöhen, doch dadurch würden unsere Bauern und anderen ärmeren Mitbürger nur noch mehr leiden. Viele würden verhungern, gerade Frauen und Kinder, die Schwächsten unter ihnen. Ich möchte es nicht tun, doch ich sehe einfach keinen anderen Weg wie wir unsere Schatzkammer wieder füllen könnten.“ Sollten sie nun erneut von außerhalb angegriffen werden, wüsste Fusu nicht wie er seine Soldaten bezahlen sollte. Genau betrachtet, hatten sie Glück gehabt, dass Sayuri in Jiuyuan gewesen war und den Kampf geführt und gewonnen hatte, bevor sie mit einer Armee hatten eingreifen müssen. „Ich hätte da schon ein paar Lösungsvorschläge. Ihr solltet eine Einkommenssteuer einführen. Zurzeit Zahlen die normalen Bürger Abgaben an ihren Lehnsherren und Steuern an den Palast. Sie sind somit einer Doppelbelastung ausgesetzt. Mit der Einkommenssteuer wird jeder im Land zum Steuerzahler, egal ob ein Bürgerlicher, ein Lehnsherr oder General. Jeder der ein Einkommen hat muss diese Steuer entrichten. Somit wird die ärmere Gesellschaftsschicht nicht weiter belastet, da sie nicht viel Einkommen haben, meist haben sie nur soviel, dass es zum Leben reicht. Dafür wird der Staat eine Menge Geld von den Lehnsherren und reichen Händlern bekommen. Sie haben ein großes Einkommen und können somit auch viel zahlen. Wir legen einfach einen Prozentsatz fest den sie leisten müssen und warten darauf dass sie Gewinne machen und ein Anteil davon in unsere Schatzkammern wandert. Was die Beamten angeht, hatte ich auch schon eine Weile darüber nachgedacht. Dein Bruder hätte sich nicht auf dem Thron halten können wenn sie fest hinter dir gestanden hätten. Ich bin dafür heraus zu finden wer ein falsches Spiel spielt und diese Männer zu eliminieren. Den Rest werden wir einfach weiter beobachten müssen. Für die Zukunft würde ich mich gern zusammen mit den Lehrern des Palastes zusammen setzen und Prüfungen entwerfen. Wir weiten unser Beamtensystem aus und geben so auch normalen Bürgern die Möglichkeit ihren Status zu ändern. Und als Zugabe bekommen wir ein gutes Überwachungssystem im ganzen Land.“ Fusu hatte es ja gewusst, er brauchte Sayuri und ihr Wissen, um seine Nation zum Besseren zu verändern. „Deine Vorschläge klingen gut, also lass uns heute Abend mit den Anderen noch mal genauer darüber reden. Es gibt noch vieles, was du präziser erklären musst. Ist dies für dich in Ordnung?“ Sie nickte und dann zog Fusu seine Liebste auf die Füße und betrachtete sie sich noch mal genauer, sie war durch die Schwangerschaft noch schöner geworden. Er ließ seine Hände über ihre Arme, zu ihren Schultern, zu ihrem Hals wandern und letztlich zu ihrem Gesicht, welches er liebevoll streichelte und ihr dann einen Kuss gab. Er hatte sie so sehr vermiss und nun, da sie das Wichtigste geklärt hatten wollte er sie nur noch bei sich spüren, um sich zu vergewissern, dass dies wirklich kein Traum war. Es interessierte ihn nicht wieso sie gegangen war. Sayuri hatte sicher ihre Gründe dafür gehabt, doch sie war zu ihm zurück gekehrt und das war alles was zählte. Er beendete den Kuss und zog sie mit sich zum Bett. Dann legte er sich hin und zog sie erneut in seine Arme. Er seufzte erleichtert auf, als er sie an seine Seite gekuschelt spürte. So sollte es sein.



