Cover

Einleitung

Der Nebel verschleierte die Sicht. Es war Dunkel und spät. Aber nicht so spät, denn der Mond stand nicht an seiner höchsten Position.

Es standen Bäume, dicht an dicht. Sie waren alt und Dick. Angenehm süßlicher Duft. Fichte. Vielleicht. Etwas Zitronig, also doch Lärche. Aber hier stand keine oder?Doch, neben einem großen Walddorn Busch. Die Lärche war nicht besonders groß. 20 vielleicht 25 Meter? Die Rinde war rau und rissig. Einen Blick nach oben und dort saß ein Eichelhäher.

Aber es hörte sich nach einem Mäusebussard an. Sie konnten gut Imitieren. Deswegen musste es einer sein. Hat man ihn erst einmal entdeckt, lassen sein rosa-brauner Körper, der schwarze Bart, die schwarz-weißen Flügel und vor allem die hübschen blau schillernden Federchen am Flügelbug an seiner Identität keinen Zweifel. Vögel sind tolle Tiere. Sie sind Frei. Sie fliegen und lassen alles hinter sich.

Es musste ein wundervolles Gefühl sein. Ihnen war es egal wer man war. Egal ob man anders war. Abnormal. Das sagten die Männer in den weißen Kitteln öfters. Ins Gesicht nie, aber hinter den Rücken. Das wussten alle.

Aber die wichtigste Frage war, wer setzte den Maßstab? Warum ließen sie uns nicht Frei sein? Wir sind doch auch nur Menschen. Diese Erklärungen verwirrten, sie waren nie klar. Aber das durften sie auch nicht. Das wäre zu einfach.

Einzelne Äste ragten an den Stämmen hervor. Sie waren selten. Sie passten zu uns. Waren wie wir. Alleine auf der Welt, von allen missverstanden.

 

 

 

 

Der Anfang

 

 

„Hör auf Kelly“ fauchte Anni und drehte sich auf die andere Seite des Bettes. „Ich weiß das du es willst“ Kelly beugte sich über sie.Anni nahm ihr Kissen und drückte es sich aufs Ohr. Kellys Stimme dröhnte in ihrem Ohr. Sie lachte.„Sie haben gesagt du gehst weg“ flüsterte sie und schluckte hart. Sie hatten es versprochen. Immer wieder.„Natürlich“ gackerte Kelly. „Sie versprechen dir alles, damit du tust was sie wollen Anni.“ Anni wälzte sich unruhig hin und her. Sie hatte Recht oder? Kelly wollte sie doch nur beschützen. Das sagte sie doch immer. Immer. Dieses Wort hallte durch den kahlen Raum. Sie versuchte Kelly auszublenden. „Anni“ flüsterte Kelly in ihr Ohr. „Ich werde dich nicht verlassen. Niemals. Wir bleiben zusammen.“ Was wenn ich es gar nicht will schoss es Anni durch den Kopf. „Du musst gehen. Du bist Böse“ sagte Anni mehr um sich selbst zu überzeugen als Kelly. „Ich wollte das alles nicht, ich wollte ihn nicht verletzten.“Annis Körper fing an zu zittern und sie wiegte sich hin und her. „Doch wolltest du sonst hättest du ihn nicht angegriffen.“ Angegriffen, ja das hatte sie ihn. Es war befreiend gewesen aber hieß das, dass sie es wollte? Nein, Nein, NEIN. Sie log.„Anni ich liebe dich doch“ Kelly liebkoste ihre Wange und Anni beruhigte sich. Kelly hatte Recht. Sie musste es tun. Sie seufzte.