Kapitel 18


Am Abend saßen sie alle gemeinsam beim Essen und unterhielten sich über die Dinge, die während der vergangenen Monate vorgefallen waren. Mi und Sayuri erzählten von ihrer Reise und was ihnen dabei aufgefallen war. Sie mussten unbedingt etwas für die Dörfer in der Nähe der Städte unternehmen. Ihre Abgaben waren so enorm, dass sie kaum genug für ihr Überleben hatten. Noch ein Grund mehr, das System der Beamten zu ändern und auszuweiten, so können die Verwalter der Städte und Lehnsherren nicht mehr willkürlich und unverantwortlich handeln. Fusu erzählte von seiner Krönung und wer alles anwesend war. Sheng und Bailong sind immer wieder auf kurze Trips durch das Land gereist und konnten erfreut erzählen, dass die Bürger hinter ihrem Kaiser standen. Selbst wenn sie sich nun die hohen Tiere des Landes zum Feind machten mit ihren Erneuerungen, würden sie noch genug Unterstützung haben. Zumindest war Momentan davon auszugehen. Allerdings konnte man die Stimmung einer gesamten Nation nie vorhersehen, alles konnte sich in einem einzigen Augenblick ändern. Tian und Mian hatten sich um die Organisation ihres Heers gekümmert. Trotz der Verluste wegen der internen Kämpfe, hatte Qin noch immer genug militärische Stärke um sich vor Angriffen zu schützen. Was wirklich ein Problem war, war die finanziellen Mittel aufzubringen um die Soldaten auch entsprechend belohnen zu können. Sayuri erklärte ihren Lösungsvorschlag für dieses Problem und die Männer und Mi waren begeistert. Doch sie mussten auch mit Bedacht vorgehen, sonst könnte erneut ein Bürgerkrieg ausbrechen, da sich die Adligen gegen die Krone richteten. Sie mussten vorher unbedingt ihre Macht schwächen und da kam ihre zweite Idee zum Tragen. Mit der Ausweitung des Beamtensystems über das gesamte Land, hatten sie auch die Kontrolle über Gegenden die Andere verwalteten. Zusätzlich gaben sie der einfachen Bevölkerung die Chance vom Krieg unabhängig ihren Rang und Titel zu erhöhen. Bis jetzt konnte der einfache Mann seinen Status nur als Soldat erhöhen in dem er in der Armee in den Rängen immer höher stieg. Doch es gab Menschen die waren einfach nicht für den Kampf geschaffen. Sie waren deswegen nicht weniger Wert oder hatten weniger Nutzen. Sie hatten einfach nur andere Stärken und diese galt es zu seinem Vorteil zu nutzen. „Ich finde deine Ideen wirklich gut, aber wir brauchen so schnell wie möglich Geldmittel. Wenn wir dem Drängen der Beamten nicht bald nachgeben und die Steuern erstmal erhöhen, werden wir nicht mehr in der Lage sein unsere Soldaten zu bezahlen. Wir brauchen das Geld jetzt und nicht erst in der Zukunft.“ Sayuri nickte und dachte darüber nach. Tian hatte Recht, sie mussten einen Übergangsweg finden. „Ist Lan noch hier in der Hauptstadt, oder ist er schon wieder in Donghai?“ Es wäre nicht ungewöhnlich wenn er in seine Stadt zurück gekehrt wäre. „Er ist noch da, doch er wollte in den nächsten Tagen aufbrechen. Er war geblieben um Mian und mir zu helfen, doch langsam muss er zurück und sich um seine Stadt kümmern.“ Das waren gute Nachrichten. „Dann soll Lan uns das Geld beschaffen. Geben wir ihm die Verantwortung über den Salzhandel. Donghai wird zu einer Handelsstadt für Salz, welches vom Staat bereitgestellt wird. Ein Teil der Einnahmen bleibt in Donghai und der Rest kommt in unsere Schatzkammern. So können wir ihn für seine Dienste belohnen und an das Geld kommen, welches wir so dringend benötigen. Die Händler werden in Scharen in die Stadt reisen um das Salz zu kaufen und somit noch zusätzlich die Wirtschaft in Donghai ankurbeln.“ Alle fanden ihren Vorschlag gut. „Anjing und Lining sind auch noch dort und Lining kann die Herstellung übernehmen. Wir müssen genau darauf achten, dass niemand erfährt wie sie an das Salz kommen, denn wenn man erst einmal weiß wie es geht ist es ein Leichtes es selbst zu tun. Zusätzlich braucht Donghai dann mehr Soldaten um sich vor eventuellen Angriffen besser schützen zu können.“ Tian nickte und begann die Dinge zu notieren oder vielleicht schrieb er auch Befehle auf. „Somit sollten wir an genügend Geld kommen um unsere Schatzkammern wieder zu füllen ohne die Bauern noch weiter zu belasten.“ Fusu sah erleichtert aus eine Lösung gefunden zu haben.

Die Stimmung im Palast wurde von Tag zu Tag immer angespannter und Sayuri zweifelte an ihrer Entscheidung zurück gekehrt zu sein. Einen Monat lebte sie nun schon hier bei Fusu, doch sie schaffte es einfach nicht sich den Regeln des Hofes anzupassen. Ihr Liebster sagte ihr immer wieder, sie solle so bleiben wie sie war, dass er mit ihr an seiner Seite sein Land führen wolle und es ihm egal sei, was alle anderen darüber dachten. Anfangs hatte Sayuri sich geschmeichelt gefühlt und auch ehrlich gedacht, alles würde gut werden und sich die Leute mit der Zeit an die neuen Gegebenheiten anpassen. Sie hatte nicht erahnen können, wie sehr sie sich täuschte. Die Beamten wurde immer ungehaltener und begannen Ultimaten zu stellen, was nicht nur allein an Sayuri sondern auch an Mi lag, die genau wie sie zur Gruppe gehörte und deswegen in die Entscheidungen mit eingeschlossen wurde. Der Hof war genau wie ein Schlachtfeld, nur das hier anstatt mit Waffen, mit Worten, Allianzen und Intrigen gekämpft wurde. Sayuri hatte diesen Umstand wirklich unterschätzt und musste nun eine Möglichkeit finden wie sie es schaffen konnte die Regierung nicht noch weiter ins Chaos zu stürzen. Sie hatte die Verbohrtheit dieser Männer wirklich unterschätzt. „Mi, ich sage es wirklich nicht gern, aber ich denke, wir sollten uns für eine Weile von allem fern halten und in den Harem ziehen.“ Empört blickte ihre beste Freundin ihr nun entgegen und schüttelte energisch den Kopf. „Dies kann nicht dein Ernst sein. Natürlich gibt es im Moment einige Schwierigkeiten, doch ist dies nicht normal, wenn man versucht Neuerungen durchzusetzen?“ Gequält schloss Sayuri ihre Augen und ließ ihren Kopf auf die Tischplatte fallen. Was sollte sie nur tun? Sie hatte niemandem davon erzählt, doch man trachtete ihr schon wieder nach dem Leben. Sieben Angriffe hatte sie nun schon anwehren müssen und langsam bekam sie es mit der Angst zu tun. Bald würde sie ihren Sohn zur Welt bringen und er würde nicht mehr, wie im Mutterleib, von ihr Beschützt werden. Was sollte sie tun, wenn er bei einem Anschlag auf ihr Leben verletzt werden würde? „Wir waren zu hektisch, wollten so schnell wie möglich alles besser machen. Veränderungen brauchen Zeit, damit sich die Menschen daran gewöhnen können. Wir haben es geschafft die Bauern etwas zu entlasten, dass ist doch schon was. Ab jetzt sollten wir langsamer vorgehen und nichts überstürzen, China ist noch nicht bereit für unsere Vorstellungen. Wenn wir so weiter machen, werden wir Fusus Position schwächen und es könnte noch mal zum Bürgerkrieg kommen, was wieder einmal unschuldige Tote bedeuten würde. Wir sollten uns zurückziehen und langsam einen Schritt nach dem Andern machen. Ich sage ja gar nicht, dass wir uns vollkommen raus halten werden, aber wir werden unsere Präsenz verringern.“ Mi sah nicht glücklich aus, aber sie nickte. „Wenn dies dein Wunsch ist.“ Sie war ein wirklich gutes Mädchen und sie konnte sich glücklich schätzen, sie an ihrer Seite zu wissen. Mi sagte ihr immer ehrlich ihre Meinung, doch konnte sie auch den Standpunkt anderer respektieren und nachgeben. „Ich danke dir.“ Hoffentlich würden nun die Angriffe auf ihr Leben ein Ende finden. „Hast du dir schon überlegt was du dem Kaiser sagen wirst?