Anni gähnte ausgiebig und reckte ihre Gliedmaßen. Sie versuchte sich an die letzten Einzelheiten ihres Traums zu erinnern. Aber es kamen nur kleine belanglose Fetzen ans Licht. Nicht zusammengehörige Teile die sie verwirrten. So war es in letzter Zeit immer. „Fertig?“ fragte Toby. Ihn mochte Anni nicht. Er war sehr kalt, das verletzte sie manchmal. Wie die anderen dachte sie. Sie denken es, aber sagen tun sie es nicht. Bestimmt lachten sie über uns. Anni verzog verächtlich den Mund. „Ja“Natürlich reichte er ihr die Tabletten. Morgens sieben Stück, Mittags Vier und Abends Neun. Sie waren unterschiedlich, verschieden in Farbe, Form und Größe. Morgens beruhigten sie die Tabletten, Mittags machten sie sie Glücklicher und Abends machten sie Anni sehr müde. Selbst darf sie nicht darüber entscheiden. Einmal als Anni die Tabletten nicht einnehmen wollte, wurden sie ihr Brutal eingeflößt. „Los Schlag ihn“ Kelly erschien hinter Tobias. Anni schüttelte den Kopf. Nein, das wollte sie nicht. „Ich weiß das du es willst“ Kelly lächelte sie zuckersüß an. Wieder schüttelte Anni den Kopf. Sie durfte nicht auf Kelly hören. Irgendwann wollte sie ja auch mal wieder raus. Oder? Hier drinnen musste sie sich um nichts Sorgen machen. Sie hatte ein warmes Bett und etwas zu essen. Natürlich könnte es ab und zu ein bisschen mehr Unterhaltung geben. Denn Chuck und die alte Rena waren nicht wirklich die Interessantesten. Tobias zog sie langsam Richtung Flur. Der Flur unterschied sich nicht vom Rest des Hauses. Die Wände waren in einem kahlen Weiß gehalten. Kein einziges Bild befand sich im Flur. Der einzige Farbtupfer stellte der Holzfarbene Linoleum Boden dar. Anni warf einen Blick hinter sich und stellte fest das Kelly ihnen gelangweilt folgte. Sie tänzelte hinter Tobias her und streckte Anni die Zunge raus. Anni tat es ihr gleich.

Im Aufenthaltsraum angekommen setzte sie sich an ihren üblichen Platz. Der Stuhl war nicht wirklich bequem, aber das war immer so. Er war einfach. Ganz in weiß gehalten, nur kleine Einkerbungen machten sichtbar das er schon lange in Benutzung stand. Es war alles sehr eintönig. Farbe spielte hier drinnen kaum eine Rolle.

"Komm her mein Kind" sagt Rena mit gebrechlicher Stimme. Sie winkte sie mit ihrer kleinen faltigen Hand zu sich hin. Anni folgte ihrer Aufforderung, setzte sich neben sie und strich ihr eine Sträne ihres weißen Haares aus dem Gesicht. Renas Augenlicht war seit langer Zeit verloren. Die vielen Jahre die sie hier verbracht hatte, hatten sie müde gemacht. Sie wurde älter und älter, die Zeit verging und ihr Geistes Zustand verbesserte sich nicht. "Anni?" fragte sie leise und bittend. "Ja Rena, was ist?. Sie sah die alte Frau an und nahm ihre Hand ganz sanft in die Hand. In dem Jahr das Anni hier nun schon verbrachte war Rena zu einer Art Großmutter für sie geworden. "Würdest du mir etwas aus der Zeitung vorlesen Liebes? Ich bekomme schon lange nichts mehr mit." Anni ließ ihre Hand los und stand auf. Jeden Morgen lieferte der einzige Verlag in Montrose jene Tageszeitung, die beliebter war als jedes Klatsch Magazin. Montrose Daily News, lieferte den Menschen in der Stadt alles was sie brauchten, von Klatsch über Politik bis hin zu Sudokus und Kreuzworträtseln. Eine typische Kleinstadt Zeitung eben. Sie griff nach der Zeitung und stockte als sie das Cover erblickte. "Alexander Scotts, jüngster Sohn der Gründerfamilie vor Gericht". Welch eine Schmach für meinen lieben Hernn Vater. Sie lachte. "Anni, was ist los? Warum lachst du?" Rena blickte sie mit großen Augen an. "Nichts Rena, es gibt nur wieder interessante Nachrichten. Du kennst doch unsere Stadt". Nachrichten verbreiteten sich in einer Kleistadt wie Montrose rasend schnell. Jeder kannte jeden und Gerüchte zerstörten regelmäßig leben, egal ob wahr oder unwahr. Die Bevölkerung in Montrose war nicht daran interessiert schwache Menschen zu beherbergen. Jeder der im Weg stand wurde dezimiert. Je höher du stehst, desto tiefer fällst du. 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 28.12.2014

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