“ Sie würde ihm das Gleiche sagen, wie auch Mi. „Mmh.“ Das musste ihrer Freundin als Antwort reichen, Sayuri war müde, dabei war es gerade mal früher Abend. Diese Schwangerschaft war wirklich nicht lustig. Seit Tagen schon schaffte sie es kaum sich zum Aufstehen zu zwingen. Sie war müde und ihr Körper wollte sich nicht bewegen. Hoffentlich würde der Kleine sich nicht mehr all zu viel Zeit lassen und sie würde schnell einen gesunden Jungen in ihren Armen halten können. Das hättest du dir nicht wünschen sollen. Erschrocken setzte Sayuri sich wieder aufrecht hin und keucht, ob der Schmerzen, die sie plötzlich verspürte. Der Mann in ihrem Kopf hätte sie ruhig vor ihrem Wunsch warnen können und nicht erst danach. „Mi sei so lieb und hol den Heiler. Sag ihm meine Wehen haben begonnen.“ Aufgeschreckt sah sie Sayuri an und ließ die Schriftstücke in ihrer Hand fallen. Einige Sekunden starrte Mi sie einfach nur an und rannte dann aus ihrem Zimmer. Wie viel Zeit habe ich, bevor das Kind kommt? Sie hörte, dass mittlerweile vertraute Lachen in ihrem Kopf und auf eigenartige Weise beruhigte es sie. Es wird nicht lange dauern. Dein Körper ist nicht mehr wirklich menschlich und wird dein Kind sicher und schnell hinaus befördern. Leg dich am besten schon mal ins Bett und warte dann einfach. Mach dich auf ungeheure Schmerzen gefasst und denk an etwas Schönes. Dann verschwand die Präsenz des Mannes wieder aus ihrem Kopf und sie kam seiner Aufforderung nach.

Fusu tigerte nervös vor Sayuris Gemach auf und ab. Mi war zu ihnen gekommen und hatte sie aus einer Besprechung geholt, da Sayuri nun seinen Sohn zur Welt brachte. Sie alle hatten sich sofort auf den Weg gemacht ihr beizustehen, doch die Heiler ließen sie nicht zu seiner Geliebten, weswegen sie nun hier vor der Tür warteten. Immer wieder konnte man die Schreie Sayuris durch die Tür hören und Mi war mittlerweile vollkommen blass geworden. Er konnte es ihr nachfühlen, immerhin war seine Liebste hart im nehmen und hatte schon tödliche Wunden ohne Geschrei über sich ergehen lassen. Doch nun schien der Schmerz so unerträglich, dass sie sich nicht zusammen nehmen konnte. Selbst die Männer an seiner Seite zuckten mittlerweile bei jedem neuen Schrei Sayuris zusammen. Als Fusu keinen neuen Laut vernahm blieb er stehen und starrte die noch immer geschlossene Tür an, einige Sekunden später war das Weinen eines Neugeborenen zu vernehmen. Erleichtert atmete er auf und er wurde endlich ins Zimmer gelassen. Sofort glitt sein Blick zum Bett in dem seine Liebe völlig erschöpft lag und ihn aus glasigen Augen ansah. Es war etwas beängstigend, Sayuri so zu sehen, plötzlich sah sie so klein und verletzlich aus. Das vollkommene Gegenteil zu ihrem gewöhnlichen Selbst. Ein Stoß in den Rücken ließ ihn weiter gehen und zu ihr eilen, doch noch bevor er richtig bei ihr war, wurde ihr ein kleines Bündel in die Arme gelegt. Voller Liebe sah sie zu dem kleinen Wesen in ihren Armen hinab und Tränen der Freude liefen ihr Gesicht hinab. „Herzlichen Glückwunsch, Eure Majestät. Ihr habt einen vollkommen gesunden Thronfolger bekommen.“ Er bedankte sich mit einem Nicken und eilte nun endlich zu seiner Familie, denn genau das waren sie, eine Familie. Sayuri musste ihn nicht heiraten, sie waren durch etwas weit Bedeutenderes miteinander verbunden, durch ihre Liebe und dieses kleine Wesen in ihren Armen. Sie würden für immer zusammen sein. In diesem Moment wurde es Fusu klar, er wollte Sayuri nicht eines Tages zurück lassen müssen. Er wollte die Ewigkeit mit ihr. Es gab ihr einen Kuss auf die Stirn und streichelte ihr Haupt. „Ich danke dir für dieses unglaubliche Geschenk. Du hast wirklich alles gegeben.“ Nun wurde er von seinen Begleitern zur Seite gedrängt, da auch sie die frischgebackene Mutter beglückwünsch wollten. Etwas missfiel ihm dieses Verhalten, doch er konnte es ihnen nachfühlen, allerdings hatte er selbst noch keine Möglichkeit gehabt, seinen Erben zu betrachten, weil er so auf seine Frau konzentriert gewesen war. Als sich alle wieder etwas beruhigt hatten, trat er erneut zu Sayuri und sie legte ihm vorsichtig seinen Sohn in den Arm. Er war etwas verunsichert, dieses Baby war so klein und er hatte angst ihn zu verletzen oder fallen zu lassen. „Halt ihn einfach genau so und nichts kann passieren.“ Er nickte seiner Liebsten zu und sah nun endlich zu seinem Kind hinab. Der Kleine war perfekt, etwas anderes fiel ihm zu diesem Anblick nicht ein. „Wie soll er heißen?“ Diese Frage traf ihn völlig unerwartet, hatte Sayuri doch gemeint, sie würden noch einige Zeit haben, bevor ihr Kind zur Welt kommen würde. Deswegen hatten sie die Findung eines Namens nach hinten verschoben. „Ich finde den Namen Tao schön.“ Tao? Ja, dass würde ein guter Name für einen Kaiser sein. Er würde dem Pfad seiner Vorgänger folgen und China in eine friedliche und gerechte Zukunft führen. Er nickte bekräftigend und sah sich seinen Sohn noch mal an. „Du wirst Ying Tao heißen.“ In diesem Moment öffnete er seine Augen und sah Fusu direkt in seine. Dies allein war schon ungewöhnlich genug, doch als er die Farbe der Augen seines Sohnes sah, raubte es ihm fast den Atem. Er hatte die strahlend blauen Augen seiner Mutter geerbt. Ja, er war wirklich perfekt. Vorsichtig legte er das zerbrechliche Bündel zurück in Sayuris Arme, damit auch sie seine Augen sehen konnte. So blieben sie noch eine ganze Weile beieinander und freuten sich über den neusten Zuwachs in ihrer Gruppe. Dann kam eine ältere Frau des Harems um seinen Sohn mit sich zu nehmen und sich um ihn zu kümmern. „Ihr wollt was tun?“ Plötzlich ging von Sayuri eine sehr gefährliche Schwingung aus, doch Fusu hatte keine Ahnung, womit sie ein Problem hatte. „Ich würde den Prinzen nun mit mir nehmen und mich um ihn kümmern. Ihr könnt ihn sobald ihr wieder bei Kräften seid so oft besuchen kommen wie Ihr wünscht.“ Plötzlich begann sie Erbe unter unseren Füßen zu beben an und alle sahen erschrocken zu Sayuri, nun ja alle außer der Amme, diese hockte sich ängstlich auf den Boden. „Ich werde niemandem erlauben mir mein Kind zu nehmen. Ich werde seine Erziehung übernehmen und mich um ihn kümmern. Ich habe keine Verwendung für eine Amme. Und jetzt verlasst dieses Zimmer bevor ich mich vergesse.“ Sofort eilte die verängstigte Frau aus dem Zimmer ohne sich noch mal umzusehen. Sie musste bemerkt haben, dass es Sayuri vollkommen ernst war mit ihrer Drohung. Und da seine Liebste, sich im Krieg einen Namen gemacht hatte, wurde sie von vielen Frauen mit Angst betrachtet. Fusu eilte zurück an die Seite seiner Frau, komisch er hatte gar nicht bemerkt, wie er sich zwischen sie und der Amme gestellt hatte. „Liebst, was hat dich so wütend gemacht?“

„Fragst du das wirklich? Diese Frau wollte mir mein Kind wegnehmen.“

„Ja, aber du hättest unseren Sohn doch jederzeit besuchen können. Es ist normal im Palast, dass die Ammen sich um die Erziehung der Kinder kümmern. Du musst das nicht selbst übernehmen.“

„Wieso? Weil ich sonst den Anschein einer armen Bäuerin wecken würde?“ Fusu dachte darüber nach und stellte fest, dass Sayuri Recht hatte. Es galt als ein Zeichen von Armut, sein Kind selbst aufzuziehen und diese Aufgabe nicht einer anderen Frau zu überlassen. „Bist du dir denn sicher, dass du der Aufgabe gewachsen bist unseren Sohn ohne Hilfe aufziehen zu können? Die Ammen haben schon viele Kinder bekommen und kennen sich damit aus. Sie werden ihm beibringen was er für sein späteres Leben wissen muss.“ Mi keuchte neben ihm und im nächsten Moment ging ihm auf, was er gesagt hatte. „Du meinst, weil ich keine Ahnung davon habe wie man sich am Hofe zu benehmen hat?“ Er hatte sich wirklich unglücklich ausgedrückt. „Das habe ich so nicht gemeint, nur dass es vielleicht besser wäre, diese Aufgabe jemandem zu überlassen, der mehr Erfahrung darin hat.“ Sheng, Mian und Bailong sahen ihn nun auch verstimmt an, nur Tian schien seine Aussagen nicht falsch aufzufassen und nachvollziehen zu können. Nun er war auch der einzige in diesem Raum, von Mi mal abgesehen, der unter ähnlichen Verhältnissen wie er selbst aufgewachsen war. „Ich werde unseren Sohn selbst erziehen und ich werde in diesem Punkt auch nicht mit mir reden lassen. Wenn du ein Problem damit hast, dann werde ich mit meinem Sohn auf der Stelle den Palast verlassen.“ Schon wieder. Schon wieder, wollte seine Liebst ihn allein zurück lassen. „Es tut mir leid. So etwas hätte ich nicht sagen sollen, dazu hatte ich kein Recht. Ich möchte nur, dass du verstehst wie wichtig mir diese Angelegenheit ist. Ich kann meinen Sohn keiner anderen Frau überlassen. Nicht nur, weil ich eben seine Mutter bin, sondern auch weil er der nächste Kaiser sein wird. Er soll unsere Werte lernen, wissen was auf ihn zukommt, erkennen wofür er diese schwere Aufgabe übernehmen muss. Verstehst du was ich meine? Wenn wir die Erziehung einem Anderen überlassen, wird er wie dein Bruder und du werden, bevor du zur Mauer gekommen bist. Willst du das? Ich nicht. Ich möchte nicht, dass unser Sohn völlig weltfremd den Thron besteigt und gar nicht wirklich weiß wofür er kämpfen und einstehen muss. Wenn du wirklich möchtest, dass er dein Werk fortsetzt, dann müssen wir ihn bei uns behalten und dafür sorgen, dass er unbeeinflusst vom Hof aufwachsen kann.“ Darüber hatte er nie nachgedacht. Er hatte es auch nie in Betracht gezogen, dass diese Art seine Kinder zu erziehen mit Nachteilen behaftet sein könnte. Doch er musste Sayuri zustimmen, wenn ein anderer seinen Sohn aufzog, dann konnte er ihm auch seine Werte einpflanzen und im Palast, wo es nur so von Intrigen wimmelte, war dies keine gute Umgebung für ein Kind, welches noch leicht zu formen war. „Verstanden, doch bist du dir sicher, dass du dich mit dieser Aufgabe nicht übernimmst? Immerhin hast du auch noch andere Pflichten und ich brauchte dich in der Regierung an meiner Seite.“ Mi bekam einen Hustenanfall und Sayuri sah etwas zu schuldbewusst zu Seite. Irgendwas hatte sie schon wieder hinter seinem Rücken beschlossen und er war sich sicher, dass es ihm nicht gefallen würde und er trotzdem nichts würde dagegen unternehmen können. „Sprich es aus.“

„Ich werde in nächster Zeit an keinen Besprechungen mehr teilnehmen. Diesen Entschluss hatte ich schon gefasst bevor die Wehen begonnen haben. Der Hof ist noch nicht bereit für all die Veränderungen, die wir vornehmen wollen. Vor allem sind sie noch nicht bereit dafür eine Frau mit Einfluss über sich zu dulden. Wir waren alle etwas zu ungeduldig und wollten die Veränderungen so schnell wie möglich einleiten, doch so etwas braucht seine Zeit. Lasst uns also wieder einen Schritt zurück machen. Ich werde mich offiziell aus der Politik heraus halten und mich um die Erziehung unseres Sohnes kümmern. Die Regierung wird erst mal so weiter laufen wie schon seit Generationen und wir werden langsam aber sicher unsere Machtbasis ausweiten und Änderungen in der Struktur des Landes vornehmen. Die Bauern sind durch unser Einkommen von der Salzgewinnung entlastet, womit wir eines der größten Probleme gelöst hatten. Beim Rest müssen wir nicht so sehr eilen. Bei mir in der Heimat gibt es ein Sprichwort, gut Ding, will Weile haben. Daran sollten wir uns halten und nicht mehr so überstürzt handeln. Diese Schlacht müssen wir nicht schnell gewinnen, wichtig ist nur, dass der Sieg am Ende unser ist.“ Alle nickten nachdenklich, doch niemand sah wirklich glücklich darüber aus und auch ihm gefiel es nicht, dass seine Liebste vor hatte sich dem Hof anzupassen. Denn als etwas anderes konnte man es nicht bezeichnen. „Was ist vorgefallen?“ Verwundert sah er seinen besten Freund an und Sayuri rollte mit den Augen. „Ich hätte wissen müssen, dass du es nicht einfach auf sich beruhen lassen würdest. Es gab in den letzten Wochen des Öfteren Anschläge auf mein Leben. Ich wollte niemanden beunruhigen und habe deswegen nichts gesagt, doch jetzt wo der kleine Tao nicht mehr durch mich geschützt ist, habe ich angst, er könnte aus Versehen bei einer Attacke auf mich verletzt werden. Wir können die Beamten nicht einfach alle los werden, dafür sind wir noch nicht bereit, deswegen ist es das Beste ihnen einfach zu geben was sie wollen. Ich halte mich raus und die Lage wird sich dadurch wieder beruhigen. Ihr könnt mir nicht sagen, ihr hättet die negativen Schwingungen im Palast nicht bemerkt und es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Besser ich ziehe mich jetzt zurück und wir verhindern so eine Eskalation, mit der Geburt von Tao wird sich auch niemand über meine Abwesenheit wundern.“

„Verstanden, ich gebe in dieser Sache nach. Aber ich möchte, dass du deine Tätigkeit in der Regierung im Verborgenen weiter erfüllst und weiter an einer Ausarbeitung für das neue Beamtensystem arbeitest. Auch wenn wir deine Pläne nicht sofort umsetzen können, wirst du sicher viel Zeit benötigen um alle Fakten zusammen zu tragen und einen endgültigen Entwurf zu erstellen. Es mag noch Jahre dauern, bis wir unser Position felsenfest gesichert haben, doch sobald diese Zeit gekommen ist, möchte ich sofort mit den Veränderungen beginnen.“ Erstaunt sah ihn seine Liebste an und nickte langsam. Es war das erste Mal, dass Fusu in solchem Ton und mit solcher Bestimmtheit mit ihr geredet hatte. Normalerweise gab er oft nach, immerhin hatte Sayuri meist die besseren Argumente, doch dieses Mal würde er nicht nachgeben. „Wieso hast du die Anschläge vor uns verschwiegen? Selbst wenn sie alle fehlschlugen, müssen wir Ermittlungen beginnen um heraus zu finden, wer es auf dich abgesehen hat. Außerdem war der Anschlag nicht nur auf dich gerichtet, sondern auch auf unseren Kronprinzen. Dieser Sache müssen wir nachgehen und den Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Nicht nur damit er bestraft wird und die Attentate aufhören, sondern auch um den anderen Beamten und Adligen eine Warnung zukommen zu lassen.“ Tian sprach ihm aus der Seele und würde sich darum kümmern können. „Sie sitzen im Kerker, wenn du willst kannst du sie gern befragen.“ Mi begann zu lachen und Sheng schloss sich ihr an. „Du hast sie gefangen genommen und ohne dass es einer von uns mitbekommen hätte im Kerker gefangen gehalten?“ Sie zuckte nur mit den Schultern und kuschelte sich tiefer in ihre Kissen. Das war sein Stichwort. Fusu scheuchte alle aus dem Zimmer, damit seine Liebste sich ausruhen konnte. Vor der Tür, gab er noch seine Befehle, danach kehrte er zu Sayuri zurück und legte sich zu ihr. „Ich liebe dich.“ Sie lächelte an seine Brust, da war er sich sicher, auch wenn er es nicht sehen konnte. „Ich liebe dich auch. Danke für alles was du immer für mich tust. Ich weiß, viele meiner Entscheidungen bereiten dir Schwierigkeiten und trotzdem achtest du immer darauf mich zu unterstützen.“

„Das ist nur selbstverständlich und du tust das Selbe auch für mich. So ist es doch in einer normaler Beziehung, oder?“ Sie nickte an seiner Brust und kuschelte sich dichter zu ihm. „Ich habe mich im Übrigen entschieden. Ich möchte die Unsterblichkeit annehmen, wenn du es mir gestattest.“ Ruckartig richtete Sayuri sich auf und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Bist du dir sicher?“ Sofort nickte er. „Ich möchte die Ewigkeit mit dir verbringen. Allerdings möchte ich noch warten bis unser Sohn älter ist, bevor ich dein Blut trinken werde. Wenn er alt genug ist meinen Thron zu übernehmen, kann ich aus der Öffentlichkeit verschwinden und niemandem wird auffallen, wenn ich nicht mehr altere. Ein Haken hatte dieser Plan jedoch. Wirst du mich noch genau so wollen wie jetzt, wenn ich 20 Jahre älter bin? Kannst du damit leben, den Rest der Ewigkeit mit einem alten Mann an deiner Seite zu leben?“ Seine Geliebte begann zu lachen und Tränen flossen aus ihren Augen. „Egal wie alt du sein wirst, ich werde dich immer lieben.“

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Tag der Veröffentlichung: 02.09.2017

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